„Die Höhle der Löwen“ Vom Pitch zum Deal - Ruth Cremer - E-Book

„Die Höhle der Löwen“ Vom Pitch zum Deal E-Book

Ruth Cremer

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Beschreibung

Das Buch zur TV-Sendung »Die Höhle der Löwen« - die neue Staffel jetzt live bei VOX!

Wer keine Folge von »Die Höhle der Löwen« verpasst, der hat sie vielleicht selbst schon gehabt: die eine bahnbrechende Idee. Ein einmaliges Produkt oder eine Dienstleistung, und damit die eigene Leidenschaft zum Beruf machen und selbst ein Startup gründen. Doch was dann? Was tun, wenn es allein nicht mehr weitergeht und nicht nur Geldgeber, sondern am Besten auch Menschen mit Netzwerk und Know-How gesucht werden, die einem zur Seite stehen?

Ruth Cremer berät, nicht nur in der »Die Höhle der Löwen«, Gründer*innen bei der Vorbereitung auf ihren großen Auftritt. Jetzt nimmt sie uns mit hinter die Kulissen der erfolgreichen TV-Show, entschlüsselt die Codes von Investor*innen und verrät, wie man wirklich vor ihnen besteht. Außerdem gibt es jede Menge Insiderwissen zu den Löwen, zur Sendung und der deutschen Startup-Szene.

Das Buch zur TV-Sendung »Die Höhle der Löwen« - die neue Staffel jetzt live bei VOX!

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Seitenzahl: 409

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Buch

Wer keine Folge von »Die Höhle der Löwen« verpasst, der hat sie vielleicht selbst schon gehabt: die eine bahnbrechende Idee. Ein einmaliges Produkt oder eine Dienstleistung, und damit die eigene Leidenschaft zum Beruf machen und selbst ein Startup gründen. Doch was dann? Was tun, wenn es allein nicht mehr weitergeht und nicht nur Geldgeber, sondern am besten auch Menschen mit Netzwerk und Know-how gesucht werden, die einem zur Seite stehen?

Ruth Cremer beantwortet alle Fragen zum Gründen, und on top gibt sie uns Insiderwissen zu den Löwen, zur Sendung und der deutschen Startup-Szene.

Autorin

Ruth Cremer ist Coach, Speaker und Beraterin für Startups und InvestorInnen sowie Hochschuldozentin für Unternehmertum. Ihre Leidenschaft für Zahlen brachte sie vom Mathematikstudium zum Investment Management für Startups und schließlich zur selbstständigen Beraterin. Bei »Die Höhle der Löwen« berät sie die KandidatInnen, bevor sie in den Käfig steigen, und sorgt dafür, dass die Startups bestmöglich vorbereitet sind.

Ruth Cremer

Die Höhle der Löwen

vom Pitch zum Deal

Worauf es bei der Gründung ankommt und wie du den perfekten Investor findest

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

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Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Originalausgabe April 2022

Copyright © 2022 Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Die Höhle der Löwen © VOX Television 2022, vermarktet durch Ad Alliance GmbH, © 2022 CPT Holdings INC./Sony Pictures Television All Rights reserved.

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Bernd-Michael Maurer

Redaktion: Antje Steinhäuser

Grafiken: Ruth Cremer

Fotos siehe hier, hier, hier, hier, hier, hier und Innenklappen: Boris Breuer

Foto siehe hier Toko

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

GS ∙ IH

ISBN 978-3-641-28744-3V001

Besuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz

Für Thomas.

Von niemandem sonst habe ich so viel über Startups und Investoren gelernt.

Inhalt

Einleitung – Neue GründerInnen braucht das Land!

Kapitel 1 – »Die Höhle der Löwen« als Verhandlungstrainer?

Wie realistisch ist »Die Höhle der Löwen«?

Der Erstkontakt

Die Einladung

Zwischenziel Term Sheet und »geplatzte« Deals

Die Due Diligence

Die größten Unterschiede

Eine völlig neue Art von Pitch

Der Startup-Pitch

Eine kleine Pitch-Reise

Pitch-FAQ

Startups – die etwas anderen Unternehmen

Was ist denn eigentlich ein Startup?

Warum Startups immer »lean« sein wollen 9

Und was passiert eigentlich bei Erfolg?

Die Sache mit dem Geld

Die Kapitalerhöhung

Königsdisziplin Cap-Table-Berechnung

Noch lange nicht am Ende

Kapitel 2 – Die geheime Checkliste der Investoren

Die Frage nach der Unternehmensform

Die Frage nach Rechten

Die Frage nach der bisherigen Finanzierung

Die Frage nach der Anteilsverteilung

Wie Investoren die GründerInnen einschätzen

Wie Investoren das Geschäftsmodell checken

Kapitel 3 – Die Löwen

Die Bedeutung von Investorenprofilen

Investorentypen

Die Bedeutung des Sweet Spots

Weitere »weiche« Faktoren

Bereit für die Löwenhöhle?

Die Löwenprofile

Dagmar Wöhrl – Das unterschätzte Imperium

Nils Glagau – Der mutige moderne Firmenchef

Georg Kofler – Der leidenschaftliche Medienunternehmer

Carsten Maschmeyer – Der personifizierte Venture Capitalist

Nico Rosberg – Ein Sport-VIP wurde Nachhaltigkeitsunternehmer

Ralf Dümmel – »Mr. Regal«

Judith Williams – Viel mehr als eine Beauty Queen

Von den Löwen lernen

Kapitel 4 – Die Verhandlung

Die Rolle der Bewertung

Verhandlungsknigge

Kapitel 5 – Abschluss

Danksagung

Endnoten

Register

Einleitung

Neue GründerInnen braucht das Land!

Hallo und herzlich willkommen, ich bin unglaublich stolz, dass du mein Buch liest! Ich hoffe, das Du ist okay, sowohl in der Startup- als auch in der Fernsehwelt siezt man sich praktisch überhaupt nicht mehr. Übrigens schreibe ich so etwas auch in meinem ersten Anschreiben an die GründerInnen, die ich für »Die Höhle der Löwen« vorbereite.

Seit Ende 2017 darf ich nun schon meinen Teil zur Entstehung der TV-Show »Die Höhle der Löwen« (kurz: DHDL) beitragen. Wer sie noch nicht kennt: Es handelt sich um die erfolgreichste Gründersendung im deutschen Fernsehen. Seit 2014 sitzen regelmäßig Millionen Menschen vor den Bildschirmen, wenn GründerInnen aller Art versuchen, von fünf professionellen GeldgeberInnen ein Investment zu bekommen. Sie stellen ihr Unternehmen vor, sagen, wie viel Geld sie brauchen und wie viele Anteile ihres Unternehmens sie dafür abzugeben bereit sind. Danach dürfen die InvestorInnen, die sogenannten »Löwen«, Fragen stellen, bis sie zu einer Entscheidung kommen. Sie signalisieren dann entweder mit dem Satz »Ich bin raus«, dass sie kein Interesse haben, oder sie machen ein Angebot. Dabei darf jedoch die von den GründerInnen angefragte Geldsumme nicht verringert werden. Wohl aber dürfen die InvestorInnen mehr Anteile für diese Summe verlangen. Es wird dann verhandelt, bis man sich mit einem »Deal« einig ist oder alle Löwen raus sind. Das war es im Groben.

Ich selbst wurde von Sony, der Produktionsgesellschaft von »Die Höhle der Löwen«, Ende 2017 in die Löwenfamilie berufen. Es wurde eine Person gesucht, die den Auswahlprozess der KandidatInnen begleitet und ihnen im Vorfeld zur Seite steht.

Ich erinnere mich, wie aufgeregt ich Anfang 2018 zum ersten Mal das Set betrat. Diese Aufregung setzte sich während der Drehtage fort. Als absolute Nachteule fand ich es überhaupt nicht schlimm, um 4:30 Uhr aufzustehen, um oft schon kurz nach 6 Uhr die ersten GründerInnen in den Studios zu begrüßen und mit ihnen in die Vorbesprechung zu gehen. Die Generalprobe für ihren großen Auftritt. Ein Auftritt, der für viele ihr Leben verändern sollte. Denn das Unternehmen, das eigene kleine Startup, ist für die meisten GründerInnen ihr Leben. Oder zumindest ein sehr großer und wichtiger Teil davon.

Doch bevor ich weiter von meiner Arbeit für DHDL schwärme (das tue ich oft und gerne), möchte ich mich, genau wie ich es bei den GründerInnen tue, kurz vorstellen: Ich bin Ruth, Unternehmerin und Beraterin für Geschäftsmodelle und Startup-Finanzierung. Ursprünglich habe ich Mathematik studiert und darf mich mit dem schönen Titel Diplom-Mathematikerin schmücken (für die Jüngeren: das ist so etwas wie ein Master). Aber bitte nicht erschrecken! Denn mit Mathematik hat meine Arbeit heute nur noch ausgesprochen wenig zu tun. Zumindest oberflächlich betrachtet.

Größtenteils helfe ich Startups, sich auf Investorenverhandlungen vorzubereiten. Manchmal helfe ich auch Investoren, ein Startup zu evaluieren, in das sie vielleicht investieren wollen, oder potenziellen Käufern bei der Analyse von kleineren Firmen in M&A-Prozessen.1 Ich bin dann eine Art Investmentmanagerin oder auch Investmentanalystin zum Mieten. Das lag vor allem deswegen nahe, weil ich schon einmal als »richtige«, also angestellte Investmentmanagerin gearbeitet habe. Ich war also praktisch früher einmal selbst Investorin, sozusagen eine Art Löwe mit fremdem Geld.

Seit 2017 starte ich nun schon jeden Winter die Gespräche mit einer riesigen Bandbreite an GründerInnen jeder Branche, jeden Alters und mit jeder Art von Startup. Und da kommt etwas zusammen: Um die 150 Gespräche führe ich jedes Jahr zwischen November und Mai, und auch bei den Dreharbeiten darf ich immer dabei sein. Hier schaue ich gemeinsam mit den Sony-Kollegen den Pitch in einer Art Generalprobe an – wir nennen das Pre-Pitch – und stehe zur Verfügung, wenn die Kandidaten noch letzte Fragen haben. Oder einfach nur Zuspruch benötigen.

Falls sich der eine oder die andere das nun fragt: Ja, ich gebe auch Feedback zur Bewertung. Manche hören auf mich, manche nicht.

Natürlich habe ich auch noch immer Kunden außerhalb der Höhle, sonst hätte ich ja den Rest des Jahres nichts zu tun. Außerdem unterrichte ich als Dozentin an einer Hochschule. Was ich da der nächsten Generation beibringe? Natürlich Unternehmertum! Denn ich bin fest davon überzeugt, dass unser Land (und ganz Europa!) neue GründerInnen braucht! Das ist nicht für jede und jeden etwas. Aber die, für die es etwas sein könnte, sollen auch damit in Berührung kommen, Vorbilder haben, und Möglichkeiten, Hilfe auf diesem schweren Weg zu erhalten. Denn es ist nicht so einfach, wie es sich manchmal anhört. Trotzdem ist Unternehmertum oder Selbstständigkeit etwas, das für viele Menschen einen positiven Wandel in ihrem Leben bedeutet hat. In meinem übrigens auch.

Zu meiner großen Freude kam irgendwann alles zusammen: Die konzeptionelle Arbeit in der Lehre und die breiten Erfahrungen mit so vielen verschiedenen GründerInnen helfen mir bis heute, bessere Vorträge, Workshops und Lernprodukte zu entwickeln. Denn ich habe eine Mission. Ich will Menschen den Schrecken vor den Zahlen nehmen. Ganz konkret geht es bei mir natürlich um GründerInnen und um Zahlen, die essenziell für ihr Business sind. Ich arbeite zum Beispiel viel mit Kennzahlen, Anteilsverteilungen in Unternehmen und Finanzplanungen. Und es ist mir unglaublich wichtig, dass GründerInnen nicht nur besser damit umgehen lernen, weil es so wichtig und erfolgskritisch ist. Sondern ich will, dass es sie nicht mehr quält und sie am Ende sogar Spaß daran haben. Oh ja, das ist möglich.

Das ganz Besondere bei meiner Arbeit für DHDL ist für mich, dass ich die Wirkweise meiner Tipps und Hilfestellungen – insofern sie von den GründerInnen angewendet werden – fast unmittelbar überprüfen kann. Nämlich an der Reaktion der Löwen. Ich glaube, es gibt kaum andere Startup-BeraterInnen, denen sich die Möglichkeit bietet, die Resultate ihrer Arbeit so klar und ungefiltert zu verfolgen.

Und so ist über die Jahre eine große Sammlung an Erfahrungswerten, Methoden sowie Tipps und Tricks fürs Gründen und den Umgang mit Investoren entstanden. Doch immer wieder höre ich von GründerInnen – und ZuschauerInnen – auch so einige Fragen. Und das hat mich schließlich zu diesem Buch inspiriert.

Denn ich habe festgestellt, dass es vielen Menschen schwerfällt, das aus der Sendung herauszuziehen, was ich darin sehe: so viel wertvolles Wissen, so viele tolle Beispiele, wie Investoren ticken. Wie unterschiedlich sie sein können und was sie doch alle gemeinsam haben. Und so habe ich alles zusammengetragen, verdichtet, mit Investoren außerhalb der Höhle verglichen und immer deutlicher gemerkt, welch eine Bandbreite die aktuell sieben Löwen doch abdecken.

Denn die Löwen sind der Kern dieses Buches, ihre Investorenprofile werden nicht nur viel über sie selbst verraten. Sie werden auch viel darüber verraten, wie GründerInnen sich auf Investoren vorbereiten können, um ihre Erfolgswahrscheinlichkeiten zu steigern. Zum Glück haben mir die Löwen die Türen zu ihren Investmenthöhlen ein Stück geöffnet und mich an vielen ihrer Gedanken direkt teilhaben lassen.

Die Fragen, die man die Löwen oft stellen hört, verraten eine Menge über die Anforderungen von Investoren, die Fragen der GründerInnen eine Menge über deren Probleme, diese zu erfüllen, und allgemein über die Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen. Ich möchte mit diesem Buch diese beiden Welten näher zusammenbringen und das notwendige Wissen vermitteln, um alles einordnen und besser verstehen zu können.

Bevor es losgeht, möchte ich aber noch ein paar Aspekte ansprechen. Wie du sicher schon bemerkt hast, gendere ich. Ich bin Millennial, zwar knapp, aber ich zähle dazu. Und als solche begreife ich Gendern als eine Art Statement. Mir ist es wichtig, durch meine Sprache klarzustellen, dass Frauen genauso gründen können wie Männer. Allerdings finde ich, kann man es auch übertreiben. Daher will ich kein stoisches Gendern betreiben, wenn es den Text schwerfällig und schlecht lesbar macht. Das generische Maskulinum setze ich deshalb immer wieder ganz pragmatisch ein; es schließt die weibliche Form für mich mit ein, was ich mit dieser Vorbemerkung umso deutlicher hervorheben möchte. Es wird dir vielleicht auch auffallen, dass ich Investoren fast nie gendere. Das tue ich deshalb nicht, weil ich Investoren als Institutionen begreife, nicht als Personen, und deswegen beschränke ich mich auf das grammatische männliche Geschlecht. Immer dann, wenn es mir explizit um einzelne Personen geht, die investieren, wird gegendert. Aus »Die Löwen« ist im Laufe der Zeit in der Sendung ein feststehender Begriff geworden, daher möchte ich ihn ebenfalls in diesem Buch unberührt lassen.

Du wirst merken, dass viele Herzen in meiner Brust schlagen: das der Mathematikerin, die immer alles erst sauber definieren und dann möglichst logisch aufbauen will, das des Nerds, der sich gerne in technischen Details verliert, das der Hochschuldozentin, die das übergeordnete Konzept verstanden wissen will, und schließlich das der Gründerin und Unternehmerin, die so unglaublich viel an den deutschen Rahmenbedingungen stört. Und natürlich das der Gründungsberaterin, die es liebt, GründerInnen beim Vorankommen zu helfen und am liebsten so ziemlich jede und jeden erfolgreich sehen will. Und ganz ab und an noch das der Idealistin, die von einer Welt der gleichen Chancen für alle träumt – unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Geld und Ansehen der Familie und was es noch für einschränkende Faktoren geben mag.

Ich bin nun einmal davon überzeugt, dass gute GründerInnen viel verändern können, und gerade auch die großartigen Nachhaltigkeitsthemen der letzten Jahre haben das gezeigt. Aber auch jeder Gründer und jede Gründerin, die sich um ihre MitarbeiterInnen gut kümmern, sie fair bezahlen und eine gesunde Unternehmenskultur aufbauen, leisten einen positiven Beitrag zu unserer Gesellschaft. Jetzt könnte man sagen: Aber das tun doch längst nicht alle. Ja, das mag sein. Und auch mir sind tatsächlich nicht immer sämtliche GründerInnen sympathisch. Doch der allergrößte Teil von ihnen ist es, und das sogar sehr. Nirgendwo sonst habe ich so viele Menschen getroffen, für die Geld eben nicht das Wichtigste ist, die starke Werte haben und dafür einstehen. Und nirgendwo sonst treffe ich so viele Menschen mit einer so tollen Motivation, mit denen es sich so großartig arbeiten lässt. Vielleicht kann ich ja dem ein oder anderen Szenefremden auch etwas von diesem »Startup-Geist« mitgeben, es würde mich freuen.

Die etwas Startup-affineren LeserInnen mögen sich jedoch nicht daran stören, wenn ich die Szene ab und an auch mal kritisiere, denn dass das Arbeiten mit Startups meistens toll ist, heißt schließlich nicht, dass hier alles perfekt ist. Man muss schon etwas dafür tun, dass es auch so bleibt. Denn tatsächlich gibt es aus meiner Sicht ein paar eher unschöne Entwicklungen. Aber dazu komme ich noch.

Ich muss unbedingt klarstellen, dass alle meine Ratschläge und Erklärungen in diesem Buch auf meiner Einschätzung und Erfahrung beruhen. Für Rechtliches sollte man immer einen Rechtsbeistand hinzuziehen, für Steuerfragen eine Steuerberatung usw. Ich gebe die Dinge schlicht aus der Investoren- bzw. GründerInnen-Perspektive weiter.

Doch bevor es so richtig losgeht, möchte ich noch ein paar Hinweise zum Aufbau und den Inhalten dieses Buches loswerden.

Unter Startups verstehe ich nur Unternehmen im Sinne des »Lean Startup«2, also die nach einem nachhaltig profitablen Geschäftsmodell streben. Spekulationsobjekte, Hype-Märkte und Investments in der Erwartung von Marktkonsolidierungen lasse ich ausdrücklich außen vor.

Die Geschehnisse in der Höhle müssen als zahlreiche Beispiele zur Illustration herhalten. Ich habe die jeweiligen Folgen angegeben, damit man sie leicht findet, wenn man sich das Original ansehen möchte.

Ein paar sehr tiefgehende Informationen habe ich optisch getrennt in Kästen eingefasst, die mit »Extra-Wissen« überschrieben sind. Hier kann jede und jeder selbst entscheiden, wie tief er oder sie beispielsweise in Themen des Gesellschaftsrechts oder der Beteiligungsverträge eintauchen möchte.

Denn ich wollte ein Buch für alle schreiben, die Interesse an »Die Höhle der Löwen« oder auch Startups und Gründen im Allgemeinen haben. Ich wollte ein Buch für interessierte ZuschauerInnen schreiben, die sich über einige Dinge schon häufiger gewundert haben und schon immer mal wissen wollten, was diese eigentlich bedeuten. Ich wollte ein Buch für GründerInnen schreiben, die sich gerade mit dem Thema Investoren beschäftigen. Oder für werdende GründerInnen, die gerade erst versuchen, in diese Welt und ihre Anforderungen hineinzuwachsen. Nicht zuletzt wollte ich ein Buch schreiben, das Investoren ein bisschen mehr Einblick gibt, wie GründerInnen sie sehen. Und vielleicht kann ich sogar dem ein oder anderen, der sich mit dem Gedanken an sein erstes Investment in ein Startup trägt, bei der Überlegung helfen, welche Art Investor er oder sie sein möchte.

Ich hoffe sehr, dass mir das gelungen ist, und wünsche allen LeserInnen aus tiefstem Herzen nun viel Spaß bei der Lektüre!

Kapitel 1

»Die Höhle der Löwen« als Verhandlungstrainer?

Kann eine Fernsehsendung GründerInnen auf eine Investorenverhandlung vorbereiten? Kann sie trainieren, herausfordern, Situationen simulieren?

Im Idealfall sollte sie auch dabei helfen, im richtigen Moment die passende Antwort parat zu haben, gelassen auf kritische Fragen zu reagieren oder das Gegenüber gelegentlich freundlich, aber bestimmt in seine Schranken zu weisen.

Das mag etwas viel verlangt sein. Eine TV-Show kann dies sicherlich nicht so, wie ein Verhandlungstraining oder ein Seminar, in dem auch ein Sparringspartner zur Verfügung steht.

Aber die effektivste Vorbereitung auf eine Verhandlung besteht nicht aus Schlagfertigkeitstraining oder irgendwelchen Spezialtipps, sondern vor allem aus Fleißarbeit. Doch das lässt sich wohl marketingtechnisch eher weniger für die Bewerbung von Verhandlungsseminaren verwenden.

Und es klingt nicht so sexy wie spannende Übungen zum verbalen Schlagabtausch und Psychotricks, aber Fans dieser Kniffe vergessen oft, dass sie schon hinlänglich bekannt sind. Je wichtiger die Verhandlungsinhalte, je mehr Geld im Spiel ist, umso eher muss man davon ausgehen, dass die VerhandlungspartnerInnen ebenfalls mit allen Wassern gewaschen sind. Auch im Startup-Bereich sind die meisten Personen auf Investorenseite nicht von heute auf morgen auf ihre Position gekommen, sondern haben bereits eine längere Wirtschaftskarriere hinter sich. Das heißt: Sie kennen die Tricks.

Zudem geht es gerade bei Startup-Investments nicht um eine Momentaufnahme, denn erst nach dem berühmten Deal geht es richtig los. Viele vergleichen eine Startup-Investoren-Beziehung mit einer Ehe. Das mag zwar etwas übertrieben sein, verdeutlicht aber recht gut, dass es sich um eine langfristige Zusammenarbeit handelt, in der man sich aufeinander verlassen können muss und starkes Vertrauen in die andere Seite braucht. Und genauso wie mit dem Lebenspartner kann diese Beziehung auf die Dauer einfach nicht funktionieren, wenn sie unehrlich begonnen hat.

Vertrauen spielt eine zentrale Rolle, und durch Manipulationstechniken in der Verhandlung kann dieses so wichtige Vertrauen oft schon einen Knacks bekommen, bevor eine Beziehung überhaupt entstehen konnte. Dann sind die Verhandlungen vorbei, bevor sie richtig begonnen haben. Außerdem sollte man sich überlegen, ob man mit jemandem längerfristig vertrauensvoll zusammenarbeiten kann, den man schon in den Verhandlungen zu manipulieren versucht hat.

Nach vielen Jahren im Bereich Startup-Investments kann ich eindeutig davon abraten, Investoren mit Tricks und Psychotechniken überzeugen zu wollen.

Im Endeffekt ist ein verdienter Erfolg nach harter Überzeugungsarbeit doch auch die weit wertvollere Belohnung, als zu »gewinnen« mit Trickserei. Und so wird die Vorbereitung dann hoffentlich doch ein bisschen sexy. Zumindest im Nachhinein, wenn man weiß, dass man mit Inhalten überzeugt und einen wirklich passenden Partner gefunden hat.

Doch wo fängt man an? Ich empfehle gerade für Startup-Investments eine Art Drei-Stufen-Plan: Verhandlungspartner, Verhandlungsgegenstand, Argumentations- und Einflussfaktoren.

Abbildung 1: Recherchestufen mit Beispielthemen

Eine UnternehmerIn auf der Suche nach Investment will zunächst einmal wissen, mit wem man es zu tun hat. Hierbei sollten solche Fragen wie die Struktur des Investors geklärt werden – etwa ob es sich um eine Einzelperson handelt oder um eine komplette Firma und wie deren Hierarchien sind. Auch der sogenannte »Sweet Spot«, also in welche Kombination von zum Beispiel Branche, Technologien oder Geschäftsmodell vorrangig investiert wird, gehört dazu. Alle Details dazu erkläre ich in Kapitel 3.

In »Die Höhle der Löwen« gibt es aktuell sieben teilweise sehr unterschiedliche Investoren. Allein dadurch ergibt sich eine große Bandbreite von Investorenwissen, das auch bei den Vorbereitungen auf viele Investoren außerhalb der Höhle helfen kann.

Der Verhandlungsgegenstand in Stufe 2 ist praktisch das Startup selbst. Was braucht man, und was hat man anzubieten? Geht es zum Beispiel »nur« um ein reines Finanzinvestment? Also um Geld, das den Bau des Prototyps oder einen Wachstumsschub ermöglichen soll? Oder braucht man auch Unterstützung im Vertrieb oder beim Produktionsaufbau, wie viele der Kandidaten in »Die Höhle der Löwen«? Entsprechend sollte die eigene Präsentation und Argumentation gestaltet werden. Sein eigenes Produkt und Wachstumsmodell sollte man absolut klar erklären können, bevor man sich vor Investoren traut.

Mit fast fünfzig Startup-Auftritten pro Staffel liefert die Sendung eine Vielzahl von Beispielen hierfür – gelungene und weniger gelungene. Es ist aber auch völlig in Ordnung, aus den Fehlern anderer zu lernen.

Je mehr man in Stufe 1 darüber in Erfahrung bringen konnte, was der Verhandlungspartner sucht, worauf er/sie normalerweise achtet etc., umso eher kann man absehen, ob das eigene Startup überhaupt passt. Und schließlich – in Stufe 3 der Recherche und Vorbereitung – entsprechende Gegenargumente und kritische Fragen im Vorfeld erahnen.

Diese, wie auch die Einflussfaktoren, sind häufig subjektiv beeinflusst. Hierbei handelt es sich um die Dinge, die für die Verhandlungsparteien den Wert des Verhandlungsgegenstands direkt beeinflussen – bei einem Unternehmen also etwa Kundenanzahl, Kopierbarkeit des Produkts, Innovationsfaktor und vieles andere. Hier spielen aber auch Erfahrungen des Investors mit früheren Investments eine große Rolle.

Dazu gab es schon viele Beispiele bei DHDL. Darüber nachzudenken, inwieweit diese auf den eigenen Fall übertragbar sind und wie man selbst in den entsprechenden Situationen reagieren würde, ist eine gute Übung.

Für jede Stufe der Vorbereitung bieten Löwen und GründerInnen in der Sendung also reichlich Lernmaterial. Auch viele wichtige Konzepte – von Schutzrechten über Onlinekennzahlen bis hin zu Zulassungsverfahren für Medizinprodukte – werden erklärt. GründerInnen-Basiswissen gibt es also gratis mit dazu.

Um diese Fülle von Informationen und Beispielen sinnvoll für die eigene Vorbereitung nutzen zu können, selbst ein besserer Investor zu werden – oder einfach nur die Zusammenhänge besser nachvollziehen zu können –, muss man zunächst gewisse Grundlagen von Startup-Investmentverhandlungen verstehen und wie sie sich auf »Die Höhle der Löwen« übertragen lassen. Ein paar »Geheimcodes« der Investoren gilt es auch zu entschlüsseln, der ein oder andere Spezialtipp kristallisiert sich sogar dabei heraus … und ganz nebenbei lässt sich schließlich sogar die eigene Schlagfertigkeit erhöhen. Ganz ohne Herumtrickserei oder dass Vertrauen aufs Spiel gesetzt würde. Aber mit jeder Menge Wissen aus Recht, Psychologie, Wirtschaft, Handel und vielem mehr. Ein ausgesprochen spannendes Verhandlungstraining der besonderen Art!

Wie realistisch ist »Die Höhle der Löwen«?

Um die Informationen aus »Die Höhle der Löwen« also überhaupt einordnen zu können, ist es wichtig zu wissen, wie ein Investmentprozess normalerweise abläuft. Denn nur, wenn man hier die Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennt, lässt sich nicht nur das Verhalten der Löwen und der Kandidaten besser nachvollziehen, sondern man kann auch dann erst Gewinne für die eigene Verhandlungsstrategie daraus ziehen.

Der Erstkontakt

Wie also finden Startup und Investor außerhalb der Höhle zusammen? Häufig schickt das Startup erste Informationen – ähnlich einer Initiativbewerbung – einfach an den Investor, oft auch indirekt durch einen Fürsprecher, der dem Investor bereits bekannt ist. Marc Andreessen hat einmal den Spruch geprägt: »Wenn Startups nicht in der Lage sind, jemanden zu finden, der mir bekannt ist und sie mir empfehlen kann, schaue ich sie mir gar nicht erst an.«3 Vor allem in Europa sind Investoren normalerweise etwas gnädiger, aber die Aussage allein gibt einen deutlichen Hinweis darauf, welchen Wert solch eine »Intro« genannte Empfehlung haben kann.

Als weitere Möglichkeit gibt es immer mehr Pitch-Events, auf denen sich Startups einem größeren Publikum präsentieren und die auch von sehr namhaften Investoren besucht werden. Auch DHDL hat mit seinen »Open Pitch Calls« etwas Ähnliches ins Leben gerufen, allerdings exklusiv für potenzielle KandidatInnen.

Auf den Events wird oft der erste entscheidende Kontakt geknüpft. Nun erwartet der Investor genauere Informationen, auch wenn er nur seine Karte übergibt und die verlangten Unterlagen gar nicht genau benennt. Also, was ist hier gefragt?

Am häufigsten verlangt wird in dieser Phase das sogenannte Pitch Deck und der Finanzplan – einen ausgeschriebenen Businessplan schaut sich kaum noch ein Investor gerne an (es gibt aber auch hier Ausnahmen, besonders ältere Privatinvestoren mögen ihn oft noch ganz gerne). Ein Pitch Deck bezeichnet hierbei im einfachsten Falle den Foliensatz zur Pitch-Präsentation, der normalerweise rund zehn Präsentationsfolien umfasst. Hier stellt das Startup seine Lösung vor und alles Wichtige darum herum. Das Geschäftsmodell, der Markt, der Wettbewerb und das Team dürfen beispielsweise nie fehlen. Ein paar Abschnitte weiter kümmere ich mich aber noch genau um die Pitch-Inhalte.

Ein gängiger Fehler vieler GründerInnen besteht darin, diesen Foliensatz unverändert und unkommentiert zum Investor zu schicken. Gute Pitch-Präsentationsfolien zeichnen sich aber vor allem dadurch aus, dass nicht allzu viel auf ihnen zu finden ist – vor allem nicht viel Text. Die oben genannten Informationen werden stark visualisiert. Ohne das gesprochene Wort fehlen dem Betrachter also meistens entscheidende Informationen.

In der Startup-Szene haben sich im Übrigen schon lange ein schlanker, wenig wortreicher Stil und klare Designs durchgesetzt – überfrachtete Folien mit viel Text hinter Stichpunkten überlassen wir den Beratern.

Die kurze Aufmerksamkeitsspanne vieler InvestorInnen ist berüchtigt – allerdings sollte man ihnen zugutehalten, dass sie häufig sehr viele Startups in kurzer Zeit anschauen und einschätzen müssen. Die wichtigsten Informationen auf den Punkt zu bringen ist daher eine Anforderung an GründerInnen, die immer wieder eine große Rolle spielen wird.

Doch zurück zum Pitch Deck – was soll das Startup denn nun an den Investor schicken? Eine gute Idee ist es immer, für die zu versendende Version oder »Leseversion« kleine Textfelder ins Design einzupassen und hier die wichtigsten Informationen, die sonst nur gesprochen werden, unterzubringen. Dann heißt es hoffen und warten.

Die Einladung

Das Startup hat also nun seine Unterlagen verschickt, der Investor sichtet sie – und lädt hoffentlich zum persönlichen Pitch ein. Diesem können auch ein oder mehrere schriftliche wie telefonische Rückfragen vorausgehen – schnelle, verbindliche Antworten ebnen hier oft den Weg.

Dann endlich steht man vor dem Investor – ähnlich wie in der Höhle vor den Löwen. Wenn auch all das bis hierhin Beschriebene dem Auftritt in der Höhle natürlich nicht vorausgeht – schließlich haben Kandidaten und Löwen vorher keinerlei Kontakt. Ist das also schon der erste große Unterschied? Nicht wirklich, denn bekanntermaßen gibt es auch hier einen Bewerbungs- und Auswahlprozess – nur führen die Löwen ihn eben nicht selbst durch. Aber auch bei großen, institutionellen Investoren kann die Arbeit ähnlich organisiert sein und man kommuniziert erst am Tag des persönlichen Pitchs zum ersten Mal mit einem der Entscheider (man erinnere sich an das Recherchethema Hierarchiestrukturen).

Beim Termin sitzt man oft entspannt zusammen an einem Tisch, manchmal stehen die Gründer auch in einem Konferenzraum zum Präsentieren vorne – der große Aufbau wie in »Die Höhle der Löwen« fehlt aber. Dafür kann das Startup nun die Vortragsversion seines Pitch Decks zeigen – was in der Höhle bekannterweise nicht möglich ist.

In beiden Fällen kann es schon ordentlich kritische Fragen regnen – beim Investorentermin hat man jedoch auch im Nachhinein noch die Möglichkeit, offene Fragen zu klären und Fakten nachzureichen. Die Höhle verzeiht solche Patzer nur in Ausnahmefällen.

Zwischenziel Term Sheet und »geplatzte« Deals

Jetzt geht es in beiden Fällen mit großen Schritten in Richtung der ersten wichtigen Entscheidung. Für »Die Höhle der Löwen« ist klar: Hat man es durch den Auswahlprozess geschafft, steht man vor Investoren, die direkt eine Entscheidung fällen können. Dies ist nicht selbstverständlich, denn viele große, institutionell organisierte Investoren haben ein oder sogar mehrere Gremien, die sich in verschiedenen Entscheidungs- und Diskussionsrunden über jedes potenzielle Investment abstimmen. Erst ganz am Ende fällt die Entscheidung, ob tatsächlich investiert wird oder nicht.

Aber wie ist das nun in der Höhle? Immer wieder liest man in den zahlreichen Medienberichten, die die Sendung begleiten, dass ein Deal aus der Sendung »geplatzt« wäre. Das hört sich oft sehr dramatisch an und wird teilweise so verkauft, als ob ein schon fest zugesagtes Investment einfach zurückgezogen worden wäre.

Etwas näher an der Wirklichkeit ist allerdings der Ausdruck, dass ein Deal »nicht zustande gekommen« ist. Um das zu verstehen, muss man sich ansehen, was normalerweise nach dem persönlichen Pitch noch alles passiert.

Denn konnte sich das Startup dort als spannende Investmentoption präsentieren, wird der Investor, falls nicht schon geschehen, detailliertere Unterlagen anfordern. Neben dem Finanzplan könnten hier ein Marketing- oder Vertriebsplan, eine Aufschlüsselung der bisherigen Kunden oder andere, meist auf Strategie und Wachstum ausgerichtete Zahlenwerke interessant werden. Je weniger Fragen beim Pitch offengeblieben sind, desto kürzer wird diese Phase andauern, an deren Ende oft das berühmte Term Sheet unterschrieben wird. Da die Beteiligung selbst gerne als Hochzeit bezeichnet wird, wird die Unterzeichnung des Term Sheets gerne als die entsprechende Verlobung gesehen.

Für viele Startups ist der Erhalt des ersten Term Sheets ein ganz besonderer Moment: Es signalisiert das echte Interesse eines Investors an einem Investment in das Unternehmen. Denn hierin wird festgehalten, dass beide Parteien ein Investment anstreben. Doch nicht nur das, das Term Sheet regelt auch die Bedingungen, zu denen dies geschehen soll. Allem voran natürlich die Frage der Bewertung, wie viel Unternehmensanteile der Investor erhalten soll und wie viel Geld er dafür in das Startup investiert. Darüber hinaus werden hier oft weitere wichtige Bedingungen genannt, die später in den Beteiligungsvertrag übernommen werden. Sie unterscheiden sich von Investor zu Investor recht stark, ein Term Sheet kann gerade einmal eine DIN-A4-Seite füllen oder sich über weit mehr Papier erstrecken und eine Art gekürzter Beteiligungsvertrag sein.

Das ist in etwa so, als würden Lebenspartner zur Verlobung ebenfalls einen Vertrag unterzeichnen, in dem steht, dass sie fest vorhaben zu heiraten und was die wichtigsten Punkte im Ehevertrag sein werden.

Zu solchen Bedingungen später noch mehr, hier ist nur wichtig, dass das Term Sheet eine Willensbekundung darstellt, mit der beide Seiten erklären, dass sie zu den angegebenen Bedingungen ein Investment zustande kommen lassen wollen.

Warum so umständlich?, könnte man sich jetzt fragen. Kann man nicht gleich den Beteiligungsvertrag aufsetzen, wenn das Wichtigste sowieso schon geregelt ist? Nein, denn die entscheidende Phase beginnt ja gerade erst: Vor der tatsächlichen Umsetzung der Beteiligung finden noch zahlreiche Prüfungen, vor allem im rechtlichen Bereich, statt. Es müssen etliche Dinge erfüllt sein, damit ein Startup für einen Investor überhaupt »investierbar« ist. Eine Art »Background-Check« des zukünftigen Partners. Hier hinkt der Hochzeitsvergleich zum ersten Mal, denn zur Verlobung und vor der Hochzeit käme das wohl nicht so gut an.

Startup und Investor gehen mit dem Term Sheet also nun in die alles entscheidende Phase, in der alle wichtigen Prüfprozesse gebündelt sind und wirklich alles noch einmal auf den Kopf gestellt wird. Das ist die berühmte Due Diligence4 – die in der Szene häufig nur mit DD abgekürzt wird.

Die Due Diligence

Der Begriff Due Diligence oder seine Abkürzung DD ist auch durchaus schon das ein oder andere Mal in »Die Höhle der Löwen« gefallen. Meistens in dem Zusammenhang, dass etwas während der DD noch besonders geprüft werden soll, wie es zum Beispiel im Fall von Curaluna5 vorkam, als Carsten Maschmeyer ankündigte, das Investment von der tatsächlichen Patenterteilung abhängig zu machen.

In solchen Fällen ahnen die Löwen also schon, dass es Stolpersteine geben könnte, die einem Investment womöglich im Wege stehen. In der Sendung können sie jedoch keine weiteren Unterlagen erhalten, um diese kritischen Punkte abzuprüfen. Ihnen bleibt an dieser Stelle also nur, den Vorbehalt auszusprechen, um bei Gründern und Zuschauern die Erwartungshaltung etwas zu dämpfen.

Von »geplatzten« Deals zu sprechen ist also äußerst unfair, da die Löwen hier nicht einmal ansatzweise die Prüfungen einer »normalen« DD durchführen können. Trotzdem werden sie immer wieder hart in die Kritik genommen, wenn die in der Show vereinbarten Deals im Nachhinein nicht in einem Investment münden.

Und wenn man sich den Investmentprozess vom ersten Aufeinandertreffen bis zur Beteiligung des Investors am Startup einmal anschaut, wird schnell klar, was bei einem Deal in »Die Höhle der Löwen« eigentlich passiert: Investor und Startup bekunden gegenseitig den Willen, eine Beteiligung zu den gerade ausgehandelten Konditionen zustande kommen zu lassen, vorbehaltlich rechtlicher und weiterer Prüfungen, die den Löwen in der Höhle nicht möglich sind. Das beschriebene Vorgehen trifft exakt auf einen bestimmten Punkt im Standardinvestmentprozess zu: dem Unterzeichnen des Term Sheets.

Abbildung 2: Vergleich der Investmentprozesse

Ein Deal in »Die Höhle der Löwen« kann also als eine Art mündliches Term Sheet bezeichnet werden. Diese Erkenntnis erklärt nicht nur viele Geschehnisse in der Sendung, sondern hilft auch, für die Vorbereitung auf die eigene Verhandlung alles besser einzuordnen.

Tatsächlich ist die viel zitierte »Dealabbruchquote« der Löwen sogar relativ gering. Doch um genauer zu sein, müsste man natürlich wissen, wie viele Term Sheets normalerweise wirklich in Investments münden. Denn die meisten Investoren verloben sich zwar recht häufig, heiraten aber wesentlich seltener.

Allerdings geben Investoren hierzu weder Zahlen heraus, noch wären diese gut vergleichbar, da es recht individuell ist, an welchem Stand der Prüfung des Startups ein Investor das Term Sheet herausgibt. Von einem knappen, einseitigen Term Sheet fast unmittelbar nach dem Pitch bis zu einem Umfang nahe am eigentlichen Beteiligungsvertrag zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt und mit nur einer kurzen DD reicht hier die Bandbreite.

Abbildung 3: Vergleich zweier Investmentprozesse

Da in »Die Höhle der Löwen« jedoch kaum Möglichkeiten zu irgendwelchen Prüfungen für die Investoren bestehen, würde man eine Quote am unteren Ende von vielleicht 10 bis 20 Prozent erwarten. Sie liegen aber normalerweise mehr als deutlich darüber.

Das beruht sicherlich größtenteils auf ihrer Erfahrung, aber sicherlich auch auf ihrem Willen, die einmal gemachten Deals tatsächlich durchzuführen. Ich komme noch darauf, warum es manchmal trotzdem nicht geht.

Die größten Unterschiede

Nach den Gemeinsamkeiten nun zu den Unterschieden. Denn obwohl ein Pitch in »Die Höhle der Löwen« in einem mündlichen Term Sheet münden kann und ab da die Vorgänge praktisch identisch mit denen eines »normalen« Startup-Investmentprozesses sind, gibt es auch essenzielle Unterschiede, die in der Höhle eine völlig andere Situation kreieren.

Und diese Situation ist nicht nur außergewöhnlich für die GründerInnen, sondern auch für die InvestorInnen, die sich ebenfalls mit allerlei Herausforderungen konfrontiert sehen.

Eine völlig neue Art von Pitch

Man kennt vielleicht Startup-Pitchs von diversen Veranstaltungen, bei denen die GründerInnen ebenfalls auf einer Bühne stehen und sich einem größeren Publikum präsentieren. Bei Messen oder auf Tech- und Digital-Events wird bestimmt auch der ein oder andere Szenefremde bereits einem solchen Spektakel beigewohnt haben.

Ich nenne solche Präsentationen gerne Show-Pitchs oder auch Event-Pitchs, denn es gibt einige grundlegende Unterschiede zu Investoren-Pitchs. Zunächst ist hier normalerweise die Zeit des Vortrags begrenzt. Diese wird so knapp bemessen, dass man wirklich nur die Eckpunkte behandeln kann. Allerdings steht diese Vortragszeit immerhin ohne Unterbrechungen zur Verfügung. Im Anschluss gibt es dann noch einmal eine ebenfalls beschränkte Zeitspanne für Fragen des Publikums oder einer Jury.

Diese Struktur kommt wahrscheinlich vielen DHDL-Zuschauern bekannt vor und ähnelt grob dem Ablauf in der Show. Auch hier präsentieren die Gründer zunächst ohne Unterbrechung, danach ist Zeit für die Fragen der Löwen.

Investoren respektieren eine solche Aufteilung normalerweise nicht. Bei einem »richtigen« Termin mit einem Investor muss man damit rechnen, von Beginn an unterbrochen zu werden und Rückfragen beantworten zu müssen. Das kann darin resultieren, dass man ziemlich extrem zwischen den einzelnen Inhalten des eigentlich so gewissenhaft vorbereiteten Pitchs hin und her springt.

Kennt man vorher nur das Bühnenformat als Startup-Pitch, wird man nun eines anderen belehrt, sollte sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die Investoren meinen es nicht böse, selbst noch so viele Zwischenfragen sind kein schlechtes Zeichen, sondern erst einmal nur Ausdruck von Interesse. Für die Löwen gilt übrigens das Gleiche.

Da bei einem Show- oder Event-Pitch maximal der erste Kontakt zwischen Startup und Investor geknüpft werden soll, muss man hier auch nicht mit so tiefgehenden Fragen rechnen. Besonders die gefürchteten Fragen zu den Zahlen werden meistens komplett ausgespart. Schließlich will man den jungen Unternehmen auch nicht zumuten, in aller Öffentlichkeit empfindliche Informationen wie die Marge ihrer Produkte preiszugeben. Daher nenne ich den Punkt, in dem normalerweise das Geschäftsmodell diskutiert wird, beim Show-Pitch auch »Geschäftsmodell light«. Leider schlagen viele solcher Pitchs dann aber ins andere Extrem um und verkommen zu reinen Produktpräsentationen. Aspekte zum Geschäftsmodell, Wettbewerb und anderen Themen fehlen hier oft komplett.

In »Die Höhle der Löwen« fällt aber direkt schon eine Entscheidung auf Term-Sheet-Niveau, wie im vorherigen Abschnitt beschrieben. Daher müssen die Investoren hier auch die Chance bekommen, das Geschäftsmodell vollständig zu bewerten. GründerInnen kann also nicht erspart werden, ihre Herstellungs- und Verkaufspreise, Marketingkosten oder Produktionskapazitäten vor einem Millionenpublikum zu nennen. Das macht dem ein oder anderen schon einmal Bauchschmerzen. Ein kleiner Trost, den ich den KandidatInnen gerne mitgebe: Durch die Zeitspanne, die zwischen Dreh und Ausstrahlung vergeht, sind die Zahlen dann oft ohnehin schon nicht mehr aktuell.

In einem Investoren-Pitch müssen alle wichtigen Punkte im Detail adressiert werden, die der Investor braucht, um für sich einschätzen zu können, ob es ein lohnendes Investment sein könnte oder nicht. Welche das genau sind, wird im nächsten Abschnitt erklärt. Auch in einem Show-Pitch sollten diese Punkte vorkommen, um zuschauende Investoren zumindest neugierig machen zu können. Hier reichen jedoch die jeweils wichtigsten Eckpunkte aus. Wie erwähnt wird dies aber leider häufig nicht besonders ernst genommen.

Die genauen Inhalte eines Investoren-Pitchs können – und sollten auch unbedingt – von Investor zu Investor variieren. Zwar gibt es Kerninformationen, die immer enthalten sein müssen. Doch deren genaue Ausgestaltung hängt stark von Investorentyp und -ansprüchen ab.

Ohne die Recherche aus Stufe 1 der Vorbereitung (siehe Abbildung 1) wird es also schon schwierig, überhaupt einen Erfolg versprechenden Pitch zu kreieren. Ein Grund mehr, seine Hausaufgaben zu machen, auch wenn das nicht das hippe Startup-Leben ist, das so gerne porträtiert wird.

Sitzt man dann beim Investorentermin, spricht man auch nur selten mit einer einzelnen Person, sondern oft mit einem Team aus zwei bis drei Experten mit teils unterschiedlichen Schwerpunkten. Doch auch, wenn sie verschiedene Aspekte bewerten sollen, fließen ihre Urteile zum Schluss zusammen und sie fällen eine gemeinsame Entscheidung.

Abbildung 4: Vergleich der Pitch-Strukturen

Die Situation in der Höhle ist da grundlegend anders. Denn hier hat man fünf teils sehr unterschiedliche Investoren vor sich, die um die besten Deals auch konkurrieren können. Hier einen Pitch zu erstellen, der für alle sämtliche wichtigen Punkte abdeckt, gleichzeitig aber niemanden langweilt, ist praktisch unmöglich. Daher beschränkt sich die Präsentationszeit der GründerInnen auf die reine Produktvorstellung, alle anderen Punkte müssen von den Investoren selbst abgefragt werden. Keine einfache Aufgabe für die Löwen, und die teilweise unterschiedlichen Interessen kollidieren so immer mal in spannenden Wortgefechten sowie Konkurrenzangeboten – zur Freude der Zuschauer.

So haben wir in der Höhle also insgesamt eine Aufteilung in Präsentation und Frageteil wie bei einem Show-Pitch. Der Frageteil ist allerdings zeitlich unbeschränkt – von siebenundzwanzig Minuten bis weit über zwei Stunden war schon so ziemlich alles dabei. Im Fernsehen bekommt man dann die spannendsten Momente zu sehen. Sind alle oft detaillierten und auch kritischen Fragen beantwortet, kann es dann auch sofort in die Verhandlung gehen.

Die Konkurrenzsituation der Löwen sorgt zudem für ein Setting, das Gründer so wohl nirgendwo erleben können. Denn normalerweise könnten sie zwar auch mit mehreren Investoren sprechen, allerdings gäbe es immer separate Termine, ein direkter Schlagabtausch kommt in dieser Form nie vor. Die direkte, offene Konkurrenz mehrerer Investoren gleichzeitig, die innerhalb kürzester Zeit ohne weiteren Input von außen bis zum Term-Sheet-Status – dem Deal – führen kann, ist absolut einzigartig. Die InvestorInnen müssen daher auch darauf vorbereitet sein, ihre eigenen Vorteile bestmöglich darzustellen. Daher pitchen sie selbst oft auch um die Gründer, wie man vor allem bei mehreren Angeboten gut beobachten kann. So kann der Spieß also schnell einmal umgedreht werden.

Auch für die Gründer gibt es hier einiges zu bedenken, denn je mehr unterschiedlichen Parteien man zeitgleich gegenübersteht, umso mehr kann man jeweils auch falsch machen. So geht es auch auf deren Seite um ein möglichst schnelles Kennenlernen der potenziellen zukünftigen Partner und das Finden des richtigen Fokus.

Ralf Dümmel: »Da ihr pur online seid und wollt, wollt ihr mich anscheinend nicht und ich euch auch nicht.«6

Denn wenn ein Löwe etwa einen Multi-Channel-Ansatz für ein Produkt verfolgen würde, ein anderer aber einen Fokus auf den Onlinevertrieb legt, wird es schwer sein, beide für sich zu begeistern. Versucht man es trotzdem, könnte man als plan- und visionslos wahrgenommen werden, ein riesiger Minuspunkt. Ein bisschen so, als würde man mehrgleisig fahren bei der Partnersuche.

Der Frageteil bei DHDL bietet also nicht nur ein wenig zusätzliche Zeit für ein paar Nachfragen, wie man es vielleicht von einem Show-Pitch kennt. Sondern ist eine Mischung aus Frageteil, Kennenlernen und Verhandlung. Ein Zeitraffer vom ersten Pitch bis zum Term Sheet sozusagen. Und das mit mehreren Investoren parallel, dadurch mit komplett offenen Karten. Das verlangt allen Beteiligten höchste Konzentration und eine Menge Energie ab. Der Zuschauer bekommt dafür ein Aufeinandertreffen von Startups und Investoren, das nicht nur ein hohes Spannungs- und Unterhaltungsniveau aufweist, sondern auch eine beispielhaft hohe Informationsdichte bieten kann.

Der Startup-Pitch

Jetzt habe ich so viel von Pitchs erzählt, dass es höchste Zeit wird, ins Detail zu gehen. Wie realitätsnah ist nun ein Pitch aus »Die Höhle der Löwen«, und wie sieht der »perfekte« Pitch aus, von dem so viele selbst ernannte Pitch-Experten immer sprechen?

Das Thema liegt mir sehr am Herzen. Seit vielen Jahren halte ich Vorträge über die Kunst des Pitchens, gebe Workshops und Einzeltrainings. Und bin bei vielen der zuvor genannten Event-Pitchs immer wieder erschrocken, wie schlecht die Pitch-Qualität in Deutschland ist.

Da wir Deutschen als weniger humorvoll und begeisternd gelten, sollte das nicht weiter überraschen. Doch das ist tatsächlich gar nicht das Problem der meisten Pitchs. Es ist ganz im Gegenteil der Inhalt, der nicht überzeugt.

Nun hört man ja immer, dass bei einem Vortrag circa 90 Prozent nicht über den Inhalt transportiert werden, sondern vor allem über Stimme, Tonfall, Mimik und Gestik.7 Es ist also fast egal, was man sagt, solange die Art und Weise stimmt, wie man es sagt. Eine Tatsache, die für viele großartigen Denker und Wissenschaftler immer wieder sehr von Nachteil ist. Und auf der sich viele GründerInnen regelrecht auszuruhen scheinen.

Denn beim Startup-Pitch ist das anders: Investoren konzentrieren sich extrem auf den Inhalt. Nicht nur das, sie bohren ihn auf, suchen Schwachstellen, Informationen, die ihnen vielleicht vorenthalten werden. Der Grund ist denkbar simpel: Es geht um viel, viel Geld.

Doch ohne Emotionen kommt man auch hier nicht aus, nur muss man sie mit Bedacht einsetzen. GründerInnen sollten sich des Umstands bewusst sein, dass Investoren auch versuchen, ihren Charakter einzuschätzen. Stilmittel im Pitch sind also mit großem Bedacht zu wählen. Die beiden Brüder von richtiggutbewerben.de verschreckten so mit ihrem Drogenwitz zum Beispiel Nico Rosberg.8

Gute Investoren merken sofort, wenn inhaltliche Schwäche mit Stilmitteln überdeckt werden soll, daher gehen auch hier wieder gründliche Vorbereitung und durchdachter Inhalt vor Psychotricks. Abermals willkommen in der oft gar nicht so hippen Gründerwelt.

Doch was ich an Startup-Pitchs so faszinierend finde, hat natürlich nichts mit dem Aufwand ihrer Vorbereitung zu tun. Es ist diese unglaubliche Informationsdichte eines guten Pitchs, die nicht nur meine Aufmerksamkeit fesselt, sondern mich auch mit auf eine Reise vom Ausgangspunkt der Idee bis hin zum entstehenden oder wachsenden Unternehmen nimmt. Ein Weg, auf dem ich die GründerInnen und ihre Motivation, ihre Träume und Visionen, aber auch die nackte Realität kennenlerne.

Auf diese Reise möchte ich mich nun begeben, in Form einer Bootstour im Schnelldurchgang durch einen Pitch und gleichzeitig durch die Etappen der Entstehung eines neuen Unternehmens.

Eine kleine Pitch-Reise

Zu Beginn hat man noch nicht die geringste Ahnung, wo es hingeht. Die meisten Ideen für spätere Unternehmen kommen schließlich aus dem Nichts. Man munkelt, dass die Toilette ein beliebter Ort für kreative Ideen ist.

An der Ablegestelle zur Pitch-Reise steht ein kleiner Hinweis in Form von Logo und Slogan des jungen Unternehmens, das sich da vorstellt. Besonders auf Events gibt es oft einen kurzen ersten Satz, der die Neugier wecken soll – den sogenannten Teaser. Auch von DHDL kennt man das.

»Hallo liebe Löwen, wir sind Jörg und Michael, und wir füllen Ihr Konto.«9

Der Teaser kommt meist direkt nach der Kurzvorstellung. Hier kann man die Namen der Vortragenden und des Startups nennen, mehr sollte es aber nicht sein. Die Löwen werden durch den Aufbau und die Dekoration allerdings schon vorher zusätzlich neugierig gemacht.

Abbildung 5: Teaser

Beim normalen Investoren-Pitch lässt man den Teaser dagegen eher weg, denn hier steht man eher nicht auf einer Bühne, sondern sitzt oft gemeinsam am Tisch. Ein Teaser-Satz könnte also irgendwie ein wenig unpassend oder sogar lächerlich wirken. Dafür stellt man sich oft erst einmal etwas ausführlicher vor – wie bei einem klassischen Meeting eben – und nennt nicht nur seinen Namen.

Nun weiß man also – zumindest ganz grob –, mit wem man auf diese Reise geht und hat vielleicht schon eine erste Richtungsangabe erhalten, ist jedoch noch nicht bereits fürs Ablegen.

Denn zu Beginn eines Pitchs befindet man sich erst einmal noch bei dem Problem, dass das Startup angehen will. Denn die meisten GründerInnen starten schließlich auch damit, dass sie ein Problem lösen wollen, etwas anders oder besser machen wollen. Selbst innerhalb der knappsten Zeitspanne sollte man hier drei wichtige Punkte erklären: 1. Worin genau besteht das Problem, 2. Wer hat das Problem und 3. Wie groß ist es?

Dies ist direkt die emotionalste Stelle des Pitchs, das Drama des Problems sollte unbedingt voll ausgeschöpft werden. Natürlich muss man immer bei der Wahrheit bleiben, aber die Nennung der richtigen Fakten kann den Zuhörer ideal auf die Präsentation der eigentlichen Lösung im nächsten Schritt vorbereiten. Ziel ist, den Gedanken hervorzurufen: Das ist ja wirklich schrecklich, da muss sich dringend mal jemand drum kümmern. Oder bei sachlicheren Themen: Das war mir gar nicht klar, dass das so ein Aufwand ist / so hohe Kosten verursacht; eine bessere Lösung hätte bestimmt Riesenchancen auf diesem Markt.

Im Fall von werksta.tt war ich regelrecht schockiert, als der Gründer Justus damit startete, dass jedes Jahr in Deutschland 1,7 Millionen Tonnen Backwaren einfach weggeworfen werden.10 Diese Verschwendungsmenge ist so gewaltig, dass man sofort berührt ist.

Wichtig ist, sich hier nicht in endlosen Erzählungen zu verlieren, sondern die essenziellsten Fakten gut strukturiert auf den Punkt zu bringen. Das menschliche Gehirn kann sich dann die einzelnen Inhalte viel besser merken. Zum Beispiel, indem man erst einmal das Hauptproblem nennt und dann in zwei bis drei Unterpunkten weiter spezifiziert. Oder beim sogenannten Storytelling anhand einer erfundenen Figur die einzelnen Schritte in einem die Problematik aufzeigenden Prozess durchläuft.

Christian von MyEy hat es vorgemacht, indem er, begleitet von Maskottchen »Superhenne Heidi«, in die Höhle kam und vom Leiden der Legehennen erzählte. Die perfekte Vorbereitung für seinen veganen Ei-Ersatz.11

Abbildung 6: Problem

Hat man seine Zuhörer dann emotional da, wo man sie haben will, folgt die eigentliche Lösung, um die sich alles dreht. Da die Abenteuerreise Startup ja auch erst starten kann, wenn man für das erkannte Problem eine Lösung gefunden hat, kann man nun endlich ans Ablegen denken.

Leider verfahren sich hier die meisten GründerInnen sofort. Gefühlte Ewigkeiten schwadronieren sie über ihr Produkt, was es kann, welche Vorteile es hat und wie es funktioniert. Oft springen sie von einem Punkt zum anderen und dann wieder zurück.

Auch hier hilft es wieder, drei einfache Fragen zu beantworten: 1. Was genau ist die Lösung?, 2. Wie genau löst sie das Problem? und 3. Warum ist sie wirklich besser als bestehende Lösungen? Wobei man drittens oft gar nicht braucht, wenn Problem und Lösung wirklich gut ineinandergreifen.

Frage eins ist übrigens so relevant wie trivial, wird aber sehr gerne übersehen. GründerInnen sind oft so tief in ihrem Thema, dass sie vollkommen vergessen, zumindest einmal zu nennen, was sie da eigentlich gebaut haben. Ist es eine App, eine Plattform, ein softwaregestützter Service? Im ersten Satz zur Lösung sollte man das einmal unmissverständlich klarstellen. Denn zu diesem Zeitpunkt der Reise möchte man die Zuhörer bereits an Bord haben.

Abbildung 7: Lösung

Auch wenn der ursprüngliche Weg zum fertigen Produkt eher holprig war, will man das im Pitch natürlich so nicht darstellen, sondern Problem und Lösung klar und eingängig miteinander verbinden.

Ich empfehle immer ganz dringend, sich gerade diese beiden ersten Teile im Anschluss noch einmal genau anzusehen und zu schauen, ob sie wirklich wie Zahnräder perfekt ineinandergreifen. Nur allzu oft entsteht bei Pitchs der Eindruck, dass das Problem konstruiert ist und so gar nicht existiert. Diese Pitchs der Kategorie »Lösung sucht Problem« sind bei Investoren äußerst unbeliebt. Denn in solchen Fällen ist es schwer nachzuvollziehen, ob es überhaupt eine nennenswerte Zielgruppe gibt, die das Problem tatsächlich hat.

In »Die Höhle der Löwen« endet der Pitch-Vortrag der Startups hier, und die Löwen erfragen sich ab jetzt alle weiteren Punkte. Sie übernehmen also die Steuerung des Pitchs.

Damit lasse ich die Löwen vorerst auf meiner Pitch-Reise zurück und schaue auf die weiteren Punkte eines kompletten Startup-Pitchs, bevor die entsprechenden Löwen-Fragen in Kapitel 2 genauer erklärt werden.

Die nächste Frage stellt sich im Startup-Leben unmittelbar, sobald man endlich eine Lösung für das Problem gefunden hat: Ob und wie kann man damit Geld verdienen? Daher ist der nächste Halt der Pitch-Reise der Punkt »Geschäftsmodell«.

Für Investoren ist dies der kritischste Punkt des Pitchs. Hier wollen sie verstehen, ob das Startup grundsätzlich eines Tages Geld verdienen kann und wodurch dies beeinflusst wird. Dabei reicht es nicht, die geplanten Preise zu nennen, sondern auch Produktion und Kundengewinnung sind zentrale Punkte. Hier sollte man unbedingt eine gute Übersichtsgrafik erstellen, die die Wertströme verdeutlicht12.

Die Darstellungen können hier so verschieden wie die Startups selbst sein, schließlich funktioniert zum Beispiel eine Marktplattform für Reiseerlebnisse völlig anders als eine Tütensuppe. Daher helfen hier auch keine Vorlagen (sich Inspirationen zu holen ist natürlich erlaubt), sondern nur eigene Gehirnleistung. Ich weiß, das ist wieder nicht cool. Aber die Grafik aus dem Pitch eines Startups, das damit Millionen eingesammelt hat, führt im eigenen Pitch vielleicht nur zu Stirnrunzeln bei den Investoren. Oder noch schlimmer: zu Lachern. Weil sie es wiedererkennen und damit wissen, sie haben schon wieder GründerInnen vor sich, die das eigene Geschäftsmodell nicht verstanden haben. Und das ist noch wesentlich uncooler.

Abbildung 8: Geschäftsmodell

Okay, jetzt ist man auf der Reise schon recht weit gekommen: Es wird ein echtes Problem gelöst, mit der Lösung lässt sich Geld verdienen, was fehlt denn noch?