Die Lüge eines Nachbarn (Ein spannender Chloe Fine Psycho-Thriller – Buch 2) - Blake Pierce - E-Book + Hörbuch

Die Lüge eines Nachbarn (Ein spannender Chloe Fine Psycho-Thriller – Buch 2) E-Book und Hörbuch

Blake Pierce

3,0

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Beschreibung

"Ein Meisterwerk der Spannung! Blake Pierce ist es auf hervorragende Weise gelungen, Charaktere mit einer psychologischen Seite zu entwickeln, die so gut beschrieben sind, dass wir uns in ihren Köpfen fühlen, ihren Ängsten folgen und ihren Erfolg bejubeln. Voller Wendungen wird Sie dieses Buch bis zur letzten Seite wach halten." --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Verschwunden) Die Lüge eines Nachbarns (Ein Chloe Fine Psycho-Thriller) ist das zweite Buch einer neuen psychologischen Thriller-Serie von Nr. 1 Bestseller-Autorin Blake Pierce, deren kostenloser Bestseller Verschwunden (Buch 1 der Railey Paige Krimi-Serie) über 1.000 Fünf-Sterne-Bewertungen erhalten hat. Während sie sich immer noch mit den Geheimnissen ihrer Vergangenheit konfrontiert sieht, stürzt sich Cloe Fine, die 27-jährige Agentin des FBI Spurensicherungs-Teams, in ihren ersten Fall: der Aufklärung des Mordes an einem Kindermädchen in einer scheinbar perfekten Vorstadt. Während sie immer tiefer in eine Welt voller Geheimnisse, Untreue, Täuschung und Falschheit eintaucht, erkennt Chloe schnell, dass jeder von ihnen schuldig sein könnte. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass ihr eigener Vater immer noch im Gefängnis ist, muss sie auch ihre eigenen Dämonen bekämpfen und ihre persönlichen Geheimnisse lüften, die drohen, sie zu Fall bringen, bevor ihre Karriere überhaupt richtig begonnen hat. DIE LÜGE EINES NACHBARN ist ein emotional geprägter Psycho-Thriller mit vielschichtigen Charakteren, kleinstädtischem Ambiente und atemberaubender Spannung. DIE LÜGE EINES NACHBARN ist das zweite Buch einer fesselnden neuen Serie, die Sie bis spät in die Nacht wach halten wird. Buch 3 der CHLOE FINE Reihe wird demnächst erscheinen.

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Seitenzahl: 320

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Zeit:8 Std. 0 min

Veröffentlichungsjahr: 2019

Sprecher:Alex Surer

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d i e  l ü g e  e i n e s 

N a c h b a r n

(ein spannender Chloe Fine Psycho-Thriller—Buch 2)

b l a k e   p i e r c e

Blake Pierce 

Blake Pierce ist der Autor der meistverkauften RILEY PAGE Krimi-Serie, die 13 Bücher umfasst (und weitere in Arbeit). Blake Pierce ist ebenfalls der Autor der MACKENZIE WHITE Krimi-Serie, die neun Bücher umfasst (und weitere in Arbeit); der AVERY BLACK Mystery-Serie, bestehend aus sechs Büchern; der KERI LOCKE Mystery-Serie, bestehend aus fünf Büchern; der Serie DAS MAKING OF RILEY PAIGE, bestehend aus drei Büchern (und weitere in Arbeit); der KATE WISE Mystery-Serie, bestehend aus zwei Büchern (und weitere in Arbeit); der spannenden CHLOE FINE Psycho-Thriller-Serie, bestehend aus drei Büchern (und weitere in Arbeit); und der spannenden JESSE HUNT Psycho-Thriller-Serie, bestehend aus drei Büchern (und weitere in Arbeit). 

Als begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres liebt Blake es, von seinen Lesern zu hören. Bitte besuchen Sie www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.

Copyright © 2018 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Deutsche Übersetzung: Franziska Humphrey. Außer wie im US Copyright Act von 1976 erlaubt, darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses E-Book ist nur für Ihren persönlichenGebrauch lizenziert. Dieses E-Bookdarf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, erwerben Sie bitte eine zusätzliche Kopie für jeden Empfänger. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht für Sie gekauft wurde, senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie.Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dieses Werk ist Fiktion. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Zwischenfälle sind entweder das Produkt der Phantasie des Autors oder werden fiktional verwendet. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist völlig zufällig. Copyright Umschlagfoto: emin kuliyev

DEUTSCHE BÜCHER VON BLAKE PIERCE

JESSIE HUNT PSYCHO-THRILLER SERIE

DIE PERFEKTE FRAU (Buch 1)

DER PERFEKTE BLOCK (Buch 2)

CHLOE FINE PSYCHO-THRILLER-SERIE

NEBENAN (Buch 1)

DIE LÜGE EINES NACHBARN (Buch 2)

SACKGASSE (Buch 3)

KATE WISE MYSTERY-SERIE

WENN SIE WÜSSTE (Buch 1)

WENN SIE SÄHE (Buch 2)

DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

BEOBACHTET (Buch 1)

WARTET (Buch 2)

LOCKT (Buch 3)

RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

VERSCHWUNDEN (Buch 1)

GEFESSELT (Buch 2)

ERSEHNT (Buch 3)

GEKÖDERT (Buch 4)

GEJAGT (Buch 5)

VERZEHRT (Buch 6)

VERLASSEN (Buch 7)

ERKALTET (Buch 8)

VERFOLGT (Buch 9)

VERLOREN (Buch 10)

BEGRABEN (Buch 11)

ÜBERFAHREN (Buch 12)

GEFANGEN (Buch 13)

RUHEND (Buch 14)

MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE

BEVOR ER TÖTET (Buch 1)

BEVOR ER SIEHT (Buch 2)

BEVOR ER BEGEHRT (Buch 3)

BEVOR ER NIMMT (Buch 4)

BEVOR ER BRAUCHT (Buch 5)

EHE ER FÜHLT (Buch 6)

EHE ER SÜNDIGT (Buch 7)

BEVOR ER JAGT (Buch 8)

VORHER PLÜNDERT ER (Buch 9)

VORHER SEHNT ER SICH (Buch 10)

AVERY BLACK MYSTERY-SERIE

DAS MOTIV (Buch 1)

LAUF (Buch 2)

VERBORGEN (Buch 3)

GRÜNDE DER ANGST (Buch 4)

RETTE MICH (Buch 5)

ANGST (Buch 6)

KERI LOCKE MYSTERY-SERIE

EINE SPUR VON TOD (Buch 1)

EINE SPUR VON MORD (Buch 2)

EINE SPUR VON SCHWÄCHE (Buch 3)

INHALT

PROLOG

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

PROLOG

Als Kindermädchen zu arbeiten, war nicht ganz das Leben, was sich Kim Wielding für sich selbst vorgestellt hatte, aber es machte eigentlich Spaß. Was etwas überraschend war, wenn man in Betracht zog, dass sie in ihren frühen Zwanzigern eine Karriere in Washington, DC verfolgen wollte, sich in den Wahlkampf stürzte und Reden für Underdog-Kandidaten schrieb. Sie hätte den Job fast bekommen.

Fast.

Das Leben verlief manchmal auf seltsame Weise.

Jetzt, im Alter von sechsunddreißig Jahren, waren diese Träume von der Arbeit in DC längst verschwunden. Sie hatte sie durch einen anderen Traum ersetzt: sie wollte in ihrer Freizeit als Kindermädchen einen großen amerikanischen Roman schreiben. Sie war irgendwie in den Job hineingestolpert, nachdem ein vielversprechender Kandidat, für den sie gearbeitet hatte, elendig besiegt worden war. Das war es gewesen, was dazu geführt hatte, dass sie für eine Weile in den Hintergrund getreten war. Und während sie wartete, war ihr eine sehr einfache Beschäftigungsmöglichkeit in den Schoß gefallen. Sie hatte noch nicht einmal darüber nachgedacht, in irgendeiner Form auf Kinder aufzupassen, aber es lag ihr.

Kim erinnerte sich an ihren ersten Job als Kindermädchen, während sie in der Küche des Hauses von Bill und Sandra Carver saß. Es war schwer zu glauben, dass es bereits etwas über zehn Jahre her war. Eine Zeitspanne, in der die Erinnerungen an ihre Arbeit in DC verschwommen waren. Das Schreiben von Reden, voll von Hoffnung und einem kleinen Stückchen Unwahrheit.

Ihr Laptop stand vor ihr. Sie hatte vierzigtausend Wörter in ihrem Buch erreicht. Sie dachte, dass dies ungefähr die Hälfte sein würde. Vielleicht wäre sie in etwa sechs Monaten oder so fertig. Es hing alles davon ab, in welche Richtung sich die Leben der drei Carver Kinder entwickelten. Das älteste Kind, Zack, war dieses Jahr in der neunten Klasse und sein liebster Zeitvertreib war es, Football zu spielen. Das mittlere Kind, Declan, spielte Fußball. Und wenn die jüngste, Madeline, beim Turnen blieb, würde Kim in den nächsten Monaten wie wild hin und her hetzen müssen.

Sie schloss den Deckel ihres Laptops und sah sich in der Küche um. Sie taute zum Abendessen ein Hühnchen auf. Die Arbeitsplatten waren bereits abgewischt, das Geschirr gespült und die vierte Ladung Wäsche befand sich in der Waschmaschine. Bis die Kinder nach Hause kamen, hatte sie nichts weiter zu tun. So hatte sie die letzten fünfundvierzig Minuten an ihrem Buch arbeiten können.

Sie warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass sich der Tag von ihr davongeschlichen hatte – etwas was, wie sie allmählich zu verstehen begann, Kindermädchen häufig passierte. In fünfzehn Minuten würde sie losgehen müssen, um die Kinder von der Schule abzuholen … und das war keine kleine Leistung, da die Carver-Kinder verschiedene Altersstufen hatten, die jüngste in der Grundschule, das mittlere Kind in der Mittelschule und das älteste Kind in der High-School. Alles in allem war es mehr als eine Stunde Fahrt- und Verkehrszeit, um sie alle von der Schule abzuholen und mit ihnen nach Hause zurückzukehren. Es klang aber schlimmer, als es war, da Kim vor kurzem entdeckt hatte, wie wundervoll Hörbücher sein können, um die Zeit im Auto zu überbrücken.

Sie stand auf und prüfte das Hühnchen, das nun fast vollständig aufgetaut in der Spüle lag. Dann nahm sie die Wäsche aus der Maschine und stopfte sie in den Trockner. Sie holte alle Gewürze heraus, die sie für das Abendessen brauchen würde. Als sie das Paprikagewürz auf die Arbeitsplatte stellte, klopfte jemand an die Haustür.

Dies kam im Hause der Carvers sehr häufig vor. Sandra Carver war ein Amazon-Junkie und Bill Carver hatte immer Baupläne und Entwürfe, die per FedEx zu ihm geschickt wurden. Kim griff nach ihrer Handtasche und dachte, dass sie, nachdem sie die Pakete ins Haus gebracht hatte, losgehen würde, um die Kinder abzuholen.

Sie öffnete die Tür und richtete ihren Blick sofort auf den Fußboden der Veranda, um nach dem Amazon-Paket zu suchen. Deshalb brauchte ihr Gehirn auch eine ganze Sekunde, um zu verstehen, dass dort eine Person vor ihr stand. Als sie aufschaute, um das Gesicht zu sehen, wurde ihr Blickfeld durch – etwas – blockiert.

Was auch immer es war, es schlug gegen ihren Kopf. Es traf sie genau zwischen den Augen, am oberen Ende des Nasenrückens. Das schmetternde Geräusch in ihrem Schädel war ohrenbetäubend, aber sie hatte kaum Zeit, es zu bemerken, bevor das Gefühl des Fallens alles andere überkam.

Als sie rückwärts auf den Parkettboden der Carvers fiel, schlug ihr Hinterkopf heftig auf. Sie spürte, wie Blut aus ihrer Nase floss, als sie versuchte, rückwärts zu krabbeln.

Die Person auf der Veranda kam herein. Sie schloss lässig die Tür hinter sich. Kim versuchte zu schreien, aber in ihrer Nase war zu viel Blut, das in ihren Rachen und Mund hinunterlief. Sie hustete und würgte fast, als die Person einen großen Schritt vorwärts trat.

Sie hob den dumpfen Gegenstand wieder hoch – ein Rohr, dachte Kim vage, als der Schmerz wie ein Orkan durch sie hindurchfegte – und dies war das Letzte, was sie sah.

KAPITEL EINS

Wegen der Art und Weise, wie ihr Leben begonnen hatte – mit einer toten Mutter, einem inhaftierten Vater und Großeltern, die ihr immer im Nacken saßen – bevorzugte es Chloe Fine oft, Dinge alleine zu machen. Viele Leute bezeichneten sie als extrem introvertiert und was sie anging, war das völlig in Ordnung. Es war diese Persönlichkeit, die sie dazu getrieben hatte, in der Schule außergewöhnlich gute Schulnoten zu bekommen und die ihr geholfen hatte, ihr Studium und das Training an der FBI-Akademie zu bewältigen.

Aber es war auch diese gleiche Persönlichkeit, die sie dazu veranlasst hatte, in ihre neue Wohnung einzuziehen, ohne dass sie eine einzige Person hatte, die ihr dabei half. Sicher, sie hätte eine Umzugsfirma anheuern können, aber ihre Großeltern hatten sie den Wert des Geldes gelehrt. Und da sie starke Arme, einen starken Rücken und einen sturen Kopf besaß, entschied sie sich, alleine umzuziehen. Schließlich hatte sie nur zwei schwere Möbelstücke. Alles andere sollte eine Kleinigkeit sein.

Wie sich herausstellte, war dies nicht der Fall, als es ihr schließlich gelang, ihre Kommode die Treppe hinauf zu hieven – mithilfe einer Sackkarre, mehrerer Zurrgurte und einer glücklicherweise breiten Treppe, die zu ihrer Wohnung in den zweiten Stock führte. Ja, sie hatte es geschafft, aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie dabei ein oder zwei Muskeln in ihrem Rücken gezerrt hatte.

Sie hatte die Kommode bis zum Schluss gelassen, da ihr bewusst war, dass dies der schwierigste Teil des Umzugs sein würde. Sie hatte absichtlich alle Kisten nur leicht gepackt, da sie wusste, dass es ein Ein-Frauen-Job werden würde. Vermutlich hätte sie Danielle anrufen können und sie hätte geholfen, aber Chloe war nie der Typ gewesen, der die Familie um Gefälligkeiten bat.

Chloe wich ein paar Kisten mit Büchern und Heften aus und ließ sich in den Sessel fallen, den sie schon seit ihrem zweiten Jahr im Studium hatte. Der Gedanke, Danielle hier bei sich zu haben, um alle ihre Sachen zu sortieren und die Wohnung einzurichten, war verlockend. Die Dinge zwischen ihnen beiden waren nicht mehr ganz so angespannt, seit Chloe die Wahrheit darüber herausgefunden hatte, was zwischen ihren Eltern passiert war, als sie junge Mädchen waren, aber da war definitiv noch etwas anderes. Sie waren sich der Last ihres Vaters, die auf ihren Schultern ruhte, beide sehr bewusst – die Wahrheit über das, was er getan hatte und die Geheimnisse, die er verborgen hatte. Chloe hatte das Gefühl, dass sie beide mit diesen Geheimnissen auf ihre eigene Art und Weise umgingen und sie wusste auf eine fast hellseherische Art, wie sie nur nahe Geschwister teilen konnten, dass sich ihre Meinungen dazu sehr unterschieden.

Was sie Danielle gegenüber nie zugeben würde, war, wie sehr sie ihren Vater vermisste. Danielle hatte es ihm immer übelgenommen, nachdem er ins Gefängnis gesteckt worden war. Aber Chloe war diejenige gewesen, die diese Vaterfigur in ihrem Leben vermisst hatte. Sie war immer diejenige gewesen, die gewagt hatte zu hoffen, dass die Polizei vielleicht etwas falsch gemacht hatte – dass ihr Vater auf gar keinen Fall ihre Mutter getötet hatte.

Und es war diese Hoffnung und dieser Glaube gewesen, der zu dem kleinen Abenteuer führte, das sie gemeinsam unternommen hatten und welches in der Festnahme von Ruthanne Carwile und einem völlig neuen Blickwinkel auf den Fall Aiden Fine resultierte. Das, was für Chloe irgendwie nach hinten losgegangen war, war jedoch die Tatsache, dass sie ihn durch die Aufdeckung dieser kleinen Geheimnisse nur noch mehr zu vermissen begann. Und sie wusste, dass Danielle das schrecklich und auf eine Art vielleicht sogar masochistisch finden würde.

Trotzdem wollte sie Danielle anrufen, um ihren kleinen und doch hart erarbeiteten Sieg des Umzugs in ihr neues zu Hause zu feiern. Es handelte sich nur um ein kleines Zwei-Zimmer-Apartment im Stadtteil Mount Pleasant in Washington, DC – klein, kaum erschwinglich, aber genau das, wonach sie gesucht hatte. Es war ungefähr zwei Monate her, seit sie das letzte Mal Zeit miteinander verbracht hatten – was seltsam war, wenn man bedachte, was sie bei ihrem letzten Zusammentreffen gemeinsam durchgemacht hatten. Sie hatten ein paar Mal miteinander telefoniert und obwohl es angenehm war, war es doch sehr oberflächlich gewesen. Und Oberflächlichkeit lag Chloe nicht besonders. 

Scheiß drauf, dachte sie und griff nach ihrem Handy. Was sollte schon passieren?

Als sie nach Danielles Nummer suchte, wurde ihr die Realität der Situation bewusst. Sicher, es waren nur zwei Monate gewesen, seit alles passiert war, aber sie waren jetzt andere Menschen. Danielle hatte begonnen, ihr Leben in den Griff zu kriegen. Sie hatte einen Job, der potenziell gut bezahlt werden könnte – eine Rolle als Barkeeperin und stellvertretende Managerin in einer gehobenen Bar in Reston, Virginia.

Chloe selbst war noch immer dabei, sich daran zu gewöhnen, von kürzlich verlobt zu alleinstehend überzugehen und sie schien außerdem völlig vergessen zu haben, wie man einen potenziellen Partner fand.

Du kannst so etwas nicht erzwingen, dachte sie. Besonders nicht mit Danielle.

Mit klopfendem Herzen wählte sie die Nummer. Sie erwartete ehrlich, dass der Anruf zur Mailbox geleitet werden würde.

Als das Telefon dann nach dem zweiten Klingelton von einer quietschfidel klingenden Danielle beantwortet wurde, brauchte Chloe einen Moment, um zu reagieren.

„Hallo Danielle.“

„Chloe, wie geht es dir?“, fragte sie. Es war so seltsam Danielles Stimme mit einem Hauch von Fröhlichkeit zu hören. 

„Ziemlich gut. Ich bin heute in die Wohnung eingezogen. Ich habe gedacht, es wäre schön mit dir zu feiern. Wenn du mich besuchst, könnten wir eine Flasche Wein trinken und wirklich ungesunde Sachen essen. Aber dann ist mir wieder eingefallen, dass du ja einen neuen Job hast.“

„Ja, Arbeit macht das Leben süß“, sagte Danielle mit einem Lachen.

„Magst du den Job?“

„Chloe, ich liebe ihn. Ich meine, sicher, es sind erst drei Wochen, aber es fühlt sich so an, als wäre ich dafür geboren. Ich weiß, es ist bloß Barkeepern, aber …“

„Nun, du bist aber auch stellvertretende Managerin, oder?“

„Ja. Ein Titel, der mir noch immer Angst macht.“

„Es freut mich, dass es dir gefällt.“

„Und wie geht es dir? Wie ist die Wohnung? Wie war der Umzug?“

Sie wollte nicht, dass Danielle wusste, dass sie alles alleine transportiert hatte, also antwortete sie ihr nur vage – was sie hasste. „Ganz gut. Ich muss noch alles auspacken, aber bin froh, dass ich jetzt in der Wohnung bin, weißt du?“

„Ich werde dich aber definitiv bald auf ein Glas Wein und das fettige Essen besuchen kommen. Wie läuft es sonst so?“

„Ehrlich?“

Danielle war für einen Moment still, bevor sie antwortete: „Oh-oh.“

„Ich habe über Dad nachgedacht. Darüber ihn zu besuchen.“

„Und warum in Gottes Namen würdest du das tun?“

„Ich wünschte, ich hätte eine gute Antwort für dich“, sagte Chloe. „Nach allem was passiert ist, habe ich das Gefühl, dass ich es muss. Ich muss alles verstehen.“

„Meine Güte, Chloe. Lass es ruhen. Sollte dich dein neuer Job nicht genug damit auslasten, andere Verbrechen aufzuklären? Man … und ich dachte immer, ich wäre diejenige, die ihr ganzes Leben in der Vergangenheit verbringt.“

„Warum ärgert es dich so sehr?“, fragte Chloe. „Dass ich ihn sehen will …“

„Weil ich denke, wir haben ihm beide schon genug unserer Lebenszeit gewidmet. Und ich weiß, wenn du ihn besuchst, wird mein Name aus einem eurer Münder kommen und ich würde es bevorzugen, wenn dies nicht passiert. Ich bin fertig mit ihm, Chloe. Ich wünschte, du wärst es auch.“

Ja, das wünschte ich auch, dachte Chloe, behielt den Kommentar aber für sich.

„Chloe, ich liebe dich, aber wenn du planst, dich für den Rest unserer Unterhaltung über ihn auszutauschen, werde ich mich jetzt verabschieden.“

„Wann arbeitest du wieder?“, fragte Chloe.

„Diese Woche jeden Abend außer Samstag.“

„Vielleicht komme ich am Freitagnachmittag vorbei. Und ich erwarte, dass du mir das Getränk servierst, das du für deine Spezialität hältst.“

„Dann plane lieber nicht mit dem Auto nach Hause zu fahren“, sagte Danielle. 

„Ist notiert.“

„Und bei dir? Wann beginnt dein neuer Job?“

„Morgen früh.“

„Mitten in der Woche?“, fragte Danielle.

„Es ist eine Art Orientierung. Hauptsächlich Meetings und solche Sachen für die ersten paar Tage.“

„Ich freue mich für dich“, sagte Danielle. „Ich weiß, wie sehr du dir dies gewünscht hast.“

Es war schön, dass Danielle etwas Nettes über ihre Arbeit sagte. Nicht nur das, sondern überhaupt so zu tun, als würde es sie interessieren.

Für einen Moment herrschte eine tiefe Stille zwischen ihnen, die Danielle barmherzig beendete, indem sie etwas eher Untypisches sagte: „Pass auf dich auf, Chloe. Bei der Arbeit … mit Dad … und allem anderen.“

„Das werde ich“, sagte Chloe, die der Kommentar etwas überraschte.

Danielle beendete das Gespräch und Chloe sah sich im Wohnbereich ihres neuen Apartments um. Es war schwierig bei all der Unordnung, die Gesamtheit der Wohnung zu sehen, aber sie fühlte sich an diesem Ort bereits zu Hause.

Es gab nichts Besseres, als ein merkwürdiges Gespräch mit Danielle, damit sich ein Ort wie zu Hause anfühlte, dachte sie dann.

Langsam streckte sie ihren Rücken aus, erhob sich aus dem Sessel und bewegte sich zur nächsten Kiste. Sie begann sie auszupacken und bekam langsam ein Gefühl dafür, wie ihr Leben aussehen würde, wenn sie es nicht schaffen würde, Beziehungen aufrechtzuerhalten.

Sei es mit ihrer Schwester, ihrem Vater oder ihrem Ex-Verlobten, sie hatte nicht die beste Erfolgsbilanz, wenn es darum ging, Menschen nahe bei sich zu behalten.

Beim Gedanken an ihren Ex-Verlobten stieß sie auf mehrere gerahmte Bilder, die unten in der ersten Kiste lagen. Es gab insgesamt drei Bilder; Fotos von ihr und Steven. Zwei waren aus früheren Tagen, als sie nur miteinander ausgegangen waren. Aber das dritte war ein Foto von ihnen, nachdem er ihr einen Antrag gemacht hatte … nachdem sie Ja gesagt hatte und fast begonnen hatte zu weinen.

Sie nahm die Bilder aus der Kiste und stellte sie auf die Küchentheke. Sie kramte herum und fand ihren Mülleimer auf der anderen Seite des Zimmers neben ihrer Matratze. Dann holte sie die Bilder und ließ sie in den Mülleimer fallen. Das Geräusch des zerbrechenden Glases in den Bilderrahmen war ein bisschen zu entzückend.

Ganz einfach, dachte sie. Ich kann es kaum erwarten, dieses Debakel hinter mir zu lassen. Warum kannst du dich nicht genauso leicht von dem Unsinn mit deinem Vater lösen?

Sie hatte darauf keine Antwort. Und die Sache, die sie am meisten erschreckte, war, dass sie glaubte, die Antwort könnte sich in einem Gespräch mit ihm zeigen.

Bei diesem Gedanken schien die Wohnung leerer zu sein als zuvor und Chloe fühlte sich plötzlich sehr einsam. Der bloße Gedanke daran brachte sie dazu, zum Kühlschrank zu gehen und den Sechserpack Bier zu öffnen, den sie früher am Morgen gekauft hatte. Sie öffnete die erste Flasche und war ein wenig alarmiert darüber, wie gut ihr der erste Schluck schmeckte.

Sie tat ihr Bestes, um sich an diesem Nachmittag bis in die Nacht hinein zu beschäftigen, nicht mit Auspacken, sondern, indem sie langsam durch die Kisten ging und versuchte zu entscheiden, ob sie jeden einzelnen Gegenstand wirklich brauchte. Die Trophäe, die sie beim Debattier-Club in der High-School gewonnen hatte, fand ihren Weg in den Mülleimer. Die Fiona Apple CD, die sie gehört hatte, als sie in ihrem zweiten Jahr an der High-School ihre Jungfräulichkeit verlor, behielt sie.

Alle Bilder ihres Vaters wanderten in den Müll. Zuerst tat es ihr weh, dies zu tun, aber als sie an ihrer vierten Flasche Bier war, ging es leichter.

Sie schaffte es, sich durch zwei Kisten zu arbeiten … Und sie hätte wahrscheinlich noch mindestens eine weitere Kiste geschafft, wenn sie nicht zum Kühlschrank gegangen wäre und festgestellt hätte, dass sie irgendwie den ganzen Sechserpack ausgetrunken hatte. Sie schaute auf die Uhr am Herd und schnappte nach Luft, als sie die Uhrzeit sah.

Es war 0:45 Uhr in der Nacht. So viel zum Thema vor meinem ersten Arbeitstag ausreichend Schlaf zu bekommen, dachte sie.

Was ihr jedoch noch mehr Sorgen bereitete, als der möglicherweise müde Morgen an ihrem ersten Tag beim FBI, war die Tatsache, dass sie einen ganzen Sechserpack getrunken hatte. Nachdem sie ihre Zähne geputzt hatte, fiel sie erschöpft ins Bett. Der Raum um sie herum drehte sich ein wenig, als sie realisierte, dass sie sich an diesem Abend wirklich sehr darum bemüht hatte, alle Erinnerungen an ihren Vater zu löschen.

KAPITEL ZWEI

Chloe war sich nicht sicher gewesen, was sie erwarten sollte, als sie am nächsten Morgen beim FBI-Hauptquartier ankam. Aber was sie mit Sicherheit nicht erwartet hatte, war, von einem älteren Agenten im Eingangsbereich empfangen zu werden. Sie sah ihn, als er sie entdeckte und war sich nicht ganz sicher, was sie machen sollte, als er direkt auf sie zuging. Für einen Moment dachte sie, der Mann wäre Agent Greene, der Mann, der für sie als Ausbilder und Partner in ihrem Fall fungiert hatte, der dazu führte, die Wahrheit über ihren Vater aufzudecken.

Aber als sie sein Gesicht besser erkennen konnte, sah sie, dass es sich um einen völlig anderen Mann handelte. Er wirkte hart, so als wäre er aus Stein. Sein Mund bildete eine gerade Linie in seinem Gesicht.

„Chloe Fine?“, fragte der Agent.

„Ja?“

„Director Johnson möchte vor der Orientierung mit Ihnen sprechen.“

Sie war aufgeregt und ängstlich zugleich. Director Johnson hatte Ausnahmen für sie gemacht, als sie mit Greene zusammengearbeitet hatte. Hatte er vielleicht irgendwelche Zweifel? Hatten ihn ihre Handlungen im letzten Fall vielleicht in irgendwelche Schwierigkeiten gebracht? War sie so weit gekommen, nur um ihre Träume am ersten Tag zerstört zu sehen?

„Weswegen?“, fragte Chloe.

Der Agent zuckte mit den Schultern, als ob es ihm wirklich egal wäre. „Hier entlang, bitte“, sagte er.

Er führte sie zu den Aufzügen und für einen Moment fühlte sich Chloe, als würde sie in die Vergangenheit zurückversetzt werden. Sie konnte sich selbst vor zwei Monaten sehen, wie sie in diesen gleichen Aufzug stieg, mit genau derselben Sorge im Bauch und dem Wissen, dass sie Director Johnson treffen würde. Und genau wie beim letzten Mal wurde der Knoten der Sorge in ihrem Körper noch größer, als sich der Aufzug nach oben bewegte.

Der versteinert wirkende Agent führte sie aus dem Aufzug, als er in der zweiten Etage anhielt. Sie gingen an mehreren Büros und Räumen vorbei, bevor der Agent außerhalb Johnsons Räumlichkeiten stehenblieb. Die Sekretärin an ihrem Schreibtisch nickte höflich und sagte: „Sie können hineingehen. Er erwartet Sie.“

Der steinerne Agent nickte ihr ähnlich zu – allerdings nicht annähernd so höflich – und deutete auf die Bürotür. Es schien klar, dass er nicht hineingehen würde.

Chloe bemühte sich, ruhig und zurückhaltend zu wirken, als sie zur Tür von Director Johnsons Büro ging. Wovor habe ich solche Angst?, fragte sie sich. Als ich das letzte Mal in sein Büro gerufen wurde, erhielt ich Verantwortlichkeiten und Pflichten, die die meisten neuen Agenten in meiner Situation nicht bekommen. Das stimmte, aber es beruhigte ihre Nerven nicht.

Director Johnson saß an seinem Schreibtisch und las aufmerksam etwas an seinem Laptop, als sie das Büro betrat. Als er aufblickte, richtete er seine gesamte Aufmerksamkeit auf sie; er schloss sogar den Deckel des Laptops.

„Agentin Fine“, sagte er. „Danke, dass Sie hergekommen sind. Es wird nur eine Sekunde dauern. Ich möchte nicht, dass Sie etwas von der Orientierung verpassen – die, wie ich Ihnen jetzt schon sagen kann – ziemlich kurz und schmerzlos sein wird.“

Agentin Fine genannt zu werden, war für Chloe noch immer seltsam, aber sie versuchte es nicht zu zeigen. Sie setzte sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und lächelte, so ruhig sie konnte. „Kein Problem“, sagte sie. „Bin ich … nun, stimmt etwas nicht?“

„Nein, nein, nichts dergleichen“, sagte er. „Ich möchte Ihnen eine Option bezüglich Ihrer beruflichen Pflichten unterbreiten. Ich sehe, dass Sie eine Karriere beim Team für Beweissicherung anstreben. Ist das etwas, was Sie schon immer machen wollten?“

„Ja, Sir. Ich habe ein gutes Auge fürs Detail.“

„Ja, das habe ich gehört. Agent Greene hat Sie sehr gelobt. Und abgesehen von einigen kleinen Schwierigkeiten bei den Ereignissen von vor zwei Monaten muss ich zugeben, dass auch ich sehr beeindruckt war. Sie haben eine Selbstsicherheit und unbeirrte Gewissheit, die bei neuen Agenten sehr selten ist. Aus diesem Grund und wegen des Feedbacks, das ich von Agent Greene und einigen Ihrer Dozenten an der Akademie erhalten habe, möchte ich Sie bitten, Ihre Wahl der Abteilung zu überdenken.“

„Gibt es eine bestimmte Abteilung, an die Sie gedacht haben?“, fragte Chloe.

„Kennen Sie das ViCAP-Programm?“

„Das Programm gegen Gewaltkriminalität? Ja, ich weiß ein bisschen darüber.“

„Der Titel ist ziemlich selbsterklärend, aber ich denke, das Programm ist sehr gut für Ihr Talent der Beweisführung geeignet. Wenn ich ehrlich bin, hat das Team für Beweissicherung dieses Mal eine recht große Gruppe von Agenten im ersten Jahr. Anstatt sich dort in der Menge zu verlieren, denke ich, dass Sie gut ins ViCAP-Team passen könnten. Ist das etwas, was Sie interessieren könnte?“

„Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es nicht. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht.“

Johnson nickte, aber Chloe war sich ziemlich sicher, dass er sich bereits entschieden hatte. „Wenn Sie Lust dazu haben, möchte ich, dass Sie es ausprobieren. Wenn Sie nach ein paar Tagen feststellen, dass es nicht zu Ihnen passt, werde ich mich persönlich darum kümmern, dass Sie nahtlos wieder ins Team für Beweissicherung an Ihre bisherige Stelle zurückversetzt werden.“

Ehrlich gesagt, war sie sich nicht sicher, was sie sagen oder tun sollte. Was sie jedoch wusste, war, dass sie sich recht erfolgreich und stolz fühlte, dass ihr Director sie ausschließlich aufgrund ihrer Fähigkeiten und dem positiven Feedback ihrer Kollegen in einer bestimmten Abteilung einsetzen wollte.

„Ja, damit kann ich arbeiten“, sagte sie schließlich.

„Fantastisch. Es gibt bereits einen Fall, in dem ich Sie einsetzen möchte. Sie werden morgen früh damit anfangen. Bisher hat ihn die Polizei in Maryland bearbeitet, aber heute Morgen haben sie um unsere Unterstützung gebeten. Ich werde Sie neben einer anderen Agentin einsetzen, die keinen Partner hat. Der, der ihr zugeteilt worden war, hielt dem Druck nicht stand und hat gestern gekündigt.“

„Darf ich fragen warum?“

„Beim Programm gegen Gewaltkriminalität sind einige der Verbrechen ziemlich grausam. Es passiert einigen neuen Rekruten … sie schaffen es durch das Training, sehen die Fallbeispiele und sogar die echten Szenarien. Aber am Ende wird ihnen klar, dass dies ihr Leben sein wird … und für manche ist das zu viel.“

Chloe sagte nichts. Sie versuchte sich vorzustellen, eine solche Entscheidung treffen zu müssen, konnte es aber nicht. Solange sie sich erinnern konnte, hatte sie immer einen Job wie diesen gewollt – bereits seit sie den Unterschied zwischen richtig und falsch kannte.

„Werde ich zusätzliches Training brauchen?“

„Ich würde mehr Feuerwaffen-Training empfehlen“, sagte Johnson. „Ich werde sicherstellen, dass dies alles für Sie arrangiert wird. Ihre bisherigen Ergebnisse im Bezug auf Schusswaffen für Ihre Einschreibung beim Team zur Beweissicherung sehen ziemlich gut aus, aber Sie möchten vielleicht ein paar zusätzliche Fähigkeiten in diesem Bereich haben, wenn Sie richtig im Bereich ViCAP einsteigen – sollten Sie sich entscheiden, weiterzumachen.“

„Ich verstehe.“

„Nun, es sei denn, Sie haben irgendwelche Fragen, würde ich sagen, Sie können mit der Orientierung unten beginnen. Sie haben noch drei Minuten, bevor es losgeht.“

„Keine weiteren Fragen. Ich danke Ihnen für die Gelegenheit. Und für Ihr Vertrauen.“

„Selbstverständlich. Ich erledige den gesamten Papierkram und jemand wird Sie wegen Ihrer Aufgabe bis zum Ende des Tages anrufen. Und Agentin Fine … ich habe ein gutes Gefühl dabei. Ich denke, Sie werden eine bemerkenswerte Bereicherung für ViCAP sein.“

Als sie aufstand, um sein Büro zu verlassen, realisierte sie, dass sie nie besonders gut darin gewesen war, Komplimente anzunehmen. Vielleicht lag es daran, dass sie in ihren jüngeren Jahren nie sehr viele davon erhalten hatte. Jetzt lächelte sie nur unbeholfen und verließ das Büro. Der nervöse Knoten, der sich in ihrer Magengrube befunden hatte, war nun verschwunden und wurde durch ein Gefühl des Schwebens ersetzt, dass sich so anfühlte, als würden ihre Füße nicht einmal mehr den Boden berühren, während sie in Richtung Aufzug ging.

***

Die Orientierung war genau, was sie erwartet hatte. Sie bestand aus einer Liste von Dingen, die sie tun und lassen sollten, die von einer Reihe erfahrener Agenten vermittelt wurde. Es gab Beispiele für Fälle, in denen Fehler aufgetreten waren, Fälle, über die Agenten in der Vergangenheit gekündigt hatten oder sogar Selbstmord begingen. Die Ausbilder erzählten traurige Geschichten von ermordeten Kindern und Serienvergewaltigern, die bis heute noch nicht festgenommen worden waren.

Als diese Geschichten erzählt wurden, hörte Chloe in der Menge das Gemurmel angespannter Gespräche. Zwei Sitze zu ihrer Linken hörte sie eine Frau zu dem Mann neben sich flüstern.

„Anscheinend hat mein Partner diese Geschichten vor uns gehört. Vielleicht hat er deshalb gekündigt.“ Sie sagte es auf eine zickige Art und Weise, wie ein gemeines Mädchen, was Chloe augenblicklich nervte.

Bei meinem Glück ist das die Agentin ohne Partner, mit der Johnson mich zusammenbringen möchte, dachte Chloe.

Die Sitzung endete schließlich zur Mittagspause. Die Ausbilder auf der Bühne teilten die Menge in Gruppen nach den einzelnen Abteilungen ein. Als Chloe hörte, wie das Team für Beweissicherung aufgerufen wurde, verspürte sie ein klein wenig Kummer. Sie sah dabei zu, wie etwa zwanzig Rekruten auf die Bühne gingen und sich auf der rechten Seite versammelten. Zu wissen, dass sie vor weniger als drei Stunden zu ihren Mitgliedern gehört hatte, ließ sie etwas isoliert fühlen, vor allem als sie sah, dass einige der Agenten bereits Freundschaften geschlossen hatten.

Als die Agenten für das Programm gegen Gewaltkriminalität aufgerufen wurden, stand sie auf und ging zur Bühne. Die Gruppe war wesentlich kleiner, als die des Teams für Beweissicherung. Einschließlich ihrer selbst zählte sie nur neun. Und eine von ihnen war tatsächlich die Frau, die die Bemerkung gemacht hatte, dass ihr Partner gekündigt hatte.

Sie konzentrierte sich so sehr auf diese Frau, dass sie den Mann nicht bemerkte, der neben ihr lief, als sie zur Bühne gingen.

„Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht“, sagte er, „aber ich habe das Gefühl, dass ich mein Gesicht verstecken sollte. Teil eines Programms zu sein, in dem das Wort Gewalt vorkommt, … lässt mich glauben, dass die Leute mich verurteilen.“

„Ich glaube nicht, dass ich es je auf diese Weise betrachtet habe“, sagte Chloe.

„Nun, neigen Sie denn zur Gewalt?“

Er sagte es mit einem Grinsen und es war dieses Grinsen, was dazu führte, dass sie erkannte, dass dieser Mann extrem gutaussehend war. Die Bemerkung über seine Tendenz zur Gewalt machte dies aber ein wenig zunichte.

„Nicht, dass ich wüsste“, antwortete sie unbeholfen, als sie die Bühne erreichten, wo sich ihre Gruppe versammelt hatte.

„Okay“, sagte der Ausbilder, ein älterer Herr in Jeans und einem schwarzen T-Shirt. „Zuerst Mittagessen, danach treffen wir uns im Konferenzraum drei, um einige Details zu besprechen und Fragen und Antworten durchzugehen. Vorher jedoch eine Sache …“ Er machte eine Pause und schaute auf ein Blatt Papier, während er mit einem Finger darauf suchte. „Gibt es hier eine Chloe Fine?“

„Das bin ich“, sagte Chloe, die fast in Schweiß ausbrach, da sie vor dieser Gruppe von Leuten, die sie nicht kannte, herausgezogen wurde.

„Ich muss bitte kurz mit Ihnen sprechen.“

Chloe ging auf den Ausbilder zu und sah, dass er auch noch eine andere Agentin nach vorne winkte.

„Agentin Fine, ich sehe hier, dass Sie eine neue Ergänzung zum ViCAP-Team sind, direkt der Empfehlung von Director Johnson folgend.“

„Das ist richtig.“

„Es ist schön, Sie bei uns zu haben. Ich möchte Sie mit Ihrer Partnerin, Agentin Nikki Rhodes, bekannt machen.“

Er deutete auf die andere Agentin, die er zu sich gebeten hatte. Und siehe da, es war die zickige Frau von vorher. Nikki Rhodes lächelte Chloe auf eine Weise an, die deutlich machte, dass sie wusste, wie schön sie war. Und sogar Chloe musste es zugeben. Groß, perfekt gebräunte Haut, funkelnde blaue Augen, beneidenswert glattes blondes Haar.

„Schön Sie kennenzulernen“, sagte Rhodes.

„Gleichfalls“, sagte Chloe.

„Gehen Sie beide und genießen das Mittagessen“, sagte der Ausbilder. „Soweit ich gehört habe, werden Sie morgen früh einen gemeinsamen Fall übernehmen. Sie waren beide Klassenbeste. Ich erwarte also, ein paar großartige Dinge über Sie zu hören.“

Rhodes lächelte sie an und Chloe spürte, dass es falsch war. Sie hasste es, automatisch davon auszugehen, dass jemand kein aufrichtiger oder authentischer Mensch war, aber bei solchen Dingen hatte ihr Bauchgefühl schon immer recht gehabt. Der Ausbilder hatte sich umgedreht und dem Rest der Gruppe zugewandt und ließ die beiden Frauen alleine. Als Rhodes bemerkte, dass die Augen des Vorgesetzten nicht mehr auf ihr ruhten, drehte sie sich um und ging los, ohne noch irgendetwas zu sagen.

Chloe blieb kurz hinter dem Rest der Gruppe zurück und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Heute Morgen war sie aufgewacht und hatte sich darauf gefreut, ihre Karriere als Mitglied des Teams für Beweissicherung zu beginnen. Für die absehbare Zukunft war im Wesentlichen alles geplant gewesen. Und jetzt war sie hier in einer Abteilung, mit der sie nicht vertraut war und einer Partnerin, die einen Stock im Arsch hatte.

„Sie scheint nicht gerade ein Menschenfreund zu sein, nicht wahr?“, sagte jemand hinter ihr.

Sie drehte sich um und sah den Mann, der mit ihr gemeinsam zur Bühne gelaufen war – der Gutaussehende, der sie gefragt hatte, ob sie irgendwelche gewalttätigen Tendenzen hatte.

„Nein, es scheint nicht so.“

„Stellen Sie sich vor, Sie hätten die meisten Ihrer Kurse in der Akademie mit ihr gehabt“, sagte er. „Es war elendig. Apropos … ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie in einem meiner Kurse oder Module gewesen sind.“

„Ja … ich bin sozusagen neu. Ich wurde heute Morgen in diese Abteilung gesteckt.“

Ein leichter Ausdruck von Schock zeigte sich auf seinem Gesicht. „Oh, in Ordnung. Willkommen bei ViCAP. Ich bin Kyle Moulton und wenn Ihre neue Partnerin nicht mit Ihnen Mittagessen möchte, würde ich gern ihren Platz einnehmen.“

„Nur zu“, sagte Chloe und schloss sich schließlich dem Rest der Gruppe an. „Es passt zum Rest meines Tages, um es milde auszudrücken.“

„Wieso das?“

„Weil auch sonst nichts wie geplant verlaufen ist.“

Moulton nickte nur, als sie gemeinsam das Auditorium verließen. Obwohl Moulton ein Fremder war (wenn auch ein Hübscher), war es schön, ihn an ihrer Seite zu haben, als sie zum Mittagessen gingen, welches woanders im Gebäude für sie bereitstand. Sie hatte Angst, sie könnte sich alles noch einmal anders überlegen, müsste sie allein in diese ungewisse Zukunft treten.

„Pläne werden sowieso überbewertet“, sagte Moulton.

„Nicht für mich. Pläne bedeuten Struktur. Pläne bedeuten Vorhersehbarkeit.“

„Ich glaube nicht, dass Vorhersehbarkeit in der Stellenbeschreibung unserer Positionen genannt wurde“, witzelte Moulton.

Chloe lächelte und nickte, hatte es aber nie so gesehen. Genau genommen, machte es ihr ein bisschen Angst. Was wirklich keinen Sinn ergab. Denn ihr ganzes Leben war nie mehr als ein unvorhersehbarer Haufen völligen Mists gewesen, also warum sollte ihre Karriere anders sein?

Glücklicherweise hatte sie gelernt, die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen. Und wenn ihr eine eingebildete Zicke wie Nikki Rhodes begegnete und den Weg versperrte, konnte sich Rhodes entweder ändern oder verdammt noch mal Platz machen.

KAPITEL DREI

Am nächsten Morgen wurde Chloe unangenehm daran erinnert, wie der Rest ihrer Karriere strukturiert sein würde. Ihr Telefon klingelte um 5:45 Uhr. Der Anruf kam von einer der Führungskräfte, die unter Director Johnson arbeiteten. Sie hatte es kaum geschafft, ein heiseres „Hallo?“ zu krächzen, bevor der Mann am anderen Ende zu sprechen begann.

„Hier spricht Assistant-Director Garcia. Spreche ich mit Agentin Chloe Fine?“

„Ja, das bin ich.“ Sie setzte sich im Bett auf und ihr Herz hämmerte laut, als sie von einem Adrenalinstoß durchflutet und der Rest des Schlafs abgeschüttelt wurde.

„Sie werden Agentin Rhodes um sieben Uhr in Bethesda treffen. Sie werden gemeinsam an einem, wie wir glauben, so gut wie gelösten Fall von Bandengewalt arbeiten. Wahrscheinlich war es MS-13. Fragen sollten direkt unter dieser Nummer an mich gerichtet werden. Agentin Rhodes erhält genau dieselben Informationen. Nach diesem Anruf wird die Adresse per Textnachricht an Ihr Telefon gesendet. Haben Sie irgendwelche Fragen, Agentin Fine?“

Chloe war sich sicher, dass sie einige Fragen hatte, aber sie fielen ihr auf die Schnelle nicht ein.

„Nein, Sir.“

„Gut. Seien Sie vorsichtig und klug dort draußen, Agentin Fine.“

Und das war es. So hatte sie ihren ersten Auftrag erhalten. Sie wusste, dass sie in der Zukunft nicht so kommen würden; so viel wurde ihnen gestern bei der Orientierung gesagt. Trotzdem war es eine effektive Art ihren ersten Arbeitstag zu beginnen.

Sie hatte bereits am Vorabend ihre Kleidung bereitgelegt und geduscht und alles getan, um sicherzustellen, dass sie an ihrem ersten Tag nicht zu spät kam, zu was auch immer sie erwarteten würde. Sie zog sich an, schnappte sich einen Bagel mit Frischkäse und goss sich eine Thermoskanne Kaffee ein. Gestern Abend hatte sie die Kaffeemaschine auf 5:00 Uhr morgens programmiert. Währenddessen erreichte sie die Textnachricht von Assistant-Director Garcia mit der Adresse in Bethesda. Als Chloe zu ihrem Auto ging, waren seit dem Anruf nur fünfzehn Minuten vergangen.

Sie war schon mehrmals in Bethesda, Maryland, gewesen und wusste deshalb, dass es sich lediglich um eine kurze Fahrt handelte – etwas weniger als eine halbe Stunde, vor allem, weil sie so früh losgefahren war und den elendigen morgendlichen Pendlerverkehr vermied. Sobald sie die Straßen von DC verlassen hatte, gab sie die Adresse in ihr GPS-Gerät ein und sah, dass sie tatsächlich nur zweiundzwanzig Minuten entfernt war.