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Die Tochter der Wanderhure E-Book

Iny Lorentz

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Beschreibung

Mehr als zwölf Jahre sind vergangen, seit Marie ihre letzten Abenteuer bestehen musste. Glücklich und zufrieden lebt sie mit ihrem Mann auf Burg Kibitzstein – bis ihr Gönner, der Würzburger Fürstbischof, stirbt: Seinem Nachfolger sind die beiden ein Dorn im Auge. Trudi, die älteste Tochter von Marie und Michel, ist der ganze Stolz ihrer Eltern und träumt von der großen Liebe. Auf der Hochzeit von Trudis Freundin geschieht das Entsetzliche: Michel wird ermordet! Marie und Trudi verdächtigen sofort den Söldnerführer Peter von Eichenloh, mit dem Trudi heftig aneinandergeraten ist. Diesem gelingt es jedoch, sich von der Tat reinzuwaschen. Maries Lage wird nach dem Tod ihres geliebten Mannes immer schwieriger, denn niemand traut ihr zu, Kibitzstein erhalten zu können, und diejenigen, die sie bisher für Freunde hielt, erweisen sich nun als habgierige Neider. Allein König Friedrich könnte noch helfen, und so macht sich Trudi heimlich auf den Weg, um seine Unterstützung zu erbitten – ausgerechnet mit Hilfe des Mannes, den sie für den Mörder ihres Vaters hält. Die Tochter der Wanderhure von Iny Lorentz im eBook! Alle Bände der historischen Bestseller-Reihe rund um Marie Adler von Iny Lorentz in chronologischer Reihenfolge: • Die Wanderhure • Die Kastellanin • Das Vermächtnis der Wanderhure • Die List der Wanderhure • Die Wanderhure und die Nonne • Die Wanderhure und der orientalische Arzt • Die Tochter der Wanderhure • Töchter der Sünde • Die Wanderhure und der orientalische Arzt

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Iny Lorentz

Die Tochter der Wanderhure

Roman

Historische Romane

Knaur e-books

Über dieses Buch

Mehr als zwölf Jahre sind vergangen, seit Marie ihre letzten Abenteuer bestehen musste. Glücklich und zufrieden lebt sie mit ihrem Mann auf Burg Kibitzstein – bis ihr Gönner, der Würzburger Fürstbischof, stirbt: Seinem Nachfolger sind die beiden ein Dorn im Auge. Trudi, die älteste Tochter von Marie und Michel, ist der ganze Stolz ihrer Eltern und träumt von der großen Liebe. Auf der Hochzeit von Trudis Freundin geschieht das Entsetzliche: Michel wird ermordet!

Marie und Trudi verdächtigen sofort den Söldnerführer Peter von Eichenloh, mit dem Trudi heftig aneinandergeraten ist. Diesem gelingt es jedoch, sich von der Tat reinzuwaschen. Maries Lage wird nach dem Tod ihres geliebten Mannes immer schwieriger, denn niemand traut ihr zu, Kibitzstein erhalten zu können, und diejenigen, die sie bisher für Freunde hielt, erweisen sich nun als habgierige Neider. Allein König Friedrich könnte noch helfen, und so macht sich Trudi heimlich auf den Weg, um seine Unterstützung zu erbitten – ausgerechnet mit Hilfe des Mannes, den sie für den Mörder ihres Vaters hält.

Inhaltsübersicht

Erster Teil Trudi1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. KapitelZweiter Teil Schatten am Horizont1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. KapitelDritter Teil Die Hochzeit auf Fuchsheim1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. KapitelVierter Teil Aufbruch1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. KapitelFünfter Teil Die Reise1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. KapitelSechster Teil Der König1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. KapitelSiebter Teil Der Anschlag1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. KapitelAchter Teil Die Belagerung1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. KapitelAnhangGeschichtlicher ÜberblickDie PersonenGlossar
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Erster TeilTrudi

Franken, im Jahre des Herrn 1444

1.

Trudi strich sich die Haare aus dem Gesicht und betrachtete Georg von Gressingen verträumt. Noch nie war ihr ein Mann begegnet, der dem Ideal eines edlen Ritters so sehr entsprach. Er war gut eine Handbreit größer als sie und dabei schlank und geschmeidig wie eine Birke. Dunkelblondes Haar umrahmte ein schmales Gesicht, und seine blauen Augen leuchteten so schmeichelnd, dass ihr Herz wie Butter in der Sonne schmolz. Sie liebte ihn! Und sie sehnte sich ebenso wie er nach dem Kuss, um den er sie gebeten hatte.

Dennoch wollte sie es ihm nicht zu leicht machen. Flink schlüpfte sie unter seinen zugreifenden Armen hinweg und sah, wie er vom eigenen Schwung getragen stolperte. Schnell drehte sie sich, damit es so aussah, als mache er einen tiefen Kniefall vor ihr.

»Das geschieht Euch recht!« Lachend wandte sie sich ab und tauchte zwischen den Bäumen unter.

Ihre Freundin Bona hatte Hardwin von Steinsfeld eine kurze Berührung ihrer Lippen gewährt. Als sie sah, wie Trudi mit ihrem Verehrer spielte, wand sie sich ebenfalls aus Hardwins Armen und rannte hinter ihr her.

»Das war ein Streich!«, rief sie und blickte zurück. Hardwin konnte sie durch die Bäume und Sträucher hindurch nicht mehr erkennen. Aber sie sah noch, wie Georg von Gressingen sich auf die Beine kämpfte und verärgert auf die Stelle starrte, an der Trudi im Unterholz verschwunden war.

»Warum hast du denn Junker Georg nicht den Kuss gewährt, den er erbeten hat?«, fragte sie. Trudi gab ihr keine Antwort, sondern rannte noch tiefer in den Wald hinein.

Bona zögerte, denn sie sehnte sich danach, Hardwins weiche Lippen noch einmal auf den ihren zu spüren. Jemanden wie ihn hätte sie sich als Gatten gewünscht. Doch der Bräutigam, den ihr Vater ausgesucht hatte, hätte ihr Großvater sein können. Während Hardwins Stimme sanft und schmeichelnd klang, knurrte Moritz von Mertelsbach bei jedem Wort wie ein gereizter Kettenhund. Bona schauderte es bei dem Gedanken, den wenig ansehnlichen Witwer heiraten und für dessen nicht gerade kleine Schar Halbwaisen die Mutter spielen zu müssen.

Bei dieser Vorstellung beneidete sie Trudi glühend. Ihre Freundin kannte solche Probleme nicht. Zwar hatte Herr Georg noch nicht auf Kibitzstein vorgesprochen und Michel Adler um die Hand seiner Tochter gebeten, aber das würde er gewiss bald tun. Sein Rang und seine Herkunft machten ihn auch für einen Reichsritter zu einem wünschenswerten Schwiegersohn, und er würde ihre Freundin wohl noch in diesem Jahr, spätestens aber im nächsten heimführen.

Bona versuchte sich mit dem Wissen zu trösten, Georg von Gressingens Interesse an Trudi sei, wie sie von ihrem Vater gehört hatte, erst durch deren stattliche Mitgift geweckt worden. Möglicherweise war er also keineswegs so verliebt, wie er tat. Immerhin konnten Trudis Eltern ihrer Tochter neben der feudalen Herrschaft Windach auch noch eine Truhe voll blitzender Gulden mitgeben. Dafür aber musste ein Mann sich bei seiner Erwählten kräftig ins Zeug legen. Bona würde Moritz von Mertelsbach zwei Dörfer mit in die Ehe bringen, doch das hatte den Witwer nicht dazu bewogen, um ihre Zuneigung zu werben.

Verärgert, weil sie sich vom Schicksal schlecht behandelt fühlte, schloss Bona zu Trudi auf und stupste sie an. »Du könntest ruhig ein wenig entgegenkommender sein, schließlich wird Junker Georg ja bald dein Ehemann.«

Trudi schüttelte lächelnd den Kopf. »Noch ist er es nicht. Außerdem finde ich, dass er sich ruhig ein wenig mehr anstrengen sollte, um einen Kuss von mir zu bekommen.«

Bona schnaubte leise und spähte zwischen den Bäumen hindurch. Erkennen konnte sie nichts, aber sie vernahm die Stimmen ihrer Begleiter und hörte Äste unter ihren Stiefeln knacken. Die beiden begannen wohl gerade, ein Waldstück zu ihrer Rechten zu durchsuchen, und würden einige Zeit brauchen, bis sie sie entdeckten.

Während Bona sich überlegte, ob sie sich nicht bemerkbar machen sollte, rupfte Trudi ein Eichenblatt ab, zerrieb es zwischen den Fingern und sog den strengen, leicht stechenden Geruch ein. »Wir sollten zur Burg zurückkehren. Für zwei Jungfern wie uns ziemt es sich nicht, ohne unsere Mägde durch den Wald zu laufen und dann auch noch die Gesellschaft junger Herren zu suchen.« Trudi raffte ihr langes, grünes Kleid und schritt über das feuchte Moos in die Richtung, in der die Burg von Bonas Vater lag. Plötzlich hörten sie wieder Stimmen und blieben stehen. Georg von Gressingen und sein Begleiter suchten immer noch nach Bona und ihr und befanden sich nun genau vor ihnen.

»Wir müssen einen Bogen schlagen, um nach Hause zu kommen«, flüsterte Trudi ihrer Begleiterin zu.

Bona biss sich auf die Lippen und schluckte ihren Ärger hinunter. Ihre Freundin entpuppte sich als richtige Spaßverderberin. Endlich war sie einmal der strengen Aufsicht ihres Vaters entkommen und konnte tun, wonach ihr der Sinn stand, da wollte Trudi wieder in die Burg zurück. Dort aber durfte sie so aufregenden Männern wie Georg und Hardwin nur mit sittsam niedergeschlagenen Augen entgegentreten. Statt Hardwin würde sie dort Moritz von Mertelsbach grob an sich ziehen und küssen, obwohl er aus dem Mund roch. Zudem behandelte ihr Bräutigam sie wie eine Stute, die er von ihrem Vater erstanden hatte, und nicht wie jemanden, der eigene Wünsche oder Gefühle hatte.

Störrisch blieb sie stehen. »Ich habe Durst!«

Ihre Stimme klang lauter, als es Trudi recht war. »Sei leise, sonst hören uns die Herren!«

»Wäre dies ein Schaden? Sie könnten uns etwas zu trinken besorgen und uns danach heimgeleiten.« Bona wollte auf dieses Abenteuer nicht verzichten. Sie fasste Trudi unter und wies mit der Hand auf eine Lichtung, die sich vor ihnen auftat.

»Siehst du diesen schönen Platz. Hier will ich ein wenig rasten!«

Trudi sah sich unsicher um. »Hardwin und Junker Georg werden uns gleich entdecken!«

»Das wäre mir lieb. Ich sagte ja, ich habe Durst, und ich will nicht mit trockenem Mund den steilen Weg nach Hause hochsteigen. Ins Meierdorf aber mag ich nicht gehen. Was würden die Leute sagen, wenn zwei Jungfern wie wir ohne Begleitung und vor allem ohne Geld dort erscheinen würden?« Bona verdrängte dabei die Tatsache, dass dessen Bewohner ihrem Vater fronpflichtig waren und ihr jederzeit einen Becher Wein kredenzen würden.

Trudi lauschte den Geräuschen, die zu ihnen drangen. Im Augenblick schienen die beiden jungen Männer sich eher zu entfernen. Gleichzeitig vernahm sie das Plätschern eines kleinen Baches und schöpfte Hoffnung, dass Bona sich mit einem Schluck Wasser zufriedengeben würde.

Doch als sie darauf zugehen wollte, hielt ihre Freundin sie zurück. »Mir steht der Sinn nicht nach Wasser. Ich will Wein trinken!«, sagte Bona so laut, dass ihre Verfolger sie hören mussten.

Trudi funkelte sie zornig an, setzte sich aber auf die stumme Bitte ihrer Freundin auf das Moos und zupfte unschlüssig an den Blättern eines Heidelbeerstrauchs.

2.

Ich glaube, die beiden sind dort vorne!« Hardwin von Steinsfeld wollte in die Richtung gehen, aus der er Bonas Stimme vernahm.

Gressingen hielt ihn mit einem leisen Auflachen zurück. »Nicht so ungeduldig, mein Guter. Eine Jagd muss genossen werden, egal ob auf einen Hirsch, einen Eber oder auf ein Weib.«

»Du kannst eine kleine Tändelei mit zwei hübschen Mädchen doch nicht mit einer Jagd vergleichen«, protestierte Hardwin.

Die Miene des Älteren wirkte mit einem Mal herablassend. »Wieso nicht? Sag, was willst du tun, wenn wir wieder bei den beiden sind?«

»Mich erst einmal bei Bona und Trudi entschuldigen, weil wir sie vorhin so bedrängt haben. Ich fürchte, wir haben sie erschreckt!«

Georg von Gressingen schüttelte nachsichtig den Kopf. »Nein, mein Guter! Ich habe die beiden nicht so weit von der Burg fortgelockt, um jetzt höflich meinen Diener vor ihnen zu machen.«

»Fortgelockt? Aber wir sind ihnen doch nur aus Zufall begegnet«, rief Hardwin verdattert.

Gressingen lachte spöttisch auf. »Das glaubst auch nur du! Ich selbst habe ihnen den Rat gegeben, ein wenig spazieren zu gehen, während ihre Väter sich mit meinem Onkel, deiner Mutter und einigen anderen Gästen die Köpfe heißreden. Jetzt haben wir die Zeit und die Gelegenheit, die wir brauchen. Die beiden Mädchen sind wie pralle Äpfel – gerade reif zum Pflücken. Und das werden wir beide auch tun. Oder zwickt es dich nicht, Bona die Röcke hochzuschlagen und mit ihr das zu tun, was schon Adam mit Eva gemacht hat?«

Hardwin starrte sein Gegenüber erschrocken an. »Du willst Ritter Ludolfs Tochter Gewalt antun, und das hier, auf seinem eigenen Grund und Boden. Das wäre ein Schurkenstück …«

»Wenn es denn eines wäre!«, unterbrach Georg den Jüngeren lachend. »Wenn die beiden Mädchen es nicht selbst wollten, würden sie nicht hier im Wald auf uns warten, sondern wären längst zur Burg oder wenigstens auf die Straße zurückgekehrt. So aber sind sie doch darauf aus, dass wir sie finden. Keine Sorge, du wirst nicht zu kurz kommen. Ich überlasse dir Bona, denn mir steht der Sinn mehr nach Jungfer Hiltrud.«

… und nach deren Mitgift, setzte Gressingen insgeheim hinzu. Sein Besitz brachte kaum genug ein, um ihn zu ernähren, und die Schulden, die er in den letzten Jahren angehäuft hatte, drohten ihm die Luft abzuschnüren. Er brauchte dringend eine reiche Braut, doch eine solche war unter den Töchtern der fränkischen Ritter seltener zu finden als eine Perle in einer Muschel. Trudi Adler war die einzige heiratsfähige Erbin, die er kannte, und aus diesem Grund hatte er sie schon bei der ersten Begegnung umworben und versucht, sie für sich einzunehmen. Außerdem war sie hübscher als die meisten Mädchen, die für ihn als standesgemäße Bräute in Frage kamen, und das hielt er für eine angenehme Zugabe zu ihrem Geld. Heute würde er den Knoten so fest schürzen, dass ihm dieses fette Täubchen nicht mehr entfliehen konnte. Allerdings wusste er, dass er bei Trudis Mutter als Brautwerber nicht willkommen sein würde. Das hatte Marie Adler ihn bei seinen Besuchen auf Kibitzstein zwar höflich, aber doch unmissverständlich spüren lassen. Doch wenn diese er-fuhr, dass er sich mit ihrer Tochter bereits fleischlich verbunden hatte, würde sie sich nicht mehr gegen eine Heirat stemmen können.

Unterdessen hatte Hardwin einen weiteren Haken entdeckt. »Aber du bist noch nicht einmal mit Trudi verlobt, und was Bona betrifft, so soll sie diesen alten Bock Mertelsbach heiraten!«

»Bonas Heirat mit Mertelsbach sollte ein Grund mehr für dich sein, ihr wenigstens eine schöne Stunde zu bescheren.« Gressingen klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter und zog ihn dann mit sich. Insgeheim spottete er über den Einfaltspinsel, der die Rechte eines Tattergreises achten wollte. Seine eigene Familie hatte sich bereits vor vielen Jahren mit dem Herrn auf Mertelsbach überworfen. Allein aus diesem Grund wollte er dafür sorgen, dass dieser statt einer tugendsamen Jungfrau ein bereits erprobtes Frauenzimmer als zweite Gemahlin erhielt.

»Du glaubst, Bona würde mir die Schenkel öffnen, obwohl sie mit Ritter Moritz verlobt ist?« Hardwins Stimme klang gepresst, und er leckte sich unwillkürlich mit der Zunge über die Lippen.

Nun hatte Gressingen das Jüngelchen, das noch nicht einmal den Ritterschlag erhalten hatte, genau in dem Zustand, in den er es hatte bringen wollen. »Gerade weil sie mit diesem alten Bock verlobt ist, wird sie die Beine für dich spreizen. Aber Vorsicht! Ungeduld schadet nur. Jungfern sind da sehr eigen. Einerseits brennen sie darauf, dass ein Mann sie besteigt, andererseits aber fürchten sie sich davor. Am besten, du achtest auf mich. Ich gebe dir das Zeichen, wann du deinen Sturmbock zum Angriff rüsten kannst.«

Hardwin von Steinsfeld war zwanzig, also nur vier Jahre jünger als sein Begleiter, aber so unerfahren, dass es auch vier Jahrzehnte hätten sein können. Von seiner strengen Mutter am kurzen Zügel gehalten, bestand seine Erfahrung mit dem anderen Geschlecht aus dem einen Mal, bei dem eine schon ältere Magd im letzten Jahr auf dem Heustock den Rock für ihn gehoben und er sich beinahe noch im selben Augenblick in sie ergossen hatte. Der Spott, mit dem dieses Weib ihn überschüttet hatte, ließ ihm noch heute das Blut in die Wangen steigen, und er nahm sich fest vor, Bona keinen Grund zu liefern, ihn zu verhöhnen. Aber er war sich nicht sicher, ob er sich ihr wirklich nähern sollte. Sie war nicht nur die Braut eines anderen Mannes, sondern ebenso wie Trudi eine gute Freundin, die er seit seiner Kindheit kannte. Wenn er mit ihr das Gleiche tat wie damals mit der Magd, würde das ihre Freundschaft entweihen.

Georg von Gressingen ahnte seine Gewissensbisse und ärgerte sich darüber. Wenn er Trudi endgültig an sich binden wollte, musste er diesen Tag nutzen und durfte sich seine Chance nicht durch dieses zaudernde Jüngelchen verderben lassen. Daher heizte er die Leidenschaft seines Freundes mit schlüpfrigen Bemerkungen an, während sie auf die Lichtung zueilten, auf der die Mädchen auf sie warteten.

3.

Als die jungen Männer erschienen, blickte Bona fordernd zu ihnen auf. »Ihr kommt spät, meine Herren. Meine Freundin und ich vergehen vor Durst!«

Hardwin eilte sofort zur Quelle, um Wasser für Bona zu schöpfen. Sein Begleiter aber begann zu ahnen, dass er bei Trudi nicht so leicht zum Ziel kommen würde, denn sie wirkte wie ein Reh kurz vor der Flucht. Verärgert sann er über einen Weg nach, mit dem er sie gefügig machen konnte.

Als Hardwin mit zu einer Schale geformten Händen zurückkehrte, um mit dem darin enthaltenen Wasser Bonas Lippen zu netzen, hob er abwehrend die Hand. »Aber, aber, mein Guter! Du kannst den jungen Damen doch nicht einfach Wasser reichen, als wären es Mägde.«

Hardwin blieb verwundert stehen. »Aber Fräulein Bona hat doch Durst.«

»Wasser ist gut genug für Mägde, die Damen trinken Wein. Ein Stück weiter ist ein Dorf. Einer der Bauern wird dir gewiss einen Krug Wein verkaufen, oder besser gleich zwei. Und bring Becher für die Jungfern mit. Sie trinken den Wein nicht direkt aus dem Krug.«

»Das wollen wir gewiss nicht, Junker Georg.« Bona bedauerte in diesem Augenblick, dass Gressingens Aufmerksamkeit nicht ihr, sondern Trudi galt. Zwar war er kleiner als Hardwin, hatte aber ein hübscheres Gesicht und Augen, die so wunderbar schmeicheln konnten. Für ihn hätte sie gerne die Röcke gehoben. Andererseits war ihr der junge Steinsfeld von Kindheit an vertraut, und sie hatte sich schon öfter vorgestellt, wie es wäre, mit ihm verheiratet zu sein. Nun aber war sie für einen anderen bestimmt, den sie viel weniger sympathisch fand, und daher sehnte sie sich danach, mindestens einen Kuss mit ihrem Jugendfreund zu teilen – und vielleicht auch ein wenig mehr. Das war jedoch nur möglich, wenn Trudi sich nicht als Spielverderberin erwies oder sie gar zu Hause verriet. Aus diesem Grund musste sie ihre Freundin dazu bringen, sich Junker Georgs Liebkosungen hinzugeben.

Hardwin stand immer noch mit offenem Mund und starrte Bona an, die ihr Kleid leicht gerafft hatte und ihren Fuß und einen Teil der Wade sehen ließ. Schließlich versetzte Georg ihm einen Stoß. »Jetzt besorge endlich Wein!«

»Ich bin ja schon weg!« Hardwin riss sich von Bonas verführerischem Anblick los und verschwand zwischen den Bäumen.

Georg hoffte, dass sein Freund genug Wein kaufte und das Getränk unterwegs nicht zur Hälfte verschüttete. Er setzte sich zu den beiden Mädchen ins Gras und wischte sich über die Stirn. Zwar glänzte kein einziger Schweißtropfen darauf, doch er wollte den Eindruck erwecken, als sei ihm heiß.

»Hardwin sollte sich beeilen. Ich fühle mich ebenfalls ganz ermattet.«

»Wirklich?«, fragte Bona mit leichter Koketterie.

»Wir sollten zur Burg zurückgehen.« Trudi sah aus, als wolle sie noch im gleichen Augenblick aufspringen und davonlaufen.

Schnell ergriff Georg ihre Hand und hielt sie fest. »Wir sollten wenigstens warten, bis Hardwin zurückkommt. Es wäre unhöflich, ihn Wein holen zu schicken und dann zu verschwinden.«

Trudi wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Es war mindestens ebenso ungehörig, wenn sie und Bona allein mit zwei Herren im Wald blieben. Ihre Mutter würde sehr verärgert sein, wenn sie davon erfuhr. Andererseits war sie kein kleines Kind mehr, das am Gängelband geführt werden musste, sondern eine junge Dame, die sehr wohl auf sich selbst aufpassen konnte. Zudem war Junker Georg ein echter Edelmann, unter dessen Schutz sie sich geborgen fühlte. Dem würde sicher auch ihr Vater zustimmen, der schon einmal erwähnt hatte, dass er sich Gressingen gut als Schwiegersohn vorstellen könne.

Unwillkürlich erforschte Trudi ihre eigenen Gefühle für Junker Georg und spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Er hatte vorbildliche Manieren und sah wunderbar aus. Mit einem Mal sehnte sie die Stunde herbei, in der er bei ihrem Vater um sie anhielt.

Georg beobachtete Trudis Mienenspiel und lächelte. Das Mädchen war jung und naiv und würde, wenn er es geschickt anfing, noch in dieser Stunde ihre Unschuld verlieren. Allerdings durfte er nichts überstürzen, und daher bemühte er sich, Trudi und auch Bona mit gefälligen Worten zu unterhalten.

Während er die beiden Mädchen mit munteren Schnurren bei Laune zu halten versuchte, verglich er sie im Geiste miteinander. Beide zählten zu den hübschesten Jungfern dieser Gegend, glichen sich aber nur wenig. Bona besaß etwas fülligere Formen als ihre Freundin, ihr Haar war ein wenig heller, und auf ihrem Gesicht lag ein rosiger Schein. Allerdings hätte sie ihrer Haltung nach auch ein besonders hübsches Bauernmädchen sein können. Trudi Adler wirkte weitaus zurückhaltender, zeigte aber mehr Rasse und Anmut. Nicht zuletzt deshalb musste er sie so rasch wie möglich für sich gewinnen, denn bereits morgen konnte ein Brautwerber auf Kibitzstein erscheinen, der den Eltern mehr zusagte als er. Deshalb war er dem Schicksal dankbar, dass sein Onkel Albach nach Fuchsheim eingeladen worden war und ihn aufgefordert hatte, ihn zu begleiten.

Maximilian von Albach saß zurzeit mit anderen Burgherren zusammen und besprach mit ihnen die politische Lage, die sich durch das Auftreten des neuen Fürstbischofs in Würzburg stark verändert hatte. Zu den Besuchern, die Ludolf von Fuchsheim empfangen hatte, gehörten auch Trudis Vater Michel Adler auf Kibitzstein, Hardwins Mutter Hertha von Steinsfeld und der unsägliche Moritz von Mertelsbach.

Anders als Hardwin, der von seiner Mutter aus dem Raum gewiesen worden war, hätte Gressingen an der Versammlung teilnehmen sollen. Er hatte jedoch Trudi entdeckt und gefunden, dass er diesen Tag angenehmer verbringen könne als im Kreis alter, verbitterter Männer und der Dame Hertha von Steinsfeld, die mehr Haare auf den Zähnen hatte als Trudi und Bona auf ihren Köpfen.

Ihm war es gelungen, die Mädchen zu einem Spaziergang zu überreden, und war ihnen dann mit Hardwin gefolgt. Unterwegs hatten sie mit den beiden ein wenig getändelt, aber als sie Küsse von ihnen gefordert hatten, waren die Mädchen davongelaufen. Bona hatte jedoch den Eindruck gemacht, als sei sie bereit, Hardwins oder auch seine Lippen auf den ihren zu spüren, ganz im Gegensatz zu Trudi, die zwar nur um ein Jahr jünger war als ihre Freundin, aber noch sehr scheu schien, was diese Dinge betraf. Deshalb wartete Georg ungeduldig auf Hardwins Rückkehr. Nach einigen Bechern Wein würde die kleine Kibitzsteinerin sich ganz sicher zugänglicher zeigen.

4.

Hardwin musste den ganzen Weg gerannt sein, denn er tauchte bereits nach kurzer Zeit mit einem großen Henkelkorb auf, der drei Krüge gut gekühlten Weines und vier irdene Becher enthielt. Noch während er den Korb abstellte, nahm Gressingen einen Krug heraus und füllte den ersten Becher. Mit einem schmeichelnden Blick reichte er ihn Trudi.

»Auf dich, Jungfer Hiltrud, und auf deine Schönheit!«

»Und was ist mit mir? Bin ich nicht auch schön?« Bona von Fuchsheim schmeckte es nicht, von ihrer Freundin in den Schatten gestellt zu werden.

Gressingen warf Hardwin einen auffordernden Blick zu. Dieser nahm den zweiten Becher, füllte ihn und streckte ihn Bona hin. »Dieser ist für Euch. Trinkt die Labe mit dem Wissen, dass es kein anderes Mädchen hier gibt, welches Euch an Anmut und Schönheit übertrifft.«

»Da sich nur Trudi hier befindet, ist das kein besonders hohes Lob!« Bona wollte nur ein wenig kokett sein, doch nun verzog ihre Freundin das Gesicht.

Gressingen bemerkte es und fasste deren Hand. »Liebe Trudi, ich muss dem armen Hardwin widersprechen. Für mich gibt es kein Mädchen, das dich zu überstrahlen vermag.«

Das freudige Aufleuchten in ihren Augen bewies ihm, dass er die richtige Taktik gewählt hatte. Sie nahm ihm nicht einmal übel, dass er von der gebotenen Form der Anrede abgewichen war und sie nun ansprach wie eine Schwester – oder eine gewöhnliche Magd, wie er boshaft dachte.

»Auf Euer Wohl!« Trudi stieß mit Georg von Gressingen an und trank.

Dieses Getränk war jedoch nicht geeignet, den Durst zu stillen. Hardwin hatte Gressingens Worte beherzigt und schweren, süßen Wein gebracht. Von dem Säuerling, der in dieser Gegend gewöhnlich ausgeschenkt wurde, hätten die beiden Mädchen höchstens einen oder zwei Becher getrunken. Er hoffte jedoch, dass Bona nach ein paar Bechern ihre Hemmungen verlor und sich ihm so hingab, wie Junker Georg es ihm versprochen hatte. Sich selbst musste er ebenfalls Mut antrinken, auch wenn er sich das nicht eingestehen wollte.

Er setzte sich dicht neben Bona und berührte sie sanft. Entgegen seinen Befürchtungen stieß sie ihn nicht zurück, und so hielt nur Gressingens warnender Blick ihn davon ab, noch kühner zu werden. Dabei interessierte sich Junker Georg wenig für Bonas Befindlichkeit, denn die sah so aus, als würde sie sich schon bald auf den Rücken legen lassen, sondern für sein eigenes Opfer. Ging Hardwin zu stürmisch vor, würde Trudi kopfscheu werden und das Weite suchen.

Er sorgte dafür, dass sie eine Weile zusammensaßen und sich artig unterhielten. Dabei schenkte er Trudi immer wieder nach und forderte sie zum Trinken auf. Hardwin folgte seinem Beispiel, und bald war der erste Krug leer. Kurz danach schwappte auch im zweiten nur noch ein Rest. Bei Bona zeigte das Getränk bereits die gewünschte Wirkung, denn sie zog ihren Rock bis zu den Knien hoch, um Hardwin zu reizen. Trudi hingegen wurde immer stiller und kämpfte zuletzt sogar mit einem heftigen Schluckauf.

»Entweder trinkst du kaltes Wasser nach, oder du streckst einmal richtig die Zunge heraus«, riet Bona ihr.

»Kein Wasser, Wein ist besser!« Hardwin packte den letzten Krug und wollte Trudis und seinen Becher füllen, verschüttete aber die Hälfte. Rasch nahm Gressingen ihm das Gefäß aus der Hand, bevor noch mehr der kostbaren Flüssigkeit verlorengehen konnte.

»Bei Gott, du bist ja betrunken!«

»Betrunken? Ich? Ganz und gar nicht!« Hardwin nuschelte bereits, und als er aufstehen wollte, um zu beweisen, dass er sicher auf seinen Füßen stand, verlor er das Gleichgewicht und stürzte auf Bona.

Diese hielt es für Absicht und fuhr ihm kichernd mit der Hand zwischen die Beine. Durch den dünnen Stoff seiner Hose hindurch ertastete sie ein langes, hartes Ding. Hardwin stieß einen keuchenden Laut aus und kannte kein Halten mehr. Ehe Bona sich’s versah, hatte er sie auf den Rücken geworfen und zerrte ihre Röcke hoch. Ohne vorher auch nur zu kosen oder andere Stellen ihres Körpers zu erkunden, schob er sich zwischen ihre Schenkel und drang mit einem heftigen, für Bona schmerzhaften Ruck in sie ein.

Das Mädchen stieß einen fauchenden Laut aus, denn so hatte sie sich das Ganze nicht vorgestellt. Dann aber erinnerte sie sich an die Aussage einer bereits verheirateten Freundin, dass es beim ersten Mal weh tue, während es später einem Vorgeschmack auf das Paradies gleichkäme. Daher ließ sie Hardwin gewähren und verspürte, als der erste Schmerz nachgelassen hatte, sogar ein angenehmes Ziehen im Bauch.

Trudi starrte das enthemmte Paar mit großen Augen an und streckte abwehrend die Hand aus. »Was machen die denn da?«

»Das, was ihnen ihr Herz eingibt.« Jetzt vermochte auch Gressingen sich nicht mehr zurückzuhalten. Er riss Trudi an sich und küsste sie voller Leidenschaft. Zuerst ließ das Mädchen ihn gewähren und erwiderte sogar den Kuss. Doch als er versuchte, sie mit einer Hand nach hinten zu drücken und mit der anderen ihre Röcke zu heben, widersetzte sie sich.

»Nein, nicht!«

Der Anblick des Paares, das neben ihnen ungehemmt seiner Leidenschaft frönte, brachte Gressingen so sehr in Wallung, dass er Trudi am liebsten mit Gewalt genommen hätte. Doch das konnte er sich nicht erlauben. Mühsam bezwang er sich und sah ihr in die Augen.

»Ich vergehe vor Sehnsucht nach dir! Du bist das Weib, das ich mir immer erträumt habe. Wenn du mich jetzt von dir stößt, bleibt mir nur noch, mein Ende in einer Schlacht zu suchen, denn ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren.«

Trudi versuchte, ihrem Gehirn, das durch den genossenen Wein wie in Watte gepackt schien, einen vernünftigen Gedanken abzuringen.

»Ihr müsst nicht auf mich verzichten, Junker Georg. Ich werde die Eure sein, aber sprecht vorher mit meinen Eltern, damit sie uns die Hochzeit ausrichten.«

»Ich werde unverzüglich mit ihnen sprechen, das schwöre ich dir! Dennoch flehe ich dich an: Erhöre mich hier und jetzt! Ich kann ohne dich nicht mehr leben.« Gressingen betete innerlich, dass dieses spröde Mädchen endlich nachgab.

»Ich will Euch ja gehören, aber …«, begann Trudi, um sofort von Gressingen unterbrochen zu werden.

»Lass uns hier und jetzt den Bund der Liebe schließen, auf dass uns niemand mehr trennen kann!«

»Uns niemand mehr trennen kann …«, flüsterte Trudi. Genau das war es, nach dem sie sich sehnte. Sie blickte zu dem Junker auf und fühlte, wie ihr Herz schmolz. Sie liebte ihn und wollte ihm alles gewähren, um das er sie bat.

»Ihr werdet bei meinen Eltern um meine Hand anhalten?« Es klang so flehend, dass Gressingen beinahe gelacht hätte.

»Natürlich halte ich um dich an, mein Lieb! Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich danach sehne, dich als meine Braut heimzuführen. Ein größeres Glück kann es für mich nicht geben.« Er dachte dabei an die Herrschaft Windach, die ihr als Erbe zustehen sollte, und griff insgeheim bereits in eine mit funkelnden Gulden gefüllte Truhe.

»Wenn du willst, werde ich noch heute mit deinem Vater sprechen!«, setzte er feurig hinzu.

Das war ganz nach Trudis Sinn, denn zu Hause auf Kibitzstein wartete die Mutter, und diese lehnte den Junker aus ihr unverständlichen Gründen ab. Sie richtete sich noch einmal auf und fasste nach Gressingens Hand.

»Schwört mir, dass Ihr noch an diesem Tag meinen Vater um meine Hand bittet!«

Gressingen kniete theatralisch vor Trudi nieder und hob die Rechte. »Das schwöre ich von ganzem Herzen!«

Nun gab Trudi nach. Ein Teil von ihr, den der Wein fast gelähmt hatte, flüsterte ihr noch zu, dass es nicht richtig war, was sie und der Junker taten, doch ihre Sehnsucht nach ihm überwog alle Bedenken. Noch an diesem Tag würden sie eins werden vor Gott – und kurz danach auch vor der Welt. Daher ließ sie es zu, dass Gressingen sie auf das Gras bettete, ihre Röcke hochschlug und zwischen ihre Schenkel glitt. Durch den Wein reagierte ihr Körper jedoch so träge, dass sie kaum etwas empfand. Auch als er in sie eindrang, nahm sie den Schmerz nur wie durch Watte wahr, und während Gressingen von seiner Leidenschaft überwältigt wurde, wurde sie selbst immer müder und dämmerte schließlich weg.

5.

Ein Stück oberhalb des Waldes lag Burg Fuchsheim. Seit dieser Besitz als Erbe an Bonas Vater Ludolf übergegangen war, hatte er sich hier so frei fühlen können wie jeder andere Reichsritter in diesem Landstrich. Seit einiger Zeit jedoch herrschte Unruhe in der Gegend, denn der neue Fürstbischof von Würzburg versuchte, seinen Einflussbereich immer mehr zu vergrößern, und nahm dabei wenig Rücksicht auf überlieferte Rechte. Selbst jene Burgherren, die sich auf ihren Stand als reichsfreie Ritter berufen konnten, spürten den Atem des Würzburgers im Nacken.

Aus diesem Grund hatte Ritter Ludolf etliche Freunde zu sich eingeladen und dazu jene Burgherren, die er für Verbündete hielt. Zu seinem Leidwesen war aber nicht einmal die Hälfte der erwarteten Gäste erschienen, doch er hoffte, dass zumindest die Anwesenden im Streit mit dem Würzburger Bischof zusammenstehen würden.

Bereits während des Mahles waren etliche harte Worte gefallen, aber vorerst interessierten sich die Besucher mehr für die Berichte über den letzten Reichstag in Nürnberg, an dem Reichsritter Michel Adler auf Kibitzstein und Moritz von Mertelsbach teilgenommen hatten. Sie wollten so viel wie möglich über Herrn Friedrich von Österreich erfahren, der als Nachfolger seines Vetters Albrecht zum deutschen König gewählt worden war. Michel Adler hatte sowohl König Albrecht wie auch dessen Schwiegervater und Vorgänger, Kaiser Sigismund, gut gekannt und war mehrfach für beide in den Krieg gezogen. Das erste Mal noch als einfacher Burghauptmann am Rhein gegen die Hussiten, und später sogar bis nach Ungarn, um dort für Sigismund gegen die Türken zu kämpfen. Beim Zug nach Böhmen hatte er dem Kaiser das Leben gerettet und war dafür zum Reichsritter und Herrn auf Kibitzstein ernannt worden. In Ungarn hatte Herr Sigismund ihm weitere Ehren und Reichtümer versprochen. Allerdings war der Kaiser vor der Einlösung dieser Versprechen gestorben, und sein Nachfolger Albrecht hatte sich nicht an die Zusagen gebunden gefühlt.

Daher hatte Michel aus diesem Krieg nicht mehr mit nach Hause gebracht als eine türkische Pfeilspitze, die noch immer in seinem Oberschenkel steckte und ihn arg schmerzte, wenn das Wetter umschlug. An diesem Tag aber schien die Sonne strahlend vom Himmel, und es sah nicht so aus, als würden in den nächsten Tagen dicke Wolken aufziehen.

Auch wenn der Anlass für die Zusammenkunft alles andere als angenehm war, so freute Michel sich doch, mit an diesem Tisch zu sitzen und sich mit seinen Nachbarn und Freunden unterhalten zu können. Nur Marie fehlte ihm zu seiner Zufriedenheit, denn die hatte sich das Knie verletzt und zu Hause bleiben müssen. Statt ihrer hatte er seine älteste Tochter mitgenommen. Doch Trudi interessierte sich nur wenig für die Belange der Reichsritter und zog die Gesellschaft der Tochter des Burgherrn vor. Bei diesem Gedanken fiel Michel auf, dass er Trudi seit längerer Zeit nicht mehr gesehen hatte.

Er beugte sich vor und stupste seinen Gastgeber an. »Verzeiht, Ritter Ludolf, aber ich vermisse meine Tochter.«

Der Fuchsheimer war gerade in ein interessantes Gespräch mit Abt Pankratius von Schöbach vertieft und fühlte sich gestört. »Soviel ich weiß, haben meine Bona und Jungfer Hiltrud zusammen die Burg verlassen, um einen Becher Wein unten im Dorf zu trinken. Ihr kennt die Mädchen doch. Zu Hause haben sie zwar alles besser, aber trotzdem sehnen sie sich nach Dingen, die es anderswo gibt.«

Ludolf von Fuchsheim glaubte damit alles gesagt zu haben, doch Michel empfand eine innere Unruhe, die ihm das Sitzen und Zuhören schwermachte. Obwohl er sich sagte, dass es unsinnig sei, machte er sich Sorgen um Trudi. Marie würde nun sagen, er hinge mit einer wahren Affenliebe an dem Mädchen und würde darüber ihre anderen Kinder vernachlässigen. Doch das tat er ganz gewiss nicht. In seinen Augen war Marie zu streng mit ihrer Ältesten. Sie bürdete dem Mädchen immer mehr Pflichten auf, ohne zu bedenken, dass Trudi noch ein halbes Kind war und mit ihren Geschwistern herumtollen wollte.

Mit einem Seufzen richtete Michel seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch, das der Fuchsheimer nun in Gang gebracht hatte.

»… sage ich Euch, wenn wir dem nicht von vorneherein einen Riegel vorschieben, wird uns der neue Bischof einige harte Brocken zu kauen geben«, erklärte ihr Gastgeber gerade.

»Auch der wird die Suppe nicht so heiß essen, wie er sie jetzt noch kocht«, wandte Moritz von Mertelsbach ein.

Mit dieser Bemerkung war Abt Pankratius ganz und gar nicht einverstanden. »Gottfried Schenk zu Limpurg ist ehrgeiziger als zehn andere Fürsten zusammen. Von seinen Vertrauten lässt er sich bereits als Herzog der Franken ansprechen, weil ihm dieser Titel angeblich zustehen würde.«

Der Abt des Klosters Schöbach zählte ebenfalls zu den geistlichen Würdenträgern des Reiches, hasste den Würzburger jedoch, seit dieser das Kloster Schwarzach bei einigen Forderungen unterstützte, die seinem eigenen Kloster schaden mussten. Daher wetterte er mehr als alle anderen Anwesenden über den Bischof.

Michel versuchte, ihn zu bremsen. Auch wenn keine direkten Parteigänger des Würzburgers an diesem Tisch saßen, so war anzunehmen, dass alles, was hier gesprochen wurde, Herrn Gottfried fast wortwörtlich überbracht werden würde. Maximilian von Albach war ein Lehnsmann des Würzburger Hochstifts und musste dem Fürstbischof Rede und Antwort stehen, und da der Albacher mit Moritz von Mertelsbach verfeindet war, würde er wohl keine Rücksicht auf Ritter Ludolfs Gäste nehmen. Michel ärgerte sich, dass der Fuchsheimer beide zu diesem Treffen eingeladen hatte. In seinem Bestreben, möglichst viele Verbündete zu finden, hatte der Gastgeber keinen Gedanken an den Zwist zwischen Albach und Mertelsbach verschwendet.

Zum Glück sah Abt Pankratius bald ein, dass er mit Klagen nichts gewinnen konnte, und richtete sein Augenmerk wieder auf den Gastgeber. »Sprecht ruhig vor allen aus, was Euch bewegt, Ritter Ludolf. Über kurz oder lang wird es alle am Tisch betreffen.«

Der Fuchsheimer stärkte sich mit einem Schluck aus seinem Becher und stellte das Gefäß mit einem harten Klang auf den Tisch. »Der Würzburger Bischof maßt sich Rechte an, die ihm nicht zustehen. Mein Großvater hat diese Burg und das dazugehörige Land für fünfhundert Gulden von dem damaligen Fürstbischof Manegold von Neuenburg ohne jede Verpflichtung gekauft. Die gesiegelte Urkunde befindet sich in meinem Besitz. Doch unser Möchtegernherzog hat die Frechheit besessen, mich aufzufordern, in Würzburg zu erscheinen und den Lehnseid für meinen Besitz zu leisten. Ich frage Euch, was ist ein Vertrag mit einem Würzburger Fürstbischof wert, wenn einer seiner Nachfolger diesen für null und nichtig erklären kann?«

Michels Miene nahm einen nachdenklichen Zug an. Das Kloster Schöbach und sein Nachbar Ludolf von Fuchsheim waren die Ersten, die mit den Forderungen des Bischofs konfrontiert worden waren. Hatte Gottfried Schenk zu Limpurg damit Erfolg, würde dies seinen Appetit anregen und ihn zu weiteren Forderungen veranlassen.

»An Eurer Stelle würde ich auf diesen Verträgen beharren und vor Gericht ziehen.«

Der Fuchsheimer wandte sich mit einem Ausdruck an Michel, als sähe er einen unverständigen Knaben vor sich. »Ein guter Vorschlag, fürwahr – wenn das Gericht nicht in Würzburg wäre und unter der Kontrolle des Fürstbischofs stehen würde.«

»Wenn in unserem Franken Recht und Gesetz nichts mehr gelten, dann wendet Euch an den Kaiser!« Michel stammte zwar aus Konstanz am Bodensee, war aber in den anderthalb Jahrzehnten, die er in Franken weilte, so heimisch geworden, als sei er hier aufgewachsen.

Anders als der Fuchsheimer nickte Abt Pankratius heftig. »Diesen Rat werden wir befolgen müssen, auch wenn Herr Friedrich nicht unbedingt als Freund rascher Entscheidungen gilt.«

»Solange der König nicht entschieden hat, schwebt das Verfahren, und der Fürstbischof vermag nichts zu unternehmen, wenn er sich nicht Herrn Friedrichs Unmut zuziehen will!« Wie die meisten am Tisch konnte Michel sich nicht vorstellen, dass Gottfried Schenk zu Limpurg einem kaiserlichen Schiedsspruch zuvorkommen und vollendete Tatsachen schaffen würde.

»Schade, dass König Albrecht nicht mehr herrscht, oder noch besser Kaiser Sigismund. Ihr seid mit beiden gut bekannt gewesen, Adler, und hättet viel für uns erreichen können.« Der Abt sorgte sich, weil die Verhältnisse im Reich sich vor einigen Jahren zuungunsten der kleinen Herrschaften geändert hatten, und er zeigte den übrigen Herren und auch Frau von Steinsfeld seine Verärgerung darüber, dass sie ihm und Ritter Ludolf so wenig Unterstützung zusagten.

Ludolf von Fuchsheim gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf, während er sich von einem Diener frischen Wein einschenken ließ und den Becher bis zur Neige leerte. Als er das Gefäß wieder auf den Tisch knallte, zuckten die Anwesenden zusammen.

»Bei unserem Herrn Jesus Christus, unserem Erlöser! Ich hatte gehofft, wir würden einen Trutzbund gegen den Würzburger schließen. Doch Ihr tut so, als gingen Euch seine Übergriffe auf mich und den hochwürdigen Abt nichts an. Ich sage Euch aber, dass der Fürstbischof seine Augen über kurz oder lang auf jeden von Euch richten wird. Wenn Eure Rechte dann beschnitten werden, dürft Ihr Eure eigene Untätigkeit anklagen!«

»Es ist schade, dass nicht mehr von unseren Nachbarn erschienen sind«, sagte Michel. »Vor allem bedauere ich, dass sich Ritter Hans von Dettelbach nicht eingefunden hat. Er wäre ein Mann, um den wir uns alle scharen könnten.«

Moritz von Mertelsbach lachte kurz auf. »Ich hätte nichts dagegen, Herrn Hans an unserer Seite zu sehen, doch als Anführer würde er mir nicht gefallen. Da stelle ich mir schon einen tatkräftigeren Mann vor!« Sein selbstgefälliger Gesichtsausdruck machte keinen Hehl daraus, dass er sich selbst meinte.

Auch der Fuchsheimer schien sich selbst für den besten Anwärter auf diesen Posten zu halten, während die Blicke, die Abt Pankratius und die Herrin auf Steinsfeld Michel Adler zuwarfen, verrieten, wen sie für den Fähigsten im weiten Rund hielten. Der Kibitzsteiner hatte seinen Mut und seine Fähigkeiten im Kampf schon bewiesen, galt aber trotzdem nicht als einfacher Schlagetot, sondern als jemand, der mit Überlegung an eine Sache heranging und erst die Waffe zog, wenn keine andere Lösung möglich war.

Doch wie es aussah, waren die Ritter und Burgherren dieser Gegend schwerer unter einen Hut zu bringen als ein Sack Flöhe. Aus diesem Grund beschloss Abt Pankratius, auf dem Heimweg einen Abstecher nach Kibitzstein zu machen, um sich mit Michel Adler unter vier Augen zu beraten.

Das Gespräch zerfaserte in Rede und Gegenrede, ohne dass irgendeine Einigung erzielt werden konnte. Daher zog Michel Adler sich immer mehr in sich selbst zurück und hing seinen Gedanken nach. Die Vorgehensweise des neuen Fürstbischofs von Würzburg bereitete auch ihm Sorge, weniger wegen des ihm von Kaiser Sigismund verliehenen Reichslehens Kibitzstein als vielmehr wegen einiger anderer Besitztümer, die er und seine Frau Marie in den letzten Jahren von dem früheren Würzburger Bischof Johann von Brunn käuflich erworben oder als Pfand erhalten hatten. Wahrscheinlich würden sie nicht umhinkommen, dem neuen Bischof für diese Ländereien den Treueid zu leisten.

Michel schüttelte den Kopf, um den unangenehmen Gedanken zu vertreiben, und trank dann einen Schluck aus seinem Becher. Doch der Wein, den der Fuchsheimer hatte auftischen lassen, schmeckte auf einmal schal. Michel stellte das fast noch volle Gefäß zurück und sah sich um, ob etwas von seiner Tochter zu hören oder zu sehen war. Da sie, um zu ihrer oder Bonas Kammer zu kommen, die Treppe hochsteigen musste, die durch den Rittersaal führte, hätte er sie sehen müssen, wenn sie zurückgekommen wäre. Er machte sich nun ernsthaft Sorgen.

6.

Während der Paarung mit Bona war Hardwin von einer rauschhaften Leidenschaft erfüllt gewesen, die keinen Platz mehr für einen klaren Gedanken gelassen hatte. Nachdem er in einer fast schmerzhaften Weise zur Erfüllung gekommen war, blieb er noch eine Weile auf dem Mädchen liegen und sah Georg von Gressingen zu, der Trudi begattete und dabei eine erstaunliche Ausdauer bewies. Hardwin empfand Neid auf seinen Begleiter, umso mehr, als Bona zwar durch den Wein schläfrig wurde, ihn aber dennoch aufforderte weiterzumachen. Dazu war Hardwin jedoch nicht mehr in der Lage. Die Erregung, unter der er gestanden hatte, verwandelte sich mit einem Mal in Angst.

Er musste an seine Mutter denken, die ihm oft genug gepredigt hatte, er habe sich von Mägden und losen Frauen fernzuhalten und sich mit dem Eheweib zu begnügen, welches sie für ihn aussuchen würde. Noch während er sich vorstellte, was er von ihr zu hören bekäme, wenn sie von dieser Sache erfuhr, dachte er mit noch größerem Schrecken daran, dass Bona mit Moritz von Mertelsbach verlobt war. Fände der alte Ritter heraus, was hier geschehen war, würde er ihm und seiner Mutter die Fehde erklären oder einen anderen Weg finden, sich an ihm zu rächen.

Während Hardwin sich zwischen zwei Mühlsteinen sah, die ihn unweigerlich zerquetschen mussten, kam Georg von Gressingen mit einem letzten, wilden Keuchen zu seinem Höhepunkt und ließ dann mit zufriedener Miene von Trudi ab. Während er sich die Hose richtete, zwinkerte er seinem Begleiter zu.

»Ein Mädchen wie Bona zu besteigen, ist doch etwas anderes als die Sache mit der Magd, von der du mir erzählt hast.«

Hardwin schoss hoch und starrte seinen Freund mit weit aufgerissenen Augen an. »Mein Gott, was haben wir getan? Bona ist die Tochter unseres Gastgebers und Ritter Moritz’ Braut. Die beiden werden Steinsfeld die Fehde erklären.«

Es dauerte einen Augenblick, bis Georg von Gressingen begriff, dass sein Begleiter sich vor Angst beinahe in die Hosen machte. Dann aber packte er ihn und schüttelte ihn wütend durch. »Jetzt nimm Vernunft an, du Narr! Das, was hier geschehen ist, kannst du nicht mehr ungeschehen machen. Aber halte um Gottes willen den Mund und sprich kein Wort darüber. Das Mädchen wird es schon aus Angst um ihren eigenen Ruf nicht tun.«

»Ich wollte es gar nicht. Du hast mich dazu überredet! Ich habe extra noch Wein holen müssen, damit du Bona und Trudi betrunken machen konntest. Wenn du nicht …«

Georg versetzte dem Jüngeren eine schallende Ohrfeige. »Habe ich Jungfer Bonas Häutchen gesprengt oder du? Du bist wie ein wilder Bulle über sie hergefallen und hättest ihr sogar Gewalt angetan, wenn sie nicht freiwillig stillgehalten hätte!«

Hardwin schob die Unterlippe vor und kämpfte mit den Tränen. »Ich hätte überhaupt nichts getan, wenn du mich nicht dazu aufgestachelt hättest. Nur wegen dir habe ich Jungfer Bona behandelt, als wäre sie eine wohlfeile Magd. Ich …«

Gressingen zweifelte schon am Verstand seines Begleiters, aber dann wurde ihm klar, dass Hardwin zwar wie ein Mann aussah, im Grunde seines Herzens aber ein Kind geblieben war. Bei einer Mutter wie Hertha von Steinsfeld hatte der Junge keinen eigenen Willen entwickeln können. Er stand nicht zu seiner Tat, wie es sich für einen Mann gehörte, sondern suchte die Schuld bei anderen. Dabei war der Steinsfelder bereits zu Beginn des Spaziergangs so spitz gewesen wie der Schoßhund der mittlerweile verstorbenen Äbtissin von Hilgertshausen, der versucht hatte, mit den Beinen jedes Besuchers zu kopulieren.

Wütend packte er Hardwin, schleifte ihn ein Stück in den Wald hinein und stieß ihn mit dem Rücken gegen einen Baumstamm, ohne dass der auch nur den Versuch machte, sich zu wehren.

»Höre mir gut zu! Wenn du diese Sache aufbringst, wirst du es bereuen. Dann hast du nicht nur den Fuchsheimer und den Mertelsbacher zum Feind, sondern auch mich. Denke immer daran, ich habe mit Trudi Adler eine Zeugin, die gesehen hat, wie du Jungfer Bona bedrängt hast, und diese wird um ihrer eigenen Ehre willen schwören, dass sie nur der Gewalt nachgegeben hat.«

»Aber dann bist auch du dran! Du hast nämlich Michel Adlers Tochter betrunken gemacht, damit sie sich gegen deine Zudringlichkeiten nicht wehren konnte!« Nun blitzte etwas von dem Temperament seiner Mutter in Hardwin auf.

Gressingen zeigte sich unbeeindruckt und stieß ihn erneut gegen den Baum. »Meine Tat ist in dem Augenblick vergessen, in dem ich mit Jungfer Hiltrud vor den Altar trete. Du aber hast einen zornigen Vater und einen betrogenen Bräutigam am Hals, ganz abgesehen von deinem Drachen zu Hause.«

»Jetzt beleidigst du auch noch meine Mutter!« Hardwin stand kurz davor, sich mit dem Mann, den er zu Beginn des Spaziergangs noch seinen besten Freund genannt hatte, bis aufs Blut zu schlagen. Als er noch ein Kind war, hatte seine Mutter ihm beigebracht, dass er ihr Schutz und Schirm sei und für sie eintreten müsse. In seinem Inneren focht der Zwang, die Ehre seiner Mutter mit blanker Waffe zu verteidigen, einen Kampf gegen seine ebenfalls anerzogene Zurückhaltung und die Angst vor jeglicher Verantwortung aus. Die Angst siegte. Daher senkte er den Kopf und stöhnte unter Gressingens hartem Griff schmerzerfüllt auf.

»Lass mich los! Ich sag schon nichts. Das wäre auch ganz schön dumm von mir, meinst du nicht auch?«

Georg von Gressingen lachte innerlich über das rückgratlose Bürschchen, klopfte Hardwin jedoch wohlwollend auf die Schulter. »Wenigstens hast du dich heute als echter Mann erwiesen. Jungfer Bona wird sich noch oft nach deiner Umarmung sehnen, besonders dann, wenn sie dem alten Mertelsbach die Schenkel öffnen muss.«

Die Erinnerung an jene angenehmen Augenblicke zauberte eine fast kindliche Freude auf Hardwins Gesicht. Gleich darauf versuchte er, sich wie ein erfahrener Mann zu geben. »Schlecht war es nicht!«, bestätigte er und fühlte sich wieder mit Gressingen versöhnt. »Was machen wir jetzt? Warten wir, bis die beiden Mädchen wieder aufwachen?«

Gressingen schob einen Zweig beiseite, blickte auf die kleine Lichtung und sah, dass Bona ebenfalls eingeschlafen war. Das machte es ihnen leichter, unauffällig zur Burg zu gehen. Kämen sie in der Gesellschaft der beiden Mädchen zurück, würde möglicherweise der eine oder andere Verdacht schöpfen. Auch wenn er selbst mit Michel Adler auf Kibitzstein zu einer Übereinkunft kommen würde, konnte Bonas Gegenwart ihn in Schwierigkeiten bringen. Fuchsheim und Mertelsbach waren keine Männer, die sich leicht täuschen ließen.

Daher schüttelte er den Kopf. »Bring du den Korb und die Weinkrüge zurück ins Dorf. Danach gehst du zur Burg und legst dich hin. Du hast etliche Becher Wein getrunken, und soviel ich weiß, mag deine Mutter das nicht besonders.«

»Das kannst du laut sagen! Wenn es nach Mama ginge, müsste ich Wasser saufen wie ein Ochse.« Hardwin wollte noch weitere Klagen loswerden, doch Gressingen versetzte ihm einen Stoß.

»Wir reden später weiter. Wenn du zu sehr trödelst, läufst du deiner Mutter über den Weg.«

Hardwin erschrak und sammelte hastig den Korb, die Krüge und die Becher ein. Trotz seiner Eile starrte er immer wieder zu Bona hinüber, die mit entblößtem Unterleib dalag und den Beischlaf in ihren Träumen noch einmal zu erleben schien. Erst als Gressingen ihn anraunzte, wandte er sich ab und lief Richtung Dorf.

Bonas Anblick blieb auch auf Georg von Gressingen nicht ohne Wirkung, und er überlegte, ob er nicht die Gelegenheit beim Schopf packen und das Mädchen ebenfalls benützen sollte. Doch es gab einen gewichtigen Grund, der dagegensprach, nämlich Hiltrud Adler. Wenn das Mädchen erwachte und sah, wie er mit ihrer Freundin das älteste Spiel der Welt trieb, konnte sie in ihrer Eifersucht Dinge tun, die ihm zum Schaden gereichen würden.

Daher trat Gressingen neben Bona und schlug ihr das Kleid über die Beine. Das Gleiche tat er bei Trudi, so dass es einem zufällig auftauchenden Zuseher erscheinen musste, als wären die beiden Mädchen auf ihrem Spaziergang von der Müdigkeit überrascht worden und hätten sich zum Schlafen ins Gras gelegt.

7.

Trudi schlug die Augen auf und sah sich erstaunt um. Wie war sie hierher in den Wald gekommen? Und warum dröhnte ihr Kopf wie unter einem Hammerschlag? Dann spürte sie, wie ihr übel wurde. Sie konnte sich gerade noch aufrichten, schon entlud sich ihr Magen in schmerzhaften Schüben. Das Erbrechen verstärkte ihre Kopfschmerzen und verhinderte jeden klaren Gedanken. Erst als ihr Magen sich vollständig entleert hatte und sie taumelnd auf die Beine kam, kehrte die Erinnerung zurück.

Sie hatte mit Bona einen Spaziergang ins Dorf machen wollen, da es dort angeblich besseren Speckkuchen gab als auf Burg Fuchsheim. Unterwegs waren sie Ritter Georg und Hardwin begegnet und hatten ihren Spaziergang gemeinsam fortgesetzt. Im Schutz des Waldsaums waren die beiden Herren ein wenig keck geworden und hatten Küsse als Preis für den Schutz gefordert, den sie ihr und Bona angedeihen ließen.

An das, was danach geschehen war, vermochte sie sich nur mit Mühe zu erinnern. Ihre Freundin Bona und Hardwin hatten sich auf einmal wie Tiere hier auf der Lichtung gepaart. Dann hatte Junker Georg sie angefleht, ihn gewähren zu lassen. Hatte sie ihm nachgegeben? Sie wusste es nicht.

»Das habe ich hoffentlich nur geträumt«, sagte sie zu sich selbst und schlug das Kreuz.

Ein leichter Schmerz im Unterleib bewies ihr jedoch, dass jene Dinge, an die sie sich verschwommen erinnerte, tatsächlich geschehen waren. Sie sah sich nach Junker Georg um, fand aber nur Bona schlafend unter einem Baum liegen. Das Gesicht ihrer Freundin wirkte zufrieden und entspannt.

Von den beiden jungen Männern war nichts zu sehen. Dabei waren, wie sie anhand des Sonnenstands sehen konnte, mindestens zwei Stunden vergangen, seit Junker Georg sie gebeten hatte, sich ihm hinzugeben. Trudi war ein wenig enttäuscht, denn sie hätte sich gewünscht, Junker Georg wäre bei ihr geblieben und hätte über ihren Schlaf gewacht.

Vielleicht tat sie ihm unrecht, und er hatte sich mit Hardwin nur ein paar Schritte in den Wald zurückgezogen, um ihren Schlaf nicht mit ihrer Unterhaltung zu stören. Doch als sie zuerst leise und dann lauter nach ihm rief, kam keine Antwort. Alles, was sie erreichte, war, ihre Freundin zu wecken.

Bona setzte sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf und blickte Trudi mit leuchtenden Augen an. »So geht das also! Ich glaube, es wird mir sogar gefallen, es mit Ritter Moritz zu tun. Ich hoffe nur, er verfügt über etwas mehr Ausdauer als unser Freund Hardwin. Gerade, als es so richtig schön zu werden begann, wurde sein Riemen schlaff.«

Trudi starrte ihre Freundin verwundert an. »Sag bloß, du hast das als schön empfunden?«

Bona nickte verblüfft. »Du etwa nicht?«

»Nein! Ich wollte es auch nicht, aber …« Trudi brach ab, denn in gewisser Weise war dies eine Lüge. Sie hatte sich in den letzten Wochen durchaus vorgestellt, wie es wäre, mit Georg von Gressingen als Frau und Mann zusammenzuleben und dabei auch diese Dinge zu tun. Nun war es geschehen. Aber sie hatte nicht viel gespürt und war darüber sogar eingeschlafen.

»Daran war nur der Wein schuld! Wäre ich nicht betrunken gewesen, wäre es nicht so weit gekommen«, tröstete Trudi sich. Sie fand es ein wenig bedauerlich, dass Junker Georg nicht bis nach der Hochzeit hatte warten können, hielt ihm aber die große Leidenschaft zugute, die er für sie empfand. Und da er noch am gleichen Tag bei ihrem Vater um sie anhalten würde, hatte sie zwar Schuld auf sich geladen, aber keine Todsünde begangen. Trudi hatte auch nicht vor, sie zu beichten, aber sie würde viele Paternoster und Ave-Maria beten und den Heiland um Verzeihung bitten.

Ihre bußfertige Stimmung hielt nicht lange an. Jetzt, da ihre Übelkeit gewichen war und auch ihr Kopf nicht mehr so schmerzte, dachte sie an die Zukunft und malte sich aus, wie es sein würde, wenn sie als Burgherrin auf Gressingen lebte. Heftiger Durst holte sie jedoch schnell in die Gegenwart zurück, und sie wandte sich der Quelle zu, die Bona verschmäht hatte.

Bei dem Gedanken an ihre Freundin verzog sie das Gesicht. Im Grunde war Bona schuld, dass es zu diesen ungehörigen Dingen gekommen war. Hätte die nicht darauf bestanden, Wein trinken zu wollen, wären sie und Junker Georg nicht so betrunken gewesen, dass sie jeden Anstand vergaßen. Wenigstens waren Gressingen und sie durch ihre Liebe verbunden, und sie würde das Weib des Mannes werden, dem sie ihre Jungfernschaft geopfert hatte. Bona aber hatte den Mann, dem sie anverlobt war, mit einem anderen betrogen und sich wie eine läufige Hündin benommen.

Bei dem Gedanken hob Trudi die Nase, tadelte sich aber gleich darauf selbst wegen ihres Hochmuts. Es war nicht recht von ihr, der Freundin die alleinige Schuld an dem Geschehenen zu geben, denn sie hatte sich ebenfalls nicht wie eine brave Jungfer benommen.

Nachdem sie getrunken hatte, hob sie den Rock, um sich zwischen den Beinen zu waschen, die sich klebrig anfühlten, und erschrak. An ihren Schenkeln rann Blut herunter, und ihr Kleid hatte ebenfalls rote Flecken. Vor dem Vater würde sie die Bescherung noch verbergen können, doch wenn ihre Mutter das beschmutzte Kleid sah, würde es ein Donnerwetter geben, das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte. Sie überlegte, ob sie als Ausrede sagen sollte, ihr Monatsblut wäre geflossen, und sie hätte es zu spät gemerkt. Da das letzte Mal aber erst vierzehn Tage zurücklag, würde ihre Mutter ihr wohl kaum Glauben schenken. Mit zusammengebissenen Zähnen begann Trudi, sich und den Stoff zu waschen.

Bona war ihr gefolgt und fauchte sie an: »Musst du die Quelle schmutzig machen? Ich wollte doch auch trinken!«

Trudi empfand den Vorwurf als ungerecht, denn der Born entsprang in Höhe ihrer Augen, und auch wenn sie das Wasser mit den Händen auffing, um sich zu waschen, strömte genug nach. Ärgerlich trat sie ein Stück beiseite und setzte ihre Reinigung an dem Bächlein fort, das von der Quelle gespeist wurde.

Als sie aufsah, bemerkte sie, dass Bona genau das tat, was sie ihr eben vorgeworfen hatte. Sie wusch sich direkt an der Quelle, ohne auf sie Rücksicht zu nehmen. Dieses Verhalten erbitterte sie so, dass sie nicht mehr begreifen konnte, warum sie ihren Vater angebettelt hatte, sie nach Fuchsheim mitzunehmen. Sie hatte Bona besuchen wollen und ein wenig auch gehofft, Junker Georg wiederzusehen. Dafür hatte sie sogar den Zorn ihrer Mutter in Kauf genommen. Nach deren Willen hätte sie zu Hause bleiben und die Mägde überwachen sollen.

Stattdessen hatte sie sich mit dem Mann verbunden, dem seit einigen Wochen ihre innige Zuneigung galt. In ihren Träumen hatte sie sich dieses Ereignis weitaus schöner ausgemalt, und sie fand es traurig, dass ihr der Liebesakt wenig Freude bereitet hatte. Sie hatte sogar ein schlechtes Gewissen, weil sie dabei eingeschlafen war, und hoffte, dass sie Junker Georg damit nicht enttäuscht hatte. Auch deswegen schwor sie sich, ihm eine ergebene Ehefrau zu sein und alles zu tun, um ihn glücklich zu machen.

8.

Als Georg von Gressingen den Burghof betrat, kam ihm sein Onkel Albach entgegen. Das hagere Gesicht des alten Mannes zeigte einen unwirschen Ausdruck, und die lange Narbe auf seiner linken Wange zuckte vor unterdrückter Erregung.

»Da bist du ja endlich!«, schnauzte er seinen Neffen an.

Der Junker wunderte sich über den harschen Tonfall seines Verwandten. »Was ist denn los?«

»Ich will aufbrechen! Die Zeit bis zum Abend reicht noch aus, um nach Hause zu kommen.«

Gressingen war überrascht, denn noch zu Mittag hatte es so ausgesehen, als wolle Albach auf Fuchsheim übernachten.

»Was hat Euch so erbost?« Gressingen erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, dass sein Onkel ihn zwar duzte, selbst aber auf der ehrenvollen Anrede bestand, die ihm als älterem Verwandten zustand.

Albach stieß einen Laut aus, der halb wie ein Lachen und halb wie ein wütendes Schnauben klang. »Ich habe noch nie so viel Unsinn schwatzen hören wie heute. Dieser Narr von Fuchsheimer will einen Bund gegen Seine hochwürdigste Exzellenz, den Fürstbischof, schmieden. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich erst gar nicht gekommen. Schließlich ist unsere Sippe mit den Limpurgern verschwägert, und wir halten mehrere Burgen und Dörfer als Würzburger Lehen. Herrn Gottfried verärgern hieße den Ast absägen, auf dem unsere Familie sitzt.«

»Der Limpurger soll aber recht scharf vorgehen und den Untertaneneid auch von Edelleuten verlangen, die seit Generationen als freie Herren auf ihren Burgen sitzen«, wandte Junker Georg ein.

Albach zuckte mit den Achseln. »Wer klug ist, weiß auch in einer solchen Zeit sein Brot zu buttern. Als Fürstbischof ist Herr Gottfried in der Lage, etliche Ämter, Vogteien und Kastellanstellen zu vergeben, und die erhalten natürlich jene Männer, deren Treue er sicher sein kann. Ich war letztens auf Burg Marienberg und habe mit dem Bischof gesprochen. Herr Gottfried ließ dabei anklingen, dass ich die Vogtei von Schwappach erhalten könnte. Es würde sich auch für dich lohnen, in seine Dienste zu treten. Er ist Vormund mehrerer junger Erbinnen, für die er die richtigen Ehemänner sucht.«

Gressingen winkte ab. »Kaum eine so reiche, wie ich sie im Auge habe. Eigentlich wollte ich heute noch Michel Adler aufsuchen und um dessen Tochter freien!«

Sein Onkel schüttelte heftig den Kopf. »Daraus wird nichts! Der Kibitzsteiner war ein Busenfreund des als Verschwender geltenden Johann von Brunn und steht bei seinem Nachfolger nicht gerade in hohem Ansehen. Herr Gottfried hegt den Verdacht, sein Vorgänger habe Michel Adler Würzburger Besitz für billiges Geld überlassen und damit dem Fürstbistum großen Schaden zugefügt. Zudem zählt der Kibitzsteiner zu den Gegnern von Herrn Gottfried, denn er hat sowohl dem Fuchsheimer wie auch Abt Pankratius geraten, die berechtigten Forderungen des Bischofs zurückzuweisen und das Gericht des Kaisers anzurufen.«

»Das Hochgericht für Franken befindet sich in Würzburg. Also wird sicher kein Spruch gegen den Willen des Bischofs gefällt.«

»Ich sagte, das Gericht des Kaisers, nicht das fränkische!« Albach spie aus, doch noch während er seinem Neffen zu erklären versuchte, was hier geschehen war, begriff er, wie er das auf Fuchsheim Gehörte zu seinen Gunsten verwenden konnte.

»Wir kehren nach Hause zurück, und morgen reiten wir weiter nach Würzburg, um mit Seiner hochwürdigsten Exzellenz zu sprechen und sie vor den Fuchsheimer und Kibitzsteiner Ränken zu warnen. Ich werde dabei fallenlassen, dass dir an einer Heirat mit einer reichen Erbin gelegen sei.«

Der Elan des Onkels überraschte Gressingen ebenso wie dessen Pläne, denn er hatte erwartet, Albach würde die Freiheit, die ihre Sippe sich in den letzten Generationen errungen hatte, zäh verteidigen. Doch wenn er in Würzburger Diensten noch höher aufsteigen konnte, war es verständlich, dass er zum Bischof hielt. Er selbst besaß ebenfalls eine Burg, die einst dem Hochstift gehört hatte, aber seit Jahrzehnten wie eine freie Reichsherrschaft geführt worden war. Wenn der neue Fürstbischof seine ehrgeizigen Pläne weiterverfolgte, würde auch er sich für oder gegen Würzburg entscheiden müssen. Sein Onkel hatte diese Wahl bereits getroffen und schien damit zufrieden zu sein.

Dieser Gedanke gab für Junker Georg den Ausschlag, denn er wollte sich nicht gegen seine Familie stellen, indem er ein Mädchen heiratete, dessen Vater ein Feind des Bischofs war und überdies keiner mächtigen Sippe angehörte. Da war es besser, auf die Unterstützung seines Onkels zu hoffen. Gressingen dachte kurz daran, dass Maximilian von Albach bis jetzt keinen Finger für ihn gerührt hatte. Das würde er nun tun müssen, wenn er den Fürstbischof nicht gegen seine Sippe aufbringen wollte. Damit aber stand für ihn eine Braut in Aussicht, die nicht nur Geld in die Ehe mitbringen, sondern ihm auch die Verbindung zu einer einflussreichen Familie ermöglichen würde.