Die Krieger aus dem All - Simone Courtois - E-Book
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Die Krieger aus dem All E-Book

Simone Courtois

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Beschreibung

»Ihr seid wohl vollkommen verrückt geworden! Das könnt Ihr vergessen. Darauf lasse ich mich bestimmt nicht ein!« Sheila kann es kaum fassen. Da saß sie ganz harmlos in der Redaktion und träumte davon, endlich eine große Story an Land zu ziehen, als sie auch schon mitten in einer Alieninvasion steckt. Auch wenn die Außerirdischen anscheinend nicht als blutrünstige Eroberer kommen, so ist sie nicht begeistert davon, ins Weltall mitgenommen zu werden. Ihr extraterrestrischer Begleiter sieht zwar fabelhaft aus, aber sie wüsste doch ganz gerne, was sie auf der Erde zu finden hoffen und warum er sich so sehr für sie interessiert. Ist es nur wissenschaftliches Interesse oder ist es mehr?

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Ähnliche


Table of Contents

Title Page

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Epilog

Die Krieger aus dem All

Cover: SelfPubBookCovers.com/Willsin

Das Werk aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten, einschließlich der Verviel­fältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären zufällig und sind nicht beabsichtigt.

Kapitel 1

Fangdur

Natürlich hätte ich es niemals zugegeben, dass ich, der erste Krieger der Pagari, nervös war. Gefühle zu zeigen galt bei uns schließlich generell als Schwäche, ganz besonders aber innerhalb der Kriegerkaste, der ich angehörte. Also hielt ich mich an das Ritual, was ich jedes Mal nach dem Aufwachen durchzog: Training, Reinigung, Ankleiden.

Meine Kleidung unterschied sich in kaum einer Nuance von der meiner Kampfgefährten, aber heute legte ich die Ehrenabzeichen an, die nur der erste Krieger tragen durfte. Schließlich flogen wir heute in das Sonnensystem einer neu entdeckten Spezies. Als wir in diesen abgelegenen Sektor der Galaxis kamen, hätte niemand damit gerechnet, auf Spuren einer Zivilisation zu stoßen. Doch dann hatten unsere Ortungssensoren ein seltsames Objekt ausgemacht, das wohl von einer fremden Spezies - wenn auch auf eher primitiver Stufe - ausgesandt worden war.

Ich verließ meine Kabine im Kriegersektor und schickte mich gerade an, den Dienst im Sicherheitsbereich aufzunehmen, als Karaktor, der Vertreter unseres Befehlshabers, auf mich zukam. Es wunderte mich, ihn in diesem Sektor zu sehen. Ich begrüßte ihn vorschriftsmäßig, aber er deutete nur oberflächlich den respektvollen und mir zustehenden Gruß an. Nur die besondere Situation der Expedition hinderte mich daran, ihn einfach zu ignorieren. Immerhin merkte er, dass ich verärgert war, und vollführte hastig die vorgeschriebene Begrüßungsgeste.

»Es ist eine große Gnade, euch hier zu sehen, Ehrwürdiger«, sagte ich, gab mir aber keine Mühe, meine Verwunderung zu verbergen.

»Ich habe die Ehre, euch zum Tongato in die wissenschaftliche Zone zu geleiten«, erwiderte er und kam damit direkt zum Punkt, ohne auf die förmliche Gesprächseröffnung einzugehen. Das verstieß erneut gegen die Gepflogenheiten, aber noch mehr überraschte mich die Ankündigung, dass ich vom Befehlshaber in der wissenschaftlichen Zone erwartet wurde. Diesen Sektor hatte ich auf der ganzen, schon viele Zyklen dauernden Reise, noch nie betreten.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, folgte ich Karaktor. Die zeremonielle Freundlichkeit war erbracht und jede zusätzliche Äußerung überflüssig, obwohl ich einige Fragen gehabt hätte. Der Dienst versprach jedenfalls noch abwechslungsreicher zu werden, als ich es schon erwartet hatte.

*****

Ich war nicht der Einzige, der von diesem Befehl überrascht wurde. Auch die Wissenschaftler im Sektor warfen mir verwunderte Blicke zu und konnten sich nicht erklären, was ein Mitglied der Kriegerkaste bei ihnen zu suchen hatte. Aber niemand von ihnen wagte es, eine Bemerkung von sich zu geben. Obwohl sie wahrscheinlich in ihrer Kaste auf uns herabsahen, so hätte doch keiner von ihnen gewagt, sich mit einem von uns anzulegen. Zu einem großen Teil handelte es sich bei ihnen nicht um Pagari, sondern sie kamen von Welten, die sich dem pagarischen Imperium angeschlossen hatten. Als Solskari, also Fremde, war ihr Respekt vor einem Krieger sehr ausgeprägt, denn oft genug war dieser Anschluss nicht besonders friedlich vonstattengegangen.

Karaktor führte mich bis zur Hauptzentrale des Sektors, wobei wir den Weg nicht komplett zu Fuß zurücklegten, sondern uns der Transportscheiben bedienten, auf denen wir durch die ausladenden Gänge schwebten. Obwohl unser Schiff keineswegs zu den größten der pagarischen Flotte gehörte, war es dennoch groß genug, um den Einsatz von Flugscheiben zu rechtfertigen. Gelegentlich sah ich durch die mächtigen Fenster und Schutzschilde hinaus ins All. Um das Raumschiff schwirrte eine Vielzahl kleinerer Transportschiffe, die benötigtes Material von einem Hauptsektor zum anderen brachten und auf diese Weise den Verkehr im Inneren des Schiffes entlasteten.

Schließlich erreichten wir unser Ziel, wo uns der Tongato mit einigen Wissenschaftlern erwartete. Karaktor begrüßte den Oberbefehlshaber fast schon unterwürfig, während sich mein Gruß auf das übliche Ritual beschränkte. Der Tongato war ein Mitglied der Kriegerkaste gewesen, bevor er diesen Auftrag erhalten und damit in die Riege der Befehlshaber aufgestiegen war.

»Ihr habt mich rufen lassen«, stellte ich fest und wartete nun gespannt darauf, den Grund zu erfahren.

»Du hast von dem Objekt gehört, dass wir aufgesammelt haben?«, fragte er, aber es war eine rein rhetorische Bemerkung gewesen. Natürlich wusste er, dass ich davon Kenntnis hatte.

»Das habe ich.«

Er winkte mich näher zu sich heran und befahl mit einer Geste, das Licht im hinteren Bereich des Raumes einzuschalten. Nun sah ich das nicht allzu große, zylinderförmige Objekt, und bemerkte auch die gelbschimmernde Scheibe, die direkt daneben lag.

»Für was hältst du es?«, fragte er mich.

Es war mir klar, dass er kaum eine ausschweifende Bemerkung hören wollte. Für wissenschaftliche Erklärungen war ich kaum der richtige Pagarer. Dafür hatte er die dienernden Kreaturen, die um ihn herumstanden.

»Für Weltraumabfall«, erwiderte ich daher und spekulierte nicht zu unrecht darauf, dass ihm diese Antwort gefiel. Ich sollte mich nicht getäuscht haben, denn er nickte anerkennend und legte mir seine Hand auf die Schulter.

»Das wäre auch meine Antwort gewesen, aber wir sind schließlich nur einfache Krieger. Nun sagt Ihr mir, um was es sich dabei handelt«, wandte er sich an die wissenschaftliche Elite auf diesem Schiff.

Sie ergingen sich in langen, ermüdenden Beschreibungen, denen ich schon bald keine Aufmerksamkeit mehr schenkte. Stattdessen wurde ich von der schimmernden Scheibe angezogen, die auf dem Tisch lag. Ich spürte die missbilligenden Blicke im Rücken, als ich das Metall in die Hand nahm und prüfend mit den Fingern über die Oberfläche strich.

»Die Figuren hier sehen fast so aus wie wir«, sagte ich, während ich auf eine symbolhafte Zeichnung deutete.

»Sie sollen wohl die Einwohner des Planeten darstellen, die dieses Objekt ins All geschickt haben«, sagte Karaktor, der an meine Seite getreten war.

Ich wies auf die kleinere der beiden Symbole und versuchte meine Aufregung nicht zu zeigen. »Dann ist dies wohl ...«

»Das ist richtig!«, ließ er mich gar nicht erst ausreden. »Das wird vermutlich das Weibchen der Spezies sein.«

Nun war mir klar, warum sich selbst der Tongato für den Fund interessierte.

*****

Ich befand mich in der Kommandozentrale, direkt hinter dem Sitz des Befehlshabers, als wir den Kurs zu unserem Ziel setzten und in das Sonnensystem flogen. Dankenswerterweise hatten die Hersteller des Objekts auch ihren Heimatplaneten markiert, den dritten der inneren Planeten des Systems. Obwohl meine Vorstellungskraft nicht sonderlich ausgeprägt war, versuchte ich mir doch im Geiste ein Bild von dem zu machen, was uns erwarten würde.

Falls es die Spezies überhaupt gab, denn selbst während unserer Forschungsreise waren wir bereits einige Male auf Planeten gelandet, deren Art schon seit langer Zeit ausgelöscht war. In gewisser Weise fühlte ich mich dann an unsere eigene Geschichte erinnert. Oft genug hatten wir uns am Rande der Selbstzerstörung befunden, und erst als wir die interstellare Raumfahrt gemeistert hatten, war diese Gefahr geringer geworden. Die uns innewohnende Aggressivität wurde so nach außen auf andere Ziele gelenkt.

Der Tongato gab den Befehl, die Geschwindigkeit zu drosseln, als wir gerade den Asteroidengürtel des Sonnensystems durchflogen. Ich wunderte mich im ersten Moment, dass wir noch auf keine Abfangjäger oder Kampfschiffe getroffen waren, sagte mir aber dann, dass die Entwicklungsstufe des Planeten wohl noch zu niedrig war. Dass die Spezies noch nicht ausgestorben war, darauf gaben uns die verschiedenen schwachen Signale, die wir mittlerweile empfingen, einen Hinweis. Die Tür zur Zentrale wurde geöffnet und im nächsten Moment stand Gurutar, einer meiner engsten Kampfgefährten, neben mir. Auch ohne dass er mit mir sprach, spürte ich, wie gespannt er war. Ich konnte es ihm nachempfinden. War unsere Suche tatsächlich von Erfolg gekrönt?

Mittlerweile schwenkten wir in den Orbit um den dritten Planeten des Sonnensystems ein und es gab immer noch keine Anzeichen, dass man unsere Ankunft bemerkt hätte. Die Einwohner dieser Welt hatten wirklich Glück, dass sie in einem derartig entfernten Randbezirk der Galaxis beheimatet waren und daher anscheinend noch nie von einer räuberischen Spezies überfallen worden waren. Jedenfalls hatten sie sich nicht bemüht, ihre Anwesenheit geheim zu halten, denn die Signale, die von ihrer Welt ausgingen, waren nicht zu überhören - wenn man auf einer solchen Frequenz suchte.

»Wie weit ist der Übersetzungscomputer?«, fragte in diesem Moment der Tongato.

»Er benötigt noch etwas Zeit, Ehrwürdiger! Es scheint so, als ob die Bewohner des Planeten viele verschiedene Kommunikationsformen verwenden.«

Unser Befehlshaber grunzte unwillig. Er war es nicht gewohnt, wenn seine Befehle nicht augenblicklich ausgeführt wurden, aber bei der Kontaktaufnahme mit einer unbekannten Spezies blieben Probleme nicht aus. Unzufrieden stand er auf und schickte sich an, die Kommandozentrale zu verlassen.

»Ruft mich sofort, sobald alles für die Kommunikation vorbereitet ist!«

»Sollen wir bereits eine Nachricht an den großmächtigen Yalnif absenden?«, fragte einer der jungen und unerfahrenen Brückenmitglieder.

Der Tongato warf ihm einen unheilvollen Blick zu und dem armen Kerl wurde jetzt erst bewusst, dass er seine Kompetenzen bei Weitem überschritten hatte. Sofort deutete er die rituelle Unterwerfungsgeste an.

»Ich habe dazu keinen Befehl erteilt, oder?«, sagte der Tongato, durch die Geste milder gestimmt.

»Nein, Ehrwürdiger!« Der junge Kerl verharrte immer noch in seiner unterwürfigen Haltung, was ihn wohl vor größerem Ärger bewahrte. Auch ich atmete unmerklich auf, als unser Befehlshaber ohne eine weitere Bemerkung die Zentrale verließ. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass er mir die exemplarische Bestrafung dieses Pagarers übertragen hätte und solche Aufgaben hatte ich schon immer verabscheut.

Jetzt, wo der Tongato nicht mehr im Raum war, entspannte sich die Stimmung merklich. Viele verließen nun ihre Pulte und drängten sich zunächst unmerklich, doch nach wenigen Minuten unbefangener, um den Arbeitsplatz des Kommunikationsoffiziers. Die verschiedenen Monitore in seinem Bereich zeigten neben Datenpaketen auch Bilder, die offensichtlich von den Bewohnern stammten. Die Exemplare der Spezies wirkten fast wie Abbilder von uns, wenn auch irgendwie ...

»Die sehen ziemlich mickrig aus, findest du nicht auch?«, fragte Gurutar und gab damit meine eigenen Gedanken wieder.

»Vielleicht sieht es nur auf den Bildern so aus.« Weiter ging ich nicht darauf ein, denn obwohl ich die Kleidung, die diese Wesen trugen, merkwürdig fand, erkannte ich doch sofort die charakteristischen Wölbungen, die weiblichen Exemplare eigen war.

»Warum tragen sie so viel ... Stoff, anstatt stolz zu zeigen, was sie haben?«, fragte Gurutar.

»Ist vielleicht eine Forderung ihrer Regierung ... oder etwas Religiöses. Erinnerst du dich noch an die Bewohner Balkars? Die gingen die ganze Zeit verhüllt und durften nur einmal während eines Zyklus die Kleidung ablegen, um sich zu paaren. Sie hatten Angst, dass ihr Gott blind werden und sie dann alle vernichten würde, wenn sie gegen das Verhüllungsgebot verstoßen sollten.«

»Daran erinnere ich mich noch sehr gut. Diese Schwachköpfe! Kein Wunder, dass die kurz vor dem Aussterben sind. Wie soll man sich denn auf so einer Welt amüsieren?«

Mittlerweile hatte der Kommunikationsoffizier gemeldet, dass einer Verbindung mit dem Planeten nichts mehr im Wege stehen würde. Der Tongato erschien auch sofort wieder in der Kommandozentrale und setzte sich würdevoll auf seinen Platz.

»Dann öffnet die Kommunikationskanäle!«, befahl er.

Kapitel 2

Sheila

Langweilg, langweilig, laaaaangweilig! Es war einer von diesen Tagen, wo absolut nichts passieren wollte. Mein Job war ja ohnehin nicht der aufregendste, aber an dem Morgen geschah rein gar nichts - zumindest empfand ich es so zu jenem Zeitpunkt.

Neidisch ließ ich meine Augen durch das riesige Großraumbüro schweifen. Anscheinend war jeder mit einer Story beschäftigt oder tat wenigstens so, als wäre er es. Aber mein Vorgesetzter traute mir bisher kaum mehr zu, als Berichte über Feiern bei irgendwelchen obskur-winzigen Vereinen zu verfassen. Daher verbrachte ich meine Arbeitszeit häufig genug in kleinen Hinterzimmern, wo die Abschlussfeier des Bowlingclubs 'Gut Holz' oder des Katzenzüchtervereins 'Schnurr laut' über die Bühne ging. Dabei wurden dann oft genug die Jahresabschlusssieger gekürt und irgendwelche Pokale überreicht. Bisher hatte ich noch nicht herausgefunden, wo es diese selten hässlichen Pötte zu kaufen gab, die dabei auch für den achtplatzierten verteilt wurden. Sollte es irgendwo eine Homepage geben mit dem Titel 'Oh-Gott-wie-schrecklich.com'?

Seit heute Morgen quälte ich mich jedenfalls mit einem Bericht über das gestrige gesellschaftliche Ereignis herum: die Ehrung der Clubmeister des hiesigen Golfclubs. Mein Chef hatte mir deutlich zu verstehen gegeben, dass er exzellente Arbeit von mir erwartete. Schließlich war er der dritte Vorsitzende in dem Verein - und unheimlich stolz auf den Posten. Wahrscheinlich hoffte er darauf, sich mit einem besonders wohlwollenden Bericht auf die Position des Vizepräsidenten hinaufschleimen zu können.

»Wenn deine Mundwinkel noch weiter nach unten gehen, dann fängt es hier drinnen bestimmt an zu regnen!«

Schwungvoll ließ sich Anne auf die Schreibtischkante nieder. Sie war nicht nur meine liebste Arbeitskollegin, sondern auch meine beste Freundin. Außerdem ertrug sie die fade Arbeit bedeutend besser als ich, was in mir unwillkürlich die Frage aufblitzen ließ, woher sie diese Stimmungsaufhellerpillen bezog. Ständig so gut gelaunt zu sein war jedenfalls nicht mehr natürlich. Auch hatte ich im Moment absolut keinen Grund, glücksstrahlend durch die Gegend zu springen und rosa Herzchen zu verteilen.

»Ich bin es halt leid, immer irgendwelche Berichte über unwichtige Dinge zu schreiben«, maulte ich und suhlte mich im Selbstmitleid. »Wie gerne wäre ich mal bei einer richtigen Story dabei.«

»Überfall eine Bank und interview dich dabei. Damit schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe. Du löst mögliche Geldprobleme und hast eine 1-A-Story.«

Ich würdigte diesem Vorschlag keiner Antwort, sondern sah stattdessen hinauf zur großen Uhr an der Wand. Es war genau Mittag. Mein Magen war tatsächlich so zuverlässig wie eine Atomuhr, denn er regte sich bereits seit ein paar Minuten.

»Lass uns einen Happen essen gehen«, schlug ich vor. »Ich hätte Lust auf Pizza.«

»Ich hätte auf was ganz anderes Lust«, erwiderte sie und säuselte dabei so verträumt, dass mir beinahe schlecht wurde.

»Dann frag ihn einfach und zieh dich mit ihm auf die Damentoilette zurück!« Ich wusste ja nur zu genau, wen sie anschmachtete. Ich verstand zwar nicht, was sie an dem Kerl fand, aber es war ja nicht mein Problem, zumal er sie keines Blickes würdigte. »Wenn du willst, dann kann ich ihm ja sagen, dass du gerne abgeschleppt werden würdest«, ergänzte ich und grinste dabei hinterhältig.

Sie beugte sich vor und gab mir einen wohlverdienten Klaps auf den Hinterkopf. »Untersteh dich!«

Ich zuckte nur mit den Schultern und stand von meinem Sitzplatz auf. »Dann lass uns mal zu Luigi hinüberschlendern.«

Während wir an dem großen Konferenzraum vorbeigingen, sah ich durch die gläsernen Gangfenster und beobachtete die ganzen Redakteure, die gerade ihre Themen durchgingen. Ich blieb für einen Moment stehen und betrachtete sie neidisch, sehnte mich wie ein kleines Mädchen, endlich dazuzugehören. Ich würde hart und unerbittlich den Spuren einer großen Story folgen und ...

»Kommst du, oder hast du keinen Hunger mehr?« Anne riss mich aus meinen Träumen. Mit einem leisen Seufzer wandte ich mich vom Konferenzraum ab und folgte ihr zu den Fahrstühlen.

*****

Das Wasser lief mir im Munde zusammen, als ich mich Anne gegenüber auf die Sitzbank zwängte. Luigi war bestimmt nicht die vornehmste Location in der Stadt, aber er machte dafür die beste Pizza. Mit Schaudern dachte ich an die ach so exquisiten Häppchen zurück, die es vor der Versammlung im Golfclub gegeben hatte. Ich liebte es eher herzhaft, was sich zum Glück nicht allzu sehr auf meine Hüften auswirkte - zumindest bisher nicht. Aber ich war ja auch noch keine dreißig Jahre alt, obwohl diese ominöse Zahl mir schon vom Horizont aus zuwinkte und mich dabei hämisch anlächelte.

'Leck mich!', dachte ich nur und bestellte Pizza Hawaii und ein Mineralwasser.

»Wie geht es eigentlich mit deinem neuen Schwarm voran?«, lenkte sie das Gespräch auf ein weiteres Gebiet, dass sich so prachtvoll entwickelte wie das Niemandsland in einem besonders heftig umkämpften Grünstreifen.

»Es hat sich ausgeschwarmt.«

»Oh ... wieso denn?«

»Er war der Meinung, dass es einem Mann zukommt, auf mehreren Wiesen zu weiden. In seinem speziellen Fall war die besagte Wiese eine alte Flamme.«

»Oh ... das tut mir leid.«

»Mir nicht«, erwiderte ich resolut und spürte, wie mir das Wasser im Mund zusammenlief, als sich die Bedienung mit unserer Bestellung näherte.

»Und wie war dein gestriger Auftrag?«, fragte mich Anne und brachte das Gespräch auf ein anderes Thema, als die Pizzen schließlich köstlich duftend und knusprig frisch vor uns standen.

»Esch ging scho«, antwortete ich mit vollem Mund und war froh, dass mir nicht der Sabber aus den Mundwinkeln lief. Luigi hatte sich heute selbst übertroffen. »Und du?«

»Ich habe mir eine Modenschau in einer Boutique angesehen ... ansehen müssen. Ich frage mich wirklich, wer so etwas trägt. Ich meine, in den engen Dingern kann man sich doch bestimmt kaum bewegen. Einmal tief eingeatmet und man steht im Durchzug.«

Ich wollte gerade eine möglichst geistreiche Antwort geben, als wie auf Kommando alle Handys und Smartphones um uns herum zu klingeln begangen. Es war geradezu ohrenbetäubend, all die verschiedenen Klingeltöne zugleich zu hören. Irritiert sah ich mich um, bis ich registrierte, dass sich mein Telefon auch in das Konzert eingereiht hatte. Anne hatte ihr Handy bereits gezückt und starrte fasziniert auf das Display.

Ich sparte mir die Mühe, denn auch der Fernseher in der Ecke der Pizzeria war angesprungen und was ich auf dem Bildschirm sah, verschlug mir die Sprache. War das ein Mensch? Nein, ganz sicher nicht, auch wenn er im ersten Moment so wirkte. Seine Haut ... sie war irgendwie anders ... die Farbe spielte mehr ins Rötliche. Auch seine Statur war viel kräftiger als die eines normalen Mannes, aber auch nicht so unnatürlich wie die eines Bodybuilders. Und seine Kleidung war ... absonderlich, völlig fremdartig.

Er sprach in einem seltsamen, vibrierenden Tonfall, als ob die Stimme durch einen leichten Verzerrer gejagt worden wäre. Was er genau sagte, konnte ich nicht verstehen, denn der Ton ging in der wachsenden Panik unter, die sich im Restaurant auszubreiten begann. Es lief eigentlich genauso ab, wie man es in Filmen sieht. Anfangs starrten alle nur wie gebannt auf ihre Handys, dann fing der erste Gast etwas zu murmeln an, was nach »Großer Gott« klang. Ein überängstlicher, wohl ziemlich religiöser Mann, kreischte etwas vom 'Jüngsten Gericht' und schon schrien alle durcheinander und stürzten in Richtung Ausgang.

Einer von ihnen stieß gegen unseren Tisch und kippte mir das Wasser über die Pizza. Immerhin weckte mich das aus der Erstarrung.

»Jetzt bekommst du deine interessante Story«, sagte eine wachsbleiche Anne, die mich nur verständnislos anblickte. Anscheinend begriff sie auch nicht, was da gerade geschah.

»Wir müssen zurück ins Büro!«, rief ich ihr zu und sprang auf. Auf das Bezahlen der Rechnung verzichtete ich, allerdings war Luigi wohl auch kaum in der Lage, Geld zu kassieren. Ich erhaschte durch den Tumult nur einen Blick auf ihn. Er betrachtete fassungslos das Bild im Fernseher, wo nun eine Art Raumschiff zu sehen war. Ich war nie ein großer Science-Fiction-Fan gewesen, aber ich erkannte ein Weltraumfahrzeug, wenn ich eins sah.

Ein heftiger Stoß beförderte mich halb auf den Tisch und wahrscheinlich hätte ich ihn komplett abgeräumt, wenn mich Anne nicht gepackt und mit sich mitgezerrt hätte.

»Jetzt komm schon!«, brüllte sie mir ins Ohr.

Wie es wohl bei einer zünftigen Panik Vorschrift war, hatte sich ein Knäuel Menschen an der Tür verkeilt. Während ich mich noch fragte, wie wir dort hinauskommen sollten, zersplitterte direkt neben uns ein Fenster. Die nächste Stufe der Panik wurde anscheinend gezündet - unmotivierte Zerstörung. Uns konnte es nur recht sein und ohne lang zu überlegen stiegen wir durch den neu entstandenen Ausgang. Bei einem letzten Blick zurück sah ich Luigi, der sich die Haare raufte. Ich widmete ihm nicht lange meine Aufmerksamkeit, denn auf der Straße herrschte mittlerweile das reinste Chaos. Wie mir ein rascher Blick zeigte, war das Raumschiff auch auf sämtlichen Videoreklametafeln zu sehen - und davon gab es hier im Bereich so einige.

Das war dann aber auch zunächst das letzte Mal, dass ich mich umsah. Nun kam es darauf an, mich durch die Hektik der Menschen und den völlig zusammengebrochenen Verkehr durchzukämpfen. Dabei eilte ich an Personen vorüber, die mitten auf der Straße auf die Knie gesunken waren und innig beteten. Andere hielten die Arme weit ausgebreitet, hatten den Kopf erhoben und blickten verzückt in den Himmel, dorthin, wo sie das Raumschiff vermuteten. Immer wieder zwängte ich mich an zusammengestoßenen Fahrzeugen vorbei, deren Fahrer teilweise wie von Sinnen aufeinander einschlugen. Ich hatte eine solch plötzlich ausbrechende Massenpanik immer für absurd gehalten, doch nun wurde ich eines Besseren belehrt.

In dem wilden Getümmel hatte ich Anne völlig aus den Augen verloren und machte mir deswegen Vorwürfe. Aber wie sollte ich sie in dem Gewimmel finden? Also kämpfte ich mich weiter vorwärts, hielt den Blick auf das hoch aufragende Gebäude meines Arbeitgebers gerichtet. Für einen flüchtigen Moment stellte ich mir vor, wie die Nachricht in der Redaktionskonferenz gewirkt haben musste. Wahrscheinlich schwirrten die Reporter jetzt schon durch die Stadt, aber ich bezweifelte doch sehr, dass sie sehr weit kommen würden.

Endlich hatte ich den Eingang erreicht und sah mich in der Tür noch einmal nach Anne um, ohne sie jedoch entdecken zu können. Ich hoffte nur, dass sie es schaffen würde, bevor ich an der Security vorbei zu den Aufzügen ging.

*****

Nach dem Lärm und dem Chaos auf der Straße kam mir die Stille im Büro beinahe unwirklich vor. Anscheinend waren wirklich alle in der Stadt unterwegs. Ich sah nur Phil Douglas, unseren Starreporter, im Zimmer des Chefredakteurs stehen. Beide Männer waren in eine heiße Diskussion verstrickt, während die Sekretärin telefonierte. Mir war es erst einmal egal, was da drinnen vor sich ging. Ich ließ mich nur seufzend auf den Stuhl sinken und wischte mir den Schweiß von der Stirn.

Lange sollte ich die Ruhe aber nicht genießen können, denn schon wurde die Tür zum Büro des Chefredakteurs aufgerissen und die beiden Männer stürmten auf mich zu.

»Kannst du fotografieren, Mädchen?«, fragte mich Douglas. »Nun sieh mich nicht an, wie eine Kuh, wenn es donnert! Antworte mir!«

»Ja ... natürlich ...«

»Gut, dann bist du ab sofort meine Assistentin.« Er drückte mir eine Kamera in die Hand und zerrte mich vom Sitzplatz. »Na los, komm in die Gänge. Draußen läuft die heißeste Story seit Christi Geburt. Da wird nicht gefaulenzt!«

Er schleifte mich hinter sich her und ich kam erst wieder zu mir, als wir vor den Fahrstühlen standen. Mein Herz klopfte mir wie wild in der Brust. Vor kaum zwei Stunden hatte ich mich noch über meine langweilige Arbeit beschwert und nun stand ich hier neben Phil Douglas, um über eine Alieninvasion zu berichten. Man sollte sich wirklich gut überlegen, was man sich wünscht. Für den Anfang hätte es ja auch etwas Kleineres getan.

Endlich kam der Aufzug, doch zu meiner Überraschung drückte er den Knopf für das Dachgeschoss.

»Ich dachte, wir ...«, begann ich, doch er ließ mich gar nicht erst ausreden.

»Hast du gedacht, wir quetschen uns unten durch die Straßen? Ich bin doch nicht blöd, Mäuschen! Wofür haben wir einen Hubschrauber. Zunächst machen wir uns von oben ein Bild und dann fliegen wir zum Regierungssitz. Dort werden heute die Entscheidungen getroffen und ich will verflucht sein, wenn ich diese Story nicht an Land ziehe!«

Er nannte mich 'Mäuschen' und sprach von seiner Story. Das ließ sich ja nicht gerade gut an. Während wir nach oben fuhren, musste ich wieder an Anne denken. Hoffentlich hatte sie es mittlerweile geschafft, sich zum Gebäude durchzukämpfen. Meine Gedanken an sie verschwanden erst, als ich auf dem zugigen Dach stand und den Hubschrauber vor mir sah. Ob jetzt wohl der falsche Moment war, Douglas mitzuteilen, dass ich unter schrecklicher Höhenangst litt?

Kapitel 3

Fangdur

Der Tongato war in seinem Element, als er würdevoll und ruhig die erste Kontaktaufnahme mit der fremden Spezies in die Wege leitete. Ich hoffte nur, dass die Übertragung auf die Kommunikationseinrichtungen dieser Wesen problemlos verlief und die Worte auch richtig übersetzt wurden. Wenn ich es korrekt aufgefasst hatte, dann gab es dort unten auf dem Planeten eine grotesk große Anzahl an verschiedenen Idiomen. Eigentlich erstaunlich, dass sie sich noch nicht gegenseitig in die Luft gesprengt hatten. Schließlich war die Gefahr doch groß, dass man sich untereinander falsch verstand und daraufhin zum Angriff überging. Aber es gab natürlich auch die Möglichkeit, dass diese Wesen besonders sanftmütig und friedlich waren. Dann allerdings konnten sie sich glücklich schätzen, dass wir sie entdeckt hatten - und nicht eine der anderen Arten, die sich hier in der Galaxis tummelten.

Jedenfalls war es schon sehr leichtsinnig gewesen, sich bemerkbar zu machen, ohne genügend Verteidigungsmittel zur Verfügung zu haben. Ich bemerkte keinerlei Systeme im Orbit, die einen angreifenden Gegner abwehren konnten - nur einen Haufen Weltraumschrott und eine Art von Station, die um den Planeten kreisten. Das war schon ziemlich erbärmlich.

Da der Tongato immer noch mit seiner Begrüßung beschäftigt war, trat ich zu einem der zahlreichen Arbeitsplätze hin und betrachtete die Bilder von der Welt unter uns. Die Kommunikationssysteme zeigten uns auf den Bildschirmen die Geschehnisse, die sich gerade dort unten abspielten. Falls der Befehlshaber die Absicht gehabt hatte, die Wesen zu beruhigen, so ging sein Plan nicht auf. Wenn ich es richtig interpretierte, brach dort soeben eine mittelschwere Panik aus. Ich verzog verächtlich den Mund. Anstatt sich auf einen eventuellen Angriff vorzubereiten, liefen sie alle nur wirr und kopflos durch die Gegend. Niemand übernahm den Befehl und organisierte die Verteidigung. Waren sie wirklich so schwach und unwissend? Ich konnte es kaum glauben.

Was mich aber an den Bildern viel mehr faszinierte, das war die Tatsache, dass es augenscheinlich genauso viel weibliche wie männliche Exemplare der Spezies gab. Anscheinend hatten die Wesen nicht die gleichen Fehler wie wir begangen und ...

»Fangdur!«

Die Stimme des Tongatos schreckte mich aus den Überlegungen. Sofort nahm ich die vorschriftsmäßige Haltung ein. »Ich erwarte eure Befehle, Ehrwürdiger!«

»Du wirst bei der ersten Kontaktaufnahme anwesend sein und bist für die Sicherheit des Teams zuständig. Start ist in zwei Tempren. Geh dich vorbereiten und melde dich im Dock G.«

Ich neigte leicht den Kopf zum Zeichen, dass ich den Befehl verstanden hatte. Der Tongato hatte seine Aufmerksamkeit bereits Karaktor zugewandt und gab ihm weitere Instruktionen bezüglich der Teamzusammenstellung. Mich ging es aber nichts mehr an, da ich meine Anweisungen schon erhalten hatte. Ich verließ daher die Kommandozentrale und kehrte in mein Quartier zurück.

*****

Es war gar nicht meine Art, aber ich musste dennoch ständig an die entdeckte Welt denken, in deren Orbit wir uns gerade befanden. Besonders deren Bewohner gingen mir nicht aus dem Kopf, während ich meine Ausrüstung zusammenpackte. Was waren das für Wesen und wie würden sie reagieren, wenn wir uns erst von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden? Ich war bisher zweimal dabei gewesen, als wir eine neue Welt entdeckt hatten. Beide Male waren wir auf hoch aggressive Bewohner getroffen, die wir erst nach langem Kampf in unser Imperium hatten einverleiben können. Wie würde es hier ablaufen?

Ich wog meine Waffen nachdenklich in der Hand, bevor ich sie in den Tornister legte. Es wäre zwar sehr angenehm, wenn das Zusammentreffen komplikationslos verlaufen würde, aber besonders groß war die Wahrscheinlichkeit dafür nicht. Wenn ich nach den übertragenen Bildern ging, dann handelten diese Wesen nicht gerade rational oder kühl. Wenn man jetzt noch den Schock ins Kalkül zog, den sie zweifellos bekamen, wenn sie einer technologisch weit überlegenen Spezies gegenüberstanden, dann musste man mit Kurzschlussreaktionen rechnen.

Meine kühlen Kalkulationen wurden immer wieder von den Bildern vertrieben, die sich mir ins Gedächtnis gebrannt hatten. Was wäre, wenn die fremden Wesen tatsächlich mit uns kompatibel wären, wie unser extrapagarischer Spezialist vermutete? Unsere Spezies konnte eine Blutauffrischung sehr gut vertragen und an Frauen schien es auf dem Planeten ja keinen Mangel zu geben - im Gegensatz zu den Zuständen bei uns. Der Ursprung dieser Probleme lag einige hundert Zyklen in der Vergangenheit und hatte mit unserem überheblichem Selbstverständnis als Kriegerrasse zu tun. Es galt damals als Schande, wenn ein starker Krieger keinen Sohn, sondern ein Mädchen zeugte. Er wurde in seinem Bezirk verlacht, wenn er sich damit abgab, ein solches Kind aufzuziehen. Heute schüttelten wir alle über diese verbohrte Sichtweise den Kopf, weil es die Art gefährdete, denn natürlich wollte sich damals kaum jemand dieser Schande aussetzen. Also wurden die weiblichen Kinder in der Wildnis ausgesetzt oder sogar klammheimlich getötet und den Freunden anschließend mitgeteilt, dass ihre Partnerin eine Totgeburt erlitten hatte.

Ich setzte mich auf das Bett und stützte den Kopf in die Hände. Wieso waren unsere Vorfahren nur so töricht gewesen? Als dieser widerliche Brauch endlich strengstens verboten wurde, war es schon fast zu spät. Das Verhältnis der Geschlechter war völlig aus dem Gleichgewicht geraten und an den Folgen litten wir noch heute. Es gab viel zu wenig Frauen und damit auch kaum noch Partnerinnen für die Krieger. Man half sich mit künstlichen Methoden, maschinell betriebenen Zuchtprogrammen, aber die Ergebnisse waren selten wirklich befriedigend. Deswegen führten wir Erkundungsflüge quer durch die Galaxis durch. Wir suchten nach einer Möglichkeit, uns mit einer anderen Spezies zu verpartnern, um so dem unweigerlichen Aussterben zu entgehen. Bisher war die Suche erfolglos geblieben, aber vielleicht winkte uns hier das Glück. Ich stellte mir bereits vor, wie ich mit einer Gefährtin eine Familie gründen würde, egal an welchem Ort, denn als erster Krieger der Pagarer stand mir natürlich eine Gefährtin zu. Aber sie würde es auch gut bei mir haben. Ich würde sie ehren und beschützen, wie es der Mutter meiner Kinder zukam.

Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Ich stand im Begriff, eine Expedition auf einen unbekannten Planeten zu begleiten, da sollte ich mir nicht den Kopf über Dinge zerbrechen, an denen ich nichts mehr ändern konnte. Sicherheitshalber überprüfte ich noch einmal meine Ausrüstungsgegenstände, bevor ich die Kampfuniform anlegte und mich zum Dock begab. Ich musste noch das Beiboot überprüfen, um jede Gefahrenquelle auszuschließen. Auch wenn die Wesen auf dem Planeten harmlos wirkten, so konnte dies schließlich ein Trick sein, um uns in Sicherheit zu wiegen.

*****

So gründlich hatte ich mich bisher noch nie auf einen Außeneinsatz vorbereitet. Der uns zugeteilte Pilot sah mich schon merkwürdig an, als ich das Schiff noch ein drittes Mal auf seine Funktionsfähigkeit überprüfte. Er wagte aber natürlich keinen Einspruch, denn er musste ja damit rechnen, dass ich Widerworte als Herausforderung ansah. So lebensmüde war er nicht, als dass er sich mir im Zweikampf stellen würde. Schließlich nickte ich ihm zu, als Zeichen, dass ich gegen den Beginn des Einsatzes keinerlei Einwände mehr hatte. Er atmete sichtlich erleichtert auf, als ich mich in den Zugang stellte und auf das Eintreffen der offiziellen Delegation wartete.

Meine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, und als die beiden Pagari aus der wissenschaftlichen Kaste endlich eintrafen, war meine Laune ziemlich in den Keller gesunken. Dass sie es nicht einmal für nötig hielten, sich für die Verspätung zu entschuldigen, verbesserte meine Stimmung nicht. Sie saßen bereits und warteten auf den Start, als ich mich mitten in den Gang des Beibootes stellte und sie scharf musterte. Nervös plinkerten sie mit den Augen, als ich keine Anstalten traf, etwas zu sagen.

»Wir können los«, wagte schließlich einer der beiden Wissenschaftler zu sagen.

Ich schwieg zunächst und sah sie weiter durchdringend an. »Ich bin Fangdur, erster Krieger der Pagari!«, sagte ich nachdrücklich.

Die beiden wechselten einen irritierten Blick mit dem Piloten, der aber nicht zu reagieren wagte.

»Das wissen wir«, erwiderte der gleiche Sprecher wie vorhin.

»Ich habe die Leitung bei dieser Exkursion und was ich befehle, wird gemacht, völlig egal, was dort unten geschieht. Sie alle befolgen meine Anweisungen pünktlich und ohne Rückfragen, ist das klar?«

Wahrscheinlich waren sie der Meinung, dass ich die mir zustehenden Kompetenzen erheblich überschritt, aber sie wagten keine Widerworte, und nur darauf kam es mir an. Also nickte ich befriedigt und gab dem Piloten den Befehl zum Start.

Meine Begleiter arbeiteten während des ganzen Fluges konzentriert weiter an der Entschlüsselung der Sprache der Wesen, zu deren Welt wir gerade unterwegs waren. Beide waren bestimmt mit diesem Chip versehen, der sämtliche bekannten Dialekte für seinen Träger übersetzte und auch problemlos neue Idiome in sich aufnahm. Ich beneidete sie ein bisschen darum, würden sie sich doch auf dem Planeten ohne Schwierigkeiten unterhalten können, während ich auf ihre Übersetzung angewiesen war. Das würde eine schnelle Reaktion meinerseits kompliziert gestalten, falls es zu Problemen kam - und dies war durchaus zu erwarten. Nur selten ging ein Erstkontakt glimpflich über die Bühne.

Ich lehnte mich zurück, schloss für einen Moment die Augen und gab mich der Hoffnung hin, dass wir auf dem Planeten die Lösung für unsere fast hoffnungslose Lage finden würden.

Kapitel 4

Sheila

Den Start des Hubschraubers hatte ich besser als erwartet überstanden. Den Blick nach rechts riskierte ich lieber nicht, denn ich ahnte, wie hoch wir uns bereits über der Erde befanden. Douglas unterhielt sich angeregt mit dem Piloten und gab ihm die Richtung an, in die er zu fliegen hatte. Ich saß nur stocksteif auf meinem Platz und wagte kaum zu atmen. Erst ein derber Stoß in meine linke Seite rief mich in die Realität zurück.

»Worauf wartest du?«, blaffte mich unser Starreporter an und zeigte nach unten. »Schieß ein paar Fotos, während wir zum Regierungszentrum fliegen!«

Das auch noch! Aber ich konnte mich schlecht weigern, oder meine eh schon kaum vorhandene Karriere würde nach dem heutigen Tag enden. Dann würde ich in Zukunft beim Burgerbrater um die Ecke als Servicekraft arbeiten. Obwohl - gab es eigentlich noch so etwas wie eine Zukunft? Was wäre denn, wenn uns die Alientypen feindlich gesinnt waren? Aber hätten sie uns dann nicht schon lange angegriffen?

»Brauchst du noch eine Extraeinladung?« Nun klang Douglas richtig sauer, also beeilte ich mich, die Kamera auszupacken und die Hülle vom Objektiv zu nehmen. Außerdem sagte man ja, dass einem die Höhe nichts ausmacht, wenn man sie durch die Linse eines Fotoapparates betrachtet.

Nun, wer auch immer die Behauptung aufgestellt hatte, er lag damit verkehrt. Jedenfalls drehte sich alles um mich, während ich die Kamera in Richtung weit entfernter Erde hielt und den Auslöser betätigte. Ich konnte nur hoffen, dass zumindest ein paar Bilder etwas wurden. Ansonsten wäre meine Karriere ... aber das erwähnte ich ja schon. Douglas schien es noch nicht zu genügen, denn er zeigte sich von einem Autoknäuel an einer stark befahrenen Kreuzung besonders beeindruckt.

»Lehn dich etwas hinaus und nimm das Chaos dort unten auf«, befahl er mir.

Ich sah ihn nur verständnislos an. »Wie soll ich ...«

»Nun stell dich doch nicht so an! Öffne die Tür ein Stück, sodass du freie Sicht hast. Nur keine Sorge. Der Gurt und ich, wir sichern dich schon.«

»Ich halte das für keine gute Idee.«

»Willst du eine Top-Reporterin werden oder lieber bis zum Ende irgendwelche albernen Lokalanekdötchen schreiben? Ich dachte, du hättest Ehrgeiz. Hab ich mich darin getäuscht? Wusste ich es doch. Halt aber die Kamera gut fest, hörst du?«

War ich denn völlig von allen guten Geistern verlassen oder wieso ging ich auf den Vorschlag ein? Mit wahrer Todesverachtung öffnete ich die Tür ein Stück und ignorierte das lauter werdende Rotorengeräusch genauso wie meine schlagartig anwachsende Übelkeit. 'Was ist schon dabei?', redete ich mir ein. 'Kurz rauslehnen, ein paar Fotos schießen und das war es.' Gerne hätte ich dabei meine Augen geschlossen, aber wenn man etwas fotografieren will, ist das eher kontraproduktiv. Tapfer drückte ich auf den Auslöser, während mein Magen wahre Kapriolen veranstaltete.

»Scheiße, ein Luftloch!«, hörte ich den Piloten noch rufen, aber da war es auch schon passiert.

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Phil Douglas kicherte immer noch albern vor sich hin, während der Pilot mit saurer Miene den Hubschrauber auf dem Landeplatz direkt am Regierungszentrum herunterbrachte. Ich wischte mir immer noch den Mund sauber und wünschte mir nichts so sehnlich herbei wie eine Flasche Mineralwasser - oder alternativ ein Erdloch, wo ich mich verkriechen könnte.

---ENDE DER LESEPROBE---