Die Memoiren der Fanny Hill - John Cleland - E-Book

Die Memoiren der Fanny Hill E-Book

John Cleland

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Erotische Bibliothek Band 4: Die Memoiren der Fanny Hill von John Cleland Sammlung klassischer erotischer Werke der Weltliteratur Ein erotischer Briefroman, in dem die glücklich verheiratete Fanny Hill auf ihre erotischen Abenteuer zurückblickt. Die junge Fanny, ein Waisenkind, kommt mit fünfzehn Jahren nach London, wo sie gezwungen wird, sich als Prostituierte zu verdingen. Sie wird von einem Gentlemen gerettet, der sie in die Geheimnisse der romantischen und körperlichen Liebe einführt. Als dieser jedoch nach Übersee abreisen muss, wird Fanny doch zur Prostituierten, vorübergehend die Mätresse eines reichen Mannes und landet in einem Edelbordell, bevor ihr Geliebter schließlich zurückkehrt und sie heiratet.

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Die Memoiren der Fanny Hill

John Cleland

Erotische Bibliothek

Band 4

John Cleland

Die Memoiren der Fanny Hill

Erstmals erschienen 1749 unter dem Titel

Memoirs of a Woman of Pleasure

Aus dem Englischen von C. R. Abell 1929

© Lunata Berlin 2019

Inhalt

Ohne Titel

Über den Autor

Die erotische Bibliothek

Paphos im Jahr der Cythere MDCCCCVI

Madame, ich nehme Ihren Wunsch als einen Befehl: so wenig angenehm es mir auch sein wird, will ich also die Geschichte jener meiner Lebenszeit aufschreiben, die nun vorbei ist, nun, wo ich glücklich bin in Liebe und Gesundheit und Jugend. Bequeme Verhältnisse und nicht geringes Vermögen lassen mir Zeit, die ich nicht besser verwenden kann, als dass ich einen schon von der Natur nicht ganz schlechten Verstand übe, der mich auch inmitten der ausgelassensten Lüste und Freuden mehr Erfahrungen über Brauch und Sitte der Welt machen ließ, als es bei Huren allgemein ist; denn die halten jeden Gedanken für einen schlimmen Feind ihrer Betäubung, so dass sie ihn entweder weit sich fernhalten oder in Stumpfsinn vernichten.

Ich mag lange Vorreden nicht und will mich auch weder verteidigen noch entschuldigen, will nur sagen, dass ich mein Leben genau so beschreiben werde, wie ich’s geführt habe.

Ich will die Wahrheit geben und mir nicht die Mühe nehmen, ihr eine verschleiernde Hülle zu geben. Ich will Umstände und Situationen so beschreiben, wie sie waren, und mich nicht darum kümmern, ob ich damit jene Gesetze des Anstandes verletze, die ja auch für die Art unserer beider Beziehungen und Beichten nicht gemacht wurden. Dann haben Sie ja auch eine viel zu gute Kenntnis der Wirklichkeit, als dass Sie über deren Beschreibung aus Prüderie oder aus »Charakter« die Nase rümpften. Die geschmackvollsten Leute werden in ihren Privaträumen Bildnisse des Nackten an die Wand zu hängen sich nicht scheuen — wenn sie es nicht im Treppenhaus tun, so nur, weil sie mit einem allgemeinen Vorurteil rechnen.

Das sei Einleitung genug. Ich komme zu meiner Geschichte. Mein Mädchenname war Frances Hill und ich bin von sehr armen, aber, wie ich aufrichtig glaube, grundehrlichen Eltern in einem Dorf nahe bei Liverpool in Lancashire geboren.

Mein Vater war gelähmt und fand im Netzmachen einen kümmerlichen Verdienst; meine Mutter trug das ihre mit einer Kleinmädchenschule bei, die sie hielt. Wir waren viele Kinder, von denen keines lang lebte, bis auf mich, der mir die Natur eine vortreffliche Gesundheit gab.

Bis über mein vierzehntes Jahr bestand meine Erziehung in ein bisschen Lesen oder vielmehr Buchstabieren, einem unleserlichen Gekritzel und ein wenig Nähen. Das einzige Fundament meiner Tugend war die völlige Unkenntnis des Lasters und jene scheue Furcht, die uns ganz jungen Mädchen eigen ist, da uns etwas mehr durch seine Neuheit als durch sonst was ängstigt. Von dieser Furcht werden wir meist auf Kosten unserer Unschuld befreit, wenn wir allmählich anfangen, in den Männern nicht mehr die Raubtiere zu sehen, die uns fressen wollen.

Zwischen ihrer Schule und den Hausarbeiten hatte meine Mutter wenig Zeit für mich; und da ihre eigene Naivität nichts Böses kannte, kam ihr auch gar nicht der Gedanke, mich vor was zu warnen.

Ich war fünfzehn Jahre alt, als mir ein großes Unglück widerfuhr: meine Eltern starben rasch hintereinander an den Pocken und ließen mich als Waise zurück. Die schlimme Krankheit hatte auch mich überfallen, aber in einer so gelinden Form, dass ich bald außer Gefahr war und ohne Narben davon kam, was ich damals allerdings noch nicht zu schätzen wusste. Ein wenig Zeit und die Unbekümmertheit meines Alters zerstreuten nur zu bald meinen Schmerz, und etwas machte mich endlich ganz gleichgültig gegen ihn: der Gedanke, nach London in Dienst zu gehen, worin mich eine junge Frauenperson, Esther Davis, bestärkte und versprach, mir da mit Rat und Tat beizustehen. Diese Davis war aus London auf Besuch zu Bekannten gekommen und wollte nach ein paar Tagen wieder in ihre Stellung zurück.

Ich hatte niemanden im Dorfe, der sich meiner hätte annehmen, oder mir da etwas hätte raten können. Die Frau, die sich nach meiner Eltern Tode um mich kümmerte, sprach mir zu, und so stand mein Entschluss fest, nach London zu gehen, um da mein Glück zu suchen, wie die Redensart heißt, die schon mehr verdorben als glücklich gemacht hat.

Esther Davis erzählte mir von dem Prachtvollen, was es alles in London gäbe, den Theatern und Opern und Gebäuden und verdrehte mir damit vollends den Kopf. Ich muss heute lachen, wenn ich an das Staunen denke, womit wir armen Mädel, deren ganzer Sonntagsstaat in einem groben Hemd und wollenen Röcken bestand, Esthers Putz bewunderten, ihr Atlaskleid, ihre feinen Bänderhauben, ihre silbergestickten Schuhe. Das alles, dachten wir, wächst in London, und ich wollte es auch so haben.

Esther erzählte mir, »es hätten schon viele Mädchen vom Lande sich und ihre Verwandtschaft auf Lebenszeit glücklich gemacht; manche, die sich gut gehalten hätten, waren von ihren Herren so wohl gelitten gewesen, dass sie sie geheiratet hätten und ihnen Wagen hielten und manche wäre schon Herzogin geworden. Das sei alles Glücksache, und sie wüsste nicht, weshalb ich es nicht ebenso treffen könnte wie manche andere.« Und so sagte sie noch eine Menge, was mich den Tag der endlichen Abfahrt kaum erwarten ließ.

Niemanden hatte ich in dem Dorf: die alte Frau, die noch die Einzige war, die sich um mich kümmerte, tat das ohne Zärtlichkeit, nur so aus Mitleid und Gnade. Aber sie war so freundlich, mir meine paar Habseligkeiten, die mir nach allem noch geblieben waren, in Geld umzusetzen, und bei der Abreise gab sie mir mein ganzes Vermögen in die Hand: es bestand aus einer mageren Garderobe, die sich bequem in eine Schachtel packen ließ, und aus 177 Schillingen, die ich in einem Beutel verwahrte. Nie hatte ich so viel Geld besessen, und ich konnte mir nicht denken, dass man das durchbringen könnte.

Wir saßen in der Kutsche. Die Abschiedstränen kamen mir halb aus Betrübnis, halb aus Freude, und ist da nicht viel davon zu sagen, wie auch nicht von den Augen, die mir einige von den Passagieren machten — zu mehr ließ es Esther nicht kommen, die sehr mütterlich auf mich achtgab und für mich sorgte, was sie sich übrigens damit verrechnete, dass sie mich die Reisekosten für sie bezahlen ließ.

Es war spät abends an einem Samstag, als wir mit dem langsamen, obgleich zuletzt mit sechs Pferden bespannten Fuhrwerk in London ankamen. Der Lärm auf den Straßen, durch die wir zu unserem Gasthof fuhren, das Gedränge der Wagen und Menschen, die vielen Häuser, all das machte mich ganz bang vor Staunen, Neugierde und Angst. Wir kamen in dem Gasthof an, unser Gepäck wird abgeladen und übernommen und ich denke nicht anders, so müde wie ich war, mit meiner Begleiterin unser Zimmer aufzusuchen, als Esther, die während der ganzen Reise so lieb zu mir war, plötzlich ganz fremd und kühl gegen mich ist, geradeso als fürchtete sie, ich könnte ihr zur Last werden. Stellen Sie sich meine Bestürzung vor! Anstatt mir, die ich doch ganz fremd und ohne einen Menschen in London war, ihren fernem Beistand anzubieten, auf den ich mich doch verlassen hatte, schien sie es völlig genug zu finden, mich begleitet zu haben und küsst mich und verabschiedet sich von mir. Ich war so verwirrt, dass ich kein Wort sagen konnte und stand stumm und wie betäubt. Esther meinte wohl, der Abschied ginge mir nahe, und so wollte sie mich damit trösten, dass sie mir gute Ratschläge gab, bald eine Stellung zu suchen, die ich ja leicht finden würde, und inzwischen ein besonderes Logis zu nehmen; ich solle sie dann wissen lassen, wo ich wohne, falls sie mich aufsuchen wolle; und wünschte mir noch viel Glück und dass ich brav bleibe und meinen Verwandten keine Schande machen solle, und sie müsse in ihre Stellung zurück. Damit ging sie und ich war allein und verlassen in dem kleinen Zimmer und heulte mir den Schmerz von der Seele, worauf mir leichter wurde, obgleich sich meine Lage doch in nichts gebessert hatte und ich nicht wusste, was anfangen.

Ein kleiner Kellnerjunge trat ein und fragte mich kurz, was zu meinem Verlangen wäre. Ich antwortete ganz ohne zu denken: Nichts, und wünschte nur zu wissen, wo ich diese Nacht schlafen könnte. Der Junge sagte, er wolle mit der Frau reden, die auch nach einer kleinen Weile kam. Ohne sich irgendwie um meine Situation zu kümmern, sagte sie nur ganz trocken, ich könne für einen Schilling ein Bett haben und morgen könne ich ja dann meine Bekannten aufsuchen. Meine Bekannten! Der stärkste Kummer greift zu seinem Troste nach den erbärmlichsten Gründen: Die bloße Zusicherung eines Nachtlagers war imstande, mich zu beruhigen; und da ich mich schämte, der Wirtin zu gestehen, dass ich in London keinen Menschen habe, nahm ich mir vor, gleich am nächsten Morgen in ein Dienstvermittlungsbüro zu gehen, dessen Adresse mir Esther auf die andere Seite eines Straßenliedes aufgeschrieben hatte, bevor sie ging. Da hoffte ich schon was zu finden, das mich fortbringen konnte, ehe ich meine kleine Barschaft aufgezehrt hätte; und was meine Herkunft und Aufführung betreffe, hatte mir Esther oft gesagt, ich sollte mich nur auf sie verlassen, sie würde schon darüber Auskunft geben. Und da ich sie so brauchte, kam auch mein Vertrauen zu ihr wieder; ihr schneller Abschied kam mir nicht mehr sonderbar vor, und ich gab meiner Unerfahrung und Dummheit die Schuld, dass ich ihn erst so empfunden hatte.

Am andern Morgen machte ich mich also so nett, als es meine Bauernkleider erlaubten, gab der Wirtin die Schachtel mit meiner Habe zur Verwahrung und ging aus, ohne mich unterwegs von irgendwas länger aufhalten zu lassen, als man von einem Landmädel erwarten kann, das kaum Fünfzehn alt ist und jedes Schild und jeden Laden begaffen muss. Endlich kam ich nach manchem Fragen in das betreffende Vermittlungsbureau. Das führte eine ältliche Frau, die an einem Tisch vor einem großen Buch und allerlei Schriften und Zeugnissen saß. Ich schaute keinen Menschen in dem Raum an, ging auf die Frau zu und stotterte nach einem Knicks meine Angelegenheit vor. Die Frau hörte zu mit einem Ernst wie ein Minister und schaute mich an von oben bis unten. Sie gab keine eigentliche Antwort, sondern verlangte vorläufig den gewöhnlichen Handschilling, bei dessen Empfang sie sagte: Dienstplätze für junge Mädchen wären sehr selten, besonders da ich ihr für schwere Arbeit zu zart gebaut vorkäme: sie wolle aber doch in ihrem Buch nachschauen, ob sich was für mich tun ließe, indessen sollte ich ein wenig warten, bis sie andere Kunden abgefertigt hätte.

Bestürzt über diese wenig gute Auskunft trat ich etwas zurück; um mir das Warten erträglicher zu machen, schaute ich mich in dem Zimmer um, wobei ich den Blicken einer Dame — ich mußte sie in meiner Unerfahrenheit für eine solche halten — begegnete, die in einem Winkel saß, und mitten im Sommer eine Samtmantille um hatte. Die Frau war dick und fett, hatte ein kupferiges verquollenes Gesicht und mochte wenigstens an die Fünfzig alt sein. Sie verschlang mich förmlich mit den Augen, musterte mich von Kopf zu Füßen, ohne sich um die Verlegenheit zu kümmern, in die mich ihr Anstarren setzte, und die ohne Zweifel eine starke Empfehlung für sie war und ein Beweis, dass ich mich für ihre Zwecke wohl schicken würde. Und ich gab mir Mühe, mich recht gerade zu halten und den besten Eindruck zu machen. Nachdem das so eine Weile gedauert hatte, kam sie auf mich zu und fragte mich sehr sittsam: »Süßes Herzchen, suchst du einen Dienst?« Ich machte einen tiefen Knicks: »Ja, wenn Sie gestatten.« Das träfe sich gut, sagte sie; sie wäre gerade hergekommen, um sich nach einem Dienstmädchen umzusehen, ich könnte unter ihrer Anweisung wohl ganz brauchbar sein, mein Gesicht sei eine gute Empfehlung, London sei ein schlimmer, gottloser Ort und sie wolle mich schon vor schlechter Gesellschaft hüten — kurz, sie redete wie eine rechte Praktikenmacherin und mehr als nötig war, um ein einfältiges Landmädchen zu fangen, das Angst vor der Straße hat und das erste Anerbieten eines Obdaches mit beiden Händen annimmt. So wurde ich also in Dienst genommen; ich sah wohl so ein gewisses Lächeln und Achselzucken der Frau an dem Tisch, aber ich nahm es für ein Zeichen der Zufriedenheit über meine rasche Versorgung. Ich wusste ja noch nicht, wie gut diese Vetteln einander verstanden und dass hier der Markt war, wo Madame Brown — meine Gebieterin — sehr oft nach frischer Ware ausging. Madame schien über ihren Kauf sehr vergnügt. Wohl aus Besorgnis, ich möchte durch eine Warnung oder sonst einem Zufall ihren Händen entwischen, begleitete sie mich in einer Kutsche nach meinem Gasthof und forderte selbst meine Schachtel ab, die ihr auch, da ich zugegen war, ohne weiteres ausgefolgt wurde.

Hierauf ließ sie die Kutsche zu einem Laden bei der St. Paulskirche fahren, wo sie mir ein paar Handschuhe kaufte, und dann gab sie dem Kutscher Befehl, nach Hause zu fahren. Unterwegs unterhielt sie mich auf eine sehr angenehme Weise, die mich so vertrauend wie vergnügt machte, ohne auch nur ein Wort sich entkommen zu lassen, aus dem ich etwas anderes hätte entnehmen können, als dass ich durch ein ganz besonderes Glück in die Hände dieser vortrefflichen Frau gefallen wäre. So trat ich froh und voll guter Erwartung in das Haus und nahm mir gleich vor, sobald ich nur ein wenig eingerichtet sein würde, Esther von meinem seltenen Glück Nachricht zu geben.

Die hohe Meinung von meinem Glück wurde nicht geringer, als ich in ein nach meiner Meinung sehr schönes Wohnzimmer geführt wurde, das mir, die ich nur Bauernstuben kannte, mit seinem Spiegel im Goldrahmen und einem Silberschrank ganz glänzend vorkam und mich auch überzeugte, dass ich in eine sehr wohlhabende Familie musste gekommen sein. Meine Herrin sagte, ich solle vergnügt sein und mich frei bewegen lernen, denn sie hätte mich nicht als gemeine Hausmagd, sondern als eine Gesellschafterin engagiert, und wenn ich mich tüchtig erweise, würde sie für mich mehr als zwanzig Mütter tun. Ich antwortete darauf immer nur mit ungeschickten Knicksen und einfältigen Worten. Dann klingelte die Frau, und es trat die dicke, starke Magd herein, die uns ins Haus gelassen hatte: Hier, Martha, sagte Madame Brown, dieses junge Mädchen hab‹ ich soeben in Dienst genommen; zeige ihr ihr Zimmer. Und dass du ihr mit der gleichen Achtung begegnest, wie mir selber, denn sie ist mein kleiner Liebling. Die verschmitzte Martha war gut abgerichtet und wusste nun, was sie zu tun hatte; sie machte einen kleinen Knicks und bat mich, mit ihr hinaufzugehen, zwei Treppen hoch.

Da zeigte sie mir ein nettes Zimmer, nach hinten hinaus, in dem ein schönes breites Bett stand, in dem ich, wie sie sagte, mit einem Fräulein Cousine der Frau schlafen sollte, die sicher recht gut zu mir sein würde. Und dann erging sie sich in übertriebenen Lobeserhebungen ihrer guten Herrin, versicherte mich, wie glücklich ich gewesen sei, dass ich in ihren Dienst gekommen wäre, es gäbe keine bessere Frau, und noch viele solche Redensarten, die jedem andern verdächtig vorgekommen wären, nur mir einfältigem Gänschen vom Lande nicht. Mitten im Reden wurden wir wieder hinuntergeklingelt und ich wurde wieder in dasselbe Zimmer mit dem Silberschrank geführt, wo ein Tisch für drei Personen gedeckt war. Die dritte war eine merkwürdige Hauptperson in dem Hause, deren Geschäft darin bestand, solche junge Fohlen, wie ich eines war, abzurichten und zum Sprung zu bringen. Zu diesem Zweck wurde sie mir zur Schlafgenossin gegeben, und um ihr mehr Ansehen zu verleihen, bekam Mrs. Phöbe Ayres — so hieß meine Erzieherin — von der ehrwürdigen Präsidentin des Kollegiums den Titel Cousine. Diese Cousine unterzog mich nun einer neuen Besichtigung, die zu ihrer großen Zufriedenheit ausfiel. Das Mittagessen wurde aufgetragen und Madame Brown zwang sich, mich ihrem Plan gemäß als ihre Gesellschafterin zu behandeln, bat mich als »sehr geehrtes Fräulein« zu Tisch, so sehr ich auch in dem Gefühl meiner untertänigen Stellung dagegen protestierte. Mein bißchen Manier langte gerade so weit, dass ich einsah, es schicke sich nicht, mich ohne weiteres an den Tisch zu setzen.

Die Unterhaltung bestritten fast ausschließlich die beiden Damen, die eine mir nicht verständliche Doppeldeutigkeit in ihrem Reden hatten, die sie manchmal mit ein paar gütigen Worten gegen mich unterbrachen, Worten, die meine Zufriedenheit mit meinen gegenwärtigen Umständen festigen sollten, was gar nicht mehr nötig war. Man machte auch aus, dass ich mich ein paar Tage verborgen halten und nicht sehen lassen sollte, bis die Garderobe fertig sei, die ich als Gesellschafterin tragen sollte. Auf den ersten Eindruck kommt viel an, sagte die Gnädige, und man kann sich denken, dass ich mich gern für ein paar Tage einsperren ließ in der angenehmen Aussicht, meine Bauernkittel mit der Pracht eines Londoner Kleides zu vertauschen. Der wahre Grund der Brown, mich eingesperrt zu halten, war natürlich ein anderer; sie wollte mich von niemandem sehen und sprechen lassen, bevor sie nicht einen guten Kunden für meine Jungfernschaft gefunden hatte, die ich allem Anschein nach mit in Dienst gebracht hatte.