Die Gärten im März - Hermann Peter Piwitt - E-Book

Die Gärten im März E-Book

Hermann Peter Piwitt

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Beschreibung

Ein Roman voller Sprachwitz und Ernsthaftigkeit, der von kleinen Leuten erzählt, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen. Dreißig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung so frisch und aktuell wie am ersten Tag. Eines Tages war Ponto einfach verschwunden. Wer war der Mann, dieser Naturbursche, der irgendwann einmal Jura studiert hatte, aber dann ein Aussteigerleben führte und sich lange als Gelegenheitsarbeiter durchschlug? Auch Pontos merkwürdige Beziehung zur mondänen Carla, die so ganz eng war und doch irgendwie erkennbar brüchig, gibt seinen Saufkumpanen Rätsel auf. Einer von ihnen, ein Drucker, der gerade krankgeschrieben ist, versucht dem Verschwundenen mittels vollgekritzelter Bierdeckel und hinterlassener Tagebücher auf die Spur zu kommen - nicht ganz uneigennützig, denn er steckt selbst in seinem Ehealltag, dem Leben zwischen bürgerlicher Idylle und weiter reichendem Anspruch fest. Piwitt zündet ein Feuerwerk von Einfällen, Wortspielen und genauer Beobachtung menschlicher Verhaltensweisen und gesellschaftlicher Zwänge. Ganz unmittelbar lässt er den Leser teilhaben an der Recherche, den Kneipengesprächen, den Zeitdiagnosen, als führe der Erzähler eine Unterhaltung: mit seinen Figuren ebenso wie mit seinen Lesern, "offen, spielerisch, sprunghaft und gelenkig, satirisch und melancholisch, vor allem aber angenehm entspannt" (Wolfram Schütte in der "Frankfurter Rundschau").

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Hermann Peter PiwittDie Gärten im März

Hermann Peter Piwitt

Die Gärten im März

Roman

für Wolfgang Maier †

Ma il coraggio di viverequello ancora non c’è.

Lucio Battisti›Die Gärten im März‹

Daß ich mir so was doch verkneifen solle, sagte Zange, solche Unternehmen, solche Gefühle. Daß es geradezu unsolidarisch sei, sich an so was zu verzetteln, wo sie selbst oft nicht wüßten, wo die Zeit hernehmen für die Sache. Nein, er sagt nicht bloß ›unsolidarisch‹, er sagt ›objektiv unsolidarisch‹, die Chance läßt er mir, mich subjektiv im Recht zu fühlen, – ehrlich, was ich mir davon verspräche? Ponto: ein hoffnungsloser Fall, wem der denn nun wohl nütze, was denn daran wohl noch zu beweisen sei?

Wirklich, ein privatistischer Luxus, sagt Lea.

Immerhin, sage ich, wir waren Freunde.

Gut, sagt Zange, aber ob ich denn wirklich glaubte, daß das ausreiche, daß das irgend jemanden interessiere, wo doch die großen Themen auf der Straße lägen. Löhne, Preise, Mieten, Wohnraumvernichtung … Der drohende Abriß der Häuser hier, sagt Zange.

Ja, wen ich überhaupt damit erreichen wolle, sagt Lea.

Ich weiß es nicht, sage ich. Ich weiß nur, daß ich es zu Ende schreiben muß.

Da stehen sie, die beiden, schon in Mänteln. Sind eben aufgestanden, wollen gehen, nun, dann gehen wir wohl besser, da ist ja dann alles gesagt, sagt er, steht auf und schlüpft in den Mantel; ich bringe sie zur Tür. Einen Moment lang stehen wir schweigend im Flur. Zange hat die Pfeife zwischen den Zähnen. Aus Augen, die noch schmaler sind als sonst, späht er an mir vorbei; und als spüre er, daß ich noch etwas sagen möchte, – als gelte es, irgend etwas noch einmal um Verständnis Bittendes, Vertröstendes, einen Vorschlag zur Güte, irgendein in seinen Augen kompromißlerisches Gefühl gar nicht erst bei mir aufkommen zu lassen, lacht er auf einmal durch Zähne, die die Pfeife halten, dieses kurze stoßende Zange-Lachen, das immer wie ›Aha‹ und ›Siehst du‹ und ›Hab ich’s nicht gesagt?‹ und ›So nicht, mein Freund!‹ klingt. Nein, so nicht! sagt Zange, da müsse sich der Herr schon entscheiden, wo er stehe, da gäbe es halbe Sachen nicht. Kein ›Wenn und aber‹, keine Alleingänge und kein ›keine Zeit‹! Und Lea sagt: Ein schöner Freund, wirklich. Oder habe ich nicht recht, Rolf?

Aus dem Fenster sehend, durch die Scheibe, auf der eine blasse Sonne die Regenflecken abbildet, wenn ich aus dem Fenster sehe, schrieb er, Ponto, sehe ich hinter dem Garten, hinter den Apfelbäumen das flache Land sich hinziehn, Weiden und Äcker, in denen das Schmelzwasser steht, in die sich Wegschneisen legen, Koppelzäune, Gräben, die Luft ist ruhig, und auch ich bin ruhig jetzt, wo ich den Gartenweg hinuntergehe, vorbei am Schuppen, an den Holzstapeln und der umgestürzten Badewanne, die noch immer so liegt, wie er, Ponto, sie beschrieben hatte: umgestürzt und im tiefen Boden halb eingesunken; vorbei am Holundergebüsch, an den Kopfweiden bei der Pforte gehe ich, versuche ich seinem Blick von damals nachzugehen, hinein ins offene Land. Die Gräben sind übergelaufen. Noch am Tag zuvor, als ich im Dorf ankam, liefen hier die Kinder Schlittschuh, konnte man ihre Gesichter, die bunten Wollmützen hinter dem Reet, bis in den frühen Abend vorbeiflitzen sehen; jetzt steht das Wasser zwischen den Horsten alten Grases, naß, strähnig und verklebt liegt es da, die Weiden sind leer, er hatte von Vieh geschrieben, das hier von Grind und Schmutz überzogen, mit vom Fell halbentblößten Rücken und Flanken, den Winter über verkam, von einer Seuche, von glasigen Nebeln, von plötzlich hereinbrechendem föhnigem Sturm, der ihm das Herz abdrücke, sagte er, von den ständigen Schmerzen hinterm Brustbein und dem Wunsch, noch nicht sterben zu müssen, obwohl er nicht wisse, was ihn am Leben noch hielte, da ihn niemand vermisse, brauche, nicht einmal mehr, jetzt wo sie tot sei, seine Katze.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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