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Als ständiger Gast auf Jagdveranstaltungen des Hochadels mit hochrangigen Politikern und führenden Vertretern der Pharmaindustrie erhält Leo Foster ein Jobangebot, das ihn in die Welt von vermeintlichen Philanthropen spült. Die letzten Tage einer denkwürdigen Jagd in Rumänien fallen zusammen mit dem Beginn einer Pandemie, ausgelöst durch eine Unterart der Afrikanischen Schweinepest. Als Leo Foster während seiner Tätigkeit feststellen muss, dass die dagegen entwickelten Produkte nicht den ethischen Grundsätzen der Medizin entsprechen, beginnt sein Kampf gegen eine tausendköpfige Hydra. Wird Leo Foster sich gegen diese Abgründe menschlicher Psyche entgegenstemmen können?
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Seitenzahl: 378
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Worst Case, der denkbar schlimmste Fall.
Bedeutet für eine Demokratie unter anderem der Vertrauensverlust.
Wenn eine Regierung mit allen Mitteln versucht, die Bevölkerung von einer Sache zu überzeugen, die objektiv falsch ist. Sie nur eine Meinung als die wahre und einzige zulässt und das in einer rein wissenschaftlichen Frage. Gerade die Wissenschaft benötigt Meinungsfreiheit, einen ständigen Austausch von Wissen zwischen den Experten. Sie ist fließend, da sie sich ständig durch neue Erkenntnisse weiterentwickelt. Besonders in der Medizin ist das Für und Wider bestimmter medizinischer Maßnahmen zwingend zu diskutieren, um das Meinungsbild verschiedener medizinischer Fachrichtungen und ihrer dazugehörigen Wissenschaftler zu einem konstruktiven und tragenden Bild für das Jetzt und die Zukunft zusammenzufügen. Auch das Zusammenwirken von Forschern und Praktikern ist gerade in der Medizin unerlässlich. Die Bereitstellung einer sicheren und wirksamen Gesundheitsversorgung ist das Herzstück der medizinischen Dienstleistungen. Für den Allgemeinmediziner sollte dies ein zentraler Punkt bei jeder Maßnahme sein, die er mit dem Patienten trifft. Die englische Aufsichtsbehörde Care Quality Commission verlangt dies beispielsweise von allen Anbietern medizinischer Leistungen.
Wird der wissenschaftliche Meinungsaustausch durch eine politisch gewollte, einseitige Zielsetzung verhindert und werden bewusst divergierende Forscher-Meinungen unterdrückt oder gar verteufelt, ist die Freiheit der Forschung nicht mehr gewährleistet und die Demokratie in ihren Grundfesten erschüttert. Wenn dazu eine Gesinnungsjustiz kommt, die nur die Meinung der Regierung zulässt und damit ihre Unabhängigkeit opfert, haben wir keine Demokratie mehr.
Anhand einer angedachten Pandemie−einer Unterart der ASP, der afrikanischen Schweinepest, im Buch, der südafrikanischen Schweinepest−zeigt der Autor in schlimmstmöglichen Szenarien die Gefahren auf, wie sie sich durch manipulierte Meinungsmache zum Nachteil der Menschheit auswirken könnten.
Das Vertrauen in die Leitmedien hat rapide abgenommen. Von über 4000 im Jahr 2022 von RTL/NTV repräsentativ befragten Bürgerinnen und Bürgern gaben nur noch 46 Prozent an, sie hätten Vertrauen in die Presse. Vor zehn Jahren waren es nur 26%. Bei Radio und Fernsehen nur 32%. alarmierende Zahlen. Manche Medienwissenschaftler bemängeln, dass die Leitmedien nicht mehr die Kontrollfunktion des politischen Journalismus übernehmen, sondern selbst ihre Macht missbrauchen, um die Politik zu Entscheidungen zu treiben. Die Demokratie ist zu einer Mediokratie verkommen. Die Massenmedien treiben und hetzen Politiker vor sich her. Andererseits versucht auch die Politik über spezielle Einrichtungen, beispielhaft im Innenministerium, Einfluss auf die Medienlandschaft zu nehmen. Siehe auch die Enttarnung der Bundesregierung betreffend die konzertierte Aktion zur Informationszensur in Bezug auf die Berichterstattung zum Ukraine-Krieg, eine quasi-staatliche Überwachung systemkritischer Medien. (Parlamentarische Anfrage zu dem zugespielten Dokument, (Kampf gegen Desinformation eines Whistleblowers).
Das Chaos ist somit vorprogrammiert und lässt die Bürger arg- und hilflos zurück.
Wird dem Volk das Recht auf eigene, umfassende Information genommen und durch einseitige manipulierte Meinungsmache ein gewolltes, aber objektiv unwahres, wissenschaftlich fragwürdiges Bild suggeriert, entsteht Unruhe. Der Einsatz sogenannter Faktenchecker ist mehr als durchsichtig. Wenn dazu noch enttarnt wird, dass man mit gezielten psychologischen Mitteln arbeitet, die selbst von seriösen Psychologen und Psychologinnen als unseriös bezeichnet werden, ist das Ende des Erträglichen erreicht.
Wenn es sich dazu noch gegen das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung stellt, wird das in Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz festgeschriebene Widerstandrecht heraufbeschworen. Geht es dann noch um die Existenz der Menschen, ist der Punkt erreicht, wo Aufbegehren zum Rechtsdogma und zur Selbstverteidigung wird.
Eine übernationale Organisation, die sich für die Gesundheit der Weltbevölkerung berufen fühlt, strebt nach einer Art Weltregierung, finanziert durch die reichsten Männer der Welt, vorbei an den demokratisch gewählten Regierungen, greift nach unendlicher Macht, vorbereitet und haarklein erarbeitet in den Pandemieverträgen, die bei der EU unterschriftsreif vorliegen. Unbemerkt von den jeweiligen Bevölkerungen der betroffenen Länder, geduldet und totgeschwiegen von Mainstreammedien und korruptionsanfälligen Politikern.
Wenn ein neues Weltbild von Eliten geschaffen wird, die vorbei an den demokratisch gewählten Regierungen durch kuriose, verschlüsselte Geschäfte Milliardengewinne gerieren, um dadurch ungeheure Macht zu bündeln, dann ist zwingend die Frage nach dem grundrechtlich geschützten Recht auf Widerstand zu stellen.
Ein neues überzeugendes Weltbild kann nur entstehen, wenn, durch freie Wissenschaft unterstützt, der Menschheit ein guter, nachvollziehbarer Weg aufgezeigt wird. Geschieht dies aber hinter den Kulissen des Weltgeschehens in einer Art Schattendasein, durch jahrzehntelange Einflussnahme und Korruption, kann es auf Dauer nur zum Scheitern verurteilt sein.
Die Bevölkerung bewusst in Gut und Böse zu spalten, die Eliten einseitig zu stärken und den Rest in eine lästige, überflüssige Dienerschaft zu zwingen, muss scheitern.
Die Überwindung von Adel und Geldadel, ihre endgültige Entmachtung zum Wohle der Menschheit, das Joch der Unterdrückung und der Zwänge abzuschütteln, hat Jahrhunderte gedauert. Es kann nicht angehen, dass diese Zeiten mit anderslautender Etikettierung wieder auferstehen. Dass sie wiederum mit dem Mäntelchen von Gutmenschen und Spendenbereitschaft eine Clique nach oben spült, die nur ihrem eigenen Wohle verpflichtend das gleiche Spiel von vorne beginnen lässt, ist schier unerträglich.
Schreiben einzig zum Zwecke der Aufklärung und gegen das Vergessen!
In diesem Roman sind Ähnlichkeiten mit lebenden Personen nicht gewollt und nicht möglich. Das Werk wurde zwar von realen Ereignissen inspiriert, ist aber eine rein fiktionale Geschichte, ohne jeglichen Anspruch, irgendetwas authentisch wiederzugeben.
Ich danke meiner Ehefrau Bernadette, die erster Leser und Kritiker meiner Ergüsse ist und das nun schon seit Jahren. Die wunderbare Zusammenarbeit mit meiner Tochter Tatjana und meinem Sohn Nikolai hat zu immer mehr und fundierteren Erkenntnissen zu diesem Thema geführt. Dafür bin ich besonders dankbar. Auch die Meinungen von Frau Ulrike Bender und Sabine Schneider zu dieser Thematik konnten verarbeitet werden. Auch dafür sage ich Danke. Nicht zuletzt danke ich meinem Lektor und Renee, beide immer zuverlässig und mit höchstem Engagement bei der Sache. Ein großer Dank geht auch an Stefan Bauer, der für den Cover-Entwurf verantwortlich war.
I Jagderlebnis im Schnee
II Wie ein Postbote
III Der Arztbesuch
IV Jagdplanung für den Hunsrück
V Observierung
VI Jägertreffen im Sauerland
VII Fürst zu Saim-Wildenstein lädt ein
VIII Stiller Beobachter
IX Schüsseltreiben
X Werksbesichtigung
XI Jägertreff an der Sorpetalsperre
XII Planung für den ersten Auslandseinsatz
XIII Tragischer Herzinfarkt
XIV Besuch bei Lars
XV Jagdeinladung des Dr. Broschkowski
XVI Jagd in Polen
XVII Jagd in Rumänien
XVIII Glück oder Weidmannsheil
XIX Highlight des Jagdtages
XX Aufbruch in ein neues Berufsleben
XXI Ausbildung bei der GÖA
XXII Fortbildungsstationen Peking, Tokio und New York
XXIII Entspannung in einer Bar irgendwo in New York
XXIV Endlich wieder zu Hause
XXV Impfstoffe und andere Annehmlichkeiten für die Welt
XXVI Von der Vergangenheit eingeholt
XXVII Das Leben ändert sich schlagartig
XXVIII Neue, völlig andere Herausforderungen für Leo
XXIX Leo zweifelt
XXX Noch erfüllt Leo seine Berufspflichten
XXXI Helen Warren gerät in Panik
XXXII Ein Anruf von Maria
XXXIII Impfpflicht von Geburt an
XXXIV Helen oder Maria
XXXV Vorlesung in Windhoek
XXXVI Jagd in Namibia
XXXVII Leos letzter Weg?
XXXVIII Maria, die Frau an seiner Seite
XXXIX Plötzlich ein erbitterter Impfgegner?
XXXX Die Gerichte, ein gangbarer Ausweg?
XXXXI Die endgültige Kehrtwende
XXXXII Ein Anschlag in den Bergen
XXXXIII Leo auf der George Orwell
XXXXIV Der Piratensender
XXXXV Angriff auf den Trawler
Es war ein klarer, kalter Wintermorgen. Die Kälte hatte bizarre Bilder in die Natur gezeichnet, Bäche erstarren und Äste unter der Schneelast zerbersten lassen.
Von Weitem sahen sie aus wie schwarze Punkte, doch sie näherten sich mit Brachialgewalt, zerstoben in wilder Flucht die Schneemassen unter sich. Das wilde Gekläff der Hunde schien ihren Lauf noch zu beschleunigen. Erste Schüsse zerrissen die angespannte Stille, die diese Schneewelt mit ihrer behutsamen weißen Decke so eindrucksvoll in blanker Realität auflösten. Die ersten schwarzen Körper gerieten ins Trudeln und ergaben sich den zielsicheren Kugeln, die sie endgültig gestreckt hatten. Es war eine dieser zahlreichen fürstlichen Jagden, die gut organisiert mit großem, zuverlässigem Wildbestand jedes Jägerherz höherschlagen ließ.
Auch Leo Foster war mitten unter den Jägern. Er sorgte seit Kurzem dafür, dass man gemeinsam mit seinen Jagdhelfern von der Vielzahl ausgesuchter, hochwertiger Wildkörper profitieren konnte, ohne dass der Veranstalter etwas davon mitbekam. Seine Bande war gut ausgerüstet und ging behutsam und heimlich mit großer Professionalität vor.
Der große grüne Sammelwagen, von einem Traktor gezogen, hatte die Jäger gerade an ihre Einstände gebracht, wo sie von dem jeweiligen Jagdhelfer über Schussrichtung und Bewegungsabläufe der Treiber unterrichtet worden waren.
Auch für Leo Foster war es wichtig, genau zu wissen, in welche Richtungen er schießen konnte, ohne irgendeinen Nachbarschützen zu gefährden. Das Gleiche galt für die Kenntnis über die Richtung, in die die Treiberwehr das Wild drückte, um auch diese Leute nicht beim Schießen zu gefährden. Im Übrigen war es ungeschriebenes Gesetz, die Waffen ruhen zu lassen, sobald sich die Treiber näherten.
Leo liebte diese Ruhe im Hochwald, wenn sich der Sammelwagen langsam entfernt hatte und die Nachbarjäger sich auf ihren Einständen eingerichtet hatten. Waren sie sichtbar, so winkte man sich üblicherweise zu, um von dem genauen Standplatz Kenntnis zu geben. Leo hatte Glück. Es gab nur einen Nachbarn zur Linken. Auf der rechten Seite fiel sein Blick auf eine Lichtung, die auf der Revierkarte als Sammelplatz gekennzeichnet war. Entscheidend für den schnellen heimlichen Einsatz seiner Leute.
Leo hatte in gewohnter Manier seine Lodenkotze, eine Art wetterfesten Jagdumhang als Unterlage ausgebreitet, nachdem er leise und sorgfältig die Schneereste von seinem Erdsitz befreit hatte.
Die Waffe, einen Repetierer der Marke Gressar, Kaliber 30/06, eine Spezialanfertigung, äußerst kurz und führig, lud er durch, sicherte sie und legte sie vorsichtig auf die Holzbrüstung vor sich.
Er schaute in die schneebedeckten Wipfel des Hochwaldes und lauschte atemlos auf den Wind, der die hohen Bäume in leichte Schwingungen versetzte. Schneefetzen rieselten bei jeder Bewegung wahllos und lautlos herunter und häuften den Schnee in leichten Häufchen auf den feucht-weißen Waldboden.
Ein eisiger Wind schnitt Leo in die Wangenknochen und zwang ihn, Schal und Hut tiefer in sein Gesicht zu ziehen. Er schüttelte sich leicht, war es die Kälte oder die Anspannung vor der Jagd?
Um ihn herum Stille, absolute Stille. Ein Zauberspiel für alle Sinne. Der sonst so modrige Waldgeruch wurde ersetzt durch ein Aroma kühlender, frischer Düfte.
Mit scharfen Augen beobachtete Leo aufmerksam die Waldfläche vor sich, jederzeit zum Schuss bereit. Seine Blicke wanderten über jeden Baumstumpf, über jeden erdnahen Zweig, über jede Bewegung, die nahendes Wild hätte anzeigen können. Plötzlich vernahm er ein Geräusch. Ein leichtes Trampeln, was gleich wieder abebbte. Dann die Bewegung eines weitläufigen Astes, der unter schwerer Schneelast fast abzubrechen drohte. Der hervorlugende wuchtige Schädel eines Wildschweines ließ Schneereste leicht zu Boden rieseln.
Leo griff behutsam zur Waffe, betätigte den Stecher, der einen sicheren, schnellen Schuss zuließ. Der Blick durch das Zielfernrohr bestätigte, dass es sich hier wohl um einen starken Keiler handeln könnte. Leo zielte auf den mächtigen Träger des Tieres, als es eine leichte Drehung machte, und drückte ab.
Ein donnernder Schuss zerriss die idyllische Stille. Der mächtige Körper der Wildsau brach noch auf der Stelle zusammen und schlug mit einem dumpfen Geräusch in die Schneedecke. Das Jagdglück hatte Leo nicht verlassen. Leise formten seine Lippen das Wort Weidmannsheil.
Nach einigen Stunden war es so weit. Das Hornsignal Abblasen, eine bestimmte Melodie, die jeder Jäger kannte, machte der großen Jagd ein Ende. Es würde eine gewisse Zeit dauern, bis der Wagen, der die Jäger von den zahlreichen Ständen abholte, erscheinen würde. Leo sammelte in Ruhe seine Jagdutensilien ein. Die Waffe hielt er noch geladen. Er blickte nach links zu seinem Jagdnachbarn herüber, der scheinbar mit sich beschäftigt war. Der Abstand war ziemlich groß.
Dann bemerkte er endlich hocherfreut Bewegung am Sammelplatz. Mit genauerem Blick durch das Fernglas beobachtete er, dass immer wieder Wildkörper zur Zwischenlagerung abgelegt wurden. Nun wurde es Zeit, seiner Eingreiftruppe per Handy Bescheid zu geben.
Sie mussten vorsichtig erscheinen und umgehend handeln. Zwischenzeitlich würden sie auch die anderen Sammelplätze eingesehen haben. Vielleicht hatten sie ja schon Stücke bergen können.
Als Leo angestrengt durch das Glas blickte, erkannte er einen seiner Freunde. Sie trugen zur besseren Kennung alle einen roten Punkt an ihren Hüten.
Das andere Wild um ihn herum, was da vielleicht noch hätte erscheinen können, interessierte Leo jetzt nicht mehr. Ihm ging es nur noch um die Sicherung der Abholaktion seiner Männer.
Immer wieder schaute Leo angespannt durch sein Fernglas. Plötzlich sah er eine Szene, die ihm den Atem stocken ließ. Einer seiner Leute geriet in eine heftige Rangelei mit einem anderen, wohl einem fürstlichen Helfer, der aufmerksam geworden war.
Leo ergriff ohne zu zögern seine Ausrüstungsstücke und machte sich auf zum Sammelplatz. Mit raumgreifenden Schritten kämpfte er sich durch den Schnee. Als er sich immer weiter näherte, bemerkte er, dass die anfängliche Rangelei zu einer derben Schlägerei ausgeartet war. Er musste auf der Stelle helfen, bevor weitere Mitarbeiter vom Fürsten aufmerksam werden konnten. Als er etwa fünfzig Schritt entfernt war, sah er, wie der Helfer in einer kurzen Kampfpause nach dem Handy griff. Lars, einer seiner Männer, den er jetzt erkannte, zögerte keine Sekunde. Er zog seine Waffe hoch, zielte kurz und schoss dem Helfer des Fürsten durch die Brust.
Leo hastete zu der Stelle und traf auf seinen zitternden Freund, der wie gebannt auf den Toten vor sich starrte.
Er trat beruhigend zu ihm und sagte: »Lars, beruhige dich, du musstest schnell handeln, sonst wären wir aufgeflogen. Lass schnell deine Waffe verschwinden. Entsorge sie am besten unterwegs, wenn ihr schon kilometerweit weg seid. Man weiß nie, wie schnell kontrolliert wird. Los mach voran«, trieb Leo ihn an. »Es war ein verdammter Querschläger, Lars, du weißt, das kann bei einer Jagd immer mal passieren. Insbesondere bei den stark gefrorenen Bäumen, die Geschosse wahrhaftig ablenken können. Nimm den Leichnam und platziere ihn an einer anderen Stelle in die Nähe eines anderen Schützen, weit weg vom Sammelplatz. Es ist bereits abgeblasen. Die hohe Schneedecke wird dir erst einmal beim Verstecken behilflich sein. Beeil dich! Und sei vorsichtig! Es darf kein Verdacht aufkommen, verstehst du. Und kein Wort zu niemandem, auch nicht zu unseren Freunden, ist das klar?«
Lars holte wie benommen die Waffe und zog den toten Helfer mit sich in den Hochwald. Leo schien, als hätte es Lars die Sprache verschlagen. Leo riss sich einen Zweig vom Baum und verwischte verdächtige Spuren im Schnee.
Das Leben konnte hart sein, das wusste Leo aus eigener, schrecklicher Erfahrung. Nichts würde ihn bei seinen Plänen aufhalten, Kollateralschäden nahm er in Kauf. Es würde eine staatsanwaltliche Untersuchung geben, dachte Leo, wenn die Polizei ihre Tätigkeiten aufnehmen würden. Ein Skandal, ein Jagdunfall auf einer fürstlichen Jagd. So etwas hatte es hier seiner Meinung nach noch nie gegeben. Die Jagdleitung würde jetzt, sollte man den Erschossenen überhaupt frühzeitig finden, total durcheinander sein. Er hoffte inständig, dass der Helfer erst nach dem Aufsammeln der Jäger und Treiber oder sogar erst viel später, wenn überhaupt, gefunden würde. Die geschlossene Schneedecke würde eine große Hilfe sein. Vielleicht würden die anderen Helfer ihn als vermisst suchen. Das würde hoffentlich dauern, wünschte sich Leo und versuchte trotz der Anspannung leicht zu lächeln. Wie verdammt gefährlich doch so eine Jagd sein konnte. Es war ein unschöner Zwischenfall, so etwas durfte einfach nicht vorkommen. Leo fluchte laut. Lars würde sich schon wieder beruhigen!
Dann erreichte Leo der entscheidende Handyanruf.
»Wir haben gute Beute gemacht und sind jetzt weg. Lars ist als Letzter in unseren Wild-Wagen gesprungen. Hätte uns fast verpasst, der Idiot. Alles erledigt wie geplant, die Trophäenträger haben wir natürlich liegengelassen, uns geht es ja nur um das Fleisch, Chef. Dann bis heute Nacht«
Leo steckte schnell das Handy ein und verblieb abwartend am Sammelplatz.
Bevor der Sammelwagen eingetroffen war, hatten sich einige Jäger schon zu Fuß zum Sammelplatz aufgemacht. Erste Stimmen wurden laut, ein wildes gestikulierendes Durcheinander. Eine Gruppe von vier Jägern fand sich zusammen, einstimmig in der Beurteilung, ein gelungenes Jagderlebnis gehabt zu haben.
»Die Treiber und nicht zuletzt die Hunde«, sprach Leo, »haben richtig gute Arbeit geleistet.«
Er stand dort, den Hut tief ins Gesicht gezogen, mit fahlem Gesicht und eiskalten, blauen Augen. Ein Typ von Mensch, der sich äußerlich nicht einordnen ließ.
Die anderen, die sich langsam genähert hatten, nickten und murmelten zustimmende Laute. Die Jäger waren allesamt in guter Stimmung, war doch fast jeder irgendwie zum Schuss gekommen. Es gab verdammt viel zu erzählen. Leo schaute sich gespannt um.
Von einem Zwischenfall war nirgendwo die Rede. Konnte es sein, dass der Fürst beschlossen hatte, es nicht an die große Glocke zu hängen, um nicht seinen Ruf zu schädigen? Oder war es weiter noch gar nicht aufgefallen?
Ein Jäger drängte sich immer näher an Leo heran und sagte: »Grüß Gott, mein Name ist Dr. Piotre Broschkowski. Ich nehme an, Sie sind Leo Foster, Chefeinkäufer der Brauninger Handelskette, ein Sinnbild für exklusive Designermoden, Liebling der luxuriösen Damen- und Herrenmodewelt. Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft machen zu dürfen.«
»Dasselbe gilt für mich, Herr Dr. Broschkowski«, entgegnete Leo jetzt offensichtlich gutgelaunt mit einem gewinnenden Lächeln. »Ich weiß, Herr Foster, Sie sind Meister des lockeren, aber gepflegten Small Talks. Es ist mir positiv bei all den Jagden aufgefallen, an denen ich teilnehmen und Sie erleben durfte. Auch die anderen Jäger halten viel von Ihnen, weit gereist und immer ein Scherz oder eine gute Geschichte auf den Lippen.«
»Danke, Herr Dr. Broschkowski, ich muss gestehen, es war nicht immer so. Auch ich musste mich erst beruflich freischwimmen und Kontakte knüpfen. Je mehr Leute ich kennenlernen durfte, desto einfacher gestaltete sich mein Leben. Man muss lernen, dass eine gewisse Offenheit und die Bereitschaft, sich einzubringen, die besten Voraussetzungen sind, Leute kennenzulernen und eingeladen zu werden.«
»In der Tat, Herr Foster, ein gutlauniger, charmanter Mann, der in der Lage ist, einen ganzen Abend mit der Unterhaltung seiner Mitmenschen zu bestreiten, ist ein gern gesehener Gast auf jeder Veranstaltung, sei es nun bei der Jagd, bei Vernissagen oder bei anderen Gelegenheiten. Ich behalte Sie im Auge, Herr Foster, vielleicht habe ich in naher Zukunft mal ein interessantes berufliches Angebot für Sie.«
Dr. Broschkowski lächelte vielsagend und nickte wohlwollend mit seinem Kopf.
»Das Wetter hat uns mal wieder geholfen, Leo«, sprach ihn ein anderer seitlich an, der ebenfalls seinen Hut wegen der Kälte auffällig tief ins Gesicht gezogen hatte. »Ich war erst ziemlich sauer, gestern Morgen, als mir die Stimme am Telefon mitteilte, die Sauen seien fest.«
»Ja«, entgegnete Leo, »die Jagdhelfer haben die letzten Tage gute Arbeit geleistet und dafür Sorge getragen, dass die Wildschweine in verschiedenen, zahlreichen Rotten ziemlich fest im Gelände blieben.«
»Die Nacht war zugegebenermaßen sehr kurz«, grunzte der Nächste, »an einem Samstag, wo ich endlich mal etwas länger schlafen kann.«
»Sagt den Treibern, sie mögen die Tiere zusammenlegen, damit wir schnell zum Essenfassen kommen können«, befahl ein Jagdhelfer des Fürsten.
Inzwischen war die kleine Gruppe von Treibern eingetroffen, die sich geschwind daran machte, die Tiere aufzubrechen, um sie in gebotener jagdlicher Ordnung der Reihe nach auf die Strecke zu legen. Die Treiber sind als unverzichtbare Jagdhelfer diejenigen, die das Wild möglichst in geordneten Reihen in die Reichweite der Waffen der Jäger drücken und am Ende der Jagdhandlungen nach Wertigkeit das geschossene Wild in Reihe anordnen. Hochwild, ein Ausdruck aus der Welt des Adels, wie Rotwild, Hirsche, weibliche Stücke und Kälber, Schwarzwild wie Keiler, Bachen und Frischlinge, dann Niederwild, wie Rehwild, Rehbock, Ricke und Kitze, dann Füchse wie Rüde, Fähe und Welpen, sowie Dachse, Marder und andere Wildarten.
»Wir sind dann so weit«, hörte man den Treiberführer sagen.
»Gut« sprach ein stattlicher Mann, der Jagdherr und fürstliche Herrscher über die Felder und Wälder, die sich seit Anbeginn seines Geschlechtes in den familiären Händen befanden, und löste sich aus der Gesprächsrunde der Jäger, trat zu den erlegten Tieren und sprach: »Ich will es kurz machen. Es war ein erhebendes Jagderlebnis. Das Wetter spielte mit, den Treibern und Hunden ein aufrichtiges Dankeschön für die hervorragende Arbeit. Ich freue mich jedes Jahr auf Ihr zahlreiches Erscheinen. Sie bestätigen mit Ihrer Schussfertigkeit jedes Mal aufs Neue mein glückliches Händchen bei der Einladung meiner Jagdgäste. Die Strecke kann sich mal wieder sehen lassen. Sicherheit ist wie immer oberstes Gebot bei mir. Ich will, dass alle gesund nach Hause kommen, danke sehr, meine Damen und Herren. Bitte an die Hörner!«
Zehn der Jägergemeinschaft traten jetzt vor und bliesen auf ihren Hörnern die treffenden Jagdsignale.
»So, meine Herren, auf zum Schloss. Ich habe dort etwas vorbereiten lassen, was Ihnen bestimmt guttun wird.« Er nickte dem Treiberführer zu, der schnell zu seinem Wagen trat, um das zu tun, was am Abend vorher besprochen worden war.
Die Gruppe sammelte sich langsam an den in der Nähe abgestellten Fahrzeugen und fuhr in das Dorf zu dem ihnen seit Längerem bekannten Schlosskeller.
Sie trugen alle ihre vom Schnee befreiten Waffen in das Kellergewölbe, legten sie in einer Ecke ab und begaben sich zu dem riesengroßen, hölzernen Tisch vor dem Kamin. Einige zog es unmittelbar zum prasselnden Feuer, um ihre kalt gewordenen Knochen aufzuwärmen und ein wenig zu dehnen. Andere schüttelten sich in der aufkommenden wohligen Wärme, und ihre eingefrorenen Gesichter nahmen zunehmend einen glückseligen Ausdruck an.
Beim fürstlichen Gelage, einem Schüsseltreiben nach alter Tradition, vermochte Leo wieder Verbindungen zu knüpfen, die ihm weitere Jagdeinladungen versprachen. Besser konnte es nicht laufen.
Nach einem vorzüglichen Essen aus der angrenzenden Schlossküche plauderte man über Jagderlebnisse und diverse Neuigkeiten aus den geplanten Gesetzesvorhaben der Regierung.
»Ich bin gegen eine Zwangsimpfung der Jägerschaft gegen Zeckenbisse«, ergriff Leo das Wort: »Die neue Impftechnik, die sogenannte mRNA-Impfung ist zwar kostengünstig für die Pharmaindustrie, doch ähnelt sie eher einer genbasierten Experimentier-Aktion als einer sinnvollen, sicheren Impfung.«
»Alles zu hastig und zu wenig Qualitätskontrolle«, rief ein anderer dazwischen.
So erhob sich ein Stimmengewirr von Befürwortern und Gegnern dieser Art einer neuartigen Impftechnik, die in der gesamten Jägerschaft für Aufregung gesorgt hatte.
Als der Jagdherr am späten Abend den förmlichen Teil der Jagdveranstaltung beschloss und die meisten Jagdgäste sich auf den Heimweg gemacht hatten, traf sich eine kleine Gruppe um Leo herum heimlich noch im Schankraum der nahegelegenen Dorfgaststätte und rückte näher zusammen.
»Kommt jetzt endlich an den Tisch«, herrschte Leo sie mit strengem Blick an und begann, eines von den Bieren zu trinken, die der Wirt vorausschauend auf dem Tisch abgestellt hatte. »Ihr wisst, wir haben etwas Dringendes zu besprechen.«
Sie traten jetzt allesamt vom Kamin an die Stühle und setzten sich plaudernd in die Jägerrunde. Als der Wirt mit dampfenden Tellern in der Hand zum Tisch trat, gab es begeisternde Rufe.
»Ja, Freunde der Jagd, ich habe euch zu nächtlicher Stunde die blutfrische Leber von einigen der erlegten Tiere kredenzen lassen, ein Hochgenuss für jeden, der frisches Wildbret schätzt«, lobte Leo. Nach Ausrufen der Begeisterung wurde es still im Schankraum, weil jeder intensiv mit den Köstlichkeiten auf seinem Teller beschäftigt war.
Nach dem mitternächtlichen Essen, als die meisten ein bis zwei Bier getrunken hatten, richtete sich die ernste Stimme des Gastgebers des Nachtmahles an seine Mitjäger: »Liebe Freunde, nachdem wir den angenehmen Teil unserer Zusammenkunft nun erledigt haben, komme ich zum Kern meiner heutigen Einladung. Ich betone vorab, unser Geschäft läuft. Ich war heute bei der fürstlichen Jagd mit euch mal wieder sehr zufrieden. Die Verarbeitung der Tiere nimmt an Qualität zu, und die Restaurants und die anderen Abnehmer reißen sich um unser Fleisch. Was als stümper- und amateurhaft begann, wird immer professioneller und lukrativer.«
Er zögerte und griff hinter sich in eine Umhängtasche. Er zog mit spitzen Fingern eine Karte hervor und breitete sie auf den Tisch aus. Die störenden Gläser wurden von den anderen sofort devot an die Seite geschoben.
»Hier habt ihre eine Karte von Europa vor euch. An der Seite in zeitlicher Reihenfolge habe ich die Termine und die Reviere und Großveranstaltungen gelistet, an denen ich teilnehmen werde und in denen unsere speziellen Geschäfte abgewickelt werden. Geheimhaltung, Vorbereitung, Tarnung und schneller Zugriff sind das A und O unserer Unternehmung. Die heutige Generalprobe verlief schon außerordentlich gut. Doch wir müssen noch besser werden. Störungen unserer Wildentnahme unbedingt verhindern. Da ist noch Nachholbedarf.«
Leo schielte unbemerkt zu Lars herüber. »Besorgt euch das Know-how, wie exakte Regionalkarten und technisch verfeinerte Ausrüstung. Wir treffen uns in Zukunft jeweils abends vor Ort vor den jeweiligen Jagdveranstaltungen, wo wir den Einsatz vorab haarklein absprechen. Ich werde jetzt die Gruppen und die Beteiligten nach den Ergebnissen der Generalprobe neu einteilen. Markus, Klaus und Jörg, ihr sorgt wie immer für die Ausrüstung und die Fahrzeuge mit Fahrbereitschaft.«
Einer in der Runde bejahte mit hochrotem Kopf.
»Peter, Rolf und Kai, ihr sorgt für den freien, abgeschirmten Zugang, und ihr, Franz, Christian, Hank, Reiner und Kay, für den Zugriff und den Transport des separierten Wildes. Die anderen halten sich in Reserve, rücken sofort nach, wenn jemand ausfallen sollte.«
Die angesprochenen Männer nickten mit ernsten Gesichtern.
»Der Zugriff muss schnell, abgeschirmt und störungsfrei ablaufen. Fehler können wir uns nicht erlauben. Bis irgendeiner das Fehlen von Wildkörpern bemerkt, seid ihr über alle Berge, verstanden? Es darf niemals der kleinste Verdacht auf mich fallen, klar? Ich sorge für die Qualität der Einladungen und damit für die Qualität unserer Waren. Sollten wir die nächsten großen Veranstaltungen erfolgreich abschließen, werden wir gezielt europaweit und vielleicht bald sogar weltweit agieren. Dass das gefährlich und höchst illegal ist, brauche ich ja wohl nicht näher erläutern.«
»Wenn es so weitergeht wie gestern Abend bei unserem Sondereinsatz, bin ich immer dabei«, zischte Jörg zu Markus herüber.
»Das sollte tunlichst unter uns bleiben«, herrschte Markus ihn an und war froh, dass es Leo nicht mitbekommen hatte.
Leo erhob sich, gab jedem die Hand und schaute mit seinen klaren Augen seine Gäste durchdringend an. »Meine Herren, kommen Sie gut nach Hause. Wir sehen uns am nächsten Einsatzort im Hunsrück.« Flinke Hände rückten sorgsam die Stühle zurecht, bargen die Waffen und die Männer begaben sich still zu ihren Fahrzeugen, alles schwere, dunkle Geländewagen. Die Motoren heulten auf, als die Ersten den Parkplatz an der Gaststätte verließen.
Klaus hatte gerade sein Gewehr auf der Rückbank verstaut, als im Herumdrehen seine Wagentür geöffnet wurde. Er schaute in die Mündung einer großkalibrigen Waffe mit Schalldämpfer, aus der sich unmittelbar ein Schuss löste.
Es dauerte nur fünf Minuten. Doch jede Minute war eine zu wenig. Er hatte an der Haustür geklingelt wie der Postbote. Aber er war kein Postbote. Sie kannte ihn aus dem Freundeskreis ihres Mannes, ein höheres Tier aus dem Führungszirkel, wie ihr Mann zu sagen pflegte. Er war damals charmant und ausgesprochen höflich und außerordentlich gesprächsbereit gewesen. Sie erinnerte sich gern an dieses erste Kennenlernen. Er hatte ihr auf ihre Bitten hin versprochen, sie einmal zu besuchen. Er begrüßte sie freundlich lächelnd, vergewisserte sich, dass niemand sonst mehr im Haus war. Sie spürte instinktiv, was er wollte.
Eine nie vorher gekannte Neugier schnürte ihr plötzlich die Kehle zu. Nur einmal hatten sich damals ihre Blicke getroffen bei einer kurzen Zusammenkunft im Kreise mehrerer Jäger, dann war es um sie geschehen. Schon damals waren ihr diese interessierten, wachen Augen an diesem Mann aufgefallen. Augen, die ihr sagten, ich bin auf der Suche nach ultimativem Abenteuer. Er war ein anziehender Mann, wie geschaffen für leidenschaftliche Liebschaften. Die Verabredung zum heutigen Treffen war die unmittelbare Folge ihrer ersten Begegnung.
Sie setzten sich ohne zu zögern auf die Couch, wobei er ihr tief in die Augen schaute und sie zärtlich streichelte. Als sie zum nicht ernst gemeinten Widerstand ihre kleinen Fäuste hob, schob er sie sachte weg und küsste sie auf ihren ach so bereiten, verlockenden Mund.
Dann unterbrach er kurz seine Handlungen und sagte mit leidenschaftlicher Stimme: »Ich habe dich seit damals nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Ich habe mir geschworen, ich sehe dich wieder. So war das immer schon in meinem verdammten Leben, Maria.«
Er begann ohne weiteren Kommentar ihr behutsam die Hose herunterzuziehen und gab ihr geschickt Hilfestellung, als sie ihren Schlüpfer noch an ihrem Körper langsam herabsinken ließ. Er zitterte leicht vor Leidenschaft, als ihre Hände sanft über sein Geschlechtsteil strichen. Als sie ihren Mund öffnete, schloss er ihn mit drängenden Küssen der Erregung.
Sie wusste, sie war verloren, hatte sich ohne Wenn und Aber auf diesen Mann eingelassen.
Er warf sie auf die Coach, und sie liebten sich eng umschlungen, feurig besessen und atemlos, bis ihre Körper in rasender Besinnlichkeit wieder langsam zur Ruhe kamen.
»Ich begehre dich, Maria«, rief er spontan mit tiefer, zügelloser Stimme. »Du bist wie geschaffen für solche heimliche Treffen. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, so hat mich der Gedanke an dich erregt. Als ich damals in deine schönen Augen sah, war es um mich geschehen.« Sie strich ihm zärtlich eine Locke von der verschwitzten Stirn und flüsterte: »beruhige dich, Leo. Es ging mir doch nicht anders. Ich wusste, als ich dich das erste Mal sah, ich muss dich haben, ich wollte dich in mir spüren.«
Leo zerknüllte mit seinen großen, stürmischen Händen das Kissen neben ihr und küsste sie immer und immer wieder. »Maria«, flüsterte er, »es ist schön, dass wir uns gefunden haben. Er sah sie mit seinen wilden, leidenschaftlichen Augen an, zog sich nachdenklich die Hose hoch und ging nach einem letzten langen Kuss schweigend aus dem Haus.
Sie lag immer noch auf der Coach, hielt ihren kleinen Kopf mit den wuscheligen Haaren und den verschmierten Wimpern wie betäubt in ihren Händen, glücklich in dem Bewusstsein, dass sie sich auf ein unberechenbares Abenteuer eingelassen hatte.
»Gestern war meine Welt noch in Ordnung, Herr Doktor«, sagte die weibliche Stimme, die einen festen, ruhigen Ton vermittelte.
»Erzählen Sie mir die Einzelheiten bitte, gnädige Frau«, antwortete der Arzt, der sich leicht über sie beugte. »Es sieht nicht gut aus, diese Dreckskerle haben Sie schwer verletzt. Den Arm habe ich schon versorgt.«
Sie zögerte noch, um dann mit fester werdender Stimme vom Vorabend zu berichten.
»Ich betrat diese Gaststätte in dem Ihnen bekannten Dorf, um mich mit meinem Lebensgefährten zu treffen, der dort beim Fürsten im Dienst für die jagdlichen Abläufe zuständig ist. Ich sah in einer Ecke in der Nähe des Kamins drei Männer sitzen, die sich angeregt unterhielten. Als ich den Schankraum gerade verlassen wollte, um mich auf meinem Zimmer frisch zu machen, versperrte mir einer der Männer den Ausgang. Ich hatte ihn bei dem intensiven Gespräch mit dem Wirt gar nicht bemerkt. Als ich ihn fragend anschaute, sagte er grinsend
›So eine schöne Perle in dieser finsteren Gegend habe ich lange nicht gesehen. Wie heißen Sie, Gnädigste?‹ Da ich nicht unhöflich sein wollte, habe ich seine Frage beantwortet.
›Sie werden uns den tristen Abend hier versüßen. Ich glaube, das ist so ganz in Ihrem Sinn. Sie wollen doch bestimmt auch ein wenig Abwechslung?‹
Als der Wirt hinter dem Tresen eingreifen wollte, standen die anderen Männer auf und herrschten ihn an, er solle gefälligst in die Küche gehen. Mir wurde speiübel, als einer der Kerle die Küchentür abschloss und ein anderer die Kneipentür. Sie baten mich an den Tisch, wobei mir klar wurde, dass Widerstand in diesem Augenblick zwecklos war. Sie luden mich zu einem Getränk ein, welches mir aus einer XXL-Champagnerflasche gereicht wurde.« Sie stöhnte leicht und sah den Arzt unter einem Vorhang von Tränen hilflos an: »Als ich in einer anfangs locker scheinenden Plauderei in die kalten Augen eines Mannes schaute, lächelte er mich an und griff nach meiner Jacke. Da ich seiner Aufforderung, sie auszuziehen, nicht sofort nachkam, stand er auf und riss sie mir vom Körper. Die anderen sahen grinsend zu und riefen dreckige, aufmunternde Worte. Ehe ich mich versah, zog der Kerl mir auch die Bluse herunter und biss mir unter dem Gelächter der anderen die Träger an meinem BH durch.«
Sie atmete schwer und zitterte am ganzen Körper. »Der Arzt legte beruhigend seinen Arm auf ihre Schulter und flüsterte: »Beruhigen Sie sich bitte.«
Sie wischte sich wiederholt Tränen aus ihrem mit Schminke verschmierten Gesicht und fuhr mit leiser Stimme fort: »Als ich zum Eingang fliehen wollte, zerrte er mich gewaltsam an sich und drückte mich brutal auf den Tisch. Die Umherstehenden hatten ihre Plätze zwischenzeitlich verlassen und klatschten Beifall. Nur ein Mann in dieser Runde, der offensichtlich Klaus hieß, schrie: ›Hört jetzt bitte auf mit dem Scheiß, es reicht jetzt.«
Sie schüttelte sich angeekelt, als diese schrecklichen Bilder wieder in ihr hochkamen.
»Ich habe gerade noch mitbekommen, dass er von dem Hauptakteur, einen Mann, den sie Markus nannten, einen Schlag mitten in das Gesicht erhielt mit den Worten: ›Alle oder keiner, und halte dich gefälligst daran, ich bestimme, wo oben ist und was für ein Spiel gespielt wird, wenn Leo nicht dabei ist.‹
Nach dieser kurzen Unterbrechung hat er sich wieder voll und ganz meiner Person zugewandt.«
Wieder wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt und suchte Halt in den Händen des Arztes. »Als ich mich mit aller Kraft gegen seine Umarmung stemmte, schlug mir ein danebenstehender Mann zweimal brutal ins Gesicht, sodass Lippe und Augen sofort anschwollen. Nach Aufforderung dieses Mannes kamen die zwei anderen um den Tisch herum und drückten mein Gesicht auf die kalte Tischplatte. Er trat nun um mich herum, riss mir die Hosen und Unterkleider herunter und drang in mich ein. Da es aus den rabiaten, schmerzenden Griffen dieser verdammten Kerle kein Entrinnen gab, ließ ich es geschehen. Es war die Hölle. Meine Gedanken schienen nur noch eines zu formulieren: Bitte, lieber Gott, lass mich lebend hier herauskommen.«
Sie führte beide Hände zum Gesicht und ergab sich ihren Weinkrämpfen.
Der Arzt schüttelte den Kopf und zog angewidert Luft durch die Nase. »Was für brutale Hunde«, bemerkte er mitfühlend.
»Als er wohl fertig war, was ich gar nicht mehr wahrnahm, wechselten sich die anderen nach Wohldünken ab und hielten mich dabei nach wie vor auf dem Scheißtisch umklammert. Ich weiß gar nicht mehr, wer und ob es alle waren. Irgendwann ließen sie von mir ab, und ich rutschte schluchzend in die Ecke am Kamin.
Der Mann, den sie Klaus nannten, hatte sich wohl zwischenzeitlich eine Waffe besorgt und machte dem Geschehen ein Ende: ›Hört jetzt endlich auf mit dem Scheiß und geht nach draußen‹, herrschte er die anderen an. ›Wenn ich Leo davon erzähle, macht er euch fertig, da könnt ihr euch drauf verlassen.‹ Unter dem Druck dieser Namensnennung und der Waffenandrohung hörten sie endlich auf. Sie schütteten mir beim Verlassen der Kneipe noch die Reste des Champagners über den Körper und verließen unter lauten Beschimpfungen das Lokal.
Ich sollte ja nicht wagen, das zur Anzeige zu bringen, sie seien bis zu den Zähnen bewaffnet und würden mich alle machen. Ein Mann, den sie Jörg nannten, riss mich vor dem Herausgehen noch einmal hoch und versetzte mir lachend eine Kopfnuss und brach mir mit einer Bewegung in äußerster Brutalität das rechte Handgelenk. Danach rutschte ich blutüberströmt und schmerzgekrümmt vor den Kamin. Die anderen Schweine verhöhnten und bespuckten mich, bis sie endlich grölend das Lokal verließen.
Ich dachte nur noch eines: Du lebst, wirklich, du lebst.«
Der Arzt nahm sie in den Arm und wartete geduldig, bis sie aufgehört hatte zu weinen.
Er nickte ihr wohlwollend und aufmunternd zu und bestätigte: »Ich werde jede Einzelheit in meinem Bericht festhalten und auch Fotos von ihren Verletzungen gutachterlich beifügen. Sie sind damit jederzeit in der Lage, diesen Bericht zu Beweiszwecken bei der Polizei vorzulegen.«
»Die Kerle warteten wohl auf irgendeinen Einsatz bei der laufenden Jagd, weil einer zwischendurch immer wieder telefonierte. Ich hörte immer wieder den Namen Leo. Er schien der Kopf irgendeiner Organisation oder Bande zu sein. Sie schienen sich zu langweilen und sahen mich als verlockende Unterbrechung.
Das Schlimme ist, Herr Doktor, mein Lebensgefährte hat sich seit Ende der Jagd immer noch nicht gemeldet. Er wollte mit mir in dem besagten Gasthof übernachten. Das ist seltsam, er ist an sich immer zuverlässig. Zumindest am Morgen nach der Jagd hätte er auftauchen müssen. Danke, Doktor«, sprach eine fester werdende Stimme und ergänzte: »Ich habe bei der CIA eine Nahkampfausbildung erhalten, doch eine Gegenwehr bei drei brutalen, rücksichtslosen Männern war mir nicht möglich.«
»Wollen Sie direkt zur Polizeiwache? Dann können sie doch auch gleich eine Vermisstenanzeige aufgeben?«, fragte der Arzt und wollte gerade den Weg näher beschreiben.
»Nein, nein, Herr Doktor, ich muss erst einmal mein Gleichgewicht wiederfinden, vielleicht mach ich es auf meine Art, danke.«
Der Arzt verabschiedete sich und sah in das stark entstellte Gesicht einer wunderschönen Frau, gertenschlank und mit einer traumhaften Figur, aber mit einem entschlossenen Ausdruck, der ihn frösteln ließ. Er schüttelte den Kopf und bemerkte: »Wie konnte man Ihnen das nur antun?«
Sie lächelte hoffnungsvoll und verließ mit festem Schritt die Gynäkologie.
Der Hunsrück lag zum Teil in Rheinland-Pfalz und zu geringen Teilen im Saarland. Es war eine Mittelgebirgslandschaft bestehend aus bewaldeten Höhenzügen wie dem Soonwald, dem Idarwald und dem Hochwald. Unterhalb des Höhenrückens bestand er aus landwirtschaftlichen Nutzflächen, wo der Ackerbau das Landschaftsbild prägte.
Die tief eingeschnittenen Bachtäler wurden vorwiegend als Wiesen- und Weidegebiete genutzt. Die Hänge der Bachläufe waren wie die steilen Hänge der Flusstäler von Rhein, Mosel, Nahe und Saar mit Niederwald bestockt, die forstwirtschaftlich wenig genutzt wurden.
Leo stand am Rande einer Dorfgaststätte in seinem Auto, als die von ihm erwartete Gruppe vorfuhr. Er bedeutete ihnen per Handzeichen, ihm unmittelbar zu folgen. Etwa nach drei Kilometern auf einem kleinen Waldparkplatz an der Straße hielt er an, um gleich darauf die eintreffende Gruppe zu begrüßen.
Türen wurden geräuschlos geöffnet und drei Männer stiegen aus.
»Hallo, Jungs, habt ihr alles erledigt, wie besprochen?«
»Ja, Leo, wir haben uns Karten von der Region, insbesondere von dem Revier besorgt und haben uns mit leichten Waffen ausgerüstet. Wir haben deinen Vorschlag befolgt, uns als Treiber zu verkleiden, mit entsprechender Kluft und dicken Stöcken. Wir wollen ja mit unserer Tarnung nicht auffallen.«
»Das ist gut so«, antwortete Leo. »Das ist dieses Mal eine fürstliche Ansitzjagd speziell auf Hochwild. In diesem großen Gebiet werden fast alle Hochsitze und Kanzeln mit Jägern besetzt. Eine große Treiberwehr wird mit schätzungsweise zwanzig Leuten durchgehen und das Wild zutreiben. Ich weiß inzwischen, welche Kanzel ich besetzen werde, und habe herausgefunden, wo die Wildsammelstellen sein werden und wo die Strecke gelegt werden soll. Ich habe auch getestet, ob ich Handyempfang habe. Das ist also gewährleistet, ich habe es an den jeweiligen Standorten überprüft. Es ist damit gesichert, dass ich für Rückfragen und Probleme zur Verfügung stehe und ich euch anleiten kann. Hier an diesen Stellen.«
Er zog eine Revierkarte hervor und breitete sie auf einer Fahrzeughaube aus. »Dort, wie rot untermalt, werdet ihr sie finden. Legt euch gedeckt und gut getarnt wie immer auf die Lauer und zieht, sobald es möglich ist, einige erlegte Stücke heraus und verbringt sie sofort in die Fahrzeuge. Seid vorsichtig, ihr wisst, die Jagdbeteiligten sind alle bewaffnet, die Treiber teilweise auch. Lasst euch nicht blicken und seid äußerst umsichtig.«
Leo blickte aufmerksam in die Runde.
»Da wird gewohnheitsmäßig keiner sofort schießen, weil keiner durchblickt, aber lasst es nicht darauf ankommen. Ich werde euch benachrichtigen, wenn das letzte Treiben beendet ist und die geschossenen Stück dann in Gänze zum Strecke legen gesammelt werden. Da es sich um eine Jagd des Hochadels handelt, werden die traditionellen Jagdrituale Punkt für Punkt abgearbeitet. Das bietet uns etwas Zeitvorsprung.«
Leo wurde kurz nachdenklich und lächelte dann siegesgewiss.
»Zieht die besten und stärksten Stücke heraus, den Rest, die mickrigen, lasst gefälligst liegen. Sie sollen in ihrer Aufregung doch noch ein wenig Spaß haben. Und denkt daran: überprüft eure Waffen und insbesondere eure Handys, ich will jeden Einzelnen von euch jederzeit erreichen können, klar? Danach verschwindet ihr auf der Stelle, bringt wenigstens fünfzig Kilometer hinter euch. Neuer Handykontakt nach Erfolgsmeldung erfolgt in einer Woche, verstanden? Wo ist eigentlich der Klaus, ist er nicht dabei?«
»Wir haben seine Frau Maria angerufen«, meldete sich nun einer aus der Gruppe, »als er am ausgemachten Treffpunkt nicht erschien. Sie berichtete, sie habe einen Brief erhalten, dass er sich auf einer längeren Geschäftsreise befinde, die keinen Aufschub geduldet habe.«
»Sehr seltsam«, resümierte Leo, »solche Dinge erzählt er mir in der Regel sofort. Aber egal, das darf unsere Planungen nicht stören.«
»Wir haben den nächsten aus unserer Liste genommen«, meldete sich einer aus der Gruppe, »den Reiner, der hat seine Position jetzt übernommen.«
Leo drehte sich kurz um und bemerkte: »Hallo, Reiner, lange nicht gesehen, aber ich schätze, du bist eingeweiht und kennst deine Aufgaben. Dann vorwärts geht es an. Ich sage, bis morgen, Jungs, auf gutes Gelingen.«
Sie drehten sich ab und bestiegen ihre Fahrzeuge.
Die schwarzen Geländewagen rollten langsam vom Parkplatzgelände und verschwanden in der Dunkelheit der Nacht.
Eine halbe Stunde später befand sich Leo mitten in der Jägergruppe, die zurückhaltend, wie es sich bei einer Jagd des Hochadels gehörte, ihre Ankunft zur großen Treibjagd feierten.
»Hallo, Leo, auch wieder in unseren Reihen, alter Stratege, du kennst sowieso die besten Jagdstände auf dieser Welt. Ich wüsste nicht eine große Treibjagd in dieser Gegend, wo du nicht anwesend gewesen wärst. Komm, setz dich zu uns, erzähl uns die neuesten Geschichten und die besten Witze aus deiner berüchtigten Sammlung.«
Leo lächelte freundlich und vielsagend. Dann rückte er sich einen der nächsten Stühle zurecht.
»Weißt du noch, die große Aufregung im letzten Jahr, als einige meinten, es wären Stücke abhandengekommen?«, sagte sein Nachbar zu ihm. »Die meisten waren der Meinung, sie wären lediglich angeschossen gewesen und hätten die schnelle Flucht angetreten.«
»Ja«, erwiderte Leo, »ich glaube, das war falscher Alarm, so etwas habe ich immer wieder mal erlebt.«
»In letzter Zeit soll das häufiger passiert sein«, meldete sich nun ein anderer der versammelten Jäger zu Wort. »Das war mehr als kurios, so viele Stücke hätten gar nicht flüchten können. Wir wissen doch, wann etwas erlegt ist und wann nicht.«
»Sag das nicht zu laut«, meldete sich ein anderer Jäger, »ich habe selbst erleben müssen, wie zwei Wildschweine die Ladefläche des Wildwagens noch verlassen haben. Also, sicher ist man sich nie, es sei denn, man hätte sie in seiner Badewanne gehabt.«
Lautes Gelächter donnerte durch den Schankraum der gediegenen Dorfgaststätte.
»Morgen werden wir über fünfzig Schützen sein«, rief der Jagdherr aus, der sich kurz erhoben hatte. »Die genaue Einteilung der Hochsitze entnehmen Sie bitte der Karte, die bei Ihrer Einladung dabei war. Sollten Sie noch Fragen haben, richtet sie an Leo, der weiß wie immer über alles Bescheid. Die meisten können wie bestellt und reserviert hier im Schloss schlafen. Der Rest in der Pension im Dorf. Doch das Gros der Schützen reist erst morgen im Laufe des Tages an. Sehen Sie nach Ihren Waffenbesitzkarten, Jagdscheinen und Schießnachweisen. Die werden morgen einzeln noch einmal geprüft. Wer die Unterlagen nicht vorweisen kann, wird nach Hause geschickt. Das kennen Sie von mir, Sicherheit geht mir vor Spaß. Halten Sie sich streng daran und gehen Sie vorsichtig mit Ihren Waffen um. Ist das Geschoss erst aus dem Lauf, hält selbst der liebe Gott es nicht mehr auf. Repetierer entladen, also nicht nur unterladen, Kippwaffen gekippt tragen. Am besten, Sie laden die Waffen erst, wenn Sie auf dem Hochsitz seid. So und nun auf zum Schüsseltreiben. Es gibt Rehwildgulasch, noch Fragen?«
Das Lokal summte wieder vor Stimmen. Traditionell wurden die Jagdsignale vom Bläserchor geblasen. Dann freute sich die Jäger-Meute auf den baldigen Jagdtag und fiel über das köstliche Essen her.
Leo ging zeitig in sein Zimmer, überprüfte in Ruhe seine Unterlagen, inspizierte seine Waffen, den Repetierer von Gressar, und zur persönlichen Sicherheit seine Smith & Wesson 38er Spezial.
Er musste auf der Hut sein, die Vorfälle und besonders ihre Häufigkeit wurden wahrgenommen und in den Jägerkreisen schon diskutiert, wie er soeben erfahren hatte. Wenn man bemerken würde, dass da System dahintersteckt, dann wäre er nicht mehr sicher. Man wusste, bei all diesen besonderen Treibjagden war er dabei gewesen. Er plante vorsichtshalber nicht jede, sondern sortierte peinlich genau nach Wildvorkommen, Art des Wildes und Überschaubarkeit der Organisation. Fehler konnte und wollte er sich nicht leisten.
Ein traumhafter Maitag erwartete ihn, als er aufwachte. Er blinzelte in die tiefstehende Sonne, als er die Rollos am Fenster seines Zimmers hochzog. Er spähte gewissenhaft über den Hinterhof der Gaststätte und über den angrenzenden Parkplatz, wo sich die neu ankommenden Jäger gerade begrüßten. Man wollte dabei sein, gesehen werden, Verbindungen pflegen oder auch knüpfen. Geschäfte in diesen Runden fielen immer mal ab. Gute Kontakte konnte er gebrauchen, bis hinein in die Adelskreise und in die Ministerebenen. Je mehr Einladungen er gerieren konnte, desto mehr Gelegenheiten ergaben sich, seine Organisation sinnvoll und ergiebig arbeiten zu lassen. So hatte sich ja auch der Kontakt zu Dr. Broschkowski ergeben, den er hier bestimmt wiedersehen würde. Je größer und bedeutender so eine Jagdveranstaltung war, umso umfangreicher war nicht nur die zu erwartende Beute, sondern ebenfalls die Chancen, gute, neue Kontakte zu eröffnen. Hochwertiges Wild gut beobachtet, getarnt, entsorgt und das, ohne einen Schuss gewechselt zu haben.
Leo war mit sich zufrieden. Das strahlte er nach außen auch aus. Er war beliebt, kontaktfreudig, gut gelaunt, für Späßchen jeder Art bereit. Man zeigte sich gern mit ihm. Ein schöner, sonniger Tag lag vor ihm.
Er nahm ein Duschbad, zog sich sorgfältig an und war bereit, hoffentlich viele neue Kontakte zu knüpfen. Das Geschäft sollte brummen.
In der Nähe, in einem abgestellten Fahrzeug am Straßenrand, beobachtete jemand heimlich, mit höchster Akribie, jede Bewegung der Jägergruppierung. Die Personen, auf die besonderes Augenmerk fiel, waren bekannt und durften keine Sekunde unbeaufsichtigt gelassen werden. Heute sollte ein weiteres Exempel statuiert werden.
Der Mensch am Fernglas registrierte insbesondere eine hochgewachsene männliche Figur, die durch die langen Stiefel und die flache, rustikale Baskenmütze jedem aufgefallen wäre. Er bewegte sich aus der Gaststätte kommend auf einen dunklen Geländewagen zu, deren Rückklappe er jetzt öffnete und eine Lodenkotze und ein Fernglas entnahm. Dann setzte er sich auf den Vordersitz des Fahrzeuges, wo er die Sachen ablegte, und tätigte wohl ein Telefonat mit seinem Handy.