Die Stadtgärtnerin, Band 1: Lieber Gurken auf dem Dach als Tomaten auf den Augen (Bestseller-Autorin von "Der magische Blumenladen") - Gina Mayer - E-Book

Die Stadtgärtnerin, Band 1: Lieber Gurken auf dem Dach als Tomaten auf den Augen (Bestseller-Autorin von "Der magische Blumenladen") E-Book

Gina Mayer

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Beschreibung

Chilis, Sonnenblumen und Karotten - für die Stadtgärtnerin Toni und ihre Freunde kann die Welt nicht bunt genug sein. Toni fühlt sich pudelwohl in ihrer neuen Wohnung, denn im selben Haus leben auch ihr bester Freund, zwei Mädchen aus ihrer Schule und ein ziemlich süßer Junge. Doch Tonis Mutter mag das Haus gar nicht und will lieber in eins mit viel Garten drumherum ziehen. Aber vielleicht ließe sich ja auf dem Dach ein grünes Paradies zaubern – mit Kirschbäumen, Bienen und selbst gezogenem Gemüse –, damit sie alle dableiben können …

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Seitenzahl: 105

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Als Ravensburger E-Book erschienen 2024 Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Verlag

© 2024 Ravensburger Verlag Text: Gina Mayer Vermittelt durch die Literaturagentur Arteaga, Berlin Cover- und Innenillustrationen: Daniela Kohl Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.

ISBN 978-3-473-51220-1

ravensburger.com

1 Wohnung gesucht

„Ich hab übrigens eine neue Wohnung für euch“, sagte Adam, während er seine Frühstücksbox öffnete. Er schnupperte misstrauisch an dem Brot, das darin lag. „Leberwurst. Ein Glück.“

„Bitte was?“, fragte Toni.

Adam und sie standen auf dem Pausenhof der Gertrude-Stein-Grundschule. Vom grauen Himmel fiel sanfter Nieselregen. Eigentlich wären sie zum Frühstücken lieber im Klassenzimmer geblieben, aber Frau Scheuermann, ihre Klassenlehrerin, war leider eine Frischluftfanatikerin und scheuchte die 4a in jeder Pause nach draußen.

„Ich hab Leberwurst auf dem Brot“, erklärte Adam. „Gestern hat Mama mir diesen abscheulichen Käse draufgemacht, der war echt …“

„Nee, ich meinte das mit der Wohnung“, sagte Toni. „War das ein Witz, oder was?“

Falls ja, war er überhaupt nicht lustig. Ihre Mutter und sie suchten nämlich händeringend nach einer neuen Wohnung im Viertel. Aus ihrer alten mussten sie bis Ende März raus, weil der Vermieter selber einziehen wollte. Und jetzt war es Mitte Februar.

Seit sie im Herbst die Kündigung bekommen hatten, hatten sie eine Unmenge an Wohnungen besichtigt, aber es war immer dasselbe. Entweder es waren scheußliche dunkle Löcher, in denen kein Mensch wohnen wollte. Oder die Miete war so teuer, dass Mama sie nicht zahlen konnte. Oder beides.

„Nein, im Ernst“, sagte Adam und biss in sein Brot. „Ärrschmpfschmdschitnchdinschalschrschm“, fuhr er mit vollem Mund fort.

„Was?“, fragte Toni.

Adam kaute hastig und schluckte. „Herr Pfeilschmitt zieht in zwei Wochen ins Altersheim. Hat er mir gestern erzählt, als ich ihm auf der Treppe begegnet bin.“

„Das ist der Mann, der unter euch wohnt“, sagte Toni. „Oder?“

„Richtig“, sagte Adam. „Die Wohnung hat genauso viele Zimmer wie unsere.“

„Wie hoch ist denn die Miete?“

„Keine Ahnung.“ Adam biss wieder in sein Pausenbrot. Kauend holte er einen zerknitterten Zettel aus der Hosentasche und gab ihn Toni.

„Das ist die Nummer von der Hausverwaltung. Am besten, ihr ruft heute noch an und fragt nach. Wär doch cool, wenn wir im selben Haus wohnen, oder?“

Toni legte den Zettel gleich in ihr Notizbuch, in das sie alle wichtigen Dinge schrieb.

Das mit der Wohnung wäre wirklich cool, dachte sie. Adam und sie waren seit dem Kindergarten beste Freunde. Sie spielten beide Fußball, allerdings nicht im selben Team. Toni hatte montags und donnerstags Training und Adam dienstags und freitags.

Adam hatte glattes hellblondes Haar und einen Wirbel über der Stirn, sodass seine Haare immer strubbelig wirkten. Auch wenn er sich gerade erst gekämmt hatte. Auf seiner Nase war eine dicke Schramme, die natürlich wieder verheilen würde, aber dann kam sofort die nächste, das wusste Toni aus Erfahrung.

Toni, die eigentlich Antonie hieß – doch das hatte sogar ihre Mama schon fast wieder vergessen –, war ein ganzes Stück kleiner als Adam. Sie hatte dunkelbraune Locken, graugrüne Augen und ein Muttermal über der Nasenwurzel.

Adams Haus lag in der Försterstraße, genau zwischen der Schule und dem Fußballverein. Und es wohnten jede Menge Kinder dort: Adam und sein kleiner Bruder Jegor, Elif Yildirim und ihre beiden Schwestern. Na ja, Elif konnte man eigentlich vergessen. Aber da waren ja auch noch Cora-Lee Knieper aus der 4b, ihr Bruder Merwin, ihre Schwester Rozella – und Silan.

Als Toni an Silan dachte, begann ihr Herz sofort, schneller zu schlagen.

Silan war ein Jahr älter als sie und ging schon in die Fünfte. Wenn Toni Adam besuchte, begegnete sie Silan manchmal im Treppenhaus. Er hatte so wunderschöne samtbraune Augen. Letztens hatten sie sogar ein paar Worte miteinander gewechselt, als sie beide vergeblich auf den Aufzug gewartet hatten, der mal wieder kaputt war. Silan wohnte ganz oben im vierten Stock. Er war ziemlich genervt gewesen, als ihm klar geworden war, dass er nun all die Stufen hochsteigen musste. Aber selbst wenn er genervt war, sah er toll aus.

Toni war sich ziemlich sicher, dass Silan nicht einmal ihren Namen kannte. Und dass er nur sehr selten an sie dachte. Vermutlich sogar nie.

„Meine Mama meint, dass die Wohnung nichts für euch ist“, sagte Adam.

„Wieso denn nicht?“, fragte Toni.

„Hat sie nicht gesagt.“ Im Schulgebäude dongte die Glocke. Die Pause war zu Ende. Adam klemmte sich die leere Frühstücksbox unter den Arm. „Wir müssen wieder rein.“

Beim Abendessen erzählte Toni ihrer Mutter von der Wohnung in der Försterstraße.

„Das Haus ist ja jetzt nicht so super.“ Lise Münster strich den Zettel mit der Telefonnummer glatt, den Toni auf den Tisch gelegt hatte. „Aber ich ruf morgen mal an.“

„Schon erledigt“, sagte Toni. Sie hatte mit der Hausverwaltung telefoniert, während Mama den indischen Linseneintopf gekocht hatte, der nun dampfend vor ihnen stand. „Wir können die Wohnung morgen Abend um fünf besichtigen.“ Sie schlug ihr Notizbuch auf, in dem sie alles aufgeschrieben hatte. „Die Miete kostet eintausendsiebzig Euro. Kalt.“

„Und wie groß ist die Wohnung?“

„Neunzig Quadratmeter. Es gibt eine große Küche und drei Zimmer. Und ein Bad natürlich.“ In den letzten Monaten war Toni zum Vollprofi bei der Wohnungssuche geworden, sie wusste genau, was man fragen musste.

„Na, das ist bezahlbar. Da kann man nichts sagen.“ Mama tauchte ihren Löffel in den Linseneintopf. „Aber die Gegend ist ja auch ziemlich übel.“

Lise Münster hatte die gleichen dunklen Locken wie Toni, ihre Haare waren allerdings von einigen grauen Strähnen durchzogen. Und genau wie Toni war sie recht klein und schlank. Lise war Rechtsanwältin und half Leuten, die sich scheiden lassen wollten. Sie verdiente echt gut, doch die meisten Mieten waren dennoch zu teuer für sie.

„Hä?“, machte Toni. „Die Gegend ist doch dieselbe wie unsere.“

„Schon, aber die Försterstraße ist jetzt nicht so der Hit“, sagte Mama. „Gibt es da einen Balkon?“

„Ja“, sagte Toni. Jedenfalls gab es bei den Orloffs einen schmalen Balkon vor dem Küchenfenster. Na ja, Balkon war vielleicht übertrieben, es war eher ein Austritt. Und darunter lag der Hinterhof, der recht trostlos wirkte. Aber zurzeit hatten sie gar keinen Balkon, also war es auf jeden Fall besser.

„Aha.“ Mama blickte gedankenverloren auf die Pflanzen, die auf dem breiten Fensterbrett standen. Einige hingen auch in selbst gebastelten Pflanzenschaukeln von der Decke.

Lise Münster liebte alles, was grünte und blühte, und diese Begeisterung hatte Toni geerbt, deren Zimmer ebenfalls voller Blumen und Pflanzen war.

Auf dem Fensterbrett wuchsen auch Tomatensetzlinge und Chilis. Die konnte man ganz gut drinnen ziehen, genau wie Kräuter, aber für die meisten anderen Gemüsesorten brauchte man einen Balkon oder, noch besser, einen Garten.

Mama und Toni hatten auch mal einen gehabt. Jahrelang hatten sie eine Parzelle auf einem Acker gemietet, die sie bearbeiten und bepflanzen durften, wie sie wollten. Ihr Ackerstück war das schönste von allen gewesen. Sie hatten Johannisbeeren und Lauch, Zwiebeln, Kartoffeln und Möhren gezüchtet und dazwischen wucherten bunte Blumen. Doch dann hatte man den Acker in Bauland umgewandelt und ihr geliebter Garten wurde zerstört. Danach hatte Mama sich in der ganzen Stadt um einen Schrebergarten beworben, aber das konnte man vergessen, die Wartezeiten waren ewig.

„Papa und Michi kommen auch mit“, sagte Toni. „Also, zur Besichtigung.“

Ihr Vater Robert und sein Mann Michi wohnten ebenfalls im Viertel. Robert und Lise hatten sich vor fünfzehn Jahren bei einem Yogakurs kennengelernt und angefreundet. Sie hatten sich beide Kinder gewünscht, aber Lise war solo und Robert schwul, also hatten sie beschlossen, sich zusammenzutun, und das Ergebnis war Toni.

Das Ganze war sehr praktisch, fand Toni. Sie hatte nämlich ein Zimmer bei Lise und eins bei Robert und Michi und konnte nach Lust und Laune hin und her wechseln. Das Weihnachtsfest und ihren Geburtstag feierten sie alle zusammen und im Sommer fuhr Toni zweimal in Urlaub – einmal mit Mama und einmal mit Robert und Michi.

„Na, das hast du ja alles schon super organisiert.“ Mama pustete auf ihren Eintopf. „Ab wann ist die Wohnung frei?“

„Ab März“, sagte Toni. „Passt doch perfekt, oder?“

„Anschauen kann man sie sich ja mal“, sagte Lise.

2 Man sieht sich!

Als Herr Pfeilschmitt ihnen die Tür öffnete,quoll ein Schwall warmer, abgestandener Luft ins Treppenhaus. Er hatte wirres schneeweißes Haar und trug einen Bademantel über seiner ausgefransten Pyjamahose, obwohl es erst sechs Uhr abends war.

„Das ist ja ein richtiger Auflauf“, sagte er fröhlich. „Wollen Sie alle hier einziehen?“

„Nur die Dame und ihre Tochter“, erklärte Herr Süverkrüpp. Der Hausverwalter trug einen schicken glänzend grauen Anzug und hatte die Haare nach hinten gekämmt. Er hatte schon vor dem Haus auf sie gewartet und war ziemlich in Eile, weil er gleich noch einen anderen Termin hatte.

„Wir sind bloß die Begleitung“, ergänzte Michi, der fast zwei Meter groß war und einen dunklen Vollbart hatte. Seine Oberarme waren über und über tätowiert, aber das sah man nicht, weil er einen Mantel trug.

Robert, der Werbetexter war, war ein Stück kleiner als sein Mann. Er hatte helle Haare und grüne Augen. Mamas Erbanlagen hatten sich bei Toni eindeutig besser durchgesetzt.

„Dann mal rein in die gute Stube“, sagte Herr Pfeilschmitt. „Möchten Sie einen Kaffee?“

„Vielen Dank, nicht nötig.“ Herr Süverkrüpp rieb die Hände aneinander und pustete hinein, während sie in die Diele traten.

Michi zog dabei unwillkürlich den Kopf ein, obwohl der Flur bestimmt drei Meter hoch war. Aber er war so unglaublich voll.

Die Garderobe brach fast zusammen vor Mänteln, Jacken und Taschen. Auf einem übervollen Schuhregal türmten sich alte Zeitungen und oben auf dem Stapel thronte ein Wäschekorb mit Büchern. Es wirkte, als wäre er mit dem Zeitungsstapel in die Höhe gewachsen. Daneben lagen drei Säcke mit Blumenerde.

„Die war neulich im Angebot.“ Herr Pfeilschmitt, der Tonis Blick gefolgt war, klopfte auf den obersten Sack. „Da konnte ich nicht widerstehen. Man weiß nie, wozu man die Dinge noch brauchen kann.“

Die Zimmer waren genauso vollgestopft. Im Wohnzimmer standen ein leeres Aquarium und ein Klavier, in dem einige Tasten fehlten. Darauf hatte Herr Pfeilschmitt mindestens fünfzig leere Konservendosen aufgereiht. Was er wohl damit vorhatte?

„Was man im Haus hat, muss man nicht kaufen“, erklärte Herr Pfeilschmitt, während er sie nun in die Küche führte. „Schnüre sind zum Beispiel immer praktisch.“ Er zeigte auf ein großes Glas auf dem Küchenregal, das bis obenhin mit Bindfäden, Bändern und Wollresten gefüllt war.

„Darf ich mal?“ Mama ging zu dem bodentiefen Fenster und machte es auf.

Frische Luft strömte in die Küche, das war echt angenehm. Auf dem schmalen Austritt standen acht Wasser- und Limokästen und ein paar leere Blumentöpfe.

„Ein Balkon ist das nicht“, sagte Lise und warf Toni einen vorwurfsvollen Blick zu, bevor sie hinaustrat.

„Größer wäre natürlich besser“, gab Herr Pfeilschmitt zu. „Man kann aber doch einiges draußen lagern, was drinnen nicht mehr reinpasst.“

Michi war inzwischen im Flur in die Knie gegangen und inspizierte den Holzboden. Er war Schreiner und baute wunderschöne Möbel, aber er konnte auch Lampen anschließen und kaputte Spülmaschinen und Fahrräder reparieren.

„Die Wände werden gestrichen“, versprach Herr Süverkrüpp. „Und die Decke auch. Das wird alles top hier.“ Dann schaute er auf seine Uhr. Er war ja in Eile.

Toni trat zu Mama auf den Minibalkon. Schade, dass Adam nicht gerade oben auf seinem eigenen stand und runterguckte. Aber er hatte um diese Zeit Fußballtraining.

Es wäre so praktisch, direkt unter ihm zu wohnen, dachte Toni. Wenn Adam mit den Hausaufgaben fertig wäre, könnte er sein Heft in einen Korb legen, den er dann zu ihr runterließ, und Toni müsste alles nur noch abschreiben.

Wahrscheinlich wäre es eher umgekehrt, sagte sie sich. Adam würde ihre Hausaufgaben zu sich hochziehen. Er vergaß nämlich ständig, sie rechtzeitig zu machen.

Dann dachte sie an Silan im Stockwerk über Adam und ob er ihr vielleicht auch Nachrichten schicken würde. Oder andere Dinge, zum Beispiel eine Schokoladentafel. Bei der Vorstellung wurde Toni so schwindlig, dass sie sie schnell wieder verdrängte. Sie brauchte jetzt einen klaren Kopf.

Robert zwängte sich nun auch noch zu ihnen auf den Balkon und starrte über das Geländer in den düsteren Hinterhof.

„Schön ist was anderes“, raunte er Lise zu.

„Ich weiß“, murmelte Mama. „Aber wir brauchen dringend etwas, sonst sitzen wir bald auf der Straße.“

„Nicht schlecht, oder?“, rief Herr Pfeilschmitt mit lauter Stimme. „Fünfzig gute Jahre hab ich in dieser Wohnung verbracht. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen einige Möbel hierlassen. Und andere Dinge auch. Man wird ja so genügsam im Alter.“

„Oh Gott“, flüsterte Robert.

„Ich müsste nun leider …“ Herr Süverkrüpp guckte schon wieder auf seine Uhr.

Lise nickte hastig. „Also, wir würden die Wohnung gerne nehmen.“

„Wunderbar.“ Herr Süverkrüpp nickte geschäftig. „Wenn Sie mir Ihre Unterlagen zukommen lassen, mache ich umgehend den Vertrag fertig.“