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Entdecken Sie die mystischen Geheimnisse des Bärenbergs in dieser fesselnden Anthologie mit formwandlerischer Romantik und Abenteuer! Drei außergewöhnliche Geschichten verflechten sich in der ungezähmten Wildnis, alle getrieben von Urinstinkten, ungezähmter Leidenschaft und der Verlockung der Verwandlung. Im Herzen von Bear Mountain treffen wilde Leidenschaft und ungezähmte Wildnis aufeinander und führen zu einer Reihe von außergewöhnlichen Romanzen und Gefahren, die Ihnen den Atem rauben werden. Erforschen Sie die Tiefen der Gestaltwandler-Lust, wenn diese Alphamännchen mit dunkler Vergangenheit und kluge, abenteuerlustige Frauen ihr Schicksal annehmen und die Flammen der wahren Liebe entfachen. Worauf wartest du noch? Lassen Sie sich noch heute auf das wildromantische Abenteuer in Bear Mountain ein!
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Inhaltsverzeichnis
Band 1: Rettung am Bärenberg
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Epilog
Band 2: Gerechtigkeit am Bärenberg
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Epilog
Band 3: Angriff am Bärenberg
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Epilog
Impressum
Die
Gestaltwandler vom Bärenberg
Gestaltwandler-Romantik und Abenteuer am Bärenberg
Bianca James
Copyright © 2023 Bianca James
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers in irgendeiner Form vervielfältigt werden; ausgenommen sind Rezensenten, die kurze Stellen im Rahmen einer Rezension zitieren.
Alle in diesem Werk vorkommenden Personen sind fiktiv. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind daher rein zufällig. Alle dargestellten Charaktere sind über 18 Jahre alt. Alle dargestellten sexuellen Handlungen sind einvernehmlich und finden zwischen Nicht-Blutsverwandten statt.
Bären-Wandler Jarrad
Da Elle in einer Großstadt geboren und aufgewachsen war, erschien ihr die gelbe Warnleuchte mit der niedlichen Schneeflocke in einem Dreieck trotz des bedrohlich klingenden Tons, den der Warnhinweis in regelmäßigen Abständen von sich gab, nicht wirklich wichtig. Außerdem schneite es nicht wirklich und ihr BMW-Coupé war fast nagelneu, also war es unwahrscheinlich, dass es irgendein ernsthaftes Problem gab. Aus der Lüftung strömte warme Luft und die beheizten Ledersitze erfüllten ihre Aufgabe, sodass sie sich auf nichts anderes konzentrieren musste, als das schicke europäische Coupé durch die unzähligen scharfen Kurven der engen Bergstraße zu manövrieren.
Nun, vielleicht gab es da doch eine Sache. Ihr Blick fiel auf die leere Verpackung des Schokoriegels auf dem Beifahrersitz, und ihr Magen knurrte. Bei ihrem letzten Tankstopp hatte sie es so eilig gehabt, zu tanken und wieder wegzukommen, dass sie keine wertvolle Zeit mit dem Kauf von Essen verschwenden wollte. Diese Entscheidung bereute sie jetzt. Der Notfallsnack, den sie in ihrer Handtasche hatte, hatte einfach nicht ausgereicht.
Elle musste so schnell wie möglich die Stadt weit genug hinter sich lassen. Die Schneeflocke und ihre Hungersnot konnten warten. Ihre einzige Möglichkeit, die Polizei und das Kartell, die ihr auf den Fersen waren, abzuhängen, war an einen Ort zu kommen, an dem man sie nicht finden würde, und einfach abzutauchen. Schnell.
Als Betriebswirtin hatte sie lange genug im Finanzbereich gearbeitet, um zu wissen, dass sich eine Geldspur immer nachverfolgen lässt. Ironischerweise war es genau das, was sie überhaupt erst in dieses riesige Schlamassel gebracht hatte. Sie wusste, was sie tun musste, um zu überleben. Sie musste abtauchen und eine Zeit lang von der Bildfläche verschwinden, bis sie einen Weg aus dem Schlamassel gefunden hatte. Das war ihre einzige Chance. Kein Internet. Kein Handy. Keine Kreditkarten. Ihr erster Gedanke war, dass ein Leben ohne diese drei essenziellen Dinge nicht wirklich möglich sein würde. Dann erinnerte sie sich daran, dass es nur vorübergehend war. Sie brauchte Zeit, um die Dinge zu regeln. Doch im Moment musste sie fliehen. Alles andere war unwichtig.
Sie war gerade noch dabei gewesen, sich einzureden, dass sie ohne ihr Handy problemlos leben könnte, als das verdammte Ding plötzlich klingelte. Das Display zeigte ‘Mama’ an. Sie brauchte gar nicht erst auf das Display schauen, der Klingelton von Darth Vaders Imperial March hatte ihr bereits verraten, wer anrief.
"Was gibts, Mama?"
"Ich hoffe, du redest nicht, während du fährst", mahnte ihre Mutter, ohne jegliche Begrüßung.
„Dir auch ein Hallo, Mama. Schon mal was von Bluetooth gehört?” Elle rollte mit den Augen.
„Untersteh dich, in diesem Ton mit mir zu reden. Die Polizei war hier … die Polizei! Sie haben mir Fragen über dich gestellt! Noch nie war mir etwas so peinlich. Und auch alle Nachbarn haben sie gesehen. Ich bin fast gestorben vor Scham!“
„Von all den Krankheiten, die du im Laufe der Jahre gehabt haben willst, bin ich mir ziemlich sicher, dass das eine Sache ist, an der man nicht sterben kann, Mama. Und übrigens, mir geht es gut. Danke der Nachfrage.” Ihr Tonfall war von Sarkasmus geprägt. So endeten diese Gespräche meistens und dieses hier war keine Ausnahme, denn es fing bereits so an.
„Du musst zurückkommen. Ich habe ihnen gesagt, dass es sich um einen Irrtum handelt. Keine meiner Töchter würde so etwas tun. Veruntreuung ... haben sie gesagt. Wissen die überhaupt, wer wir sind? Wie können sie es wagen? Was werden sie im Tennisklub von mir denken? Oh, mein Gott! Es ist eine Schande, und du musst sofort nach Hause kommen und die Dinge in Ordnung bringen, Fräulein. Ich will nicht, dass über mich getratscht wird. Hast du mich verstanden?"
Ohne zu überlegen oder sich zu verabschieden, drückte Elle den Schalter, um ihr Fenster herunterzulassen, und warf das Telefon auf die Straße, wo es in Tausende kleinen Stücken zerbrach.
„Ja, darauf kann ich definitiv verzichten", sagte sie sich, während sie das Fenster schloss, um das Hereinströmenden der kalten Bergluft zu vermeiden.
Und dann traf sie auf Glatteis. Das Auto geriet, trotz der tapferen Versuche der elektrischen Sicherheitssysteme, außer Kontrolle. Mit einem Blick auf die Warnleuchte mit der Schneeflocke im Dreieck wurde ihr plötzlich klar, was diese ihr zuvor hatte sagen wollen. Gefahr vor möglichem Glatteis.
Diese Deutschen und ihre blödenWarnsymbole ... war ihr letzter Gedanke, bevor sie mit der Front ihres Wagens in die Leitplanke prallte. Deutsche Technik im Wettstreit mit amerikanischer Bauweise.
Die Deutschen haben gewonnen.
Jarrads Finger zitterten, als er versuchte, sich lange genug an der unnachgiebigen Felswand festzuhalten, um seinen schwerfälligen Atem zu beruhigen. Selbst durch die dicke Bergsteigerjacke hindurch wölbte sich sein massiver Bizeps, als er versuchte, sich in eine stabilere Position zu bringen. Trotz der vielen Schichten hochwertiger Thermokleidung waren Jarrads Finger wegen des brutalen Windes gefühllos und taub geworden und das, obwohl er sich nur auf etwa 3000 Metern befand. Als High Mountain Ranger, der sich auf Bergrettung und Suchaktionen spezialisiert hat, war dies für Jarrad ein ganz normaler Arbeitstag.
Die Höhe machte ihm nicht wirklich etwas aus, aber sein Bär hatte sich nie wirklich an das Klettern gewöhnt. Es gibt nicht viel, was ein 680 Kilo schwerer Braunbär mehr mag als das Gefühl von festem Boden unter seinen massiven Pfoten. Vertikale Felswände gehören nicht wirklich zum natürlichen Lebensraum eines Bären. Der Bär knurrte aus Protest und machte seine Gefühle sehr deutlich erkennbar.
„Wir schaffen das schon”, sagte Jarrad mit beruhigender Stimme. „Ich habe das schon im Griff.”
Sein Bär war sich da nicht so sicher und knurrte klagend.
„Wir sind fast am Ziel." Er hoffte, dass das ermutigend klang, aber er war nicht überzeugt, dass er es geschafft hatte. „Merk dir einfach, dass es zwei Situationen gibt, in denen du nie nach unten schaust. Eine davon ist jetzt gerade. Die andere ist, wenn Whoopi Goldberg dir einen Schlag verpasst-"
Knack!
Plötzlich löste sich ein Stück metamorphes Gestein, das seit etwa einer Milliarde Jahren fester Bestandteil des Berges war. Leider genau in dem Moment, als es zum ersten Mal in seiner Geschichte wirklich gebraucht wurde.
„Mist! Das ist nicht gut.” Jarrad war ein Meister der Untertreibung.
Er balancierte mit den Füßen auf einem fünf Zentimeter hohen Felsvorsprung und hielt sich mit einer Hand noch immer an einer kleinen Felsspalte fest. Er warf schnell den nun nutzlosen Bergbrocken weg, den er in seiner strauchelnden Hand gehalten hatte, während er verzweifelt nach einem anderen Halt suchte.
Der Bär heulte erbärmlich in sich hinein. Obwohl ein ausgewachsener Braunbär nahezu unverwundbar war und er sich während des Sturzes von Mensch zu Bär verwandeln konnte, hätte niemand einen Sturz aus dieser Höhe überleben können, und es war unwahrscheinlich, dass selbst die stärksten Haken und Karabiner, mit denen die Sicherungsseile verankert waren, den Fliehkräften standhalten konnten, die ein fallender Jarrad ausgesetzt sein würde.
Selbst in einer menschlichen Gestalt war Jarrad immerhin ein verdammt großer Klotz.
Irgendetwas stimmte nicht. Eigentlich stimmte eine ganze Menge nicht, stellte Elle fest, als sie wieder zu sich kam. Die Airbags waren ausgelöst worden.
Kein gutes Zeichen.
Sie hatte sich einen Nagel am Lenkrad abgebrochen, nur zwei Tage nachdem sie bei der Maniküre war.
Mist!
Der Absatz von einem ihrer neuen Schuhe war abgebrochen.
Es kann nur noch besser werden!
Dann bemerkte sie, dass der Blick durch die Windschutzscheibe nicht mehr auf eine enge, kurvenreiche Bergstraße gerichtet war. Alles, was sie sehen konnte, war eine Menge Himmel, in der Ferne liegende Berge und dazwischen nichts als frische Bergluft.
Keine Straße.
Ihr Auto fühlte sich an, als würde es in der Luft schweben.
Erschreckt stellte Sie fest, dass dies nicht nur ein Gefühl war.
Ach du meine Güte!
Mit zitternden Fingern griff Elle ins Ablagefach neben ihrem Sitz, wo sie normalerweise ihr Handy aufbewahrte …
Oh, nein!
„Big Bear Bergrettung an Preacher, hörst du mich?”
Einmal Soldat, immer Soldat. Dieser Rufname wird ihm für den Rest seines Lebens anhaften, jedenfalls wenn es nach Rosie ginge, einer altgedienten und erfahrenen Funkerin.
Jarrad löste mit einer Hand seinen Griff an der Felswand und betätigte sein Mikrofon.
„Preacher an Bergwacht. Jetzt ist kein guter Zeitpunkt”, antwortete er schnippisch.
„Es ist auch kein guter Zeitpunkt für die Frau, die in ihrem Auto feststeckt, das zur Hälfte über einem Abhang hängt. Du bist der Einzige, der nahe genug ist, um ihr zu helfen“, antwortete Rosie ebenso frech.
Die Ohren von Jarrads Bär spitzen sich bei der Erwähnung einer Frau in Schwierigkeiten und sein Beschützerinstinkt wurde geweckt.
„Ganz ruhig mein Großer. Wir müssen uns erst einmal selbst in Sicherheit bringen, bevor wir die junge Dame aus ihrer Notlage befreien“, erinnerte er seinen Bären.
Jarrad streckte sich, um einen weiteren Haltegriff zu erreichen, um sich weiter die steile Felswand hinaufziehen zu können. Die Dringlichkeit der Lage verschaffte ihm die nötige Kraft, um seinen muskulösen Körper und seine 15 Kilogramm schwere Ausrüstung die verbleibenden fünf Meter den Berg hinauf zum Gipfel zu schleppen, den er von Anfang an als Ziel im Blick hatte. Dort angekommen, funkte er seine Position an Rosie, denn er wusste, dass sie wahrscheinlich schon einen Hubschrauber in der Luft hatte, der ihn zum Rettungsort bringen sollte.
„Der Hubschrauber holt dich in fünf Minuten am Kodiak Peak ab, Preacher. Ihr müsst umdrehen und euch beeilen, wenn ihr der jungen Frau noch helfen wollt. Die Polizei hat es gemeldet und sagte, es sei ein Wunder, dass das Auto noch nicht abgestürzt ist. Sieht aus, als ob nur ein Stück Geländer sie noch auf dem Berg hält.“
„Lass mich raten, noch so ein Hipster aus der Großstadt, der Black Ice für ein AC/DC-Album hält, stimmt´s?“
„Hey, keine Vorurteile mehr gegen Hipster, Preacher. Mein Enkel Cory war auch mal ein Hipster. Er hatte seine Haare immer zu so einem Dutt zusammengebunden.“
„Wie geht's ihm eigentlich? Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen", fragte Jarrad interessiert. Die echte Anteilnahme in seiner Stimme war trotz der knisternden Funkverbindung zu hören.
„Ihm geht´s gut. Er hat die Akademie als Klassenbester abgeschlossen. Es vergeht kein Tag, an dem sich seine Mama nicht bei Jesus für das bedankt, was du damals für ihn getan hast, als diese Mistkerle von der Krankenkasse sich weigerten, seine Behandlung zu bezahlen. Du bist ein guter Mensch, Jarrad. Ein wirklich guter Mensch. Der Junge verdankt dir sein Leben, und ich weiß, dass er das nie vergessen hat."
„Das ist das erste Mal, Rosie."
„Wie bitte, Preacher?”
„Nichts, du hast mich gerade zum ersten Mal überhaupt ... nun ja ... mit meinem Namen angesprochen. Ich melde mich wieder, wenn auf dem Kodiak bin. Bleib am Funk, Big Bear Mountain Rettungswache. Ende."
In seiner menschlichen Gestalt würde Jarrad mindestens zehn Minuten brauchen, um die Bergspitze zu erreichen und mit dem Hubschrauber bis zur Absturzstelle gebracht zu werden. Die Zeit lief dem drohenden Absturzopfer davon. Außerdem hatte er seinen Bären schon seit ein paar Tagen nicht mehr richtig laufen lassen. Der Zeitpunkt war perfekt. Auf dem Weg zum Berggipfel verwandelte sich Jarrad beim Laufen in seine Bärengestalt, in einen prächtigen kräftigen Grizzlybären. Sein weiches, dunkles Fell fing die Strahlen der späten Nachmittagssonne ein, kräuselte und wedelte im Wind, während die robusten Muskelschichten darunter unermüdlich arbeiteten und den schweren Bären mit unvorstellbarer Geschwindigkeit über den Pfad trugen. Der riesige Bär war wunderschön. Er bog vom Weg ab und lief durch den Wald, dann nahm er eine Abkürzung, die Jarrad als Mensch niemals hätte nehmen können.
In weniger als fünf Minuten erreichte Jarrad den Abholpunkt. Während er wieder seine menschliche Gestalt einnahm, war vom Hubschrauber noch nichts zu sehen.
„Preacher an Zentrale. Ich bin an der Abholstelle und warte auf den Hubschrauber."
"Zentrale an Preacher. Das ging aber schnell. Hat dir jemand geholfen?"
„Ja, das kann man so sagen, Rosie. Hey, ich kann den Hubschrauber hören. Zeit, die Fackel anzuzünden."
„Pass auf dich auf, Preacher und sei vorsichtig da draußen. Big Bear Mountain Rettungswache Ende!“
Jarrad nahm ein leuchtendes farbiges Röhrchen aus seinem Rucksack und zündete es an. Es handelte sich um eine Rauchfackel, die eine blaue Rauchwolke freisetzte und dazu diente dem Hubschrauberpiloten seine genaue Position und Windrichtung anzuzeigen. Nur wenige Augenblicke später rannte Jarrad gebeugt unter den tödlichen, schnell wirbelnden Rotorblättern des Hubschraubers hindurch, bis er sich umständlich durch die massive Schiebetür in den geräumigen Kabinenraum des mächtigen Sikorsky Rettungshubschraubers hineinmanövrierte.
Sobald er jedoch aufrecht stand, erschien ihm der hintere Kabinenraum nicht mehr so geräumig. Jarrads Körperbau füllte ihn mühelos aus, als er zielsicher auf den Vorderbereich zusteuerte.
„Spider”, rief er laut ins Mikrofon über das Dröhnen der Turbinen hinweg und bestätigte dem Piloten, seine Anwesenheit, während er sich den Flughelm und das Headset aufsetzte, die in der Ablage auf ihn warteten.
Der Pilot nickte nur.
Smalltalk und soziale Kompetenzen gehörten nicht zu ihren Stärken. Sie waren High Mountain Rangers auf einer Rettungsmission. Zum geselligen Beisammensein war die Bar in der Stadt da, sobald die Rettungsaktion abgeschlossen war.
Während sich Jarrad auf dem Windenführersitz im hinteren Kabinenraum anschnallte, gab der Pilot, der ehemalige Marineleutnant Jim „Spider” Webb, Gas und machte sich mit voller Geschwindigkeit auf den Weg zum Unfallort.
Die blauen und roten Blinklichter des Streifenwagens der Highway Patrol hellten Elles Stimmung ein wenig auf und verliehen ihr ein winzig kleines bisschen mehr Gefühl von Sicherheit, als durch eine nicht gerade sanfte Brise ihr schicker, glänzender BMW, der gefährlich über dem Rand der Klippe hing, zu rütteln begann. Nur ein abgebrochenes Stück Brüstung, das sich am vorderen Radkasten verfangen hatte, verhinderte noch, dass der Wagen Tausende von Metern den felsigen Abhang hinunterrutschte. Elle war fast froh, dass die Dunkelheit über den Berghang hereingebrochen war, sodass sie sich nicht länger mit dem Anblick des grausamen Schicksals quälen musste, das sie erwartete.
Nachdem sie fast eine Stunde lang über den Rand der Klippe balanciert hatte und sich in dieser Zeit gefragt hatte, ob es wirklich so klug gewesen war, ihr Handy einfach so aus dem Fenster zu werfen, war der Anblick des Polizeiautos auf der Straße hinter ihr eine wohltuende Erleichterung. Sie wusste, dass sie nur durch reinen Zufall gefunden worden war.
Nur die hintere Hälfte ihres Wagens befand sich teilweise auf der Straße. Der vordere Teil, einschließlich der Fahrertür und des Fensters, ragte förmlich über den Fahrbahnrand hinaus, während das Auto wie eine riesige Wippe im aufkommenden Wind umherschaukelte.
Daher konnte der Streifenpolizist Ryan nicht viel mehr tun, als die Situation zu melden und auf den Ernst der Lage hinzuweisen, woraufhin er sich so nahe wie möglich an den Straßenrand hockte, um die Lage im Auto selbst zu beurteilen.
„Miss? Ich bin der diensthabende Streifenpolizist Ryan. Sie können mich auch Jeff nennen, wenn Sie wollen. Die Bergrettung ist auf dem Weg. Sie kommen mit dem Hubschrauber und sollten jeden Moment hier sein.” Er sprach laut genug, um durch das geschlossene Fenster des Wagens gehört zu werden, in der Hoffnung, der eingeklemmten Insassin etwas Trost spenden zu können.
Elle nickte dankbar, sie war zu sehr im Schockzustand, um zu antworten. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Der Abstand, den der Polizist zum Auto einhielt, und die Tatsache, dass er nicht einmal versuchte, sie zu retten, machten ihr klar, dass ihre Lage genauso schlimm war, wie sie es sich vorgestellt hatte. Und sie hatte sich schon das Schlimmste ausgemalt.
„Sind sie verletzt, Miss?”
Sie schüttelte den Kopf, ihr Kinn zitterte, während sie tapfer versuchte, nicht zu heulen. Irgendwie glaubte sie nicht, dass der Polizist etwas über ihren abgebrochenen Schuhabsatz, ihren abgebrochenen Nagel oder ihren verletzten Stolz hören wollte. Ihr Führungszeugnis war absolut sauber. Bis jetzt.
„Mir ist kalt”, sagte sie und zitterte. Die Temperatur war gesunken, nachdem die Sonne untergegangen war. So war das hier in dieser Gegend. Die Sonne ging sehr schnell und sehr früh hinter den hohen Bergen unter. In der einen Minute war es hell und sonnig, fünf Minuten später fiel die Temperatur wie ein Stein und alles diesseits der Berge wurde in Dunkelheit eingehüllt.
„Haben Sie eine Jacke oder eine Decke oder etwas, das Sie warm hält?", fragte Ryan.
Elle schüttelte nur den Kopf und rieb mit den Händen über die nackten Arme, um die bittere Kälte, die in den BMW-Innenraum eindrang, zu vertreiben.
„Sie sind nicht von hier." Das war keine Frage. Ryan war seit 20 Jahren bei der Polizei auf Streife und erkannte einen Großstädter schon auf den ersten Blick. Er hatte schon viele schlecht ausgerüstete und unvorbereitete junge Leute gesehen, die auf dem Weg hierher waren, um die Landschaft zu genießen und ein Abenteuer zu erleben. Sie hier war jedoch nicht aus diesem Grund hier. So viel konnte er jetzt schon sagen.
Er nahm seinen Notizblock und seinen Stift aus der Tasche und begann, eine Beschreibung des Fahrzeugs und die Angaben zum Kennzeichen zu notieren. Es war gut, sich diese Angaben zu machen, denn wer wusste schon, wie lange das Auto noch hier sein würde.
„Wie heißen Sie, Miss? Ich brauche ihren Namen, um den Bericht zu schreiben.”
Elle schüttelte den Kopf.
„Ich brauche Ihren vollen Namen für meinen Papierkram.” Irgendetwas stimmte nicht. Ryans polizeilicher Instinkt hatte ein Gespür dafür. „Wenn ich Ihre Kennzeichen überprüfe, wird Ihr schönes Auto dann als gestohlen gemeldet oder waren sie in einen anderen Vorfall verwickelt?"
Elle schüttelte den Kopf. Ihre Schultern sanken herab. An diese Möglichkeit hatte sie nicht gedacht.
Plötzlich wurde die gesamte Absturzstelle in helles Licht getaucht, und das Auto begann wild zu schaukeln, als die Wucht der Rotorblätter auf es einschlug.
Elle klammerte sich an ihren Sicherheitsgurt und stieß einen Schrei aus, als das Auto heftig rüttelte und ein paar Zentimeter weiter über die Kante rutschte. Plötzlich schien der Rettungshubschrauber, auf den sie sich verlassen hatte, um sie zu retten, keine so gute Idee mehr zu sein.
„Das wird nicht funktionieren”, rief Spider ins Mikrofon, während er den Hubschrauber höher brachte, um den starken Abwind auf das Auto zu reduzieren.
„Halte ihn hier. Stell ihn auf Autopiloten, wenn es sein muss, aber halte ihn genau hier. Ich gehe runter."
Spider schüttelte energisch den Kopf. „Das geht nicht. Es ist zu weit. Wenn ich meinen Arsch hier rausbekommen muss oder der Wind stärker weht, kann ich dich nicht an so einem Stück Seil hängen haben. Ich werde die Kontrolle verlieren. Und dir wird es auch nicht viel nutzen, so nah an der Felswand zu schwingen."
Jarrads Bär knurrte verärgert über die Verzögerung. Sie hatten einen Job zu erledigen und Reden half nicht weiter.
„Ich mach das schon, Spider. Halte die Position und versuche, den Heli dabei möglichst ruhig halten“ befahl Jarrad.
Der besorgte Blick auf Spiders Gesicht sagte alles. Er war sich nicht so sicher, ob er es schaffen würde.
„Nach all den Kriegsgeschichten, mit denen du uns in der Bar langweilst", stichelte Jarrad, „sollte das ein Kinderspiel für dich sein. Oder ist das vielleicht doch nur das Bier, das da spricht?"
Bevor Spider weiter dagegen argumentieren konnte, ließ sich Jarrad, der bereits im Sicherheitsgurt steckte und mit der Seilwinde verbunden war, auf die hilflose Fahrerin absinken. Er hoffte, dass er sie noch rechtzeitig erreichen würde, aber angesichts der Instabilität des Wagens war er sich da nicht so sicher.
Schließlich konnte Jarrad seinen Abstieg auf Höhe der Fahrertür des wackelnden BMW stoppen und vorsichtig nach dem Türgriff greifen. Er öffnete die Tür vollständig, bevor er hineingriff und seine dicken Arme um Elle schlang.
„Lös´ den Gurt”, rief er eindringlich und deutete energisch auf das Gurtschloss.
Elle zögerte. Sie hatte Angst, sich vom Gurt zu lösen und das Schloss tatsächlich zu öffnen.
„Jetzt! ” Jarrads Stimme dröhnte über dem donnernden Geräusch des Hubschraubers, als das Auto immer weiter über die Kante rutschte.
Plötzlich schien alles im gleichen Moment zu geschehen. Für Elle war es, als würde alles in Zeitlupe ablaufen. Für Jarrad aber geschah alles viel zu schnell, und er dachte zwischendurch, dass er sie sicher verlieren würde.
Als sich der Sicherheitsgurt löste, gab das verbogene Metall, das als Elles persönliche Rettungsleine fungiert hatte, schließlich nach und das Auto fiel ungebremst den Berghang hinunter.
Zur gleichen Zeit schwang sich Jarrad mit Elle in den Armen aus dem Auto, und gemeinsam sahen sie zu, wie das Auto in die Dunkelheit stürzte. Alles was von ihren Schuhen übrig geblieben war, folgte hinterher, als sie mit ihren Beinen in der Luft nach Halt suchte.
Jarrad hielt sie sicher in seinen kräftigen Armen, und während er die Seilwinde zurückzog, nahm er sich einen Moment Zeit, um die Frau, dessen Leben er gerade gerettet hatte, richtig anzusehen. Sein Herz schlug schneller und sein Bär knurrte tief und freimütig voller Wohlgefallen.
„Was war das?” Elle schrie nervös auf. Sie konnte wegen des Lärms des schwebenden Hubschraubers nichts hören, aber sie spürte das Beben ganz sicher in Jarrads Brust.
„Nichts”, antwortete Jarrad schnell, „das ist nur das Seil. Das macht diese Geräusche manchmal."
Und es sollte es besser nicht wieder tun, befahl er seinem unruhigen Bären.
„Bist du verletzt?”, fragte er, um sie von seinem brummenden Bären abzulenken.
Sie schüttelte den Kopf, bevor sie zu dem fernen Hubschrauber aufblickte und dann hinunter in die Dunkelheit sah, die vor wenigen Augenblicken ihr Auto verschluckt hatte. Und ihre Schuhe.
„Hör auf zu treten! Ich habe dich jetzt und werde dich nicht loslassen.”
Wieder knurrte der Bär zustimmend, zutiefst zufrieden mit Jarrads Wortwahl.
In der relativ gemütlichen Kabine des Hubschraubers angekommen, wies Jarrad Elle den Weg zu ihrem Sitz, während er Spider auf die Schulter klopfte, ihm die Daumen hochhielt und ein noch breiteres „Ich habe es dir ja gesagt"-Grinsen zeigte. Spider schüttelte nur den Kopf. Er ließ sich nicht provozieren. Jarrad wusste, wie gefährlich diese Aktion war und wie nahe er dabei gewesen war, die Frau, sein eigenes Leben und vielleicht sogar das von Spider zu verlieren. Es gab nichts, was Spider sagen konnte, was Jarrad nicht schon wusste. So war Jarrads Arbeitsweise. Ihm ging es nur um die Mission. So war er schon immer gewesen.
Jarrad holte eine Notfall-Wärmedecke aus dem nahe gelegenen Lagerraum und wickelte sie um Elles zitternde Schultern. Zum ersten Mal blickte er in ihre verängstigten und doch so wunderschönen braunen Augen. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Normalerweise war das der Moment, in dem man sich bei ihm bedankte und die Angst langsam verflog.
Sie war weiterhin genauso verängstigt als sie es gewesen war als sie noch im Auto festgesessen hatte und hatte sich nicht ein einziges Mal bei ihm bedankt.
Er sah nichts als Angst in ihren weit aufgerissenen Augen und er fühlte mit ihr.
Sein Bär roch ihren Duft durch Jarrads geweitete Nasenlöcher, als er tief einatmete. Sein Bär roch auch ihre Angst. Aber er roch auch noch etwas Anderes. Etwas viel, viel Wichtigeres als alles andere, was seine menschlichen Sinne wahrnehmen konnten.
Elle hätte dankbar sein sollen, dass sie noch am Leben ist, aber ohne Auto, Handtasche, Schuhe, Handy und Kleidung zum Wechseln, fühlte sie sich nur bedingt wohl. Es war als ob sie trotz der überstandenen Gefahr nur eine geringe Chance hatte, am Leben zu bleiben. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Kartell oder derjenige, der mit der Suche nach ihr beauftragt wurde, sie finden würde. Dass der Polizist sie überhaupt gefunden hatte, war wie ein Segen gewesen. Jetzt fühlte sich aber alles eher wie ein Fluch an.
Sie fühlte sich verletzlich, und sie hasste dieses Gefühl. Ihre verzweifelte Flucht in die Freiheit, Sicherheit und Anonymität war mitten im Nirgendwo zum Stehen gekommen. Sie war vielleicht nicht wirklich am Ende der Welt, aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie es von dort, wo sie sich gerade befand, sehen konnte.
Um sich von der aufwühlenden Bewegung des windgepeitschten Hubschraubers und ihrem immer stärker werdenden Gefühl der Hoffnungslosigkeit abzulenken, nahm sich Elle einen Moment Zeit, um ihren Retter genau zu betrachten, während er sich auf etwas komische Weise abmühte, den Sicherheitsgurt über seine unmöglich breiten Schultern zu ziehen.
Er war zweifelsohne der größte Mann, den sie je gesehen hatte.
Wow! Hier oben in den Bergen werden sie wirklich groß.
Und gutaussehend war er auch noch, wie sie trotz ihrer vielen Sorgen feststellen musste. Oder vielleicht gerade deswegen. Schließlich gab er den Kampf auf und warf den zu kleinen Gurt zur Seite, bevor er zu Elle aufsah. Ihre Wangen erröteten, als sie erkannte, dass er sie dabei erwischt hatte, wie sie ihn musterte. Ein verschmitztes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während er so tat, als hätte er es nicht bemerkt.
Als er aufstand, um auf sie zuzugehen, ruckte der Hubschrauber und warf den riesigen Mann zurück in seinen engen Sitz.
Spider drehte sich um und gab Jarrad ein Zeichen, um auf seinem Platz zu bleiben. Offensichtlich war er schwer genug, um die Stabilität des hochmodernen Hubschraubers zu beeinträchtigen.
Jarrad deutete auf ein Headset, das neben Elles Sitz hing, und gab ihr ein Zeichen, es aufzusetzen. Elle nahm es vom Haken, an dem es befestigt war, und untersuchte es auf Spuren von Ohrenschmalz, bevor sie bei dem Gedanken, sich die Kopfhörer auf die Ohren zu setzen, ihr niedliches Gesicht verzog.
Gerade als ich dachte, der Tag könnte nicht noch schlimmer werden. Igitt!
„Wie heißt du?” fragte Jarrad, während sie sich die Kopfhörer zurechtrückte.
„Elle”, schrie sie über das Dröhnen der Rotoren hinweg.
Jarrad zuckte zusammen, als ihre Stimme sein Trommelfell zu zerreißen drohte.
„Du musst nicht schreien. Ich kann dich auch gut hören, wenn du normal sprichst. Diese Dinger sind dafür konstruiert. Weißt du was ich meine?"
Elle zog entschuldigend die Schultern hoch.
„Ich bin Jarrad. Vorne am Steuer sitzt Spider." Spider hob die Hand zur Begrüßung, ohne sich umzudrehen.
„Spider?", fragte sie sich wundernd.
„Webb. Jim Webb, zu Ihren Diensten, Madam", antwortete Spider und wechselte dabei zu seinem texanischen Akzent, der bei den Damen normalerweise gut ankam.
„Ich danke euch beiden, dass ihr mich gerettet habt", sagte sie und traf auf Jarrads Blick, als sie sprach, „ich weiß, das klingt ziemlich lau, nach dem, was ihr getan habt, aber ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll."
„Das ist schon in Ordnung, meine Liebe. Jederzeit." Das kokette Lächeln war in seiner Stimme deutlich zu hören, auch wenn weder Jarrad noch Elle sein Gesicht sehen konnten.
Der Bär brummte besitzergreifend tief in seinem Inneren, während Jarrad selbst einen Stich der Eifersucht spürte, der ihn überraschte.
Elle sah wieder zu Jarrad, der unbeholfen in seinem Sitz saß, und begann zu kichern. Vielleicht war es nur ein posttraumatischer Bewältigungsmechanismus. Es war ihr eigentlich egal, warum; es fühlte sich einfach gut an, zum ersten Mal seit langem wieder zu lachen.
"Habe ich etwas verpasst?" fragte Jarrad, verwirrt von ihrem plötzlichen Ausbruch.
"Nein. Ich habe mich nur gefragt, ob die Streifenpolizei über Funk gemeldet hat, dass eine mollige Frau auf dem Berg festsitzt, und sie deshalb den größten Mann geschickt haben, den sie finden konnten, um sie zu retten", bei dieser Vorstellung brach sie in einem Lachanfall aus.
Spider drehte sich in seinem Sitz um und zwinkerte Jarrad zu. "Man nennt diesen Ort nicht umsonst Big Bear Mountain -"
Jarrad warf ihm einen strengen Blick zu, um ihn zu unterbrechen.
Seine Züge wurden weicher, als er wieder zu Elle blickte, die sich über ihren eigenen kleinen Scherz zu amüsieren schien. Er mochte es, wie ihr Gesicht aufleuchtete, wenn sie lachte.
Jarrad war allerdings verwirrt über Elles Kommentar, nachdem ihr Lachanfall endlich abgeklungen war. Aber für einen Mann wie Jarrad war Verwirrung so ziemlich der Normalzustand, wenn es um Frauen ging. Kein Wunder, dass er noch keine Frau für sich und seinen Bären gefunden hatte.
Jarrad war ziemlich ahnungslos, wenn es darum ging, eine Frau zu finden.
Eine mollige Frau? Aber sie ist doch wunderschön. Sie ist perfekt.
Sein Bär knurrte erneut und atmete tief ein, um zu versuchen, ihren Duft zu genießen. Noch konnte er vor allem Angst und Unruhe riechen, die Jarrad auf ihre Flugangst und ihre Nahtoderfahrung auf dem Berg zurückführte. Sein Bär wusste, dass sie für ihn bestimmt war. Ihr Geruch war unverwechselbar. Jetzt musste er Jarrad nur noch davon überzeugen, dass sie die Richtige ist.
Trotz ihres traumatischen Erlebnisses sah die Frau immer noch umwerfend und ziemlich elegant aus. Sie war nicht von hier, das ist sicher. Jarrads Vermutung war, dass sie frisch aus der Großstadt kam. Lackierte Nägel, ihr goldenes Haar war nahezu perfekt, nur ein paar abstehende Strähnchen hatten sich während der Rettung aus ihrem Pferdeschwanz gelöst, gerade genug Make-up, um ihre hohen Wangenknochen, ihre vollen, unwiderstehlichen Lippen und ihre Kurven an den richtigen Stellen zu betonen. Sie war eine Nummer zu groß für ihn. So viel wusste er mit Sicherheit. Er würde nicht zulassen, dass sein Bär ihn zum Narren macht. Auf gar keinen Fall.
"Was hast du überhaupt oben auf dem Berg gemacht?" fragte Jarrad.
"Ich wollte vielleicht wandern gehen", antwortete sie und bereute ihre dumme Antwort, noch bevor sie es ausgesprochen hatte.
Jarrad zog eine Augenbraue hoch. "Mit dieser Kleidung?", fragte er und blickte von ihren nackten Füßen hoch zum kurzen Rock, der unter der Rettungsdecke hervorblickte.
"Ich sagte, ich dachte darüber nach", antwortete sie schnippig.
"Wir retten hier oben jedes Jahr eine Menge Leute, die darüber nachdenken, zu wandern, klettern oder zelten. Viele von ihnen sind auch viel besser vorbereitet als Sie." Jarrad wusste, dass sie etwas verheimlichte und dass sie Angst hatte, also fragte er nicht weiter nach.
"Wir müssen dich den Berg hinunter in das örtliche Krankenhaus bringen, damit du untersucht wirst. Wir können die Ortspolizei dorthin bestellen, damit sie deine Aussage aufnehmen. Es sei denn, du möchtest lieber auf die Wache gehen?"
"Nein!", schrie sie lauter und deutlicher, als beabsichtigt. "Ich meine ... mir geht's gut. Wirklich. Ich muss nicht ins Krankenhaus. Und das Auto war versichert, also werde ich nur eine Meldung bei der Versicherung machen. Wir brauchen die Polizei nicht. Es ist niemandem etwas passiert."
"Tut mir leid, aber wir müssen uns an das Protokoll halten. Du musst von einem Arzt durchgecheckt werden, für den Fall, dass später etwas passiert und du versuchst, die Bergrettung zu verklagen. Und die Polizei wird einen Bericht verlangen, um zu erklären, warum die Behörden ein Reparaturteam schicken müssen, um ein großes Stück Leitplanke auf dem Berg zu ersetzen."
Da er viele Jahre in der Armee gedient hatte, darunter auch einige Einsätze im Irak, hatte Jarrad eine Menge gesehen, darunter auch viele Dinge, die er lieber vergessen hätte. Der Gesichtsausdruck der Frau erinnerte ihn an den Ausdruck des blanken Schreckens, den er im Gefecht unter den schrecklichsten Kampfbedingungen erlebt hatte. Auch sein Bär spürte den beißenden Gestank des puren Schreckens und wollte nichts Anderes tun, als sie zu beschützen und ihr zu sagen, dass alles gut werden würde. Das Gefühl der Beunruhigung und des Schreckens, das sein Bär wahrnahm, versetzte ihn allmählich in einen Beschützerzustand und machte ihn unruhig. Jarrad kam schnell zum selben Schluss, unterstützt durch seine erweiterten Sinne und seine jahrelange Erfahrung in diesem Bereich.
Das Problem war nur, dass weder Jarrad noch sein Bär wussten, was zum Teufel wirklich los war.
Entgegen allem, was seine Ausbildung ihn gelehrt hatte, und entgegen jedem Protokoll, das er als Bergretter befolgen sollte, hörte Jarrad widerwillig auf seinen Bären und seine eigenen Instinkte, als er eine feste, befehlende Hand auf Spiders Schulter legte.
“Bist du verrückt?” protestierte Spider. “Du weißt, dass wir das nicht tun können."
„Du musst das für mich tun. Frag mich nicht, warum. Ich weiß selbst nicht, warum. Ich weiß nur, dass hier etwas nicht stimmt, und du musst mir wirklich etwas Zeit verschaffen, um herauszufinden, was los ist, bevor wir etwas tun, was wir vielleicht bereuen“, erklärte Jarrad. „Du weißt, dass ich ein Gespür dafür habe, wenn etwas nicht in Ordnung ist und im Moment sagt mir mein Gefühl, dass sie“, er deutete auf Elle, „in Schwierigkeiten steckt. Und zwar in ernsten Schwierigkeiten.“
Spider antwortete nicht. Er verarbeitete noch immer, was Jarrad vorschlug.
„Erinnerst du dich an Al Qaim? Du hast damals nicht auf mich gehört ...“
Sie haben lange Zeit nicht mehr über Al Qaim gesprochen. Ein Ausdruck von Schuldgefühlen überzog Spiders Gesicht. Er erkannte, wie ernst es Jarrad war und wie gefährlich die Situation sein konnte. Er hatte diesen Ausdruck auf Jarrads Gesicht schon einmal gesehen.
Der mächtige Sikorsky-Hubschrauber machte eine scharfe Drehung und änderte den Kurs.
„Was ist hier los?“ fragte Elle erschrocken über das plötzliche Manöver des Hubschraubers, bemüht nicht vom Sitz gerissen zu werden. „Wo fliegen wir hin?“
„Irgendwohin, wo es sicher ist, damit du mir sagen kannst, was wirklich los ist und warum ich dich nicht eigentlich sofort zur nächsten Polizeistation bringen sollte.“
Zum ersten Mal blickte Elle direkt in Jarrads tiefe blaue Augen.
„Wenn du das tust, bin ich so gut wie tot. Du hättest mich genauso gut auf dem Berg sterben lassen können. Das wäre viel schneller und viel angenehmer gewesen als alles, was sie mit mir vorhaben, das steht fest.“
„Wer sind sie?“ fragte Jarrad.
„Das Kartell.“
„Oh Scheiße!“
Jetzt war Jarrad derjenige, der verängstigt aussah.
Jarrads besorgter Gesichtsausdruck trug nicht gerade dazu bei, Elles ohnehin schon schwachen Gemütszustand zu stärken. Sie hatte ihre einzige Chance auf Freiheit und Sicherheit verspielt. Sie hatte kein Geld, ihr Hab und Gut, einschließlich ihrer kleinen Reisetasche, ihrer Geldbörse und ihrer Kreditkarten waren für immer verloren. Alles, was sie hatte, war ein Fremder, wenn auch ein gut aussehender und gut gebauter, mit einem Gesichtsausdruck, bei dem ihr Schlimmes schwante.
„Ich habe doch gesagt, ich hätte meine Chance im Auto lieber nutzen sollen.“ Sie sackte in ihrem Sitz zusammen und ergab sich ihrem Schicksal.
Jarrads Bär regte sich. Er hasste es, dass die Frau, die für Jarrad bestimmt war, aufgab. Es steckte mehr in ihr. Sie war eine Kämpferin und daran musste sie erinnert werden. Dieses Mal stimmte Jarrad seinem Bären zu. Sie waren in letzter Zeit nicht immer einer Meinung gewesen.
Fast widerwillig stand Jarrad auf und zog sein Hemd und das enge T-Shirt, das er darunter trug, hoch. „Ich möchte dir etwas zeigen“, sagte er zu Elle.
Wow!
Elle riss die Augen weit auf und ihr Mund blieb vor Staunen weit geöffnet, als sie unter Jarrads hochgezogenem T-Shirt das schönste Sixpack erblickte, das sie je gesehen hatte. Und dabei hatte sie so einige Feuerwehr-Kalender zu Hause. Sechs perfekt geformte Quadrate waren in die Granitplatte gemeißelt worden, genau an der Stelle, an der eigentlich seine Bauchmuskeln hätten sein sollen. Elle wollte sie anfassen, um zu sehen, ob sie echt waren.
Mit meiner Zunge!
Darunter bildeten ein paar feine Härchen, eine Linie von seinem Bauchnabel bis hinunter zu seinem ...
„Ich hoffe, das erschreckt dich nicht“, mahnte er und unterbrach ihr offensichtliches Verlangen.
Als er das Hemd weiter anhob, enthüllte er eine dicke, etwa fünf Zentimeter lange Narbe direkt unterhalb seines Brustkorbs. Elle versuchte nicht zu reagieren, aber sie hatte nicht damit gerechnet, und ihr Gesichtsausdruck verriet sie.
„Ich bin daran gewöhnt“, sagte er. „Ich gehe in letzter Zeit nicht mehr oft an den Strand.“
Elle lachte nicht.
Jarrad lächelte. „Das war ein Witz ... weißt du, wie weit wir von allem entfernt sind, was einem Strand auch nur nahekommen würde?“
„Es tut mir leid. Es war keine böse Absicht. Ich habe nur nicht damit gerechnet –“
„Mit einer riesigen hässlichen Narbe an der Stelle, an der mich ein meterlanges Stück Betonstahl wie ein Spießbraten aufgespießt hat?“, fragte er.
Er begann sein Hemd wieder runterzuziehen. Elle wünschte sich, er würde es nicht tun. Die Narbe störte sie nicht. Sie wusste nicht einmal, warum sie zurückgeschreckt war. Sie fühlte sich furchtbar.
„Warum hast du mir das gezeigt?“
„Spider und ich waren auf einer Mission -“
„Du hast das von einer Rettungsmission?“, unterbrach ihn Elle.
Spider drehte sich in seinem Sitz um und warf Jarrad einen vorsichtigen Blick zu.
„Wir haben zusammen gedient. In der Armee. Mehr darf ich dazu nicht sagen. Jedenfalls sind wir, wie ich schon sagte, in ein paar ... Schwierigkeiten geraten. Wie du gesehen hast, ist es für mich nicht gut ausgegangen, aber für die anderen Jungs war es noch viel schlimmer. Ich war der Einzige, der überlebt hat. Sie haben mich dem Tod überlassen, eingeklemmt unter einem Haufen Detonationsschutt mit einer Stahlstange in der Brust. Wer würde es da schließlich schaffen zu überleben, oder?“
Elle verzog das Gesicht, als ihr ein schreckliches Bild durch den Kopf schoss. Die Vorstellung war einfach unglaublich grotesk.
„Ich saß in der Falle. Fünf Kilometer in feindlichem Gebiet. Kein Funkgerät. Keine Waffe. Nichts.“
„Ich verstehe nicht, was das -“
„Ich will damit sagen“, unterbrach Jarrad sie, „dass es immer eine Chance gibt, auch wenn andere einen für tot halten und alles hoffnungslos erscheint. Sogar dann, wenn diese Chance klein ist oder fast gar nicht vorhanden ist. Aber natürlich nur, wenn man nicht aufgibt. Und du bist kurz davor, das zu tun. Vertraue mir. Lass dir von uns helfen.“
„Nein, das ist zu gefährlich. Es ist mein Problem und ich will nicht, dass das Blut eines anderen an meinen Händen klebt. Ich muss das alleine durchziehen“, flehte sie.
„Das ist keine Option. Wir sind auf dem Weg zu einem sicheren Ort. Zu mir. Dort wird dich niemand finden, das ist ein Versprechen.“
„Wie hast du es überhaupt zurückgeschafft?“, fragte sie, um das Thema zu wechseln.
„Ich bin ein Schnellheiler, schätze ich.“ Er lächelte. Die Art von Lächeln, an das sie sich schnell gewöhnte.
Ihr Gesichtsausdruck, als sie sich dem Hubschrauberlandeplatz auf Jarrads Grundstück näherten, war unbeschreiblich. Jarrad freute sich, als er sah, wie ihre Augen leuchteten, als sie erkannte, dass sie auf sein erstaunliches Privatanwesen mit Blick auf die schneebedeckten Berge blickte, umgeben von unberührtem Wald, soweit das Auge reichte, mit Bäumen, die wohl mehrere Jahrhunderte alt waren. Am Rande einer großen Lichtung stand eine riesige zweistöckige Blockhütte, obwohl diese Beschreibung Jarrads Haus kaum gerecht wurde. Es war doppelt so groß wie ein durchschnittliches Haus in der Vorstadt, selbst ohne die große, angrenzende Doppelgarage.
„Gehört ... gehört das dir?“, fragte sie mit offenstehendem Mund.
„Das Haus schon, aber nicht das Land. Mein Vater hat immer gesagt, dass dieses Land nie wirklich jemandem gehört, also kümmere ich mich wohl nur darum, bis es von der nächsten Generation übernommen wird“, antwortete er rätselhaft, während Spider mit meisterhafter Präzision auf dem grasbewachsenen Hubschrauberlandeplatz landete und die Motordrehzahl auf Leerlauf runterdrehte.
Kaum waren sie aus dem Hubschrauber ausgestiegen, heulten die Motoren wieder auf, und lose Äste und Waldteile flogen durch die Luft, so dass Elle ihre Augen vor dem Mini-Tornado schützen musste. „Wo will er hin?“, rief sie Jarrad ins Ohr.
„Zurück zur Basis, um aufzutanken und für den nächsten Einsatz vorbereitet zu sein. Hoffentlich erwartet uns heute Nacht kein weiterer.“
„Musst du ihn nicht begleiten ?“
Jarrad hielt inne, damit der Hubschrauber etwas an Höhe gewann und er ohne zu schreien reden konnte. „Nein, eigentlich bin ich nicht einmal im Dienst. Ich war auf einem Kletterausflug, als der Anruf kam und ich war am nächsten. Scheint dein Glückstag zu sein, nicht wahr?“ Er lachte und legte seinen Arm um ihre Schulter, um sie ins Haus zu führen.
Die Art und Weise, wie er sie hielt, so fest und beschützend, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sein enormer Körper sie überragte, gab ihr ein Gefühl der Sicherheit, aber sie wusste, dass dies nur vorübergehend war. Sie musste so schnell wie möglich weg, bevor noch jemand in ihren Schlamassel verwickelt wurde, egal wie gut sie es auch mit ihr gemeint haben sollten. Ihre einzige Chance, das hier lebend zu überstehen, bestand darin, schnell zu handeln und allein zu reisen.
„Du wohnst in diesem großen Haus ganz allein?“, fragte sie, um herauszufinden, ob es eine Mrs. Bergretterin gab.
Vielleicht ist er ein verdammt heißer Bergretter mit einer umwerfend hübschen, schlanken Frau und drei perfekten Kindern. Ha! Das fehlt mir noch zu meinem Glück.
„Ja klar. Als ich es gebaut habe, dachte ich, ich würde eine Freundin finden ... ich meine eine Frau und vielleicht eine Familie gründen. Wenn ich gewusst hätte, dass das nicht klappt, hätte ich es viel kleiner gebaut.“
„Es ist atemberaubend. Wenn du sagst, du hast es gebaut ...“
Jarrad hielt seine großen Hände hoch, „mit diesen hier. Und ein paar Elektrowerkzeugen.“
„Soldat, Bergretter und jetzt Baumeister? Hast du noch mehr verborgene Talente?“
Sein Bär wollte gerade brummen, als Jarrad Elle schnell auf seine Arme nahm und sie zügig in Richtung Haus trug. Elle, die nicht gerade zu den leichtesten Frauen gehörte, war überrascht von seiner Kraft und der Art und Weise, wie er sich mit Anmut und Geschicklichkeit bewegte, während er sie in seinen Armen hielt, als wäre sie gar nicht da.
„Warum hast du es plötzlich so eilig?“
„Es ist eiskalt hier draußen. Ich will nicht, dass du dich erkältest“, antwortete er.
„Du weißt schon, dass es sich bei Erkältungserregern um Viren handelt, oder? Man kann sich nicht anstecken, nur weil einem kalt ist.“
Gestaltwandler litten nicht an menschlichen Krankheiten, also kannte Jarrad sich weder mit den Symptomen noch den Anzeichen bei Menschen aus.
„Wie auch immer ...“
Toll ... eine Besserwisserin. Ich habe dir ja gesagt, dass sie nicht perfekt ist, dachte Jarrad als Antwort auf das ständige Gefühl seines Bären, dass sie perfekt und für ihn bestimmt war. So viel zu der Kunst seines Bären, solche Dinge allein durch den Duft einer Frau zu erkennen.
Ich glaube, du weißt noch weniger über Frauen als ich. Und das will schon etwas heißen!
„Wow!”, sagte sie, sobald sie durch die schweren Holztüren des Haupteingangs in den größten Raum des Hauses getreten waren.
Jarrad vermutete, dass dies vielleicht das einzige Mal in seinem Leben war, dass er eine Frau das sagen hörte, ohne dass es das Ende ihrer Beziehung oder den Beginn eines großen Missverständnisses bedeutete. Er nahm sich eine Sekunde Zeit, um den Moment zu genießen.
Der beeindruckende, luftige Raum machte sie sprachlos. Vom Boden bis zur Decke reichende Fenster, von denen sie wusste, dass sie tagsüber einen atemberaubenden Blick auf die Berge bieten würden, ein kolossaler Steinkamin in der Mitte des Raumes, der den riesigen Raum in zwei Hälften teilte. Große, opulente Teppiche bedeckten einen Großteil des Steinbodens und dazu eine perfekt verarbeitete und polierte Holzdecke. Der Raum erinnerte sie an ein luxuriöses Haus in den Hamptons mit einem Hauch einer Berghütte. Nicht die Art von Junggesellenbude, die sie sich von ihrem Ex-Militär Bergretter vorgestellt hatte. Das Haus strahlte Klasse aus und war makellos. Und noch dazu perfekt aufgeräumt.
„Bist du sicher, dass keine Mrs. Bergretterin zu Hause ist?“ Sie konnte sich die Frage nicht verkneifen.
Jarrad lächelte über ihre Versuche, ihn auszuhorchen. „Nein. Ich kann dir versichern, dass ich hier oben komplett alleine bin. Und so gefällt es mir auch“, fügte er hinzu.
„Daran habe ich gar keinen Zweifel.“ Elle versuchte, die Enttäuschung in ihrer Stimme zu verbergen. So sehr sie auch weglaufen wollte, fühlte sie sich doch zu dem starken, kräftigen Mann hingezogen, der sich an ihren Kurven zu erfreuen schien und sie ansah, als sei sie etwas Besonderes.
Sei kein Narr. Du würdest dir nur noch mehr Liebeskummer einhandeln, erinnerte sie sich.
Dann vielleicht ein kleines Abenteuer. Keine Verpflichtungen und so weiter. Immerhin könnte ich morgen schon tot sein ...
„Ich sagte, ich mach´ uns ein bisschen Feuer an, wenn du willst.“ Seine leidenschaftliche, beruhigende Stimme durchbrach ihre innere Debatte.
„Stimmt etwas nicht? Du siehst ... ich weiß nicht ... abgelenkt aus?“, fragte er.
„Mir gehts gut. Ich fühle mich nur so, als ob ich eine Dusche bräuchte, und ich habe nicht einmal Kleidung zum Wechseln oder so.“ Sie verzog das Gesicht, als sie auf ihre verschwitzte Bluse und den zerzausten Rock hinunterblickte.
„Ich versuche, etwas zum Anziehen für dich zu finden. Du kannst in der Zwischenzeit duschen und ich mache das Feuer an und koche dir etwas zum Essen. Hast du Hunger?“
Sie verspürte ein Hauch von Eifersucht bei dem Gedanken, dass er Frauenklamotten im Haus hatte. Überbleibsel von seinen anderen 'Eroberungen', dachte sie sich. Wie konnte sie nur so dumm sein, zu glauben, dass er sich für eine Frau mit ihrer kurvigen Figur interessieren könnte? Selbst wenn es so wäre, wäre sie nur eine von vielen, die er in seine „Schickimicki“-Junggesellenbude mitgenommen hatte, nur um sie dann loszuwerden, wenn er seinen Spaß gehabt hatte.
Männer! Sie sind alle gleich. Sogar hier draußen in der verdammten Wildnis!
Frisch geduscht mit nassem Haar, das nach dem grünem Apfel-Shampoo roch, welches sie in der Duschkabine gefunden hatte, trat Elle zögernd aus dem Bad in das angrenzende Gästezimmer. Sie war allein und begann sich zu entspannen, obwohl ein kleiner Teil von ihr enttäuscht war, dass Jarrad nicht da war. Sie hatte gehört, wie er herumstöberte, während sie sich abtrocknete.
Als sie in ihrer Unterwäsche und nur mit einem Handtuch bedeckt eintrat, sah sie, dass ihre Kleidung nicht mehr da war. Auf dem Bett, wo sie ihre Kleidung zurückgelassen hatte, lag das größte Sweatshirt und der größte Kapuzenpulli, den sie je gesehen hatte. Elle hatte keine Ahnung, wer oder was die Montana Grizzlies waren, aber offenbar trugen sie Kleidung, die für Riese vorgesehen war.
Das Sweatshirt war mit einem großen Grizzlybären auf der Vorderseite und dem Schriftzug „The Last Best Place“ bedruckt. Der Kapuzenpulli war etwas dezenter und war mit einem Schriftzug der Montana Grizzlies in riesigen Buchstaben bedruckt. Als ob das noch nicht genug wäre, war außerdem ein riesiger Tatzenabdruck eines Bären darauf gedruckt.
Elle begann, eine Vorliebe für Bären zu erkennen.
Und eine Vorliebe für Kleidung in der Größe XXXXXL.
OK, vielleicht doch keine Sammelstücke von anderen Spielgefährtinnen. Aber Bären? Ernsthaft? Denkt er wirklich, ich trage so eine große Größe? Wie unverschämt!
Nachdem sie in die übergroßen Klamotten geschlüpft war, machte sich Elle auf den Weg nach unten, angelockt sowohl von dem köstlichen Duft, der aus der Küche kam, als auch von dem Bedürfnis, Jarrad eine Standpauke zu halten, weil er ihr diese lächerlichen Klamotten gegeben hatte.
„Ah, da bist du ja“, sagte Jarrad, als sie die Küche betrat.
Elle blieb kurz stehen und stellte sich einfach in die Mitte der Küche. Sie starrte auf ihre Ärmel, die fast auf dem Boden zu schleifen schienen. Sie sah aus wie ein Kind, das das Hemd eines Erwachsenen trägt. Dann starrte sie Jarrad wortlos an.
„Ja, was das angeht ... Ich habe hier oben nicht viele Besucher und meine alten College-Sweatshirts waren das Einzige, von dem ich dachte, dass es dir vielleicht annähernd passen könnte. Seit diesen Tagen habe ich ganz schön zugelegt.“
Sie blickte von ihrem riesigen, flatternden Kapuzenpulli zu Jarrad und wieder zurück und stellte fest, dass er recht hatte. Seine jetzige Größe wäre sogar noch imposanter gewesen. Wenn das überhaupt möglich wäre.
„Danke. Ich weiß den Gedanken zu schätzen. Zuerst dachte ich, du würdest dich über meine Figur lustig machen.“
„Was? Machst du Witze? Du hast eine fantastische Figur.“ Jarrad wandte seine Aufmerksamkeit schnell wieder dem Herd zu, dem er sich gewidmet hatte, bevor Elle hereinkam, peinlich berührt von der Offenheit seiner Worte.
Flirtet er mit mir?
„Du hast mich schon abgecheckt, nicht wahr? Ich wette, das sagst du zu all den kurvigen Frauen, die du rettest und in dein Bergversteck bringst“, fragte sie nach.
Jarrad war plötzlich von allem, was auf dem Herd passierte, fasziniert, während er in einem Topf kräftig rührte, schmeckte er den Inhalt eines anderen Topfes sorgfältig ab. Egal, was er jetzt sagte, es würde ihn in Schwierigkeiten bringen. Wenn er sagte, dass er ihre geschmeidigen, herrlichen Kurven mochte, dann gab er zu, dass er sie attraktiv fand. Wenn er so tat, als hätte er nicht bemerkt, dass sie nicht zu den Frauen mit Größe XS gehörte, würde er dumm dastehen oder noch schlimmer ... als Lügner durchgehen. Es war ein guter Zeitpunkt für Jarrad, einfach gar nichts zu sagen.
„Was riecht hier so gut?“ fragte Elle, brach das unangenehme Schweigen und nahm einen Hauch des köstlichen Dufts in sich auf.
„Hausgemachte Nudeln mit Flathead Lakes-Käse, Babyspinat, Waldpilzen und knusprigem Speck“, antwortete Jarrad stolz.
Als Elle auf den starken Mann mit dem dünnen T-Shirt über der prächtig muskulösen Brust schaute, der mit seinen sehnigen, muskelbepackten Armen die Inhalte winzig erscheinender Töpfe und Pfannen umrührte, war es schließlich seine detaillierte Beschreibung des Abendessens, die sie jeder Zurückhaltung beraubte.
Sie brach in Gelächter aus.
Elle war völlig ausgehungert. Vielleicht lag es daran, dass sie so lange ohne Pause auf der Flucht gewesen war, oder an dem Stress der Rettungsaktion. Vielleicht auch beides, in gleichem Maße. Auf jeden Fall verschlang sie das beste Nudelgericht, das sie je in ihrem Leben gegessen hatte, mit einer solchen Begeisterung, dass Jarrad sie mit einem verwunderten Blick beobachtete. Er hatte noch nie jemanden gesehen, der so schnell so viel Essen verdrückt hatte.
„Das war köstlich. Ich glaube, das kann mit den besten Restaurants mithalten, in denen ich je gegessen habe“, sagte sie und wischte den letzten Rest der Soße mit der Kruste ihres Brotes auf.
Peinlich berührt schob sie ihren leeren Teller beiseite. Jarrad hatte seinen kaum halb aufgegessen. „Ich habe seit über 24 Stunden nichts mehr gegessen“, erklärte sie. Auf der Flucht zu sein, war nicht ideal für jemanden mit gesundem Appetit. Während der Fahrt wünschte sie sich ein paar Mal, sie wäre eine der dünnen `Für-mich-nur-Salat`-Frauen, mit denen sie aufs College ging. Aber das würde nie passieren. Elle genoss gutes Essen und war der Meinung, dass das Leben zu kurz war, um es nicht auch zu genießen.
„Nun, jetzt bist du geduscht, umgezogen, satt und mit Wasser versorgt. Willst du mir erzählen, wie du auf einer Hochgebirgsstraße in einem Auto und in Klamotten, die eher für ein Wochenende in Vegas geeignet sind, dem Kartell entkommen bist?“
Sie wusste, dass diese Frage kommen würde, aber sie hatte ihre Geschichte noch nicht gut genug vorbereitet und war sich nicht sicher, wie sehr sie diesem Fremden vertrauen konnte. Ganz gleich, wie unglaublich heiß er war.
„Du könntest versuchen, mir die Wahrheit zu sagen, wenn du noch keine Geschichte vorbereitet hast“, sagte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
„Wie -“
„Als ich in der Armee war, hingen mein Job und mein Überleben davon ab, dass ich in der Lage war, Menschen zu lesen.“ Er hielt inne und starrte sie mit einem kalten, unbarmherzigen Blick an. „Ich war verdammt gut in meinem Job.“
Elle hatte nicht nur das Gefühl, dass sie verhört wurde, sondern auch, dass Jarrad bereits viele Antworten kannte. Dieses Gefühl basierte wahrscheinlich auf der Tatsache, dass er dies auch wirklich tat.
Der Streifenpolizist Ryan hatte Jarrad auf seinem Handy angerufen, während Elle sich frisch gemacht und umgezogen hatte. Es schien, als seien das Auto und sein Fahrer in einer Reihe von Staats- und Bundesmeldungen aufgetaucht, in denen es um die Veruntreuung von Geldern eines Finanzunternehmens ging. Den Aufzeichnungen zufolge war der kürzlich verschwundene BMW auf den Vorsitzenden der besagten Finanzgesellschaft zugelassen.
Er war sich nicht sicher, warum, aber auf die Frage, ob er wisse, wo sich die betreffende Frau aufhalte, antwortete Jarrad dem Polizisten, dass er keine Ahnung habe. Sie waren nicht in der Lage gewesen, mit dem Hubschrauberpiloten Kontakt aufzunehmen, um herauszufinden, wohin die gerettete Frau gebracht worden war, und sie hofften, dass Jarrad sie dazu aufklären könnte. Jarrad ließ seinen verstärkten übernatürlichen Instinkten im Moment freien Lauf und sie sagten ihm unmissverständlich, dass die Frau in Schwierigkeiten steckte und dass sie ein guter Mensch war. Sein Bär wusste, dass sie das sein musste, sonst hätte er sie schließlich nicht als seine perfekte Gefährtin erkannt.
Elle biss sich auf die Unterlippe und dachte über ihre Situation nach, bevor sie aus einer Laune heraus beschloss, dem geheimnisvollen Fremden zu vertrauen. So sehr sie es auch hasste, es zuzugeben, sie hatte keine andere Wahl. Kein Geld, kein Auto, keine Möglichkeit, spurlos zu verschwinden. All ihre persönlichen Gegenstände hatten sich im Kofferraum ihres Wagens befunden. Insgesamt bedeuten all diese Problem, dass sie auf den Schutz dieses riesigen Mannes angewiesen war, obwohl sie so gut wie nichts über ihn wusste. Aber das bedeutete nicht, dass sie bereit war, ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Es war zu gefährlich. Für sie beide.
„Das ist eine lange Geschichte ...“ Sie saugte an ihrer Lippe, um Zeit zu gewinnen.
„Nun, dann fang besser an“, bat Jarrad, verschränkte seine dicken Arme und beugte sich aufmerksam nach vorne.
Genau das tat sie auch. Sie begann die Geschichte von Anfang an zu erzählen, als alles noch zu schön schien, um wahr zu sein.
Gleich nach dem College-Abschluss wollte Elle unbedingt ihren Weg in der Welt machen und dem kontrollierenden, erdrückenden Einfluss ihrer Mutter entkommen, deren Vorstellung von einem stressigen Tag im Büro darin bestand, zu einem Nageltermin fünf Minuten zu spät zu kommen.