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Der Glanz einer edlen Epoche. Der Aufstieg einer großen Dynastie.
Deutschland 1866. Die kleine Porzellanmanufaktur Strehlow steht vor einer glorreichen Zukunft. Gräfin Thyra von Hardenstein ist die einzige Erbin des Patriarchen. Sie soll einst die Geschicke des Unternehmens lenken und den Traum ihres Vaters verwirklichen: Porzellan, das weiße Gold der fürstlichen Tafeln, für einfache Leute erschwinglich zu machen. Doch dann kommt die hochschwangere Thyra bei einem tragischen Kutschunfall ums Leben. Entgegen jeder Erwartung kann ihr ungeborenes Kind gerettet werden. Sämtliche Hoffnungen liegen nun auf der jungen Sophie, die das Erbe antreten könnte, wenn sie alt genug ist. Doch auf dem Mädchen lastet ein dunkles Geheimnis ...
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Seitenzahl: 695
Veröffentlichungsjahr: 2020
Buch
Deutschland, 1866. Die kleine Porzellanmanufaktur Strehlow steht vor einer glorreichen Zukunft. Die junge Gräfin Thyra von Hardenstein ist die einzige Erbin des Patriarchen. Sie soll einst die Geschicke des Unternehmens lenken und den Traum ihres Vaters verwirklichen: Porzellan, das weiße Gold der fürstlichen Tafeln, für einfache Menschen erschwinglich zu machen. Doch dann kommt die hochschwangere Thyra bei einem tragischen Kutschunfall ums Leben. Entgegen jeder Erwartung kann ihr ungeborenes Kind gerettet werden. Sämtliche Hoffnungen liegen nun auf der jungen Sophie, die das Erbe antreten könnte, wenn sie alt genug ist. Doch auf dem Mädchen lastet ein dunkles Geheimnis …
Autor
Florian Busch ist das Pseudonym des Autors Stephan M. Rother. Er wurde 1968 in Wittingen geboren und studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Philologie in Göttingen. Fünfzehn Jahre war er als »Magister Rother« mit historischen Bühnenprogrammen unterwegs. Unter dem Namen Benjamin Monferat hat er die erfolgreichen Romane »Welt in Flammen« und »Der Turm der Welt« veröffentlicht. Der Autor ist verheiratet und lebt heute in Bad Bodenteich.
Florian Busch
Die Porzellan-Erbin
Unruhige Zeiten
Roman
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Deutsche Erstveröffentlichung April 2020
Copyright © 2020 by Stephan M. Rother
Copyright der deutschen Erstausgabe © 2020 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Montasser Medienagentur, München.
Gestaltung des Umschlags und der Umschlaginnenseiten: UNO Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: Frau: © Joanna Czogala / Trevillion Images
Haus: © Nikolina Petolas / Trevillion Images
Balkon: © Ilina Simeonava / Trevillion Images
Redaktion: Katharina Naumann
BH · Herstellung: ik
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN: 978-3-641-24734-8V001
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Es sind seltsame Dinge, an die die Menschen ihr Herz hängen: schöne Kleider und funkelnde Steine, edle Pferde und schnelle Automobile.
Manche dieser Leidenschaften können wir verstehen, manche teilen wir sogar, andere dagegen werden uns auf ewig ein Rätsel bleiben.
Doch das ist nicht das Seltsamste. Das Seltsamste ist, dass selbst derjenige, der sich ganz und gar einer solchen Leidenschaft hingibt, seine Mühe haben wird, das Warum zu erklären.
Die geschmeidig fließende Seide, das Schimmern des edlen Steins, die majestätische Eleganz des Rennpferds: Wenn sie doch allesamt die Herzen von Menschen höher schlagen lassen, warum kommt unserem eigenen Herzen gerade diese eine Sache so nahe? Wer nicht selbst gefangen ist von ihrer Schönheit, wird niemals vollständig ergründen können, was an ihr so Besonderes sein soll.
Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der ich Porzellan nicht geliebt hätte. Auf Anhieb könnte ich tausend Gründe nennen, die meine Faszination für das weiße Gold erklären. Porzellan war kostbarer als Gold, jahrhundertelang. Wer auch nur einige wenige Stücke sein eigen nennen wollte, war gezwungen, sein Leben aufs Spiel zu setzen auf der gefährlichen Reise an den chinesischen Kaiserhof. Menschen töteten und starben für Porzellan, und die ersten, denen es hierzulande gelang, sein Geheimnis zu enträtseln, wurden bewundert und gefürchtet als Magier und Alchimisten.
Doch ist das die Antwort? Ganz zweifellos ist es eine Antwort. Doch ist es meine Antwort nach einem ganzen Leben, das auf so schwindelerregende Weise im Zeichen des weißen Goldes stand?
Es ist eine lange Geschichte, die Geschichte des Porzellans in dieser Familie. Eine Geschichte von Liebe und Hass, von hochfliegenden Träumen und von brennenden Leidenschaften. Eine Geschichte von Treue und Verrat und von bitterem Verzicht. Und da es sich um eine Geschichte handelt, in der sich die Dinge immer wieder anders verhalten werden, als sie zunächst erscheinen mögen, versteht es sich von selbst, dass sie nicht aus einem einzigen Blick erzählt werden kann.
Denn Porzellan verändert sein Gesicht, je nachdem, wie das Licht auf das kostbare Material fällt. Und um zu werden, was es ist, muss es durchs Feuer gehen. So ist es keine Überraschung, was manche behaupten: dass es von innen her leuchte. Porzellan ist hart wie Stein, und doch ist es zerbrechlich wie wenig anderes auf der Welt. Denn auch das ist ein Teil seines Geheimnisses: Der einzig sichere Beweis, dass ein Gegenstand wahrhaftig Porzellan ist, lässt sich nur an den Scherben führen, nachdem er zerbrochen ist.
Und ist es nicht genau das, was die Menschen in dieser Familie wieder und wieder haben erkennen müssen?
Heute bin ich die Einzige, die von all dem zu berichten weiß. Und es ist an der Zeit, diese Geschichte zu erzählen.
Doch dazu muss ich vor dem Anfang beginnen.
»Und ich habe mich eben doch nicht getäuscht!«, verkündete Martha mit dem Brustton der Überzeugung. »Eine der Frauen aus der Küche hat ihn auch gesehen. Oder doch beinahe. Sie hat ihn gerochen, sagt sie. Selbst heute Morgen noch hat es nach Kampfer gerochen auf der hinteren Treppe. Über die haben sie ihn nämlich eingelassen. Schließlich sollte niemand mitbekommen, dass er da war. Aber ich habe es natürlich trotzdem mitbekommen.«
Ächzend richtete sie sich ein Stück auf und stützte die Hände auf die stattlichen Oberschenkel. »Und es war nicht der Arzt aus dem Dorf«, betonte sie. »Es war der Physicus aus der Stadt mit seinem hohen Zylinder.«
Theresa warf ihr nur einen knappen Blick zu. Mit einer geübten Bewegung ließ sie die Grabegabel in den feuchten Boden gleiten, tastete sich voran und zog das Werkzeug mit einer angedeuteten Drehung wieder zurück, sobald sie auf Widerstand stieß. Sie wechselte zu der kleinen Schaufel, um die Kartoffelknolle unter dem vertrockneten Kraut freizulegen.
»Und seine Kutsche hat die ganze Zeit auf ihn gewartet«, beharrte Martha in einem fast beleidigten Tonfall. »Mehr als eine Stunde lang muss er sich im Schlafgemach der Gräfin aufgehalten haben.«
Als hätte ihr jemand widersprochen, dachte Theresa. Als hätte überhaupt jemand ein Wort gesagt, mit Ausnahme ihrer üppigen Freundin. Zu ihrer Rechten stocherte Ilsa im Boden, tief über die dunkle Krume gebeugt, während die Frauen sich in den Furchen des Kartoffelackers Seite an Seite vorarbeiteten.
»Der Graf sei ganz krank vor Sorge, heißt es«, fuhr Martha mit versonnener Stimme fort. »Seit mehr als einer Woche hat er der Herrin keine Ausfahrt erlaubt, aus Furcht, dass ihr oder dem Kind etwas geschehen könnte.«
»Das Kind würde verhungern!«, zischte Ilsa unvermittelt. »Oder ihre Herrschaft selbst würde Hungers sterben, bevor sie es noch zur Welt gebracht hat! Wenn sie auf dich angewiesen wären.« Sie warf ihr über Theresas Rücken hinweg einen bösen Blick zu. Mittlerweile waren sie der schwatzhaften Martha bereits mehrere Pflanzreihen voraus.
Wieder schaute Theresa nur rasch über die Schulter, aber dann doch lange genug, um zu sehen, wie Martha voller Empörung den Mund öffnete und wieder schloss. Wie ein Fisch, der unversehens an Land gespült worden war.
Nur für einen Moment allerdings. Einen Atemzug später ging ein plötzlicher Ruck durch ihre Gestalt, und schon duckte auch sie sich wieder über die Kartoffelpflanzen – und zwar unmittelbar an der Seite ihrer Freundinnen. Sie musste mehrere Pflanzen ausgelassen haben. Im selben Augenblick sah Theresa auch den Grund dafür: In den Schatten der herrschaftlichen Gebäude war die stämmige Gestalt von Justus Brandt zu erkennen, der dem betagten Gutsverwalter seit dem Frühjahr zur Hand ging – und der sich Chancen auf dessen Nachfolge ausrechnete, wie man im Gesinde munkelte. Worin seine eigentlichen Aufgaben im Augenblick bestanden, war nicht ganz klar. Doch ob die Mägde nun in den Gemächern des Herrenhauses am Werk waren oder wie zu dieser Stunde im Küchengarten in Sichtweite der sonnengelben Giebel von Hohensandau: Kaum eine Minute ließ Brandt sie aus den Augen, jederzeit bereit, der Hausdame oder dem Verwalter auch die geringste Nachlässigkeit zuzutragen, bei der er sie ertappt hatte. Oder womöglich gar dem Grafen selbst, falls Ferdinand von Hardenstein in seiner ständigen Sorge um seine junge Gemahlin überhaupt ein Ohr für ihn hatte. Diese Sorge schien noch zu wachsen, je näher die Geburt des ersehnten Gutserben rückte.
Theresa seufzte und legte die Kartoffelknolle in dem geflochtenen Korb ab, den sie durch die Ackerreihen mit sich zog. Es war nicht so, dass der Klatsch aus dem Herrenhaus sie weniger interessiert hätte als Martha. Sonderlich viel Zerstreuung gab es nicht für die Männer und Frauen des Gesindes hier auf dem Gutshof im hintersten Winkel der abgelegenen Provinz. Außerdem aber fühlte sie tatsächlich mit Gräfin Thyra. Auf der jungen Frau lagen schließlich sämtliche Hoffnungen für den Fortbestand des Grafenhauses, seit sich der Gutsherr in vorgerücktem Alter doch noch entschlossen hatte, sich zu vermählen. Sosehr Ferdinand von Hardenstein aber auch hoffen und bangen mochte mit seiner um so vieles jüngeren Gemahlin: Die Schmerzen und Strapazen des Kindbetts würde sie ganz allein ertragen müssen, so wie eine jede Frau seit Anbeginn der Zeiten. Schmerzen und Strapazen, die Theresa vertraut waren, nachdem sie selbst bereits ein Kind zur Welt gebracht hatte.
Als sie sich nach der nächsten Knollenpflanze reckte, behielt sie die Schatten zu Füßen des herrschaftlichen Wohnhauses unauffällig im Blick. Im Moment konnte sie Brandt nicht entdecken, war sich aber sicher, dass er immer noch da war. Die Zeiten würden härter werden, wenn er in die Position des Verwalters aufrückte, daran gab es keinen Zweifel. Womöglich würden die Stunden im Küchengarten demnächst die einzige Gelegenheit darstellen, bei der die Mägde miteinander plaudern konnten, ohne dass jemand lauschte. Zumindest Ilsa und sie, dachte Theresa, waren immerhin in der Lage, währenddessen weiterzuarbeiten.
Und noch eine leuchtende, beinahe faustgroße Kartoffel, die sie mit einer geschickten Bewegung vom gröbsten Schmutz befreite, bevor sie ihre Beute im Korb ablegte. Erst jetzt, als sie auf den Knien ein Stück nach vorn rutschte, hob Theresa den Blick, blinzelte zum Himmel empor, und ganz kurz huschte ein Lächeln über ihr Gesicht: Die Sonne war nur noch wenige Fingerbreit entfernt von jenem Punkt über dem Zwiebelturm der kleinen Gutskapelle, an dem sie zu sehen war, wenn die kleinere der beiden Glocken zur Mittagsstunde schlug.
Dieser Schlag war es, dem Theresa entgegenfieberte. Von diesem Moment an würde die Arbeit auf Hohensandau ruhen, bis die Uhr das nächste Mal zur vollen Stunde schlug. Nicht allein bei den Mägden, die auf dem herrschaftlichen Hof ihre Pflichten versahen, sondern überall, so weit der Gutsbezirk nur reichte: auf den Pferdekoppeln jenseits der Wirtschaftsgebäude, in den Wäldern, wo auf Anweisung des Verwalters Holz geschlagen wurde, auf den Feldern zwischen den Dörfern. Um die Mitte des Vormittags hatte sich bereits ein Fuhrwerk mit Verpflegung zu den Männern dort draußen auf den Weg gemacht. Sogar ein mächtiges Bierfass hatte auf dem Karren geschaukelt. Ein solches Fass würde man nicht heranrollen für Theresa und ihre Freundinnen, aber dafür würden sie in der Küche einen Imbiss erhalten.
Theresa selbst würde allerdings darauf verzichten. Ihr Lächeln wurde breiter, als sie sich über die nächste Knollenpflanze beugte. Sie musste sich keine Sorgen machen, dass ihre Mittagsportion verkommen würde. Martha würde nicht eine Minute zögern, sie zusätzlich in sich hineinzustopfen. Für Theresa aber war diese Stunde der Höhepunkt ihres Tages. Es war ihre Stunde mit Wilhelm, dem Mann, den sie liebte und der sie im Angesicht Gottes und der Menschen zur Frau genommen hatte. Wilhelm Leuschenthal, dem sie bereits einen Sohn geschenkt hatte und mit dem sie doch noch immer keinen Hausstand hatte gründen können. Er tat, was er konnte, um an eine größere Kammer zu kommen als die winzige Abseite weit hinten im Wirtschaftsflügel des Herrenhauses, die er zurzeit bewohnte und die viel zu klein war für eine ganze Familie. Und sie wusste, dass ihm das eines Tages auch gelingen würde. Bis dahin aber …
Der erste Glockenschlag. Beim zweiten war Theresa schon auf den Beinen, flinker als ihre Freundinnen. Rasch legte sie die letzte Knolle zu ihrer übrigen Ausbeute, klopfte sich den Staub vom Kittel und war bereits an der Pforte im Gartenzaun, als Martha sich gerade erst ächzend erhob und Ilsa mit eingezogenen Schultern dem Rand des Ackers entgegentrottete. Mit einem raschen Griff prüfte Theresa den Sitz der Haube, die ihr Haar bedeckte, und schon war sie am Seitenflügel des Herrenhauses vorbei und befand sich auf dem Pfad, der durch ein kleines Waldstück führte. Dies war der kürzeste Weg zum Mühlenbach und den Pferdekoppeln, wo Wilhelm den Schlag der Mittagsglocke ebenfalls gehört haben musste.
Ihr Herz klopfte. Auf dem Flur von Wilhelms Unterkunft war den ganzen Tag ein ständiges Kommen und Gehen. Sie selbst teilte sich eine Kammer mit Martha und Ilsa, in der auch der kleine Joachim schlief, der den Tag bei der alten Vera verbrachte. Die einstige Zofe der verstorbenen Gräfin hatte ein Auge auf die Kinder des Gesindes, bis sie alt genug waren, um sich auf dem Gut nützlich zu machen. Wenn Theresa mit dem Mann, den sie liebte, ungestört zusammen sein wollte, dann blieb ihnen beiden nur jene viel zu kurze Mittagsstunde. Doch es war Sommer, im Waldstück duftete es, und Wilhelm hatte ein Versteck ausgekundschaftet, einen geheimen Ort für sie beide, nicht weit vom Bachufer entfernt. Dort erhob sich ein Gemäuer, das an einen kleinen Tempel erinnerte, Teil des Lustgartens, den einer der Ahnen des Grafen zu seiner Zerstreuung hatte anlegen lassen. Seine Nachfahren hatten von solchen Zerstreuungen offenbar nicht viel gehalten, denn das Waldstück mit seinen exotischen Bäumen war heute verwildert und der Tempel verfallen. Wie man erzählte, sprach Gräfin Thyra zuweilen davon, all das irgendwann in Zukunft wieder herrichten zu lassen, doch noch waren keine Anstrengungen unternommen worden. Und bis es so weit war, gehörte der verborgene Tempel ihnen, Wilhelm und Theresa.
Ein Lustgarten, dachte sie, und ein Prickeln der Vorfreude stellte sich in ihrem Körper ein.
Licht und Schatten zauberten ein verspieltes Muster auf den weichen Waldboden. Hier und da schauten Wurzeln aus dem Erdreich hervor, und Theresa musste achtgeben, wohin sie die Füße setzte. Eine leichte Sommerbrise bewegte die Luft, ließ das Laub flüstern, und in den Schatten …
Ein hartes Knacken drang an ihr Ohr.
Theresa fuhr zusammen. Ein dunkler Umriss lehnte am Stamm einer mächtigen Roteiche. Wilhelm? Nein, das konnte nicht Wilhelm sein. Sein Weg von der Pferdekoppel war weiter als die Strecke, die sie selbst vom Küchengarten her zurücklegen musste, und sie hatte das geheime Versteck noch gar nicht erreicht. Und es war nicht Wilhelms schlanke Gestalt mit den breiten Schultern eines Mannes, dessen Geschicklichkeit und Körperkraft es mit den wildesten jungen Pferden aufnehmen konnte. Dieser Mann war stämmig, untersetzt, bewegte sich bedächtig, doch gerade damit auf eine seltsam einschüchternde Art. Er löste sich aus den Schatten des Baumes.
»Die Leuschenthalerin«, stellte Justus Brandt fest.
Theresas Herz musste einen Schlag ausgesetzt haben. Jedenfalls fühlte es sich an, als begänne es plötzlich schmerzhaft von neuem zu schlagen.
Er ist nicht überrascht, mich zu sehen. Der Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Er musste hier auf sie gewartet haben.
Theresa hatte bis zu diesem Tag kaum mehr als ein beiläufiges Wort mit der rechten Hand des Verwalters gewechselt. Im Frühjahr war Brandt dem Gesinde vorgestellt worden: ein entfernter Neffe des bisherigen Amtsinhabers, der sich bis dahin niemals auf Hohensandau hatte blicken lassen. Nun aber, da sein Onkel bald nicht mehr in der Lage sein würde, seine Aufgaben zu versehen und die stattliche Entlohnung entgegenzunehmen, die einem Bediensteten in seiner Position zukam, war er wie aus dem Nichts auf dem Gutshof aufgetaucht. Theresa hatte seitdem keinen Grund gesehen, von sich aus die Bekanntschaft des Mannes zu suchen. Niemand aus dem Gesinde hatte das getan. Dafür sorgte Brandt schon selbst, der alles und jeden misstrauisch beobachtete, ständig auf der Suche nach Fehlern und Versäumnissen, die er allesamt weitertrug.
Aber welchen Fehler sollte Theresa begangen haben? In der Mittagsstunde konnte sie tun, was sie wollte, wie jeder andere auch.
»Justus Brandt«, sagte sie mit einem höflichen Nicken, um einen ruhigen Tonfall bemüht. »Einen guten Weg, Herr Brandt.«
Brandt hatte ein düsteres Gesicht. Die dunklen Brauen über seiner Nase waren beinahe zusammengewachsen. Und doch war er nicht völlig unattraktiv, wenn sich eine Frau denn zu finster dreinblickenden Männern hingezogen fühlte, die aussahen, als ob sie mit dem Gürtel nachhalfen, wenn sie ihren Willen nicht bekamen. Einzig den unübersehbaren Bauchansatz fanden vermutlich die wenigsten Frauen anziehend, dachte Theresa. Wobei … Sie stutzte. Die Ausbuchtung unter seinem Gehrock war ihr noch niemals so deutlich aufgefallen.
Er trat auf den Pfad und beinahe verstellte er ihr den Weg. Sie würde noch immer an ihm vorbeischlüpfen können – wenn er das zuließ.
Langsam ließ er seine Hände in den Gehrock gleiten. So langsam, dass sie einen Blick auf die dichte Behaarung seiner Handrücken erhaschte.
»Ihr scheint es eilig zu haben, Leuschenthalerin«, bemerkte er. »Jedenfalls wüsste ich nicht, wie ich mir das hier sonst erklären sollte.«
Mit einem Ruck zog er beide Hände ins Freie, zwei große, glänzende Kartoffeln in der linken, eine mehr als faustgroße Knolle in der rechten.
»Natürlich verstehe ich mich nicht in demselben Maße auf Erdäpfel, wie mein geschätzter Onkel das tut«, fügte er hinzu. »Wer weiß? Womöglich habt Ihr diese Exemplare ja ganz bewusst in Eurer Ackerfurche zurückgelassen? Andererseits glaube ich mich zu erinnern, dass man erst zum Herbst hin neue Setzkartoffeln in den Boden legt. Und dass man dafür nicht so besonders schön gewachsene Knollen verwendet wie diese. Nun, ich fürchte, mir wird tatsächlich nichts anderes übrig bleiben, als unseren Verwalter zu befragen.«
Theresa starrte ihn an. Sie hatte mit derselben Sorgfalt gearbeitet wie immer und war sich sicher, dass sie keine einzige Kartoffel übersehen hatte. Anders als Martha, wie ihr mit Erschrecken klar wurde. Martha, die einen plötzlichen Satz über mehrere Kartoffelpflanzen hinweg gemacht hatte, um zu den anderen beiden Mägden aufzuschließen, als sie Brandt in seinem Versteck im Schatten des Herrenhauses bemerkt hatte.
Ihre Gedanken überschlugen sich. Justus Brandt hatte genau beobachtet, ob einer von ihnen ein Fehler unterlief, wie er das immer tat. Und so musste er auch gesehen haben, dass Martha, nicht Theresa, mehrere Pflanzen ausgelassen hatte.
Unwillkürlich wich sie ein Stück zurück. Diesmal war er nicht direkt zum Verwalter gelaufen, um den Vorfall zu melden, wie er das sonst immer tat. Er hatte seinen ursprünglichen Beobachtungsposten aufgegeben, um ihr, Theresa, hier draußen aufzulauern. Doch was versprach er sich davon?
Bedächtig trat er einen weiteren Schritt auf sie zu, kam dann noch näher, so dass sie seinen Atem auf dem Gesicht spürte. Er roch nach saurer Milch.
»Ihr werdet doch nicht etwa in Angst sein, Leuschenthalerin?«, erkundigte er sich mit übertriebener Sorge. Die Augen unter den buschigen Brauen musterten sie von Kopf bis Fuß und verharrten einen Moment lang auf Höhe ihrer Brüste. »Ich kann Euch versichern, dass ich Euch nichts Böses will. Wie doch auch Ihr gewiss nicht wollt, dass irgendjemandem etwas Böses widerfährt. Weder mir noch … noch irgendjemand anderem.«
Irgendjemand anderem? Von wem sprach er? Von Martha? Worauf wollte er hinaus?
Theresa schauderte. Sie hatte ein unangenehmes Gefühl im Magen. Der Tag war warm. Sie konnte spüren, wie ein Schweißtropfen über ihre bloße Haut rann. Bei der Arbeit hatte sie ihr Schultertuch gelöst, das den Ansatz ihrer Brüste bedeckte, und hier im Wald hatte sie die kühlende Brise auf der Haut genossen, bis sie Brandt in die Arme gelaufen war. Jetzt hätte sie sich die strenge Tracht einer Nonne gewünscht. Wenn sie auch Zweifel hatte, dass selbst diese einen solchen Mann zurückhalten würde.
Er rührte sich nicht. Sein Blick schien noch intensiver zu werden, drängender.
»Ihr vergesst Euch, Justus Brandt!«, flüsterte sie und wusste doch, dass sie stattdessen hätte schreien sollen. Das Herrenhaus war nicht fern. Mit Sicherheit würde irgendjemand sie hören, wenn sie schrie. Wilhelm würde sie hören, wenn er den Tempel schon erreicht hatte.
»Ach, ich könnte vieles vergessen.« Brandt sprach jetzt im Plauderton. »Ich könnte die Unachtsamkeit vergessen, mit der Ihr die Knollen im Acker zurückgelassen habt. Vorausgesetzt natürlich, dass Ihr mir mit derselben Freundlichkeit begegnet, die ich Euch damit zukommen lasse. Ihr seid eine hübsche Frau, Leuschenthalerin. Auch wenn Ihr schon ein Kind geboren habt. Eine so hübsche Frau ist leider immer in Gefahr ohne einen Beschützer, der sie …«
»Ich habe einen Beschützer!« Ihre Stimme wurde lauter, bevor sie unvermittelt kippte. »Ich habe einen Ehemann!«
»Einen Mann, den vielleicht die Pferde fürchten. Aber gewiss nicht …«
Ein Schatten am Rande ihres Gesichtsfelds. Es ging zu schnell, um es wirklich wahrzunehmen. Etwas Großes warf sich auf Justus Brandt, riss ihn zu Boden. Im nächsten Moment konnte Theresa erkennen, wie Wilhelm über dem Unhold hockte. Sein leinenes Hemd, schweißnass von einem Vormittag auf der Pferdekoppel, spannte sich über seinen Schultern, als er mit geballter Faust zum Schlag ausholte.
»Wilhelm, nein!« Endlich fand sie zu ihrer Stimme zurück. »Er hat mich nicht …«
Sie wusste selbst nicht, wie sie den Satz vollenden wollte. Er hat mich nicht angerührt? Es hatten nur wenige Sekunden gefehlt. Und trotzdem: Brandt war jetzt schon die rechte Hand des Verwalters. Wäre Wilhelm nicht dazwischengegangen und hätte Brandt ihr tatsächlich Gewalt angetan: Sein Wort hätte gegen das ihre gestanden, wenn sie es gewagt hätte, vor den Herrschaften Klage gegen ihn zu erheben. Um nichts auf der Welt durfte Wilhelm sich einen solchen Mann zum Feind machen! Wenn es Ferdinand von Hardenstein in den Sinn kam, Justus Brandt tatsächlich zum Aufseher über das Gut zu bestellen, würde niemand mehr seinem Mutwillen Einhalt gebieten.
Sie atmete heftig. »Es ist nichts geschehen«, flüsterte sie, und im selben Moment kam ihr ein Gedanke. Rasch ging sie in die Knie und hob die Kartoffeln auf, die Brandt in seiner Überraschung hatte fallen lassen. »Herr Brandt war mir behilflich, die Knollen aufzusammeln, die mir aus den Taschen geglitten sind. Ich bin nicht mehr dazu gekommen, sie im Küchengarten im Korb abzulegen.«
Wilhelm hatte sich über die Schulter zu ihr umgewandt. Nach wie vor hockte er über Brandt, der sich schwach zu regen schien. Zumindest aber war der Mann bei Bewusstsein.
Ungeschickt kam sie wieder hoch. Etwas hilflos hielt sie die Knollen in den Händen. »Ich hatte es eilig«, sagte sie zu Wilhelm. »Auf dem Weg zu dir.« Sie versuchte ein Lächeln, war sich allerdings nicht sicher, ob es ihr besonders überzeugend gelang. Doch sie musste etwas tun. Wenn er ernsthaft auf den Mann am Boden losging und dieser sich an den Verwalter oder gar an den Grafen wandte: Sie mochte sich das Ergebnis überhaupt nicht vorstellen.
Wilhelm rührte sich nicht. Er sah sie an mit seinen Augen von der Farbe eines ruhigen Winterhimmels, so ganz anders als Justus Brandts düster lodernder Blick. Er war ihr Ehemann, und sie wusste, dass er ihre Lüge womöglich schon durchschaut hatte. Und dennoch betete sie, dass er verstehen und den Mann seines Weges gehen lassen würde.
Da schnellte Brandts Faust nach oben. Wilhelm fuhr herum, musste die Bewegung gerade noch bemerkt haben. Der Schlag, der nach seinem Kopf gezielt hatte, traf lediglich seine Schulter, brachte ihn aber ins Wanken, und im nächsten Augenblick war sein Widersacher frei, kam ächzend auf die Beine, den Blick auf Wilhelm gerichtet, als wollte er sich seinerseits auf Theresas Ehemann stürzen. Dann aber, im letzten Moment, zögerte er.
Denn schon hatte sich Wilhelm ebenfalls wieder gefangen. Ohne seinen Gegner aus den Augen zu lassen, tastete er nach seinem Gürtel, an dem eine Reitgerte hing. Gegen seine Tiere setzte er sie kaum jemals ein, wie Theresa wusste. Kein Tier aber war so bösartig wie Justus Brandt.
Wilhelms Gegner stand jetzt schwankend aufrecht. Sein Gehrock war staubbedeckt und über der Schulter zerrissen. Böse starrte er Theresa, dann ihren Ehemann an. »Rühr mich nie wieder an, Pferdeknecht!« In weitem Bogen spuckte er ihnen vor die Füße. Dann wandte er sich um und stolperte zwischen die Bäume davon.
Wilhelm spannte sich an, im Begriff, ihm zu folgen.
»Wilhelm, bitte …« Theresa streckte die Hand aus.
Dann wurde ihr schwarz vor Augen. Und als sie wieder bei sich war, hielt Wilhelm sie aufrecht, und ihr Kopf lag an seiner Schulter. Sein Hemd war ebenfalls ein Stück aufgerissen. Ihre Wange berührte seine bloße Haut, warm nach dem kurzen Ringen mit Brandt. Sein vertrauter Duft stieg ihr in die Nase: tröstlich und beschützend.
»Dir ist nichts geschehen?«, flüsterte sie. War es diese Schulter, die der Fausthieb getroffen hatte?
Er antwortete nicht. Sie spürte seine Hand, rau von der Arbeit mit den Pferden, doch mit unendlicher Zärtlichkeit strich sie über ihr Haar, von dem das Tuch zurückgeglitten war.
»Ich …« Seine Stimme war heiser, als er sprach. »Ich hätte schneller sein müssen. Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass er dich …«
»Das hat er nicht.« Sie löste sich von seiner Schulter, sah ihn an. »Er hat mich nicht angerührt«, sagte sie. »Und er hat nichts Schlimmeres zu mir gesagt, als Frauen oft zu hören bekommen von dummen Männern.«
Sie konnte erkennen, wie er die Zähne zusammenbiss. Scharf traten die Kiefermuskeln hervor. »Keine Frau sollte sich solche Dinge anhören müssen«, sagte er. »Und am allerwenigsten meine Frau.«
Theresa hob die Hand, strich über seine erhitzte Wange. »Ich glaube nicht, dass ich es mir noch einmal werde anhören müssen – von ihm zumindest«, sagte sie. »Du sollst ihn nie wieder anrühren, hat er gesagt. Und er weiß genau, wie er vermeiden kann, dass das noch einmal geschieht. Er ist ein böser Mensch, aber ich glaube nicht, dass er auf diese Weise dumm ist.«
Er sah sie an, schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er nachdenklich. »Wahrscheinlich wird er sich von dir fernhalten, solange er befürchten muss, dass ich in der Nähe bin.«
»Und du bist immer in der Nähe.« Sie lächelte. »Und bald werden wir ein gemeinsames Heim haben, und dann werden wir … Wilhelm?« Sie hielt inne.
Sah er sie tatsächlich an? Einen Moment lang wirkte er abwesend. Sein Blick ging an ihr vorbei zwischen die Bäume, wo sich der Pfad in den Schatten verlor. Zu ihrem Tempel, ihrem geheimen Versteck.
»Lass uns einige Schritte gehen«, bat er unvermittelt und griff nach ihrer Hand. »Ich möchte dir etwas erzählen.«
Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch. Doch ihre Hand in seiner war ein gutes Gefühl, das Wissen, dass sie beisammen waren, dass alles in Ordnung war.
Sie folgten dem Pfad, spürten die Gegenwart des anderen. Das Plätschern des Mühlenbachs wurde jetzt lauter, bis sie zwischen den Bäumen hindurch die Sonne auf dem silbernen Wasser glitzern sahen.
Wilhelm wandte sich zu ihr um. Versonnen strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wie schön du bist«, murmelte er. »Brandt ist ein Scheusal. Doch zumindest kann ich verstehen, dass er gerade dir nachgestellt hat und keiner deiner Freundinnen.« Er atmete durch. »Seine Herrschaft war heute auf der Koppel.«
»Der Graf?« Sie blinzelte, einen Moment verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel.
Wilhelm nickte knapp. »Er hat Pferde ausgewählt für die Kutsche.«
»Dann will er der Gräfin wieder erlauben auszufahren?« Theresa fuhr sich über die Lippen. »Im Haus redet man von nichts anderem. Dass er ihr verboten hat, ihre Ausfahrten zu machen. Die Fahrten in ihrem Einspänner, die ihr doch immer so wichtig waren. Und dass es vielleicht Schwierigkeiten gibt mit der Schwangerschaft. Martha behauptet, sie hätte gestern Abend den Physicus aus der Stadt gesehen, den man heimlich in die Räume der Herrschaften geführt hätte. Die Köchin sagt …«
»Es wäre besser, wenn sie den Mund halten würde!« Dieser Satz kam in einem Tonfall, der sie abrupt verstummen ließ. »Wenn sie alle weniger reden würden über …« Ein Nicken über die Schulter, halb in Richtung des Herrenhauses. »Frauen haben Kinder zur Welt gebracht, seit diese Welt erschaffen wurde. Und ich möchte nicht mit euch tauschen wollen. All das muss schwer genug sein, auch ohne dass eine solche Last auf euren Schultern ruht und jeder eurer Schritte und noch das geringste Anzeichen von Unwohlsein von hundert Augen beobachtet wird.«
Theresa hatte den Blick gesenkt. Sie wusste, wie wenig Wilhelm davon hielt, wenn sich die Mägde den Mund über die Grafenfamilie zerrissen. Jetzt sah sie ihn wieder an. »Seit dem Tod seines Vetters ist Graf Ferdinand der letzte Angehörige seines Geschlechts«, sagte sie leise. »Wenn er … Sollte er sterben, ohne einen Erben zu hinterlassen, wird Hohensandau an die Krone fallen. Jeder im Haus weiß das. Und die Krone wird kaum ein ganzes Heer von Dienern und Mägden auf einem Gutshof unterhalten, der nicht mehr bewohnt wird. Kannst du sie nicht verstehen? Was soll dann aus den Leuten werden? – Und außerdem sind sie wirklich in Sorge. Gräfin Thyra ist eine freundliche Frau, doch sie wirkt schmal, als wäre sie selbst noch ein Kind. Und so selten, wie sie ins Freie kommt …«
Wilhelm winkte schon ab. »Bitte entschuldige«, murmelte er. »Ich verstehe deine Freundinnen. Und mehr als alles andere ist es vermutlich seine Herrschaft selbst, der die Gräfin in Unruhe versetzt. Doch die Sorge um den Fortbestand seines Hauses wird dabei die geringste Rolle spielen. Oder zumindest ist sie nicht der einzige Grund. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er noch auf den Gedanken gekommen wäre, sich zu vermählen, wenn er ihr nicht begegnet wäre, Thyra Strehlow. Einer Bürgerlichen, wenn auch aus begüterter Familie. Das Vermögen der Strehlows dürfte den Wert von Hohensandau weit in den Schatten stellen nach allem, was man hört.« Er sah Theresa jetzt an. »Und doch war es weder die Manufaktur ihres Vaters, noch war es der Gedanke an den Fortbestand des Grafengeschlechts, die zu dieser Ehe geführt haben. Diese Menschen verlieben sich, Theresa.« Er fasste ihre Hände fester. »Nicht anders, als wir das tun. Und eben das macht es so schwer.«
Wieder senkte sie den Blick. Wilhelm stand den Herrschaften viel näher als sie. Theresa war nur eine von mehreren Mägden, die hin und wieder auch zu Hilfsdiensten im Herrenhaus herangezogen wurden, vor allem aber auf dem Gelände des Gutshofs ihren Dienst verrichteten, im Küchengarten oder in den Ställen – je nachdem, wo gerade eine helfende Hand benötigt wurde. Die herrschaftlichen Gemächer jedenfalls bekam sie auf diese Weise eher selten zu sehen, wo die Gräfin von ihren Zofen umsorgt wurde und Ferdinand von Hardenstein sich mit seinen Wünschen an die Leibdiener wenden konnte.
Das Gestüt dagegen war die große Leidenschaft des Gutsherrn, selbst wenn sie in den letzten Jahren ein wenig in den Hintergrund gerückt war, seit er die Ehe mit Gräfin Thyra eingegangen war. Und auch für Wilhelm kamen die Pferde gleich nach seiner eigenen kleinen Familie. Natürlich trafen die beiden immer wieder aufeinander, und doch war ihr nicht klar gewesen, wie viel ihr Ehemann um die Gedanken wusste, die der Gutsherr in seinem Herzen bewegte.
»Das macht es ihm so schwer«, wiederholte Wilhelm leise. »Das macht es ihm so schwer, sie ziehen zu lassen.«
Theresa nickte stumm, stutzte dann plötzlich. »Sie ziehen zu lassen?«
»Ihre Herrschaft hat eine Nachricht erhalten«, sagte er. »Aus Wohldenbach, von ihrer Familie. Der Schlagfluss hat ihren Vater niedergeworfen, und es scheint nicht klar, ob er die Krankheit wird überwinden können. Aus diesem Grund hat der Physicus sie gestern Nacht aufgesucht. Er hat seiner Herrschaft versichert, dass die Gräfin stark genug ist, die Reise auf sich zu nehmen.«
»Die Reise?« Sie starrte ihn an. »Nach Wohldenbach? Das ist mehr als eine Woche mit der Kutsche! Die Stadt liegt mehrere Provinzen entfernt, fast auf der anderen Seite des Landes! Und auf der Strecke ist es nicht weit zur Grenze, ausgerechnet jetzt, wo es heißt, dass es vielleicht Krieg gibt mit den Österreichern! Selbst wenn sie nicht schwanger wäre …«
»Aber sie ist nun einmal schwanger«, sagte er leise. »Und für ihren Vater könnte es die letzte Chance sein, sein einziges Kind noch einmal zu sehen. – Graf Ferdinand wird sie nicht begleiten können. Angesichts der Kriegsgefahr werden überall in der Provinz die Truppen zusammengezogen. Die Hälfte unserer Knechte hat schon letzte Woche Anweisung erhalten, sich in der Provinzhauptstadt einzufinden, und auch seine Herrschaft selbst muss sich bereithalten, als erfahrener Offizier an die Spitze eines Regiments zu treten, falls der Kronprinz nach ihm schickt. Was bleibt ihm also anderes übrig? Einige der Männer, die auf dem Gut zurückgeblieben sind, hat er ausgewählt, das Gespann der Gräfin auf der Reise nach Wohldenbach zu eskortieren. Und wieder zurück. Ich denke, es versteht sich von selbst, dass der Erbe von Hohensandau hier auf dem Gutshof zur Welt kommen soll. Wenn es so weit ist. Wenn der Tag gekommen ist, den der Physicus berechnet hat.« Er sah sie an, und sein Blick schien sich zu verändern. Als zögen am ruhigen Winterhimmel Wolken auf. »Es ist der Wunsch seiner Herrschaft, dass ich diese Eskorte anführe.«
»Du?« Sie verstummte. War der Gedanke so abwegig? Wenn die Eskorte mit der gräflichen Kutsche mithalten sollte, würde sie zu Pferde unterwegs sein. Und wer verstand sich besser auf Pferde als ihr Ehemann? Doch Wilhelm trug zwar eine besondere Verantwortung auf der Koppel, aber ohne nachzudenken fielen ihr mehr als ein halbes Dutzend Männer ein, die auf Hohensandau eine höhere Stellung bekleideten und besser entlohnt wurden als er. Und zweifellos auch größere Räumlichkeiten bewohnten.
Wilhelm schwieg. Er schaute in die Ferne. »Solange ich in der Nähe bin, wird Brandt sich von dir fernhalten«, murmelte er schließlich. »Doch wenn ich die Gräfin begleite und vielleicht wochenlang fort bin …«
»Ich habe keine Angst vor Justus Brandt«, sagte Theresa mit fester Stimme. »Jetzt, wo ich weiß, dass ich auf ihn achtgeben muss, kann ich ihm aus dem Weg gehen. Ich bin jedenfalls keine Frau, die eine Eskorte braucht.«
Sie hielt inne. Was, wenn sie sich das viel zu einfach vorstellte? Hielt ihre Arbeit sie doch die meiste Zeit des Tages in unmittelbarer Nähe des Herrenhauses fest: auf dem Hühnerhof, im Schuppen, in dem das Brennholz lagerte, im Küchengarten oder vielleicht noch auf den Wiesen, wo die Mägde die frisch gewaschenen Laken in die Sonne hängten. Und all das wusste Brandt natürlich. Er wusste, wo sie zu finden war. War es überhaupt möglich zu verhindern, dass ihre Pfade sich kreuzten, wenn er es darauf anlegte?
Sie schob den Gedanken beiseite. Sie wollte Wilhelm das Herz nicht noch schwerer machen, wenn der Graf seine Anweisungen doch schon erteilt hatte. »Aber ich werde keine Ruhe haben«, sagte sie leise. »Wenn ich weiß, dass du irgendwo dort draußen unterwegs bist und es womöglich Krieg gibt.«
Wilhelm schien ihr kurzes Zögern nicht bemerkt zu haben. »Mir wird nichts geschehen. Wenn es zu Kämpfen kommt, werden sie jenseits der Grenze stattfinden. Die Armee des Kronprinzen wird in den Pässen ihre Stellungen einnehmen, unmittelbar an der Grenze zu den böhmischen Kronlanden der Österreicher. Und die Österreicher werden nicht so dumm sein, gegen sie vorzugehen, solange sie sich in einer so stark befestigten Position befindet. Nein, es wird keine Gefahr bestehen. Nicht hier, auf unserer Seite, auf der preußischen Seite der Grenze. Aber der Wunsch seiner Herrschaft könnte für uns beide eine große Bedeutung haben. Er zeigt mir, dass er ein großes Vertrauen in mich setzt. Wenn ich mich bewähre, würde sich einiges …« Er hielt inne, zögerte einen Moment, sprach dann langsamer weiter. »Dann würde sich alles für uns ändern.«
Sie spürte, wie ihre Kehle eng wurde. »Alles? Ein größeres Quartier? Groß genug für uns beide und Joachim, und …« Sie legte sich die Hand auf den Leib. Sie war noch nicht ganz so weit wie die Gräfin, und Wilhelm war bisher der Einzige, der wusste, dass unter ihrem Herzen erneut ein Leben heranwuchs. Vielleicht vermutete auch Ilsa bereits etwas, doch Theresas Freundin war kein Mensch, der sie mit solchen Vermutungen bedrängt hätte.
Wilhelm legte seine Hand auf die ihre und das werdende Leben. Er sah ihr in die Augen. »Wir kennen uns seit dem Tag, an dem du nach Hohensandau kamst, um deine Stelle anzutreten, die dir deine Tante verschafft hatte nach dem Tod deiner Eltern«, sagte er. »Ich erinnere mich nur zu gut, wie es war an jenem ersten Tag. Du lehntest am Zaun um die Koppel, neben dir der alte Verwalter. Ich hatte mir an diesem Tag einen Wallach vorgenommen, einen etwas schwierigen Kauz, der sich seit Wochen dem Sattel verweigerte, doch von diesem Moment an hatte ich nur noch Augen für dich und für sonst nichts auf der Welt. Von eben diesem ersten Augenblick an wusste ich, dass du die Frau bist, die ich heiraten möchte und von der ich mir wünsche, dass sie meine Kinder zur Welt bringt. Ich weiß, dass alle Frauen ihre Geheimnisse haben«, sagte er und zögerte dann für mehrere Atemzüge. »Doch wir sind seit drei Jahren verheiratet, und ich glaube, dass ich so ziemlich alles über dich weiß, und das …« Er zögerte. »Das ist umgekehrt nicht der Fall.«
Überrascht sah sie ihn an. Wovon sprach er? Doch er schien zu warten. Zu warten, dass sie ihm erzählte, was sie umgekehrt über ihn wusste.
Sie streichelte ihm mit den Fingerspitzen über die Wange, spürte den Anflug von Bartstoppeln auf seiner Haut. »Ich weiß, dass du auf dem Gut geboren bist«, sagte sie, hielt dann inne. Etwas leiser: »Ich weiß, dass deine Eltern nicht verheiratet waren und dass deine Mutter dir den Namen deines Vaters niemals nennen konnte. Weil sie keine Gelegenheit dazu hatte. Weil sie bei deiner Geburt gestorben ist.«
Einen Moment lang hielt sie inne. Er war ganz ruhig, genau wie damals, als er ihr diese Geschichte – seine Geschichte – zum allerersten Mal erzählt hatte. Während ihr selbst jedes seiner Worte ins Herz geschnitten hatte.
»Unter gewöhnlichen Umständen wäre eine Frau, die unverheiratet ein Kind trägt, gar nicht erst als Hausmagd geduldet worden«, sagte sie leise. »Aber Graf Ferdinand hat deine Mutter besonders geschätzt, wie es heißt, und deshalb war es ihr erlaubt worden zu bleiben. Genau wie man es dir erlaubte, nachdem sie dich zur Welt gebracht hatte. Und mit Sicherheit wird seine Herrschaft das nicht bereut haben. Schließlich gibt es damit heute jemanden auf Hohensandau, der die Pferde mindestens so liebt wie er.« Sie schenkte ihm ein Lächeln. »Ich weiß, dass du der Mann bist, vor dem selbst der wildeste Jährling auf der Koppel am Ende seinen Widerstand aufgibt. Weil er weiß, dass es genau so sein soll und ihm überhaupt nichts Besseres passieren kann, nichts Besseres als du. Ganz so wie ich es weiß. Als ich dich das erste Mal bei den Pferden sah, wie du ruhig auf diesen Wallach zugegangen bist, der halb wahnsinnig war vor Angst: Da wusste ich, dass du der Mann bist, den ich heiraten und dessen Kinder ich zur Welt bringen will.«
Theresa sah ihm ins Gesicht, und er erwiderte ihr Lächeln.
Sie sah, wie seine Brust unter dem aufgerissenen Hemd sich hob und senkte. Im Licht, das durch das belaubte Geäst fiel, schimmerte dort ein Anflug hellen Flaums auf seiner sonnengebräunten Haut, und für einen Atemzug überfiel sie das Verlangen, nun doch bei ihm zu liegen in der verborgenen Zuflucht ihres Tempels. Der Wunsch, seinen Körper zu spüren und den Duft seiner Leidenschaft zu atmen, ganz bei ihm zu sein.
Doch da war noch immer seine Ankündigung: etwas über ihn, von dem sie nichts wusste. War es eine Ahnung in ihr? Eine Ahnung, dass das, was er zu berichten hatte, wichtig sein konnte für ihrer beider Leben, wichtiger noch als seine bevorstehende Reise?
»Was du sagst, ist die Wahrheit«, sagte er. »Es ist die Geschichte, wie ich sie dir erzählt habe. Wie sie dir jeder Mensch auf Hohensandau erzählen könnte. Und doch ist es nicht die Wahrheit. Denn tatsächlich hatte meine Mutter niemals Gelegenheit, mir den Namen meines Vaters zu nennen – aber ich habe ihn trotzdem erfahren. Ich habe ihn erfahren, weil er selbst sich mir zu erkennen gegeben hat, sobald ich das Alter erreichte, in dem ein Kind diese Dinge begreifen kann.«
»Dein Vater?« Verblüfft holte sie Luft. »Du kennst den Namen deines Vaters, bist ihm begegnet? Ist er noch am Leben?«
Er nickte. »Mein Vater …« Er zögerte. »Mein Vater ist Ferdinand von Hardenstein.«
Theresa war wie erstarrt. Hatte sie es geahnt, irgendwo in einem Winkel ihres Herzens? War ihr der Gedanke erst vor wenigen Momenten gekommen, oder war er schon weit länger da?
War er womöglich jedes Mal da gewesen, wenn sie beobachtet hatte, wie seine Herrschaft an die Einfassung der Koppel trat, voller Stolz das übermütige Spiel der jungen Pferde verfolgte – oder die gewandten Bewegungen, mit denen es diesem jungen Mann mit seiner blonden Mähne gelang, sie geduldig an Sattel und Zügel und Zaumzeug zu gewöhnen? – Seinem Sohn?
Das Haar seiner Herrschaft hatte einen dunklen Ton, selbst wenn sich inzwischen immer mehr Grau unter diese Farbe zu mischen begann. Während Wilhelm blond war. Die Haare muss er von seiner Mutter geerbt haben, ging es ihr durch den Kopf, doch in Wahrheit war da nicht mehr als ein Brausen, als sie zu erfassen versuchte, was seine Eröffnung bedeutete.
»Natürlich ist es völlig ausgeschlossen, dass ich jemals seine Güter oder gar seinen Titel erbe«, erklärte Wilhelm ruhig. »Aber er wollte, dass ich hier auf Hohensandau aufwachse. Ich sollte ein Leben führen, wie er selbst es sich gewünscht hätte, wenn ihm seine Aufgaben denn die Zeit gelassen hätten. Seine Aufgaben als Herr des Gutes, seine Verpflichtungen gegenüber der Krone. Für mich wünschte er sich ein Leben bei den Pferden. Darüber hinaus hat er mir keinerlei Vergünstigungen gewährt, vielleicht um keine Hoffnungen in mir zu wecken, dass sein könnte, was doch nicht sein kann nach den Gesetzen der Krone für den außerhalb der Ehe gezeugten Sohn einer Dienstmagd. Und ich bin ihm dankbar dafür.«
Theresa starrte ihn an.Sie dachte nicht an sich. Auf der Stelle allerdings dachte sie an den kleinen Joachim und an das Kind, das in ihrem Leib heranwuchs. Ein Kind, von dem sie aus irgendeinem Grund wusste, dass es ein Mädchen war. Ihre Kinder mussten sich ein mit Stroh gestopftes Lager mit der Mutter teilen. Der Vater dieser Kinder, der Sohn seiner Herrschaft, war gezwungen, in einer Abseite zu hausen, die kleiner war als die Räucherkammer.
»Dankbar?«, fragte sie ungläubig.
»Dankbar«, wiederholte er. »Weil er mich gelehrt hat, was Vertrauen bedeutet. Denn niemand lernt das schneller als ein Mensch, der mit Pferden arbeitet. Die Pferde müssen begreifen, dass sie sich voll auf dich verlassen können, und irgendwann musst du deinen ganzen Mut zusammennehmen und beschließen, umgekehrt dasselbe zu tun. An der Grenze sammeln sich die Truppen. Die Reiter vertrauen ihren Pferden ihr Leben an, wenn sie in den Pulverdampf der Schlacht reiten. – Er werde mich nicht besser und nicht schlechter behandeln als jeden anderen auf dem Hof, hat seine Herrschaft gesagt. Aber er werde mir eine Chance geben, mich zu bewähren. Wenn er feststelle, dass die Pferde mir vertrauen, dann werde auch er selbst das tun. Und wenn ich auch hier seinen Erwartungen gerecht werde, wird er mir eine Aufgabe übertragen, für die nur ein Mann in Frage kommt, auf dessen Handeln er sich voll und ganz verlassen kann. Was für eine Aufgabe das sein wird, hat er mir nicht verraten. Doch wie es aussieht, ist nun der Augenblick gekommen, in dem er mich auf die entscheidende Probe stellt. Er setzt mich an die Spitze der Eskorte.«
»Vielleicht spielt es auch eine Rolle, dass ihre Herrschaft ihm nun einen Erben schenken wird«, murmelte Theresa. »Oder eine Erbin. Jedenfalls ein Kind, das ehelich zur Welt kommt. So dass du nicht länger auf den Gedanken kommen kannst, er könnte dir trotz allem das Gut und seinen Titel hinterlassen. – Aber wenn er dir die Führung der Eskorte anvertraut, das Leben seiner Gemahlin und des ungeborenen Kindes, was hat er dann erst bei deiner Rückkehr mit dir vor, wenn er mit dir zufrieden ist?«
Sie brach ab. Da war ein Gedanke. Er schien unglaublich im ersten Moment.
»Was, wenn es das ist?«, flüsterte sie. »Seine Herrschaft hat die Fünfzig hinter sich gelassen. Er kann sich nicht darauf verlassen, dass er lange genug leben wird, bis das Kind herangewachsen ist und die Verantwortung für Hohensandau übernimmt, falls es ein Sohn ist. Oder jemanden heiratet, der sich darauf versteht, ein Gut zu bewirtschaften, falls die Gräfin eine Tochter zur Welt bringt. Du könntest der Verwalter werden, anstelle von Justus Brandt. Mit noch viel weiter gehenden Aufgaben, als der Verwalter sie heute versieht. Hast du nicht schon die Gespräche mit dem Geschäftsträger aus Sturmberg geführt, wegen der Stuten für ihre Zucht?«
»Das habe ich«, erwiderte Wilhelm zögernd. »Und wir haben die Stuten für einen Preis verkaufen können, der in Ordnung war. Ich hatte einen guten Eindruck von dem Mann. Man wird sie dort anständig behandeln. Und ja, seine Herrschaft vertraut mir, was mein Urteil über den Wert der Tiere angeht. Doch ist das nicht nur ein Bruchteil der Aufgaben, die ein Gutsverwalter zu versehen hat?«
»Mit Sicherheit gibt es da noch eine ganze Menge.« Sie umfasste seine Finger mit beiden Händen. »Aber dann wirst du es dir eben aneignen, so wie du auch gelernt hast, den Wert der Pferde einzuschätzen. Der Verwalter hat ein eigenes kleines Haus auf dem Wirtschaftshof, mit einer Wohnstube und einer Schlafkammer und einer zweiten noch dazu, falls seine Frau ihm Kinder schenkt. – Seine Herrschaft, dein … dein Vater weiß, dass du nun selbst eine Familie hast. Das ist das besondere Vertrauen, von dem er gesprochen hat: Die Position des Verwalters, die er nicht einfach irgendjemandem übertragen kann, wenn er damit rechnen muss, dass er nicht mehr am Leben ist, wenn sein Erbe das Gut in die eigenen Hände nimmt.«
»Der Verwalter.« Wilhelm schien dem Klang des Wortes hinterherzuhorchen. Sein Blick ging in das Dickicht des verwilderten Lustgartens, hinter dem die sonnengelben Giebel des Gutes nicht zu erkennen waren.
Theresas Finger hielten seine Hand, die breit und kräftig war und doch von einer unglaublichen Zärtlichkeit. Nie wieder wollte sie ihn loslassen, und doch würde sie ihn freigeben, damit er seine Mission erfüllen und den letzten Beweis liefern konnte, dass er Ferdinand von Hardensteins Vertrauen wert war. Wie schnell würden die Wochen der Trennung dahinfliegen, wenn an ihrem Ende das gemeinsame Leben mit ihrer kleinen Familie auf sie wartete, das sie sich beide so sehr wünschten! Endlich würde Gut Hohensandau auch für sie ein wahres Zuhause werden.
Ganz kurz nur streifte Theresas Blick den verfallenen Bau ihrer Zuflucht, den einzigen Ort, an dem sie bis zu diesem Tag hatten beieinander sein können.
Was sie nicht sah, war der Schatten, der sich dort verbarg. Ein gedrungener Umriss kauerte hinter den Trümmern der geborstenen Säulen. Der Beobachter war für sie unsichtbar in seinem Versteck, und er war doch so nahe, dass er jedes ihrer Worte hatte verfolgen können.
»Paragraph zweiundzwanzig.« Wilhelm schloss die Augen. »In Ansehung der Wiederkehr der Vorfälle sind die Einnahmen und Ausgaben erstens jährliche, zweitens sind es bestimmte in längern oder kürzern als Jahrestermin wiederkehrende und drittens … drittens sind es …«
Er presste die Hände gegen die Schläfen. Sein Schädel dröhnte, als hätte eine böse Macht ihn in einen Schraubstock gespannt. Das grelle Licht der Petroleumlampe schien sich durch seine Augenlider zu bohren.
Sein Nacken und sein Hinterkopf pochten. Wie lange war es her, dass er sich von der Stelle gerührt hatte? Drei Stunden oder eher schon vier? Genau so muss es sich anfühlen, wenn man allmählich den Verstand verliert, dachte Wilhelm.
Zwei Wochen waren vergangen seit dem Aufbruch nach Wohldenbach, und bis jetzt hatte er das Vertrauen seines Vaters zumindest nicht enttäuscht.
Er war erschrocken, als Thyra von Hardenstein die Kutsche bestiegen hatte, auf den Arm ihres Gemahls gestützt. Sie hatte schmal gewirkt, geradezu ausgezehrt, die fortgeschrittene Schwangerschaft kaum sichtbar unter dem schweren Stoff des dunklen Mantelkleides, das ihre Blässe noch hervorhob. Und doch hatte der Physicus sie für reisefähig erklärt – was immer er sich dabei gedacht haben mochte. Die Konsequenzen würde jedenfalls nicht der gelehrte Mediziner aus der Provinzhauptstadt zu tragen haben, falls er sich denn getäuscht hatte. Sondern die Gräfin, wenn sich ihr Zustand unterwegs verschlechterte. Und Wilhelm selbst, dem die Sorge um die Gemahlin seines Vaters nun anvertraut war.
Quälend langsam, Stunde um Stunde, war das Gespann über die Chaussee gerumpelt, durch belebte Städte und über offenes Land, an breiten Flüssen entlang und immer wieder durch dunkle Gebirgstäler und steile Anhöhen empor, über Provinzgrenzen hinweg, Wohldenbach entgegen. Wilhelm hatte beunruhigt den Gerüchten gelauscht, die sie unterwegs erreichten. Gerüchten über die Vorgänge an der Grenze, wo sich das Aufgebot Preußens und die Verbände der feindlichen Österreicher argwöhnisch belauerten.
Immer aufs Neue hatte er darum gekämpft, die Gräfin nicht mit seiner Sorge zu belästigen, indem er sich noch einmal und noch einmal erkundigte, ob ihr auch wohl sei. Wie hätte ihr auch wohl sein können, wenn sie damit rechnen musste, dass sie an das Sterbebett ihres Vaters eilte?
Am Ende war all das bedeutungslos. Friedrich Strehlow selbst hatte seine Tochter auf der Treppe seines stolzen Bürgerhauses empfangen, auf einen Stock gestützt und dennoch sichtbar auf dem Wege der Besserung, ganz begeistert von der Aussicht, Zeit mit seiner Tochter verbringen zu dürfen, die er seit Monaten nicht gesehen hatte.
Zwei Wochen waren sie nun bereits in Wohldenbach. Wilhelm gönnte Vater und Tochter diese Zeit, doch Theresa und er waren noch niemals so lange voneinander getrennt gewesen. Zwei Mal hatten ihn seit seiner Ankunft Briefe von ihr erreicht, geheimnisvoll nach der Lavendelessenz duftend, die Emma, die Näherin des Gutes, für die Frauen des Gesindes anmischte. Theresa wusste, dass er diesen Duft an ihr liebte. Zwei Mal hatte er ihr geantwortet und war doch nicht in der Lage gewesen, wirklich zum Ausdruck zu bringen, wie sehr seine kleine Familie und das Leben auf Hohensandau ihm fehlten. Mit welch verwirrenden Gefühlen er den Zeiten entgegensah, die sie vielleicht in Zukunft auf dem Gutshof erwarteten, wenn Theresa recht hatte mit ihren Schlussfolgerungen.
Der Verwalter. Der greise Strehlow hatte ihn wie einen Gast in seinem Haus willkommen geheißen. Jedenfalls nicht wie den bloßen Anführer der Eskorte seiner Tochter. Vermutlich war er nur erleichtert über Thyras wohlbehaltene Ankunft. Vater und Tochter hatten sich unendlich viel zu erzählen, wie es schien. Immer wieder unternahmen sie Fahrten in die Manufaktur ihrer Familie außerhalb der Mauern von Wohldenbach, in die Fabrik, wie Friedrich Strehlow es ausdrückte. Wilhelm selbst solle sich währenddessen einfach wie zu Hause fühlen, hatte der alte Mann noch angefügt. Die Worte hatten geklungen wie eine Anweisung.
»Wie zu Hause«, murmelte Wilhelm. Zu Hause kümmerte er sich auf der Koppel um die Pferde, hatte von morgens bis abends tausend Dinge zu erledigen, die seine Aufgaben auf dem Gestüt mit sich brachten. Ständig hatte er dabei ein schlechtes Gewissen, weil ihm so wenig Zeit blieb für Theresa und den kleinen Jungen. Im Strehlow’schen Haus dagegen gab es schlicht nichts zu tun für ihn. Die Köchin starrte ihn an wie einen Eindringling, wenn er auch nur den Versuch unternahm, seine Teetasse in die Küche zurückzubringen. Er beneidete die Damen und Herren aus besseren Kreisen nicht darum, dass sie auf Schritt und Tritt von Menschen umgeben waren, die versuchten, ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Jetzt, da er es am eigenen Leibe erlebte, war es noch viel, viel schlimmer.
Am Ende war er in die Bibliothek des Hauses geflüchtet. Offenbar hatten die Diener und Zofen Anweisung, das Erkerzimmer mit den deckenhohen dunklen Bücherschränken nicht ohne Aufforderung zu betreten. Erst hier war ihm dann klar geworden, dass seine Flucht ihn an den einzig richtigen Ort geführt hatte. Hier konnte er sich auf die Aufgaben vorbereiten, die bei seiner Rückkehr womöglich auf ihn zukamen. Zwei behagliche Lehnsessel standen vor der Feuerstelle. Ein niedriger Tisch lud dazu ein, ein Buch dort abzulegen.
Handbuch des Kassen- und Rechnungswesens für Herrschafts- und Rittergutsverwaltungen. Wilhelm hatte sein Glück kaum fassen können, als er auf das Werk gestoßen war – bis er das Handbuch aus dem Regal gezogen und festgestellt hatte, dass es Hunderte eng bedruckte Seiten besaß und viel zu schwer war, um es in der Hand zu halten – und dabei war es nur der erste Teil eines umfangreichen, mehrbändigen Werkes. Längst schwirrte ihm der Kopf angesichts des Inhalts: die unterschiedlichen Posten für Saatgut und Dünger, die Milch-, Vieh- und Weidewirtschaft, die Vorratshaltung, Steuern und Abgaben, die Instandhaltung der Gebäude und die Entlohnung der Gutsbediensteten, die ein Verwalter zu bedenken und gegeneinander abzuwägen hatte. Konnte er sich überhaupt vorstellen, auf Hohensandau eine solche Position einzunehmen? Wie sehr musste sich ein solches Dasein unterscheiden vom Leben bei den Pferden auf der Koppel, das sein Vater sich für ihn gewünscht hatte?
»Bis jetzt jedenfalls«, flüsterte er. »Jetzt wünscht er sich etwas anderes.«
Und hatte er nicht allen Grund, Ferdinand von Hardenstein diesen Wunsch zu erfüllen? War es nicht so, dass Wilhelm dem Gutsherrn etwas schuldete, nachdem er weder seine Mutter fortgeschickt noch ihn selbst in eins der Waisenhäuser der Stadt gegeben hatte? Der Herr von Hohensandau hatte sein Vertrauen in Wilhelm gesetzt, und dieses Vertrauen durfte er so wenig enttäuschen wie das Vertrauen, das Theresa und der kleine Joachim in ihn setzten: dass er für sie da war in einer Welt, die von mehr als nur einem einzigen Justus Brandt bewohnt wurde. Ein eigenes kleines Haus auf dem Wirtschaftshof, mit einer Wohnstube und einer Schlafkammer und einer zweiten noch dazu, falls seine Frau ihm Kinder schenkt. War es das nicht wert?
Paragraph zweiundzwanzig. Einnahmen und Ausgaben in Ansehung der Wiederkehr der Vorfälle. Er war sich nicht sicher, ob er nicht zwischendurch eingenickt war.
»Erstens sind es jährliche«, murmelte er. »Zweitens sind es in längern oder kürzern als Jahrestermin wiederkehrende. Und drittens.« Er hielt inne. »Drittens …«
»Drittens sind es solche, die nicht bestimmt in einem jeden Jahre vorkommen.«
Wilhelm schreckte hoch.
»Jedoch bleiben sie selten aus«, vollendete Thyra von Hardenstein.
Er starrte sie an. Sie saß in einem dunklen Hauskleid im anderen der beiden behaglichen Lehnsessel, eine Decke über die Knie gebreitet. Das Handbuch des Kassen- und Rechnungswesens hatte sie auf ihre Seite des Tisches gezogen.
Er musste tatsächlich eingenickt sein. Die Hausdiener betraten die Bibliothek nicht ohne Aufforderung. Die Tochter des Hausherrn war ihrer Schwangerschaft zum Trotz offenbar völlig geräuschlos in den Raum geschlüpft. Wie lange sie ihm schon beim Schlafen zugesehen hatte, konnte er nicht sagen.
»Mein Vater hatte Euch vorgeschlagen, Euch ein Buch nach Eurem Geschmack zu suchen«, bemerkte sie. »Irgendwie glaube ich, dass er eher Abenteuerromane im Sinn hatte.«
»Ich …« Wilhelm brach ab. »Der Schrank war nicht verschlossen«, sagte er schwach.
Sie musterte ihn eingehend. »Warum sollte er verschlossen sein? Die Schränke in diesem Raum waren niemals verschlossen, weder für mich, als ich ein Kind war, noch für die Gäste des Hauses. – Zugegeben: In den ersten Jahren standen die Bücher, die ich besser nicht lesen sollte, sehr weit oben in den Regalen.«
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, doch im selben Moment wurde Wilhelm bewusst, wie müde sie aussah, müder noch als bei ihrem Aufbruch aus Hohensandau. Zugleich war die zunehmende Veränderung ihres Körpers jetzt sichtbar. Weil sie kein Korsett trägt, fuhr ihm durch den Kopf. Eine Frau aus ihren Kreisen ohne Mieder und Krinoline! Theresa hatte immer wieder erwähnt, dass das etwas war, worum sie die Frauen der besseren Gesellschaft mit Sicherheit nicht beneidete: dass sie sogar in den Wochen vor der Geburt eines Kindes noch gezwungen waren, ihren Körper in die enge Schnürung zu pressen wie in eine Ritterrüstung.
Er biss sich auf die Lippen. Sich jetzt nach ihrem Befinden zu erkundigen war sicher keine gute Idee. Ob es der richtige Moment war, sich zu erheben, ihr eine gute Nacht zu wünschen und sich zurückzuziehen?
Sie betrachtete ihn immer noch. Warum war er sich so sicher, dass sie das eine oder andere erriet, was ihm gerade durch den Kopf ging?
Sie beugte sich vor, und ihre Finger strichen über die Seiten des Handbuchs. »Allerdings hättet Ihr nicht bis nach Wohldenbach reisen müssen für ein Exemplar dieses Buches«, bemerkte sie. »Mein Gemahl – seine Herrschaft – hat dasselbe Werk in seinem Bücherschrank. Ich habe mich schon immer gefragt, ob er es wohl von vorn bis hinten gelesen hat. Mit Sicherheit hat er es nicht auswendig gelernt wie Ihr.«
»Ich …«
»Verzeiht, wenn ich Euch erneut unterbreche.« Ihre Stimme war leise und freundlich, aber sie war die Gräfin Hardenstein, die Herrschaft auf Hohensandau. Sie konnte ihn unterbrechen, sooft sie wollte, auch ohne ihn um Verzeihung zu bitten. »Mir ist klar, dass Ihr auf Hohensandau keine Möglichkeit hattet, dieses Buch zu lesen. Den Domestiken dort wird kein Zugang zu den Bücherschränken gewährt. Nicht dass es in diesem Haus hier anders wäre, meinen langjährigen Bemühungen zum Trotz. Mein Vater hat mich einen Sturkopf genannt, weil ich immer wieder darauf beharrte.« Ein ganz kurzes Lächeln, bevor sie wieder ernst wurde. »Umso wichtiger aber wäre es gewesen, dass ich mit meinem Gemahl rede, damit sich das zumindest auf Hohensandau ändert. – Seit bald zwei Jahren sind wir vermählt«, fügte sie leiser hinzu. »Seit bald zwei Jahren lebe ich auf dem Gutshof. Und wie langsam geht es voran. Es ist eine andere Welt auf Hohensandau. Anders als hier, weit stärker, als ich das für möglich gehalten hätte. Und dennoch: Was wichtig ist, das muss auch möglich sein. Wenn man es wirklich will.« Ihre Hand schloss sich zur Faust. »Wenn man es wirklich, wirklich will, dann muss es …« Sie brach ab, für einen Moment wie überrascht, legte dann die Hand an ihren Leib. Er sah, wie sich ihr Gesicht verzog.
»Eure Herrschaft?« Seine Stimme war heiser. »Ist Euch nicht wohl?«
Sie hob die Finger, ein Zeichen, dass er sich keine Sorgen machen sollte. »Ich … Ich denke, es geht den Umständen entsprechend«, antwortete sie schließlich. »Es regt sich. – Ihr habt einen kleinen Sohn, Wilhelm Leuschenthal, habe ich recht? War es bei Eurer Frau nicht ähnlich in den letzten Wochen vor der Geburt?«
Wilhelm nickte. »Das war es«, sagte er. »Das Kind sei sehr lebhaft nach ihrem Empfinden. Doch ihr fehle natürlich der Vergleich.« Er schluckte beklommen. Das hier war nicht die Art und Weise, in der eine Frau mit einem Mann über das werdende Leben in ihrem Leib sprach. Nicht auf Hohensandau jedenfalls, und diese Frau war die Gemahlin seines Dienstherrn. Dass sie obendrein die Gemahlin seines Vaters war, konnte sie nicht wissen. Er hingegen war verantwortlich für die Pferde auf der Koppel, im Augenblick zufällig der Anführer ihrer Eskorte und konnte sich nicht daran erinnern, je ein längeres Gespräch mit ihr geführt zu haben, schon gar nicht ein so persönliches. Wie hätte das auch geschehen sollen auf dem Gutshof, wo Herrschaften und Gesinde in zwei unterschiedlichen Welten lebten mit ihren Tag für Tag immer gleichen, doch streng voneinander getrennten Abläufen?
»Ich denke, da hat Eure Frau ganz recht, Wilhelm Leuschenthal«, sagte die Gräfin. Wieder huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. »Doch was die Bibliothek anbetrifft und die Bücherschränke: Wenn ich bedenke, welchen Wert mein Gemahl darauf legt, dass die Kinder der Knechte und Mägde lesen und schreiben lernen. Ist es da nicht blanker Unsinn, wenn ihnen der einzige Ort verschlossen bleibt, an dem es auf Hohensandau Bücher gibt? Dass sie ihr Wissen nur einsetzen können, um sich in der Gutskapelle durch das Gesangbuch zu blättern?«
Er starrte sie an. Blanker Unsinn. Das hatte sie tatsächlich gesagt. Blanker Unsinn, den seine Herrschaft verfügt hatte. Ihm wurde beinahe schwindlig, wenn er sich vorstellte, was sie womöglich alles verändern würde auf Hohensandau, wenn sie die Gelegenheit dazu erhielt.
Sie legte die Hände auf das Handbuch. »Mir kam es vor, als fühltet Ihr Euch ertappt, weil ich gesehen habe, dass Ihr in diesem Buch lest. – Glaubt Ihr, ich hätte etwas dagegen einzuwenden, dass Ihr ein solches Werk studiert? Dass mein Gemahl etwas dagegen einzuwenden hätte, wenn Ihr Euch ein größeres Wissen aneignetet über die Verwaltung eines Gutshofs?«
»Ich …« Wieder musste er schlucken. Was sollte er antworten? Er hatte nichts als Theresas Vermutungen. Und selbst für den Fall, dass sein Vater tatsächlich darüber nachdachte, ihm eine Aufgabe mit größerer Verantwortung zukommen zu lassen, konnte er nicht wissen, was die Gräfin davon hielt. Jetzt wäre er fast dankbar gewesen, wenn sie ihn unterbrochen hätte. Doch natürlich tat sie es genau diesmal nicht.
»Meine Verantwortung sind die Pferde auf der Koppel«, sagte er zögernd. »In den vergangenen Monaten hat seine Herrschaft mich allerdings hin und wieder nach meiner Einschätzung gefragt, wenn Stuten oder Hengste verkauft werden sollten. Oder was ich davon hielte, wenn wir uns mit der Zucht in eine bestimmte Richtung bewegen würden. Ich hatte gehofft, in diesem Buch etwas zu erfahren, mit dem ich noch besser …«