Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Seit den Abenteuern in der Pyramide der Unsterblichkeit und im Reich des Bösen leben wieder Dinosaurier auf der Erde. Doch jemand tötet diese letzten Exemplare und entfernt ihre Schädel. Warum müssen die Wesen der Urzeit sterben? Was steckt hinter diesem absurden Plan? Steven van Horn begibt sich auf die Suche nach Antworten und stößt auf etwas Unglaubliches.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 297
Veröffentlichungsjahr: 2016
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Seit den Abenteuern in der Pyramide der Unsterblichkeit und im Reich des Bösen leben wieder Dinosaurier auf der Erde. Doch jemand tötet diese letzten Exemplare und entfernt ihre Schädel. Warum müssen die Wesen der Urzeit sterben? Was steckt hinter diesem absurden Plan? Steven van Horn begibt sich auf die Suche nach Antworten und stößt auf etwas Unglaubliches.
Oliver Kellisch wurde 1981 in Bad Arolsen, Deutschland geboren. Er lebt dort mit seiner Frau und seinen Kindern.
Für Lukas
Ein Leben gegeben
Für Billy
Für Webster
Zwei Leben genommen
Jagdzeit
Eine neue Aufgabe
Bloorham
Der Zeitsprung
Erklärungen
Nach dem Zeitsprung
Das Serum
Reise in die Vergangenheit
Die Operation
Die Pyramide der Unsterblichkeit
Der Besucher
Der Zettel auf dem Tisch
Ich habe sie
Ein alter Freund
Im Verlies
Neue Ziele
Dreistein
Das Dorf
Das Schloss
In Dreisteins Reich
Der Plan
2. Juli
16. August
29. August
Kanalisation
Ideen im Verlies
Ein alter Feind
Es kommt
Vereint
Todesschreie
Ferox
Das Labor
Feuer und Asche
Dreisteins Erbe
Das Leben beginnt
Ganz in weiß
Drei Monate später
Schatzsuche
Nachwort des Autors
Es war eine außergewöhnlich kalte Nacht, in dem Pinienwald New Mexicos, in der Nähe einer erst kürzlich entdeckten Pyramide.
Der Jäger hatte sich den Schal bis dicht unter die Augen gezogen. Jetzt zog er sich die Mütze noch weiter runter, so dass nur noch ein kleiner Schlitz für die Augen übrig blieb. Er hob sein Gewehr auf und ging erneut in Stellung.
Die halbe Nacht war schon vergangen und er hatte sein Ziel noch immer nicht zu Gesicht bekommen. Doch das sollte eigentlich nicht so schwer sein. Das größte Tier, das jemals auf dem Planeten lebte, konnte man nicht so leicht übersehen.
Bei seiner Ankunft hatte er das Nachtsichtgerät übergezogen, doch nachdem auch nach einer Stunde nichts zu sehen gewesen war, hatte er es wieder abgesetzt und lauschte nun in die Dunkelheit. Es waren schon einige Stunden vergangen, seit er auf dem kleinen Baum in Stellung gegangen war, und langsam wurde ihm langweilig. Er hatte sich schon zweimal dabei ertappt, wie er fast eingeschlafen war, und versuchte sich nun mehr zu konzentrieren.
Vielleicht hätte er sich das ganze hier sparen sollen, wie schön wäre es, jetzt in seinem warmen Bett zu liegen und einen guten Film zu schauen. Seine Gedanken schweiften wieder ab, er musste sich konzentrieren. Wenn er Erfolg haben würde, wartete eine Menge Geld auf ihn und dann konnte er noch sehr lange in seinem warmen Bett liegen und gute Filme gucken.
Er hoffte, dass sein Zielobjekt bald in Sicht kommen würde, denn die Kälte war jetzt kaum noch auszuhalten. Obwohl er von dem Geld, das er für diesen Auftrag bekommen würde, das nächste Jahr gut würde leben können, hatte er langsam keine Lust mehr noch länger hier zu hocken.
Der alte Mann hatte ihm am Telefon versichert, dass sich das Zielobjekt hier befinden würde. Als er ihm dann aber das Ziel nannte, hatte er den alten Mann zunächst für verrückt gehalten. Im letzten halben Jahr war jedoch tatsächlich viel Verrücktes in der Welt passiert. Der versprochene Lohn hatte dann aber alle Zweifel weggespült und so befand er sich jetzt auf diesem kleinen Baum und starrte weiter in die Dunkelheit.
Das Gewehr hatte er sich mittlerweile auf die Beine gelegt und das Nachtsichtgerät hing griffbereit an einem Ast neben ihm. Wie lange sollte das hier noch dauern? Er hätte sich wirklich etwas zu essen mitnehmen sollen. Es half alles nichts, er versuchte sich wieder auf die Geräusche in seiner Umgebung zu konzentrieren.
Gerade wollte er nach dem Flachmann in seiner Brusttasche greifen, als er etwas hörte. Hatte er sich das Geräusch nur eingebildet, oder war da wirklich etwas gewesen? Plötzlich erschütterte etwas den Baum. Der Jäger griff blitzschnell nach dem Nacht sichtgerät, das fast vom Ast gerutscht wäre. Er sah angestrengt in die Dunkelheit und hätte vor Aufregung beinahe vergessen durch das Gerät zu sehen. Seit seiner Kindheit hatte er sich vorgestellt, dieses Tier einmal in Lebensgröße zu sehen. Er hielt sich das Nachtsichtgerät vor die Augen und drehte am Regler.
Der riesige dunkle Schatten näherte sich langsam. Er war noch größer, als der Baum daneben. Obwohl der Baum schon vier bis fünf Meter hoch war, ragte der Kopf des Tieres noch einmal so hoch darüber hinaus. Wo hatte dieses gewaltige Tier gesteckt? Er hätte es doch schon aus einem Kilometer Entfernung sehen müssen.
Aber jetzt galt es, das war sein Zielobjekt. Er ließ das Nachtsichtgerät fallen, es landete mit einem dumpfen Schlag auf dem weichen Waldboden, und ging in Stellung. Er konnte es kaum glauben, da war es endlich. In letzter Zeit hatte er öfter davon gelesen, aber jetzt wusste er, dass es echt war. Das Nachtsichtgerät brauchte er nicht mehr, dieser Riese war auch in der schwärzesten Hölle nicht zu verfehlen.
Die, mit klarer Flüssigkeit gefüllten, Patronen waren zum Abschuss bereit. Hoffentlich hatte der alte Mann ihm auch die richtigen Patronen geschickt, denn er wollte nicht in der Nähe eines verletzten und wütenden Brachiosauriers sein, nur um dann von seinen riesigen Füßen zertrampelt zu werden. Er visierte sein Ziel an und gab fünf schnelle Schüsse hintereinander ab. Jetzt waren fünf kleine dunkle Flecken im langen Hals, knapp unter dem Kiefer zu sehen. Er wusste, dass einige Minuten vergehen konnten, bis sich das Serum in dem riesigen Körper verteilt hatte. Kurz darauf begann der Saurier zu schwanken. Zuerst krachte der massige Körper auf den Boden und zerbrach mehrere kleine Bäume unter sich. Dann, einige Sekunden später, surrte der lange Hals durch die Luft und landete mit einem dumpfen Krachen auf dem Waldboden. Einige Vögel stiegen kreischend in den Nachthimmel auf, dann kehrte Stille ein.
Der Jäger kletterte vorsichtig aus seinem Versteck, blieb aber am Baumstamm stehen. Als er sicher war, dass der Saurier fest schlief, ging er langsam auf ihn zu.
Während er auf das Tier zuschritt, fragte er sich, warum er ausgerechnet diese Munition nehmen sollte und nicht die, die auch von Tierärzten zum betäuben von afrikanischen Elefanten benutzt wurden. Diese Munition war viel zu groß. Er wusste es zwar nicht genau, aber er schätzte, dass er den Saurier schwer verletzt hatte. Die Schüsse in den Hals konnten nicht ohne Wirkung geblieben sein. Aber genau dorthin sollte er schießen. Die einzige Erklärung war, dass der Saurier nicht unbedingt am Leben bleiben sollte. Er fand dies eigentlich nicht gut, aber er wurde schließlich dafür bezahlt, es konnte ihm egal sein.
Er nahm sein Mobiltelefon aus der Tasche und wählte die Nummer. Nach dem ersten Klingeln war sofort die Stimme des Alten zu hören. »Ja?«
»Der erste ist zum Abtransport fertig. Ich bin bereit, die nächsten Koordinaten zu empfangen.«
»Zuerst musst du noch etwas erledigen«, sagte die Stimme des Alten. »Hast du das Messer mitgenommen, wie ich es gesagt habe?«
»Ja.«
»Dann hör mir jetzt gut zu. Es hängt alles davon ab, dass du ordentlich und schnell arbeitest.«
Steven van Horn lag im neuen Bett seiner Mietwohnung und war ganz allein. Er hatte sich das neue Bett am letzten Wochenende gegönnt. Einen Meter achtzig breit und die passende Decke dazu. Endlich kein Gezerre mehr um die Decke in der Nacht. Wie oft war er aufgewacht und lag nur in Boxershorts, ohne Decke, am Rand des Bettes und war kurz davor auf den Boden zu stürzen. Das war eben der Preis, den man gerne zahlte um nicht alleine zu schlafen. Jetzt war er nur allein, weil seine geliebte Freundin am Arbeiten war. Aber lange sollte er sich nicht mehr einsam fühlen, Tanja hatte Spätdienst und würde gegen 22:00 Uhr wiederkommen.
Seine Gedanken kreisten um Tanja. Vor einigen Wochen war sie zu ihm in die Wohnung gezogen. Jeder hatte ein eigenes Zimmer, in das man sich zurück ziehen konnte, wenn man wollte. Dieser Punkt war zumindest für Steven wichtig gewesen. Wenn Many mal zu Besuch kam und sie ein paar Whiskeys trinken wollten, konnten sie die Musik aufdrehen und störten niemanden dabei. Außerdem musste seine große DVD und Blu-Ray Sammlung ja irgendwo stehen.
Sie konnten beide ganz gut kochen und überhaupt funktionierte alles sehr gut. Es gab zurzeit einfach nichts, was besser hätte laufen können. Deswegen hatte er auch den Ring gekauft. Er trug ihn bereits seit einigen Tagen bei sich und spielte ständig damit in der Hosentasche herum. Noch war der richtige Zeitpunkt nicht gekommen, um ihr einen Antrag zu machen. Er wusste auch nicht genau, worauf er wartete, doch lange würde es nicht mehr dauern. Vielleicht würden sie bei einem Spaziergang am See in ein Ruderboot steigen, auf den See hinaus rudern und dann würde er sie fragen. Das war doch keine schlechte Idee, er würde es sich merken.
Beim Schalten durch die Fernsehprogramme stieß er schon zum dritten Mal auf die aktuellen Nachrichten. Da es auf drei verschiedenen Programmen gleichzeitig war, schien es wichtig zu sein, vor allem um diese späte Zeit. Er legte die Fernbedienung zur Seite und machte es sich gemütlich. Was die Nachrichtensprecherin sagte, ließ ihn jedoch sofort auffahren und sich an die vordere Bettkante setzen.
Die Bilder, die jetzt über den Fernseher flackerten, hätte er am liebsten schon lange vergessen. Über ein halbes Jahr war vergangen seit er sie zum letzten Mal gesehen hatte. Seitdem hatte er sie nur mit mäßigem Erfolg verdrängt.
Die Luftaufnahmen zeigten zuerst die Pyramide, die ihn nach ihrem ersten Abenteuer so viele schlaflose Nächte gekostet hatte. Danach kam die Gegend um Stonehenge in Sicht, wo er und seine Freunde vor sechs Monaten erneut um ihr Leben kämpfen mussten. Die Stimme der Nachrichtensprecherin im Hintergrund erzählte von dem verwesenden Kadaver eines Brachiosauriers, der in der Nähe der Pyramide gefunden worden war. Sie erzählte von einer unnatürlichen Todesursache, doch Genaueres wisse man noch nicht. Jedoch war erst jetzt bekannt geworden, dass dies schon der dritte tote Saurier innerhalb einer Woche war. Die ersten beiden Saurier wurden vor wenigen Tagen in der Nähe von Stonehenge ohne Kopf aufgefunden. Irgendjemand hatte ihnen die Köpfe abgetrennt und anscheinend mitgenommen. Für den Rest der massigen Körper hatten die Mörder wohl keine Verwendung und ließen sie an Ort und Stelle liegen. Die Behörden schwiegen sich jedoch noch darüber aus, ob es auch bei dem neuesten Fund der Fall sei.
Steven schaltete den Fernseher aus, stand auf und schlenderte gedankenverloren in die Küche.
Das war ein Skandal - und das nicht nur, weil es rätselhaft war, sondern auch, weil es nur so wenige Exemplare gab. Wie konnte nur jemand die letzten Saurier töten, die dank Steven und seiner Freunde wieder auf der Erde lebten?
Steven war stinksauer. Er war sich sicher, dass sie höchstens ein halbes Dutzend Exemplare der Brachiosaurier aus der Pyramide befreit hatten und jetzt war mindestens einer davon tot. Er dachte an die Vorfälle in Stonehenge und war sich nicht ganz sicher, ob auch dort ein Brachiosaurier gewesen war, dort waren nur fleischfressende Bestien gewesen. Die Fernsehsprecherin hatte lediglich von Sauriern gesprochen. Es war kaum vorstellbar. Hatte es jemand geschafft einen oder mehrere der großen Fleischfresser zu töten? Wahrscheinlich hatten die Täter es nur auf die Pflanzenfresser abgesehen.
Und was wollten diese Menschen überhaupt mit Saurierköpfen? Jetzt fiel ihm auf, dass nur die Rede von großen Sauriern war. Warum hatten sie keine kleinen Saurier getötet? Das wäre doch viel einfacher und ungefährlicher. Wer wagte sich schon in die Nähe dieser riesigen Viecher? Es musste einen ganz besonderen Grund geben, weshalb nur den großen Sauriern der Kopf abgetrennt wurde.
Er ließ sich auf einem Küchenstuhl nieder, zündete sich eine Zigarette an und starrte nachdenklich an die Decke. Als Erstes fiel ihm die schöne Atlanterin Vanadielle ein, als er an die damaligen Ereignisse dachte. Sie hatte ihren Mann bei den Kämpfen am Meeresboden des Bermuda-Dreiecks verloren, war aber später wieder glücklich geworden. Dann dachte er an die alles übertreffende Schlacht unter den Ruinen von Stonehenge. Über ein halbes Jahr war es schon her, doch jetzt kam ihm alles wieder so lebendig vor. In Gedanken sah er Many vom riesigen Thron abspringen und auf Zerebrus, den Anführer der Wesen, zu fliegen.
Dann fiel ihm Dreistein ein, der als einziger bei diesem Abenteuer sein Leben verloren hatte. Es gab keine Beerdigung, nur eine kleine Trauerfeier, denn sie hatten keinen Leichnam, den sie hätten bestatten können. Sie hatten keine Chance gehabt seine Leiche mitzunehmen. Um ihr eigenes Leben zu retten, hatten sie so schnell wie möglich aus der unterirdi schen Halle fliehen müssen und ihn dabei zurückgelassen. Mit seinem letzten Atemzug hatte Zerebrus Dreisteins Körper mit seiner riesigen Laseraxt von der Schulter bis zur Hüfte zerteilt. Dreisteins obere Körperhälfte war daraufhin auf die merkwürdige blaue Kugel gefallen, die in der Nähe von Zerebrus Thron über dem Boden schwebte und war darin eingetaucht. Zerebrus hatte vorher von der Lebensenergie der blauen Kugel gesprochen und davon, dass die Flüssigkeit darin sein Leben verlängert hätte. Dies war ein faszinierender Gedanke gewesen, aber um ihr Leben zu retten, hatten sie das Geheimnis nicht lüften können. Wie auch immer. Für Dreistein hatten sie nichts tun können, er musste auf der Stelle tot gewesen sein. Vielleicht hatte die Kugel den Höhleneinsturz unbeschadet überstanden und Dreistein schwebte immer noch in ihr. Bis jetzt wusste es niemand.
Plötzlich klingelte Stevens Mobiltelefon.
»Lo Steven!«, hörte er schon Manys Stimme laut rufen, bevor er das Telefon richtig am Ohr hatte.
»Many! Schön mal wieder was von dir zu hören. Ich habe gerade eben an dich gedacht«
»Ja, ja. Sag mal Steven, hast du zufällig vorhin die Nachrichten gesehen?«
Steven kratzte sich am Kinn und nahm einen Zug von seiner Zigarette. »Hab es vor ein paar Minuten gesehen. Der Kadaver eines Brachiosauriers wurde ohne Kopf gefunden.«
»Ja schon, aber das ist nicht alles«, sagte Many. »Inzwischen wurden noch vier weitere Brachiosaurier und ein Diplodokus gefunden, von denen in den Nachrichten noch nicht die Rede war. Alle fünf ohne Kopf.«
»Noch vier Brachiosaurier? Waren das die letzten? Ich bin mir nicht sicher, ob es fünf oder sechs gab.«
»Es waren nur fünf«, sagte Many. »Das waren die letzten. Deshalb wurde danach wahrscheinlich ein Diplodokus getötet. Es gab einfach keinen Brachiosaurier mehr. Und wie du wohl gerade in den Nachrichten gesehen hast, wurden auch Saurier in Stonehenge geköpft. Irgendwas sehr Merkwürdiges geht hier vor.«
»Da muss ich dir recht geben. Ein Zufall kann das nicht sein. Jemand hat es aus irgendeinem Grund genau auf die Köpfe von großen Sauriern abgesehen. Aber du hast mich doch bestimmt nicht nur angerufen, um mir das zu erzählen. Wie ich dich kenne, schwebt dir doch schon was im Kopf herum. Was hast du vor?«
Many machte eine kurze Pause, bevor er mit seiner tiefen Stimme sagte: »Es wird Zeit, dass wir noch einmal in unser Raumschiff steigen!«
Steven zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und drückte sie im Aschenbecher aus. Manys Worte lösten einen Adrenalinausstoß aus. Er war sofort Feuer und Flamme. Warum, wusste er auch nicht so genau. Eigentlich hatte er genug vom Kämpfen. Doch er spürte dieses Kribbeln, wie man es manchmal spürt, wenn etwas Wichtiges vor einem liegt. Und er wollte wieder etwas Wichtiges leisten. »Wann soll es los gehen?«
»Ich wollte eigentlich gleich zu dir kommen, bin schon fast auf dem Weg. Ehrlich gesagt, stehe ich gerade vor dem Raumschiff und bin nur nicht eingestiegen, weil das Telefon da drin nicht funktioniert.«
Steven erinnerte sich noch gut an das rechteckige schwarze Raumschiff, das sie in Atlantis gefunden hatten. Nach dem Abenteuer in der Pyramide hatten sie es in einer kleinen Höhle in ihrer Nähe versteckt. Many befand sich vermutlich jetzt wieder dort. Er konnte sich gut vorstellen, wie Many davor stand und es bewundernd anstarrte.
»Du müsstest das Schiff sehen«, sagte Many begeistert. »Ich war seit Monaten nicht hier. Ich hatte ganz vergessen, wie gut es aussieht.« Many räusperte sich. »Ich bin also gleich bei dir. Mach dich schon mal fertig.«
»Na, so schnell geht das aber nicht, da muss ich erst mit Tanja reden.«
Many war ein paar Sekunden still, bevor er weiter redete. »Nimm sie doch einfach mit.«
»So einfach ist das nicht. Sie hat eine gute Anstellung in einer Klinik in der Nähe gefunden, in der sie erst seit einem Monat arbeitet. Da kann sie sich jetzt nicht einfach Urlaub nehmen oder unentschuldigt fehlen. Sie hat Spätdienst und kommt erst heute Abend um zehn nach Hause. Ich werde ihr eine Nachricht hinterlassen, dann sehen wir weiter. Aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass ihr das nicht ge fallen wird.«
»Diese Frauen immer.«
Steven konnte sich vorstellen, wie Many am anderen Ende der Leitung den Kopf schüttelte. Er schob mit einem Finger den Aschenbecher auf dem Tisch hin und her. »Manchmal haben diese Frauen aber auch recht. Ich kümmere mich schon darum. Wann genau wirst du hier sein?«
»Ich bin in einer Stunde da.« Many legte auf.
Es ging also wieder los. Tanja würde das gar nicht gefallen. Sie wusste von nichts und er war schon auf dem Sprung ins nächste Abenteuer. Eigentlich wollte er sich entspannen, später was Tolles kochen – er hatte ein eigenes Rezept für Cheeseburger aufgeschrieben und wollte es heute zum ersten Mal probieren - und Tanja damit überraschen.
Steven erhob sich und schaltete die Musikanlage im Wohnzimmer ein. Aus einem Stapel Musik-CDs sucht er die neue Scheibe seiner Lieblings-Death Metal-Band raus, die erst gestern mit der Post gekommen war. Bei dem dröhnenden Geknüppel des Schlagzeugs und dem kaum zu verstehenden tiefen Gesang, bei dem nicht viele Menschen entspannen können, genoss er eine heiße Dusche. Als er später vor dem Spiegel stand und sich die kurzen Haare trocknete, musste er sich eingestehen, dass er langsam aber sicher älter wurde. Viel war nicht mehr übrig von seinen Haaren. Beim nächsten Friseurbesuch würde er keine Schere mehr brauchen. Die Maschine würde die Arbeit in einer Minute erledi gen.
Eine halbe Stunde später stand er mit gepacktem Rucksack hinter dem Gebäude und wartete auf ein Zeichen von Many.
Ihm fiel ein, dass er vor Beginn ihres letzten Abenteuers auch hinter einem Haus auf Many gewartet hatte. Damals war es Lao Ches Garten gewesen und Rodrigo, Tanja, Laura und Dreistein waren dabei gewesen. Dann fiel ihm ein, dass bei der damaligen Landung Gartenstühle und Tische zerstört worden waren. Er sah sich schnell um. Okay, hier konnte nichts kaputt gehen. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass die Nachbarn nichts bemerkten. Er war erst vor zwei Monaten mit Tanja in den Vorort von Chicago gezogen und wollte seine neuen Nachbarn nicht zu Tode erschrecken.
Er versuchte an etwas anderes zu denken. In der Hosentasche fand er den Ring und steckte ihn sich auf den kleinen Finger. Sein Antrag würde sich wohl wieder um einige Zeit nach hinten verschieben.
Steven musste sich noch einige Minuten gedulden, dann schwebte das eckige, schwarze Raumschiff über ihm und blies einen heftigen Windstoß auf ihn herab. Dicht an die Hauswand gelehnt, sah er zu, wie das Raumschiff langsam auf der grünen Rasenfläche aufsetzte. Ein Riss entstand an einer Seite des schwarzen Blockes, dann schob sich eine Tür zur Seite und Many trat in die Öffnung.
»Lange nicht gesehen, alter Freund.« Sie umarmten sich kurz. »Jetzt komm endlich rein. Im Cockpit wartet noch jemand auf dich.«
Steven ging zögernd mit geschultertem Rucksack in das Raumschiff, das er ein halbes Jahr lang nicht betreten hatte, und von dem er manchmal gehofft hatte, es nie wieder betreten zu müssen.
Ein einziges Mal war er mit diesem Schiff geflogen. Damals waren sie damit aus dem Reich des Bösen entkommen. Er hatte schon einige Stunden im runden Raumschiff verbracht, im dem Many und Lao Che von der Pyramide aus zum Mond geflogen waren, aber dieses Schiff war zerstört worden, als er mit Dreistein und Tanja vor Stonehenge gelandet war. Dieses eckige, schwarze Raumschiff hatten sie in der versunkenen Stadt Atlantis gefunden, und Many hatte es gerade rechtzeitig starten können, bevor die Stadt endgültig zerstört worden war. Von diesem Schiff wusste er, dass es mindestens zehntausend Jahre alt war, weil es all die Jahre in Atlantis verweilt hatte, um den Schutzschild aufrecht zu halten. Aber er vertraute noch nicht ganz auf seine Fähigkeiten. Vielleicht würde das besser werden, wenn er einige Zeit darin verbracht hatte.
Im Raumschiff war es dunkel und er brauchte einige Sekunden, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Dann sah er sie. Vanadielle. Sie saß vor einem jämmerlich zusammengeschusterten Tisch, den Many selbst gebaut haben musste, auf einem alten Plastikstuhl und strahlte ihn an. »Wie geht es dir?«
»Mir geht es gut, aber wichtiger ist, wie geht es dir? Du solltest jetzt ziemlich am Ende der Schwangerschaft sein, oder?« Steven sah ihren kugelrunden Bauch an. Er hatte lange nicht mehr an Vanadielle und den letzten Nachwuchs der Atlanter gedacht. Er erinnerte sich gut an den Tag, als er bemerkt hatte, dass sie schwanger war. Many und er hatten gerade Zerebrus zur Strecke gebracht und alle außer Dreistein waren im Raumschiff aus der Halle unter Stonehenge geflüchtet. Many hatte das Schiff irgendwo hin gesteuert, wo es etwas zu essen gab. Steven hatte sich alle Insassen des Schiffes angeschaut und in dem Augenblick die leichte Rundung an ihrem Unterleib bemerkt.
Die letzten sechs Monate hatten wirklich erstaunliches bei ihr bewirkt. Steven vermutete, dass sie wahrscheinlich nicht mehr bequem laufen konnte und selbst das Sitzen musste ihr zu schaffen machen.
Vanadielle strich sich mit der rechten Hand über den runden Bauch. »Uns beiden geht es sehr gut. Many war mit mir bei einem von diesen Frauendoktoren und der sagte, es sei alles wunderbar.«
»Das freut mich zu hören. Wann soll es denn so weit sein?«
»Der Arzt sagt noch höchstens ein bis zwei Wochen. Es könnte also jederzeit so weit sein.«
»Solche guten Nachrichten würde ich gerne öfter hören. Am meisten aber freut mich, dass du unsere Sprache so schnell gelernt hast. Das schafft nicht jeder in sechs Monaten.«
»Ich hatte einen guten Lehrer«, sagte sie und sah zu Many rüber.
»Ah, ich verstehe«, sagte Steven und fing an zu lachen. »Der dicke Zwerg mit der Glatze hat sich gut um dich gekümmert.«
»Jetzt hör auf mit dem Blödsinn«, sagte Many und strich sich mit beiden Händen über das Gesicht. Er musste sich seit Wochen nicht mehr rasiert haben. Unrasiert zu sein gehörte irgendwie zu Many. »Wir haben genug Nettigkeiten ausgetauscht, es wird Zeit. Vanadielle, du gehst jetzt am besten. Tanja sollte bald nach Hause kommen. Du kannst ihr dann alles erklären.«
Steven guckte verwirrt, als Vanadielle sofort aufstand. »Habt ihr schon alles ohne mich geplant?«, fragte er.
»Genau das!«, sagte Many. »Vanadielle wird Tanja alles erzählen, wenn sie nach Hause kommt, denn wir beide haben gleich was vor.«
Na gut, dachte Steven, dann machen wir es eben so. Tanja wird es schon verstehen.
Vanadielle winkte Steven kurz zu, drückte dann Many an sich und trat nach draußen. Steven sah ihr hinterher und sagte gar nichts. Many schloss die Tür, oder das Schott, oder wie immer man es nennen sollte, und setzte sich auf den mittleren der drei Pilotensitze. Steven nahm auf dem rechten Platz.
Wenig später waren sie in der Luft. Many hatte keine Schwierigkeiten damit das Raumschiff zu starten oder es zu fliegen. Er sagte: »Das ist wie beim Fahrradfahren. So etwas verlernt man nicht.«
»Ja, ja, ja. Ganz toll! Und was ist jetzt?«
»Jetzt, mein alter Freund, werden wir etwas unternehmen, von dem du schon dein ganzes Leben lang geträumt hast.«
Sofort schossen Steven tausend Dinge durch den Kopf. Es gab jede Menge Dinge, die er schon sein ganzes Leben lang machen wollte. Zum Beispiel Fallschirmspringen, aber das würden sie jetzt bestimmt nicht machen. Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde wäre auch nicht schlecht. Oder vielleicht...? Ach, was dachte er überhaupt darüber nach. Sie waren wieder auf einer Mission. Es gab wieder etwas Aufregendes zu tun. Jemand stahl Dinosaurierschädel.
Doch so wie Many es sagte, sollte es etwas Besonderes werden. Steven war gespannt, was da kommen würde. Er hatte eine klitzekleine Ahnung, und wenn es das wirklich war, dann würde es die Reise seines Lebens werden. Noch besser als eine Reise zum Mittelpunkt der Erde.
Der Morgen war noch dunkel und kalt in dem kleinen Ort Bad Arolsen in Deutschland. Seit zwei Wochen wohnte Julius X. Bloorham jetzt hier und noch immer verfuhr er sich auf dem Weg nach Hause. Natürlich verfuhr er sich auch auf dem Weg zur Arbeit, eigentlich verfuhr er sich ständig. Langsam kamen ihm Zweifel, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, die neue Stelle in der Klinik anzunehmen. Es war ein schönes kleines Städtchen. Fünf Minuten zu Fuß und er stand in einem wunderschönen Wald. Selbst in der Stadt war eine lange Allee, durch die man spazieren gehen oder mit dem Fahrrad fahren konnte. Hier könnte er den Rest seines Lebens verbringen. Die deutsche Sprache musste er zwar noch ein bisschen üben, aber das war ja nur ein vorübergehendes Hindernis.
Er vertrieb die Gedanken über die schöne Stadt aus seinem Kopf. Jetzt freute er sich nur noch auf sein Bett. Vielleicht noch eine Folge seiner Lieblingsserie, mit dem Mann, der aus einem Kugelschreiber und einem Kaugummi alles Mögliche bauen konnte, gucken und dann schlafen.
Doch er war ja leider noch nicht zu Hause. Er kam gerade erst von einem anstrengenden Nachtdienst in der Station für Neurochirurgie nach Hause.
Plötzlich prasselte auch noch Regen auf die Windschutzscheibe des alten Pick-Ups. Er bog nach rechts in die menschenleere Bahnhofstraße ab. Wenig später sah er zu seiner Rechten, dass schon wieder ein neuer Dönerladen eröffnet hatte. Wenn er richtig zählte war das schon der vierte, allein im oberen Teil der Bahnhofstraße. Jemand hatte ihm erzählt, dass vorher schon zwei gleiche Läden im Gebäude gewesen waren, beide hatten nicht lange durchgehalten. Wahrscheinlich würde es dem neuen Besitzer nicht anders gehen. Er fuhr weiter Richtung Königsberg, wo er sich ein Haus gemietet hatte.
Während der Fahrt dachte er über die letzten Stunden nach. Die Schicht war ihm diesmal länger vorgekommen als sonst. Der letzte Patient war eine Stunde vor Schichtende mit einer Sehstörung eingeliefert worden. Nach und nach stellte sich heraus, dass er an einem pilozytischen Astrozytom litt. Jetzt lag er auf seinem Zimmer und dachte wahrscheinlich über die schlechte Nachricht nach. Wenn der Patient Glück hatte, würde der Hirntumor komplett entfernt werden können. Bei dieser Art Tumor war das tatsächlich möglich. Bloorham würde sich morgen wieder um ihn kümmern, jetzt brauchte er Ruhe und Schlaf.
Endlich hatte er die richtige Straße gefunden. In seiner Garage angekommen, ließ er mit einem leisen Rattern das Tor hinunter und nahm ein trockenes Handtuch von einem Tisch. Er machte sich daran seinen Pick-Up trocken zu wischen. Dieser Wagen war das Einzige, was der gebürtige Amerikaner aus seinem Heimatland hatte importieren lassen. Er lieb te diesen Wagen.
Nachdem der Wagen trocken war, ging er durch die Tür, die die Garage direkt mit dem Haus verband. In der Küche legte er wie immer die Autoschlüssel auf die Theke zwischen die Kaffeemaschine und die benutzte Kaffeetasse. Das erinnerte ihn immer daran seine Tasse zu spülen, da sie sonst tagelang irgendwo in der Wohnung herumstand.
Genau deshalb fiel ihm jetzt etwas Merkwürdiges auf. Etwas war anders als sonst. Die Kaffeetasse, die er jeden Morgen vor der Arbeit trank und dann beim Gehen neben die Schlüssel auf die Theke stellte, stand nicht mehr an ihrem Platz. Sie stand ganz am Ende der Theke. Dort hätte er sie nie hingestellt, da sie leicht herunterfallen konnte. Ihm fielen auch noch andere Veränderungen auf, als er sich in dem großen Raum umsah, der gleichzeitig als Wohnzimmer und Küche diente. Die Blumen auf der Fensterbank neben der Terrassentür standen anders. Jemand hatte sie verschoben, aber beim Versuch sie wieder hinzustellen, ihre Plätze vertauscht. Da er keine Putzfrau hatte und seine Wohnung selbst ordentlich hielt, musste es jemand Fremdes gewesen sein.
Er ging zur Terrassentür und untersuchte sie ebenso auf Schäden, wie die gesamten Fensterscheiben im Raum. Er konnte nichts Besonderes entdecken. Hatte er vielleicht doch selbst die Blumen verstellt? Er ging in die Küche und danach ins Badezimmer. Alles in Ordnung. Er kratzte sich nachdenklich am Kopf, rückte seine Brille zurecht und ließ sich auf dem Sofa im Wohnzimmer nieder.
Er war zwar fast fünfzig, aber konnte er wirklich schon so vergesslich sein? Bis jetzt war so etwas noch nie vorgekommen. Vielleicht sollte er sich überlegen, eine Art Gedächtnistraining zu machen, damit so etwas nicht noch einmal geschah.
Plötzlich hörte er ein Geräusch aus dem Keller. Paranoid war er nicht, er hatte es genau gehört. Jemand war dort unten und das war ganz bestimmt keine Einbildung.
Er ging vorsichtig und sehr langsam in Richtung der Tür, die nach unten in den Keller führte, um keine auffälligen Geräusche zu verursachen und legte ein Ohr an die Kellertür. Jetzt stieg ihm der widerliche Geruch eines Schimmelpilzes in die Nase. Es roch irgendwie gleichzeitig nach Moder und Blumen. Da war wirklich jemand und dieser Jemand roch ganz fürchterlich. Er konnte Schritte hören. Sie waren aber zu leise, um von der alten Holztreppe zu kommen. Der oder die Unbekannte ging weiter hinten im Keller umher. Aber dort lagen höchstens ein paar alte Schallplatten und der große Röhrenfernseher, den er erst letzte Woche gegen einen schönen Flachen ausgetauscht hatte. Damit konnte doch keiner was anfangen. Was sollte das?
Bloorham kratzte sich am Hinterkopf, dort, wo die kleine kahle Stelle, langsam aber sicher größer wurde. Wie sollte er sich verteidigen, wenn die Person zu ihm nach oben kam? Hatte er überhaupt eine Waffe im Haus? Er war so aufgeregt, dass er sich gar nicht erinnern konnte. Er sollte besser gleich die Notrufnummer wählen und es nicht auf einen Zusammenstoß mit dem Unbekannten ankommen lassen.
Bloorham drehte sich um und schlich auf Zehenspitzen zum Telefon, das neben der Haustür an der Wand hing. Erschrocken blieb er stehen, an der Haustür stand schon jemand. Die Einbrecher waren also mindestens zu zweit.
Bloorham sah den Mann völlig verdutzt an. Mit ihm stimmte etwas ganz und gar nicht. Er fand keine anderen Worte dafür. Der fremde Mann sah einfach nur böse aus. Außerdem ging dieser widerliche, schimmlige Geruch von ihm aus, was ja an sich schon sehr merkwürdig war. Er war einen Kopf größer als Bloorham und der Gesichtsausdruck ähnelte mehr dem eines Tieres auf Beutezug, als dem eines Menschen. Etwas stimmte auch nicht mit seiner rechten Hand. Sie war schwarz wie die Nacht und ein wenig größer als die Linke.
Der Fremde kam ein paar Schritte auf ihn zu. Bloorham fiel auf, dass der Mann sich irgendwie steif bewegte. Als würde auch etwas mit seinen Beinen nicht stimmen. Unwillkürlich dachte Bloorham nach, ob die Beine des Fremden vielleicht auch so schwarz waren, wie die rechte Hand. Im dunklen Flur konnte er es nicht erkennen, weil der Mann eine Hose trug.
Jetzt, da der Fremde näher bei ihm stand, kam er ihm irgendwie bekannt vor. Er war schon älter und hatte lange weiße Haare, die ungepflegt herunter hingen. Woher kannte er diesen Mann? Er hatte ihn schon einmal gesehen. Vielleicht auf einem Foto, das er geschickt bekommen hatte? Jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. »Verdammter Mist! Sie sind doch der Doktor, bei dem meine ...«
Der unheimliche Mann kam noch einen Schritt näher und unterbrach ihn. »Bist du Dr. Julius X. Bloorham?«
Bloorham brachte kein Wort heraus. Die Stimme des Fremden hatte einen merkwürdigen Klang. Sie war viel zu tief, fast schon ein gutturales Knurren.
Der Mann sprach weiter. »Bist du der Neurochirurg an der hiesigen Klinik?«
Bloorham stellte sich gerade hin. »Jawohl, der bin ich.«
Der Fremde kam so schnell auf ihn zu, dass er nicht reagieren konnte. Bloorham schaffte es gerade noch einen Schritt nach hinten zu gehen, stieß dann aber mit dem Rücken gegen eine Wand. Der Fremde packte ihn mit der widerlichen, schwarzen Hand am Hals und schob ihn die Wand hoch. Er war unbeschreiblich stark. Er konnte unmöglich ein normaler Mensch sein. Ein Bodybuilder hätte ihn vielleicht so die Wand hoch schieben können, aber dieser alte Mann doch nicht.
Die schwarze Hand drückte fester zu. Bloorham konnte nicht mehr richtig atmen. Sterne begannen vor seinen Augen zu tanzen.
In einem letzten Kraftakt rammte Bloorham sein rechtes Knie in den Magen des Fremden. Aber es war, als hätte er gegen eine Stahltür getreten. Der Griff der schwarzen Hand lockerte sich keinen Millimeter.
Der Sauerstoffmangel raubte ihm die Sinne. Er griff mit beiden Händen nach der schwarzen Hand. Sie war eiskalt und steinhart. Er hatte keine Chance.
Bloorham verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war, dann erschlaffte sein Körper.
Der alte Mann sah den ohnmächtigen Bloorham lange an, dann legte er ihn sich über die Schulter. Er ging zur Kellertür und öffnete sie.
Von unten war eine Stimme zu hören. »Ist alles okay? Kann ich hochkommen?«
»Natürlich ist alles in Ordnung. Glaubst du etwa, ich schaff das nicht alleine?«
»Das war nur eine Frage«, sagte die Stimme vorsichtig von unten.
»Komm hoch und durchsuch seine Sachen. Vielleicht müssen wir noch etwas mitnehmen.«
Der Jäger erschien im Türrahmen. Er trug den gleichen Tarnanzug, den er auch bei der Jagd verwendete. »Ich habe keine Ahnung, wonach ich suchen soll.«
Der alte Mann sah sich im Flur um. Neben dem Telefon hing ein einzelnes Foto an der Wand. Der Mann betrachtete es eine Weile interessiert und be gann dann immer breiter zu grinsen. Aber es war kein herzliches Grinsen, es war hinterhältig und böse. »Nimm das Foto mit und bewahre es gut auf. Es könnte uns noch gute Dienste leisten.«
Der Jäger nahm es von der Wand und betrachtete es. »Die habe ich noch nie gesehen. Wer ist das?«
»Das brauch dich jetzt noch nicht zu interessieren. Wenn wir es brauchen, sage ich dir Bescheid. Zuerst sehen wir, wie umgänglich unser Doktor ist.« Der alte Mann öffnete die Tür und trat mit Bloorham auf der Schulter heraus.
Der Jäger folgte ihm und schloss die Tür von außen, dann folgte er dem Alten in die Dunkelheit.
Steven betrachtete neugierig die Anzeigetafel, die Many soeben aus dem Armaturenbrett ausgefahren hatte.
Many faltete die Hände und fragte dann sehr konzentriert: »Kannst du dich noch daran erinnern, dass wir damals, als wir Zerebrus auf den Fersen waren, über Zeitreisen gesprochen haben?«
Das war es also, was Many vorhatte. Er wollte eine Zeitreise machen. Das war ja kaum zu glauben.
Steven dachte nach. Er kramte weit hinten in seinem Gedächtnis. Eine schwache Erinnerung kam zum Vorschein. »Ja, ja, ich glaube jetzt kommt was. Wir hatten, glaube ich, darüber gesprochen, dass eine Person alleine nicht so viel in einem Leben schaffen kann, wie er es getan hat, auch wenn er anscheinend sehr alt gewesen war. Einer von uns beiden erwähnte dann die Zeitreise, mit der Zerebrus möglicherweise einige seiner Taten begangen haben könnte. Später hat er es dann selbst gesagt. Als er im Sterben lag, hat er erzählt, dass dies das letzte Raumschiff seiner Art ist und durch die Zeit reisen kann. Ich war mir damals sicher, dass er die Wahrheit gesagt hat. Er hat uns von der Zeitmaschine erzählt, damit wir ihn am Leben lassen, um mehr von ihm darüber zu erfahren.«
»Genau. Und ich habe damals gesagt, dass ich das Raumschiff nach einer möglichen Zeitmaschine oder Ähnlichem untersuchen werde. Damals hatte ich natürlich keine Zeit dafür, und als ich Zerebrus erledigt hatte, habe ich nicht mehr daran gedacht. Vanadielle und ihre Schwangerschaft haben das alles vertrieben. Als ich dann aber vor kurzem von den kopflosen Sauriern gehört habe und mir wieder alles von damals einfiel, habe ich mich auf die Suche gemacht. Und du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ...«
»Du hast es gefunden.«