Die Häuser - L.J. S. - E-Book

Die Häuser E-Book

L.J. S.

4,6

Beschreibung

In einem blutig unterdrückten und besetzten Land, dessen Einwohner seit Generationen vieles erleiden müssen, nachdem sie die große Schlacht um ihre Unabhängigkeit verloren haben, beginnt die Geschichte der Flüsterer von neuen. Als Izoth, der jüngste Sohn des Hauses der Bauern und Schmiede, sich mit einem Gebirgswolf verbindet, einem Wesen der alten Zeit, beschreitet er einen Pfad fast vergessener Legenden und Helden. Den Weg der Flüsterer. Jene Männer und Frauen, welche übermenschliche Fähigkeiten besaßen, diese für das Gute einsetzten und letztendlich grausam vernichtet wurden. Wird Izoth nun den gleichen Weg gehen? Wird er versuchen eine bessere Welt für alle zu erschaffen? Oder wird ihn das Böse verzerren?

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Seitenzahl: 325

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Für meine Familie

Für meinen Vater, der einfach alles weiß.

Für meine Mutter, die mir das zaubern zeigte.

Für meinen Bruder Sebastian, der mich fordert und

Geschichten erzählt.

Für meine Schwester Elisabeth, die mir zuhört und mich

versteht.

Für meinen Bruder Nikolaus, der mir oft, ohne das er es

weiß, den Weg zeigt.

Und für meinen kleinen Bruder Merl, um ihn zu zeigen,

dass man nicht das Haus verlassen muss wenn man fliegen

will. Auch wenn man es hin und wieder versuchen sollte….

Langsam naht er, leiser Sohl,

Ob Sturm, ob Schein, ob Tag, ob Nacht.

Schwarzer Schatten, glühend Kohl,

Lacht er dunkel bei der Schlacht.

Ihm kümmert's nicht, des Mannes Leiden,

Lauthals heulend oder doch voller Ehr,

Er reisst ihn mit, kurz nach dem scheiden.

Feixend stellt er Macht zu Schau,

Ihm entkommen keiner kann.

Ob Jung, ob Alt, ob Mann, ob Frau,

Begleiten wird ihn Jedermann.

Besser Mut und Ehr, als Schuld und Schand,

Denn jeglich plagt des Taten Schmerz,

Das ist allgemein bekannt

Der Hammer

Anno 10 seit dem Einfall

Nach der Schlacht der Schlächter

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Teil I

Der Aufbruch

Schlag auf Schlag

Stolz

Der alte Wald

Die Entstehung

Flucht

Die Halle der Vorsitzenden

Flüchtlinge

Kurzer Besuch

Flucht

Ein Setzling

Rückkehr

Ugdandas Geschichten Der erste Krieg der alten Häuser

Die Lösun

Von Freundschaft und Trauer

Neuigkeiten

Glückliche Zeit

Der Wanderer

Ein Geschenk der Götter

Ugdandas Geschichten Die Fürsten und der Verrat

Besucher

Wortwechsel

Nach dem Tod bleibt Staub und Asche

Danksagung

Prolog

Langsam bahnte er sich seinen Weg, den leicht abfallenden Hügel hinab, den beiden verfeindeten Heeren entgegen. Er hatte keine Eile, keiner seiner Krieger würde ohne ihn in den Kampf ziehen, niemand würde es wagen, das Signal zu Angriff zu geben bevor er es nicht befohlen hatte. Und die Landdiebe, die feigen Lügner, würden niemals den ersten Schritt wagen. Ihr ganzes Lager roch nach Angst.

Sein Krieger waren ihm 10 Jahre gefolgt. Durch unzählige Scharmützel, etliche Kämpfe und einige Schlachten. Sein narbenübersäter Körper, seine breite, muskelüberzogene Statur, seine beiden Kampfhämmer und sein feuerroter Bart ließen seine Feinde weit entfernt bereits erzittern.

Er hatte sie geeint, vor so vielen Jahren, und in die Schlacht gegen die feigen Diebe angeführt. Er hatte Eroberungszug der lügnerischen Könige in seinem Land aufgehalten und es Stück für Stück zurückerobert. Viele Siege wurden unter seinem Kommando errungen und nur wenige Niederlagen. Und heute würde es sich entscheiden.

Heute würde das gesamte Heer der einfallenden Unholde gegen seine Krieger in die Schlacht ziehen. Er hatte es erzwungen und schaute den Kampf mit grimmiger Genugtuung entgegen.

Stapfend setzte er einen Fuß vor den anderen während sein Bruder des alten Blutes hinter ihm beinahe lautlos seine Tatzen setzte, obwohl er den Krieger wohl um das doppelte an Höhe überragte.

Der Grubenbär hatte bereits vor Jahren, als sie in die erste Schlacht ritten, eine Rüstung zum Schutz bekommen und diese wurde ihm seit etlichen Monaten nicht mehr abgenommen. Sein Fell litt schwer unter dem gegerbten Leder und den Eisenplatten und doch rettete ihm dieser Schutz etliche Male das Leben. Er wusste, sein Bruder opferte sein Fell zugunsten eines Sieges ohne einen Gedanken daran zu verschwenden.

Der Krieger blickte, ohne seinen Schritt zu verlangsamen, über seine Schulter und betrachtete den Bären. Ein grausames Lächeln entstand auf seinem Gesicht, als er daran dachte, welche verheerende Wirkung die metallverstärkten Tatzen im Kampf haben werden und welches Grauen sein Bruder mit seinen Hauern und dem Eisenhelm unter den Feinden anrichten wird. Das Ungetüm wirkte mit seiner Rüstung wie ein Dämon aus den alten Liedern. Es hätte nicht besser sein können.

Zufrieden durchschritt er das Lager seiner tausenden Krieger und sah, dass sich niemand mehr in den Zelten aufhielt. Alle Krieger, Ihre Brüder des alten Blutes, alle Heiler und Kämpfer ohne Bindung hatte sich am Schlachtfeld, dem Feind gegenüber, zum Kampf aufgestellt. Männer und Frauen jeglichen Alters. Es spielte keine Rolle.

Er überblickte sein Lager, während er seinen Weg fortsetzte, beschaute sich die Aufstellung des Feindes und schätzte währenddessen die beiden Heere ab.

Er kam zu dem Ergebnis, dass sie wohl zwei zu eins in der Unterzahl waren. Es verwunderte ihn nicht, denn er hatte damit gerechnet, noch glaubte er weniger an einen Sieg. Er wusste um die Stärke seiner Brüder und der Gefährten. Er wusste um die Klugheit der Höhenadler, die Urgewalt über welche die Grubenbären verfügten, die Wildheit der Gebirgswölfe und die Schnelligkeit der Bergkatzen. Sie würden siegen. Ohne Erbarmen und äußerst grausam würden sie das Heer des Feindes vernichten, denn nichts anderes wurde ihnen vom Feind in den Jahren des Krieges gewährt. Seine Befehle waren eindeutig. Heute war ein Tag des Blutes.

Bevor er die letzten Meter auf den schlammigen Weg durch das Lager überwunden hatte und auf das Schlachtfeld stieß, machte wer sich noch alles Leid, welches die Landdiebe unter seinem Volk verübt hatten, bewusst. Er bedachte jeden Verlust, den er erleiden musste, um seinen Hass zu schüren. Und dies gelang ihm ohne weiteres. Seine eben noch neutrale Miene wich einer hasserfüllten Fratze kurz bevor er die Nachhut seiner Armee erreichte.

Etliche Krieger, Heiler, ja sogar Rassen vom alten Blut wichen ihm aus und machten ihm respektvoll Platz. Sie hatte keine Angst vor ihm, dies mussten sie auch nicht, denn ein Schwur band ihm mit seinen Hämmern nur die Schädel der Besetzer zu sprengen, doch sahen sie in ihm einen Gesandten der Götter. Sie folgten ihm, um den Krieg zu gewinnen und in

Sinne der Götter leben zu dürfen. Sie glaubten durch ihn, den Hammer, sprachen die Götter. Einige neigten ihr Knie.

„Hammer!“

„Mein Herr!“

„Schlächter!“

Etlicher solcher und anderer Namen wurden ihm in den letzten Jahren gegeben und alle wurden ihm nun voll Ehr und Respekt entgegengerufen. Viele schlugen mit ihren Schwertern, Äxten oder Kampfhämmer gegen Ihre Schilder. Die Rufe wurden lauter bis der Tumult zu einem Sturm anhob. Sie brüllten seinem Namen, lechzten nach Rache und schrien nach Vergeltung.

Er blickte nicht auf und reagierte kaum auf die Kakofonie des Schlachtgeschreis, als er seinen Weg durch die Reihen des Heeres fortsetzte. Er wollte seinen Hass nicht abdämpfen, er wollte ihn schüren und vertiefte sich deswegen in sein Innerstes, um an seinen Sohn zu denken. Sein Hass loderte von neuem auf, als er die erste Reihe des Heeres erreichte. Die erste Welle von 300 Kriegern mit ihren Brüdern vom alten Blut, wohl koordiniert, zur Luft wie auch zur Erde. Er würde sie anführen, er würde wüten unter seinen verhassten Feinden, er würde alles vernichten.

Einige Meter vor der Linie blieb er stehen und beschaute sich abermals, diesmal näher, das feindliche Heer an. Sein Hass loderte auf und er brüllte, seinem Emotionen nachgebend, gemeinsam mit seinen Bruder, grausam und angsteinflößend über die Ebene, seinem Feind entgegen.

Ohne zu zögern, fielen alle seiner Krieger und deren Gefährten mit ein und über den Feind rollte der Laut der Urgewalt hinweg. Eine heran rollende Mure, eine hereinbrechende Lawine oder mächtiger Steinschlag wären ein Flüstern gewesen im Vergleich zu dem hasserfüllten Kriegsschrei seines Heeres.

Etliche der Feinde ließen ihre Speere fallen und hielten sich die Ohren während sich andere vor Panik selbst beschmutzten.

Voller süßen Genuss roch er die Angst des Feindes und sprang auf den Rücken seines Bruders als der letzte seiner Kriegsgefährten aufhörte zu kreischen.

„Meine Brüder!“ schrie Eric der Hammer und blickte in die Gesichter all seiner Gefährten, während er sein Schwert zog und es dem feindlichen Heer entgegen streckte.

„Dort seht ihr den Feind! Dort seht ihr den Grund unseres Hasses und das Hindernis vor unserer Erlösung. Wir werden nicht wanken! Wir werden nicht zögern und kein Erbarmen zeigen! Heute ist ein Bluttag! Heute ist der Tag des Todes und der Rache! Heute werden wir den Feind schlachten wie nur wir Schlächter es können! Meine Brüder!“ Und damit setzte sich sein Bruder mit Eric rasend schnell in Bewegung.

„ANGRIFF!!!!“

Teil I

Jeder Anfang ist schwer und jedes Ende grausam

Der Hammer
vor etlichen Zyklen

1

Der Aufbruch

Es war kurz nach Sonnenaufgang an jenem Frühlingsmorgen, an dem sich vier Männer auf den Weg machten. Fort von ihrem Gehöft, den Häusern der Feldhilfen, ihrer Schmiede und ihren Feldern. Vier Männer des Hauses der Bauern und Schmiede vom abgeschnittenen Tal.

Sie passierten schweigend die Unterkünfte der Feldarbeiter, welche in mehreren Linien, ringförmig um das Haupthaus gebaut wurden. Beinahe schien es so als wären die Hütten kleinere Wälle, welche das größere Herrenhaus umrundeten.

Die Männer waren alle müde von der kurzen Nacht. Der Tag war noch kaum angebrochen und sie hatten bis spät in die vorherige Nacht über die Nachricht des Boten gestritten. Zu allem Überfluss sind sie trotz des hitzigen Gespräches zu keinem Ergebnis gekommen.

So stiegen nun drei der vier unter Stöhnen und Brummen in die Sättel kräftiger Rösser, welche durch die Stallburschen für den Ritt ins Dorf vorbereitet wurden, und ließen ihren Unmut über die wenigen Stunden Schlaf freien Lauf. Nur einer der Reiter verhielt sich anders. Izoth, der jüngste der Reiter, stieg mit seltenem Elan auf sein Pony. Er ärgerte sich nur kurz darüber, dass er der einzige unter ihnen war, welcher auf einem Pony reiten musste, da er den Weg des Schwertes noch nicht begonnen hatte. Der Ärger verflog rasch angesichts der Tatsache, dass er zur Versammlung der Häuser mitgenommen wurde.

Der Grund seiner überschwänglichen Freude darüber war schlicht und ergreifend der, dass man ihn ab diesen Zeitpunkt als Teil der Männer der Häuser anerkannte. Dass dies jeden Sohn von einem der Häuser, unabhängig seiner Leistungen, betraf, der seinen 17. Lebenszyklus überlebt hat, schmälerte seine Freude kaum. Theoretisch wurde er zu seinem letzten Geburtstag bereits ein Mann. Dies brachte ihn aber bis jetzt nur den Vorteil, mehr am Feld und in der Schmiede arbeiten zu dürfen. Seit einen halben Jahr schuftete er jeden Tag solange es genügend Licht gab, teilweise sogar noch im Dunklen, entweder am Ambos oder am Feld. Er beklagte sich jeden Tag über Schmerzen im Rücken und in den Armen aber er leistete seinen Beitrag trotzdem weiter, da er hoffte, sein Vater würde ihn endlich den Weg des Schwertes lehren, so wie er es Jahre zuvor Izoths Brüdern beigebracht hatte. Aber bis jetzt hat er vergeblich gewartet obwohl er älter als seine Brüder war, als sie den Weg beschreiten durften. Auf einen Ponyrücken reitend daran erinnert zu werden, dass man sich durch fehlende Ausbildung noch kein Recht erworben hat ein Ross zu reiten, wäre normalerweise zu viel für Izoth gewesen, da er nicht verstand, warum sein Vater so ungerecht zu ihm war.

Aber normale Umstände waren das nicht. Gestern Abend, kurz nachdem Izoth und seine Brüder den letzten Auftrag an der Schmiede erledigt hatten, preschte ein Bote vom Dorf zu ihrem Gehöft.

Mit wenigen Worten erklärte der Bote, dass er von den Häusern der Bauern ausgeschickt wurde. Er überbrachte die dringende Bitte, dass sich umgehend alle Männer aus dem Hause der Bauern und Schmiede in der Halle der Vorsitzenden einfinden sollen, um eine Entscheidung über die Auf- oder nicht Aufnahme der Flüchtlinge des letztens zerstörten Dorfs zu fällen. Es würde, so meinte der Bote, nicht länger als zwei Tage in Anspruch nehmen.

Bevor der Bote eine Antwort bekommen hatte preschte er bereits weiter, um die restlichen Häuser zu informieren. Eine Absage dieses als Bitte getarnten Rufs schien ihm nicht gekommen zu sein. Izoths Vater erschien, zu Izoths

Unverständnis, dieser Ruf allerdings nicht unverschämt und befahl allen Mägden und Stallburschen, die Reise ins Dorf für sich und seine Söhne vorzubereiten.

Izoth schwankte noch kurz zwischen Wut auf diesen Boten und die Häuser der Bauern, wegen ihrer Unverschämtheit das größte und reichste Haus des Tals zu rufen als wäre es ihnen zu Diensten verpflichtet, und Vorfreude auf seine erste Versammlung in der Halle der Vorsitzenden. Zuletzt gewann seine Vorfreude und er beteiligte sich kaum am abendlichen Streitgespräch. Seine Brüder und sein Vater schienen sich einig die Flüchtlinge aufzunehmen, sie stritten sich lediglich darüber wo man sie am besten verstecken und als Mägde und Stallburschen tarnen konnte. Izoth hatte kaum zugehört.

Für ihn war die Sachlage klar. Natürlich taten ihm die Flüchtlinge leid, aber sie waren ja nur die Spitze des Bergs.

Schuld daran, dass immer wieder Menschen fliehen mussten, waren die Soldaten der Besetzer. Die Besetzer waren so ziemlich an Allem schuld, was seit 8 Generationen in ihrem Land an Ungerechtigkeiten vor sich ging. Oft nahmen sie ein unbedeutendes Vergehen gegen eines der Höchstgesetze, welches sie eigentlich schon seit Jahren tolerierten, als Vorwand um ganze Dörfer zu vernichten. Jeder wusste davon und auch, dass sie vollkommen willkürlich Dörfer auslöschten. Es ging ihnen wohl nur darum Stärke zu zeigen und vielleicht darum die Bevölkerung zu dezimieren.

Diese Ungerechtigkeit war für jedermann ersichtlich und doch dachte Izoth an jenen Abend kaum daran. Er war viel zu stolz darauf, endlich an der geheimen Versammlung teilnehmen zu dürfen. Die Probleme ihres Landes, so vielfältig und grauenhaft sie auch waren, interessierten ihn in jenem Moment kaum.

Also überließ er es seinen Brüdern und seinem Vater über das Flüchtlingsproblem zu reden und blieb dabei zuzuhören, um niemanden einen Grund zu liefern ihn doch am nächsten Tag zu Hause zu lassen.

So kam es dazu, dass er sich als letzter dieser kleinen Prozession auf den Weg machte zur Halle der Vorsitzenden, während seine ältere Schwester Elsa und die hochschwangere Frau seines ältesten Brudes Babette zu Hause blieben um über das Gehöft zu wachen.

Normalerweise hätte einer der Männer des Hauses zurückbleiben müssen. Das zumindest sagt das Gesetz der Besetzer, nach welchen Frauen keine Rechte hatten und immer unter Aufsicht eines Mannes gestellt werden müssen. Dies hatten viele Häuser dankend aufgenommen, um ihre Frauen komplett zu entmachten und vollkommen in die Küche oder an das Bett zu fesseln.

Aber nicht alle Häuser hatten sich diesem Gesetz unterworfen. Einige, darunter auch das Haus der Bauern und Schmiede, wussten um Fähigkeiten ihrer Frauen und überließen ihnen den gleichen Raum zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten wie den Männern. Nur eben im Geheimen. Izoths ältere Schwester Elsa erhielt seit ihrem 15 Lebenszyklus Unterricht im Speerwurf, Speerkampf und Bogenschießen. Unabhängig von den Unterricht im Lesen, Schreiben und Rechnen welchen alle Kinder eines Hauses durchlaufen müssen.

Mit ihren Fähigkeiten konnte Elsa den Hof mühelos gegen alle wilde Tiere verteidigen abgesehen von jenen Tieren aus dem Geschlecht der alten Art. Aber von denen gibt es, wenn es sie denn überhaupt noch gibt, nur noch welche im westlichen Gebirge. Dort wurde noch von gewaltigen Gebirgswölfen, riesigen Grubenbären, majestätischen Höhenadlern oder anderen gesprochen. Hin und wieder sollen sogar Drachen gesichtet werden. Aber alle sind sich darüber einig, dass dies nur Gerüchte, gestreut von Lügnern und Verrückten, sein können.

Im abgeschiedenen Tal waren dies Geschichten für Kinder, um sie das Fürchten zu lehren. Erzählte jemand im Tal solche Märchen wurde dieser sehr schnell gemieden und als verrückt angesehen.

Abgesehen davon waren Räuber in der Nähe ihres Gehöfts sehr unwahrscheinlich, da man das gesamte Tal durchschreiten musste um zu ihren Häusern zu kommen, weswegen sich keiner der Männer Sorgen machte. Außer Izoth, der noch einmal über die Schultern schaute und weil er den wütenden Blick seiner Schwester im Rücken spürte. Izoths Blick streifte ihr Haupthaus und die etlichen kleinen Hütten, welche Unterkunft für über 120 Haus- und Feldhilfen boten, bevor sein Auge seine Schwester fand. Diese stand am Rande des Gehöfts und wirkte alles andere als glücklich mit ihrem Los, ihr zu Hause verteidigen zu müssen anstatt im Rat eine Stimme zu haben. Wie sie dort stand, das Gesicht der aufgehenden Sonne und Izo zugewandt und im Rücken das imposante Haupthaus der Bauern und Schmiede, mit ihrem rossbraunen Haar, welches von dem Morgenwind stark seitwärts geblasen wurde und mit missbilligender Haltung, wirkte sie wie das Abbild einer vergessenen Königin

die ihnen grollte und sie mit kalten Blick verfolgte. Den Blick seiner Schwester im Rücken überlief Izoth ein Schauer und er verzog unangenehm überrascht sein Gesicht und stöhnte unbewusst.

„Hahaha Izo! Keine Panik!“ brüllte auf einmal Saika der Izoths Miene ein wenig zu genau deutete „Wenn das Schlimmste, was uns auf dem Weg ins Dorf passiert, der Blick unserer Schwester im Rücken ist, können wir uns glücklich schätzen! Das letzte Mal haben Nic und ich einen Gebirgswolfs abwehren müssen!“ Izoth verzog ungläubig und ein wenig erschrocken das Gesicht, was seinen ältesten Bruder nur noch lauter lachen ließ.

„Izo lass den Tölpel reden. Hätten wir wirklich einen Gebirgswolf angetroffen, hätten wir beide unsere Lederhose beschmutzt und wären wie die Besetzer vor den alten Häusern geflohen. Selbst wenn sich rausgestellt hätte, dass es nur ein Köter gewesen wäre, hätten wir nicht angehalten“ meinte Nic grinsend, was alle vier zum Lachen brachte.

„Ach Nic warum fällt es mir so leicht zu glauben, dass du vor einen Köter fliehst?“ grinste Saik

„Weil du, mein verehrter Saik, dumm wie verbranntes Brot und noch viel hässlicher bist.“

Wieder lachten alle vier, auch wenn Izoth dies nur halbherzig tat. Er war mit den Gedanken bereits bei den Geschichten, die man sich über die alten Häuser erzählte. Jeder in ihrem Land kannte diese Märchen, aber kaum einer konnte sie noch erzählen. Auch dies hatten die Besetzer zu verantworten. Sie hatten das Erzählen der alten Legenden unter Strafe gestellt. Die Geschichten über die Kriege waren sogar von einem Höchstgesetz verboten.

Izoth konnte sich nur noch an die Namen weniger der alten großen Häuser erinnern, oder hatte nie mehr gewusst, und mehr als den Namen wusste er nur noch vom ersten unter den alten Häusern.

Ihm war auch klar warum: Das erste und mächtigste der großen Häuser war das Haus der Bauern und Schmiede. Die ersten Flüsterer und Heiler, sowie die einzigen Fürsten unter den Flüsternden Herren entsprangen diesem Haus. Ihr Leitspruch war „Mit Kraft und Klugheit verteidigen wir Moral und Ethik“. An mehr konnte Izoth sich einfach nicht erinnern.

Das Haus von Izoth kam wohl nur durch den geschickten Gebrauch von Hammer und Amboss sowie durch die Fähigkeit, dem Boden Lebensmittel zu entziehen zu diesem Namen und trotzdem war Izoth stolz darauf. Immer gern erinnerte er sich an die Geschichtsstunden bei der alten Kräuterhexe Ugdanda. Sie war eine der wenigen, und in ihrem Tal die einzige, die es verstand die alten Geschichten zu erzählen. Und sie war auch die einzige, die sich über das Höchstgesetz der Besetzer stellte und ungeachtet der Bestrafung über die Kriege Geschichten erzählte.

Izoth konnte sich nicht mehr an viel aus der Zeit der Geschichten erinnern. Über die Kriege wusste er nichts mehr und Helden kannte er abgesehen von Eric den Hammer auch keine mehr. Er hatte diese Geschichten ja auch schon vor etlichen Zyklen gehört. Kein Wunder also, dass er sich nicht mehr erinnern konnte.

Als er die Geschichten hörte war er gerade einmal 7. Man durfte nur bis zum 8 Zyklus den Erzählungen von Ugdanda beiwohnen. Ab diesen Zeitpunkt hatte man in der Regel Arbeit zu erledigen, doch selbst wenn man nicht arbeiten musste, war man dann nicht mehr erwünscht. Ugdandas eisernes Gesetz gestärkt durch eine alte Tradition.

Iz dachte zurück an die jungen Tage seines Lebens und genoss den Ritt mit seinen Brüdern und seinem Vater. Seine Brüder lachten miteinander und nahmen sich abwechselnd auf die Schippe. Oft auch Izoth und hin und wieder sogar ihren Vater. Obwohl die Bemerkungen über ihren Vater stets harmlos blieben. Seinen Eltern zu gehorchen, weit in das erwachsene Leben hinein, war die Pflicht eines guten Kindes. Das war allgemein bekannt. Da ihre Mutter vor Jahren gestorben war, hat Agon sie alleine großgezogen und sich ihren Respekt und ihre Liebe verdient. Nach Izoths Meinung gab es keinen stärkeren oder klügeren Mann.

An jenem Weg, welchen sie folgten, kamen sie kaum an Feldern vorbei. Aber falls doch, dann waren es stets welche die zu ihrem Haus gehörten. Weizen und Roggen sprießte immer wieder links und rechts des Pfades. Hin und wieder auch brachliegende Felder. Dies geschah, hatte Izoth vor langer Zeit von seinem Vater gelernt, damit sich der Boden von den Strapazen des Anbaus erholen kann. Sein Vater, wie auch der Rest des Hauses, war stolz auf seine Fähigkeiten am Felde. Nicht zuletzt deswegen, weil ihr Haus damit vollkommen autark von dem Rest der Dorfgemeinschaft leben konnte. Ein Grund ihres Wohlstands.

Die anderen Häuser bauten nichts jenseits der steinernen Brücke an. Sie fürchteten die nahe Wildnis und durch wilde Gerüchte wurde die Angst vor den Wäldern und den Bergen nur geschürt. Vollkommener Unsinn wie Izoth wusste, da er öfter längere Waldwanderungen machte und sich deswegen gerade in den Wäldern rund um ihr Gehöft bestens auskannte. Das gefährlichste in diesen Wäldern waren Klippen von denen man stürzen konnte.

Das einzige Haus welches abseits des Dorfes lebte, war das Haus der Bauern und Schmiede. Izoths Vater, und seines Vaters Väter, hatten vor der Wildnis keine Angst. Sie begrüßten sie und gelegentlich auch die damit einhergehende Einsamkeit.

So grübelte Iz über die letzten Jahre nach und Stolz erfüllte ihn, ein Mitglied seines Hauses zu sein. Er beteiligte sich kaum an der Unterhaltung der anderen, sondern zog sich tief in sich zurück um nachzudenken. Er genoss es jedes Mal, in Schweigen zu verfallen und seine Gedanken schweifen zu lassen. Er bemerkte kaum, dass sie sich dem Waise näherten, den großen Fluss der hoch im Gebirge hinter ihrem Gehöft entsprang und der das abgeschnittene Tal mit Leben füllte, um schließlich aus den Tal hinaus, bei der Burg des Fürsten des Steins vorbei floss und in der Ebene verschwand.

Da die Besetzer vor Generationen sehr gründlich alle Karten des Landes zerstört und alle Einheimischen getötet hatten, welche über geografisches Wissen verfügten, wussten die Bewohner des Tals nur noch wenig über ihr eigenes Land. Da war es kein Wunder, dass kaum jemand wusste was jenseits der Festung des Fürsten war, denn niemand unternahm Reisen, die unter Strafe standen. Und es standen alle Reisen, die länger als 2 Tage dauerten unter Strafe. Karten waren also Mangelware und falls es dennoch welche gäbe, waren sie uralt und somit unbrauchbar. Aber diesen Teil des Tals, von ihrem Gehöft bis zu Brücke des Dorfs, kannte Iz wie seine Westentasche.

Es kam oft vor, dass er für einen Tag sein zu Hause verließ und durch den Wald streifte. Er hatte sogar angefangen Karten zu zeichnen, eine Straftat auf höchsten Niveau, aber Iz dachte nicht daran aufzuhören. Er liebte die Wälder des Gebirges, die weiten Ebenen bis hin zu den kleineren Wäldern, die links und rechts des Waises wuchsen. Die Wälder waren voller Leben und Geheimnisse, die Ebene voller Möglichkeiten mit seinem Pony zu galoppieren oder versteckt, die Übungen die seine Brüder mit einem Schwert machten, mit einen Holzstock zu wiederholen. Sie waren nun den gesamten Vormittag unterwegs, verließen langsam die lange Ebene vor den stellenweise bewaldeten Bereich des Weges. Izoth erkannte alles wieder und erinnerte sich leicht lächelnd an seine vielen Ausflüge.

Vor lauter Grübeln bemerkte Izoth kaum, dass er wieder angesprochen wurde bis ihm Saik eine Kopfnuss gab.

„Was’n los?!“ schnauzte Izoth mit tränenden Augen während Saik wieder loslachte.

„Izoth“ hörte er die Stimme seines Vaters „ hör mir zu, wenn ich mit euch Dreien rede.“

Sein Vater blickte streng auf ihn hinunter und hielt seinen schwarzen Hengst an. Alle seine Söhne versammelten sich im Halbkreis vor ihm mitten auf den Weg, ohne dass er etwas zu sagen brauchte. Sie wussten das Agon von seinen Söhnen Respekt und Hörigkeit forderte und sie alle drei taten dies auf vollkommen unterschiedliche Weise.

Saik handelte schnell und gehorsam, ohne über das Warum nachzudenken da er das später machen konnte, wie er so gern und sehr oft sagt. Dies und noch andere Eigenschaften machten ihn außergewöhnlich im Schwertkampf.

Nic, der ruhigste und größte von ihnen, nahm alles was ihr Vater sagte auf und verarbeitete es auf ruhige, aber sehr schnelle Weise, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren. In kürzester Zeit kommt er zum gleichen Schluss wie sein Vater und handelt.

Izoth war anders. Er nahm alles Gesagte auf und dachte es durch kam aber nicht auf die gleiche Schlussfolgerung seines Vaters. Deswegen fragte er immer nach.

So standen sie nun im Halbkreis rund um ihren Vater und erwarteten seine Worte.

„Wir haben nun etwa die Hälfte des Weges zum Dorf hinter uns gebracht. Ab jetzt reiten wir still weiter.“ Er sah einen nach den anderen eindringlich an und blieb etwas länger bei Izoth hängen, der sofort nachfragte „Warum?“ Keiner seiner Brüder sagte etwas dazu, aber Nic sah ihn fragend an als ob er nicht verstand, weswegen Izoth diese Frage stellte.

„Ganz einfach, Iz,“ meinte Agon „Wir sind jetzt sehr nah am dicht besiedelten Gebiet und wir reiten durch viele bewaldete Flächen. Die Chancen, belauscht werden zu können, steigen mit diesen beiden Faktoren wesentlich. Da wir den Besetzern gegenüber nicht unbedingt den freundlichsten Ton entgegenbringen und gerade überlegen Flüchtlinge aufzunehmen und zu tarnen, ist Stille die einfachste Methode der Verteidigung. Du verstehst sicher warum?“ Sein Vater fixierte Izoth eindringlich. Er erwartete eine schnelle und richtige Antwort. Aber damit hatte Izoth kein Problem, er wusste die Antwort.

„Weil die Verunglimpfung der Besetzer, sowie die Aufnahme von Flüchtlingen gegen die höchsten Gesetze der Besetzer verstößt. Verstößt man gegen eines der höchsten Gesetze, wird man mit sofortiger Wirkung als vogelfrei erklärt. Somit hat man kein Recht mehr, weder am Leben noch an Eigentum…. So wie Onkel Taeke.“ Fügte Izoth noch kleinlaut hinzu. Das bestätigende Nicken von seinen Vater wurde sofort von einen besorgten Gesichtsausdruck abgelöst.

“Siehst du, Izoth, das ist das perfekte Beispiel. So etwas darfst du vor niemand anderen als vor uns aussprechen.

Onkel Taeke ist vor Jahren gestorben, verstanden?“ Izoth nickte.

„Jetzt Stille. Denkt in Ruhe nach und behält in den Waldstücken die Umgebung im Auge.“

„Ja Vater“ antworteten die Brüder im Chor.

Izoths Gedanken wanderten zu seinem Onkel. Ein Meister des Schwertes, von ähnlicher Statur wie Saik und beinahe so groß wie Nic, schwarzhaarig und mit beeindruckendem Vollbart. Der ältere Bruder seines Vaters war ähnlich wie Izoth oft im Wald unterwegs. Nur mit dem Unterschied, dsas er jagen ging anstatt die Gegend zu erkunden, was ein Verstoß gegen eines der höchsten Gesetze war. Die Jagd war seit der Besetzung verboten. Offiziell war das Wild Eigentum der beiden Fürsten und die Fürsten schätzen es nicht, wenn ihr Eigentum zerstört wird. Aber es wusste jeder, dass die Besetzer das Verbot deswegen aussprachen, um der Bevölkerung den Umgang mit Pfeil und Bogen sowie, das Erlernen der Kunst des Fallenstellens so schwer wie möglich zu machen.

Von da an war es einfach, Bögen zum Schutz der Bevölkerung gänzlich zu verbieten. Durch das Jagdverbot waren diese kein Gebrauchsgegenstand mehr und somit können Bögen ja nur mehr Menschen verletzen und dies galt es zu verhindern. Somit hatten die Besetzer einen wunderbaren Vorwand den Bewohnern ihres Landes den Umgang mit Waffen zu verbieten.

Wenn Agon darüber sprach, erkannte Izoth immer etwas Respekt den Besetzern gegenüber. Es schien, als würde er zumindest die elegante Lösung ihres Problems anerkennen.

Izoths Onkel wurde erwischt, wie er gerade Wild verkaufte.

Durch einen glücklichen Zufall, wie genau konnte Izoth nie erfahren, gelang ihm die Flucht. Allerdings wurde er bei dem Wettlauf mit den Soldaten des Fürsten zum Stein verletzt.

Die Soldaten gaben irgendwann die Verfolgung auf und erklärten Taeke für tot, da niemand, ihrer Meinung nach, solch eine Verletzung überleben konnte. Zumindest nicht alleine in der Wildnis.

Taeke hatte aber überlebt. Er schleppte sich zu einem Unterstand, den er Jahre zuvor gebaut hatte und versorgte mit Notfallpflanzen, die er immer dort lagernd hatte, seine Wunde. Er musste zwar sein altes Leben im Haus der Bauern und Schmiede aufgeben, konnte seine Familie aber oft besuchen, weil ihr Gehöft abgeschieden genug ist, um ihn hin und wieder für ein paar Tage oder Wochen Unterschlupf zu gewähren. Während der Jahre perfektionierte er das Fallenstellen und andere Fähigkeiten, die er an Izoth und seine Brüder weitergab.

Izoth erwachte aus seinen Gedanken als das erste Haus des Dorfes an der linken Straßenseite auftauchte. Das Haus der Gerber war bereits verlassen bis auf den jüngsten Sohn, der die Frauen beaufsichtigte. Dieser nickte ihnen kurz durch das Fenster zu und verschwand.

Das Haus der Gerber stand noch auf der anderen Seite des Flusses Waise. Der Gestank der in der Gerberei entstand wurde somit von dem unablässigen Wind der über dem Fluss rauschte weg von dem Dorf und hinunter in die Ebene geweht. Außerdem konnten sie einige Abfälle direkt in den Fluss lassen. Vermutlich gab es noch etliche andere Gründe für ihren Standort allerdings kannte Izoth diese nicht. Er wusste allerdings, dass sich keines der Häuser ohne triftigen Grund auf der südlichen Seite des Waise ansiedelte.

Der Weg fiel nun etwas ab und über die breiten Rücken der anderen Männer hinweg, sah Izoth die Steinbrücke und direkt dahinter das Dorf im abgeschiedenen Tal.

2

Schlag auf Schlag

Gemeinsam ritten sie über die Brücke in das Dorf. Vorneweg Agon als ihr Vater und Vorsitzender des Hauses der Bauern und Schmiede. Breit und groß wie kaum ein anderer Mann, mit vollkommener Gelassenheit, welche nur noch, so schien es, von seinen Scharfsinn an Ausstrahlung übertroffen wurde. Grauhaarig und Stark.

Direkt dahinter, Izoths ältester Bruder Saik, mit breitem Kreuz, schwarzen Haaren und Vollbart, seinem drängenden Blick und aufgerichtetem Oberkörper machte er eine gute Figur. Nichts wies auf die innere Anspannung hin, die, wie seine Brüder wussten, Saik immer begleitete. Immer auf der Hut und bereit sein Schwert zu ziehen um einen Gegner zu fällen.

Dahinter Nic, der größte aus ihrem Haus mit langen, blonden Haaren und blauen Augen, das Abbild eines Berserkers aus den ältesten Zeiten, kühl und gelassen wie immer.

Langsame, bedachte Bewegungen, in Kombination mit einem wachen Blick, hätten jeden Gegner eingeschüchtert, wenn er nicht so oft ein gütiges Lächeln auf den Lippen getragen hätte, welches sein sanftes Wesen offenbarte und für fast jeden greifbar machte.

Als letzter Izoth auf einen Pony. Noch nicht ausgewachsen und doch schon breiter als die meisten in seinem Alter.

Allerdings war schon abzusehen, dass er der kleinste der Brüder bleiben würde. Mit seinen braunen Haaren und blauen Augen war er die menschgewordene Mitte seiner beiden Brüder. Sich dessen nicht bewusst, versuchte er selbstsicherer aufzutreten als er sich fühlte und richtete sich kerzengerade auf, seiner körperlichen Defizite sowie seiner fehlender Ausbildung nur zu bewusst.

Trotz allem machten die vier Männer, wie eigentlich immer, eine beeindruckende Figur als sie in das Dorf ritten.

Viele der Dörfler blieben stehen und ließen sie passieren.

Keiner der Dorfbewohner hätte dies öffentlich zugegeben aber heimlich bewunderte man die Männer aus dem Haus der Bauern und Schmiede aufgrund ihres starken Körpers und ihres wachen Geistes.

Sie erreichten den Platz der Mitte, auf dem sich wie immer eine große Menschenmenge befand um Waren zu tauschen, und wurden praktisch von der Intensität der Gerüche, wenn nicht sogar des Gestanks, und von dem immensen Lärm erschlagen. Selbst Nic, der Ruhepol der Gruppe, verzog angewidert das Gesicht. Sie hatten wohl übersehen, dass es der 15. des Monats war. An jenem Tag hat jedes Haus die Möglichkeit, im Mittelpunkt Handel zu treiben, etwas was für die restliche Zeit des Jahres der fürstlichen Handelskammer vorenthalten blieb. Da sich aber kaum ein Entsandter der Kammer in das abgeschnittene Tal verirrte, hatten die Bewohner die Möglichkeit, einmal im Monat Waren zu tauschen um das Überlebensnotwendige zu erhalten. Ein sehr wichtiger Tag für alle Häuser, die nichts Essbares produzierten.

Der Platz der Mitte, oder Mittelpunkt, war, wie der Name bereits erahnen lässt, kreisförmig angelegt. Über eine runde Fläche mit ungefähr 150 m Durchmesser reihten sich provisorisch aufgebaute Pavillons aneinander. Die äußerste Reihe, am äußersten Rande des Kreises, blieb den Häusern überlassen welche Nahrungsmittel anboten, somit den ersten Häusern. Innerhalb dieses Kreises, mit einen Abstand von ungefähr 2 Wagenlängen, hatte sich, wie meistens, ein zweiter Kreis gebildet. Dieser Kreis wurde von den Häusern gebildet die Gebrauchsgegenstände erzeugten. Das Haus des Holzes, welches Holz für den Winter schnitt, was für alle Häuser wichtig war, denn Heizen mussten alle in den kalten Monaten des Jahres, und Holzwerkzeuge herstellte, sowie Sägespänne verkaufte. Das Haus der Gerber, welches Leder herstellte und verarbeitete, angefangen bei schlichten Lederhosen, ähnlich der die Izoth trug, bis hin zu ganzen Sätteln, die sich kaum jemand leisten konnte.

Und das Haus der Brauer, welches, verständlicherweise, das wohlhabendste der zweiten Häuser war. Ihr einziges Erzeugnis war Bier, dies verkaufte sich allerdings immer wunderbar. Das Haus des Steins, welches in erster Linie Steine für den Hausbau herbeischuf, aber auch Steinmetzarbeiten durchführte. Gleich neben dem Angebot des Hauses des Steins erblickte Izoth die Waren der Kräutersammler. Diese Sammler waren zwar traditionsgemäß kein Haus, hatten aber in der Praxis die gleichen Rechte wie die zweiten Häuser. Mittlerweile sah man die Kräutersammler bereits als eigenes Haus an, da sie oft wichtige Heilkräuter für Verletzte bereithielten und auch immer Flüchtlinge behandelten, ohne Bezahlung zu erwarten. So stand dieses Haus, da die Dorfbewohner es sehr schätzten, sogar näher zu den ersten als zu den zweiten Häusern.

Den zweiten Häusern gegenüber standen die Pavillons der ersten Häuser. Das Haus des Weizen und das Haus des Roggen boten ihr Brot in rauen Mengen feil. Das Haus des Fleisches tauschte jede Art von Fleisch von verschiedensten Tieren gegen andere Güter und das Haus der Wolle bot die verschiedensten Arten von Kleidung an. Meist natürlich praktische Arbeitssachen, aber hin und wieder sah man auch Edleres.

Alle Häuser standen in zwei Kreisen einander gegenüber und boten ihre Waren feil. Die Räder der Wagen arbeiteten sich Wege durch den teils noch gefrorenen, teils matschigen Boden, während deren Besitzer, die zu arm oder zu spät dran waren um einen Pavillon aufstellen zu können, ihre Waren laut priesen um Angebote zu ergattern.

Für Izoth klang es in erster Linie verzweifelt.

Von den vielen Eindrücken verwirrt, überhörte Izoth beinahe das Kreischen, Fluchen und Betteln einer Frau. Seine durch jahrelange Waldwanderschaften geschulten Sinne zeigten ihm die Notlage dieser Person.

Mit wachem Blick erfasste er die Richtung aus welcher der Schrei zu hören war und bevor er wusste was er tat, drängelte er sich mit seinem Pony im Trab durch die Massen.

Vage hörte er hinter sich noch, dass sein Vater ihn rief und er irgendetwas so heftig streifte das sein Pony kurz taumelte, aber in seinem Tatendrang ignorierte er dies komplett. Er bildete sich ein das Fluchen seiner Begleiter zu hören und die Bewegung ihrer Pferde in die gleiche Richtung aber bei dem ganzen Lärm im Mittelpunkt war das unmöglich genau zu sagen.

Nach einem kurzen Ritt erspähte er eine Bettlerin am Boden und eine Menschenmenge um sie herum. Sie war offensichtlich geschlagen worden, denn es zog sich ein dünnes Blutrinnsal über ihr Gesicht. Ein junger Mann, vielleicht in Izoths Alter, stand über ihr, während sich die Bettlerin die Hände vors Gesicht geschlungen hatte um sich zu schützen.

Ohne den Mann genauer zu betrachten sprang Izoth von seinem Pony und machte sich nicht einmal die Mühe den Trap des Tieres zu zügeln. Mit den Schwung der Geschwindigkeit segelte er durch die Luft und holte im Fallen gleichzeitig zu einem Schlag aus. Der Mann blickte hoch und sah Izoth noch einen Augenblick lang heranfliegen.

Aber er konnte ihm nicht mehr ausweichen, geschweige denn abwehren. So traf Izoth ihn mit der Wucht des Schwungs seines Ritts sowie der Kraft seines Arms, eines Hammerschlags gleich, an der Schläfe. Der Mann gab noch in seiner halben Drehung einen Grunzlaut von sich bevor er, sich einmal überschlagend, am Boden flach atmend liegen blieb. Izoth prüfte ihn kurz mit einem Blick, um sicher zu gehen das er noch atmete, bevor er wütend in die Menschentraube blickte, die sich überrascht und ängstlich unter seinen Blick auflöste. Als sich der letzte Schaulustige abwandte, inspizierte er seine rechte Hand, die schmerzte, als hätte er versucht Eisen damit zu schmieden. Nachdem er sich sicher war, dass nichts gebrochen war blickte er auf die alte Frau und erkannte Ugdanda. Die ehemalige Kräuterhexe, die den Kindern immer die Geschichten erzählt und die vor einigen Jahren leider ihren Verstand verloren hatte.

Wie oder warum sie ihren Verstand verlor, wusste niemand, nur, dass sie beinahe von einen Tag auf den nächsten kaum noch reden konnte. Sollte sie dann doch etwas gesagt haben, beleidigte sie die Menschen und vergaß sich selbst.

Es wurden die unglaublichsten Geschichten über sie erzählt, jedoch hat Izoth sie das letzte Mal Jahre vor ihren geistigen Bruch gesehen und er konnte sich auch nicht vorstellen, dass nur der kleinste Teil der Gerüchte stimmten, die erzählt wurden. Trotz der Geschichten verband er immer noch warme Kindheitserinnerung mit der alten Frau und wurde schlagartig, von neuer Wut gepackt, als er sie erkannte. Er drehte sich weg von der wimmernden und weinenden alten Frau, um sich den Bewusstlosen genau anzusehen. Bis jetzt wusste er nur, dass er etwa in seinen Alter war und rabenschwarzes Haar hatte. Vielleicht konnte er ja etwas Licht in diese dubiose Situation bringen in der er sich befand.

Das ein junger Mann eine alte Frau schlug ging über seinen Horizont. Die Alten wurden in der Regel geschätzt und beschützt, selbst wenn sie ihre geistige Stärke eingebüßt haben. So ein hohes Alter erreicht man nur wenn man etwas Besonderes war. Deswegen wurden sie auch besonders bestattet. Das war allgemein bekannt.

Kaum hatte er einen Schritt in die Richtung des ohnmächtigen Mannes getan, als er einen wütenden Ruf hörte „Izoth Agonsson!“ rief sein Vater über eine kleine Menschenmenge hinweg.

Dieser wunderte sich kurz warum sein Vater und seine Brüder erst jetzt zu ihm stießen, obwohl er ja glaubte, sie direkt hinter sich zu haben. Aber dann fiel sein Blick auf einen Wagen, der direkt in dem Weg lag den er genommen hatte um zu Ugdanda zu gelangen. Erklärungen waren wohl nicht nötig, nun da sich Izoth das gesamte Chaos besah. Ein Wagen sowie die gesamte Ladung lag im Schlamm, ein Stallbursche beruhigte gerade eine aufgeregte Stute und sein Vater wie auch der vermeintliche Besitzer des Wagens funkelten Izoth wütend an. Was auch immer Izoth gestreift hatte, gehörte wohl zum Kopf der Zugstute. Diese ist daraufhin durchgegangen und hat es geschafft den Wagen seines Besitzers umzuwerfen, sich loszureissen und davon zu preschen. Glücklicherweise direkt in die Arme des Stallburschen, der dann eine größere Katastrophe verhinderte indem er das verängstigte Tier beruhigte.

Izoth sah ein, dass dies ärgerlich war, jedoch war es auch schlicht und ergreifend Pech und vor allem ein bedauerlicher Unfall.

Izoth hatte nicht vor, sich vor einer kleinen Menschenmenge von seinem Vater belehren zu lassen nur weil er einer alten Frau geholfen hatte und durch seine Rettungsaktion ein paar Waren und ein Wagen zu Bruch gegangen sind. Also wollte er gerade mit seiner Verteidigung beginnen, als er ein hysterisches Lachen vernahm. Überrascht drehten sich sowohl Izoth als auch sein Vater zu Ugdanda die sich gerade in obskuren Bewegungen rund um den niedergeschlagenen Mann bewegte.

„Hähähähähähähä“ lachte sie erneut verrückt und kreischte „Ich habs dir doch gesagt Gant! Hähä Ich tanze rund um dein Grab und…“ sie holte tief Luft und spukte den besinnungslosen Mann ins Gesicht „ spucke darauf!!! Hähähähäh“ Sie lachte und tanzte so verrückt und laut das sich bald eine neue Traube rund um das Geschehen bildete.

Izoth verfolgte das Spektakel fassungslos. Es schien, als würden die Geschichten. die sich die Leute erzählten alle stimmen.