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Hast du dich schon einmal gefragt, was ein Abenteuer kostet? Kieran, Lily und Charli kauften sich in ihren Sommerferien für neun Pfund und fünfundneunzig Pence das größte Abenteuer ihres Lebens. Ohne es zu ahnen. Und eigentlich war das Geld für etwas ganz anderes bestimmt gewesen. Aber am besten liest du die Geschichte der drei Geschwister - wie mitten im August ein gewaltiger Schneesturm in ihrem Zimmer tobte und was all das mit einem jahrhundertealten Schatz zu tun hat - von Anfang an.
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Seitenzahl: 85
Veröffentlichungsjahr: 2022
Rhea Hermes
Die Geheimnisse der Pfefferbucht
Captain Woodchucks Schatz
Abenteuerroman für Kinder
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
1. Ausgabe
© 2022 Rhea Hermes
Lektorat: Daniela Mertens (ektorat-danimertens.jimdofree.com)
Illustration: Picker Illustration
Cover: tredition Coverdesigner
ISBN Softcover: 978-3-347-77224-3
ISBN E-Book: 978-3-347-77225-0
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Sommerferien
Hast du dich schon einmal gefragt, was ein Abenteuer kostet? Neun Pfund und fünfundneunzig Pence. Woher ich das so genau weiß? Weil sich Kieran, Lily und Charli vor acht Jahren mit neun Pfund und fünfundneunzig Pence das größte Abenteuer kauften. Ohne es zu ahnen. Und eigentlich war das Geld überhaupt nicht für ein Abenteuer bestimmt gewesen, sondern für sechs Kugeln Eis. Aber ich erzähle euch die Geschichte der drei Geschwister besser von Anfang an.
Es waren die ersten Tage der Sommerferien. Kieran, Lily und Charli lagen im Schatten des Apfelbaums und blinzelten verschlafen in die Sonne.
»Ein Elefant mit einer Krone auf dem Kopf«, rief die neunjährige Charli, die eigentlich Charlotte hieß. Sie streckte ihren Zeigefinger in die Luft.
»Das ist bloß eine zufällige Ansammlung winziger Wassertropfen.« Kieran gähnte.
Abby, die alte Mischlingshündin mit dem schwarzweißen Fell, hatte ihren Kopf auf den Bauch des Jungen gelegt und tat es ihm gleich.
»Ach, lass sie doch.« Lily zeigte auf eine weitere Wolke am ansonsten strahlendblauen Himmel. »Die erinnert mich an unsere Mathelehrerin, Miss Butterley.«
»Du meinst, weil die Wolke etwas düster und bedrohlich aussieht?«, fragte Charli und die Kinder lachten.
Wie jedes Jahr verbrachten sie die Ferien bei ihren Großeltern Aideen und Noel an der Küste Cornwalls im Süden Englands. Kieran war der Älteste. Auf dieser Tatsache bestand der Zwölfjährige, auch wenn seine Zwillingsschwester Lily nur sieben Minuten jünger war. Charli war das Nesthäkchen der Familie. Aber mit ihrer Fantasie und den ständig neuen Ideen hielt sie alle auf Trab. Sehr zum Leidwesen von Kieran, der sich gerne erwachsen und vernünftig gab.
Kieran stöhnte und wischte sich mit der Hand die Schweißperlen von der Stirn. »Es ist ordentlich heiß, sogar im Schatten.«
»Wollen wir an den Strand gehen?«, fragte Charli. »Sicher bieten die Wellen eine herrliche Abkühlung.«
»Die Großeltern lassen uns bestimmt nicht allein ans Meer«, gab Kieran zu bedenken und schob Abby sanft, aber bestimmt von seinem Bauch. Die Mischlingshündin gab ein leises, missbilligendes Knurren von sich, wagte allerdings nicht, sich zu bewegen.
»Wir könnten uns im Dorf ein Eis kaufen«, schlug Lily vor. Bei dem Gedanken an eine große Kugel Mango-Eis leckte sie sich die Lippen. Das war nirgendwo so gut wie in Pepper Cove. Überhaupt schmeckte hier vieles anders und hundertmal besser als zu Hause in London.
»Eine fantastische Idee.« Charli klatschte in die Hände. »Großmutter Aideen gibt uns sicher etwas Geld.«
Keine zehn Minuten später machten sich die Kinder auf den Weg ins kleine Fischerdorf. Abby trottete brav hinter den Geschwistern her, während Charli von einem Bein aufs andere springend vorweg hüpfte. Sie versuchte, nicht auf die Fugen zwischen den Gehwegplatten zu treten. Ihre kirschrote Umhängetasche, ohne die sie niemals irgendwo hinging, wippte dabei munter auf und ab.
»Ist das nicht toll?«, fragte Charli. »Es hat sich nichts verändert. Alles sieht noch genauso aus wie im letzten Jahr.«
»Ich finde, der Ort hat etwas Unheimliches«, entgegnete Lily, die trotz der Hitze Gänsehaut bekam. »Hört ihr das Ächzen der Brandung und wie es zwischen den alten Häusern widerhallt? Es klingt, als zieht ein jammerndes und wimmerndes Gespenst durch den Ort.«
»Denkst du, es sind die Seelen der Schmuggler, die hier früher lebten?« Kieran musste lachen. Er liebte die zahlreichen Erzählungen von mutigen Seefahrern und dunklen Gestalten, die sich einst in Pepper Cove herumtrieben. Mister Thompson, der Bootsbauer, kannte all ihre Geschichten. Und er wurde nicht müde, sie wieder und wieder zu erzählen, wenn die Geschwister ihn besuchten und beim Schleifen des Holzes oder beim Ölen des Rumpfes zusahen. Nur allzu gern lauschten ihm die drei, selbst wenn sie ab und an Zweifel an der Wahrheit hatten.
»Wäre es nicht großartig, wenn wir Captain Woodchucks Schatz finden, von dem Mister Thompson immer erzählt?« Charlis Augen weiteten sich vor Aufregung. Sie vermutete hinter jedem Stein und jeder Mauer ein Abenteuer, das darauf wartete, von ihr entdeckt zu werden.
Als das verrostete Willkommensschild vor Abigails Cottage im Wind knarzte, als hätte es Schmerzen, zuckte Lily zusammen. Insgeheim versuchte sie, sich selbst Mut zu machen. »Das sind nur Märchen, die sich die Menschen in kalten und stürmischen Nächten vor dem Kamin ausgedacht haben.«
Kieran überlegte. »Ich weiß nicht. In jeder guten Geschichte steckt ein Funken Wahrheit. Es gab Schmuggler in Pepper Cove. Das steht fest! Und vielleicht lassen sich noch irgendwo Überbleibsel aus dieser Zeit finden. Tief vergraben im Sand oder versteckt in einer der felsigen Höhlen am Strand.«
»Oder im alten Schmugglerhaus«, rief Charli. Sie blieb abrupt stehen und zeigte auf ein windschiefes Häuschen aus grauem Naturstein. »Schaut! Dort ist jemand eingezogen.«
Kieran starrte mit weit aufgerissenen Augen zum Haus hinüber und flüsterte: »Aber, da hat seit damals niemand mehr gewohnt.«
Damals, das war vor zweihundert Jahren. Wenn sich nachts die Dunkelheit schützend über das Meer und die Klippen gelegt hatte, trafen sich die Schmuggler am Strand, um den Schiffen weit draußen auf hoher See geheime Zeichen zu geben. Die Seefahrer brachten Branntwein, Tabak und Pfeffer vom Festland. Daher hatte der Ort seinen Namen: Pepper Cove. Ab und an, so wurde erzählt, befand sich auch Diebesgut unter der Ladung. Kleine Statuen aus Elfenbein, kostbares Geschirr und Edelsteine. Man munkelte sogar, es könnte einst königlicher Schmuck darunter gewesen sein.
Captain Woodchuck, so sagte die Legende, war der tollkühnste unter den Seefahrern. Selbst bei rauer See steuerte er sein schwer beladenes Schiff sicher durch die scharfen Felsen vor Cornwalls Küste. Wer sich nicht auskannte, lief Gefahr, mitsamt seinem Schiff an ihnen zu zerschellen.
In einer stockfinsteren Neumondnacht, als die Wellen besonders wild tobten, trug es sich jedoch zu, dass Woodchuck und sein Schiff auf mysteriöse Weise verschwanden.
Schnell erzählten sich die Menschen, er habe sich mit den kostbaren Gütern aus dem Staub gemacht. Jahre später berichteten die Einwohner von merkwürdigen Lichtern, die des Nachts am Fenster seines Hauses auftauchten und wieder erloschen. Eben jenem Schmugglerhaus.
Sie waren überzeugt, dass Woodchucks Geist zurückgekehrt war und nun darin herumspukte. Aus diesem Grund machten sie einen Bogen um das Haus am Ende der Straße, das mit den Jahrzehnten immer schiefer und gespenstischer wirkte.
Nur Mister Thompson sah ab und an nach dem Rechten. So wie es bereits sein Vater und vor ihm sein Großvater und Urgroßvater getan hatten. Sie schnitten den Efeu zurück, der sich an der Fassade empor schlang, und erledigten all die notwendigen Reparaturen, damit das Haus nicht in sich zusammenfällt.
»Woodchucks Schmugglerseele braucht einen Ort, an dem sie verweilen kann, sonst geistert sie im Dorf herum und sucht die guten Menschen heim«, erklärten die Thompsons ihr Handeln über Generationen. Und jeder in Pepper Cove war ihnen dankbar.
»Über der Tür hängt ein Schild.« Charli versuchte, die seltsam verschlungenen Buchstaben zu entziffern. »Sera-finas Anti-qui-täten. Oh Lily, Kieran. Es ist ein Antiquitätenladen. Lasst uns reingehen und alles angucken!«
»Ich denke nicht, dass wir …«, rief Lily. Doch es war zu spät. Mit beiden Händen schob Charli die Tür auf. Das Klingeln eines hellen Glöckchens kündigte ihr Betreten an.
Lily ballte ihre Hände und schnaufte. »Warum kann sie nicht hören?« Während sie überlegte, ob es vernünftig ist, ihrer Schwester hinterherzugehen, wurde sie von Kieran in die Seite geboxt.
»Alles nur Märchen aus kalten und stürmischen Nächten, oder nicht?«
Das Glöckchen klingelte erneut und die schwere Tür fiel hinter Kieran ins Schloss.
Dann warte ich eben hier draußen auf euch, dachte Lily und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Plötzlich sah sie Mister Thompson die Straße heraufkommen. Als wollte sie einen Schwarm Mücken verjagen, winkte sie ihm zu: »Hallo Mister Thompson!«
»Oh, hallo!« Mister Thompson war in Gedanken. Er schob seine dunkelblaue Mütze ein Stück zurück und wischte sich den Schweiß mit einem Taschentuch von der Stirn.
»Im Schmugglerhaus wohnt jemand?« Lily konnte die Antwort kaum abwarten.
»Was? Oh! Ja, ja! Da ist eine Frau eingezogen. Sie verkauft allerlei olles Gedöns.« Der alte Mann strich mit seiner dürren Hand durch den kurzen grauen Bart. »Ich weiß nicht, ob die Leute in Pepper Cove so etwas brauchen. Aber sie wollte unbedingt in dieses Haus.«
Lily atmete tief ein und hielt für einen Moment die Luft an. Dann platzte es aus ihr heraus: »Obwohl es darin spukt?«
»Es hatte den Anschein, als würde es sie nicht stören. Weißt du, ich werde langsam alt und nach mir gibt es keinen Thompson mehr, der sich um die Hütte kümmern wird.« Der Bootsbauer nickte Lily freundlich zu und setzte seinen Weg fort. Ohne sich zu ihr umzudrehen, sagte er: »Aber geh ruhig hinein. Woodchuck wird nichts dagegen haben!«
Das Mädchen zögerte und streichelte Abby nachdenklich über den Kopf. »Hier draußen, allein vor dem Laden, ist es vermutlich unheimlicher als drinnen. Oder was meinst du?« Die Hündin setzte sich, neigte ihren Kopf und blickte mit gespitzten Ohren zu Lily empor, als wollte sie sagen: Ich passe auf und warte auf euch.
So bimmelte das Glöckchen zum dritten Mal.
Miss Serafinas Antiquitätenladen
»Einen Augenblick, ich bin gleich bei euch.«
Lily war von einer Frauenstimme begrüßt worden. Aber sie entdeckte niemanden, zu dem diese Stimme gehörte.
Sie rief nach ihren Geschwistern. »Kieran? Charli?«