Die Hexe Veronika - Ingrid Lechner - E-Book

Die Hexe Veronika E-Book

Ingrid Lechner

0,0

Beschreibung

Die junge Hexe Strubbelkopf will keine böse, garstige Hexe sein. Sie nennt sich lieber Veronika und sehnt sich nach der freundlich-bunten Welt der Menschen. Als sie es im dunklen, düsteren Hexenhaus nicht mehr aushält, macht sie sich auf die Suche nach einem neuen, hübscheren Zuhause. Bald findet sie auch neue Freunde. Immer wieder bemüht sie sich darum, sich und den anderen das Leben fröhlicher und schöner zu gestalten. Ergänzend zum eBook gibt es auch ein großformatiges Malbuch mit den Illustrationen von Valerie Tschida. Die Autorin schreibt unter dem Pseudonym Isabella Lovegood Romane für Erwachsene.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 104

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die Hexe Veronika

Eine Geschichte für Kinder

ab 4 Jahren

von

Ingrid Lechner

Copyright © 2016 Ingrid Lechner

Illustrationen: Valerie Tschida www.valerie-tschida.at 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Personen und Schauplätze sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und ungewollt.

Covergestaltung: Ingrid Lechner

Ein kleiner Hinweis ...

Für alle, die gerne Bilder ausmalen, habe ich mir etwas einfallen lassen:

Alle Illustrationen in diesem Buch gibt es auch als großformatiges Malbuch.

Viel Spaß beim Lesen, Vorlesen, Zuhören und Ausmalen

wünscht

Ingrid Lechner

Das alte Hexenhaus

Ich kannte einmal eine Hexe. Sie wohnte mit vielen anderen Hexen, alten und jungen, in einem großen, gruseligen Haus. Es stand mitten in einem finsteren Wald in der Nähe einer großen Stadt.

Eigentlich hieß die kleine Hexe ja „Strubbelkopf“, aber sie fand diesen Namen gar nicht schön.

Vor vielen Jahren hatte sie gehört, wie ein hübsches Mädchen Veronika gerufen wurde. Der Name hatte ihr auf Anhieb gefallen. Deshalb nannte sie sich selbst heimlich auch so. Sie sah auch gar nicht so aus, wie man sich für gewöhnlich eine Hexe vorstellt. Veronika war nicht alt und hässlich, hatte keine Warze auf der Nase und keine Falten.

Aus ihrem glatten, rosigen Gesicht ragte eine kleine Stupsnase und sie hatte jede Menge Sommersprossen. Allerdings waren ihre Augen sehr dunkel, fast schwarz, und ihre roten Haare standen wirr und steif von ihrem Kopf ab. Daher kam natürlich auch ihr Hexenname.

Sie sah also eigentlich fast aus wie ein ganz gewöhnliches Mädchen. Dabei war Veronika schon 180 Jahre alt! Das ist ungefähr so viel, wie wenn du dir vorstellst, sie ist so alt wie drei Omas zusammengenommen. Aber für eine Hexe ist das noch sehr jung und deshalb wurde sie von den anderen Hexen, mit denen sie zusammenwohnte, nicht für voll genommen. Sie sagten ihr, was sie zu tun hatte, was sie essen sollte, wann sie schlafen und wann sie wieder aufstehen musste. Niemals konnte sie das tun, was sie wollte. Ständig hieß es „Strubbelkopf, wo bleibst du denn? Trödle nicht immer so herum!“ Oder: „Strubbelkopf, hexe mir sofort ein paar Kröten und Vogeleier her, aber ein bisschen plötzlich. Ich brauche sie für das Mittagessen!“

Am schlimmsten trieb es die Hexe Hinkebein, die sich gerne aufspielte und ihre immer schlechte Laune gerne an den kleineren Hexen ausließ. Auf Veronika hatte sie es besonders abgesehen, weil sie gerne in den Tag hinein träumte und sich davor drückte, den Menschen böse Streiche zu spielen.

Hinkebein hatte bemerkt, dass sich Veronika oft in der Nähe von Kindern aufhielt. Es ärgerte die alte Hexe, dass sie es nicht tat, weil sie ihnen Schaden zufügen wollte, wie sich das gehörte, sondern weil sich die kleine Hexe dafür interessierte, wie sie lebten.

Immer öfter schlich sie heimlich in die Stadt. Abends, wenn niemand mehr auf den Straßen unterwegs war, guckte sie in die Fenster der Häuser und Wohnungen. Sie sah, wie die Menschen darin zusammensaßen und an schön gedeckten Tischen miteinander aßen, lachten und fröhlich waren. Natürlich nicht immer, aber das Streiten kannte sie ja ohnehin vom Hexenhaus, das war nichts Neues für sie.

Sie sah den Kindern beim Spielen zu und wünschte sich dazuzugehören. Bei den Hexen bestanden die Spiele hauptsächlich darin, einander Streiche zu spielen. Und je älter die Hexen wurden, umso gemeiner wurden sie. Veronika wollte bald nicht mehr mitmachen und wurde ausgelacht und verspottet.

Eines Abends fand die kleine Hexe einen alten Kamm auf der Straße. Sie hob ihn auf und betrachtete ihn etwas ratlos. Dann fiel ihr ein, wo sie so ein seltsames Ding schon einmal gesehen hatte: Sie hatte ein Mädchen beobachtet, das sich damit durch die Haare gefahren war.

Sofort versuchte es auch Veronika, aber in ihren verfilzten Haaren, die ja noch nie gebürstet worden waren, blieb der Kamm sofort stecken. „Was ist denn da nur los? Bei dem Mädchen sah es doch so einfach aus“, wunderte sich die kleine Hexe. „Vielleicht muss man sich dabei im Spiegel ansehen“, schoss es ihr durch den Kopf, als sie sich wieder an das Kind erinnerte. Spiegel hatten sie im Hexenhaus. Damit übten sie das Grimassenschneiden, um zu sehen, ob sie wohl auch so richtig furchterregend und grausig aussahen.

Also steckte die kleine Hexe ihren neuen Schatz in die Rocktasche, schlich wieder zu ihrem Besen, den sie in einem Gebüsch versteckt hatte, und ritt nach Hause.

Sie schloss sich in ihrem Zimmer ein, das sie noch mit drei anderen jungen Hexen bewohnte, stellte sich vor den Spiegel und versuchte wieder, ihre Haare zu kämmen.

Leider ging es auch jetzt nicht besser. Veronika bearbeitete ihren Strubbelkopf so lange, bis er ihr weh tat. Der Kamm hatte dabei einige Zähne verloren, aber etwas ordentlicher sahen ihre Haare ja doch aus, stellte sie bei einem letzten Blick in den Spiegel zufrieden fest.

Dann entschloss sie sich, auch gleich ihr Gesicht sauber zu machen, damit es besser zu ihrem neuen Aussehen passte.

Sie war noch nicht ganz fertig, da wollte jemand von draußen die Tür öffnen. Sofort erhob sich ein Gejohle und Geschrei: „Strubbelkopf, du verflixte kleine Kröte, was fällt dir ein, uns auszusperren!“

Schnell öffnete Veronika die Tür, um die anderen nicht noch wütender zu machen. Als die drei Hexen sie sahen, waren sie einen Augenblick lang sprachlos, dann aber kreischten sie los: „Wie siehst du denn aus? Bist du verrückt geworden? He, ihr anderen, kommt mal her und seht euch Strubbelkopf an: Sie sieht grässlich aus!“

Nachdem sie sich alle gründlich über sie lustig gemacht hatten, packten sie die arme Veronika. Sie schleppten sie hinaus in den Wald und rieben sie mit Erde und feuchten, modrigen Blättern ein. Nun sah sie wieder so aus, wie es sich für eine richtige Hexe gehörte.

Du kannst dir sicher vorstellen, wie unglücklich Veronika war!

Das Mittagessen

Je mehr die kleine Hexe Strubbelkopf-Veronika von den Menschen sah, umso besser gefiel ihr diese bunte, saubere und fröhliche Welt. Sie konnte einfach nicht verstehen, warum die anderen Hexen lieber schmutzig und missmutig und boshaft sein wollten. Vielleicht wussten sie es ja einfach nicht besser?

Sie wollte versuchen, den Hexen zu zeigen, wie schön es in ihrem Haus sein könnte. Als die anderen ausgeritten waren, um wieder einmal mit jemandem ihre gemeinen Scherze zu treiben, beschloss Veronika, einen Versuch zu wagen.

Sie hatte den Auftrag bekommen, für alle das Mittagessen zusammen zu hexen. Diesmal würden sie richtig gutes Essen bekommen! Sie hatte den Menschen schon oft zugesehen und sie kannte die meisten Lieblingsspeisen, besonders die der Kinder: Würstchen, Pommes frites mit Ketchup, knackigen Salat und danach Eis. Das würde sie zu Mittag hexen!

Doch zuerst wollte sie den Tisch so herrichten, wie sie es bei den Menschen gesehen hatte. Als Erstes hexte sie ihn sauber. Wenn sie nicht hätte zaubern können, wäre sie mit dem Putzen wahrscheinlich bis zu Mittag gar nicht fertig geworden, so schmutzig war er! Man konnte gar nicht mehr erkennen, wo ein Fleck aufhörte und der nächste Klecks anfing. Alles war klebrig von den Speiseresten, die die Hexen beim Essen verkleckert hatten. So aber sprach Veronika einen Zauberspruch, schnippte mit den Fingern und man konnte plötzlich keinen einzigen Fleck mehr entdecken. Der Tisch sah aus wie neu!

Nun zauberte Veronika noch schönes Porzellangeschirr herbei. Es war weiß mit rosa Muster darauf, dazu hübsche Gläser und blitzeblankes Besteck. Zum Schluss hexte sie noch eine Vase mit frischen Blumen in die Mitte des Tischs. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk. Ja, so sollte ein schöner Essplatz aussehen! Das musste den anderen Hexen doch auch gefallen!

Da es bereits kurz vor Mittag war, und sie bald heimkommen würden, fing sie schnell damit an, die Speisen zu hexen. Bald hatte sie alles beisammen. Veronika konnte der Versuchung nicht widerstehen und naschte gleich ein wenig von den Pommes frites. 'Mmh, das schmeckt ja lecker! Viel besser als die Spinnensuppe und der Kröten-Schnecken-Eintopf die ich vorbereiten sollte', dachte sie vergnügt.

Sie überlegte, ob das Eis nicht schmelzen würde, da hörte sie, wie die anderen Hexen draußen lärmend von den Besen stiegen. In der Türöffnung blieben sie wie angehext stehen. Sie rissen Augen und Mund auf vor Staunen.

Und was glaubst du wohl, was nun geschah?

Strahlend wünschte ihnen Veronika „Guten Appetit!“

Da verzerrten sich die Gesichter der Hexen vor Abscheu und Entsetzen.

„Was ist denn hier los?! Du nichtsnutziges Ding, was hast du jetzt wieder angestellt?!“, gingen sie auf die kleine Hexe los. Die wusste gar nicht, wie ihr geschah. Sie wollte ihnen doch nur alles schön machen!

Stattdessen ekelten sich die Hexen vor der Sauberkeit. „Das wird Jahre dauern, bis unser Tisch wieder so schön schmutzig ist“, jammerten sie. Schnell fiel ihnen ein, womit sie Strubbelkopf bestrafen konnten: Sie musste ihnen wieder neue Flecken machen! Und als sie den Duft der Pommes in die Nase bekamen, riefen sie „Pfui Teufel, was stinkt denn hier so entsetzlich!“

Traurig musste Veronika einsehen, dass hier nichts zu machen war. Die anderen Hexen würden sie wohl nie verstehen. Nun war alles noch viel schlimmer als zuvor. Die anderen ließen keine Gelegenheit aus, auf ihr herumzuhacken und sie hatte keine ruhige Minute mehr.

Abschied vom Hexenhaus

Eines Tages hielt sie es nicht mehr aus. Heimlich packte sie ihre Sachen. Viel war es ohnehin nicht, was sie mitnahm:

Erst einmal ihr Hexenbuch. Das war eigentlich das Allerwichtigste, denn darin standen alle Hexensprüche. Mit ihnen konnte sie sich jederzeit alles herbeizaubern, was sie brauchte.

Ihren Hexenbesen nahm sie natürlich auch mit. Erstens dauerte es immer eine Weile, bis sie einem neuen Besen alles beigebracht hatte und er sich so lenken ließ, wie es sich für einen ordentlichen Reitbesen gehörte. Und zweitens hatte sie ihren Besen mit allen möglichen bunten Malereien verziert und in seine Borsten bunte Bänder eingeflochten, die beim Fliegen lustig hinterher flatterten. Du verstehst sicher, dass sie diesen tollen Besen bestimmt nicht zurücklassen wollte.

Außerdem ritt sie lieber, als zu Fuß zu gehen, jedenfalls, wenn sie es eilig hatte. Und sie hatte es sehr eilig, von dem großen Hexenhaus wegzukommen und endlich einmal ihre eigenen Wege zu gehen oder zu fliegen, besser gesagt.

Ungeduldig wartete Veronika auf eine Gelegenheit, sich unbemerkt davonschleichen zu können. Sie klemmte sich ihr dickes Buch unter den Arm und den Besenstiel zwischen die Beine. Kaum hatte sie ihren Flug-Zauberspruch gesagt, trug ihr Besen sie auch schon hoch in die Luft.

Die kleine Hexe flog eine Weile über Wälder und Wiesen, Felder und Dörfer dahin. Vergnügt und in bester Laune ließ sie ihre Beine baumeln. Sie beobachtete die Autos, die wie kleine Käfer auf den Straßen dahin krabbelten. Es war lustig, den kleinen Segelbooten zuzusehen, die auf dem See schwammen, den sie gerade überflog. Von hier oben sah alles wie die Spielzeug-Landschaft aus, die sie einmal in einem Schaufenster gesehen hatte.

Sie flog gerade über einen Wald, der in der Nähe eines Städtchens lag, als sie unter sich eine Lichtung erkannte. Auf der Waldwiese stand ein kleines Häuschen. Sofort beschloss die Hexe, sich das einmal genauer anzusehen. Sie flog noch einen Bogen über den Wald, ließ sich dann immer tiefer sinken und landete schließlich genau neben der Hütte.

Veronika stieg vom Besen, legte ihn und das Hexenbuch auf eine alte Holzbank und streckte sich erst einmal ausgiebig. Dann ging sie einmal um das Häuschen herum und betrachtete es von allen Seiten.

„Das wäre doch etwas für mich“, sagte sie vergnügt zu sich selbst.

Es musste einmal sehr hübsch gewesen sein. Anscheinend war es gelb gestrichen, doch jetzt blätterte überall die Farbe von den Mauern. Das Haus hatte ein Giebeldach und einen Rauchfang, der so aussah, als würde er beim nächsten Sturm herunter fallen. An der Vorderseite, also der Seite mit der Haustür, war ein Fenster, das von Fensterläden verschlossen war. Sie hatten noch Spuren grüner Farbe und in der Mitte war ein kleines Herz ausgeschnitten.

Veronika spazierte um die Ecke. Hier gab es nur zwei kleine Fensterchen. Das Dach reichte so weit herunter, dass sich sogar die kleine Hexe beinahe den Kopf daran gestoßen hätte.

Auf der Rückseite waren zwei größere Fenster, deren Fensterläden offen waren und ganz schief in den Angeln hingen. Sie versuchte, in das Innere zu gucken, aber die Scheiben waren so schmutzig, dass sie nichts erkennen konnte.

Veronika kehrte nun wieder zur Vorderseite zurück und drückte den Türgriff nieder, aber die Tür war versperrt. Natürlich war das für eine Hexe kein Hindernis. Sie schnippte mit den Fingern und zeigte dann auf das Türschloss. Sofort öffnete sich die Tür mit lautem Quietschen.