Die Krone der Montoros - 6-teilige Serie - Katherine Garbera - E-Book
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Die Krone der Montoros - 6-teilige Serie E-Book

Katherine Garbera

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Beschreibung

Der Montoro-Clan wurde aus seinem Heimatland vertrieben, als ein Diktator dort die Macht übernahm. Die Familie ging ins Exil nach Miami - und hat sich dort schnell an den "American Way of Life" gewöhnt. Mittlerweile sind die Familienmitglieder erfolgreiche Unternehmer und feiern gern das gute Leben!
Doch plötzlich ruft die königliche Pflicht! Der Diktator wurde vertrieben und die Montoros sollen auf den Thron zurückkehren. Nun heißt es Verantwortung statt Freiheit, Etikette statt Party … Können die Montoro-Sprösslinge ihrer neuen Rolle gerecht werden und trotzdem ihr Glück finden?

MIAMI - HEIßE KÜSSE, WILDE NÄCHTE
Ihr sexy Lachen, ihre Lockenmähne, ihre heißen Kurven: War Maria immer schon so unverschämt aufregend? Oder liegt es nur an Miamis prickelnder Atmosphäre, dass Diplomat Alex Ramon seine schöne Assistentin plötzlich mit ganz anderen Augen sieht? Zusammen sind sie hierhergeflogen, um die Königsfamilie Montoro zur Rückkehr nach Europa zu bewegen. Doch als bei einem Gespräch über die Zukunft des Königreichs ausgerechnet Prinz Gabriel Montoro heftig mit Maria flirtet, spürt Alex brennende Eifersucht! Auf keinen Fall wird er zulassen, dass dieser adelige Playboy sie verführt …

EIN KÖNIGREICH FÜR DEINE KÜSSE
König Rafael IV- so wird man Rafe Montoro nennen, wenn er in Kürze den Thron besteigt. Dann ist sein unbeschwertes Leben in Miami, wo die Montoros im Exil waren, endgültig vorbei! Und auch so eine Nacht wie mit der heißen Barkeeperin Emily darf nicht mehr vorkommen. Sie wäre niemals standesgemäß als Königin. Aber kurz vor seiner Rückkehr nach Europa steht Emily plötzlich vor ihm, so sexy, wunderschön und begehrenswert wie neulich. Rafe traut seinen Ohren nicht: Ihre Liebesnacht hatte süße Folgen! Nun muss er sich entscheiden: Königsthron - oder Liebe?

WIE EIN EROTISCHER TRAUM
"Wollen wir gehen?" Leise flüstert Prinz Gabriel Montoro seiner hinreißend schönen Begleiterin Serafia Espina die Frage zu, und ihr sachtes Nicken verrät ihm: Auch sie will mit ihm allein sein - sie will ihn! Gemeinsam verlassen sie den Empfang, und als sie sich in der romantischen Nacht voller Leidenschaft lieben, ist der zukünftige König überzeugt: Er hat seine Königin gefunden. Doch kaum wird ihre royale Affäre öffentlich, schreit es von jeder Schlagzeile: Serafias Familie soll am Putsch beteiligt gewesen sein, der damals die Königsfamilie aus dem Land vertrieben hat …

DAS SINNLICHE GEHEIMNIS DER PRINZESSIN

Prinzessin Bella Montoro weiß leider nur zu gut: Ihr süßes Partyleben ist vorbei, denn ihr Vater besteht darauf, dass sie eine langweilige Vernunftehe mit Will Rowling eingeht. Den sie nur vom Foto kennt - bis sie ihm am Strand buchstäblich in die Arme fällt. Hey, der ist ja heiß! Es knistert sofort, und Bella denkt an hundert freche Dinge, die sie gern mit ihm machen würde. Aber dann erfährt sie: Dieser Traummann ist nicht Will, sondern sein Zwillingsbruder James, das schwarze Schaf der Familie. Und der letzte Mann im ganzen Königreich, in den sie sich verlieben darf …

DER UNVERGESSLICHE KUSS DES MILLIARDÄRS
Nur ein einziger Kuss - aber was für einer! Seitdem kann Catalina den umwerfend attraktiven Will Rowling nicht mehr vergessen. Dass sie ihm als Zimmermädchen im Haus seines Vaters ständig über den Weg läuft, hilft auch nicht. Dabei sollte sie sich den Magnaten, der bis vor Kurzem sogar mit einer echten Prinzessin verlobt war, aus dem Kopf schlagen. Sie und Will leben in unterschiedlichen Welten. Bis ein Sturm über dem Mittelmeer sie beide auf eine einsame Insel verschlägt. In Wills starken Armen fühlt Catalina sich so geborgen, als gehöre sie genau dorthin …

KRÖNUNG DER LEIDENSCHAFT
Wer ist die blonde Schönheit mit den leuchtend blauen Augen? König Juan Carlos wird von heftigem Begehren erfasst, als sie ihm während seiner Krönungszeremonie verführerisch zuzwinkert. Kurz darauf wird Portia ihm vorgestellt - und er kann sein Glück kaum fassen. Denn sie ist nicht nur bildschön, sexy und klug, sondern auch noch adelig. Also die ideale Frau, um an seiner Seite auf dem Thron von Alma zu sitzen! Eine leidenschaftlich heiße Affäre beginnt. Bis zufällig Portias Familiengeheimnis ans Licht kommt und mit einem Schlag alle Zukunftsträume nichtig erscheinen lässt …

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Seitenzahl: 1244

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Janice Maynard, Katherine Garbera, Andrea Laurence, Kat Cantrell, Jules Bennett, Charlene Sands

Die Krone der Montoros - 6-teilige Serie

IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by HARLEQUIN BOOKS S.A. Originaltitel: „Minding Her Boss’s Business“ erschienen bei: Harlequin Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1926 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Roswitha Enright

Abbildungen: Svyatoslava Vladzimirska / 123RF, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733722159

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Alex Ramon biss die Zähne zusammen und stöhnte leise vor sich hin. Er presste die Fäuste gegen die Schläfen, um durch den Druck die bohrenden Kopfschmerzen zu lindern.

In den letzten Wochen war er viel unterwegs gewesen, und diese Reaktion auf Jetlag und wenig Schlaf wunderte ihn eigentlich nicht. Momentan aber stand ein weiterer Stressauslöser nur wenige Meter von ihm entfernt: eine langbeinige Blondine in einem auf die Haut geschneiderten Etuikleid und superhohen High Heels.

Maria Ferro. Siebenundzwanzig Jahre alt. Glattes, langes, honigfarbenes Haar, das ihr bis zur Taille reichte. Doch gerade heute Abend sollte er sich nicht von ihrer verführerischen Schönheit ablenken lassen. Denn es stand einiges auf dem Spiel.

Nur zögernd wandte er den Blick von seiner Kollegin ab und schaute in den Saal. Die Party war in jeder Hinsicht ein Erfolg. Die Wirtschaftsdelegation aus Alma, einer europäischen Inselnation, war in ein lebhaftes Gespräch mit Mitgliedern der Familie Montoro vertieft. Alle schienen sich gut zu unterhalten, ja, sogar zu amüsieren.

Der Ballsaal lag im Parterre eines der besten Hotels von Miami in Florida. Eine Saalseite bestand nur aus Glas, sodass man direkt auf das tiefblaue Meer hinaussehen konnte. Kostbare Kronleuchter warfen ihr funkelndes Licht auf die Gesellschaft. Davon abgesehen waren der Saal und das Hotel eher modern eingerichtet. Alles zeugte von exquisitem Geschmack. Den konnte man den reichen Montoros wirklich nicht absprechen.

Alex versuchte, seinen Kragen mit dem Zeigefinger zu weiten. Er wunderte sich selbst über seine Nervosität, denn Partys der High Society waren für ihn nichts Besonderes. Aber heute kam es darauf an. Denn als Almas Wirtschaftsminister hatte er den Löwenanteil der Überzeugungsarbeit zu leisten.

Würde es ihm gelingen, die Montoros zu veranlassen, wieder in ihr Heimatland Alma zurückzukehren und den Thron für sich zu beanspruchen, den sie vor vielen Jahren hatten aufgeben müssen?

Viel hing von dem heutigen Abend und den nächsten Tagen ab. Diese Abendgesellschaft war erst der Anfang, um die Delegation mit den Montoros bekannt zu machen, deren Vorfahren Alma regiert hatten. Leider war die junge Generation mehr an ihrem beruflichen Erfolg und einem spannenden gesellschaftlichen Leben interessiert als daran, Thronansprüche durchzusetzen und ein Volk zu regieren.

Ein dunkles Lachen ließ Alex aufhorchen. Ganz offensichtlich fühlte sich Maria mit ihrem Gesprächspartner sehr wohl. Kein Wunder, denn Gabriel Montoro, der attraktive Sohn von Raphael III. und Bad Boy der Familie, wirkte amüsant, etwas zynisch und war schwer einzuschätzen. So gern Alex ihn auch als oberflächlichen Blender abgetan hätte, er musste zugeben, dass Gabriel ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann war. Der südamerikanische Zweig von Montoro Enterprises, für den Gabriel verantwortlich war, arbeitete außerordentlich gewinnträchtig.

Wieso fiel Maria, die doch normalerweise sehr vernünftig war, auf so einen Mann herein? Alex runzelte die Stirn. Sicher, Gabriel sah gut aus mit seinen grünen Augen und dem dunklen Haar, dazu war er braun gebrannt und durchtrainiert. Aber das war doch alles nur äußere Fassade. Das musste sie doch sehen!

Alex schüttelte den Kopf. Er war nicht eifersüchtig, ganz bestimmt nicht. Das wäre auch albern. Maria und er waren nur Kollegen, nichts weiter. Aber er war ein paar Jahre älter als sie und fühlte sich irgendwie für sie verantwortlich.

Er kannte sie schon aus der Zeit, als er im Exil in London gelebt hatte. Damals hatte sie für seine Familie gearbeitet. Als sich dann die politischen Verhältnisse in Alma änderten und die Ramons wieder in ihre Heimat zurückkehren konnten, war Maria mit ihrer Mutter mitgekommen.

Mit Genugtuung hatte Alex beobachten können, wie Maria in der neuen Umgebung und unter den neuen Anforderungen Karriere machte. Als Marketingfrau und PR-Expertin war sie gerade für seine neuen Pläne von großer Bedeutung. Er bewunderte und respektierte sie. Und sie war einfach zu nett, als dass man sie einem Playboy wie Gabriel Montoro überlassen sollte.

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Montoros gewaltsam von einem Diktator gestürzt worden. Die königliche Familie war nach Florida geflohen und hatte sich dort ein weltweites Logistikimperium und Handelsunternehmen aufgebaut. Die Montoros fühlten sich in Miami wohl und spielten aufgrund ihres Reichtums und ihres Ansehens eine wichtige Rolle in der High Society. Würde es genügen, an ihr Pflicht- und Ehrgefühl zu appellieren? Würden sie sich dazu bewegen lassen, nach Alma zurückzukehren und wieder Regierungsverantwortung zu übernehmen?

Davon war Alex noch keineswegs überzeugt, aber er würde es versuchen. Und so machte er seine Runde, sprach mit diesem und jenem, stellte Gäste einander vor und glänzte durch charmanten Small Talk.

Auf diesen Abend hatte er sich sehr genau vorbereitet. Über jeden der Anwesenden hatte er sich informiert, um für alle Situationen gewappnet zu sein. Genau das war seine Arbeitsmethode. Fehler waren nicht vorgesehen.

Schließlich hatte er die Nische erreicht, in die sich Maria und Gabriel zurückgezogen hatten. Erstaunt hob er die Augenbrauen, als er sah, dass Maria ein Glas Wein in der Hand hielt. Normalerweise trank sie so gut wie keinen Alkohol. Sie lachte. Gabriel Montoro schien sie mit ironischen Bemerkungen über die anderen Partygäste zu unterhalten.

Alex trat neben Maria und sah Gabriel freundlich lächelnd an. „Guten Abend, Mr. Montoro. Ich bin Alex Ramon.“

Gabriel schüttelte ihm die Hand. „Ich weiß. Mein Vater hält sehr viel von Ihnen. Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass Ihre Bemühungen umsonst sind. Wir Montoros sind nicht besonders daran interessiert, uns mit Krone und Purpurmantel zu verkleiden und wieder in dieses antiquierte System einzutauchen, das sich nun wirklich überlebt hat.“

Diese unverblümte Offenheit hatte Alex nicht erwartet, und so strich er sich kurz übers Kinn und versuchte, die Sache mit Humor zu nehmen. „So, und was halten Sie wirklich von dem Ganzen?“, fragte er lächelnd.

Gabriel zuckte kurz mit den Schultern. „Nicht viel. Und ich weiß nicht, was Sie alle sich davon versprechen.“

Maria warf Alex einen warnenden Blick zu, aber er achtete nicht darauf. Das Gespräch lief anders, als er geplant hatte, und das irritierte ihn. Er wurde ernst. „Das Land befindet sich in einem gewaltigen Umbruch. Die parlamentarische Monarchie würde strukturellen Halt geben. Das Volk ist sehr dafür. Durch die Ölvorkommen auf See ist Alma reich geworden, aber wir brauchen Stabilität. Eine königliche Eheschließung mit nachfolgenden Erben wäre das Beste, was dem Land passieren könnte.“

Gabriel grinste. „Ich wusste gar nicht, dass Sie so ein eingefleischter Monarchist sind, Mr. Ramon.“

„Darüber sollte man keine Witze machen. Leben und Wohlergehen von Tausenden von Menschen hängen davon ab. Die Geschichte Ihrer Familie hat die Identität des Landes wesentlich geprägt. Und die Montoros könnten Stolz und Stabilität wieder zurückbringen.“

„Das überrascht mich. Schließlich hat man uns aus dem Land gejagt wie Schwerverbrecher.“

Verärgert schob Alex die Hände in die Hosentaschen. „Nicht Sie sind verjagt worden“, sagte er, sehr um einen gleichmütigen Tonfall bemüht. „Sie waren damals noch gar nicht geboren. Und nicht das Volk ist schuld daran, dass Ihre Familie fliehen musste. Sie haben doch sicher gehört, was für ein Typ Tantaberra war. Ein brutaler Diktator, der vor nichts zurückschreckte.“

Wieder zuckte Gabriel mit den Schultern. „Wie auch immer. Falls Sie meine Familie und mich dazu überreden wollen, irgendwelche Verpflichtungen für diese gottverlassene Insel zu übernehmen, sind Sie auf dem Holzweg. Wir sind gern in Miami. Warum sollten wir unser gutes Leben hier aufgeben? Für ein unbedeutendes Fleckchen Erde am Rande der Welt?“

Jetzt mischte sich Maria ein. Ihre blaugrünen Augen funkelten. „Alma hat sich sehr verändert, Mr. Montoro. Es ist keineswegs so hinter dem Mond, wie Sie vielleicht glauben. Dank modernster Kommunikationsmittel sind wir mit der ganzen Welt verbunden, unsere Wirtschaft gedeiht. Und neben der natürlichen Schönheit des Landes gibt es noch vieles mehr, was das Leben dort lebenswert macht.“

Gabriel schüttelte störrisch den Kopf. „All das finde ich auch hier in den USA. Und noch vieles mehr.“

Alex blieb noch ein letzter Trumpf. „Aber denken Sie doch an Ihre Tante. Sie wissen genau, was sie sich wünscht.“

Das endlich schien Gabriel in seiner Selbstgewissheit zu erschüttern.

Mit ihren dreiundsiebzig Jahren war Isabella die älteste der noch lebenden Montoros. Alle wussten, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als dass ihre Enkel, Großnichten und Großneffen in ihre angestammte Heimat zurückkehrten und die Familienehre wiederherstellten.

Isabella Montoro war todkrank, sie hatte Parkinson im letzten Stadium. Aber sie besaß auch den zähen Willen durchzuhalten, bis die Familie wieder ihren Platz auf dem Thron von Alma einnehmen würde.

Gabriel leerte sein Glas und nahm sich ein zweites von dem Tablett, das ein Kellner gerade vorbeitrug. „Tante Isabella lebt in der Vergangenheit. Leider müssen wir alle auf irgendetwas verzichten. So ist das nun einmal.“

„Ja, leider.“

Maria nickte lächelnd, zweifellos in der Absicht, die Stimmung etwas aufzulockern. Aber Alex war nicht bereit, darauf einzugehen. Gabriel Montoro regte ihn auf. Der Mann war reich und mächtig, sah gut aus und war als Casanova verschrien. Man erzählte sich, dass die Frauen ihm Tag und Nacht die Tür einrannten. Maria würde doch nicht so naiv sein, auf ihn hereinzufallen?

Gabriel nippte an seinem Drink. „Bei mir stoßen Sie auf Granit. Aber vielleicht kommen Sie bei meinem Vater weiter. Er hat ein Faible für die alten Zeiten.“

Alex presste die Lippen zusammen und schwieg, während Maria Gabriel kurz die Hand auf den Arm legte und leise sagte: „Wahrscheinlich wissen Sie das nicht, aber Ihr Vater kann den Thron nicht besteigen.“

„Was? Warum denn nicht?“

„Weil er geschieden ist.“ Alex hatte sich wieder gefangen. „Nach dem Gesetz von Alma disqualifiziert ihn das für den Thron.“

Gabriel stieß ein zynisches Lachen aus. „Du liebe Zeit, was ist denn das für ein hinterwäldlerisches Gesetz! Seien Sie froh, dass ich mich nicht für den Job interessiere. Wenn eine Persönlichkeit wie mein Vater nicht infrage kommt, hätte ich sowieso keine Chance.“

„Nehmen Sie es nicht persönlich, Mr. Montoro. Diese Regelungen entsprechen lediglich der Tradition und den Wünschen unseres Volkes.“

„Was ich nicht verstehe, Sie beide haben doch vor und während Tantaberras Regime gar nicht in Alma gelebt. Weshalb liegt Ihnen dann das Land so am Herzen?“

Wieder schwieg Alex, unfähig, Worte zu finden zu einem Thema, das ihn gefühlsmäßig so sehr berührte.

Glücklicherweise dachte Maria in dem Punkt etwas nüchterner. „Alex’ Familie hat das gleiche Schicksal erlitten wie Ihre“, sagte sie leise, aber bestimmt. „Auch sie wurde aus ihrem Heimatland vertrieben, ging allerdings nach London und baute sich dort ein neues Leben auf. Doch nach Tantaberras Sturz kehrte die Familie sofort wieder nach Alma zurück. Für Alex’ Vater war das eine Selbstverständlichkeit und das einzig Richtige.“

Gabriel trank das zweite Glas Champagner in einem Zug aus. „Offenbar bin ich von getreuen Staatsbürgern umgeben, für die so etwas wie Pflichterfüllung wichtiger ist als das, was man wirklich will.“ Er lachte kurz. „Wie gut, dass mich das Ganze nur indirekt angeht. Mein älterer Bruder ist dran. Sie haben Glück. Er ist ein sehr anständiger und ehrenwerter Mann. Ob er allerdings Interesse am Thron hat, kann ich nicht sagen.“

Alex nahm Maria beim Ellbogen. „Danke für die Information, Mr. Montoro. Aber jetzt müssen wir weiter und uns um die anderen Gäste kümmern. Auf Wiedersehen.“

Gabriel blickte sie mit einem beinahe bedauernden Lächeln an. „Ja, wir werden uns bestimmt wiedersehen. Wie viel Zeit haben Sie denn eingeplant? Ich meine, um uns Montoros an unserer königlichen Familienehre zu packen?“

„Ungefähr einen Monat. Es gibt noch viel zu tun. Almas offizielle Anfrage an die Montoros erwarten wir in den nächsten Tagen.“

„Und ich bereite eine Pressekonferenz vor“, ergänzte Maria. „Außerdem Informationen für die Öffentlichkeit. Wir hoffen auf eine positive Reaktion.“

„Und wenn meine Familie nun nicht will?“ Gabriel musterte sie mit scharfem Blick.

„Sofern wenigstens Ihr Bruder bereit ist, nach Alma zurückzukehren, können die anderen Mitglieder Ihrer Familie tun, was sie wollen. Allerdings wird es für ihn einfacher sein, wenn Sie ihn bei seinen neuen Aufgaben nach Kräften unterstützen.“ Alex gab Gabriels Blick kühl zurück.

„Ja, denn es wird für ihn eine große Umstellung sein, Mr. Montoro“, fügte Maria hinzu.

„Sagen Sie Gabriel zu mir“, warf er schnell ein. „Und Sie auch, Alex. Ich hasse Förmlichkeiten.“

„Gut, dann eben Gabriel.“ Maria nickte lächelnd. „Wir nehmen unsere Aufgabe sehr ernst. Und ich hoffe, wir haben Gelegenheit, Sie umzustimmen.“

„Wer weiß?“ Gabriel grinste.

Erleichtert atmete Alex einmal tief durch. Dass Gabriel die ganze Sache jetzt mehr sportlich nahm, war gut. Denn ein Mitglied der königlichen Familie zu verärgern, würde sie ihrem Ziel nicht näher bringen. „Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit, Gabriel. Und ich würde unser Gespräch zu gegebener Zeit gern fortsetzen.“

Maria ließ sich von Alex zum Buffet führen. Sie sah ihn fragend an. Zum ersten Mal seit ihrer Zusammenarbeit wurde sie aus ihm nicht schlau. Er wirkte ausgesprochen schlecht gelaunt.

„Sie haben doch sicher noch nichts gegessen“, stieß er brummig hervor.

„Nein, ich war viel zu aufgeregt.“

Er drückte ihr einen Teller in die Hand. „Wir haben wirklich eine Auszeit verdient. In den letzten Wochen haben wir einfach zu viel gearbeitet.“

„Stimmt.“ Maria musterte das üppige Buffet. Krabben und Hummerschwänze, Austern im Überfluss, dazu jede Menge Salate, Käse und Brotsorten – die Entscheidung fiel schwer. Schließlich folgte sie Alex zu einem kleinen Zweiertisch.

Sie setzte sich und strich ihren engen Rock glatt. Alex war nicht gut drauf, das war offensichtlich. Wahrscheinlich hatte er wieder Kopfschmerzen. Schnell öffnete sie ihr winziges Täschchen, das lediglich ihren Lippenstift und ein Tablettendöschen enthielt, und reichte Alex dann zwei Schmerztabletten auf der flachen Hand. „Sie haben Kopfschmerzen. Hier, nehmen Sie.“

Er zog die dunklen Brauen zusammen, tat aber, was sie sagte. Männer hatten im Allgemeinen Schwierigkeiten, Schwächen und Schmerzen einzugestehen, das wusste Maria. Und Alex ganz besonders. Dass er die Tabletten nahm, war ein Zeichen, dass es ihm wirklich schlecht ging.

Die nächsten Minuten vergingen schweigend. Das beunruhigte Maria normalerweise nicht weiter, aber heute Abend machte es sie nervös. Dass sie ein bisschen in Alex verknallt war, war kein Wunder. Er sah extrem gut aus, so groß, schlank und muskulös, wie er war. Selbst in den maßgeschneiderten Anzügen war seine körperliche Präsenz spürbar. Mit dem schwarzen Haar und den dunkelbraunen Augen wirkte er sehr männlich und sexy.

Anfangs hatte sie in London für ihn als Sekretärin gearbeitet. In Alma hatte sie sich weitergebildet und war bald befördert worden. In ihrer Stellung als Medienkontakt und PR-Frau arbeitete sie für das Wirtschaftsministerium, war aber Alex nicht direkt unterstellt. Bei diesem Auftrag jetzt war sie ihm zugeteilt worden, und genau das war das Problem. Denn je länger sie mit ihm zusammen war, desto leichter könnte er herausfinden, was sie für ihn empfand.

Das Ganze hatte keine Zukunft, da machte sie sich nichts vor. Alex war der erstgeborene Sohn einer der ältesten Adelsfamilien von Alma. Sicher würde er eines Tages eine Frau aus seiner Gesellschaftsschicht heiraten. Und nicht jemanden wie sie, deren Mutter als Wäscherin den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter verdient hatte.

Maria war pragmatisch und ehrgeizig. Sie würde aus eigener Kraft Karriere machen, davon war sie überzeugt. Und doch träumte sie hin und wieder davon, mit Alex zu schlafen, seinen sexy Körper zu liebkosen … Ein heißer Schauer überlief sie, und sie sah kurz hoch. Glücklicherweise hatte Alex nichts bemerkt.

Von seinem Liebesleben wusste sie nichts, in dem Punkt war er sehr diskret. Sie hatte bemerkt, dass er sie von der anderen Seite des Saals her missbilligend gemustert hatte, aber sie wusste nicht, warum. Nach Miamis Maßstäben war ihr Kleid ausgesprochen zahm. Doch irgendetwas passte ihm nicht. Vielleicht war ihr Dekolleté zu tief oder ihr Rock zu kurz? So aufregend der Mann auch war, manchmal kam er ihr direkt ein bisschen spießig vor. Wenn er nicht so grimmig ausgesehen hätte, hätte sie ihn damit gern ein wenig aufgezogen.

Im Laufe des Essens schien Alex sich zu entspannen. Wahrscheinlich hatten auch die Pillen geholfen. Warum war er nur Gabriel gegenüber so kurz angebunden, ja, beinahe unhöflich gewesen? Das sah ihm überhaupt nicht ähnlich.

Sie nippte an ihrem Chablis und sah sich dabei im Saal um. Rafael Montoro III. war eindeutig der Partymittelpunkt. Er wirkte jünger als seine gut fünfzig Jahre und schien sich blendend zu amüsieren.

Sein ältester Sohn Rafael IV., auch Rafe genannt, war charmant, umgänglich und von erstaunlicher Selbstdisziplin, obgleich er noch nicht einmal dreißig war. Trotz seines Alters konnte man ihn sich durchaus als König von Alma vorstellen. Seine Schwester Bella ähnelte offenbar dem Vater. Sie liebte es, im Mittelpunkt zu stehen, war hübsch und extrovertiert, aber gerade einmal dreiundzwanzig Jahre alt.

Zwischen Rafael und Bella gab es noch Gabriel, er war ein ganz anderer Typ als seine Geschwister. Und dann war da schließlich Juan Carlos, ein Cousin, der mit den Montoro-Kindern zusammen aufgewachsen war, nachdem seine Eltern gestorben waren. Weder Gabriel noch Juan Carlos spielten eine größere Rolle bei der anstehenden – erhofften – Wiedereinführung der Monarchie in Alma. Aber sie würden hoffentlich Rafael IV. unterstützen.

Die anderen Anwesenden waren weniger von Bedeutung. Maria stellte ihr Glas wieder ab. Ihre Aufgabe war es, für die Öffentlichkeit von Alma das Bild einer makellosen königlichen Familie zu entwerfen, stark, moralisch und von großer positiver Ausstrahlung. Sie seufzte leise. Gabriel war der Einzige, der ihr Schwierigkeiten machen konnte. Wer wusste schon, wie viele Leichen er im Keller hatte. Genau das musste sie versuchen herauszufinden, damit die Bombe nicht gerade kurz vor der Inthronisierung platzte.

Andererseits war er vielleicht besser als sein Ruf. Ein bisschen zynisch, bestimmt ein Spieler, doch sehr charmant. Diese Mischung wirkte auf Frauen immer sehr anziehend.

„Ich weiß wirklich nicht, wie das klappen soll.“

Maria fuhr zusammen und sah Alex erschrocken an. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie fast vergessen hatte, wo sie war. „Wie kommen Sie denn darauf?“, fragte sie erstaunt. „Bisher haben Sie doch nie am Erfolg unserer Mission gezweifelt.“

Alex lächelte müde. „Sehen Sie sich die Montoros doch nur an. Hier in den Staaten spielen sie bereits eine herausragende Rolle. Weshalb sollten sie an einem kleinen Königreich interessiert sein? Würden wir an ihrer Stelle all das hier aufgeben?“

„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber jeder möchte wissen, woher er kommt. Schließlich haben die Montoros viele Jahrhunderte in Alma gelebt. Da könnte ich mir vorstellen, dass auch die jüngere Generation neugierig auf ihre Geschichte ist. Wir müssen sie nur wecken, diese Neugier.“

„Hoffentlich haben Sie recht.“

Auf der anderen Seite des Saales stimmte eine Band ihre Instrumente. Beim ersten Song streckte Alex die Hand aus. „Haben Sie Lust zu tanzen?“

Marias Herzschlag flatterte kurz. „Immer.“

Auf dem Weg zur Tanzfläche versuchte sie, sich zu entspannen. Wenn sie ihm jetzt verkrampft vorkam, wüsste er gleich, was mit ihr los war. Als er sie fest in die Arme nahm, war die Versuchung groß, sich an ihn zu schmiegen. Aber durfte sie das? Sie war doch eine starke unabhängige Frau …

Dennoch, beim Tanzen galten andere Regeln, da durfte sie sich dem Rhythmus überlassen. Und dem Mann, der sie führte.

Was für ein wunderbares Gefühl, in seinen Armen zu liegen, dachte Maria. Seine warme Haut duftete, sie spürte seine Muskeln. Ihr Herz schlug schneller, und die Knie wurden ihr weich. Noch nie waren sie sich körperlich so nah gekommen. In Alma hatten sie nie miteinander getanzt, auch wenn die Gelegenheit da gewesen war. Irgendwie hatte Alex sich verändert. Aber wie und warum?

Der erste Song war zu Ende. Als der zweite begann, machte Alex keine Anstalten, sie loszulassen. Maria war es nur recht. Sie hätte ewig so weitertanzen können. Zwar wusste sie, dass dies eine Ausnahmesituation war. Aber warum sollte sie sich nicht auch einem romantischen Augenblick hingeben?

Das Leben war ernst genug. Mal für einen Tanz Disziplin und Verantwortung hinter sich zu lassen, tat einfach gut. Zumal dann, wenn der Tänzer Alex Ramon war.

2. KAPITEL

Falsch, ganz falsch …

Sobald Alex Maria in die Arme nahm, wusste er, dass er einen fatalen Fehler begangen hatte. Er hatte geglaubt, dass Tanzen in dieser Situation etwas ganz Normales war, ja, dass man es sogar von ihm erwartete. Eine gesellschaftlich akzeptierte Annäherung sozusagen.

Aber es war mehr, sehr viel mehr. Gesellschaftlich akzeptiert hin oder her, Tatsache war, dass Maria in seinen Armen lag, und er durch den dünnen Stoff ihres Kleids die Wärme ihres Körpers spüren konnte. Unvermittelt überfiel ihn ein starkes sexuelles Verlangen, und er hatte Mühe, normal zu atmen. In den letzten Wochen hatte er so hart gearbeitet, dass er seine intimen Bedürfnisse erfolgreich unterdrückt hatte. Aber Enthaltsamkeit war keine gute Sache und rächte sich, zumindest bei einem Mann seines Alters. Und ganz besonders dann, wenn er eine so verführerische Frau im Arm hielt.

Seltsamerweise war ihm nie aufgefallen, dass Maria die ideale Größe für ihn hatte, ihre Wange lag genau an seiner Schulter. Er konnte sich einfach nicht von ihr trennen, und so blieb er auch für den dritten Tanz noch auf der Tanzfläche. Was vielleicht keine gute Idee war, denn sein Körper zeigte immer deutlicher, was er wollte.

Oh Gott, was sollte er tun?

Als Gabriel mit seiner zierlichen Schwester vorbeitanzte, fiel Alex wieder ein, was er Maria sagen wollte. „Maria …“

„Hm …“, reagierte sie mit einem so lustvollen kleinen Stöhnen, dass Alex zusammenzuckte.

Er räusperte sich. „Bei Gabriel Montoro müssen Sie vorsichtig sein.“

Sofort versteifte sie sich in seinen Armen und blieb stehen. „Wieso?“ Empört sah sie ihn an.

Er wollte sie wieder an sich ziehen, aber sie wehrte sich, drehte sich um und verließ die Tanzfläche.

Alex folgte ihr. „Er ist ein erfahrener Mann und mit allen Wassern gewaschen. Sie dagegen sind es nicht gewohnt, in diesen Kreisen zu verkehren. Ich möchte nicht, dass er das ausnutzt.“

Maria drehte sich um. Sie war weiß wie die Wand. „Wie rührend, dass Sie sich um mich Sorgen machen.“ Ihre Stimme klang eisig. „Aber das müssen Sie schon mir überlassen. Ich weiß, was ich tue, und habe nicht die Absicht, Gabriel aus dem Weg zu gehen. Im Gegenteil, ich muss herausfinden, wie er tickt, was er vorhat. Nur dann kann ich Schlimmeres verhindern. Außerdem bin ich kein Kind mehr, Alex. Und Ihre Unterstellung ist beleidigend.“

„Ich unterstelle Ihnen doch gar nichts. Aber ich habe bemerkt, wie er Sie ansieht.“

„Der Mann würde selbst mit einem Stück Holz flirten! Das weiß ich doch. Aber ich brauche weder Sie noch sonst jemanden, um mich vor dem großen bösen Wolf zu schützen!“

„Sie sind wütend.“

„Allerdings!“ Ihre Augen sprühten vor Zorn. „Man hatte mir angeboten, Teil der Wirtschaftsdelegation zu sein, und ich habe dieses Angebot angenommen. Ich mache meinen Job so gut ich kann. Denn unser Ziel ist für mich genauso wichtig wie für Sie. Also möchte ich Sie bitten, sich mit Ihren guten Ratschlägen zurückzuhalten.“

„Entschuldigung.“ Er machte eine knappe Verbeugung.

Maria starrte ihn unverwandt an. „War’s das, Mr. Ramon? Darf ich mich jetzt zurückziehen?“

„Übertreiben Sie es nicht, Maria“, stieß er leise zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Dies war ein anstrengender Tag, und wir haben noch einiges vor uns.“

„Das weiß ich. Vielleicht wäre es deshalb das Beste, unser Zusammensein ganz auf die Arbeit zu beschränken.“

„Okay, wenn Sie wollen.“ Gerade noch hatte sie sich zärtlich an ihn geschmiegt … Und nun hasste sie ihn? Wie war das möglich?

Kurz stand so etwas wie Enttäuschung in ihrem Blick. Doch schnell hatte sie sich wieder gefangen und straffte die Schultern. „Dann bis morgen früh um zehn.“

Ihm sank das Herz, als er ihr hinterhersah und beobachtete, wie sie sich von den Mitgliedern der Delegation verabschiedete. Dann ging sie auf die Montoros zu. Erst die beiden Rafaels. Dann Bella. Und natürlich Gabriel … Alex sah, wie Gabriel sich vorbeugte und Maria etwas ins Ohr flüsterte. Sie lachte.

Sosehr es ihn auch ärgerte, er musste zugeben, dass Maria recht hatte. Sie musste gut mit Gabriel Montoro auskommen, damit sie notfalls rechtzeitig eingreifen konnte.

Warum störte ihn das so? In Alma hatte er mit Maria immer vollkommen problemlos zusammengearbeitet. Persönliche Gefühle hatten nie eine Rolle gespielt. Aber hier in Miami war es anders. War es die Wärme, das sorglose Miteinander der Reichen, die ihr Leben genießen wollten? Berufliches und Privates schienen durcheinanderzugeraten …

Ja, Maria machte ihren Job ausgezeichnet. Aber musste er deshalb ihre Methoden mögen?

Maria hatte schlecht geschlafen und wachte früh auf. Was hatte sie nur für ein wirres Zeug geträumt! Alma und Miami waren darin vorgekommen. Und natürlich Alex. Gabriel nicht, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Denn so attraktiv und unterhaltsam er auch war, er ließ ihr Herz nicht schneller schlagen. Er amüsierte sie. Er brachte sie zum Lachen. Und er gefiel ihr.

Aber er war nicht Alex.

Nachdem sie sich eine Viertelstunde lang hin und her gewälzt hatte, war klar, dass sie nicht mehr einschlafen konnte. Sie kletterte aus dem Bett, zog ihren Badeanzug an, putzte sich die Zähne und band das Haar hoch. Nur früh am Morgen konnte man die Sonne genießen, später wurde es einfach zu heiß.

Ihr einteiliger Badeanzug hatte einen dezenten Ausschnitt. In Miami war man sicher anderes gewohnt, aber Maria kam aus Alma und richtete sich nach den Sitten des Landes. Auf keinen Fall wollte sie die Delegation in Verlegenheit bringen.

Auf ihrem Weg zur Hotellobby begegnete sie lediglich ein paar Angestellten. Sie liebte die frühen Morgenstunden. Der Tag war noch frisch und neu und voller Versprechungen. Alles war so friedlich.

Aber nicht mehr lange. Denn als sie aus der Hoteltür trat, stieß sie mit einem Mann zusammen, einem großen, durchtrainierten Mann. Fast hätte sie das Gleichgewicht verloren. Schnell griff sie nach ihrer Strandtasche, die ihr von der Schulter zu rutschen drohte, und richtete sich auf. „Alex!“

Er trug ein graues T-Shirt und dunkelblaue Joggingshorts. Diese Beine, lang und muskulös – noch nie hatte sie ihn mit nackten Beinen gesehen. Offenbar kam er von seinem Morgenlauf zurück, denn das enge T-Shirt hatte dunkle Schweißflecken.

„Hallo, Maria. Sie sind ja früh auf“, sagte er ruhig und freundlich, als hätten sie sich gestern nicht im Zorn getrennt.

„Ja. Ich bekomme leicht einen Sonnenbrand und wollte deshalb möglichst früh an den Strand gehen, wenn die Sonne noch nicht so brennt. Aber keine Sorge, ich bin ganz bestimmt rechtzeitig zu unserer Besprechung da.“

Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Bin ich denn ein solcher Unmensch?“

„Nein … Nein, natürlich nicht.“

„Gut.“

Schweigend standen sie voreinander. Jeder wartete wohl darauf, dass der andere etwas sagte.

„Joggen Sie jeden Morgen?“, fragte Maria schließlich.

„Ja.“ Er nahm die Sonnenbrille ab. „Ist gut für den Stressabbau.“

„Ja, Sie haben momentan viel zu tun.“

„Dabei sind die Montoros nicht das einzige Problem.“

„Nein? Was belastet Sie denn noch?“

„So dies und das“, sagte er ausweichend, blickte sie dabei aber so intensiv an, dass sie spürte, wie ihre Brustspitzen hart wurden. Einfach so.

Sie schluckte. „Dann will ich Sie nicht länger aufhalten.“

Er machte einen Schritt auf sie zu, blieb dann aber abrupt stehen. „Ich sollte jetzt lieber duschen“, meinte er leise. „Ich bin zum Frühstück mit Rafael Montoro verabredet.“

„Mit dem Vater oder dem Sohn?“

„Dem Vater. Er hat noch eher Verständnis für Traditionen. Vielleicht kann er uns helfen, die jüngere Generation zu überzeugen.“

„Hoffentlich ist er nicht verbittert, weil er keine Chancen auf den Thron hat.“

„Das glaube ich eigentlich nicht. Er scheint das Leben von einer sehr leichten Seite zu nehmen.“

Maria hob überrascht die Augenbrauen. „Das hört sich fast so an, als hätten Sie etwas dagegen.“

Alex zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht sicher, wie sich die amerikanische Lebensart mit der Lebensweise in Alma verträgt. Viele unserer älteren Mitbürger erinnern sich noch an prächtige, wenn auch steife Zeremonien und fest gefügte Riten. Ob sie mit einem lässigen König zurechtkommen, für den leben und leben lassen das wichtigste Motto ist?“

„Manchmal frage ich mich, ob es sinnvoll ist, was wir hier tun“, sagte Maria.

„Ich mich auch. Aber das ist nun mal unser Auftrag. Wenn sich unser Volk nach den guten alten Zeiten zurücksehnt, brauchen wir die Monarchie. Nur dann haben die Leute von Alma das Gefühl, dass alles seine Ordnung hat.“

„Weil früher alles besser war?“

Alex lachte leise. „So ungefähr. Aber ich sollte jetzt los. Bis nachher.“

Er ging, und Maria sah ihm nach. Diese langen Schritte, der aufrechte Gang, hastig und ungeduldig – ob Alex sich jemals entspannen konnte?

Aber egal. Das war nicht ihre Sache. Sie ging an den hoteleigenen Strand und ließ sich auf einem der bequemen Liegestühle nieder. So früh am Morgen war der Strand beinahe leer.

Wohlig seufzend griff sie nach ihrem Buch. Sie hatte es noch kaum aufgeschlagen, als ein Schatten auf die erste Seite fiel. Sie blickte hoch. „Gabriel. Was machen Sie denn hier? Ich hätte nicht gedacht, dass Sie zu den Frühaufstehern gehören.“

Er wartete, dass sie etwas zur Seite rückte, und setzte sich dann auf das Fußende des Liegestuhls. „Ich hasse es, früh aufzustehen.“ Er gähnte herzhaft. „Ich will gerade ins Bett gehen.“

„Aha …“

Er grinste. „Nicht, was Sie denken. Ich spiele einmal in der Woche Poker mit ein paar Freunden.“

„Haben Sie gewonnen?“

„Ich gewinne immer.“

Unwillkürlich musste Maria lachen. Irgendwie mochte sie dieses schwarze Schaf der vornehmen Montoros. Er fühlte sich in seiner Haut äußerst wohl, und eine solche Haltung hatte sie immer bewundert. „Wo wohnen Sie?“

„Ich habe hier am Strand eine Wohnung, aber unser Familienbesitz liegt in der Nähe von Coral Gables. Ich würde Sie gern mal dahin mitnehmen. Ist ziemlich beeindruckend und gefällt Ihnen bestimmt.“

„Ich bin nicht zum Vergnügen hier“, sagte sie lächelnd. „Aber dennoch danke.“

„Sie trauen sich doch nur wegen Ihres diktatorischen Chefs nicht. Aber er kann gern mitkommen.“

„Alex ist kein Diktator. Er ist sogar ein sehr netter Chef. Und seine Heimat liegt ihm sehr am Herzen. Ich bewundere ihn.“

„Hat er eine Ahnung, wie sehr Sie ihn … nun ja, anhimmeln?“

Maria wurde rot. „Wir sind Kollegen, nichts weiter.“

„Und das genügt Ihnen?“

„Darüber möchte ich mit Ihnen nicht sprechen.“

Gabriel hob entschuldigend die Hand. „Sie haben recht, Entschuldigung.“ Wieder konnte er ein Gähnen nicht unterdrücken. „Aber ich sollte jetzt schleunigst ins Bett. Bleiben Sie nicht zu lange am Strand, sonst verbrennen Sie sich noch Ihr hübsches Näschen.“

Sie lachte. „Warum glaubt alle Welt, mir gute Ratschläge geben zu müssen? Ich bin eine erwachsene Frau, falls Sie das noch nicht bemerkt haben sollten.“

Gabriel stand auf und streckte sich. „Das habe ich wohl bemerkt“, sagte er mit einem frechen Lächeln. „Aber ich kann meine Chancen sehr genau einschätzen. Und Sie sind einfach zu nett für mich.“

„Jetzt sollte ich wohl beleidigt sein?“

„Keineswegs. Ich habe nur keine besonders guten Erfahrungen mit netten hübschen Frauen. Irgendjemand bleibt immer mit gebrochenem Herzen zurück.“

„Nehmen Sie das Leben eigentlich nie ernst?“

„Nicht, wenn ich es vermeiden kann, Maria.“ Er hob noch einmal lächelnd die Hand, dann ging er davon.

Eine Stunde später sammelte Maria ihre Sachen zusammen und ging zurück zum Hotel. Sie hatte noch genug Zeit, um zu duschen und sich auf das Treffen mit Alex in seiner Suite vorzubereiten. Jean Claude würde auch da sein, der Anwalt, der die Papiere für die Thronübernahme vorbereitete. Darüber war Maria froh, nicht nur weil juristisch alles hundertprozentig stimmen musste, sondern auch, weil sie dann mit Alex nicht allein war. Zu deutlich war sie sich seiner männlichen Präsenz bewusst, und das verunsicherte sie immer mehr. Gut, dass ein Dritter dabei war.

Zwei Stunden lang gingen sie die einzelnen Punkte der verschiedenen Verträge durch. Mittags machten sie eine Pause, das Essen wurde vom Hotel in Alex’ Suite gebracht. Nach einer Dreiviertelstunde beugten sie sich wieder über die Papiere. Natürlich war Maria klar, wie wichtig es war, auch auf das kleinste Detail zu achten. Dennoch war sie froh, als Alex nach weiteren zwei Stunden meinte, das sei genug für heute.

„Wir können unmöglich alles an einem Tag klären, ja, noch nicht einmal in einer Woche.“ Aufatmend strich er sich das Haar zurück. „Aber wir haben schon ganz schön viel geschafft.“

Jean Claude nickte. „Wann wollen wir den Montoros den ersten Entwurf vorlegen?“

„Erst wenn wir wissen, dass sie überhaupt die Absicht haben, Almas Angebot anzunehmen“, sagte Alex. „Wenn nicht, müssen wir ganz von vorn anfangen und uns etwas Neues einfallen lassen.“

„Oh, nein!“ Maria stöhnte auf. „Die ganze Arbeit für nichts und wieder nichts? Was für eine grauenhafte Vorstellung!“

Jean Claude schraubte seinen teuren Füllfederhalter zu und schob die Papiere in eine elegante Ledermappe. Er war ungefähr Mitte dreißig, sah gut, wenn auch nicht aufregend aus, und war außerordentlich vertrauenswürdig. Der richtige Mann für diese wichtige Aufgabe.

„Lasst uns nicht gleich das Schlimmste annehmen“, sagte er. „Ich bin sicher, dass sich die Montoros ihrer langen Familiengeschichte bewusst sind. Und der Verantwortung, die sie für Alma haben. So gern sie auch hier in den Staaten leben, letzten Endes werden die Blutsbande stärker sein.“

Alex seufzte leise. „Hoffentlich haben Sie recht.“

Als die Tür hinter Jean Claude zufiel, herrschte minutenlang eine ungemütliche Stille. Dann packte Maria ihre Sachen zusammen und stand auf. „Morgen zur gleichen Zeit?“, fragte sie und wandte sich zur Tür.

„Morgen ist Sonnabend. Die Delegation hat das Wochenende frei. Wir kommen erst am Montag wieder zusammen.“

„Können wir uns das denn zeitlich leisten?“, fragte Maria überrascht.

„Warum nicht? Wenn wir den Montoros zeigen wollen, dass wir gelassen und von unserer Sache überzeugt sind, dürfen wir nicht drängeln. Schließlich sind wir hier in Miami, Maria, in Florida. Kein Interesse an Sonne, Sand und Shoppen?“

„Ist das noch der Alex, den ich kenne?“ Maria schüttelte schmunzelnd den Kopf.

„Hm, ich weiß durchaus, wie man sich amüsiert“, gab er lächelnd zurück.

„Das muss ich Ihnen ja wohl glauben.“

Alex schob die Papiere zusammen und sah Maria dabei nicht an. „Habe ich Ihnen eigentlich schon mal erzählt, dass ich einen Bruder hatte? Einen Zwillingsbruder?“

„Nein.“ Über private Dinge hatten sie sich noch nie unterhalten. „Was war mit ihm?“

Alex’ Gesicht lag im Schatten. Er hatte die Sonne im Rücken, und so konnte sie seine Miene nicht erkennen. Dennoch überlief es sie eiskalt.

„Er starb, als wir gerade zehn waren“, sagte Alex leise. „An den Folgen einer Grippe. Meine Eltern sind fast daran zerbrochen.“

„Und Sie?“

Er hob den Kopf und sah sie überrascht an. Offenbar hatte sich bisher noch niemand für seine Gefühle interessiert. „Ich fühlte mich wie amputiert. So als hätte ich einen wichtigen Teil meines Körpers verloren. Es war entsetzlich.“

Maria blieb wie angewurzelt stehen. „Warum erzählen Sie mir das?“, fragte sie flüsternd.

Alex lehnte sich zurück und ließ sie nicht aus den Augen. „Ich möchte, dass wir Freunde werden, Maria, dass wir uns gut verstehen. Sie halten mich sicher für einen Workaholic, oder?“

Sie antwortete nicht gleich. „Ich glaube, dass Sie ein sehr pflichtbewusster Mensch sind“, sagte sie dann langsam.

Er nickte traurig. „Ich war nicht immer so versessen auf Regeln und so perfekt im Erledigen von Aufgaben. Aber nach dem Tod meines Bruders hatte ich das Gefühl, mich doppelt anstrengen zu müssen. Und bisher habe ich mich von diesem Druck nicht befreien können.“

„Ein hartes Leben.“

„Ja, das ist es …“ Er schwieg kurz und sah sie dann bittend an. „Wenn ich es übertreibe, wenn ich Sie oder Jean Claude oder die anderen Mitglieder der Delegation zu sehr unter Druck setze, würden Sie mich dann darauf aufmerksam machen?“

„Das steht mir nicht zu.“

„Doch. Genau dafür brauche ich Sie.“

Sie standen ein paar Meter voneinander entfernt, und doch fühlte sich Maria wie magnetisch zu ihm hingezogen. „Nur dafür?“, flüsterte sie. Doch sofort wurde ihr klar, was sie da gesagt hatte. Erschrocken sah sie Alex an. „Bitte entschuldigen Sie. Das hätte ich nicht sagen sollen.“

„Möchten Sie nicht meine Antwort hören?“

Sie war knallrot geworden. „Vielleicht lieber nicht …“

„Nein? Zu feige?“

Sie schüttelte heftig den Kopf. „Nein, das nicht. Aber wir sind in einem fremden Land. In einer Ausnahmesituation. Wir sind nicht wir selbst.“

„Vielleicht sind wir hier sehr viel mehr wir selbst als in Alma“, erwiderte er.

Bei diesen Worten stockte ihr der Atem. Was meinte er damit? Und wie sollte sie darauf reagieren? Alex war ein sehr attraktiver Mann. Mit ihm zu schlafen, wäre sicher das reinste Vergnügen.

Aber mehr würde es nie sein. Sie kamen aus sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Maria kannte ihre Grenzen. „Meine Mutter hat zehn Stunden täglich in einer Londoner Industriewäscherei gearbeitet“, sagte sie. „Nur um mir meine Ausbildung zu ermöglichen. Und ich habe während des Studiums immer zwei Jobs nebenbei gehabt.“

„Das weiß ich.“

„Ihre Familie gehört zum ältesten Adel Almas. Deshalb sollten wir nichts tun, was wir hinterher bereuen.“

„Sie sehen Probleme, wo es gar keine gibt. Die Delegation wurde sehr sorgfältig ausgesucht. Man hat Sie wegen Ihrer Persönlichkeit und Ihres Könnens ausgewählt. Keiner sieht auf Sie herab, nur weil Sie nicht aus Alma stammen.“

„Sie wissen ganz genau, dass ich das nicht gemeint habe.“

„Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, Maria.“

„Und wenn schon. In Alma hält man die Vergangenheit hoch. Sonst würden wir alle hier uns nicht darum bemühen, die Monarchie wieder einzuführen. Verstehen Sie mich richtig, ich habe ein gutes Selbstbewusstsein und bin stolz auf das, was ich geschafft habe. Aber ich bin auch realistisch. Sie und ich gehen verschiedene Wege. Das sollten wir nie vergessen.“

Er sah sie lange schweigend an, als wolle er ihr seinen Willen aufzwingen. „Sie haben mich gefragt, wozu ich Sie noch brauche …“, begann er dann.

„Das hätte ich nicht sagen sollen“, fiel sie ihm schnell ins Wort.

„Okay.“ Er lächelte sie auf eine Weise an, dass sie sich ihm am liebsten in die Arme geworfen hätte. „Dann warte ich, bis Sie mir diese Frage noch einmal stellen. Aber dann bekommen Sie meine Antwort, ob Sie wollen oder nicht.“

3. KAPITEL

Maria floh auf ihr Zimmer und warf die Tür hinter sich zu. Ihre Beine waren wie aus Gummi, und ihr Herz klopfte wie verrückt. Es war eine Sache, ein wenig in Alex verliebt zu sein. Damit konnte sie umgehen. Aber die Situation war vollkommen anders, wenn er für sie ähnlich empfinden sollte.

Schnell zog sie sich etwas Bequemes an und setzte sich dann vor ihren Laptop. Um diese Zeit rief sie meist per Skype ihre Mutter an, die sich gerade fürs Bett zurechtmachte.

Ihre Mutter nahm auch gleich ab. Die Bildverbindung war gut. „Hallo, mein Liebes, wie geht es dir?“

„Gut, Mama, danke. Ich wünschte, du wärst hier. Miami ist umwerfend.“

„Das freut mich. Ich bin sehr stolz, mein Kind, dass du zu der Delegation gehörst.“

„All das hätte ich nie im Leben erreichen können, wenn du nicht so viele Opfer für mich gebrachte hättest, Mama.“

Ihre Mutter lächelte zärtlich. „Das ist die Pflicht einer Mutter, und ich habe sie sehr gern erfüllt. Aber sag, wie geht es Mr. Ramon?“

„Warum fragst du?“ Hoffentlich war auf dem Schirm nicht zu sehen, dass sie rot geworden war.

„Ich bin doch nicht blind, Maria. Ich weiß, dass du dich in ihn verliebt hast.“

Darüber war Maria so verblüfft, dass sie nicht gleich wusste, was sie sagen sollte. „Äh, ja … vielleicht ein bisschen. Aber mehr ist da nicht. Wir sind Kollegen, das ist alles.“

„Er könnte kaum eine bessere Wahl treffen …“

„Meinst du nicht, dass du in dem Punkt voreingenommen bist?“ Maria versuchte, das Ganze mit Humor zu nehmen. Ihre Mutter lachte und wechselte das Thema. Nach fünf Minuten verabschiedeten sie sich.

„Gute Nacht, Mama.“

„Lass es dir gut gehen, mein Kind.“

Am liebsten hätte Maria sich auch ins Bett gelegt. Ihr Körper war immer noch auf Alma-Zeit eingestellt. Sie seufzte leise. Sie musste aufbleiben, sonst würde sie den Jetlag nie überwinden. Was sollte sie tun? Allein in die Stadt gehen? Das wagte sie nicht. Aber unten in der Hotellobby war ihr ein hübsches kleines Restaurant aufgefallen. Außerdem gab es dort jede Menge Läden.

Sie griff nach ihrer Handtasche, steckte die Schlüsselkarte ein und verließ ihr Zimmer. Wo war noch gleich der Fahrstuhl? Sie sah sich suchend um. Ein freundlicher Hotelangestellter zeigte ihr den Weg. Auch unten in der Lobby wurde sie sehr liebenswürdig behandelt. Da es noch früh am Abend war, wies man ihr einen Tisch direkt am Fenster an. Sie setzte sich und genoss den herrlichen Blick aufs Meer.

Das Essen war ausgezeichnet. Zwar gab es auch in Alma eine florierende Fischindustrie, aber dieses reichhaltige Angebot war umwerfend. Die Shrimps auf Pasta mit jungem Gemüse – einfach zu gut!

Nach dem Essen durchstöberte sie die Läden und musste an sich halten, um nicht zu zeigen, wie schockiert sie über manche Preise war. Wer in diesem Hotel abstieg, konnte sich offenbar solche Sachen leisten. Ein Badeanzug mit passendem Strandkleid für tausendzweihundert Dollar? Ein Paar Strandschläppchen für fünfundsiebzig Dollar?

Glücklicherweise brauchte sie all das nicht, um zufrieden zu sein. Von ihrer Mutter hatte sie gelernt, nach günstigen Angeboten zu suchen und mit wenig Geld auszukommen.

Immer noch war es zu früh, um ins Bett zu gehen. Also beschloss sie, sich einen Nachtisch im Restaurant zu bestellen. Diesmal bekam sie keinen so guten Tisch, aber das Sorbet aus Wassermelonen und der Karamellkeks dazu entschädigten sie reichlich. Sie trank gerade ihren Espresso, als ein ihr nur zu bekannter Mann mit drei oder vier Begleitern den Raum betrat. Gabriel Montoro. Schnell bezahlte sie und wollte gerade aufstehen und gehen, als er sich einfach auf dem freien Stuhl an ihrem Tisch niederließ.

Sie sah ihn lächelnd an. „Ich will gerade gehen. Das Melonensorbet ist sehr zu empfehlen.“

„Wenn ich gewusst hätte, dass Sie allein zu Abend essen, hätte ich Sie eingeladen.“

„Nicht nötig. Manchmal bin ich gern allein.“

„Autsch!“, sagte er grinsend und zuckte wie unter einem Hieb zusammen.

„Um Himmels willen, so habe ich das doch nicht gemeint.“ Sie musterte ihn forschend. Er wirkte angestrengt, obwohl er doch angeblich nur das tat, was er wollte. „Danke für die Einladung. Aber ich habe schon früh gegessen, eigentlich um die Zeit totzuschlagen, bis ich schlafen gehen kann.“

„Schlafen?“ Er blickte auf ihre Espressotasse. „Bei dem Koffein?“

„Ich weiß. Aber der Espresso ist hier sehr gut.“

Sie stand auf, und auch Gabriel erhob sich. „Ich bringe Sie noch in die Lobby.“

„Aber Ihre Freunde warten doch auf Sie.“

„Ist nur was Geschäftliches. Und nicht eilig.“

Vor dem Restaurant legte er ihr leicht die Hand auf den Rücken und steuerte ein Geschäft an, das sie absichtlich ausgelassen hatte. Hier gab es im Wesentlichen Schmuck, sehr teuren Schmuck. „Was soll das?“ Sie sah ihn fragend an.

„Ich brauche Ihren Rat.“ Er wies auf einen Glaskasten. „Welcher Anhänger gefällt Ihnen besser? Die kleine Palme oder die Krabbe?“

„Also, ich …“ Maria starrte die beiden kostbaren Schmuckstücke an. In die Palme war ein kleiner funkelnder Diamant in Form einer Kokosnuss eingearbeitet. Die goldene Krabbe hatte Augen aus tiefgrünen Smaragden. „Sie sind beide wunderschön.“

„Aber …“

„Wenn ich die Wahl hätte, würde ich die Krabbe nehmen. Sie ist entzückend und gleichzeitig ein bisschen verrückt.“

„Okay.“ Gabriel gab dem Verkäufer seine Kreditkarte.

Sowie sie wieder vor dem Geschäft standen, drückte Gabriel ihr das kleine Päckchen in die Hand. „Ich möchte mich wegen gestern entschuldigen. Sie haben nur das Beste für meine Familie im Sinn, und da hätte ich nicht so unhöflich sein dürfen. Selbst wenn das Angebot von Alma uns nicht interessiert.“

„Oh nein, Mr. Montoro.“ Maria hielt ihm das Päckchen wieder hin. „Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ganz bestimmt nicht.“

„Gabriel, nicht Mr. Montoro …“

„Okay, dann Gabriel. Auf keinen Fall kann ich ein so wertvolles Geschenk annehmen.“

„Das ist doch nur eine Kleinigkeit. Und ich kann mein schlechtes Gewissen beruhigen. Außerdem möchte ich nicht, dass Sie wegen meines schlechten Benehmens einen falschen Eindruck von meiner Familie bekommen. Gute Nacht, Maria. Ich muss los.“

Weg war er. Verblüfft blickte Maria auf das Päckchen in ihrer Hand. Die ganze Sache gefiel ihr überhaupt nicht. Aber was hätte sie tun sollen? Sie konnte doch ein Mitglied der königlichen Familie nicht vor den Kopf stoßen.

Abrupt unterbrach eine kalte Männerstimme sie in ihren Gedanken.

„Ich habe mich wohl in Ihnen getäuscht, Maria. Bisher habe ich Sie für naiv und unerfahren gehalten und geglaubt, Sie wüssten nicht mit Männern wie Gabriel Montoro umzugehen. Aber es sieht so aus, als wüssten Sie genau, was Sie tun.“

Sie wandte sich um. Alex sah sie mit einem verächtlichen Lächeln an.

„Sie irren sich“, stieß sie hervor. „Es ist ganz anders, als Sie denken.“

„So? Ein Mann schenkt einer Frau, die er kaum kennt, Schmuck. Ich glaube, es ist ziemlich klar, was dahintersteckt.“

Wut stieg in ihr auf. „Erstens sind Sie total auf dem Holzweg. Und zweitens habe ich es nicht nötig, mich vor Ihnen zu rechtfertigen. Sie haben ja keine Ahnung, wovon Sie reden! Gabriel hat sich entschuldigt, weil er gestern so unhöflich zu uns war.“

„Mir hat er keinen Schmuck geschenkt.“

„Nun seien Sie nicht albern! Ich gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht.“ Aber seine Kritik hatte sie doch getroffen, denn auch sie hatte ein schlechtes Gefühl bei einem so teuren Geschenk.

Sie war noch kaum beim Fahrstuhl, da stand Alex schon neben ihr. „Ich habe vorhin auf Ihrem Zimmer angerufen, aber Sie waren nicht da.“

„Ich wollte mich zwingen, etwas länger aufzubleiben, und habe deshalb im Restaurant gegessen. Allein. Außerdem habe ich mir die Läden angesehen. Soviel ich weiß, ist das kein Verbrechen.“

Alex presste kurz die Lippen zusammen. „Entschuldigung, ich sollte nicht gleich voreilige Schlüsse ziehen. Ich hatte nur angerufen, um Sie zu fragen, ob Sie mit mir einen Strandspaziergang machen wollen.“

Er meinte es ernst, das sah sie ihm an. Die schwarzen Augen und das leicht stoppelige Kinn gaben ihm einen verwegenen Ausdruck. Seinem gefährlichen Charme konnte sie sich einfach nicht entziehen. „Eigentlich gern, aber heute bin ich zu müde. Ich kann kaum noch die Augen offen halten. Vielleicht ein andermal?“

„Gern.“

„Gute Nacht, Alex.“

Er griff nach ihrer Hand, ließ sie aber schnell wieder los, als sie zusammenzuckte. „Übrigens haben Sie Eindruck auf die königliche Familie gemacht.“

„Wieso?“

„Sie haben uns eingeladen, mit ihnen das Wochenende auf ihrem Besitz in der Nähe von Coral Gables zu verbringen.“

„Die ganze Delegation?“

„Nein, nur Sie und mich.“

„Oh.“ Mist. „Ich finde eine Ausrede. Sie sollten auf alle Fälle annehmen. Aber ich passe da nicht hin.“

„Ich fürchte, das wird den Montoros gar nicht recht sein. Und wir können es uns nicht erlauben, die Familie zu beleidigen. Ich habe Mr. Montoro bereits gesagt, es sei uns eine Ehre. In dem Fall war es Rafael III., derjenige, der unserer Sache am ehesten positiv gegenübersteht. Da wir auf seine Unterstützung nicht verzichten können, müssen wir hin.“

Maria seufzte. Auch das noch. „Wann denn?“

„Wir werden um elf Uhr morgens abgeholt. Da wir über Nacht bleiben, müssen Sie ein paar Sachen mitnehmen. Aber wir behalten unsere Zimmer im Hotel.“

„Trotz der Zimmerpreise?“

Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Ihre Sparsamkeit in allen Ehren, Maria. Aber hier ist sie fehl am Platz.“

Sein sexy Lächeln verfolgte sie sogar in ihre Träume. Am Morgen erwachte Maria verschwitzt und verwirrt. Während sie duschte, sich das Haar wusch und danach trocken föhnte, dachte sie an die zwei Tage, die vor ihr lagen. Zwei Tage in einer entspannten privaten Atmosphäre – mit Alex.

Um Viertel vor elf hängte sie sich ihre Tasche über die Schulter und griff nach ihrem Koffer. In der Lobby sah sie sich um. Weil Alex noch nicht da war, suchte sie sich eine ruhige Ecke und zog ihr Smartphone aus der Tasche. Doch bevor sie ihre SMS beenden konnte, legte sich ihr eine große Hand auf die Schulter.

„Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe“, sagte Alex. „Ich hatte einen wichtigen Anruf aus Alma. Einige Parlamentsabgeordnete werden ungeduldig und warten dringend auf Nachricht.“

Maria folgte ihm nach draußen. „Können sie denn nicht verstehen, dass die Montoros für eine solche Entscheidung Zeit brauchen?“

Er schüttelte den Kopf. Wegen der dunklen Sonnenbrille konnte Maria nicht sehen, was in ihm vorging. „Ich glaube, die meisten Bürger in Alma sind davon überzeugt, dass die Montoros begeistert sind, wieder auf ihren Thron zurückkehren zu können.“

Vor dem Hotel wartete ein Chauffeur auf sie, und bald waren sie auf dem Weg nach Coral Gables. Maria lehnte sich zurück und genoss den Blick auf die Landschaft. Alex dagegen saß angespannt da und sah die E-Mails auf seinem Smartphone durch. Offenbar war er immer im Dienst, daran änderte auch die lässige Kleidung nichts.

Maria warf ihm einen kurzen Blick zu und unterdrückte einen leisen Seufzer. Auch in der hellen Kakihose und dem elfenbeinfarbenen Polohemd sah er unverschämt gut aus.

Nach etwa einer halben Stunde hatten sie die Stadt erreicht. Sie durchquerten ein hübsches Geschäftsviertel, wohl das Zentrum des Ortes, und kamen bald in die Wohngebiete, besser gesagt, in die Gegend, in der die Reichen und Berühmten wohnten.

Maria riss die Augen auf, als sie an den üppigen tropischen Gärten vorbeifuhren. Hinter den Mauern konnte man Luxusvillen erahnen. Vor einem großen schmiedeeisernen Tor hielt der Chauffeur, sprach kurz in eine Gegensprechanlage, und wie von Geisterhand öffnete sich das Tor. Ein gewundener breiter Kiesweg, umsäumt von Palmen, führte einen sanften Hügel hinauf. Das schrille Kreischen von wilden Papageien war zu hören.

„Das ist ja wie aus einem Roman“, sagte Maria leise, mehr zu sich selbst als zu Alex. Er schwieg, immer noch in seine Arbeit vertieft. „Alex?“

„Hm?“ Er sah nicht hoch.

„Alex!“

Diesmal reagierte er, nahm die Sonnenbrille ab und rieb sich die Stirn. „Was ist?“

Er wirkte gestresst, aber das war verständlich. Auch er musste unter dem Jetlag leiden und hatte wahrscheinlich wenig geschlafen. Außerdem bedrückte ihn die Verantwortung für das Gelingen ihrer Mission.

„Sie müssen einfach mal ausspannen, Alex“, sagte Maria ernst. „Sehen Sie doch nur aus dem Fenster. Wir sind im Paradies! Außerdem haben wir jetzt eine gute Gelegenheit, die Montoros besser kennenzulernen. Hier in ihrer eigenen Umgebung sind sie sicher zugänglicher. Wir haben die Chance, ein bisschen hinter die Fassade zu sehen, sie so zu erleben, wie sie wirklich sind. Danach können wir sehr viel gezielter den Köder auswerfen.“

Endlich legte er das Smartphone beiseite und sah sie mit einem warmen Lächeln an. „Donnerwetter, Maria, ganz schön raffiniert. Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“

„Wieso denn nicht? Ich meine damit doch nur, dass wir versuchen sollten, Schwachstellen zu entdecken. Wir beide wissen, dass die Bürger von Alma sich nach der Monarchie sehnen. Jetzt sollten wir versuchen, in den Montoros den Wunsch zu wecken, ihre Stellung als Herrscher wieder einzunehmen. Danach sollte alles wie von selbst laufen.“

Der Chauffeur hielt in einer breiten Einfahrt. Noch bevor Alex auf Marias letzte Bemerkung eingehen konnte, hatte sie bereits ihre Sachen genommen und war ausgestiegen. Eine Hausangestellte kam ihnen entgegen und führte sie zu einem kleinen Gästehaus.

„Herzlich willkommen“, sagte sie mit einem leichten Akzent. „Die Montoros freuen sich, dass Sie die Einladung angenommen haben. Ein Imbiss steht für Sie bereit. Vielleicht möchten Sie sich auch ein bisschen ausruhen. Um vier werden Sie abgeholt und zum Haupthaus gebracht. Dort wird Sie die Familie begrüßen.“

„Danke.“

Mit großen Augen sah sich Maria in der kleinen Villa um. Es gab zwei Gästesuiten. Beide waren jeweils mit einem Riesenbett ausgestattet und teuer möbliert. Der Chauffeur brachte das Gepäck und stellte Marias Koffer in die grau und rosa gestaltete Suite und Alex’ Gepäck in die blaue Suite.

„Möchten Sie Ihre Mahlzeit auf der Veranda einnehmen?“ Die Hausangestellte wies auf einen lichtdurchfluteten Anbau.

Alex sah Maria an und nickte dann. „Ja, gern.“

Die Tacos mit Fisch und Mangosalsa waren einfach köstlich. Alex probierte den hellen Pinot und nickte dann anerkennend. „Sehr gut. Ich glaube, sie setzen alles daran, um uns zu beeindrucken. Vielleicht wollen sie uns damit zu verstehen geben, dass sie wenig Interesse haben, nach Alma zurückzukehren.“

„Was?“

Maria sah ihn so entsetzt an, dass er sofort versucht war, sie zu trösten. Aber warum eigentlich? Sie waren doch hier, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Da hatten Gefühle keinen Platz. Und doch waren sie da, sehr intensiv sogar. Absolut unpassend und gefährlich. Wie sollte er seine Mission erfüllen, wenn sich in ihm ganz andere Sehnsüchte breitmachten?

Als Staatsdiener musste man die eigenen Wünsche für das große Ganze zurückstellen. Und Alex war stolz, seinem Land zu dienen. Also musste er die Gefühle unterdrücken, die Maria in ihm auslöste. Leichter gesagt als getan …

Maria trug das blonde Haar heute offen. Sie bewegte sich mit der ihr eigenen Grazie und Würde, die vergessen ließ, wie jung sie noch war. Und dass sie aus einem sehr bescheidenen Elternhaus kam. Er selbst hatte sie für diese Mission vorgeschlagen.

Recht hatte sie, als sie ihn auf ihre eigentliche Aufgabe hingewiesen hatte. Im Augenblick war nichts wichtiger, als die Montoros für sich zu gewinnen.

Sowie sie mit dem Essen fertig waren, räumte die Angestellte den Tisch ab, schenkte noch einmal nach und verschwand dann.

Sie waren allein.

Alex räusperte sich. „Möchte Sie sich … äh … ein bisschen hinlegen?“

„Eigentlich schon. Aber ich will endlich diesen blöden Jetlag überwinden. Wie wäre es mit einem kleinen Spaziergang?“

„Wissen Sie, wie heiß es draußen ist?“

„Und wenn schon. Wir sind in Florida. Und ich war noch nie hier.“

„Na gut.“ Er zuckte ergeben mit den Schultern. „Ich will Sie nicht aufhalten. Aber ich komme mit, damit Sie nicht verloren gehen.“

„Gut. Ich zieh mich nur um.“

Zu Alex’ Verblüffung war sie schon nach wenigen Minuten wieder da. Und zwar in knappen weißen Shorts, wodurch ihre langen, sonnengebräunten Beine fantastisch zur Geltung kamen, und einem himbeerfarbenen kurzen Hemdchen. Alex musste schlucken. Dazu hatte sie das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Maria wirkte wie ein übermütiger Teenager.

„Das … das ging schnell“, brachte er gerade noch heraus.

„Meine Mutter war immer der Meinung, dass eine Frau möglichst natürlich auftreten sollte. Also ohne Make-up und langes Styling. Allerdings habe ich mich dagegen aufgelehnt. Mit vierzehn fing ich an, mich zu schminken.“

„Also waren Sie aufmüpfig!“

Sie lachte. „Ich wollte ihr keinen Kummer machen, denn ich liebe sie sehr. Aber ich wollte so sein wie die anderen Mädchen.“

„Das ist verständlich.“

„Eines Tages kam sie früher nach Haus, und ich hatte keine Zeit mehr, mich abzuschminken. Sie war so …“

„Wütend?“

„Nein, enttäuscht. Und das war viel schlimmer. Sie meinte, ich solle stolz auf mich und meine Persönlichkeit sein. Äußerliche Attribute spielten keine Rolle.“

„Sehr weise.“

„Das schon. Aber das Thema quälte sie, das merkte ich. Dass mein Vater sie noch vor meiner Geburt verlassen hatte, wusste ich. Sie hatte ihn geliebt und sich fürchterlich in ihm getäuscht. Ihr ganzes Leben musste sie dafür bezahlen. Deshalb war es immer mein Ziel, so viel zu verdienen, dass ich ihr eine kleine Wohnung kaufen kann. Sie hat sich für mich aufgeopfert, und ich will, dass sie ihr Leben genießen kann, solange sie gesund und fit ist.“

„Sie sind eine gute Tochter.“

Sie sah ihn an, zweifelnd und unsicher. „Ich hoffe es.“

4. KAPITEL

Sie verließen die kleine Villa, und Alex dachte noch lange über Marias Worte nach.

Sie war ehrgeizig, das wusste er. Und er gehörte nicht zu den Menschen, für die das ein Problem war. Er bewunderte ehrgeizige Frauen. Aber was wollte sie erreichen? Wollte sie beruflich Karriere machen, oder wollte sie nur für sich und ihre Mutter ein angenehmes Leben schaffen? Sehnte sie sich nach Mann und Kindern, oder waren die Erfahrungen der Mutter so traumatisch, dass auch die Tochter Männern generell misstraute?

Und wenn sie nun ganz andere Ziele hatte? Vielleicht wollte sie sich einen der Montoros angeln. Gabriel vielleicht? Sah sie sich als künftige Prinzessin?

Nein, ganz sicher nicht, es gab keinen Grund für einen solchen Verdacht. Nur seine eigene Eifersucht. Denn obgleich eine Beziehung mit ihr nicht infrage kam, vor allem nicht jetzt, peinigte ihn die Vorstellung, Maria könnte in den Armen eines anderen liegen.

Während sie so dahinschlenderten, versuchte er, sich auf die Natur zu konzentrieren und nicht auf die langbeinige Schönheit, die vor ihm herging. Je häufiger er mit Maria zusammen war, desto schwerer fiel es ihm, seine sehr eindeutigen Fantasien zu unterdrücken. Schon zweimal hatte er von ihr geträumt und war schweißnass aufgewacht.

Er schob die Hände in die Hosentaschen. Zu stark war die Versuchung, sie zu berühren, ihr blondes, seidiges Haar zu streicheln. Sofort spielte ihm seine Fantasie wieder einen Streich, und er sah Maria unter sich liegen, das Haar ausgebreitet auf einem schwarzen Seidenkissen, die Augen halb geschlossen, ein lustvolles Lächeln auf den Lippen …

Verdammt … Er hatte eine Erektion, ihm war heiß, und er hätte sich am liebsten auf Maria gestürzt. Sehr unpassend für einen Mann, von dessen kühlem Kopf und diplomatischem Geschick das Wohl eines ganzen Landes abhing. Er presste die Lippen zusammen und versuchte, sich ganz auf die Pflanzen am Wegesrand zu konzentrieren. Nicht auf die schmale Taille und den runden Po vor ihm …

Marias Müdigkeit schien verflogen zu sein. Unverdrossen bog sie immer wieder in einen neuen Pfad ein. Kurz vor ihrem Ausgangspunkt machten sie an einer kleinen Lagune halt. Auf dem gegenüberliegenden schmalen Sandstreifen entdeckten sie ein Pfauenpaar. Die Vögel in den Bäumen sangen.

Maria lehnte sich verträumt lächelnd gegen einen Baumstamm. „Was für eine herrliche Landschaft. So ursprünglich und voller Leben.“

„Wenn Sie sich entscheiden müssten, würden Sie all das hier verlassen und in ein Land ziehen, in dem Sie bisher nie gewesen sind? Nur um ein Schicksal auf sich zu nehmen, das Sie noch nicht einmal selbst gewählt haben?“

Sie blickte sinnend auf das Wasser. „Das kann ich nicht sagen. Mein Leben ist so anders. Wenn meine Mutter mal nicht mehr da ist, werde ich nie mehr herausfinden können, wer mein Vater ist. Und sie weigert sich, mit mir darüber zu sprechen. Sie erzählt auch nichts von ihrer eigenen Familie, die sie verstoßen hat, als sie schwanger und ohne Mann dasaß. Also kann ich mich schwer in die Situation der Montoros versetzen, deren Stammbaum viele Jahrhunderte zurückreicht. Von meiner Familie weiß ich nichts.“

„Das tut mir leid.“

„Muss es nicht. So ist es nun mal.“

Das sollte wohl gleichgültig klingen, aber Alex merkte doch, dass eine gewisse Trauer in ihrer Stimme mitschwang. Marias Haut war rosig und leuchtete förmlich, sie wirkte zudem leicht erhitzt. Ihre Mutter hatte recht, Maria brauchte keine Hilfsmittel, um ihre Schönheit zur Geltung zu bringen. Sein Herz schlug schneller. Eigentlich sah sie aus, als hätte sie gerade eine Liebesnacht hinter sich …

Nervös verschränkte er die Arme. Wie gern würde er sie einfach an sich ziehen. Aber er musste vernünftig sein. Er warf einen schnellen Blick auf die Uhr. „Wir sollten zurück zum Haus, um Zeit zu haben, uns umzuziehen.“

Sie sah ihn mit einem Lächeln an, das er bis in die Fußspitzen spürte. „Ich bin so froh, dass ich diese Reise machen konnte. Und Ihnen sehr dankbar, denn ich weiß, dass Sie ein gutes Wort für mich eingelegt haben.“

„Ich brauche Ihre Dankbarkeit nicht, Maria“, stieß er dumpf hervor, der Körper verkrampft vor Verlangen.

„Was denn dann?“, fragte sie flüsternd. „Erinnern Sie sich, diese Frage habe ich Ihnen schon einmal gestellt, und Sie wollten sie nicht beantworten.“

„Das stimmt nicht. Ich habe nichts gesagt, weil Sie nicht bereit waren, meine Antwort anzuhören.“

Sie stieß sich von dem Baumstamm ab und machte einen Schritt auf ihn zu. „Und wenn ich jetzt bereit bin?“

Da konnte er sich nicht länger zurückhalten. „Komm her“, befahl er leise und streckte die Arme aus. Wieder trat sie einen Schritt näher, und er fasste sie bei den Händen, zog sie an sich und küsste sie auf die zarte Ohrmuschel.

Sie sah zu ihm hoch. „Männer sind schon merkwürdige Geschöpfe.“

„Wieso?“