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Die Todesfalle am Gravel Creek - 1.Teil E-Book

Leo Aldan

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Beschreibung

Das Jahr war schlecht, die Longhorns ausgezehrt. Fette Rinderbarone nutzen die Not der kleinen Rancher. Doch Dan Merler lässt sich nicht unterkriegen, denn er und seine Familie haben schon Schlimmeres überstanden. Aber dann kommt es knüppeldick ... "Bonanza auf die harte Tour ... Ich fühlte mich sofort in einen alten schwarz-weiß Western versetzt." (aus einer Rezension)

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Leo Aldan

Die Todesfalle am Gravel Creek - 1.Teil

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Schüsse in der Nacht

 

Das Pfeifen der Eisenbahn vermischte sich mit dem Brüllen tausender von Rindern. Nur wenige davon gehörten Dan Merler. Er stellte einen Fuß auf den unteren Balken der Umzäunung und schaute verdrießlich auf seine Longhorns, die sich nervös in dem kleinen Paddock drängten. Sein muskulöser Körper spannte sich. Keiner wollte einen fairen Preis für seine Rinder bieten. Gut, der Sommer war trocken gewesen. Die Dürre hatte die Tiere ausgezehrt. Aber ganze fünf Cent pro Pfund! Das war eine Frechheit! Diese Bastarde glaubten wohl, er wollte sie verschenken!

Dans schlaksiger Sohn Rick lehnte am Gatter. »Unsere Longhorns sehen nicht schlechter aus als die von Vince Thornten.«

Shorty, Dans treuer Cowboy, spuckte verächtlich in den Staub. »Dem haben sie 15 Cents gezahlt.«

Dan knirschte mit den Zähnen. Er hatte den gleichen Preis gefordert. Vergeblich. Er brauchte das Geld so dringend, aber dem großen Rinderbaron steckten sie es in die Stiefel! Missmutig warf er einen Blick auf Thorntens Vormann Hank, der auf dem Querpfosten des benachbarten Paddocks hockte, und zufrieden herübergrinste. »Wie gehen die Geschäfte, Merler?«

Dan ignorierte die Frage.

Der Mann sprang vom Zaun. »Du musst dich beeilen, Merler, sonst fällt deinen armseligen Kreaturen das Fleisch von den Knochen. Dann bekommst du überhaupt nichts mehr dafür!«

Thorntens Cowboys lachten und scharten sich erwartungsvoll um ihren Vormann.

Rick brauste auf, doch Dan legte ihm die Hand auf den Arm und wandte sich dem Spötter zu. In seinen sonst so gutmütigen Augen blitzte der Zorn.

Hank schob den Hut ins Genick, hakte die Daumen in seinen Gürtel ein und schritt langsam auf Dan zu. »Vielleicht kann man noch Seife aus ihnen machen.«

Die Männer johlten.

Dan ballte die Fäuste.

»Ich an deiner Stelle würde nehmen, was ich kriegen kann, Merler, sonst muss deine Blase diesen Winter Baumrinde fressen!«

Dan sah rot. Seine Familie durfte keiner beleidigen. Schon gar nicht dieser seinem reichen Herrn hündisch ergebene Kuhtreiber! Er schlug dem Kerl die Faust ins Gesicht. Darauf hatten die anderen gewartet. Im Nu flogen Fäuste - bis der Sheriff eingriff und Dan vor den Friedensrichter schleppte. Der brummte ihm eine saftige Geldstrafe auf. Jetzt war Dan blank. Egal, er würde sich niemals beleidigen oder übervorteilen lassen! Stolz trieb er seine kleine Herde aus der Stadt.

 

Auf der staubigen Ebene wendete Dan sein Pferd noch einmal um und schaute zurück. Von Dodge City war nichts mehr zu sehen. Geschäfte hatte er keine gemacht, aber dafür hatte er seine Würde behalten. Dan ballte die mächtigen Fäuste. Nervös schlug sein Schecke mit dem Kopf. Dan klopfte dem Tier beruhigend auf den Nacken. »Noch ist nichts verloren, alter Junge«, murmelte er. »Noch habe ich meine Rinder.«

Ein Ruck der Entschlossenheit ging durch den kräftigen Mann. Dodge City war nicht der einzige Ort, sie zu verkaufen.

Energisch klopfte er sich mit dem Hut den Staub von den Chaps und wandte sich wieder seiner Herde zu, die Rick und Shorty weiter nach Süden trieben. Rick, den Hut tief ins Gesicht gezogen, trabte herbei. »Wie weit willst du heute noch, Pa?«

»Zum Elmer Creek werden wir es bis zum Abend schaffen.«

Der Tag neigte sich. Blutrot sank die Sonne in die verdorrte Prärie, als wollte sie Feuer legen. Shorty und Rick bereiteten das Camp. Der Kaffee simmerte über dem Lagerfeuer und es roch nach angebrannten Bohnen. Verdrossen löffelten die Drei ihre dürftige Mahlzeit.

»Da steckt Thornten dahinter!« Shorty verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. Seine Haut wirkte wie altes Leder, von Präriewind und Sonne gegerbt. Schon eine halbe Ewigkeit arbeitete der sehnige Cowboy für Dan und gehörte fast zur Familie. »Der will uns aushungern, damit du endlich an ihn verkaufst.«

Dan wusste, was jetzt kam, er hatte es schon hundertmal gehört. »Du mochtest ihn doch noch nie.«

Der Cowboy ließ sich nicht beirren. »Ich habe für ihn gearbeitet. Einen Sommer lang. Das hat gereicht. Nach außen spielt er den gütigen Mann, gibt hier und da. Aber innen ist er hinterlistig und eiskalt. Jeden Dollar, den er je gegeben hat, hat er sich zehnfach zurückgeholt. Was aus den Leuten wird, ist ihm egal. Und nie hat er genug. Immer will er mehr.«

»Was gibt es bei uns schon zu holen«, brummte Dan in seinen Bart und schüttete den Rest seines Kaffees ins Feuer.

Als die Nacht hereinbrach, wickelten sich Dan und Rick in ihre Decken. Shorty hielt die erste Wache. Die Rinder liefen unruhig umher. Auch Dan konnte sich nicht entspannen und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Immer wieder sah er das hämische Gesicht von Thorntens Vormann vor sich. Und wie dann seine Faust dem verdammten Viehtreiber die Nase zertrümmerte. Das Geschrei der Meute dröhnte in seinen Ohren.

Dan fuhr hoch. Das Dröhnen begleitete ihn in die Gegenwart. In der Dunkelheit hörte er Hufschlag und eine Stimme: »Hier sind sie, Ramper! Ich hab sie!« Schüsse krachten, Pferde wieherten. Sofort war Dan hellwach, sprang auf und zog seinen Revolver. Reiter preschten vorüber. Vier, fünf, sechs - Dan feuerte, doch es war zu dunkel für einen guten Schuss.

Von der Seite blitzte Mündungsfeuer auf. Eine Kugel pfiff an seinem Kopf vorbei. Dan warf sich auf den Boden. »Shorty! Rick!«

Sein Sohn robbte herbei, warf sich herum und schoss ins Dunkel. Klick. Klick. »Verdammt, Pa! Sie stehlen unsere Rinder!«

»Hinterher!« Dan sprang auf und rannte zu den Pferden.

»Pa, sie entkommen!«

Dan versuchte, die Nacht zu durchdringen. »Wo ist Shorty? Shorty! Verdammt nochmal, SHORTY!«

Der antwortete nicht. Sie fanden ihn. Ein faustgroßes Loch in der Brust.

»Sorry, Boss. Hätte besser aufpassen müssen«, röchelte er. Dann war er still. Nur das Sternenlicht spiegelte sich in seinen gebrochenen Augen. Dan spürte eine Welle der Trauer aufsteigen, aber mehr noch eine kalte, unbändige Wut. Er kniete neben seinem treuen Cowboy nieder und drückte ihm die Augen zu. Shorty war schon auf der Ranch gewesen, als er und Martha geheiratet hatten. Er hatte die Kinder groß werden sehen und mitgetrauert, als Dans Vater starb. Und nun war er ausgelöscht. Dan schaute mit harter Miene in die Nacht, in der die Mörder verschwunden waren. »Das werdet ihr mir büßen!«, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch.

Sie begruben Shorty im Morgengrauen. Nachdenklich sah Dan auf seinen Sohn. Obwohl der einen Kopf größer war als sein Vater, und trotz seiner neunzehn Jahre, sah Dan immer noch den Jungen in ihm. Er würde den alten Mann nie wieder Onkel Shorty nennen können. Ricks Gesichtszüge wirkten steinern, aber in seinen Augen glänzte es feucht. Das Leben konnte harte Schläge versetzen, dachte Dan. Verbissen sattelten sie die Pferde und nahmen die Verfolgung auf.

Die Viehdiebe hatten einen guten Vorsprung, aber den Spuren war einfach zu folgen. Die Longhorns hatten die Prärie förmlich umgegraben. Dan gab seinem Schecken die Sporen. Rick tastete immer wieder nach seinem Colt. Er musste seinen Falben heftig antreiben, um mit seinem Vater mitzuhalten. Dan hatte seinen Blick fest auf die Spur geheftet. Bald würden sie die Herde einholen.

Doch so sehr er wünschte, die Mörder zu erwischen und seine Rinder zurückzuholen, so sehr drängte sich ihm ein anderer Gedanke auf. Bis gestern war Rick noch nie in einen Kampf verwickelt gewesen. Dan hatte ihm das Schießen beigebracht. Aber das war etwas anderes als das Töten. Das musste jeder selber lernen - wenn es so weit war. Wie würde es sein Sohn nehmen? Dan hätte es ihm gerne erspart, aber hatte er eine Wahl? Er durfte die Rinder auf keinen Fall verlieren. Und er konnte Rick schlecht nach Hause schicken und allein hinter den Viehdieben herjagen. Das würde der ihm nie verzeihen. Auch Rick hatte seine Ehre. Die durfte er ihm nicht rauben. Dan trieb sein Pferd zu noch größerer Eile an.

Gegen Mittag kreisten Geier in der Luft. Kurz darauf erreichten sie eine Senke. Dans Longhorns waren niedergestreckt und schwammen in ihrem Blut. Alle bis aufs Letzte erschossen. Fassungslos starrten die beiden Männer auf das grausame Massaker. Was machte das für einen Sinn?

 

Die Spuren der Viehdiebe verloren sich in der Weite der Prärie. Die Kerle waren entwischt. Dan kämpfte seine Wut nieder. Er konnte jetzt nichts weiter tun, als den Marshall zu verständigen.

Pferdewagen und Reiter wirbelten Staub auf den trockenen Straßen auf. Im Büro des Gesetzeshüters von Dodge City lastete drückende Hitze. Kein Lüftchen strich durch die offenen Fenster. Der drahtige Mann fächelte sich mit seinem Stetson Luft zu. »Eine Bande«, vermutete er.

»Was werden Sie gegen diese Banditen unternehmen?«

»Wenn Sie mir die Beschreibung der Leute geben, lasse ich Steckbriefe drucken.«

Dan dachte sich seinen Teil. In der Dunkelheit hatte er keinen erkennen können. »Ich weiß nicht genau, wie viele es waren. Einer wurde Ramper gerufen.«

»Den Namen kenne ich nicht.« Der Marshall nahm einen Stapel Steckbriefe aus der Schublade seines Schreibtisches und blätterte mit hölzerner Miene durch die Bögen. »Hier ist kein Ramper dabei«, sagte er.