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Ihre Liebe verstößt gegen alle Regeln
In der gesellschaftlichen Elite Manhattans 1899 ist nichts gefährlicher als ein Skandal - und nichts wertvoller als ein Geheimnis. Nach der Beerdigung von Elizabeth Holland ist es nun Dianas Pflicht, die Familie durch eine vermögende Heirat zu retten. Aber der Mann, dem ihr Herz gehört, ist für sie unerreichbar: denn Henry Schoonmaker ist der ehemalige Verlobte ihrer Schwester. Trotzdem wollen Diana und Henry für ihre heimliche Liebe kämpfen. Doch sie haben nicht mit der ehrgeizigen Penelope Hayes gerechnet. Die ist fest entschlossen, Elizabeths Platz in der High Society zu übernehmen. Und um zu bekommen, was sie will, ist ihr jedes Mittel recht ...
"Romantik, Eifersucht, Verrat, Humor und ein opulentes Setting. Ich konnte DIE PRINZESSINNEN VON NEW YORK nicht zur Seite legen!" CECILY VOM ZIEGESAR, Autorin von GOSSIP GIRL
2. Band der PRINZESSINNEN-VON-NEW-YORK-Reihe
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Seitenzahl: 498
Veröffentlichungsjahr: 2019
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
Prolog
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Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Anna Godbersen bei LYX
Impressum
ANNA GODBERSEN
Rumors
Die Prinzessinnen von New York
Roman
Ins Deutsche übertragen von Franziska Weyer
In den exklusiven Kreisen der gesellschaftlichen Elite Manhattans 1899 ist nichts gefährlicher als ein Skandal – und nichts wertvoller als ein Geheimnis. Intrigen sind an der Tagesordnung, und Gerüchte können ganze Familien zu Fall bringen. Auch über die Hollands wird nach der Beerdigung von Elizabeth immer noch hinter vorgehaltener Hand geredet. Nun ist es Dianas Pflicht, die Familie durch eine vermögende Heirat vor dem finanziellen Ruin zu retten. Doch der Mann, dem eigentlich ihr Herz gehört, ist für sie unerreichbar. Henry Schoonmaker – begehrtester Junggeselle und ehemaliger Verlobter ihrer Schwester – erwidert ihre Gefühle zwar, die Gesellschaft würde eine solche Verbindung jedoch nie akzeptieren. Trotzdem wollen Diana und Henry für ihre heimliche Liebe kämpfen. Aber sie haben nicht mit der ehrgeizigen Penelope Hayes gerechnet. Die ist fest entschlossen, nicht nur Elizabeths Platz in der High Society, sondern auch deren ehemaligen Verlobten zu übernehmen. Und um zu bekommen, was sie will, ist ihr jedes Mittel recht …
Für Jake und Nick
Ich wurde gerade zu einer streng geheimen und äußerst vornehmen Feier nach Tuxedo Park eingeladen, die von einer der nobelsten Familien Manhattans ausgerichtet wird. Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich absolute Geheimhaltung geschworen, doch ich verspreche meinen treuen Lesern, dass ich nach Ablauf dieser Woche darüber berichten werde, sobald der Schleier gelüftet wird …
– Aus der Gesellschaftskolumne des New York Imperial, Sonntag, den 31. Dezember 1899
Für die New Yorker Arbeiterklasse war es fast schon alltäglich, den Vornehmsten der Stadt auf der Straße zu begegnen, wenn diese sich beispielsweise nach einer ausgelassenen Feier ein Katerfrühstück im Sherry’s gönnten oder im Central Park, jenem großartigen demokratischen Treffpunkt, Schlitten fuhren. Doch hier draußen auf dem Land sah die Sache völlig anders aus. Hier mussten die Reichen noch nicht unter der ständigen Überwachung durch Hunderte von Augenpaaren leiden, die sie auf Schritt und Tritt verfolgten. In der vierzig Meilen nordwestlich von Manhattan gelegenen schneebedeckten Hügellandschaft waren sie weit weg vom geschäftigen Treiben, der Hektik und der Gewalt der Stadt. Denn nur sie ganz allein hatten hier Zutritt. In den letzten kalten Tagen des Jahres 1899 waren die Schönen und Reichen auf Anweisung ihrer Gastgeber in kleinen Gruppen still und heimlich aus der Stadt geflohen. Am Silvesterabend waren auch die Letzten von ihnen mit einem Sonderzug nach Tuxedo Park gereist und am hauseigenen Bahnhof des Privatklubs ausgestiegen. Schon den ganzen Nachmittag über waren Sonderzüge eingetroffen, die kistenweise Orchideen, Kaviar, Wildfleisch und Ruinart-Champagner angeliefert hatten. Und nun trafen die Schermerhorns und Schuylers, die Vanderbilts und die Jones ein. Die in leuchtendem Grün und Gold – den traditionellen Farben von Tuxedo Park – lackierten und mit Silberglöckchen von Tiffany & Co. geschmückten Kutschen erwarteten die Gäste und brachten sie durch den frisch gefallenen Schnee direkt zum Ballsaal, in dem die Hochzeit stattfinden würde.
Wer hier draußen ein eigenes rustikales Anwesen besaß – eines dieser malerischen, mit Schindeln bedeckten und mit Moos und Flechten bewachsenen Landhäuser –, machte rasch einen Abstecher dorthin, um sich frisch zu machen. Die Damen hatten ihre edelsten Juwelen, ihre mit Diamanten besetzten Haarnadeln und ihre Seidenhandschuhe dabei. Sie hatten ihre neuesten und besten Kleider eingepackt, auch wenn einige schier daran verzweifelten, dass sie sich schon in der letzten, eher unglücklichen Saison in denselben Outfits gezeigt hatten. Miss Elizabeth Holland, die beliebteste junge Dame der Gesellschaft, hatte auf dem Höhepunkt jener Saison ein tragisches Ende im Wasser gefunden, und seitdem hatte sich niemand mehr wirklich wohl dabei gefühlt, in der Öffentlichkeit zu lachen oder fröhlich zu sein. Also hatten die feinen Herrschaften einfach nur herumgesessen und auf den Januar gewartet, um endlich auf Kreuzfahrt ins Mittelmeer oder in andere östliche Gefilde zu gehen und der ganzen unangenehmen Angelegenheit entfliehen zu können. Jetzt allerdings, so kurz vor Silvester und mit der Aussicht auf ein unerwartetes Fest, schien sich die Stimmung endlich wieder zu bessern. Während sie sich Parfüm hinter die Ohren tupften, raunten sich einige der Damen zu, dass die Braut das Hochzeitskleid ihrer Mutter angeblich deshalb trug, um der Zeremonie einen Hauch von Bescheidenheit zu verleihen. Allerdings war das längst zur lieb gewonnenen Tradition geworden und bot keinerlei Entschuldigung für die Gäste, sich nicht nach der neuesten Mode zu kleiden.
Schon bald wurden sie von livrierten Dienern zum Ballsaal im Hauptgebäude des Klubs eskortiert. Dort reichte man den Gästen heißen Gewürzpunsch in kleinen geschliffenen Kristallgläsern, während man sich darüber unterhielt, wie sehr sich der Ballsaal in Tuxedo gewandelt hatte.
In der Mitte des berühmten Tanzparketts war eine breite Spur aus weißen Rosenblütenblättern ausgelegt worden, um einen langen Teppich zu bilden, der schnurstracks bis zum Kopfende des Saals führte. Hochzeitsbögen, geschmückt mit weißen Chrysanthemen und Lilien, säumten den Pfad in regelmäßigen Abständen. Als die Leute nach und nach eintraten, konnte man sie flüstern hören, wie vornehm doch alles dekoriert sei und wie erstaunlich es sei, dass so viele Gäste mit Rang und Namen anwesend waren, obwohl die Einladungskarten erst vor wenigen Tagen überbracht worden waren. Unter den Anwesenden war zum Beispiel Mrs Astor mit ihrem typischen schwarzen Schleier, und das, obwohl ihr schlechter Gesundheitszustand sie während der letzten Saison von der Öffentlichkeit ferngehalten hatte, sodass inzwischen schon Gerüchte im Umlauf waren, dass sie sicherlich bald als Queen der New Yorker Gesellschaft abdanken würde. Sie stützte sich auf den Arm von Harry Lehr, einem sehr einnehmenden Junggesellen, der die Damen bei den Gesellschaftstänzen hervorragend führte und immer mit irgendwelchen geistreichen Bemerkungen glänzen konnte.
Auch die William Schoonmakers waren gekommen. Sie bahnten sich gerade ihren Weg zur vordersten Reihe, wobei die junge Mrs Schoonmaker – bereits die zweite Dame, die diesen Namen trug – unzählige Luftküsse verteilte, ständig an ihren blonden Locken herumzupfte und ihre mit Rubinen besetzte Tiara zurechtrückte. Nach ihnen kam die Familie von Frank Cutting, deren einziger Sohn Edward »Teddy« Cutting angeblich sehr eng mit Williams Sohn, Henry Schoonmaker, befreundet war, obwohl man die beiden seit Mitte Dezember nur noch selten zusammen gesehen hatte. Auch Cornelius »Neily« Vanderbilt III. betrat den Raum, gemeinsam mit seiner Gattin Grace, einer geborenen Wilson, die seinerzeit als Debütantin den Ruf gehabt hatte, etwas »zu schnell« zu sein, und um ein Haar dafür gesorgt hätte, dass ihr Mann deswegen enterbt wurde. An diesem Abend jedoch wirkte sie in ihrem mit Spitze gesäumten Samtkleid und dem kunstvoll hochgesteckten rötlich braunen Haar so majestätisch, wie es einer Vanderbilt gebührte. Trotz der vielen noblen Gäste, die jetzt dabei waren, ihre Plätze einzunehmen, war nicht zu übersehen, dass einige dem Fest ferngeblieben waren. Die Gästeliste war mit gut hundert Personen sowieso ziemlich übersichtlich, obwohl der Ballsaal der alten Mrs Astor ohne Probleme einer Gesellschaft von vierhundert Leuten Platz geboten hätte – aber die Abwesenheit einer sehr einflussreichen Familie fiel bei alldem besonders ins Auge.
Viele fanden das mehr als merkwürdig und begannen deshalb, sich flüsternd darüber zu unterhalten, obwohl die einsetzende sanfte Streichmusik den baldigen Beginn der Zeremonie ankündigte. Draußen pfiff der Wind um das Gebäude. Die Eiszapfen an den Dachrinnen glitzerten. Die letzten Gäste wurden nun rasch zu ihren Sitzplätzen bugsiert, denn die männlichen Trauzeugen nahmen bereits zielstrebig Kurs auf ihre jeweiligen Positionen. Jeder von ihnen trug einen schwarzen Frack mit langen Schößen und nicht etwa einen Smoking, obwohl doch Tuxedo Park der Namensgeber für genau dieses Kleidungsstück war.
Teddy Cutting bezog als Letzter seine Stellung und warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass sein Freund bereit war. Als die Musik einsetzte und Henry Schoonmaker seinen Platz am Altar einnahm, nickte die Menge anerkennend. Sein dunkles Haar war mit Pomade zur Seite gekämmt worden und sein hübsches Gesicht strahlte eine neue Reife aus. Lag da etwa ein Hauch von Nervosität auf seinen sonst so verwegenen Gesichtszügen? War es Aufregung oder eher Beklommenheit? Er wandte den Kopf – und mit ihm jeder andere im Raum – und folgte mit den Augen dem langen Streifen aus Blütenblättern quer durch den Ballsaal bis zum Ende, wo gerade die hübschesten Debütantinnen New Yorks in eisblauen Chiffonkleidern auftauchten. Eine nach der anderen staksten sie gemessenen Schrittes über den dicken Teppich aus Rosenblüten, wobei sie sich alle Mühe gaben, nicht wie aufgeregte kleine Mädchen zu grinsen.
Nach den ersten Takten von Wagners »Lohengrin« erschien die anmutige Braut unter dem ersten der blumengeschmückten Bögen. Die Schönheit der jungen Frau wirkte sogar für ihre Familie und ihre Freunde derart atemberaubend, dass ein Raunen durch den Saal ging. Sie trug das spitzenbesetzte Hochzeitskleid ihrer Mutter und einen riesigen weißen Brautstrauß, der ihr geradezu aus den brav gefalteten Händen zu wachsen schien. Ihre Gefühle wurden von einem bestickten Schleier verborgen, doch sie hielt, ohne zu zögern, schnurstracks auf den Altar zu.
Genau in dem Moment, als sie ihren Platz gegenüber von Henry einnahm, schwang die Tür auf und ein junges Dienstmädchen platzte herein, um der am Eingang postierten Frau atemlos etwas ins Ohr zu flüstern. Ein kalter Luftzug strömte durch die geöffnete Tür nach drinnen, und ein Laut ertönte, als würde jemand entsetzt nach Luft schnappen. Dem Ganzen folgte ein kaum hörbares Gemurmel. Das leise Flüstern, das schon vor der Zeremonie begonnen hatte, nahm wieder zu und erzeugte ein durchdringendes Raunen im Saal, als der Reverend sich räusperte und mit der Predigt begann. Die dunklen Augen des Bräutigams wanderten durch den Saal und die Braut wirkte plötzlich angespannt.
Die Stimme des Reverends dröhnte weiter durch den Saal, doch Freude und Erwartung waren längst aus den Gesichtern der Gäste gewichen. Ein wachsendes Unbehagen überfiel die privilegierte Gesellschaft, die es sich hier im warmen Winterpalast bequem gemacht hatte, um die Hochzeit zweier ihrer liebsten Mitglieder zu feiern. Die Gäste hatten die Augenbrauen hochgezogen und die Münder geöffnet. Es war, als hätte die kalte Realität der Stadt, die sie gerade hinter sich gelassen hatten, sie nun doch wieder eingeholt. Irgendetwas war passiert – und das noch unbekannte Ereignis würde ihre Erinnerungen an diese letzten Tage des Jahres 1899 für immer verändern.
Nach dem Tod von Miss Elizabeth Holland – einer der beliebtesten jungen Damen der Gesellschaft – und angesichts des Schneesturms, durch den New York Ende November tagelang lahmgelegt worden ist, hat unsere schöne Stadt ein paar wirklich trübe Monate hinter sich. Doch die Vornehmsten dieser Metropole haben die Hoffnung auf eine schöne Wintersaison mit Opernabenden und fröhlichen Bällen nicht aufgegeben. Mehr als einmal wurde unser Augenmerk dabei auf Miss Penelope Hayes gelenkt, die während Mrs Hollands kurzem Leben eng mit ihr befreundet gewesen war und neuerdings ein ungewohnt damenhaftes Auftreten an den Tag legt. Sollte es Miss Hayes tatsächlich gelingen, in die Fußstapfen der viel zu früh von uns gegangenen Miss Holland zu treten, die mit ihrem tadellosen Benehmen und ihrem Charme stets alle anderen neben ihr überstrahlte?
– Aus der Kolumne Cité Chatter des New York Imperial, Freitag, den 15. Dezember 1899
»Entschuldigen Sie, Miss, aber sind Sie es wirklich?«
Der Tag war klar und eisig kalt. Langsam wandte sich Penelope Hayes nach links, wo sich die Menschenmenge am Rand der schmalen kopfsteingepflasterten Straße drängte, und beobachtete dabei, wie ihr warmer Atem sich als kleine Wölkchen in der Luft vor ihr abzeichnete. Sie richtete ihre meerblauen Augen auf das eifrige Gesicht eines Mädchens, das vermutlich kaum älter als vierzehn Jahre alt war. Sie musste aus einem der Mietshäuser gekommen sein, die wie strammstehende Soldaten Schulter an Schulter hinter der Masse von Leuten emporragten. Ein schwarzes Kabelgewirr war zwischen den Hausdächern gespannt und teilte den Himmel in Streifen. Das Mädchen trug einen abgetragenen Mantel, dessen schwarze Farbe längst zu langweiligem Grau verblasst war, und die Kälte hatte ihr bereits hässliche rote Flecken ins Gesicht getrieben. Penelope erwiderte ihren Blick und zauberte ein warmes Lächeln auf ihre vollen Lippen.
»Ja, warum?« Sie richtete sich auf, um ihren schlanken Körper, ihr elegantes, ovales Gesicht und ihre makellose Haut voll zur Geltung zu bringen. Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie lediglich als hübsche Tochter ihres neureichen Vaters bekannt gewesen war, doch neuerdings trug sie genau wie die sittsamsten Mädchen ihres Alters nur noch Pastelltöne und Weiß, wobei ihr natürlich vollkommen klar war, dass ihre Outfits damit allesamt in traditionellen Brautfarben gehalten waren. Heute war allerdings eine Ausnahme, denn sie hatte sich für Dunkelblau entschieden, weil sie wusste, wie dreckig die Straßen in dieser Gegend waren. Sie streckte ihre behandschuhte Hand aus und sagte: »Ich bin Miss Hayes.«
»Ich arbeite beim Pelzhändler Weingarten«, erwiderte das Mädchen schüchtern. »Ich habe Sie dort ein- oder zweimal vom Hinterzimmer aus gesehen.«
»Oh, dann muss ich dir für deine Dienste danken«, meinte Penelope großherzig. Sie versuchte, sich leicht zu verbeugen, allerdings ließ der steife Medici-Kragen ihres dunkelblauen, mit goldener Borte verzierten Wollmantels die Bewegung nicht so elegant wirken, wie sie sich das gewünscht hätte. Als sich ihre Augen wieder begegneten, fügte sie schnell hinzu: »Möchtest du einen Truthahn?«
Inzwischen bewegte sich die Prozession vor ihr weiter. Die Blaskapelle, die unablässig Weihnachtslieder schmetterte, hatte bereits den nächsten Block erreicht und sie konnte die Stimme von Mr William Schoonmaker hören, der mit einem Megafon in der Hand der Kapelle folgte. Er benutzte die Flüstertüte, um der Menschenmenge, die sich auf den Bürgersteigen drängte, lautstark ein frohes Fest zu wünschen, und erinnerte sie so subtil wie möglich daran, dass er die Parade auf die Beine gestellt und aus eigener Tasche bezahlt hatte. Schließlich war das Ganze seine Idee gewesen: Er hatte die Kapelle, das Krippenspiel und die Festtags-Truthähne finanziert und zahlreiche Damen der Gesellschaft sowie eine ganze Reihe von Debütantinnen aus seinem Bekanntenkreis dazu animiert, eine gute Tat zu tun und die Truthähne in seinem Auftrag an die Armen zu verteilen. Penelope musste ständig daran denken, dass das Geflügel hier die wahre Attraktion darstellte. Sie drehte sich zu ihrem treuen Freund Isaac Phillips Buck um und griff in den großen Leinensack, den er trug.
Trotz ihrer Schafslederhandschuhe und der Zeitung, mit der das Geflügel eingewickelt war, spürte sie, wie die kalte Haut des Tierkadavers unter ihren Fingern nachgab. Er fühlte sich schwer und unangenehm an, doch sie gab sich alle Mühe, keine Abscheu zu zeigen, als sie mit dem versprochenen Weihnachtstruthahn einen Schritt auf das Mädchen zu machte. Das Mädchen starrte abwesend auf das Paket. Ihr Lächeln schwand.
»Hier«, sagte Penelope und zwang sich, nicht zu hastig zu sprechen, denn inzwischen wollte sie den Truthahn so schnell wie möglich wieder loswerden. »Für dich und deine Familie. Zu Weihnachten. Von den Schoonmakers … und von mir.«
Der Augenblick schien sich endlos zu dehnen, dann kehrte das Lächeln des Mädchens plötzlich zurück. Vor Begeisterung blieb ihr sogar der Mund offen stehen. »Oh, Miss Hayes, vielen Dank! Von mir … und … und meiner Familie!« Sie nahm Penelope den schweren Vogel ab und drehte sich zu ihren Freunden in der Menschenmenge um. »Schaut mal her!«, rief sie freudig. »Den Truthahn hat mir Miss Penelope Hayes persönlich geschenkt!«
Angesichts des wertvollen Vogels schnappten ihre Freunde ungläubig nach Luft und warfen der jungen Frau in dem maßgeschneiderten Mantel schüchterne Blicke zu. Sie alle hatten längst das Gefühl, sie gut zu kennen, weil sie ihren Namen schon so oft in der Klatschpresse gelesen hatten. Penelope richtete sich noch ein wenig mehr auf, denn sie stand vor ihnen als Anwärterin auf den Platz im Herzen der Öffentlichkeit, den früher ihre beste Freundin Elizabeth Holland eingenommen hatte, die vor ein paar Monaten auf so tragische Weise ertrunken war.
Selbstverständlich war Elizabeth gar nicht ertrunken, sondern in Wahrheit quicklebendig – diese Tatsache war Penelope sehr wohl bekannt. Sie selbst hatte der »jungfräulichen« Miss Holland geholfen zu verschwinden, um mit einem der Dienstboten ihrer Familie, dem sie offenbar verfallen war, durchzubrennen. Penelopes eigentlicher Grund für ihre Hilfe war natürlich, dass sie nun endlich zurückfordern konnte, was ihr rechtmäßig zustand: den Verlobten, den Elizabeth zurückgelassen hatte. Ihr Aufstieg war beinahe geschafft. Sogar die Damen, die in der Gesellschaft am höchsten standen, sowie die Zeitungsredakteure flüsterten bereits, dass sie Elizabeth immer ähnlicher wurde.
Früher hätte Penelope so was kein bisschen schmeichelhaft gefunden, denn insgeheim war sie der Meinung, dass Tugendhaftigkeit völlig überbewertet wurde. Aber so langsam wurde ihr klar, dass dieser Vergleich durchaus seine Vorteile hatte.
Mit strahlenden Augen und einem breiten Lächeln auf den Lippen ertrug Penelope die Bewunderung ihres neu gewonnenen Fans noch einige Augenblicke länger, während das Mädchen sie mit plumper Offensichtlichkeit anhimmelte. Dann drehte sie sich wieder zu Buck um, der in seinem auffallenden grau karierten Anzug, dem bernsteinfarbenen Hemd und dem bodenlangen Biberfellmantel weithin sichtbar war.
»Du musst mich hier irgendwie rausholen«, flüsterte sie ihm zu. »Ich habe Henry den ganzen Tag noch nicht gesehen, mir ist kalt und wenn ich auch nur noch einen …«
Buck brachte sie mit einem wissenden Blick zum Schweigen. »Ich werde mich um alles kümmern.«
Er hatte ein rundes Gesicht mit weichen Zügen und seine perfekt geformten hellen Augenbrauen verliehen ihm einen Hauch von Gerissenheit. Weitere Damen mit breiten Hüten und aufwendig gearbeiteten Mänteln staksten an ihnen vorbei, gefolgt von der nächsten Blaskapelle. Penelope schaute die Straße entlang, in die Richtung, aus der die Stimme des älteren Schoonmaker zu ihnen herüberdröhnte. Sie wusste, dass sein Sohn Henry, der junge Mann mit den dunklen Augen und dem losen Mundwerk, irgendwo neben ihm in eine andere Straße abbog. Ihr Herz sank ein wenig. Dann wandte sie sich wieder zu Buck um, der bereits einen Plan ausgeheckt hatte.
Buck war über einen Meter achtzig groß und besaß einen imposanten Körperumfang. Wie schon so oft fungierte er nun als Schutzschild für das Mädchen, das am meisten von seiner Loyalität profitierte. Er war nicht reich geboren worden – auch wenn er behauptete, mit dem berühmten Buck-Clan verwandt zu sein, der dieser Tage in dem riesigen, aber langsam verfallenden Anwesen im Hudson Valley hauste –, dennoch war er unverzichtbar, wenn es darum ging, eine gute Party zu schmeißen. Auf diese Weise bekam er häufig teure Dinge umsonst. Penelope zog den Hutschleier über ihr Gesicht und folgte ihm, als er sich einen Weg durch die Menschenmenge bahnte. Nachdem sie das Gewühl sicher hinter sich gelassen hatten, warf Buck den lästigen, mit Truthähnen gefüllten Sack beiseite und half Penelope in einen wartenden Einspänner.
Während Buck ein paar Worte mit dem Kutscher wechselte, machte sie es sich auf den dicken schwarzen Samtpolstern bequem und seufzte erleichtert. Alles, wogegen man sich in dieser Kutsche lehnen konnte, war so weich wie Daunen, und alles, was man berühren konnte, war aus Gold. Penelope spürte, wie das Pochen in ihren Schläfen nachließ – die Welt war wieder in Ordnung. Mit einer flinken Bewegung entledigte sie sich ihrer Handschuhe und warf sie durch den geöffneten Schlag der Kutsche. Buck starrte auf die matschige Pfütze, in der sie landeten, bevor er sich auf den Sitz neben ihr schwang. Während die Räder über das unebene Pflaster holperten, lehnte er sich vor und zog eine polierte Holzkassette unter seinem Sitz hervor.
»Ziegenlederhandschuhe?«, fragte er. »Oder hättest du lieber welche aus Seide?«
Penelope betrachtete ihre schlanken weißen Finger und rieb sich dann die Hände. Die meisten anderen Mädchen, deren Väter Industrielle, Bankpräsidenten oder Vorsitzende großer Versicherungsimperien waren, wechselten drei- bis viermal pro Tag ihre Handschuhe, während sie zu Teegesellschaften, Abendeinladungen oder kleinen, privaten Konzerten gingen. Doch Penelope hielt ihre Hände für wesentlich feiner, weshalb sie in der Regel zehn- oder elfmal am Tag andere Handschuhe anzog. Dabei trug sie nie zweimal dasselbe Paar, aber dank ihrer neu entdeckten Tugendhaftigkeit war sie in letzter Zeit dazu übergegangen, die alten Dinger gelegentlich zu verschenken. »Ziegenleder. Es ist nicht gerade warm da draußen und man weiß nie, wen man auf so einer Fahrt noch alles treffen könnte.«
»In der Tat«, erwiderte Buck und reichte ihr ein handgenähtes Paar. »Vor allem, wenn ich dem Kutscher die Anweisungen gebe.«
»Danke.« Penelope streifte die Handschuhe über und fühlte sich endlich wieder ganz wie sie selbst, was jedes Mal eine Erleichterung für sie war.
»Die Leute haben dich heute geradezu angehimmelt«, meinte Buck nachdenklich.
»Wenn das Ganze nur nicht so furchtbar unerträglich wäre.« Penelope lehnte den perfekt frisierten Kopf gegen das Samtpolster. »Ich meine, wie viele arme Leute kann es in New York denn noch geben? Und haben die es nie satt, Truthahn zu essen?« Sie berührte ihre hohen, fein geschnittenen Wangenknochen mit den in Ziegenleder gehüllten Fingerspitzen. »Mir tut vom vielen Lächeln das ganze Gesicht weh.«
»Immer so tun zu müssen, als sei man die Tugend in Person, ist verdammt langweilig.« Buck hielt kurz inne. »Aber du hast schließlich noch nie ein Ziel aus den Augen verloren«, fuhr er vorsichtig fort.
»Nein«, stimmte ihm Penelope zu. »Und das habe ich auch dieses Mal nicht vor.«
In diesem Moment hielt die Kutsche an und Buck legte die Hand auf die kleine goldene Kurbel, um die Scheibe herunterzulassen. Penelope beugte sich vor, um an ihm vorbeizuspähen, und erkannte, dass sie die Parade überholt hatten und nun von einer Kreuzung aus auf den Anfang des Umzugs blicken konnten. Sie entdeckte William Schoonmaker, der mit seiner hochgewachsenen Statur und seinen breiten Schultern in seinem schwarzen Mantel eine recht gute Figur machte, und an seiner Seite die zweite, immer noch ziemlich junge Mrs Isabelle Schoonmaker, geboren unter dem Namen De Ford, die sich für diesen Anlass in einen kunstvollen Haufen aus Pelz und Spitze gehüllt hatte. Beim Anblick der Kutsche, die ihnen den Weg versperrte, hielt das Paar in der Schlucht zwischen den hohen Mietshäusern inne. Eine Sekunde später tauchte Henry an ihrer Seite auf.
Bei seinem Anblick stockte Penelope der Atem. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie Henry Schoonmaker beinah täglich gesehen. Damals waren sie sich ziemlich nah gewesen und kannten jede geheime Nische in den jeweiligen Anwesen ihrer Eltern, um Dinge auszuprobieren, die sich für eine wohlerzogene Tochter der feinen Gesellschaft garantiert nicht gehörten. Elizabeth Holland hingegen war dafür berühmt gewesen, dass sie solche Sachen eben nicht tat. Doch eines Tages hatte Henry plötzlich seine Verlobung mit Miss Holland verkündet – auf einer Abendgesellschaft in Anwesenheit von Penelope. Es war zum Kotzen gewesen – und genau das hatte Penelope damals auch getan.
Natürlich hatte sich ihre heftige Reaktion auf diese abscheuliche Neuigkeit inzwischen ein wenig mehr in Richtung Verständnis gewandelt. Buck hatte ihr dabei geholfen, das Ganze zu durchblicken und sie darauf aufmerksam gemacht, dass der alte Schoonmaker ein Geschäftsmann mit beachtlichen Ambitionen war – nämlich solchen, die auf das Bürgermeisteramt abzielten – und dass er garantiert Gefallen an der Idee gefunden hatte, eine derart makellose und beliebte Braut für seinen Sohn zu ergattern. Penelope war absolut überzeugt davon, wenn Elizabeth imstande war, diese Rolle zu erfüllen, dann war sie selbst das allemal. Also hatte Penelope angefangen, sich in genau so eine potenzielle Schwiegertochter zu verwandeln.
Seitdem war sie nur selten in Henrys Nähe gewesen, weshalb sein Anblick jetzt fast wie eine Überdosis wirkte. Seine schlanke Gestalt war ganz in Schwarz gekleidet und unter dem langen Schatten seines Zylinders konnte sie seine feinen Lippen und den markanten Kiefer erkennen. Am linken Arm trug er immer noch eine Trauerbinde. Das blöde Ding fiel Penelope sofort ins Auge, während sie versuchte, Henry mit purer Gedankenkraft dazu zu bringen, ihrem Blick zu begegnen. Sie wusste, dass er sie anschauen würde, und nach einer kleinen Weile tat er es auch. Penelope blinzelte mit so viel Bescheidenheit zu ihm hinüber, wie sie aufbringen konnte, und deutete ein Lächeln an, bevor sie den Schleier wieder über ihr Gesicht fallen ließ.
»Es war eine wunderbare Parade, Mr Schoonmaker!«, rief sie aus dem Fenster und legte die Finger auf die halb heruntergekurbelte Scheibe.
Als sie sich wieder zurück ins Samtpolster der Kutsche fallen ließ, hörte sie, wie Buck dem Kutscher den Befehl zum Weiterfahren gab. Aber sie dachte nicht daran, wohin sie unterwegs waren, sondern nur an Henry und die Tatsache, dass seine Zeit der Trauer um Elizabeth nun schon bald vorbei sein würde. Sie wusste, dass er jetzt dort hinten stand und daran dachte, was für ein Mädchen wirklich hinter ihrer neuen tugendhaften Fassade steckte, und an all das, was zwischen ihnen passiert war. Aber dieses Mal würde sie ihn nicht mehr im Verborgenen auf irgendwelchen Hintertreppen küssen. Es würde weder Heimlichkeiten noch irgendwelche Erniedrigungen geben. Dieses Mal würden sie in der Öffentlichkeit stehen – und ihr Traum würde endlich Realität werden.
In letzter Zeit sorgen sich die Mitglieder der sozialen Elite dieser Stadt um eine der ihren. Mrs Holland, deren Urteil und Geschmack einst von den bedeutendsten Personen geachtet wurde, trauert nun schon beinahe ein Jahr lang um ihren Ehemann, dennoch kommt man nicht umhin, ihre Geldknappheit zu bemerken. Einige sind der Meinung, dass das Vermögen der Hollands schon seit Jahren dahinschwindet und dass die Familie des verstorbenen Mr Edward am Gramercy Park am Rande der Armut lebt. Seit dem Tod ihrer ältesten Tochter, der entzückenden Elizabeth, die eigentlich Mr Henry Schoonmaker heiraten sollte, macht sich Mrs Holland sicherlich Gedanken über die Heiratspläne ihrer anderen Tochter Diana, die mit sechzehn noch sehr jung ist und dafür bekannt ist, sich ohne Hut in der Öffentlichkeit zu zeigen.
– Aus der Gesellschaftskolumne der New York News of the World Gazette, Freitag, den 15. Dezember 1899
Die kahlen Äste der Bäume, deren Rinde im trüben Licht des Tages blassviolett wirkte, wirbelten in schwindelerregendem Tempo um den kleinen zugefrorenen Teich im Central Park und bildeten dabei einen verschwommenen Streifen, der den grauen Himmel von der Ansammlung von Menschen trennte, die sich mit vor Kälte geröteten Wangen am Boden tummelten. Dieses Panorama drehte sich schneller und schneller, bis Diana Holland plötzlich die Spitze ihres Schlittschuhs ins Eis bohrte und mit einer gewollt dramatischen Geste zum Stehen kam. Sie presste ihre Hände auf die Brust und atmete tief ein, um ihr wild pochendes Herz zu beruhigen, und fühlte sich ein wenig schwindelig und unfassbar glücklich am Leben zu sein, während die frische Winterluft ihre Lungen füllte. Dann fiel ihr Blick auf Percival Coddington, der sie an diesem Nachmittag begleitete.
»Miss Holland«, rief er, während er auf sie zustolperte. Obwohl Diana eigentlich ein starkes Bedürfnis spürte, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Percival zu bringen, hatte sie jetzt doch ein bisschen Angst um ihn – und um jeden in seiner Reichweite –, denn er taumelte auf den Spitzen seiner Schlittschuhe vorwärts wie ein Betrunkener und ruderte dabei hilflos mit den Armen in der Luft, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Diana musste sich sehr zusammenreißen, um nicht über ihn zu lachen. Percival – das hatte sie im Laufe des Nachmittags schon bemerkt – konnte es absolut nicht ausstehen, wenn man über ihn lachte. Er hatte die ganze Zeit über ziemlich pampig und ungehalten auf all ihre Witze reagiert und es sich dabei nicht nehmen lassen, ihr ständig auf die Nase zu binden, dass ihr Benehmen seiner Meinung nach nicht zu einer jungen Dame passte, die gerne geheiratet werden wollte. In Situationen wie dieser musste sie allerdings einfach lachen, auch wenn sie ihr Bestes tat, es sich zu verkneifen. Um ihn von ihrem gequälten Gesichtsausdruck abzulenken, bot sie ihm eine helfende Hand an.
»Miss Holland«, wiederholte Percival und verkrallte sich in ihre Finger. Sie war froh, dass zwei Paar Handschuhe ihre Handflächen voneinander trennten, und betete im Stillen, dass er sie nicht mit sich reißen würde, wenn er am Ende doch noch fallen sollte.
»Mr Coddington, für mich war und ist meine Schwester Miss Holland. Ich ziehe Miss Diana vor.«
Percival, dessen Haare als fettige Schicht an seinem Kopf klebten und dessen Nasenflügel auf groteske Weise bebten, senkte respektvoll den Blick. Diana war sich bewusst, dass es nicht unbedingt fair war, so was zu sagen, denn trotz der tiefen Trauer und Melancholie, die sie während der letzten beiden Monate überzeugend zur Schau gestellt hatte, fühlte sie sich weder wie jemand, der vor Kurzem einen geliebten Menschen verloren hatte, noch war sie sonderlich schlecht drauf. Dennoch fand sie, dass es ihr gutes Recht war, den angeblichen Verlust der älteren Schwester ein wenig auszunutzen, schließlich war Elizabeth mit ihrer heimlichen Flucht aus New York daran schuld, dass sie nun ständig ihre Nachmittage in Gesellschaft von steinreichen, widerlichen Junggesellen wie diesem verbringen musste. Nachdem ihre Mutter den ersten Schock über Elizabeths Verlust überwunden hatte, hatte sie den Ehrgeiz, eine vorteilhafte Partie für ihre erstgeborene Tochter zu finden, einfach auf die zweite Tochter übertragen. Und das trotz ihrer angeschlagenen Gesundheit, die ihr fast den ganzen Herbst über zu schaffen gemacht hatte.
Mrs Holland hatte darauf bestanden, dass Diana Percivals Einladung zum Schlittschuhlaufen annahm, und noch dazu war sie wohl diejenige – da war sich Diana ziemlich sicher –, auf deren Mist die Idee für diese sportliche Aktivität gewachsen war. Percival war Diana natürlich in mehr als einer Hinsicht extrem unangenehm, aber sie wollte ihre Hand vor allem deshalb aus seinem Griff befreien, weil ihr Herz einem anderen gehörte. Aber das war eine Angelegenheit, für die eine Frau wie Mrs Holland keinerlei Verständnis aufbringen würde.
Und überhaupt: Es war ja wohl mal wieder typisch für Elizabeth, sich genau in dem Moment aus dem Staub zu machen, als sie Diana endlich mal eine interessante Geschichte zu erzählen gehabt hätte. Ihre Schwester hatte ihren eigenen Tod aus Liebe zu einem Mann namens Will Keller vorgetäuscht, der einst bei den Hollands als Kutscher gearbeitet hatte und so gut aussah, dass Diana sich mehr als einmal gefragt hatte, wie es wohl wäre, ihn zu küssen. Der fingierte Unfall war mithilfe des Hudson River und Elizabeths hinterhältiger Freundin Penelope Hayes inszeniert worden. Anschließend war die ältere Holland-Tochter wegen ihrer offenbar unerträglichen und deswegen absolut faszinierenden Liebe nach Kalifornien gegangen. Doch seit Diana von dem romantischen Schwindel ihrer Schwester wusste, hatte sie kaum mehr als ein paar Bröckchen an Informationen über deren Aufenthaltsort erhalten.
Und obwohl Diana die Suche ihrer Schwester nach der wahren Liebe unterstützte und die Neugier sie regelrecht in den Wahnsinn trieb, hatte sie das Gefühl, dass sie die unbeabsichtigten Konsequenzen ertragen musste. Schließlich war sie diejenige, die plötzlich mitten in einer regelrechten Kampagne ihrer Mutter steckte, die sie offensichtlich so schnell wie möglich unter die Haube bringen wollte, obwohl sie weder die ursprünglich dafür vorgesehene noch die geeignete Kandidatin dafür war.
Mit der gleichen trübsinnigen Miene, die sie schon seit Wochen in der Öffentlichkeit aufsetzte, bahnte sie sich mit Percival im Schlepptau ihren Weg durch die vielen glücklichen Menschen in ihren dicken Mänteln und wettete insgeheim darauf, dass der Snob an ihrer Seite seine unbeholfenen Versuche, sie in ein Gespräch zu verwickeln, schnell wieder aufgeben würde, wenn sie weiterhin so niedergeschlagen dreinblickte. Sie hielt ihr herzförmiges Gesicht mit den glänzenden dunklen Augen unbeirrt nach unten gerichtet, deshalb war sie die Einzige, die den Riss im Eis entdeckte.
»Es tut mir leid, Sie wieder an Miss Holland erinnert zu haben«, brachte Percival stockend hervor, während Diana ihn vom dünnen Eis am Ufer des Teichs wegzog. Sie spürte bereits, wie die Feuchtigkeit seiner Handfläche durch ihren Wollhandschuh sickerte. Unwillkürlich verglich sie ihn mit dem Junggesellen, den sie für sich selbst ausgeguckt hatte – und der Percival in jeder Hinsicht überlegen war –, was ihren Wunsch, ihre Hand wegzureißen, nur verstärkte. »Sie besitzen kaum Ähnlichkeit mit Ihrer Schwester, was nicht bedeuten soll, dass Sie nicht genauso viel Mitgefühl verdienen wie jeder andere auch.«
»Oh, das ist schon in Ordnung.« Diana spürte, wie sehr sie der Seitenhieb irritierte, doch sie unterdrückte das Gefühl und erinnerte sich daran, wie gering seine Chancen standen, sie je wieder irgendwohin zu begleiten. Die Tatsache, wie wenig sie ihrer Schwester ähnelte, hatte ihn natürlich nicht davon abgehalten, ständig verstohlen zu ihr herüberzuschielen und ihren Körper von oben bis unten anzuglotzen. Mit zwei kräftigen Stößen beschleunigte sie ihr Tempo, flitzte über das Eis und zog Percival Coddington dabei wie einen Mehlsack hinter sich her, während sie den Teich umrundeten. Schüchtern wandte sie ihr Gesicht in seine Richtung und bemühte sich um ein einladendes Lächeln. »Mit Sicherheit können Sie doch ein wenig schneller laufen, oder, Mr Coddington?«
Percivals Vater war ein Industrieller gewesen und seine Mutter, die dritte Tochter eines Zweigs der Livingston-Familie, eine schlichte und schwindsüchtige Frau. Jeder, der etwas genauer hinsah, erkannte, dass ihr ältester Sohn ganz nach der Mutter geraten war. Obwohl Percival das väterliche Vermögen geerbt hatte, hatte er sich weder beruflich noch gesellschaftlich in irgendeiner Weise hervorgetan, sondern war lediglich bekannt dafür, exotische Waffen fremder Kulturen zu sammeln. Wofür er hingegen kein bisschen bekannt war: Mut oder körperliche Geschicklichkeit. Während Diana vorwärtslief, nahm sie die jauchzenden Kinder und die Musik in der Ferne, die Bäume und den Himmel und sogar die Kälte kaum noch wahr. Zielstrebig folgte sie der Eisbahn und spürte, wie ihre Wadenmuskulatur langsam warm wurde, während ihre Schlittschuhe über das Eis glitten. Erneut näherten sie sich dem Riss und sie konnte das dunkle Wasser darunter sehen.
Diana schenkte Percival ein weiteres schwaches Lächeln, machte zwei schnelle Schritte vorwärts und zog ihre Hand zurück. Um ihre Absicht zu tarnen, vollführte sie mitten im Lauf eine halbe Drehung und spreizte die Arme in einer beifallheischenden Geste, um dann rückwärts weiterzulaufen. Percival kniff seine weit auseinanderstehenden Augen zusammen, um sie überrascht zu mustern, und einen Augenblick lang schien es, als hätte ihn Dianas Trick tatsächlich beeindruckt. Doch schon kurz darauf ruderte er wild mit den Armen durch die Luft, um sein Gleichgewicht zu halten, und es wurde klar, dass er keine Kurven fahren konnte. Seine Schlittschuhe ließen ihn weiter in dieselbe Richtung gleiten, und als er erkannte, wohin das führte, wurde sein Gesicht starr vor Entsetzen.
Diana wartete Percivals unweigerlichen Sturz nicht ab. Sie huschte weiter elegant rückwärts durch die Menge, wobei ihre glänzenden braunen Locken ihr kleines spitzes Kinn umspielten.
Als sie die Hilfeschreie hörte und sah, wie die Menschen zu der Stelle eilten, wo sich der Riss im Eis befand, wusste sie, dass Percival sofort gerettet werden würde. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und der feine Flaum des Wollhandschuhs kitzelte ihre Nase, während sie sich ein Kichern gestattete. Auf einmal fühlte sie sich viel leichter – sie schwebte jetzt geradezu über das Eis und war ziemlich zufrieden mit sich selbst, denn eines hatte sie diesem Percival ganz sicher gezeigt: Auch wenn sie vielleicht keine so gute Partie war wie ihre Schwester, war sie dennoch nicht so billig zu haben, wie er dachte. Ein kurzes Bad im eiskalten Wasser würde ihn daran erinnern, wie weit er davon entfernt war, jemals eine Holland-Tochter seine Ehefrau nennen zu dürfen. Diana tat es nur leid, dass Henry Schoonmaker nicht hier war, um ihre kleine Show und Percivals wohlverdiente Strafe mitzuerleben.
Es war schon über einen Monat her, seit sie mit Henry gesprochen hatte. Er trauerte ebenfalls um Elizabeth, denn auch wenn seine Verlobung mit ihr nichts mit Liebe zu tun hatte, so wusste er doch nicht, dass sie noch lebte. Für ihn war ihr Tod echt und hatte seiner sonst so lässigen Art einen gewaltigen Dämpfer verpasst. Aber Diana war diejenige, die er wirklich liebte. Zumindest war ihr das vor einem Monat noch so vorgekommen, als er ihrer Mutter und ihrer Tante Edith das letzte Mal einen dieser traurigen Besuche abgestattet hatte, bei denen keiner ein Wort sprach, sondern alle nur ihrer eigenen Trauer nachhingen und in ihren lauwarmen Tee starrten. Er musste sie einfach immer noch lieben – daran hatte Diana keinen Zweifel.
Sie erreichte das Ufer des Teichs und ging mit ein paar holprigen Schritten zu einer Holzbank. Die Menschenmenge hatte inzwischen eine dunkle Wand um die Stelle gebildet, an der sie Percivals Hand losgelassen hatte. Die Landschaft dahinter war ruhig und schneebedeckt, und nur das Dakota-Hochhaus ragte über den Wipfeln der Bäume empor. Sie beugte sich vor und öffnete mit geschickten Fingern die Schnürsenkel ihrer Schlittschuhe. Noch bevor sie sie ausgezogen hatte, kam ein Junge mit ihren Lederstiefeln in der Hand aus einer Hütte in der Nähe zu ihr herübergelaufen. Auf der Suche nach ein paar Münzen griff sie in ihre Manteltasche, doch der Junge war offensichtlich so darauf aus, das Geschehen auf dem Eis um keinen Preis zu verpassen, dass er nicht einmal auf sein Trinkgeld wartete. Sie nahm an, dass er sich genau wie alle anderen kein Unglück entgehen lassen wollte.
Kaum hatte sie ihre Stiefel angezogen, sah sie, wie sich ein Mann aus der Gruppe löste und über das Eis auf sie zuglitt. Er trug eine russische Fellmütze und einen Kamelhaarmantel, der für einen Tag auf dem Eis eigentlich zu dünn wirkte. Beim Schlittschuhlaufen hielt er die Hände auf dem Rücken verschränkt, was Diana recht übermütig erschien – die Haltung erinnerte sie ein wenig an Henry. Als sie jedoch merkte, dass die Schultern des Mannes breiter als Henrys waren und auch sein Körper irgendwie etwas untersetzter, überkam sie plötzlich eine furchtbare Traurigkeit, so als wäre sie gerade aus einem wunderschönen Traum gerissen worden.
Als der Mann nur noch wenige Meter entfernt war, hielt er an und nickte mit dem Kopf in ihre Richtung. Diana kam sein Anblick mit den breiten Wangenknochen, der scharf geschnittenen Nase und den Augenbrauen, die wie zwei dicke haarige Raupen wirkten, irgendwie bekannt vor; sein Haar war dunkel und kurz geschnitten, und seine Augen musterten sie aufmerksam. Er schob seine Mütze in den Nacken und sagte: »Ich fürchte, Ihr Begleiter ist nicht in der Lage, Sie nach Hause zu bringen.«
»Ach?«, fragte Diana unschuldig. »Ich nehme an, deswegen ist da drüben so viel los.«
»Mein Name ist Davis Barnard«, fuhr er fort, wobei er ihre gespielte Ahnungslosigkeit offensichtlich für echt hielt. Er reichte ihr die Hand. »Darf ich Sie nach Hause bringen?«
»Oh … Mr Barnard.« Während sie den Namen aussprach, fiel ihr plötzlich die Verbindung ein. »Sie schreiben die Kolumne im New York Imperial, nicht wahr?«
Ihr neuer Bekannter lächelte schwach und nickte. Nachdem er sich andere Schuhe angezogen hatte, gingen sie schweigend zu seiner wartenden Kutsche. Diana wusste, dass es sich für Mädchen wie sie nicht gehörte, das Angebot eines Mannes anzunehmen, den man kaum kannte, doch sie betrachtete sich selbst als unkonventionell und wollte sowieso schon seit Langem gerne wissen, wie ein Journalist wohl aus der Nähe aussah. Erst als sie unter einer Decke auf dem Ledersitz saß, setzte er zu einer Erklärung an.
»Wissen Sie, ich war stets ein großer Bewunderer Ihrer Schwester, der älteren Miss Holland …«, begann er, während die Pferde anzogen.
»Ja, ich erinnere mich.« Diana wusste, dass sie eigentlich lieber den Mund halten sollte, redete aber trotzdem weiter. »Sie haben so hübsche Sachen über sie geschrieben. Mutter hat das immer gefallen.«
»Es war eine Tragödie«, sagte er und zwang Diana damit, wieder die kummervolle Miene aufzusetzen, die in den letzten Monaten ihr treuer Begleiter geworden war. »Mir fällt es sehr schwer, über Ihre Familie zu schreiben, seit Ihre Schwester von uns gegangen ist.«
Diana hatte keine Ahnung, was sie mit dieser Bemerkung anfangen sollte, also schwieg sie.
»Aber ich lese natürlich immer noch alles. Zum Beispiel den Artikel in der Gazette heute, in dem darüber spekuliert wird, ob …« Er brach den Satz ab und bedachte Diana mit einem Seitenblick, als wollte er ihre Reaktion mitverfolgen.
Sie konnte nicht verhindern, dass ihr das Blut in die Wangen schoss, und versuchte gar nicht erst, ihren Ärger zu verbergen. Es stimmte, dass die Hollands, eine der ältesten und vornehmsten Familien Manhattans, finanziell sehr schlecht dastanden, und obwohl Diana sich nicht als materialistisch betrachtete, so konnte sie es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man sie bemitleidete.
»Worüber wurde denn spekuliert?«, fragte sie hitzig.
»Schon gut. Das spielt keine Rolle.« Barnard ließ das Kinn in seiner beachtlichen Handfläche ruhen und taxierte sie. »Der Punkt ist, dass Sie nicht nur von einer, sondern sogar von zwei der ältesten Familien abstammen, und selbst wenn manche Kolumnisten haltlose Behauptungen über Sie zu Papier bringen, gehören die Hollands doch immer noch zur vornehmen Gesellschaft. Daher bin ich hocherfreut, dass ich Ihre Bekanntschaft machen durfte. Und darum möchte ich, dass Sie eines wissen: Sollte Ihnen je eine interessante Geschichte zu Ohren kommen, eine Geschichte, die mich interessieren könnte, so versichere ich Ihnen, dass es sich für Sie … auszahlen … würde, wenn ich Ihnen … einen Besuch abstatten dürfte.« Er machte eine bedeutungsschwangere Pause und sah ihr dabei unablässig in die Augen. »Sie sollten wissen, dass ich sehr diskret bin.«
Während die Kutsche den Park verließ, spürte Diana, wie sich ihre Mundwinkel amüsiert nach oben bogen. Bald würden sie die Fifth Avenue entlangfahren. Barnard erwiderte ihr Lächeln und dann musste sie einfach mit einer für sie typischen Bewegung den Kopf nach hinten werfen und lauthals lachen. »Ich glaube kaum, dass ich irgendetwas weiß, was von Interesse sein könnte, Mr Barnard, dennoch ist es sehr freundlich von Ihnen, mich mitzunehmen. Ich werde darauf hoffen, dass Sie mich zum Tanz auffordern, wenn wir uns das nächste Mal auf einem Ball begegnen«, fügte sie hinzu, um ihm dadurch höflich zu verstehen zu geben, dass sie nicht die Absicht hatte, ihm irgendetwas mitzuteilen. Und das, obwohl sie derzeit so viele wildromantische Geheimnisse verbarg, dass sie sich ein wenig über sich selbst wunderte, wie sie es geschafft hatte, das alles so lange für sich zu behalten.
»In Ordnung, Miss Diana«, erwiderte er mit dem gleichen geheimnisvollen Lächeln. »Und nachdem ich Sie nun aus der Nähe betrachten durfte, kann ich mit Freude verkünden, dass Sie genauso wundervoll sind wie Ihre Schwester.«
Vor dem Haus Nummer siebzehn am südlichen Gramercy Park, das den Hollands gehörte, verabschiedeten sie sich freundlich voneinander. Mr Barnard half Diana beim Aussteigen, küsste ihre Hand und bat sie, sein Angebot nicht zu vergessen. Er bestand darauf, dass sie seine Visitenkarte annahm, und erinnerte sie vor dem Wegfahren erneut an seine Diskretion. Während sie sich umdrehte und die Steinstufen zu dem filigranen Eisentor hochstieg, musste sie insgeheim lächeln bei dem Gedanken, dass sie es vielleicht nötig haben könnte, irgendwelchen Klatsch zu verkaufen. Denn auch wenn es stimmte, dass das Vermögen ihrer Familie auf ein Almosen zusammengeschrumpft war, so gab es doch noch ein weiteres Geheimnis, das Diana mit sich herumtrug.
Elizabeth hatte Diana kurz nach ihrem Verschwinden einen Brief geschrieben und darin erwähnt, dass sie über die Gefühle ihrer Schwester für Henry im Bilde war. Sie wusste von der Nacht, die Diana gemeinsam mit Henry im Gewächshaus der Schoonmakers verbracht hatte, genau wie von den vielen kleinen Briefchen, die sie einander heimlich zugesteckt hatten, als Elizabeth noch unglücklich mit ihm verlobt gewesen war. Und Elizabeth war mit der ganzen Sache sogar einverstanden.
Deshalb war Diana klar, dass sie Henry demnächst wieder überall sehen können würde, sobald es angemessen erschien – sobald Henrys Trauerzeit um Elizabeth vorbei war. In der Oper, auf den offiziellen Bällen und bei all den kleinen New Yorker Weihnachtsempfängen. Nach kurzer Zeit würde Henry um ihre Hand anhalten, und Diana besaß bereits die Zustimmung, den Antrag anzunehmen – von der einzigen Person, die für sie wirklich zählte.
Dann wäre es endlich für immer vorbei mit diesen mitleidvollen Blicken und den ungehobelten Andeutungen, dass sie sich um so etwas wie Geld sorgen müsste. Endlich würde sie von den arrangierten Nachmittagsverabredungen mit sämtlichen Percival Coddingtons dieser Welt befreit sein, genau wie von der deprimierenden Vorstellung, dass sie mit einem von denen bis ans Ende ihrer Tage verheiratet sein müsste.
Denn es war eine ziemlich praktische Tatsache, dass Henry Schoonmaker nicht nur sehr gut aussehend und verdammt humorvoll, sondern auch ziemlich reich war, was bedeutete, dass er all diesen weltlichen Kram von ihr fernhalten konnte. Außerdem nahm sie an, dass sie an Henrys Seite ein derart abwechslungsreiches und aufregendes Leben führen würde, dass für derlei Sorgen eh keine Zeit bleiben würde.
Es gab eine Zeit, als es in diesem Staat vor Goldsuchern nur so wimmelte, doch heute, kurz vor dem Beginn des neuen Jahrhunderts, unterscheidet sich Kalifornien deutlich von dem Ort, der es noch im Jahr 1849 war. Die neuen Horden suchen nach schwarzem Gold. In den Köpfen existiert nur noch ein einziges Wort: Öl!
– Bakersfield Sun, Freitag, den 15. Dezember 1899
Die goldene Graslandschaft, die sich scheinbar endlos vor Elizabeth erstreckte, spielte ihren Augen einen Streich, sodass sie im ersten Moment dachte, sie sei beinahe am Ziel. Doch im nächsten Moment erkannte sie, dass sie noch meilenweit entfernt war. Sie hielt inne und spähte unter der Krempe ihres Hutes hervor, der ihren alabasterfarbenen Teint, für den sie früher bekannt gewesen war, nicht wirklich hatte schützen können. Die Haut ihres herzförmigen Gesichts mit den zarten Zügen und dem kleinen runden Mund war so gebräunt, wie sie es noch nie zuvor bei einer Dame gesehen hatte, während ihr aschblondes Haar unter der Sonne fast weiß geworden war. Sie schaute zurück in Richtung der kleinen Stadt San Pedro an der Eisenbahnlinie, von der sie gekommen war. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie schon gewandert war und wann sie endlich zu Hause ankommen würde. Auch wenn zu Hause wohl kaum das richtige Wort war. Während ihrer ersten achtzehn Lebensjahre war ihr Zuhause ein stattliches Haus am Gramercy Park gewesen. Dort hatten drei Generationen der Hollands gewohnt und die holzgetäfelten Räume mit Kunstobjekten sowie allem möglichen Schnickschnack gefüllt und mit den leisen Klängen höflicher Unterhaltung und dem Duft frisch aufgebrühten Tees belebt. Es war das Haus, in dem ihr Vater sein gesamtes, viel zu kurzes Leben verbracht hatte. Durch die hohen Fenster des Salons konnte man den umzäunten und hübsch bepflanzten Park sehen, in dem ausschließlich gut gekleidete Menschen ihres Rangs flanierten. Ihr Zuhause war in diesem Moment sehr weit weg.
Doch Elizabeth war zu einer Holland erzogen worden und trug selbst hier in der Weite der offenen Landschaft Kaliforniens einiges davon in sich. Sie hatte dasselbe blauweiße Kleid aus gekrepptem Leinenstoff mit enger Taille, Dreiviertelärmeln und rechteckigem Kragen an, das sie an dem Tag getragen hatte, als sie New York verlassen hatte. Das Weiß war nicht mehr ganz lupenrein, doch selbst an diesem entlegenen Ort bemühte sie sich, ihr Outfit möglichst sauber zu halten. Sie marschierte aufrecht und mit geraden Schultern voran, während sie die Hände wie ein tugendhaftes Mädchen vor dem Körper verschränkt hielt. Elizabeth war ihrem Herzen gefolgt, und so etwas konnte niemand bereuen. Dennoch musste sie jetzt an ihre Mutter, an ihre Schwester und an Tante Edith denken, die sie am Gramercy Park in Armut zurückgelassen hatte. Schließlich war Elizabeth die Auserwählte gewesen, die ihre Familie durch ihre Hochzeit mit dem wohlhabenden Henry Schoonmaker hätte retten sollen. Doch stattdessen hatte sie sich einfach so aus dem Staub gemacht.
Nein, nicht einfach so … Sie wusste, dass ihre Flucht nicht einfach werden würde – für keinen von ihnen. Ihre Schwester Diana war nicht zu gebrauchen, wenn es ums Briefeschreiben ging, deshalb hatte Elizabeth nur wenige Informationen über die Situation zu Hause – und Diana ständig zu drängen, ihr ausführlicher zu berichten, war viel zu gefährlich. Tatsächlich hatte sie sich bisher nicht getraut, mehr als zwei Briefe an ihre jüngere Schwester zu schicken: Einen, um ihr zu versichern, dass sie am Leben war, und den anderen, um ihr die Adresse der Western Union in San Pedro zu geben. In einem ihrer seltenen und kryptischen Antwortschreiben hatte Diana berichtet, dass sich der Gesundheitszustand ihrer Mutter verschlechtert hatte. Die Sache ging Elizabeth einfach nicht mehr aus dem Kopf, deshalb ging sie, sooft sie konnte, in die Stadt, doch auch heute hatte es wieder keine Neuigkeiten aus New York gegeben. In der Hoffnung, ein wenig über die Geschehnisse im Osten zu erfahren, hatte sich Elizabeth stattdessen die Zeitung von Bakersfield gekauft und anschließend den langen Rückweg angetreten.
Bevor sie in Kalifornien angekommen war, hatte sie nur von zwei Städten in diesem weit entfernten Staat gehört, denn Will hatte sowohl Los Angeles als auch San Francisco erwähnt. Sie war nach San Francisco gereist, ohne zu wissen, wie sie Will finden würde, aber mit der festen Absicht, es um jeden Preis zu versuchen. Und dann war er da gewesen – er hatte auf den Zug gewartet, als hätte er gewusst, dass sie drinsitzen würde. Später hatte er ihr erzählt, dass er in Wahrheit jeden einzelnen Tag zum Bahnhof gegangen sei, weil er nie die Hoffnung aufgegeben hatte, dass seine Lizzy eines Nachmittags aus einem der schwarzen Eisenbahnwaggons aussteigen und auf dem Bahnsteig zwischen Bergen von Gepäck auf ihn zukommen würde. Kurz darauf waren sie durch das Central Valley gefahren. Sie waren an Orten vorbeigekommen, die Merced und Modesto und San Joaquin hießen und deren traurige, kleine und mit Holzhütten gesäumten Hauptstraßen genauso staubig waren wie der Klang ihrer Namen. Bis jetzt hatten sie es noch nicht bis nach Los Angeles geschafft.
Zu Beginn hatte sie ihr Zuhause fürchterlich vermisst. Das Heimweh war fast unerträglich gewesen. In New York hatte sie sich immer um Perfektion bemüht – eine perfekte Erscheinung, ein perfektes Benehmen und einen perfekten Ruf zu haben war ihre Gewohnheit gewesen. Diese Gewohnheit hatte sie nicht so einfach abschütteln können. Doch nachdem sie nun zwei Monate im Westen war, wo es keine komplizierten Vorschriften dazu gab, was man anzuziehen oder wie man sich zu benehmen hatte, fühlte sie sich fast wie in einem Traum. Über ihr erstreckte sich die blaue Weite des Himmels – ein absolut reines Blau, das sie in New York so nie gesehen hatte – und um sie herum war nichts außer dem Rauschen des warmen Windes im ockerfarbenen Gras, durch das sie gerade lief.
Sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, nicht pausenlos vom Lärm einer Großstadt umgeben zu sein: Hier gab es keine Kutschräder, die über das Kopfsteinpflaster ratterten, keine rumpelnden Hochbahnen, die in der Ferne ihren Schienen folgten, kein Gepolter von Waschfrauen oder Küchenmädchen, die irgendwo im Haus ihrer Arbeit nachgingen. Beim Gehen hielt sie ihren breitkrempigen Strohhut mit einer Hand fest und konzentrierte sich auf zwei Dinge: das blaue Himmelszelt über ihr und die unebenen gelben Hügel, die sich wellenförmig vor ihr erstreckten, so weit das Auge reichte. Für Elizabeth klangen die Geräusche, die ihre eigenen Füße im Gras, auf dem Schotter und dem getrockneten Lehm verursachten, fast wie ein ganzes Orchester.
Plötzlich hörte sie Hufgetrappel hinter sich. Sie roch den erdigen Duft eines großen Pferdes und hörte, wie jemand ihren Spitznamen rief.
»Lizzy!«
Ihr Herz machte einen Satz, doch als sie sich umdrehte und aufsah, erkannte sie Will, ihren Will, der auf dem alten Apfelschimmel, den er in Lancaster gekauft hatte, um sie herumtrabte. Sie blinzelte gegen die Sonne und suchte seinen Blick. Er lächelte.
»Was glaubst du, wo du hingehst?« Seiner Stimme war die Belustigung nun deutlich anzuhören.
Elizabeth biss sich auf die Lippe, um nicht ebenfalls loszulachen. Die Ironie der Situation war ihr nicht entgangen. Als Dame der Gesellschaft hatte sie gelernt, jede noch so geringe Regung in ihrem sozialen Umfeld, vom angedeuteten Lächeln bis zur kurzen Sprechpause, richtig zu deuten, aber sie war immer noch nicht in der Lage, die Sprache dieser weiten Landschaft hier zu verstehen. Sie hätte merken müssen, dass Will mit dem Pferd auf sie zukam, doch das war ihr völlig entgangen. »Ich war auf dem Weg … nach Hause.«
»Und ich habe mich schon gefragt, ob du mir wegläufst«, sagte er immer noch lächelnd. »Du bist nämlich keine hundert Meter an unserer Hütte vorbeigegangen und dann entschlossen weiter in Richtung Westen marschiert.«
Elizabeth drehte sich abrupt um und schirmte dabei ihr Gesicht mit der zusammengefalteten Zeitung gegen die Sonne ab. Jetzt konnte sie die kleine Hütte am Fuße des Hügels deutlich erkennen, die Will aus Planen und Brettern gezimmert hatte. Sie lag ein ganzes Stück hinter ihnen, war von hier aus aber noch eindeutig auszumachen.
»Du hast sie versetzt!« Sie drehte sich zu ihm um und schüttelte mit gespielter Entrüstung den Kopf. »Vor zwanzig Minuten stand sie noch nicht dort! Da bin ich mir sicher.«
Sie wartete auf eine Antwort und es dauerte einige Sekunden, bis ihr aufging, dass er nichts sagen würde. Sein Gesicht war ebenfalls von der Sonne gebräunt und seine weit auseinanderstehenden blassblauen Augen blickten zu ihr herab, während seine vollen Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen waren; ansonsten zeigte sein Gesicht keinerlei Regung. Er beobachtete sie, ohne dass sie einen Schimmer hatte, was er in diesem Augenblick dachte. Vielleicht wunderte er sich insgeheim darüber, wie sehr sie sich verändert hatte. Bevor ihr Vater gestorben war, hatte Will Keller als Diener für ihn gearbeitet, und sein kräftiger Körperbau hatte ihn stets von allen Henry Schoonmakers dieser Welt unterschieden. Während sie zusammen aufwuchsen, war Elizabeth davon überrascht gewesen, wie gut aussehend Will mit der Zeit geworden war. Allein die Tatsache, wie schön seine Gesichtszüge waren, kam ihr vor wie ein süßes Geheimnis, das nur ihr allein gehörte.
»Dir macht es einfach Spaß, wenn ich hinter dir herjage, oder?«, fragte er schließlich.
»Ja.« Sie lächelte. Er lächelte. Und dann holte sie Luft und ging einen Schritt auf ihn zu. »Also, nimmst du mich mit nach Hause?«
»Nein«, antwortete Will, schwang ein Bein über den breiten Rücken des Pferdes und landete neben ihr. »Ich will dir erst noch etwas zeigen.«
Er führte das Pferd am Zügel und griff mit der anderen Hand nach ihrer, um zusammen mit ihr den Weg Richtung Norden einzuschlagen, wo eine kleine Anhöhe lag. Sie verschränkte die Finger mit seinen und ließ sich von ihm mitziehen, während sie seinen breiten Rücken bewunderte. Ihr Kopf reichte gerade bis zu seiner Schulter.
»Ich habe das hier neulich entdeckt, als ich die Gegend ausgekundschaftet habe«, fuhr er fort, obwohl Elizabeth keinerlei Erklärung brauchte. Sie war ihm durch dieses gewaltige Land gefolgt, ohne wirklich viel zu wissen über seinen Plan, hier im Westen sein Glück zu machen. Deshalb brauchte sie von ihm keinen Grund, um auf einen Hügel zu steigen und das von ihnen gepachtete Land zu betrachten. Sie blickte den sanften Hang der Anhöhe hinunter und entdeckte ein mit zarten orangefarbenen Mohnblumen bedecktes Feld, das genauso hell strahlte wie die Kronleuchter auf der Fifth Avenue. Sie drückte seine Hand noch fester und flüsterte: »Wunderschön.«
»Nicht wahr?«
»Zu Hause gab es immer viele Blumen, erinnerst du dich? Aber dieser Anblick ist unvergleichlich.«
»Das hier sind eben echte Wildblumen. Und außerdem ist dort nicht mehr unser Zuhause.«
Elizabeth wollte einfach nichts einfallen, was sie darauf hätte erwidern können, also lächelte sie ihn an, bis er ihr Gesicht in beide Hände nahm und sie küsste. Dann zog er sie zu sich heran, umschlang ihren zarten Körper mit seinen starken Armen und ließ sie vergessen, dass es je einen anderen Ort als diesen hier gegeben hatte.
In New York war ihre gegenseitige Zuneigung ein Geheimnis gewesen, ebenso wie die Zeit, die sie miteinander verbrachten: Jeder Augenblick, sämtliche gemeinsamen Stunden in der Nacht, vor dem ersten Morgengrauen, waren gestohlen gewesen – heimliche Momente der Zweisamkeit. Hier im Westen, wo sie niemand beobachtete außer der gewaltige Himmel und das alte Pferd, das zufrieden in der Nähe Gras rupfte, fühlte sich Elizabeth so sehr zu Will hingezogen, dass es ihr fast ein bisschen Angst machte. Vermutlich lag es an der Sehnsucht, die in den vergangenen Jahren gewachsen war, an dem Wunsch, verlorene Zeit wieder aufzuholen. Er hob sie hoch und trug sie zum Pferd, um eine Satteltasche zu öffnen und ein gefaltetes Stück Segeltuch aus festem Leinen herauszuholen.
»Miss Elizabeth«, sagte er und musterte sie dabei mit seinen wachsamen und aufrichtigen Augen. Er nannte sie immer noch so, obwohl sie ihn immer wieder darum bat, es endlich sein zu lassen. Es fiel ihm offensichtlich schwer, diese Gewohnheit abzulegen. Er hielt sie immer noch in seinen Armen, während sie seinen Hals umschlang und darauf wartete, dass er weiterredete. Er schüttelte das Segeltuch aus und breitete es auf dem Boden aus. Dann beugte er sich vor, um Elizabeth darauf abzulegen.
»Was wolltest du sagen?«, fragte sie, während er sich neben sie legte. Sie drehte sich auf die Seite und stützte den Kopf auf ihren Arm, sodass sie ihm ins Gesicht schauen konnte.
Will nahm ihr den Hut ab und begann, nachdenklich mit ihrem Haar zu spielen. »Nur dass ich dir eines Tages ein richtiges Haus bauen werde«, sagte er leise. »Mit einem Esszimmer und einem Empfangszimmer und genug Vasen, damit du so viele Mohnblumen pflücken und aufstellen kannst, wie du möchtest.«
»Oh, das wirst du. Davon bin ich überzeugt!« Elizabeth neigte den Kopf und lachte, bevor sie an seinem Arm zog, damit er sich über sie beugte, bis sein Körper ihr die Sicht in den Himmel versperrte. Sie legte sich auf den Rücken und spürte die weichen Blumen unter der Decke. Ihr Haar hatte sich wie ein Fächer um ihren Kopf ausgebreitet und sie lächelte über Wills Gesichtsausdruck, der plötzlich so ernst dreinblickte. Sein Haar war so lang geworden, dass er es in seinen Hemdskragen stecken musste. Die einst dunkle Farbe hatte sich durch die Sonne rötlich verfärbt. Es war offensichtlich, dass die Stadt immer der falsche Ort für ihn gewesen war, denn hier in diesem entlegenen, weiten Land hatte er zu seiner vollen Stärke gefunden. Er drückte seine Lippen zart auf ihre, und als er sich wieder aufrichtete, um sie anzusehen, konnte sie spüren, wie ihr das Blut in die Wangen schoss und sie erröten ließ.
Sie fühlte sich so wunderbar leicht und leer – beinahe überwältigt von den Ereignissen, die sie an diesen Ort geführt hatten.
Eine merkwürdig lange Stille breitete sich zwischen ihnen aus, sodass sie sich zu fragen begann, ob er nicht noch eine Überraschung für sie in petto hatte. Doch sie kannte Will nun schon lange genug, um zu wissen, was sein Schweigen bedeutete: Es gab noch etwas, das er ihr sagen wollte.
»Es war nicht nur Glück, dass wir hier gelandet sind«, sagte er mit der gleichen Ernsthaftigkeit, die sie von Beginn an so anziehend gefunden hatte. Er löste sich von ihr und setzte sich auf.
»Ach nein?«, fragte sie leichthin.
»Nein. Ich hatte schon von diesem Ort gehört. Dein Vater hat mir davon erzählt.«
Elizabeths Atem stockte ein wenig und sie spürte, wie ihre Augen feucht wurden. Die Erinnerung an ihren Vater war stets verwirrend und sehr lebendig. Er hatte die Empfindsamkeit und die besondere Anmut der Familie verkörpert wie kein anderer, allerdings hatte er nie sonderlich gut mit Geld umgehen können. Mit seinem Erbe hatte er keine glückliche Hand gehabt, auch weil er sowieso immer mehr oder weniger in seiner eigenen Welt gelebt hatte.
Sie stützte sich auf einem Ellbogen ab und versuchte, ihre Gefühle zu ordnen. »Aber wie kommt es, dass …?«
»Damals, als ich noch sein Kutscher war und ihn überall hingefahren habe, haben wir uns oft unterhalten.« Will wählte seine Worte offensichtlich ziemlich sorgfältig. Er sprach in knappen Sätzen, wie immer, wenn er lange über etwas nachgedacht hatte. »Und er hat mir von den Orten erzählt, an denen er war. Er hat von vielen Orte gesprochen, die ich vielleicht eines Tages gerne gesehen hätte, aber diese Gegend hier sollte ich seiner Meinung nach aufsuchen, wenn ich reich werden wollte. Er hat es mir ganz genau beschrieben. Er sagte, es würde …«
»Oh, Will.« Elizabeth spürte eine plötzliche Kälte an ihrem Nacken, so als hätte ein kühler Windhauch die Haut direkt unter ihrem Haaransatz berührt. »Vater hat eine Menge hübsche Dinge erzählt, aber er war ein Träumer. Das weißt du doch.«
Will starrte weiter zur Hütte hinüber und schwieg.
»Ich möchte nur nicht, dass du dir falsche Hoffnungen machst. Erst heute Morgen habe ich in der Zeitung gelesen, wie schwer es ist, Öl zu finden, und wie viele Leute aus Pennsylvania hierhergekommen sind, nur um auf die Nase zu fallen. Und die hatten sogar Erfahrung. Sie konnten einfach nicht mit den großen Firmen mithalten, denn nur die haben wirklich Erfolg.«
»Ich werde dir ein ebenso gutes Leben ermöglichen wie das, was du aufgegeben hast.« Er drehte sich um, damit er sie anschauen konnte, und legte ihr seine große Hand auf die Schulter. »Dein Vater hat mir gesagt, wie ich das zuwege bringen kann.«