Die verlorene Stradivari - John Meade Falkner - E-Book

Die verlorene Stradivari E-Book

John Meade Falkner

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Beschreibung

Uebersetzung des 1895 erschienen Buchs 'The lost Stradivarius' von John Meade Falkner. Eine teils malerische, teils gruselige Geschichte klaert uns darueber auf, dass ein Ueberkonsum anspruchsvoller, klassischer Musik aeußerst schaedlich für Geist und Koerper sein kann. Verschlimmert wird hier alles noch, wenn man dabei - obsessiv verliebt in ein besonders Stueck eines Komponisten - selbst zur Violine greift und dann auch noch, immer und immer wieder, die selbe Melodie aus einem Teil einer Suite spielt, was einem schließlich und unweigerlich, mit hoechst dramatischen Auswirkungen, zu Kopf steigen muss. Die Notenvorlage zu diesem Drama, soll Carlo Graziani geliefert haben, geboren um 1710 im piemontesischen Asti, gestorben im Jahre 1787 in Potsdam. Er hatte diese Art seiner Kompositionen eigentlich nur für Cello und Cembalo komponiert - er war selbst ein Cello-Virtuose. Es scheint dennoch wenig zu stoeren, wenn das hier stattdessen mit Geige und Klavier abgearbeitet wird, noch dazu von reichen und verwoehnten Collegestudenten in Oxford. Bei der Hauptfigur der Geschichte, aus wohlhabendem Hause, spielen Zeit und Geld nie eine Rolle, und so kann er sich, unbelastet von diesen banalen Dingen, in sein bald geistig umnachtetes Leben stuerzen. Dann kommt auch noch Die verlorene Stradivari ins Spiel. Der Protagonist verliert dabei voellig seine guten englischen Manieren und die letzten Reste von ehrenhaftem Benehmen, spielt sich ins Delirium und reitet sich, wie auch sein Umfeld, immer tiefer und tiefer hinein in einen mit Katastrophen ueberladenen, gruseligen Psychostrudel. Oder steckt vielleicht doch etwas ganz anderes dahinter, und die edle Violine spielt nur die Begleitmusik in diesem mystischen Konstrukt zwischen Neapel und England?

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Eine Rede zur Unzeit

ist wie fröhliche Musik in Zeiten der Trauer.

ECCLESIASTICUS XXII. 6.

Inhalt

Der Autor/die Übersetzung

Kapitel I Brief von Miss Sophia

Die Geschichte der Sophia Maltravers

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Mr. Gaskells Anmerkungen

DER AUTOR / DIE ÜBERSETZUNG

John Meade Falkner wurde 1858 als Sohn eines Pfarrers in Wiltshire, im Südwesten Englands geboren. Seine Ausbildung bekam er unter anderem am Hertford College in Oxford. Er war ein Multitalent, fand Zeit für die Wissenschaft und konnte sich daneben, ohne bereits bestehende Verbindungen zu industriellen Kreisen, auf den Posten des Vorstands einer großen Gesellschaft hocharbeiten.

Auf den Reisen, die er im Auftrag seiner Firma in Europa und Südamerika unternahm, um dort mit den lokalen Regierungen zu verhandeln, studierte er Manuskripte in vielen Bibliotheken. Seine Forschungen in der Büchersammlung des Vatikans sind besonders herauszuheben. Hierfür bekam er eine Goldmedaille vom Papst. Ehrungen wurden ihm auch durch die Regierungen von Italien, der Türkei und Japan zuteil. Seine wissenschaftlichen Interessen umfassten die Archäologie, Volkskunst, die Geschichte des Mittelalters, Architektur und Kirchenmusik; daneben sammelte er Messbücher.

Er hat nur wenige Werke veröffentlicht, so wie es ihm die Zeit als Industriemanager erlaubte. John Meade Falkner verstarb im Jahre 1932. Neben 'The Lost Stradivarius', war er noch Autor von zwei anderen Novellen, 'The Nebuly Coat' (1903) und 'Moonfleet' (1898). Dazu kamen noch seine 'History of Oxfordshire', Handbücher über diese Grafschaft, wie auch über Berkshire, historische Kurzgeschichten und einige mittelalterliche Verse.

Dass er hier bestimmte Stücke von Carlo Graziani (ca. 1710 – 1787) auf der Geige (Violine) und am Klavier spielen lässt, die unzweifelhaft für Cello und Cembalo komponiert worden sind, speziell, da Graziani selbst einer der frühen Cellovirtuosen war, sei dem Autor verziehen.

Es wurden einige Korrekturen vorgenommen und einige Textpassagen hin und wieder ein wenig 'geglättet', ohne sich dabei zu weit vom Autor zu entfernen. Man darf auch nicht vergessen, dass wir uns hier – auch schriftstellerisch – in einer Zeit befinden, wo Licht noch mit Kerzen gemacht wurde und Reisen in Postkutschen stattfanden.

Ein kleines Problem gab es mit der durchgehend vorkommenden Ortsbezeichnung 'Worth Maltravers', wie sie in allen Originalversionen des Buches erscheint. Es gibt ein 'Worth' in der Nähe von Dover und ein 'Worth Matravers' direkt an der Küste. Die meisten Bezüge deuten darauf hin, dass es sich um Worth Matravers handeln muss und vielleicht eine Verwechslung mit 'Maltravers',dem Familiennamen der Hauptfigur, vorliegt. Demjenigen, dem die englische Landkarte bekannt ist, werden trotzdem noch einige räumliche Bezüge, benannte Routen oder angegebene Entfernungen 'spanisch' vorkommen; für die Geschichte ist dies aber wenig von Bedeutung. Die Ortsbezeichnung wurde, gemäß dem Original, als 'Worth Maltravers' beibehalten.

Italienische Tanzbezeichnungen wie der 'Coranto' (die Courante), die 'Sarabanda' (die Sarabande) oder die 'Gagliarde' (die Galliarde) wurden nicht verändert.

KAPITEL I

DER BRIEF DER MISS SOPHIA MALTRAVERS

Brief von MISS SOPHIA MALTRAVERS an ihren Neffen SIR EDWARD MALTRAVERS, zu dieser Zeit Student am Magdalen Hall College, Oxford.

13 Pauncefort Bulidings, Bath, 21. Oktober 1867

MEIN LIEBER EDWARD,

Es war der Wille deines verstorbenen Vaters auf dem Sterbebett, dass Dir, wenn Du erwachsen bist, bestimmte Ereignisse mitgeteilt werden sollten, die sich in seinen letzten Jahren ereignet hatten. Ich habe sie auf diesen Brief reduziert, teilweise aus meiner eigenen Erinnerung, die – leider! – immer noch zu lebhaft ist, und teilweise mithilfe von Notizen, die zum Zeitpunkt des Todes meines Bruders gemacht wurden. Da Du nun volljährig geworden bist, werde ich sie Dir schildern. Vieles davon war sehr schmerzhaft für mich gewesen, es niederzuschreiben, aber gleichzeitig finde ich es besser, dass Du die Wahrheit von mir erfährst, als irgendwelche verworrenen Geschichten von anderen, die deinen Vater nicht so liebten wie ich.

Deine Dich liebende Tante

SOPHIA MALTRAVERS

An Sir Edward Maltravers, Bart.

DIE GESCHICHTE DER SOPHIA MALTRAVERS

Dein Vater, John Maltravers, wurde 1820 in Worth geboren. Er war der Nachfolger von seinem wie auch meinem Vater, der verstarb, als wir noch kleine Kinder waren.

John sollte bald nach Eton gehen, und später, im Jahre 1839, als er neunzehn Jahre alt war, wurde entschieden, ihn auch nach Oxford gehen zu lassen. Man hatte die Absicht, ihn zuerst am Christ Church College einzuschreiben, aber Dr. Sarsdell, der uns im Sommer 1839 in Worth besuchte, überredete Mr. Thorseby, unseren Vormund, ihn stattdessen zum Magdalen Hall College zu schicken.

Dr. Sarsdell selbst war der Rektor dieser Institution und er glaubte, dass John, der zu diesem Zeitpunkt einige körperliche Schwächen zeigte, eine persönlichere Zuwendung unter seiner Obhut hätte, als er dies in einem größeren College, wie Christ Church, erwarten könnte.

Mr. Thoresby, der stets um das Wohlergehen seines Schützlings besorgt war, verwarf nur allzu gerne andere Möglichkeiten zugunsten einer Übereinkunft, die er als förderlich für Johns Gesundheit betrachtete; folglich wurde er im Herbst 1839 am Magden Hall College immatrikuliert.

Dr. Sarsdell hatte seine Versprechungen gehalten und kümmerte sich um meinen Bruder. Er verschaffte ihm ein exzellentes Zimmer auf der ersten Etage, mit angrenzendem Schlafzimmer, von wo er einen guten Blick auf die New College Lane hatte.

Ich werde die ersten zwei Jahre des Aufenthalts meines Bruders in Oxford überspringen, denn sie haben mit dieser Geschichte nichts zu tun. Sie wurden, ohne Zweifel, in der üblichen Weise von Arbeit und Erholung verbracht, wie sie zu dieser Zeit in Oxford üblich waren.

Von frühester Kindheit an war er der Musik leidenschaftlich zugetan und hatte sich ein beachtliches Können an der Violine angeeignet. Im Herbstsemester 1841 machte er die Bekanntschaft von Mr. William Gaskell, einem sehr talentierten Studenten am New College, der ebenfalls ein überdurchschnittlicher Musiker war. Die Ausübung von Musik war zu dieser Zeit weniger gebräuchlich, als es später der Fall war. Es gab auch noch keine dieser Vereinigungen, die heutzutage diesbezügliche Studien bei den Studenten fördern. Es war deshalb eine große Befriedigung für die beiden jungen Männer, die zu einer starken Freundschaft führte, als sie entdeckten, dass einer von ihnen eine große Zuneigung zum Klavier hatte und der andere zur Violine. Mr. Gaskell, obwohl er in auskömmlichen Verhältnissen lebte, hatte kein Klavier in seinen Räumen und war deshalb erfreut, ein hervorragendes Instrument des Herstellers D'Almaine benutzen zu können, das John in diesem Semester von seinem Vormund geschenkt bekam.

Seit dieser Zeit waren die beiden Studenten eng befreundet, und im Herbstsemester 1841 und im Ostersemester 1842 übten sie eine Reihe von Musikstücken in John's Zimmer, wobei er den Geigenpart und Mr. Gaskell den Klavierpart übernahm.

Ich denke, es war im März 1842, als John ein Möbelstück für seine Räume kaufte, das später dazu bestimmt war, eine wichtige Rolle in der Geschichte zu spielen, die ich gerade schildere. Es war ein sehr großer und niedriger Korbstuhl, in einer Form, wie sie zu dieser Zeit in Oxford in Mode kam und seither, so hat man mir gesagt, ein vertrauter Gegenstand in vielen Collegeräumen wurde. Er war mit einem knallbunten Baumwollstoff bezogen und wurde neu von einem Polsterer am Ende der High Street erworben.

Mr. Gaskell wurde von seinem Onkel nach Rom mitgenommen, um dort mit ihm Ostern zu verbringen. Da er Sonderurlaub erhielt, um seine Reise verlängern zu können, kam er erst spät im Mai zurück, als bereits drei Wochen des Sommersemesters vorbei waren. Er war so ungeduldig gewesen, seinen Freund zu treffen, dass er noch nicht einmal den ersten Abend nach seiner Rückkehr vorbeigehen ließ, ohne bei den Räumen von John vorbeizugehen.

Die beiden Männer saßen da, ohne Licht, bis spät in die Nacht hinein. Mr. Gaskell hatte viel zu erzählen über seine Reise und sprach ganz besonders von der wundervollen Musik, die er über Ostern in den römischen Kirchen gehört hatte. Er hatte auch einige Klavierstunden bei einem berühmten Professor des italienischen Stils genommen; besonders entzückt war er von der Musik der Komponisten des 17. Jahrhunderts, von deren Werken er einige Stücke, geschrieben für Violine und Klavier, mitbrachte.

Es war bereits nach elf Uhr, als Mr. Gaskell ging, um zum New College zurückzukehren. Die Nacht war ungewöhnlich warm, und der Mond hatte fast seinen vollen Umfang erreicht. John saß einige Zeit auf einem gepolsterten Platz am Fenster vor dem geöffneten Flügelrahmen und dachte über das nach, was er über die italienische Musik gehört hatte. Er fühlte sich immer noch abgeneigt, schlafen zu gehen, und steckte eine einzelne Kerze an. Dann begann er damit, in den Noten von einigen Werken zu blättern, die Mr. Gaskell auf dem Tisch zurückgelassen hatte.

Seine Aufmerksamkeit wurde ganz besonders auf ein längliches, in schmutzigem Pergament gebundenes Buch gelenkt, auf dessen Rücken ein vergoldetes Wappen eingeprägt war. Es war die Kopie eines Manuskripts einiger früher Suiten von Graziani für Violine und Cembalo, das offensichtlich im Jahre 1744 in Neapel angefertigt worden war, viele Jahre nach dem Tod des Komponisten. Obwohl die Tinte gelblich geworden und verblasst war, war die Abschrift so akkurat verfasst, dass sie von einem fortgeschrittenen Musiker ohne große Mühen gelesen werden, trotz der veralteten Notenschrift.

Vielleicht durch Zufall, oder vielleicht durch eine mysteriöse Fügung, die unser Verstand nicht fassen kann, wurden seine Augen auf eine Suite mit vier Sätzen gelenkt, mit einem basso continuo, einem fortlaufenden Bass, für das Cembalo. Die anderen Suiten in dem Buch waren lediglich nummeriert, aber diese hier hatte der Komponist mit dem Namen l'Areopagita gewürdigt.

Fast mechanisch stellte John das Buch auf seinen Notenständer und nahm seine Violine aus dem Kasten. Nach ein paar Momenten des Instrumente Stimmens stand er auf und spielte den ersten Satz, ein lebhafter Coranto.

Das Licht der einzelnen Kerze, die auf dem Tisch brannte, war gerade ausreichend die Seiten zu beleuchten; die Schatten hingen in den Knitterfalten der Blätter, die sich in diese welligen Falze verwandelt hatten, die man manchmal bei Büchern sehen kann, die aus dickem Papier gemacht wurden und lange geschlossen waren. Das machte es schwierig für ihn, die zu spielenden Noten zu sehen. Er fühlte aber den seltsamen Impuls dieser Musik aus der alten Welt, die ihn vorwärtsdrängte; er machte noch nicht einmal eine Pause, um die Kerzen anzuzünden, die in den Leuchtern auf der anderen Seite des Tisches bereitstanden.

Dem Coranto folgte eine Sarabanda und der Sarabanda eine Gagliarda. Als mein Bruder spielte, stand er mit dem Gesicht zum Fenster hin und mit dem Zimmer und dem großen Korbstuhl, den ich bereits erwähnt hatte, hinter ihm. Die Gagliarda begann in einer kecken und lebhaften Weise, und als er die ersten Taktabschnitte davon spielte, hörte er hinter sich das Knarren des Korbstuhls. Der Klang war bestens vertraut – so, also würde jemand seine Hand auf beide Armlehnen legen, bevor er sich darin hineinsetzt.

Dem folgte ein weiteres Geräusch, als würde es sich eine Person darin bequem machen. Mit Ausnahme der Töne, die von der Violine kamen, war alles herum still, aber das Knarren des Stuhls war seltsam deutlich. Die Illusion war so vollkommen, dass mein Bruder schlagartig aufhörte zu spielen. Er drehte sich um, in der Erwartung, dass ein ihn spät besuchender Freund, angezogen vom Klang der Violine, unerwartet hereingeschlichen war, oder dass Mr. Gaskell selbst zurückgekommen ist.

Mit der Beendigung der Musik kam über alles eine vollkommene Stille; das Licht der einzelnen Kerze reichte kaum in die dunkleren Ecken des Raums, fiel aber direkt auf den Korbstuhl und zeigte, dass dieser vollkommen leer war. Halb amüsiert, halb verärgert über sich selbst, dass er seine Musik ohne Grund unterbrochen hatte, wandte sich mein Bruder wieder der Gagliarda zu. Ein Impuls veranlasste ihn jedoch, auch die Kerzen in den Leuchtern anzuzünden, die ein besseres, der Situation angepasstes Licht warfen.

Die Gagliarda und der letzte Satz, ein Minuetto, waren vorüber und John schloss das Buch und wollte, da es nun schon recht spät war, zu Bett gehen. Als er die Seiten zuschlug, wurde seine Aufmerksamkeit wieder auf ein Knarren des Korbstuhls gelenkt, und er hörte deutliche Geräusche, so, als würde sich eine Person aus einer Sitzposition erheben. Dieses Mal, weniger überrascht, konnte er sich in angemessenerer Weise den möglichen Ursachen dieser Umstände widmen. Er kam schnell zu dem Schluss, dass es in dem Korbstuhl Reaktionen der Weidenruten auf bestimmte Töne der Violine geben musste, wie man es bei Glasscheiben in Kirchenfenstern beobachten kann, die harmonisch mit bestimmten Tönen der Orgel vibrieren.

Obwohl dieses Argument in sich selbst Sinn machte, war seine Fantasie nur halb überzeugt. Er konnte auch nicht anders, als davon beeindruckt zu sein, dass das zweite Knarren des Stuhls gleichzeitig mit dem Schließen des Buches auftrat. Unbewusst stellte er sich einen seltsamen Besucher vor, der auf die Beendigung der Musik gewartet hatte, um dann fortzugehen.

Jedoch, seine Spekulationen raubten ihm weder den Schlaf, noch störten sie ihn mit irgendwelchen Träumen, und er wachte am nächsten Morgen mit einem klareren Verstand auf, mit weniger Neigung zu fantastischen Vorstellungen.

Wenn diese seltsame Episode des vorangegangenen Abends nicht ganz aus seinem Kopf verschwunden war, erschien sie doch wenigstens durch die akustischen Zusammenhänge erklärt, auf die ich mich vorstehend bezogen habe. Obwohl er Mr. Gaskell im Verlaufe des nächsten Morgens gesehen hatte, sah er es nicht als notwendig an, ihm gegenüber solch unerhebliche Umstände zu erwähnen. Er verabredete sich aber mit ihm zum gemeinsamen Abendessen in seinen eigenen Räumen, um sich anschließend dabei zu vergnügen, einige Stücke italienischer Musik auszuprobieren.

Es war kurz nach neun an diesem Abend, als sie ihr Abendessen beendet hatten. Mr. Gaskell setzte sich ans Klavier und John stimmte seine Violine. Die Nacht kam näher und es hatte heftige Gewitter und Regenfälle am Nachmittag gegeben.

Die feuchte Luft war schwer und dampfend, und über diese hinweg hämmerten die üblichen 101 Schläge, die jede Nacht während der aktiven Semester erklangen, als Zeichen, dass die Collegetore demnächst schließen.

Die beiden jungen Männer vergnügten sich für eine Weile und spielten zuerst eine Suite von Cesti und dann zwei frühe Sonaten von Buononcini. Beide waren ausreichend erfahrende Musiker, denen das direkte Spielen vom Notenblatt eher ein Vergnügen bereitete, als eine Mühe. Besonders Mr. Gaskell war sehr versiert in der Theorie der Musik und der Wiedergabe des basso continuo.

Nach dem Stück von Buononcini, nahm Mr. Gaskell die längliche Buchkopie von Graziani. Beim Durchblättern schlug er vor, dass sie die gleiche Suite spielen sollten, die John selbst am Vorabend wiedergegeben hatte. Seine Auswahl war offensichtlich vollkommen zufällig, da mein Bruder davon Abstand genommen hatte, die Aufmerksamkeit in irgendeiner Weise auf dieses Musikstück zu lenken.

Sie spielten das Coranto und die Sarabanda. Unter dem einzigartigen Eindruck der Musik hatte John die Episode des vorausgegangenen Abends völlig vergessen, und als es in der kecken Weise der Gagliarda weiterging, bemerkte er plötzlich das gleiche, seltsame Knarren des Korbstuhls, das er schon beim ersten Auftreten wahrgenommen hatte.

Das Geräusch war identisch, und es gab so genau das Hinsetzen einer Person wieder, dass er auf den Stuhl starrte und sich dabei fast wunderte, dass er leer zu sein schien.

Außer, dass er seinen Kopf für einen Moment kurz ruckartig herumdrehte, nahm Mr. Gaskell keine Notiz von dem Geräusch, und mein Bruder, der kein törichtes Interesse oder eine Aufregung zu erkennen geben wollte, setzte die Gagliarda mit einer Wiederholung fort.

Als sie zu Ende gespielt hatten, hielt Mr. Gaskell vor der Fortsetzung mit dem Minuetto inne. Er drehte den Stuhl, auf dem er saß, in Richtung des Zimmers herum und bemerkte: "Wie seltsam, Johnnie" – da diese jungen Männer in einem so vertrauten Verhältnis standen, dass sie sich in dieser Weise ansprechen konnten. "Wie überaus seltsam! Ich dachte, ich hätte jemanden gehört, der sich in den Stuhl gesetzt hat, als wir mit der Gagliarda begonnen haben. Ich habe mich in der Erwartung herumgedreht, um zu sehen, dass jemand hereingekommen ist. Hast du nichts gehört?"

"Es war nur der Stuhl, der geknarrt hat", antwortete mein Bruder und spielte dabei eine Gleichgültigkeit vor, die er selbst kaum gefühlt hatte. "Bestimmte Teile des Korbgeflechts scheinen mit Musiknoten übereinzustimmen und reagieren auf sie; lass uns mit dem Minuetto fortfahren."

Daraufhin beendeten sie die Suite. Mr. Gaskell wollte, dass sie die Gagliarda wiederholten, in einer Weise, die ihm sehr gefiel. Als die Uhr bereits elf geschlagen hatte, beschlossen sie, in dieser Nacht nicht weiter zu spielen. Mr. Gaskell erhob sich, blies die Leuchter aus, schloss das Klavier und legte die Musik zur Seite.

Mein Bruder hat mir oft versichert, dass er gut auf das vorbereitet war, was kommen sollte und es auch fast erwartet hatte, denn als die Bücher zur Seite gelegt wurden, bekam man wieder das Knarren des Korbstuhls zu hören, genauso wie er es vernommen hatte, als er in der vergangenen Nacht aufgehört hatte zu spielen.

Es gab einen Moment der Stille; die beiden jungen Männer schauten sich unwillkürlich an, und dann sagte Mr. Gaskell: "Ich kann dieses Knarren des Stuhls nicht verstehen. Er hat das niemals zuvor gemacht, bei jeglicher Musik, die ich gespielt hatte. Ich bin vielleicht fantasievoll und aufgeregt durch die wunderbare Musik, die wir heute Nacht gehört haben, aber ich habe einen Eindruck, dem ich mich nicht erwehren kann, dass irgendetwas hier gesessen und uns die ganze Zeit zugehört hat und nun, als das Konzert beendet war, aufgestanden und gegangen ist." Es gab da den Anschein von Spöttelei in seinen Worten, aber sein Tonfall war nicht so locker, wie er gewöhnlich wäre, und er fühlte sich augenscheinlich unwohl.

"Lass uns die Gagliarda noch einmal versuchen", sagte mein Bruder, "es sind die Schwingungen der Eröffnungsnoten, welche das Korbgeflecht beeinflusst, und wir werden sehen, ob sich das Geräusch wiederholt."

Mr. Gaskell entschuldigte sich vom Versuch des Experiments, und nach einem halbherzigen Gespräch, von dem es offensichtlich schien, dass diesem keiner von beiden ernsthafte Aufmerksamkeit schenkte, ging er fort und kehrte zum New College zurück.

KAPITEL II

Ich will Dich nicht weiter damit aufhalten, mein lieber Edward, dir von weiteren Erfahrungen zu berichten, die sich bei fast jeder Gelegenheit ereigneten, bei der sich die jungen Männer an den Abenden trafen, um Musik zu machen. Die Wiederholung dieses Phänomens hatte sie an dessen Erscheinen gewöhnt. Beide gaben vor, dass sie halbwegs damit zufrieden waren, dass es den akustischen Anziehungen von Vibrationen, zwischen dem Korbstuhl und bestimmten Saiten des Klaviers, zuzuordnen war, und dies schien in der Tat die einzig mögliche Erklärung zu sein. Aber gleichzeitig war die Ähnlichkeit der Geräusche mit dem Hinsetzen einer Person so markant gewesen, dass selbst deren fortwährende Wiederkehr niemals ihre seltsame Wirkung auf sie verfehlte.

Sie scheuten sich, diese Sache gegenüber ihren Freunden zu erwähnen, teilweise aus Furcht, selbst dafür verlacht zu werden, und teilweise einen Umstand vor der Verspottung zu bewahren, bei dem sie beide nicht anders konnten, als diesem eine gewisse Wichtigkeit beizumessen. Die Erfahrung zeigte ihnen bald, dass das erste Geräusch, wie von jemandem, der sich hinsetzt, nicht auftrat, bevor die Gagliarda von der Areopagita gespielt wurde, und dass diesem gehörten Geräusch das zweite nur dann folgte, wenn sie am jeweiligen Abend aufgehört hatten, zu spielen.

Sie trafen sich jede Nacht, saßen an den sich verlängernden Sommerabenden länger zusammen, und jede Nacht, wie bei einer stillschweigenden Übereinkunft, spielten sie die Areopagita-Suite, bevor sie sich trennten. Bei den ersten Taktabschnitten der Gagliarda trat das knarrende Geräusch auf, spontan und mit der höchstmöglichen Regelmäßigkeit. Sie sprachen selten miteinander über diese Sache, aber eines Nachts, als John, nach einem langen Musikabend seine Violine weglegte, ohne die Areopagita gespielt zu haben, setzte sich Mr. Gaskell, der vom Klavier aufgestanden war, wieder hin, wie durch etwas angetrieben, und sagte:

"Johnnie, leg deine Violine noch nicht weg. Es ist bereits kurz vor Mitternacht und ich werde bald ausgesperrt sein, aber ich kann diese Nacht nicht aufhören, ohne die Gagliarda gespielt zu haben. Nimm einmal an, alle unsere Theorien über Vibrationen und gegenseitige Verbundenheit sind falsch; nimm einmal an, es kommt hier jede Nacht ein seltsamer Besucher, um uns zuzuhören, eine arme Kreatur, dessen Herz an diese Melodie gebunden ist. Wäre es dann nicht herzlos von uns, ihn wegzuschicken, ohne dieses Stück zu hören, an dem er den größten Gefallen findet. Lass uns nicht unhöflich sein und seine Laune achten; lass uns die Gagliarda spielen."

Sie spielten sie mit mehr Ausdruckskraft und Präzision als gewöhnlich, und das nunmehr schon vertraute Geräusch, wie, wenn jemand Platz nimmt, trat erneut auf.

Es war in dieser Nacht, als mein Bruder, der fest auf den Stuhl starrte, dort eine leichte Verdunkelung sah – oder meinte, dass er sie sah. Einen Halbschatten, Nebel, oder feinen Dunst.

Als er hinstarrte, schien dieser damit zu kämpfen, eine menschliche Form anzunehmen. Er hörte für einen Moment auf zu spielen und rieb sich die Augen. Aber, als er dies tat, verschwand alle Düsterkeit und er sah, dass der Stuhl vollkommen leer war. Der Pianist hörte bei der Beendigung des Violinspiels ebenfalls auf und fragte, was ihn plagen würde.

"Es ist nur so, dass meine Augen getrübt waren", antwortete er.

"Wir haben genug für heute Nacht", sagte Mr. Gaskell, "lass uns aufhören. Ich werde ausgesperrt werden." Er klappte das Klavier zu, und als er dies tat, schlug die Turmuhr vom New College zwölf. Er rannte aus dem Zimmer, war aber spät genug am Tor des Colleges, um gemeldet zu werden. Er wurde mit einer Strafe gemäß dieser späten Stunde ermahnt und für eine Woche dazu verdammt, im College zu bleiben. Bis nach Mitternacht draußen zu bleiben war, zumindest zu dieser Zeit, ein ernstes Vergehen.

Aus diesem Grund waren die musikalischen Übungen zwangsweise unterbrochen, wurden aber wieder am ersten Abend aufgenommen, als Mr. Gaskells Zeit der Einschränkung vorbei war. Nachdem sie einige Suiten von Graziani dargeboten hatten, und wie üblich mit der Areopagita endeten, saß Mr. Gaskell für einige Zeit still an dem Instrument, so als wäre er in eigenen Gedanken versunken, und sagte dann:

"Ich kann nicht beschreiben, wie mich diese altmodische Musik berührt. Einige würden versuchen, uns zu überzeugen, dass diese Suiten, deren Melodien die Namen verschiedener Tänze haben, immer als musikalische Abhandlungen geschrieben wurden, zum Zwecke deren Aufführung, und nicht für Leute, die dazu tanzen, wie es die Namen verständlicherweise vermuten lassen. Ich denke, diese Kritiker liegen falsch, zumindest in einigen Fällen."

"Es ist unmöglich für mich zu glauben, dass eine solche Melodie, wie zum Beispiel die Giga von Corelli, die wir gespielt haben, nicht für den eigentlichen Zweck des Tanzes geschrieben worden war."

"Man kann dabei fast den Klang der Füße auf dem Boden hören. Ich denke, dass in der Zeit von Corelli, die Ausübung des Tanzes, obwohl kein bisschen unterlegen in seiner Grazie, mehr einen stampfenden und klopfenden Charakter hatte, als es heutzutage bei einem korrekten Auftritt im Ballsaal geschätzt würde."

"Auch die Gagliarda, die wir nun so unentwegt spielen, besitzt die einzigartige Kraft, die Fantasie zu unterstützen, um sich solcherlei Szenen vorzustellen oder zu reproduzieren, die sie, ohne Zweifel, einst mit Leben erweckt hatte."

"Ich weiß nicht warum, aber sie verbindet sich fortwährend in meinem Kopf mit einer Ausgelassenheit, die ich vielleicht in einem Bild gesehen habe, wo mehrere Paare in ausschweifender Weise tanzten."

"Es war in einem langen Saal, der von silbernen Wandleuchten erhellt wurde, wie sie am Ende des siebzehnten Jahrhunderts weit verbreitet waren."

"Es ist wahrscheinlich eine Erinnerung an meinen letzten Ausflug, dass ich diesen Tänzern in meiner Vorstellung eine olivenfarbene Haut gebe, dunkles Haar und die strahlenden Augen des italienischen Typs."

"Sie tragen Kleider von außerordentlich üppigen Stoffen und aufwendigem Schnitt. Die Vorstellung ist launig genug, mir die Art des Raums selbst zu zeichnen, als hätte er auf einer Seite eine Reihe von Galerien, im Stil der fantastischen und heidnischen Nachgotik."

"Am Ende befindet sich eine Galerie oder Balkon für die Musiker, der an seiner gewölbten Front ein überladenes Wappen fremder Herkunft hat. Das Schild zeigt an einer Stelle den Kopf eines Puttos, der auf drei Lilien pustet – ein Wappen, das ich ohne Zweifel irgendwo auf meinen Reisen gesehen habe; ich kann mich nur nicht erinnern, wo."

"Diese Szene, sage ich, ist in meinem Kopf so eng mit der Gagliarda verknüpft, dass sie mit einer Lebhaftigkeit vor meinen Augen erscheint, die sich jeden Tag verstärkt, kaum dass ich die ersten Töne höre."

"Die Paare bewegen sich vorwärts, bleiben stehen, machen freie und zügellose Gesten, für die sich meine Vorstellung schämen sollte, sich an sie zu erinnern."

"Zwischen so vielen fremden Leuten und ausgefallenen Bildern – ich weiß nicht im Geringsten warum – gibt es einen jungen Mann, mit typisch englischem Aussehen und Gesicht, dessen Eigenschaften sich jedoch stets meinem Verstand entziehen, wenn dieser versucht sie festzuhalten."

"Ich glaube, dass das Eröffnungsthema dieser Gagliarda dem Rest dieser Komposition überlegen ist, da es nur während der ersten sechzehn Taktabschnitte passiert, dass sich mir die Vorstellung einer längst vergangenen Ausschweifung präsentiert."

"Mit der letzten Note des sechzehnten Takts wird plötzlich ein Schleier über die Szene gezogen und mit einem Gefühl, fast wie bei einem Unglück, verschwindet sie. Das schreibe ich der Tatsache zu, dass das zweite Motiv, in seiner Konzeption, dem ersten unterlegen sein muss. In der Art einer Unstimmigkeit zerstört es die Struktur, welche die Faszination des vorangegangenen Motivs aufgebaut hat."

Mein Bruder, der glaubte allem mit Interesse zugehört zu haben, was Mr. Gaskell sagte, antwortete aber nicht, und das Thema wurde fallengelassen.

KAPITEL III

Es war im gleichen Sommer des Jahres 1842, fast in der Mitte des Monats Juni, dass mir mein Bruder schrieb und mich einlud, nach Oxford zu kommen, für die Festivitäten anlässlich der Gedenkveranstaltungen. Ich hatte einige Wochen mit Mrs. Temple verbracht, einer entfernten Cousine von uns, in deren Haus in Royston in Derbyshire. John war begierig darauf, dass Mrs. Temple auch nach Oxford kommen und ihre Tochter Constance und mich auf den Bällen und verschiedenen anderen Vergnügungen begleiten sollte, die am Ende des Sommersemesters stattfanden.

Da Royston fast zweihundert Meilen von Worth Maltravers entfernt ist, hatten sich bis dahin unsere Familien wenig gesehen, aber während meines letzten Besuchs, habe ich Mrs. Temple lieben gelernt; eine Lady von einzigartiger Liebenswürdigkeit und Sinnesart, und es entstand auch eine hingebungsvolle Verbindung zu ihrer Tochter Constance.

Constance Temple war zu dieser Zeit achtzehn Jahre alt. Neben ihrer besonderen Schönheit vereinten sich geistige Anmut und hervorragende Charaktereigenschaften, die vernünftig urteilenden Personen auf Dauer wertvoller erscheinen sollten, als selbst die besten persönlichen Reize.

Sie war belesen und gewitzt und wurde gemäß den Grundsätzen wahrer Religion ausgebildet, denen sie später, mit hingebungsvoller Selbstaufopferung und entsagender Frömmigkeit, in ihrem zu kurzen Leben folgte.

Ich möchte dich leibhaftig darauf hinweisen, lieber Edward, da der Tod sie genommen hat, bevor Du alt genug warst, ihre Erscheinung und Qualitäten zu verstehen und dass sie groß war, mit einem etwas länglichen, ovalen Gesicht, braunem Haar und braunen Augen.

Mrs. Temple akzeptierte bereitwillig die Einladung von Sir John Maltravers. Sie hatte Oxford zuvor nie selbst gesehen und war erfreut, uns das Vergnügen einer solch wundervollen Reise zu ermöglichen.

John hatte sich um bequeme Zimmer für uns gekümmert, oberhalb eines bekannten Geschäfts für grafische Drucke in der High Street, und wir kamen am Freitagabend, den 17. Juni 1842, in Oxford an.

Ich will mich dir gegenüber nicht lange mit den verschiedenen Gedenkfestivitäten aufhalten, die sich sicher seit diesen Tagen verändert haben und mit denen Du jetzt vertraut bist. Es genügt zu erwähnen, dass uns dein Bruder Einlass zu jeder Unterhaltung verschafft hat, und wir genossen unseren Besuch, wie es nur die Jugend mit ihren begierigen Empfindungen und ungetrübten Freuden kann.

Ich konnte es nicht vermeiden zu beobachten, dass John sehr stark von den Reizen von Miss Constance Temple angezogen wurde, und dass sie, für ihren Teil, ohne eine unangemessene Keckheit zu zeigen, keinerlei Abneigung ihm gegenüber zeigte.

Ich war sehr zufrieden, sowohl mit meiner Fähigkeit, eine solche wichtige Tatsache zu erkennen, als auch mit den Umständen selbst.

Für ein Mädchen von neunzehn Jahren, erschien es höchste Zeit zu sein, dass ihr Bruder von zweiundzwanzig Jahren, sich zumindest auf ein Hochzeitsvorhaben vorbereitet haben sollte. Außerdem war meine Freundin so gut und schön, dass es unmöglich schien, dass ich jemals eine lieblichere Schwägerin und mein Bruder eine bessere Frau finden könnte.

Mrs. Temple konnte ihre Einwilligung zu solch einem Plan nicht verweigern. Während ihre geistigen Qualitäten in hohem Maße übereinzustimmen schienen, war John sein eigener Herr über das Anwesen von Worth Maltravers und ihre Tochter Alleinerbin des Anwesens in Royston.

Die Gedenkfeierlichkeiten gingen Mittwochnacht zu Ende, mit einem großen Ball im Musiksaal in Holywell Street. Er wurde von einer Freimaurerloge der Universität veranstaltet, und John war dort, zusammen mit Mr. Gaskell – dessen Bekanntschaft wir mit großem Vergnügen gemacht hatten.

Beide trugen blaue Seidenschals und kleine, weiße Schürzen. Sie stellten uns vielen anderen Freunden vor, die in gleicher Weise dekoriert waren. Diese wichtigen und mysteriösen Insignien standen in keiner Weise in Kontrast zu ihren jugendlichen Gestalten und bubenhaften Gesichtern.

Nach einem langen und vergnüglichen Programm wurde beschlossen, dass wir unseren Aufenthalt bis zum nächsten Abend verlängern sollten, um dann Oxford um halb zehn abends zu verlassen und nach Didcot zu fahren. Dort würden wir dann die Postkutsche Richtung Westen nehmen.

Wir standen spät am nächsten Morgen auf und verbrachten den Tag damit, zwischen den alten Colleges und Gärten der schönsten englischen Stadt umherzustreifen. Um sieben Uhr aßen wir zum letzten Mal zusammen in unseren Unterkünften in der High Street, und mein Bruder schlug vor, dass wir den wunderbaren Abend in den Gärten vom St. John's College verbringen sollten.

Dem wurde sofort zugestimmt, und wir machten uns auf den Weg dorthin. John ging vorneweg mit Constance und Mrs. Temple, und ich folgte mit Mr. Gaskell. Mein Begleiter erklärte mir, dass diese Gärten als die schönsten der ganzen Universität geschätzt wurden, und dass es Fremden, unter normalen Umständen, nicht erlaubt war, hier abends herumzulaufen.

An dieser Stelle zitierte er etwas in Latein 'aurum per medios ire satellites', wozu ich lächelte und so tat, als würde ich es verstehen, jedoch soviel entnehmen konnte, dass John den Wächter bestochen hatte, damit er uns hereinlässt.

Es war eine warme und ruhige Nacht, ohne Mond, aber mit genug Dämmerlicht, um uns die Umrisse des Gartens zu zeigen. Diese lange Reihe von Gebäuden, die in der Regierungszeit von Charles I. gebaut wurden, sahen so außergewöhnlich schön aus, dass ich das nie vergessen werde, obwohl ich seither deren Erkerfenster und die mit Kletterpflanzen bedeckten Wände nicht mehr gesehen habe.