Die Glücksfabrik - Lara Kollig - E-Book

Die Glücksfabrik E-Book

Lara Kollig

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Beschreibung

Vom Gewitter überrascht, werden Jaru, ihr Bruder und die Zwillinge in die Fabelwelt gebracht. Diese braucht Hilfe von Vier mutigen und tapferen Jugendlichen. Denn ihnen wurde das Glück gestohlen, das Glück der Menschen und der Fabelwesen. Und es beginnt eine Reise voller Gefahren. Durch düstere Wälder, bewacht von dunklen Kreaturen. Eine Reise die in einem Kampf endet. Ein Buch über eine andere Welt, Kampf und Liebe.

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Seitenzahl: 198

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Laune trüb wie Regen

Mal was neues

In Werbrunn

Hoch hinaus

Korolb

Die Glücksfabrik

Das Abenteuer beginnt

Ohne Licht

Emotionen

Der Mörder der Tiefe

Das Todeseinhorn

Der tote Campingplatz

Blutiger Kampf

Weiter zu zweit

Streit

Im Paradies

Der Stein des Glücks

Krieg

Ausgebrannt, aber dennoch froh?

In vielen frühen Geschichten aus ganz Europa galten Drachen als mächtige Wesen, die ebenso zur natürlichen Welt gehörten wie Berge oder Seen.

Doch das änderte sich allmählich. Bald wurden Drachen als unnatürliche, dunkle und gefährliche Kräfte angesehen, die es zu besiegen galt.

Aus dem Buch Magische Welt der Drachen

Er erschien aus dem Nichts.

Seine Größe und Pracht waren gigantisch.

Der Drache war groß und die schillernden Schuppen glänzten in allen und keinen Farben.

Der lange stachelige Schwanz ähnelte einer Fischflosse und die Fledermausflügel hatte er zusammengeklappt.

Drei stolze Köpfe mit jeweils drei Hörnern thronten auf seinem gigantischen, starken Hals.

Die Nüstern in der Größe von Melonen.

Als der Drache alle Mäuler gleichzeitig aufriss, sah man seine riesigen, gelblichen Reißzähne.

Der Drache ging einen Schritt nach vorne und machte erstaunlicherweise kein Geräusch mit seinen Klauen, von denen er vier besaß.

Laune trüb wie Regen

Es war ein Sommerabend und es regnete in Strömen. Kleine Bäche flossen über die Straßen. Menschen, die sich nicht rechtzeitig hatten unterstellen können, hasteten durchnässt zu den nächstbesten Unterstellmöglichkeiten.

Aus den Regenrinnen schwappte das Wasser.

An solchen Tagen sollte man sich lieber in eine Wolldecke hüllen und sich mit einem heißen Kakao und einem spannenden Buch an den Kamin setzen.

Genau das tat Familie Grünbaum. Zu viert saßen sie am prasselnden Feuer, das durch eine Glasscheibe gut zu sehen war. Vater Torsten las der Familie aus einem dicken Märchenbuch vor.

Der achtjährige Maik lauschte gespannt und hatte den Mund leicht offen stehen. Hanna, die Mutter, lächelte und strickte nebenbei ein buntes Dreieckstuch für ihre Tochter Jaru.

Jaru saß neben Maik auf dem Sofa und schaute etwas genervt.

Sie war schon 15 und meinte, nicht mehr in dem Alter für Märchen zu sein. Aber da sie ein freundliches Mädchen war, sagte sie nichts und hörte einfach mit zu.

Allerdings wussten alle, die sie kannten, dass Jaru auch echt frech und schlagfertig war.

Jaru hatte lange braune Haare und blaue Augen, ihr Gesicht war rundlich und sie hatte ein freundliches und offenes Lächeln. In der Schule war sie sehr beliebt und viele Jungs waren heimlich in sie verknallt.

Obwohl ihre schulischen Leistungen nicht sehr gut waren, war Jaru auch bei den Lehrern beliebt. Nur an Sport zeigte sie Interesse, weil sie gut darin war.

Die Verhältnisse zu ihrer Familie waren gut. Wenn es gerade nicht regnete, spielte Jaru gerne mit Maik draußen Verstecken oder Fußball, Maiks Lieblingsbeschäftigungen.

„Jaru, hörst du mir überhaupt zu?“, fragte Hanna.

„Was?“ Jaru war so in Gedanken gewesen, dass sie nicht zugehört hatte. Torsten lachte. „Mama hat dich gefragt, ob du nochmal Kakao kochen kannst, da du ja eh nicht zuhörst.“

Jaru rollte mit den Augen.

„Ja klar, mach ich.“ Sie schlug ihre Kuscheldecke, in die sie eingewickelt gewesen war, zurück, nahm das Tablett mit den leeren Tassen und tapste dann in die Küche.

„Ich will einen großen Kakao!“, rief Maik ihr hinterher. Jaru schmunzelte. „Wenn du drei Wochen meinen Kloputzdienst übernimmst, dann gerne“, rief sie und goss Milch in den Topf, der auf dem Herd stand. Als die Milch heiß war, gab sie Kakaopulver dazu.

Dann goss sie den fertigen Kakao gleichmäßig in die Tassen.

Im Wohnzimmer verteilte Jaru den Kakao.

„Können wir nicht lieber einen Film schauen?“, fragte sie und nippte an ihrem Kakao. „Denn Märchen sind nun wirklich nichts mehr für mich. Die könnt ihr Maik vorlesen, wenn ich nicht da bin.“

„Ich finde Jaru hat recht“, pflichtete Hanna ihr bei. „Danke.“

Jaru lächelte.

„Das war kein Ja“, sagte ihre Mutter. „Aber fast!“ „Wie heißt das Zauberwort?“, fragte Torsten.

„Bitte!“, sagten Jaru und Maik im Chor.

„Okay ich bin dafür“, sagte Torsten.

„Jipieee!“, jubelte Maik und sprang wild auf dem Sofa herum, beinahe hätte er seinen Kakao umgeschüttet. „Maik pass doch auf“, schimpfte Hanna, während sie den Fernseher anstellte.

Sie schauten sich einen spannenden Fantasyfilm an. Bei manchen Szenen hielt Torsten Maik die Augen zu. Maik protestierte, aber Torsten ließ nicht zu, dass er diese Dinge sah.

Maik war von dem Film fasziniert und plapperte andauernd irgendetwas herein, was ziemlich nervte.

Nach dem Film sagte Jaru ihren Eltern mit einem Kuss gute Nacht, Maik verstrubbelte sie die Haare und er rief:

„Hej, lass meine Frisur in Ruhe!“

Jaru ging die Treppe hoch in ihr Zimmer. Das Zimmer war klein und gemütlich. Es hatte eine Dachschräge und sonnengelb gestrichene Wände. Alle Möbel, der Schreibtisch, das Bett, die Kommode und der Schrank waren weiß.

Auf dem Fensterbrett standen exotische Pflanzen.

Jaru ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie war aber noch nicht wirklich müde.

Sollte sie lesen? Dazu hatte sie auch keine Lust. Eigentlich hatte sie auf überhaupt nichts Lust.

Jaru hörte ,wie Hanna Maik ins Bett brachte. Dann war es im ganzen Haus still. Sie holte ihr Handy aus der Kommodenschublade und versuchte es anzuschalten. Akku leer. Jaru schmiss das Handy in die Schublade zurück. Das passierte ihr andauernd. Sie benutzte ihr Handy nicht so oft - und wenn sie eine Nachricht schreiben oder telefonieren wollte, war meistens der Akku leer. Das machte wiederum Hanna fuchsteufelswild, wenn Jaru woanders war und sich nicht meldete. Einmal war Hanna sogar vor Sorge 50 Kilometer zu Jarus Tante Sonja gefahren, weil sich niemand gemeldet hatte und hatte somit deren gemeinsame Zeit versaut.

Jaru stand auf. Sie hatte noch Hunger und wollte in die Küche gehen, sich ein Brot schmieren.

Im Nachthemd huschte sie nach unten. Auf dem Weg in die Küche kam sie am Arbeitszimmer ihrer Eltern vorbei. Sie führten ein erhitztes Gespräch.

Jaru überlegte zu lauschen, entschied sich aber dagegen, denn ihr war irgendwie nicht danach, die Streiterei ihrer Eltern anzuhören.

In der Küche machte sie sich ein Tomatenbrot und aß es im Stehen auf. Dabei krümelte sie zwar ziemlich, aber das war ihr egal. Morgen musste sie wahrscheinlich eh wieder das Haus fegen, weil Maik keine Lust dazu hatte.

Jaru lief auf dem Weg in ihr Zimmer nochmal an dem Arbeitszimmer vorbei. „ … es doch, wir sind pleite!“, rief Hanna. Jaru erschauderte. Sie legte ihr Ohr an die Tür und lauschte nun doch, sie konnte nicht anders. „Mann Hanna, ich krieg das schon auf die Reihe. Vertrau mir doch!“, sagte Torsten eindringlich.

„Soll ich es dir nochmal zeigen?“, fragte Hanna. Papier raschelte. „Wir können es uns nicht mehr leisten! Wir können die Miete nicht mehr bezahlen!“ Diese Worte überkamen Jaru wie eine plötzliche kalte Dusche im Winter. Das konnte nicht sein.

„Ja und was willst du machen? Dann können wir uns ein neues Zuhause auch nicht leisten.“ Torsten klang müde. „Wir können ja mal Oma Tilde nach Geld fragen. Oder Tante Sonja“, überlegte er.

„Vergiss es. Sonja kann gerade mal sich und ihr Söhnchen über Wasser halten und Oma Tilde hat kein Geld, das weißt du. Nur ein Haus können wir uns leisten. Ich habe im Internet nachgeschaut. Es gibt ein Haus, von hohen Felsen und Bergen umgeben. Das ist zu verschenken, weil keiner drin wohnen will.“ Hanna machte eine kurze Pause, Torsten murmelte:

„Bestimmt ein großartiges Haus.“

„Es möchte keiner drinnen wohnen, weil es in der Gegend spuken soll. Gerade in letzter Zeit haben viele Leute versucht, darin zu leben. Es gibt viele Zeitungsberichte darüber. Ich habe es mir auf den Fotos genau angesehen. Es gibt sogar einen großen Garten. Und es ist toll. Außerdem kann doch ein bisschen Abenteuer nicht schaden, oder?“

„Und wie weit ist es von hier entfernt?“, fragte Torsten skeptisch. „Ähm, knapp hundert Kilometer“, antwortete Hanna etwas kleinlaut.

„Hanna, vergiss es. Wen es noch keiner geschafft hat, darin zu wohnen, dann wir bestimmt auch nicht. Außerdem muss der Sprit auch wieder bezahlt werden“, sagte Torsten. „Es gibt ganz sicher auch noch andere Wege.“

„Bitte lass es uns wenigstens anschauen. Ich habe da so ein Gefühl.“ Hanna klang jetzt fast verzweifelt.

„Dann müssten die beiden also in eine neue Schule. Wie sollen wir das nur Maik und Jaru beibringen?“

„Soll ich dir das Haus mal zeigen?“ fragte Hanna und machte, ohne eine Antwort abzuwarten, den Computer an.

Jaru blieb noch, um die Meinung ihres Vaters abzuwarten. Es dauerte etwas, aber dann:

„Du hast recht. Sieht gut aus. Aber wundert dich nicht, dass es zu verschenken ist? Da will doch jemand einen ganz bösen Streich spielen“, sagte Torsten nachdenklich.

„Und welchen Grund sollte er gehabt haben?“, fragte Hanna.

„Lass uns gleich Morgen mal anrufen“, entschied Torsten.

Jaru hörte nicht mehr zu. Neue Schule. Nach den Sommerferien neue Schule. Hätte sie das gewusst, bevor die Sommerferien losgingen. Zwar war noch nichts entschieden und alles nur Ideen, aber es war sehr wahrscheinlich, dass es so kommen würde. Denn sie konnten sich die Miete nicht mehr leisten und es war ein Haus zu verschenken, zwar mit Spuk, aber umsonst. Und Jaru war klar, dass ihre Eltern umziehen wollten – und zwar in dieses Haus.

Jetzt gab es nur noch die Hoffnung, dass alles ein böser Albtraum war und sie hier wohnen bleiben konnten.

Jaru wachte am nächsten Morgen auf und erinnerte sich sofort an das Gespräch ihrer Eltern. Abrupt hatte sie schlechte Laune.

Sie zog sich einen bunten Moshiki Rock, eine schwarze Leggins sowie ein Herrenhemd an und band die Hälfte ihrer Haare zu einem Pferdeschwanz.

Mit einem bösen Blick stapfte sie die Treppe nach unten. Jaru überlegte, mit ihren Eltern über ihr Gespräch zu reden, entschied sich dann aber dagegen.

Der Frühstückstisch war schon gedeckt und in den Tassen dampfte heißer Tee. Jaru bekam augenblicklich Hunger. „Guten Morgen Jaru“, sagte Hanna und gab ihr einen Kuss. „Morgen.

Sind Papa und Maik schon wach?“

„Papa ist arbeiten gefahren. Du weißt ja, wir können jeden Cent gebrauchen. Maik ist auf der Toilette“, antwortete Hanna.

„Aha.“ Jaru setzte sich an den Tisch und schnüffelte an dem Tee. Lecker Ingwertee.

„Hi Jura!“ Maik kam nur in Unterwäsche angerannt und hüpfte auf ihren Schoß.

„Morgen Maik.“ Jaru knuddelte ihren Bruder. Maik war der Einzige auf der ganzen Welt, der Jaru Jura nannte. Das entstand dadurch, dass er als Baby nicht Jaru sondern Jura gesagt hatte und so hatte er es sich angewöhnt, weiterhin Jura zu ihr zu sagen.

„Na dann fangt an zu essen.“ Hanna schaufelte Jaru und Maik jeweils eine große Portion Frischkornmüsli in die Schüsseln.

Hungrig begannen sie zu essen. Lecker. Jaru liebte dieses Müsli.

„Schmeckt es?“, fragte Hanna.

„Super!“, sagte Maik mit vollem Mund. Jaru nickte nur. „Jaru, was ist eigentlich los?“

Hanna setzte sich neben ihre Tochter. „Nichts ist los. Ich glaube nur, dass ihr uns mal ganz dringend etwas sagen solltet.“ Jaru stand auf, ließ ihre noch halb volle Schüssel stehen und stapfte in ihr Zimmer.

Wieso sagten sie ihnen nicht, was sie vorhatten, dann hatten sie wenigstens noch Zeit, sich in Ruhe von allem zu verabschieden.

Wütend trat Jaru gegen ihren Schreibtischstuhl, der nun wirklich nichts dafür konnte. Das war alles so unfair!

Die einen waren stinkreich, die anderen konnten sich nicht mal die Miete für eine Wohnung leisten.

Es klopfte an ihrer Zimmertür. „Jaru kann ich mit dir reden?“,

fragte Hanna.

„Wenn es sein muss“, antwortete sie. Hanna kam mit Jarus Müslischüssel ins Zimmer. „Hier, iss.“ Jaru nahm die Schüssel entgegen, aß aber nicht, sondern schaute wartend auf ihre Mutter.

„Jaru ,was ist los? Was meinst du mit ‘Wir müssen euch mal ganz dringend was sagen’?“, fragte Hanna schließlich.

„Ich habe gestern Abend euer Gespräch mitbekommen“, sagte sie nur. Hannas Augen wurden groß. „Oh.“

„Ich weiß, dass man nicht lauscht. Tut mir leid, aber ich konnte unmöglich weitergehen, als ich eure Worte gehört habe“, sagte Jaru zerknirscht.

„Ja, wir können uns die Miete nicht mehr leisten. Und das Haus scheint die einzige Möglichkeit“, sagte Hanna leise.

„Aber es gibt doch bestimmt noch andere Möglichkeiten. Wir könnten doch mit irgendwelchen Aktionen Geld einnehmen.

Oder…“ Hanna unterbrach sie. „Liebling, es ist schön, dass du dir Gedanken machst, aber das nützt uns nicht.“

„Heißt das, wir ziehen um und müssen in eine neue Schule?“,

fragte Jaru.

„Ja. Du und Maik müsst in eine neue Schule, Papa sieht sich nach einer neuen Arbeit um.“ Hanna legte einen Arm um Jaru.

„Es tut mir leid.“ Jaru schlug aber nur den Arm zur Seite.

„Wir haben gestern noch Kontakt mit der Dame, die das Haus verschenken will, aufgenommen. Sie hat uns gewarnt, aber wir haben gesagt, wir ziehen trotzdem ein. Wir finden ja nichts Besseres“, sagte Hanna und stand auf. „Ich gehe jetzt Maik Bescheid sagen, auch er hat das Recht, unser Vorhaben zu erfahren.“

„Ihr wollt nichts Besseres!“, rief Jaru.

Hanna schaute ihre Tochter traurig an. „Es wird ein Abenteuer und ganz sicher toll!“, sagte sie und ging aus dem Zimmer.

Jaru stellte ihre Müslischüssel auf die Kommode und ließ sich aufs Bett fallen. Das durfte nicht wahr sein!

Mal was Neues

Jaru knallte ihre Bücher in einen Umzugskarton. Der Umzug stand fest. Jaru hatte eine lange SMS an ihre Freundinnen geschrieben, dass sie umzog. Zwei Freundinnen waren im Urlaub und sie wusste nicht, wann sie sie wiedersehen würde.

Wahrscheinlich nie wieder.

Mit den anderen hatte sie sich getroffen und sich endgültig verabschiedet. Alle waren traurig gewesen und hatten ihr kleine Geschenke mitgebracht. Es war ein sehr schöner Tag gewesen.

Jaru hatte Kuchen gebacken und Saft gepresst.

Jarus Lehrerin kam zu ihnen nach Hause und sagte auf Wiedersehen. Genau wie Maiks Lehrerin. Keiner der Grünbaums sagte jemandem, dass sie umzogen, weil sie kein Geld mehr hatten. Das blieb geheim.

Draußen schien die Sonne. Der Sonnenschein und die gute Laune der Menschen auf den Straßen und im Freibad passten nicht zu Jarus schlechter Laune.

Und die schlechte Laune trug sie im ganzen Haus herum.

Maik, der sich eigentlich auf den Umzug freute wegen der neuen Abenteuer, hatte nun auch miese Laune. Jaru hatte ihn damit angesteckt.

„Hast du deine Bücher eingepackt?“ Torsten kam ins Zimmer.

„Ja habe ich.“ Jaru trug den schweren Bücherkarton zu ihrem Vater. „Super. Gleich kommen Onkel Mao, Stefan und Kai, die helfen dann eure Möbel zu verladen.“ Torsten nahm den Bücherkarton entgegen und ging.

Sauer sah Jaru sich in ihrem Zimmer um.

Es war kahl und leer.

Es hatte keine Farbe mehr, nur die weißen Möbel standen noch drin. Nichts war mehr von dem fröhlichen voll gestelltem, bunten Zimmer zu sehen.

„Hi Jura. Willst du Kekse?“ Maik kam herein.

„Ja, danke.“ Jaru nahm sich einen Haferkeks. „Wieso freust du dich eigentlich so auf den Umzug in dieses Horrorhaus?“,

fragte sie.

„Weil es doch spannend ist, an so einen Ort zu ziehen. Wir könnten Abenteuer erleben!“, sagte Maik begeistert.

Jaru biss in den Keks und sagte: „Wir sind hier aber nicht in irgendeinem Actionfilm.“

„Nein, aber man kann doch auch ruhig mal neue Dinge in sein Leben lassen und das Beste aus der Situation machen“, sagte Maik. Maik war sehr weise und schlau für sein Alter. Jaru lächelte. „Du hast ja recht.” Sie umarmte ihren kleinen Bruder.

Dabei fielen die Kekse vom Teller auf den Boden. Die beiden kicherten.

„Aber ich kann mich halt nicht darauf freuen. Lily zum Beispiel, die ist im Urlaub, die sehe ich nie wieder“, sagte Jaru.

„Aber klar. Nur halt nicht in ein oder zwei Wochen. Und wer weiß, vielleicht ist das Gruselhaus auch so schlimm, dass wir Hals über Kopf wieder flüchten.“ Maik sprang, einen Zombie spielend, durchs Zimmer. Jaru lachte. Ihr Bruder schaffte das immer.

Onkel Mao, Stefan und Kai kamen schon kurze Zeit später.

Stefan war der Cousin von Hanna. Kai ein Arbeitskollege von Torsten, oder bald ein ehemaliger Kollege.

Maik sprang gleich Onkel Mao in den Arm. Jaru half Hanna, im Esszimmer zu decken und Kuchen zu servieren. Alles war so komisch! So leer. Nur noch die großen Möbel standen herum. Kein Bilderrahmen hing mehr an der Wand, nirgends waren bunte Gardinen vor den Fenstern, keine einzige Pflanze war im Haus, alles war so trostlos leer.

„Du bist also die Tochter von Torsten“, sagte Kai plötzlich neben ihr. Jaru drehte sich erschrocken zu ihm um.

„Ja, wieso?“

„Torsten hat schon so viel von dir erzählt. Aber gesehen haben wir uns nie. Maik und Hanna kenne ich, aber dich sehe ich heute zum ersten Mal. Du bist echt hübsch “, plapperte Kai.

Es stimmte, den Arbeitskollegen ihres Vaters sah sie heute zum ersten Mal.

Maik hatte Kai vor zwei Jahren beim Angeln kennengelernt.

Jaru interessierte nicht fürs Angeln, deswegen hatten sie sich nie gesehen.

Jaru lächelte höflich, unsicher wie sie mit so einem Mann umgehen sollte. Was sollte sie denn sagen?

„Jura kommst du mal?“, fragte Maik hinter ihr.

„Ja klar!“, sie sprang sofort auf, froh über diese Ablenkung, denn Kai wollte das Gespräch schon weiterführen.

„Bis gleich“, rief sie dem verdutzten Kai zu.

Maik führte sie raus hinter die Gartenhütte in ihrem kleinen Garten. Die grasgrüne Farbe der Gartenhütte blätterte schon ab und das Dach war kurz vor einem Zusammenbruch.

„Okay, was machen wir jetzt hier?“, fragte Jaru und setzte sich auf das vertrocknete Gras.

„Also. Ich wollte dir was zeigen. Papa und Mama will ich es eher nicht zeigen“, sagte Maik und holte ein zerknittertes Blatt Papier aus seiner Hosentasche.

„Nachbarin Emily hat mir diesen Zeitungsausschnitt gegeben, da sie weiß, dass wir da hinziehen“, erklärte er auf Jarus Blick hin.

„Hast du gequatscht und ihr gesagt, wo wir hinziehen?“, fragte Jaru.

„Nein Mama und Papa haben es ihr gesagt“, sagte Maik.

„Okay, sorry, ich dachte schon. Darf ich?“, fragte sie.

Maik reichte Jaru den Ausschnitt. Es war ein Bild von einem idyllischen kleinen Haus, das inmitten von hohen, riesigen Bergen stand, zu sehen. Eigentlich ganz schön, dachte Jaru.

Aber die Überschrift des Artikels war alles andere als schön und freundlich. Jaru begann zu lesen.

Haus des Grauens

Schon wieder ist eine Familie aus dem Haus geflüchtet. Jetzt schon die siebte.

Allen Aussagen nach spukt es in dem Haus und in der Gegend.

„Einmal sogar haben die ganzen Berge gewackelt und Rauch stieg auf“, sagt Essay Koog.

„Es war richtig unheimlich! Manchmal waren meine Sachen einfach weg und dann wieder da. Es war, als wäre jemand Fremdes im Haus“, so Tilly Koog.

Familie Koog suchte schließlich auch das Weite.

Polizisten suchten schon nach der Ursache, fanden aber nichts.

Die Dame ,der das Haus gehört, hat sogar beschlossen, das Haus zu verschenken, war aber noch nicht sonderlich erfolgreich.

Wer ist der Nächste, der flüchtet? Wer sind die Nächsten, die versuchen, hier zu wohnen?

Melden sie sich bei Fragen und neuen Infos.

„Krass!“, sagte Jaru. „Da fragt man sich aber doch, wer denn die ganze Zeit über in dem Haus gewohnt hat und wie er es ausgehalten hat.“

„Stimmt. Aber das ist doch super spannend! Vielleicht finden wir ja was heraus.“ Maik klang sehr begeistert.

„Du willst Detektiv spielen? Nicht mal die Polizisten haben etwas herausgefunden, dann werden wir erst recht nichts herausfinden. Ich habe immer weniger Lust, da einzuziehen.“

Jaru wusste, sie klang schon fast ein wenig zickig.

„Och Jura! Du bist so eine Spielverderberin!“, rief Maik sauer.

„Ich hatte so gehofft, wir beide würden in den Sommerferien die Gegend erkunden und Abenteuer erleben“, sagte er leise.

„Okay, tut mir leid. Wir beide erkunden die Gegend und finden heraus, wer der böse Unruhestifter ist!“ Sie meinte es zwar nicht ernst, aber Maik schaute wieder glücklich drein. Die Geschwister umarmten sich.

Maik gab Jaru einen fetten Schmatz auf den Rock, den sie sofort abwischte. „Du Idiot!“, rief Jaru böse und jagte ihrem Bruder hinterher.

Jaru drehte sich noch ein letztes Mal zu ihrem alten Haus um.

„Tschüss, auf Wiedersehen“, murmelte Jaru, die neben Maik auf der Rückbank saß. Maik war ganz hibbelig vor Freude und Aufregung.

Hanna und Torsten waren viermal mit beladenen Anhängern in ihr neues Zuhause gefahren. Jaru und Maik durften kein einziges Mal mitkommen. Das neue Zuhause wäre eine Überraschung, sagten sie. Hanna und Torsten hatten beide von dem Haus und der Umgebung geschwärmt. „Und von wegen Spuk. Nichts ist!“, sagte Hanna jedes mal beim wieder zurückkommen.

Das nächste Haus ist zwei Kilometer entfernt! Keine Nachbarn!

Das, musste Jaru zugeben, war schon irgendwie cool. Keine Frau Steet, die wegen jeder Kleinigkeit kommt und meckert und schimpft. Aber jedes mal sahen Hanna und Torsten irgendwie besorgt aus. Als Jaru gefragt hatte, waren sie ihr ausgewichen und blieben ihr eine Antwort schuldig.

„So freut ihr euch auf ein Abenteuer?“, fragte Hanna. „Ja klar!“, rief Maik laut. Jaru hielt sich die Ohren zu.

„Prima. Und du Jaru hast wieder gute Laune?“, fragte Torsten vom Steuer aus.

„Naja. Ich habe begriffen, dass es doch eh nichts bringt, schlechte Laune zu haben. Aber wenn wir im Lotto gewonnen haben, ziehen wir wieder zurück“, sagte Jaru.

Hanna lachte. Sie redeten noch etwas von der neuen Schule, die Jaru und Maik nach den Sommerferien besuchen sollten, von der Umgebung und dem Rätsel des Hauses.

„In einer Viertelstunde sind wir da“, sagte Torsten schließlich.

Jaru blickte von ihrem Buch auf und schaute aus dem Autofenster. „Wow, das sieht ja aus wie im Urlaub!“, rief sie.

Sie fuhren auf einer Landstraße, es war ganz anders als in der Stadt, wo alles voller Menschen, Autos und Häuser war.

Überall waren Wiesen und Bäume.

In der Ferne ragten die Gipfel der Berge und Felsen hoch in den veilchenblauen Himmel. War das schön!

„Schau mal, da sind Kühe!“, rief Maik, der sie bisher nur aus Büchern und dem Fernseher kannte.

Jaru kicherte. „Und Schafe!“ Maik war zappelig vor Freude.

Dann bog Torsten ab in einen kleinen Waldweg. Fünf Minuten fuhren sie ihn entlang. Er war holprig und es gab einige enge Kurven.

„Wenn Schule ist, könnt ihr mit dem Fahrrad fahren, es sind bloß vier Kilometer“, sagte Hanna. Jaru wusste nicht, ob es ein Scherz oder ernst gemeint war. Sie fragte sich schon, ob der Waldweg jemals enden würde, als sie schließlich vor einem kleinen Haus hielten. Das Haus stand von Bäumen und Büschen umgeben, es wirkte fast so, als beschützten sie es.

Große Felsen und Berge ragten nur wenige Meter hinter dem Wäldchen weit in die Höhe. Maik staunte. Besonders schön fand Jaru das Efeu, das die Steinmauer emporkletterte. Es war wie im Märchen. Jaru glaubte, einen Bach leise plätschern zu hören.

„Dann zeigen wir euch mal das Haus“, sagte Hanna, nachdem sie ausgestiegen waren. Sie holte einen Schlüssel, der an einem abgewetzten Lederband hing, aus der Hosentasche und schloss damit die schwere Holztür mit den Verzierungen auf. Ein etwas muffiger Geruch wehte ihnen entgegen und Jaru beschloss, so bald wie möglich zu räuchern.

Sie trat mit ihrer Familie ins Haus. Der Holzfußboden knarrte leise bei jedem Schritt. Jaru fand es ein wenig unheimlich.

Maik hatte Torstens Hand genommen.

Sie gingen durch jeden Raum. Es waren nicht viele, aber es fühlte sich ewig an. Immer wieder mussten sie über im Weg stehende Umzugskartons steigen.

Jaru und Maik hatten sich jeder für ein Zimmer entschieden.

Ihres war etwas kleiner als das ihres Bruders.

Es war unter dem Dach das einzige Zimmer. Jaru hatte gleich alle Fenster aufgerissen, um den muffigen Geruch zu vertreiben.

„Aber so ein Haus verschenkt doch keiner“, sagte Jaru.

„Am Mittwoch haben wir mit der ehemaligen Besitzerin gesprochen. Die sagte, das ginge allen am Anfang so, dass alles toll und schön sei, aber nach einigen Tagen ging es dann los.

Wenn auch wir genug haben sollten, hat sie gesagt, wird sie das Haus in spätestens zwei Wochen zurücknehmen. Danach nicht mehr. Ich habe sie gefragt, wie sie es denn ausgehalten habe.

Sie sagte nur, es müsse schon die richtige Familie einziehen“,

sagte Torsten und zuckte mit den Schultern. „Lass uns anfangen, unser neues Heim einzurichten.“