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Beschreibung

Die Geheimnisse der verschütteten Stadt – was wir heute über das antike Pompeji wissen

Für die Menschen in Pompeji war der Ausbruch des Vesuvs im Herbst 79 n. Chr. eine Katastrophe. Für die Forschung der Nachwelt hingegen ein Segen: Wie in einer Zeitkapsel konservierte die Asche des Vulkans die stolze Stadt im Moment ihres Untergangs. In diesem Buch tragen SPIEGEL-Autorinnen und Wissenschaftler die neuesten Forschungsergebnisse über die antike Lebenswelt zusammen. Sie erklären, was erotische Wanddarstellungen über die Sexualmoral verraten, wie tödlich Gladiatorenkämpfe waren und mit welchen Drogen sich die Bewohner der Stadt einst berauschten. Doch die hier versammelten Beiträge beleuchten auch die angespannte Wohnsituation und die Lage der Versklavten. Sie nehmen die Leserinnen und Leser mit zum Chirurgen und in die Tempel. Zusammen zeichnen sie ein lebendiges Bild der römischen Stadt und ihrer Menschen.

Mit zahlreichen Abbildungen.

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Seitenzahl: 232

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Eva-Maria Schnurr, geboren 1974, ist seit 2013 Redakteurin beim SPIEGEL und verantwortet seit 2017 die Heftreihe SPIEGELGESCHICHTE. Zuvor arbeitete die promovierte Historikerin als freie Journalistin, unter anderem für Zeit und Stern. Sie ist Herausgeberin zahlreicher SPIEGEL-Bücher. Zuletzt erschienen Die Welt des Adels, Deutschland in den Goldenen Zwanzigern, Das Geheimnis des Erfolgs (alle 2021), Deutschland, deine Kolonien und Das Zeitalter der Hexenverfolgung (beide 2022) sowie Kriegsgefangene (2023).

Martin Pfaffenzeller, geboren 1989, studierte Sozial- und Medienwissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität und besuchte die Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Von 2021 bis 2023 war er Redakteur beim SPIEGEL und konzipierte mehrere Ausgaben der Heftreihe SPIEGELGESCHICHTE. Seither schreibt er als ständiger freier Autor von Helsinki aus für den SPIEGEL.

Die Geheimnisse der verschütteten Stadt

Für die Menschen in Pompeji war der Ausbruch des Vesuvs im Herbst 79 n. Chr. eine Katastrophe. Für die Forschung der Nachwelt hingegen ein Segen: Wie in einer Zeitkapsel konservierte die Asche des Vulkans die stolze Stadt im Moment ihres Untergangs. In diesem Buch tragen SPIEGEL-Autorinnen und Wissenschaftler die neuesten Forschungsergebnisse über die antike Lebenswelt zusammen. Sie erklären, was erotische Wanddarstellungen über die Sexualmoral verraten, wie tödlich Gladiatorenkämpfe waren und mit welchen Drogen sich die Bewohner der Stadt einst berauschten. Doch die hier versammelten Beiträge beleuchten auch die angespannte Wohnsituation und die Lage der Versklavten. Sie nehmen die Leserinnen und Leser mit zum Chirurgen und in die Tempel. Zusammen zeichnen sie ein lebendiges Bild der römischen Stadt und ihrer Menschen.

www.penguin-verlag.de

Eva-Maria Schnurr

Martin Pfaffenzeller (Hg.)

DIE LETZTEN TAGE VON POMPEJI

So lebten die Römer im Schatten des Vulkans

Mit Beiträgen von Peter Ahrens, Felix Bohr, Jens-Arne Dickmann, Angelika Franz, Hauke Friederichs, Johann Grolle, Solveig Grothe, Christoph Gunkel, Frank Hornig, Katja Iken, Dela Kienle, Michael Kister, Danny Kringiel, Jasmin Lörchner, Kathrin Maas, Frank Patalong, Martin Pfaffenzeller, Eva-Maria Schnurr, Michael Sommer, Frank Thadeusz

Die Texte dieses Buches sind erstmals in dem Magazin »Die letzten Tage von Pompeji. So lebten die Römer im Schatten des Vulkans« (Heft 4/2022) aus der Reihe SPIEGELGESCHICHTE erschienen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

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und SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG,

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(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)

Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, München

Umschlagabbildung: Archives Charmet / Bridgeman Images

Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-32313-4V002

www.penguin-verlag.de

Inhalt

Vorwort

Als die Zeit stehen blieb

So schrecklich der Vulkanausbruch für Pompeji war – für die Archäologen war er ein Glücksfall. Die Asche konservierte den Moment des Untergangs und machte die Stadt zu einer unschätzbaren Quelle für den römischen Alltag.

Von Martin Pfaffenzeller und Eva-Maria Schnurr

Tanz auf dem Vulkan

Schon 62 n. Chr. deutete sich die Katastrophe an: mit einem Warnsignal, das kaum jemand ernst nahm.

Von Hauke Friederichs

»Pompeji war eine vollgestopfte Stadt«

Luxus für alle oder soziale Spaltung? Der Archäologe Gabriel Zuchtriegel erklärt, wie die Stadt einst funktionierte.

Von Frank Hornig und Martin Pfaffenzeller

Einstürzende Altbauten

Luftverschmutzung und Starkregen bedrohen den Fortbestand der Ruinenstätte. Drohnen und künstliche Intelligenz sollen den Verfall bremsen.

Von Martin Pfaffenzeller

Im Haus der Julia Felix

Die Mietsituation war angespannt, viele hausten beengt – und Immobilienspekulanten nutzten ihre Chance.

Von Angelika Franz

Frisch vom Markt

Wein und Fischsoße gelangten nach Rom und in ferne Orte des Imperiums. Was erzählt das über Pompejis Ökonomie?

Von Jens-Arne Dickmann

»Tausend Spiele kennt Venus«

Erotische Darstellungen sind in der Stadt allgegenwärtig, derbe Graffiti lassen auf hemmungslosen Verkehr schließen. Doch nicht allen war Freizügigkeit erlaubt.

Von Katja Iken

Der Patron von Pompeji

Gnaeus Alleius Nigidius Maius war in den Jahren vor dem Untergang der einflussreichste Mann in Pompeji. Diesen Status musste er sich teuer erkaufen.

Von Frank Patalong

»Geliebt von Taschendieben und Faulpelzen«

Kandidaten für Ämter in Pompeji ließen ihre Namen auf Wände schreiben. Scherzbolde verunstalteten die Aufrufe.

Von Frank Patalong

»Kämpft draußen!«

In den Tavernen traf man sich zum Zocken. Nicht immer endeten die Partien friedlich.

Von Christoph Gunkel

Götterwettstreit

Die Pompejaner verehrten Ahnen, vergöttlichten Kaiser und pflegten orientalische Kulte – aus sehr weltlichen Interessen.

Von Michael Sommer

Altrömischer Voodoo

Wollten Römer jemandem Böses, gingen sie auf den Friedhof. Und vergruben dort Täfelchen mit vermeintlich magischer Wirkung.

Von Michael Sommer

Der Aufstieg des Marcus Venerius Secundio

Freigelassene Sklaven wie Marcus Venerius Secundio konnten zu Wohlstand und Ansehen kommen. Die Elite akzeptierte sie dennoch nicht.

Von Jasmin Lörchner

Sehr viel heiße Luft

Die Stabianer Thermen zählten zu den technologisch raffiniertesten Anlagen im Reich – und boten gehobene Entspannung.

Von Frank Thadeusz

Spontane Verpuffungen

In Pompeji konnten Menschen ihr Geschäft in öffentlichen Latrinen verrichten. Die waren schmutzig, dunkel und gefährlich.

Von Frank Thadeusz

Blutbad im Amphitheater

59 n. Chr. sorgten Fans in Pompeji für Krawalle. Ein Einzelfall?

Von Peter Ahrens

So schmeckte die Antike

Die Römer nutzten Fermentation, um Lebensmittel haltbar zu machen. Aromenforscher experimentieren heute wieder mit den antiken Methoden.

Von Felix Bohr

Mit Knochenhebern und Wundhaken

In Pompeji gab es erstaunlich viele Heilkundige – waren die Ärzte mutiger oder ihre Patientinnen und Patienten?

Von Dela Kienle

Rausch alla romana

In der Antike kannte und nutzte man etliche bewusstseinserweiternde Mittelchen. So funktionierte der Rausch alla romana.

Von Danny Kringiel

Abc neben der Küchentür

Überall in Pompeji finden sich Kritzeleien. Konnten wirklich so viele Menschen lesen und schreiben? Und wo lernten sie es?

Von Solveig Grothe

Platon aus der Asche

Verkohlte Schriftrollen aus Herculaneum könnten verloren geglaubte Bestseller der Antike preisgeben.

Von Johann Grolle

Bildanalyse: Edward John Poynter: Faithful Unto Death (1865)

Was ist die Botschaft von Edward John Poynters Gemälde Faithful Unto Death?

Von Kathrin Maas

Immerhin ein schneller Tod

Kurz bevor eine Glutlawine Pompeji begrub, wagte ein Mann einen Fluchtversuch. Eine Rekonstruktion.

Von Martin Pfaffenzeller

»Gewaltige Flammenstreifen«

Der Naturforscher Plinius der Ältere beobachtete die Katastrophe aus nächster Nähe und kam dabei ums Leben. Ein Brief seines Neffen ist die wichtigste Quelle zum Untergang Pompejis.

Müsliriegel im Tunnel

Raubkunst aus Pompeji ist ein Millionengeschäft. Doch Ermittler und Archäologen sind den Dieben auf der Spur.

Von Frank Hornig

Kompendium: Römische Alltagsgegenstände

VonMichael Kister

Anhang

Chronik: Wichtige Daten zu Pompeji

Pompeji in Grafiken

Empfehlungen: Bücher, Filme & Museen

Autor*innenverzeichnis

Dank

Personenregister

Vorwort

Für die Menschen in Pompeji war der Ausbruch des Vesuvs im Herbst 79 n. Chr. eine Katastrophe. Für die Forschung hingegen war er ein Segen: Wie in einer Zeitkapsel konservierte die Asche des Vulkans die stolze Stadt am Golf von Neapel im Moment ihres Untergangs.

Pompeji und das nahe gelegene, ebenfalls verschüttete Herculaneum faszinieren die Nachwelt, seit im 16. Jahrhundert erste Spuren wiederentdeckt wurden. Ab 1738 begann man systematisch zu graben, bald wurden die Orte gefragte Reiseziele.

Zunächst ging es vor allem um Skulpturen, Schätze und architektonische Zeugnisse aus der Zeit des alten Roms. Im 19. Jahrhundert fingen die Ausgräber an, die Hohlräume in der Asche mit Gips auszugießen. So entstanden plastische Abgüsse von Menschen, die beim Vulkanausbruch gestorben waren.

Die Abgüsse zeigen anrührende Szenen von Menschen in den letzten Momenten ihres Lebens: Junge Frauen und Männer, die sich zusammenkauern und Schutz suchen vor den Glutlawinen. Familien mit kleinen Kindern, die eng beieinander starben. Oder ein Bürger in feinem Wollmantel neben einem jungen Mann, dessen Wirbel von der Arbeit gestaucht waren; wohl ein Herr und sein Sklave, im Tode gleich.

Wahrscheinlich sind es auch diese Abgüsse, die Pompeji heute so eindrucksvoll machen. Sie holen die Antike ganz nah, zeigen unmissverständlich, dass die Menschen vor 2 000 Jahren Menschen waren wie wir, mit Hoffnungen, Plänen – und Todesangst.

Und sie richten den Fokus auf das Leben der Menschen vor ihrem Tod. Im Schatten des Vulkankegels – der damals viel kleiner war als heute – blühte eine Handelsmetropole. Sie war dicht besiedelt und berühmt für ihre Fischsoße, die in großen Amphoren in andere Teile des Römischen Reichs exportiert wurde.

In den vergangenen Jahren entdeckten Archäologen und Historikerinnen neue Details, die es ermöglichen, den Alltag in der antiken Stadt besser zu rekonstruieren. Die Menschen erholten sich in luxuriösen Bädern, besuchten in ihrer Freizeit eines der Theater der Stadt oder sahen sich Gladiatorenkämpfe an und zockten in Tavernen Brettspiele. Selbst über die Sexualmoral der Bevölkerung lässt sich inzwischen einiges sagen.

In diesem Band haben wir neue Forschungsergebnisse über die damalige Lebenswelt zusammengetragen. Wir erzählen von der medizinischen Behandlung, von der Götterwelt, dem Handel oder der Politik in der Stadt, in der vermutlich deutlich mehr Menschen wohnten als früher oft gedacht.

Auch über soziale Unterschiede etwa zwischen Sklaven und Freien weiß man mittlerweile viel, ebenso über das Bildungswesen oder die Geheimnisse der römischen Küche. Neue Forschungsmethoden versprechen für die nähere Zukunft weitere aufregende Erkenntnisse.

SPIEGEL-Autorinnen und -Autoren und Wissenschaftlerinnen und Forscher laden in ihren Beiträgen ein, sich auf eine Zeitreise zu begeben an einen Ort, dessen Bewohner um die tödliche Gefahr hätten wissen können, die im benachbarten Berg lauerte. Und die sich doch entschieden, ihre Heimat nicht zu verlassen.

Wir wünschen eine anregende Lektüre.

Martin Pfaffenzeller und Eva-Maria Schnurr

Februar 2025

Als die Zeit stehen blieb

So schrecklich der Vulkanausbruch für Pompeji war – für die Archäologen war er ein Glücksfall. Die Asche konservierte den Moment des Untergangs und machte die Stadt zu einer unschätzbaren Quelle für den römischen Alltag.

Von Martin Pfaffenzeller und Eva-Maria Schnurr

Die Stadt

Pompeji galt als eine der schönsten Siedlungen des römischen Imperiums. Der Boden war fruchtbar, das Klima mild, die See nahe. Es gab alles, was ein Römerherz begehrte: ein stattliches Forum, mehrere Thermen, imposante Theater, Garküchen, Läden für den täglichen Bedarf, Aquädukte für frisches Wasser und öffentliche Latrinen. Auch die Wirtschaft lief offenbar gut: Amphoren aus Pompeji, genutzt für Exportprodukte wie Wein oder die Würzsoße garum, fanden sich an vielen Orten im Mittelmeerraum.

Das Lebensgefühl

Eine der Überraschungen bei den Ausgrabungen war, wie bunt die Stadt einst gewesen sein muss. Die Wände der Häuser waren farbig gestrichen, oft zierten Fresken die Räume, auch Statuen bemalte man damals vermutlich. Es muss etliche Wohlhabende gegeben haben, sie residierten in prächtigen Wohnungen mit Gartenanlagen. Doch lebten in den oberen Stockwerken oder ebenerdigen Ladenlokalen dieser Stadthäuser auch ärmere Familien oder Versklavte. Noch ist die Forschung sich nicht einig, wie typisch Pompeji damit für eine römische Stadt war.

Die Menschen

Nur wenige individuelle Biografien sind aus Pompeji bekannt, der Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner bleibt für uns heute namenlos, nicht anders als die meisten Einwohner anderer römischer Städte. Doch über Inschriften lassen sich manchmal Häusern, Wirtschaftsbetrieben oder sogar Porträts konkrete Namen zuordnen. Es sind Puzzleteilchen, die Hinweise darauf liefern, womit die Menschen ihren Lebensunterhalt verdienten, wie sie lebten – und wie sie sich selbst sahen.

Die Forschung

Systematisch untersucht werden die römischen Siedlungen am Vesuv seit dem 18. Jahrhundert: Ab 1738 in Herculaneum, zehn Jahre später auch in Pompeji kamen immer mehr alte Gebäude zutage. Obwohl derzeit nur an wenigen Stellen gegraben wird – ein Drittel der antiken Stadt ist noch verschüttet –, entdecken Archäologinnen und Historiker immer neue spannende Details. Eine 2018 gefundene Inschrift deutet darauf hin, dass der Vesuv zwei Monate später ausbrach als lange gedacht und die Stadt erst Ende Oktober 79 unterging.

Tanz auf dem Vulkan

Kaum jemand in Pompeji wusste, dass die Stadt in einer geologischen Risikozone lag. Im Jahr 62 n. Chr. meldete sich die Natur mit einer deutlichen Warnung.

Von Hauke Friederichs

Man konnte allem Anschein nach gut leben in Pompeji, der Hafenstadt am Golf von Neapel. Prächtige Wohnsitze standen dicht an dicht, Mosaike und Wandgemälde zeigten den Wohlstand der Menschen und ihre hohe Lebensqualität. Auf Landgütern vor den Stadtmauern gediehen Oliven, Obst, Gemüse, Getreide und Wein.

Mehrere Ernten in einem Jahr konnten die Bauernfamilien einfahren. Vulkanasche machte den Boden besonders fruchtbar. Im Norden der Stadt überragte ein Berg namens Vesuv die Landschaft, ab und zu wackelte die Erde. Aber daran waren die Bewohner gewöhnt.

Es gebe keinen Ort auf der Welt mit einem derartigen Reichtum an natürlichen Ressourcen, schwärmte Plinius der Ältere (circa 23 bis 79 n. Chr.) in seiner Naturgeschichte über die Region. Campania felix, glückliches Kampanien, nannten die Römer diese Gegend.

Doch am 5. Februar 62 n. Chr. schien sich das Glück der Stadt unvermittelt zu wenden: Die Erde bebte sehr viel stärker als sonst. In einer Bäckerei an einer Hauptstraße ging plötzlich ein Riss durch den Backofen und eine Wand, Statuen fielen um, Ehrenbögen brachen auseinander. Dann stürzten ganze Gebäude ein, eine Herde von 600 Schafen verendete draußen vor den Mauern.

Viele Bewohner flohen aus der Stadt, irrten in schwerem Schockzustand umher. So beschreibt es Seneca (circa 4 v. Chr. bis 65 n. Chr.), ein Zeitgenosse. Ihrer Heimat, so muss es den Menschen Pompejis an diesem Wintertag vorgekommen sein, drohte die Zerstörung, ihnen selbst der Tod. Was nur war geschehen? Wie sollte es weitergehen?

Die Region Kampanien war und ist noch immer eine der am stärksten durch Naturkatastrophen bedrohten Regionen Italiens. Unter der Erdoberfläche wirken gewaltige Kräfte: Die kleine Adriatische Kontinentalplatte wird unter die Eurasische Platte gedrückt und zerschmilzt in der Hitze des Erdinneren.

Heißes Magma drückt nach oben, was zu Erdbeben und zu vulkanischer Aktivität führt. Gleich drei vulkanische Zentren liegen am Golf von Neapel: im Nordosten der Vesuv, im Norden die Phlegräischen Felder, die an das Stadtgebiet von Neapel angrenzen, und im Westen die Insel Ischia.

Bereits vor fast 4 000 Jahren überschüttete der Vesuv Dörfer aus der Bronzezeit mit einer Lawine aus Asche und Gestein. In der Eisenzeit lockte der fruchtbare Boden erneut Siedler an. Ausgrabungsteams haben ihre Spuren am Golf von Neapel nachgewiesen.

Pompeji entstand um 600 v. Chr., lange bevor Rom zur italienischen Macht aufstieg. Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass wohl etruskische Familien die Stadt auf einer Ebene im Norden des Flusses Sarno gegründet hatten. Später siedelten sich auch Menschen an, die Inschriften auf Oskisch hinterließen – einer Sprache aus der Untergruppe der italischen Sprachen, die später vom Lateinischen verdrängt werden sollte.

Dieses Mosaik aus dem Speisezimmer eines Hauses in Pompeji sollte Bewohner und Gäste daran erinnern, dass jeder sterblich ist. © mauritius images/Brenda Kean/Alamy

Die Einwohner hielten Schafe, waren auch als Händler aktiv. Anfangs lag die Stadt in der Machtsphäre der Etrusker. 474 v. Chr. unterlagen diese jedoch in einer entscheidenden Schlacht gegen Griechen, die sich in Italien niedergelassen hatten. Damit verloren die Etrusker ihren Einfluss im Süden der Halbinsel.

Nun eroberten Samniten, ein kriegerischer Stammesverband aus den Bergen, die Region Kampanien und übernahmen auch Pompeji. Als Rom stärker wurde und seinen Machtbereich im 4. Jahrhundert v. Chr. ausweitete, vertrieb die Republik nach einer Reihe von Kriegen die samnitischen Stämme. Pompeji musste nun ein Bündnis mit Rom schließen und sich an dessen Feldzügen beteiligen. Nach dem römischen Sieg über Karthago erlebte Pompeji eine neue Blütezeit. Im 2. Jahrhundert v. Chr. entstanden dort neue Villen und Tempel, das Forum wurde umgestaltet, die Stadtmauer verstärkt.

Pompeji gehörte zwar zu den römischen Verbündeten, aber die Bewohner Kampaniens blieben gegenüber den Bürgern der Metropole benachteiligt: Sie durften nicht in Rom wählen und erlangten keinen politischen Einfluss. Zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. forderten Vertreter der italienischen Städte die römischen Bürgerrechte für sich. Der Senat lehnte das ab. Das führte wenig später zum Bundesgenossenkrieg. Pompeji schloss sich den Aufrührern an.

Rom erwies sich als zu stark. Der Heerführer Lucius Cornelius Sulla belagerte die Stadt und ließ mit Katapulten die Mauern beschießen. Bald gaben die Verteidiger auf. Rom zeigte Gnade, Pompeji blieb bestehen. Dennoch prägten die Folgen des Konflikts die Stadt: 80 v. Chr. wurde Pompeji eine Kolonie für römische Veteranen unter Führung eines engen Verwandten Sullas. Die früheren Legionäre und Offiziere verdrängten wohl einige Alteingesessene.

Latein wurde zur Amtssprache und ersetzte das Oskische der Samniten; Pompeji erhielt neue öffentliche Gebäude wie Thermen am Forum und das Amphitheater im Südosten. Der Stadtplan wirkt wie am Reißbrett geplant, der Ort besteht weitgehend aus rechteckigen insulae, Häuserblocks. Östlich vom Forum gibt es verwinkelte, enge Gassen, die lange für die Altstadt gehalten wurden. Inzwischen hat die archäologische Forschung auch an anderen Ecken Spuren archaischer Besiedlungen gefunden.

Eine 3 200 Meter lange Mauer umgab Pompeji, die von zwölf Wachtürmen abgesichert wurde, die meisten davon standen im Norden. Sieben Stadttore sind heute bekannt. Große Basaltblöcke bildeten den Belag der wichtigen Straßen, Wagen und Karren haben tiefe Furchen hineingeschliffen. Zwischen einzelnen Häuserblocks verliefen aber auch unbefestigte Wege.

An den Hauptverkehrsadern im Zentrum reihten sich Bäckereien, Schenken, Garküchen, Frisöre und Parfümerien aneinander. In Pompeji verarbeiteten Färber und Stoffwalker die Wolle der Schafe, die vor der Stadt gehalten wurden. Händler verkauften die Textilien in ihren Geschäften und auf auswärtigen Märkten. Überall in der Stadt fanden sich Läden, in denen Stoffe angeboten wurden.

Pompeji erlangte in der Amtszeit Kaiser Augustus’ (31 v. Chr. bis 14 n. Chr.) großen Wohlstand, der bis zum Beben anhielt. Die Rebellen hatten das Bürgerrecht erhalten und waren zu Römern geworden. An Pompejis Spitze stand nun ein gewähltes Zweimännerkollegium, nicht wie zuvor der meddix tuticus,das Oberhaupt aus samnitischer Zeit. Bei Konflikten mit anderen Kommunen oder innenpolitischen Problemen entsandte man Delegationen nach Rom und bat vor dem Senat oder dem Kaiser um Hilfe.

In Pompeji boten sich viele Vergnügungsmöglichkeiten: Schenken, Märkte, mindestens ein Bordell, dazu öffentliche Thermen und verborgene Spielhöllen, wo verbotenerweise um Geld gewürfelt wurde. Die Reichen lebten in riesigen Häusern mit eigenen Schreinen, Gärten, Bädern mit Bodenheizung und Glasscheiben vor den Fenstern.

Kaiser, Adlige, Politiker und reiche Kaufleute aus Rom schätzten die Schönheit der Natur, die Reize der Landschaft mit sanften Hügeln und der malerischen Küstenlinie, das milde und heilsame Klima. Sie errichteten dort Landsitze, allein Kaiser Tiberius nannte vermutlich zwölf Villen am Golf von Neapel sein Eigen. Im 1. Jahrhundert v. Chr. hatte auch Cicero unweit von Pompeji ein Anwesen erworben.

Die meisten Familien waren allerdings nicht vermögend, sie lebten eingezwängt in Einraumwohnungen, die über ihrer Werkstatt oder ihrem Geschäft waren. 80 verschiedene Gewerbe gab es in Pompeji: Töpfer, Färber, Müller, Werkzeugmacher, Weber, Schmiede und viele andere Berufe. Versklavte mussten die schmutzige und mühselige Arbeit erledigen, wie überall im Imperium Romanum.

Die Gefahr, die ihnen aus der Tiefe der Erde drohte, erkannten die Menschen nicht. Der griechische Geograf Strabon (circa 64 v. Chr. bis 23 n. Chr.) notierte zwar über den Vesuv in seiner Erdbeschreibung: "Seine Spitze zeigt zerklüftete Höhlungen in Felsen von rußiger Farbe, als seien sie von Feuer ausgefressen, so dass man schließen könnte dass diese Stelle früher einmal gebrannt und Feuerkrater gehabt hat." (Übersetzung S. Radt) Jedoch vermutete Strabon, der Vesuv sei schon lange erloschen, weil der Brennstoff ausgegangen sei.

Spätere Gelehrte wie Plinius der Ältere und Seneca nannten den Vesuv nicht, wenn sie über Vulkanismus schrieben – offenbar hatten sie Strabon nicht gelesen oder wollten sich seiner Sichtweise nicht anschließen. Wenn selbst die schlauesten Denker kein Risiko ausmachten, wie sollten einfache Leute aus Pompeji das Unheil ahnen?

Ein Fresko, das Forschende später in der Stadt bargen, zeigt wohl, wie die Menschen ihre Umgebung wahrnahmen: Der Vesuv erscheint als grüner Berg, bedeckt von Weinreben. Keine Risikozone, sondern eine friedliche Idylle, ein fruchtbares Paradies.

Vor diesem Hintergrund muss das schwere Erdbeben von 62 völlig überraschend über die Menschen von Pompeji hereingebrochen sein. Sie fürchteten offenbar, den Zorn der Götter erregt zu haben, griffen zur Kunst, um die Schwere des Bebens zu dokumentieren. Zwei Reliefplatten zeigen die Katastrophe. Sie zierten die Villa des Bankiers Lucius Caecilius Iucundus.

Und sie machen begreifbar, wie heftig die Erde schwankte: Der Tempel des Jupiter auf dem Forum neigt sich bedrohlich zur Seite. Sein Dach fällt zusammen. Auf dem anderen Bild bricht das Vesuv-Tor zusammen. Zwei Esel, die vor einen Karren gespannt sind, rennen wie von Sinnen mit dem Gefährt davon.

Das Beben erreichte wohl eine Stärke von bis zu 5,4, so schätzen heute Forschende, das Epizentrum lag vermutlich nur wenige Kilometer westlich der Stadt. Wie viele Tote die Einwohner Pompejis zu beklagen hatten, ist ungewiss. Fest steht, dass die wohlhabende Stadt, deren Amphitheater 20 000 Plätze bot und in dessen großem Theater immerhin gut 4 000 Menschen unterhalten werden konnten, durch die Erdstöße einen Teil ihrer Pracht verlor.

In seinen Annalen berichtet der große römische Geschichtsschreiber Tacitus nur beiläufig, mit einem Satz, dass Pompeji beim Beben zum großen Teil einstürzte. Seneca schreibt in seinen Naturwissenschaftlichen Untersuchungen mehr über das Unglück. »Wir haben die Schreckensnachricht vernommen, Pompeji in Kampanien«, so hält er fest, »jene volkreiche Stadt ist in Trümmer gesunken und auch die Umgebung ist schwer getroffen worden.« (Übersetzung M.F. Brok).

Der Gelehrte notierte auch, dass die Region nicht vor Beben sicher sei, sie bisher aber noch nie großen Schaden erlitten habe und immer mit dem Schrecken davongekommen sei. Seneca beschäftigte sich auch mit der Frage, was das Unglück ausgelöst hatte. Er ging davon aus, dass bewegte Luft, die auch im Inneren der Erde mit unbändiger Kraft wüte, für Beben verantwortlich sei.

Nicht der Zorn der Götter sei dafür verantwortlich, sondern die Natur. Damit aber lieferte Seneca kaum Beruhigendes für diejenigen, die Todesangst gelitten hatten. So manche Familie, die es sich leisten konnte, verließ die Umgebung des Vesuvs und kam nie wieder zurück.

Doch nach einigen Tagen beruhigte sich die Erde wieder und das Leben in Pompeji ging weiter, fast wie zuvor. Viele Häuser wurden nach 62 renoviert, die farbenfrohen Wandgemälde darin restauriert, beschädigte Ehrenbögen und Thermen durch die Stadt erneuert, das Forum nach und nach wieder ansehnlich gemacht.

Pompeji muss in den Jahren nach dem Beben eine einzige gewaltige Baustelle gewesen sein. So beseitigten Handwerker im herrschaftlichen Stadthaus des Menander einige Schäden des Erdbebens. Auch in anderen Gebäuden füllte man Risse und erneuerte Wände, wie archäologische Ausgrabungen später zeigten.

Ein gewisser Numerius Popidius Ampliatus ließ auf eigene Kosten den Tempel der Isis wieder aufbauen. Diese noble Geste bezeugt eine am Gebäude gefundene Inschrift. Der Spender zeigte seinen Aufstieg, war er doch ein freigelassener Sklave, der Wohlstand erlangt hatte.

Wie es der Stadt nach dem Erdbeben erging, darüber streiten die Fachleute. Die Althistorikerin Mary Beard beschreibt, dass einige einst prächtige Wohngebäude nach 62 womöglich von ihren reichen Besitzern aufgegeben wurden, die nun die Stadt verließen. Statt Aristokraten und Kaufleuten lebten dort Handwerker, die ihre Walkereien oder Bäckereien darin betrieben.

»Wir können jedoch nicht sicher sein, dass alle diese Veränderungen eine unmittelbare Folge des Erdbebens waren«, stellt Beard fest. »Vermutlich wurden manche dieser Häuser bereits vor der Katastrophe einfach so zu Gewerbebetrieben umfunktioniert.«

Ihre Anziehungskraft hatte die Stadt nicht verloren. Nach dem Erdbeben errichteten die Menschen Hütten und Unterstände auf öffentlichen Plätzen, eine Art Slum-Siedlung in der Innenstadt, weil es nicht genug Wohnraum gab. Ein kaiserlicher Gesandter sollte für Ordnung auf den öffentlichen Plätzen sorgen.

Das Amphitheater wurde repariert und bald fanden dort wieder Spiele statt. In der Nähe des Amphitheaters entstand ein neues Gasthaus, das Gladiatorenstatuen aus Tuffstein schmückten. Der Wirt stellte im Keller eigenen Wein her. Und im kleinen Theater fehlte zwar noch das Dach, aber man führte trotzdem wieder Tragisches und Heiteres auf. Pompeji, davon kann man ausgehen, hätte die Folgen des schweren Erdbebens von 62 n. Chr. innerhalb der nächsten Jahrzehnte überwunden, vielleicht sogar eine neue Blüte erreicht.

Doch unter dem Vesuv befanden sich weiterhin große Mengen an Magma, die nach oben drängten. Bald kam es wieder zu kleineren Erdstößen. Und 17 Jahre nach dem großen Beben brach die nächste Katastrophe über Pompeji herein, diesmal mit apokalyptischen Ausmaßen.

Schnelles Wissen

Woher kommen die Namen der Häuser und Straßen?

Die Menschen Pompejis haben keinen Stadtplan hinterlassen. Bei den Ausgrabungen erfand man deshalb neue Bezeichnungen: Das »Haus des Faun« ist nach einer Statue benannt, das »Haus der Julia Felix« nach seiner Eigentümerin, das »Haus des Menander« nach einem Wandgemälde mit einem Dichter. Die Namen der Straßen beziehen sich oft auf Orte (»Stabianer Straße«), auf die Art der Gebäude (»Gasse der Balkone«) oder der Anrainer (»Straße des Überflusses«). Fachleute verwenden meist die italienischen Begriffe.

»Pompeji war eine vollgestopfte Stadt«

Geräumige Häuser, luxuriöse Thermen und erotische Wandgemälde vermitteln uns heute ein verzerrtes Bild des Alltags. Denn viele Arme, Fremde und Frauen hatten es schwer, erklärt Archäologe Gabriel Zuchtriegel.

Ein Interview von Frank Hornig und Martin Pfaffenzeller

SPIEGEL: Herr Zuchtriegel, 2021 wurde in einer Villa bei Pompeji ein knapp zwei Jahrtausende alter Wagen mit prachtvollen Verzierungen gefunden. Wofür verwendete man das Gefährt?

Zuchtriegel: Solche Prunkwagen gehörten zum Hausrat der Oberschicht: Männer mit hohen Ämtern, Priesterinnen und andere Wohlhabende. Benutzt wurden sie nur für außergewöhnliche Anlässe. Der Wagen war geschmückt mit Getreideähren, von denen sich Abdrücke im Boden erhalten haben. Auch die Pferde standen zur Abfahrt bereit. Es könnte gut sein, dass eine Hochzeit geplant war.

SPIEGEL: Der Vulkanausbruch von 79 n. Chr. machte das Fest zunichte. Kamen die Menschen aus der Villa rechtzeitig davon?

Zuchtriegel: Mindestens zwei schafften es nicht. In einem anderen Trakt der Villa, nicht weit vom Stall entfernt, fand man die Überreste eines älteren Herrn in feinem Gewand und eines eher ärmlich Gekleideten, möglicherweise sein Sklave.

SPIEGEL: Der ältere Mann zählte offenbar zur Elite der Stadt. Wie kann man sich dieses Milieu vorstellen?

Zuchtriegel: Im kaiserzeitlichen Rom gab es eine Ständegesellschaft, die aber durchlässiger war, als wir es aus dem Mittelalter kennen. Jede Stadt hatte einen Rat und jedes Jahr fanden Wahlen statt. Ganz oben stand das Zwei-Männer-Kollegium, vergleichbar mit den römischen Konsuln. Wer etwas auf sich hielt, wollte einer der beiden duumviri werden. Vor den Wahlen ließ man für sich werben: Die Hauswände von Pompeji sind voll von Wahlwerbung, Aufrufmaler war ein eigener Beruf.

SPIEGEL: Stand die Karriere allen offen, die Geld hatten?

Zuchtriegel: Ausgeschlossen waren Frauen, Nichtbürger, aber auch freigelassene Sklaven – obwohl die teils zu Wohlstand kamen. 2021 wurde vor den Toren Pompejis die Grabinschrift eines Ex-Sklaven gefunden, der genug Geld hatte, um Theateraufführungen zu sponsern. Wenn man sich die Wahllisten anschaut, stößt man immer wieder auf dieselben Familien. Die hohen Ämter blieben in der Hand einer kleinen Clique.

SPIEGEL: Amtsträger und Kandidaten finanzierten Gladiatorenspiele, Theateraufführungen und Feste. Was versprachen sie sich davon?

Zuchtriegel: In dieser Hinsicht stellte die gegenwärtige Welt die römischen Verhältnisse auf den Kopf. Heute bekommt der Kanzler Geld, wenn er gewählt wird. Damals mussten die Gewählten tief in die eigene Tasche greifen. Ein Amtsträger berichtet in seiner Grabinschrift, er habe während einer langen Hungersnot Getreide teuer erworben und billiger weiterverkauft – ein großes Minusgeschäft, auf das er offenbar stolz war.

SPIEGEL: Der Mann könnte auch ein einzelner Philanthrop gewesen sein. Woher wissen Sie, dass das für die ganze Führungsschicht galt?

Zuchtriegel: Das verrät unter anderem die Architektur. Die Häuser der Elite hatten einen zentralen Raum, das Atrium, in dem sich morgens Klienten einfanden: Freigelassene, die ihrem ehemaligen Herrn verpflichtet waren, Tagelöhner, Handwerker und Schenkenbetreiber aus der städtischen Unterschicht, aber auch Händler und Kleinunternehmer mit etwas Wohlstand, die man zur Mittelschicht zählen kann. Sie wählten ihren Patron und machten Wahlkampf.

SPIEGEL: Warum nahmen die Ärmeren diese morgendliche Prozedur auf sich?

Zuchtriegel: Nun, sie erhofften sich Vorteile und Gefallen. Klienten gingen davon aus, dass ihr Patron ihnen in Krisen aus der Patsche hilft. Diese Umverteilung war wohl auch ein Ventil, um soziale Konflikte zu entspannen. Bis zu einem gewissen Maße wurde Ungleichheit hingenommen, aber die ärmeren Leute wussten sich zu wehren.

SPIEGEL: Was hatten die Patrone davon?

Zuchtriegel: Ökonomie und Politik waren damals kaum getrennt. Vetternwirtschaft wurde nicht als Problem wahrgenommen, sondern offiziell anerkannt – sicher nutzte man Ämter und Kontakte auch für Geschäfte. Trotzdem zahlten Patrone mit vielen Klienten eher drauf: Das Prestige eines hohen Amtes war ihnen wohl wichtiger als Geld.

SPIEGEL: Wie viel Macht hatte ein duumvir in Pompeji?

Zuchtriegel: In der Kaiserzeit riss die Bürokratie des Imperiums Befugnisse wie Militärverwaltung, Infrastruktur und Gerichtsbarkeit von Kapitalverbrechen an sich und der Einfluss der lokalen Eliten schwand. Zur Zeit des Untergangs war das Amt des duumvir