Die mutige Minerva-Mannschaft - Band 1 - Florian Füllbier - E-Book

Die mutige Minerva-Mannschaft - Band 1 E-Book

Florian Füllbier

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Beschreibung

Zwischen Roboterfußball und Psychiatrieaufenthalten, zwischen Terrorismus, Polizeigewalt und zwischen menschlichen Beziehungen findet sich eine Gruppe junger Leute wieder, als sie beschließt, den Journalismus zu revolutionieren und damit den Auftakt zu den Abenteuern der mutigen Minverva-Mannschaft gibt.

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Seitenzahl: 72

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Lukas

Tamara

Lukas

Alice

Christopher

Alice

2. Kapitel

Kalifornien

Christopher

Lukas

Alice

Waldhütte

Lukas

Arnold

Lukas

Björn

Ryan

Alice

Nico

Thomas

Nico

Alice

Nico

Epilog

Kapitel 1

Die folgende Geschichte ist frei erfunden.

Lukas

"Hurensohn, schieß! Los schieß doch endlich!" schrie ein übergewichtiger Mann, dessen Gesicht so rot glühte, dass Lukas sich fragte, ob die Schweißperlen, die ihm über sein Gesicht liefen, anfangen würden, zu kochen. Auch andere Zuschauer waren stark in das Spielgeschehen involviert. Sie stimmten Gesänge an, stießen "Ahh-" und Ohh"-Laute aus und schwenkten Fahnen.

Dass sich die Spieler darum scherten war nicht anzunehmen. Ein Pass nach vorne wurde von einem Stürmer gekonnt mit dem Fußspann weitergeleitet und von seinem Mannschaftskameraden mit einem Fallrückzieher ins gegnerische Tor bugsiert. Doch Jubel, heruntergerissene Trikots oder Umarmungen blieben aus. Roboter neigten nicht zu starken Gefühlen. Lukas war dennoch froh über jede gezeigte Emotion, die er hier beobachten konnte, da jede davon seine Arbeit erleichterte. Nicht, dass er ein großer Sportfan gewesen wäre und auch Roboter-Fußball hatte trotz seinem Interesse an Technik bislang nicht vermocht, das Feuer der Leidenschaft in seinem Innern anzufachen. Ohnehin hatte Neutralität in seinem Metier irgendwann einmal als eine Tugend gegolten.

Jetzt galt eher Homer Simpsons "Statt eines Wichtigtuers, der die Medien kontrolliert, gibt es jetzt Tausende von Freaks, die ihre wertlose Meinung vervielfältigen" als Hanns Joachim Friedrichs' "Ein Journalist darf sich nie mit einer Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten“. Jene sportinteressierten Damen, die sich sonst in der Welt des Fußballs auf den Tribünen sammelten, um Ronaldo, Messi, Müller und Özil zuzujubeln, existierten hier nicht. Die einzigen Personen weiblichen Geschlechts, die Lukas erblicken konnte, waren einige Mütter, die ihre Söhne begleiteten, aber auch diese Aufgabe wurde primär von Vätern übernommen. Lukas' Blick wanderte von den Zuschauerplätzen zurück aufs Spielfeld und von dort weiter auf den Gastronomiebereich. Einen Moment lang fragte er sich, ob seine Wahrnehmung ihm einen Streich spielte. Nein, es war tatsächlich Nico, der am Hot Dog-Stand arbeitete und gerade im Begriff war, einem Zwölfjährigen mit dicken Brillengläsern und einem Superman-T-Shirt eine heiße Bockwurst in einem labbrigen Brötchen zu überreichen.

Der Versuch, Nico aus der Ferne zuzuwinken, scheiterte daran, dass dieser zu sehr in die Tätigkeit des Hot Dog-Verkaufens vertieft war und seinen alten Kumpel und Kommilitonen Lukas nicht wahrnahm. Lukas verließ seinen Platz, um den lange nicht mehr gesehenen Freund persönlich zu begrüßen. Wäre er sitzen geblieben, hätte dies seinen Tod bedeutet.

Tamara

Tamara schaffte es nur noch mit Mühe, den Schlüssel in dem quietschenden und knarrenden Schloss umzudrehen. Das Schloss zu ölen war schon lange keine Lösung mehr, ein Austausch dringend erforderlich. Doch den Vermieter um Reparaturen zu bitten, wenn man fast zwei Monate mit der Miete im Rückstand war, war so aussichtslos wie riskant. Geld war auch das Thema, um das sich ihre Gedanken auf dem soeben beendeten langen Spaziergang ergebnislos gedreht hatten.

Ihr Weg hatte sie vom Leopoldplatz im Berliner Stadtteil Wedding, in dem sich ihre WG befand über die Seestraße vorbei am Virchow-Klinikum bis zum Plötzensee geführt. Nach einer kurzen Rast am Ufer des Sees hatte sie den nahegelegenen Park erkundet, in dem einige der in den dortigen Gehegen untergebrachten Tieren neugierig darauf warteten, dass Besucher ihnen Futter gaben. Tamara hatte sich gefragt, wie viele Bewerbungen sie verschickt hatte, seit sie Ende des vergangenen Jahres aufgehört hatte, zu zählen. Keine vier Monate waren vergangen und es konnten kaum weniger als 300 sein.

Als sie den Flur der WG betrat, fiel ihr Blick als Erstes auf zwei DIN A4-Briefumschläge, die unter der lebensgroßen Lucky Luke-Figur lagen, die ihr Mitbewohner im Flur aufgestellt hatte. Sie erkannte ihre eigene Schrift auf der Empfängeradresse und wusste sofort, dass es sich um eine Jobabsage handeln musste. In ihrem Emailpostfach würden noch weitere warten.

Tamara brühte sich einen Tee, Pfefferminz, für 49 Cent die 25-Beutelpackung aus dem Kaufland in der Nähe, in dem schon einmal ein Kunde einen anderen mit einem Messer aus der Auslage ermordet hatte und fragte sich dabei, ob die 49 Cent nicht rausgeschmissenes Geld waren und Leitungswasser seinen Zweck genauso erfüllen würde. Sie stellte die Teetasse auf den Boden, legte sich auf die uralte Couch, die einen Großteil des Platzes in dem kleinen Wohnzimmer der Behausung einnahm, vergrub ihr Gesicht in beiden Händen und fing an, zu heulen.Sie heulte und dachte an ihren Vater, der ihr immer wieder gesagt hatte, dass es sich bei dem Versuch, in die Berliner Medienbranche einzusteigen, um gefährlichen Unsinn handelte. "Ich weiß, wovon ich rede", hatte er ihr einzuschärfen versucht. Das stimmte.

Tamaras Vater war kein Journalist, aber er betrieb eine PR-Agentur im Raum Stuttgart. Die Zahl seiner Angestellten war in den letzten Jahren von einem Spitzenwert von zwölf zu Tamaras Teenagerzeiten zu einer einzigen Sekretärin, die nur eine Halbtagsstelle hatte und den Mindestlohn bekam, geschrumpft. Weil ihm einige Kunden aus rosigeren Jahren die Treue hielten und er ein abbezahltes Haus mit zwei vermieteten Einliegerwohnungen besaß, kam er über die Runden. Die erwachsene Tamara konnte er nicht länger unterstützen, und er wollte es auch nicht, seit Jahren war er verärgert, weil sie nicht auf ihn gehört hatte und wurde gleichzeitig von der permanenten Sorge um seine andere Tochter verzehrt. "Am Besten wirst du Lehrerin", hatte er ihr geraten, "das ist ein guter Beruf, da hast du ein gutes, sicheres Auskommen und viel Freizeit. Oder mach' eine Ausbildung, werd' Krankenschwester oder meinetwegen Stewardess, wenn du unbedingt etwas von der Welt sehen willst." Das war in der Tat ein wichtiger Teil ihrer Motivation gewesen, in den Journalismus zu gehen.

Sie hatte von exotischen Plätzen berichten wollen, hatte vorgehabt, die Hintergründe des aktuellen Weltgeschehens vor Ort zu recherchieren, in den Hütten und Höhlen in den Bergen lebender Rebellenführer genauso ein und auszugehen wie im Bundestag, im Kreml und im Weißen Haus. Sie wollte sämtliche Perspektiven des Nahostkonflikts kennen und die historischen Hintergründe verstehen und live dabei sein, wenn Astronauten auf die Erde zurückkehrten und Pandababys geboren wurden. Jetzt sah sie hauptsächlich die Straßen des Weddings, in dem sich Dönerbuden an schmuddelige Internetcafés und noch schmuddeligere Casinos reihten.

In denen Deutsch die Sprache der Alten und Zugezogenen war, während sich die Kinder auf Türkisch oder Arabisch verständigten. Sie sah die seit langer Zeit nicht mehr gestrichenen Wände, die ihr Mitbewohner mit Postern alter Filme dekoriert hatte.

Lukas besaß ein Faible für die Klassiker der verschiedenen Jahrzehnte. Neben dem Gesicht von Ingrid Bergman, die auf einem Plakat für "Casablanca" ihren Kopf in die Richtung des eine Pistole haltenden Humphrey Bogart streckte, war das Antlitz von Orson Welles zu sehen, der „Citizen Kane“ bewarb. Auf einem weiteren Poster wurden , in der amerikanischen Originalversion als „Lady and the Tramp“ bezeichnet, die Zeichentrickhunde Susi und Strolch als Akteure des „Happiest Motion Picture“ angepriesen.

Gesellschaft leistete ihnen Dustin Hoffman, der als „The Graduate“ hinter einem entblößten Frauenbein in aufreizender Pose eine leicht eingeschüchterte Haltung angenommen hatte und ein nur als Schatten erkennbarer Mann, der sich in William Friedkins „The Exorcist“ auf den Weg zu einer Teufelsaustreibung machte. Tamara fiel auf, dass keiner der menschlichen Darsteller ein auch nur im Ansatz freundliches Gesicht zeigte, lediglich die Hunde wirkten glücklich.

Dann zwang ein erneuter Heulkrampf ihren Kopf zurück in ihre tränennassen Hände. Es dauerte einige Minuten, bis sie beschloss, dass Fernsehen das beste Mittel war, sich von ihrem Kummer abzulenken. Es folgte Fassungslosigkeit.

„Im Berliner Stadtteil Dahlem hat sich während eines Roboterfußballspiels ein Anschlag ereignet, bei dem mindestens vierzehn Menschen getötet und mehr als 50 verletzt wurden. Laut den uns vorliegenden Informationen explodierte kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit eines Freundschaftsspiels, in dem die FU-Warriors der Freien Universität Berlin gegen die B-Clevers aus Bremen antraten, eine vermutlich durch einen Fernzünder ausgelöste Bombe. Über die Hintergründe der Tat ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nichts bekannt“, erklärte die Nachrichtensprecherin. Eine Nummer wurde eingeblendet, unter der besorgte Angehörige sich informieren konnten. „Lukas ist bei diesem Spiel“, dachte Tamara entsetzt.

Sie konnte die Begeisterung ihres Mitbewohners für neue Technologien aller Art nicht teilen und hatte ihn ausgelacht. „Roboterfußball, gibt es da auch Roboter-Hooligans und Roboter-Spielerfrauen? Für Hardcore-Fans vielleicht einen Roboter-Puff?“, hatte sie ihn gefragt, aber ihr Mitbewohner betrachtete ihre Ideen als weit weniger lustig als sie selbst.