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Je älter ein Ort und je mehr er von der umgebenden Natur begünstigt ist, um so reicheren Stoff liefert er für Sage und Geschichte. Beides ist bei der Stadt Freiburg im Breisgau der Fall. Ihre und ihrer Universität Geschichte hat bereits ausführliche Bearbeitung gefunden, was mit ihren Sagen nicht der Fall war. Zwar wurden Teile davon in größere Sammlungen aufgenommen und verlieren sich darin, oder flattern noch unter dem Volk oder in Lokalblättern umher, wo sie dem Tag dienen und mit demselben vergessen werden. So lesenswert größere Sammlungen sind, es mangelt ihnen am eigentümlichen Gepräge, welches bestimmte Landschaften auszeichnet. Dieses hat nämlich der Schwarzwald mit seinen Tannenforsten, Bergseen, Wasserfällen und Holzbauten. Nicht minder erwähnenswert für die hier vorliegende heimatliche Sagensammlung dürfte der Umstand sein, dass sie zugleich als Führer durch das Gebiet in und um Freiburg dienen möchte. Warum sollte nicht ein Sagenbuch zur Hand sein, welches den Reiz schöner Ruhepunkte noch dadurch erhöht, dass es auch von ihren uralten Geheimnissen und dadurch von dem innersten Leben des Volkes Zeugnis gibt? Diese Ausgabe, im Original bereits im Jahr 1867 erschienen, wurde in wichtigen Wörten und Begriffen der aktuellen Rechtschreibung angepasst.
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Seitenzahl: 107
Veröffentlichungsjahr: 2024
Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau und ihrer Umgegend
DR. HEINRICH SCHREIBER
Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau und ihrer Umgegend, Dr. H. Schreiber
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849680921
www.jazzybee-verlag.de
Vorwort.1
1. Der Köhler.2
2. Zähringen.3
3. Der Herr von Kyburg.5
4. Freiburgs Gründung.5
5. Ein Totenbaum.9
6. Der versteinerte Herzog.10
7. Das Münster.13
8. Die Silbergrube bei Zähringen.14
9. Der unterirdische Gang in das Münster.14
10. Silberglöckchen.15
11. Das Nonnenbild am Münsterchor.15
12. Das Mädchenkreuz.16
13. Der neue Münsterstern.19
14. Der Brunnen mit dem Männlein.23
15. Das Bild am Schwabentor.23
16. Das Bild am Martinstor.24
17. Der schwarze Berthold.26
18. Hanns Steutlinger.28
19. Der letzte Graf von Freiburg.30
20. Das Kreuzbild zu Adelhausen.31
21. Das Stadttier.32
22. Wie viel Hexen in Freiburg.32
23. Die Hexe als Hase.32
24. Freiburg’s Rettung.33
25. Der böse Pfennig.34
26. Die Totenglocke.35
27. Die Burgfrau auf dem Schlossberg.35
28. Das Männlein am Geisbrunnen.36
29. Das goldene Kegelspiel auf dem Schlossberg.36
30. Der Berggeist.39
31. St. Ottilien.41
32. Gründung der Lorettokapelle.43
33. Der Kanonier von Freiburg.46
34. Günterstal.47
35. Die Venusgrotte am Schinberg.49
36. Das Hexentälchen.53
37. Der Heidenbuck bei Schlatt.53
38. Die Nonnen zu Kirchhofen.54
39. Der Springbrunnen zu St. Ulrich.54
40. Münstertal.55
41. Das Bischofskreuz bei Lehen.55
42. Der Kaiserstuhl.57
43. Alt-Breisach.59
44. Die Hochburg.60
45. Auf dem Michaelsberg bei Riegel.62
46. Untergang des Suckentals.64
47. Die feuersprühenden Kirschen.66
48. Der See im Kandel.68
49. Der Wasserfall bei Triberg.69
50. Auf dem Schwarzwald.72
51. Schloss Wißneck.73
52. Das Lindenkirchlein.74
53. Die wilde Jagd im Schwarzwald.77
54. Kuno von Falkenstein.78
55. Zerstörung der Burg Falkenstein.80
56. Der Titisee.81
57. Entstehung des Titisees.82
58. Die Schlacht von Schönenbuchen.84
59. Badenweiler.85
60. Der Klotz von Istein.86
61. Die Erdmännlein in der Haseler Höhle.91
62. Rückblick.94
Je älter ein Ort und je mehr er von der umgebenden Natur begünstiget ist, um so reichern Stoff liefert er für Sage und Geschichte. Beides ist bei der Stadt Freiburg im Breisgau der Fall. Ihre und ihrer Universität Geschichte hat bereits ausführliche Bearbeitung gefunden; was mit ihren Sagen nicht der Fall ist. Zwar wurden davon in größere Sammlungen, wie August Schnezlers badisches Sagenbuch, Bernhard Baaders Volkssagen, Eduard Brauers badische Sagenbilder u. s. w. aufgenommen; allein teils verlieren sie sich darin, teils flattern andere noch unter dem Volke oder in Lokalblättern umher, wo sie dem Tage dienen und mit demselben vergessen werden.
So verdienstlich nun größere Sammlungen sind, und so mannigfaltig deutsches Leben und Dichten überhaupt darin zur Erscheinung kommen mag; so mangelt ihnen doch das eigentümliche Gepräge, welches bestimmte Landschaften auszeichnet. Ein anderes hat nämlich der Schwarzwald mit seinen Tannenforsten, Bergseen, Wasserfällen und Holzbauten; ein anderes die raue Alb, der Odenwald und Spessart. In Manchem, was den Ansichten des Schwaben oder Franken widerstreitet, erkennen wir jene des Alamannen. Verschiedenheiten treten hier öfter hervor, als die Sagen Werk und Eigentum des Volkes selbst, seiner angeerbten Vorurteile, der Stufe seiner Bildung, seiner Gemütlichkeit, seines Bodens und der von ihm auf demselben durchlebten Zeiträume sind; während nur die Form, in welcher sie, prosaisch oder poetisch, uns vorgeführt werden, den Bearbeitern angehört. Greifen diese tiefer in die Sache ein, so geht das Volkstümliche derselben leicht verloren; die Sagen gestalten sich zu Bildern um, welche die, mitunter glänzende Phantasie, der Dichter entworfen und an einen beliebigen Punkt geknüpft oder auch in luftiger Schwebe gelassen hat.
Nicht minder beachtenswert für die hier vorliegende heimatliche Sagen-Sammlung dürfte der Umstand sein, dass sie zugleich als Führer durch ihr Gebiet, in und um Freiburg dienen möchte. Haben wir doch, neben umfangreichen Werken, für unsere nächste Pflanzenwelt eine spezielle Flora, und nebstdem zahlreiche Schriften über Gestein und Metallgehalt unserer Berge; warum sollte, zumal bei Ausflügen, nicht ein Sagenbuch zur Hand sein, welches den Reiz schöner Ruhepunkte noch dadurch erhöhte, dass es auch von ihren uralten Geheimnissen und dadurch von dem innersten Leben des Volkes Zeugnis gibt? Die Geschichte ist in solchen Fällen häufig zu lückenhaft und zu trocken; Übergänge, Farbe und Wärme bringt die Sage herbei, die mitunter sogar über vergilbte Pergamente und staubige Aktenstöße verjüngend dahinschwebt.
Die Namen der Bearbeiter, soweit solche vorliegen, sind den einzelnen Mitteilungen derselben beigefügt.
Das ist die Sage, wie die kleine Freiburger Chronik solche meldet: dass die Herzoge von Zähringen vor Zeiten Köhler gewesen sind, ihre Wohnung im Gebirge gehabt, und allda Kohlen gebrannt haben. Nun hat es sich begeben, dass ein solcher Köhler an einem gewissen Ort im Walde Holz geschlagen, den Haufen mit dortigem Grund und Boden bedeckt und solchen ausgebrannt hat. Als er nun die Kohlen wegräumte, fand er am Boden eine schwere geschmolzene Masse, und so er sie genau besichtiget, ist es gutes Silber gewesen. Also hat er fürder immerdar an demselben Orte Kohlen gebrannt, wieder mit derselben Erde bedeckt und abermal Silber gefunden; woraus er abgenommen, dass es von dem Berge herkomme. Solches hat er auch bei sich behalten und einen großen Schatz Silber zusammengebracht.
Nun hat es sich in dieser Zeit begeben, dass ein Kaiser vom Thron gestürzt ward, der auf den Berg im Breisgau, von ihm genannt der Kaiserstuhl, mit Weib und Kindern und all seinem Gesinde geflohen, und daselbst viel Not gelitten mit den Seinigen. Da ließ er ausrufen: wer der wäre, der ihm helfe, dass er wieder zu seinem Reich kommen möchte, dem wolle er eine Tochter zur Ehe geben und ihn zum Herzog machen.
Als nun der Köhler solches vernahm, fügte er sich mit etlichen Burden Silber zu dem Kaiser und begehrte an ihn, dass er ihm die Tochter gebe und dazu die Gegend umher; so wolle er ihm einen solchen Schatz von Silber überliefern, dass er damit sein Reich wieder gewinne. Der Kaiser willigte alsogleich darein, nahm den Köhler zum Sohne an, und gab ihm die Tochter nebst dem Lande, so er begehrt hatte. Nun hob dieser erst recht an, Erz zu schmelzen, baute von dem Gute Schloss und Dorf Zähringen und sein Schwiegervater machte ihn zum Herzog von Zähringen. Darnach baute er die Stadt Freiburg und andere umliegende Städte und Schlösser mehr.
(Von hier an verwechselt die Sage, wie es häufig geschieht, mit dem angeblichen Stifter des Hauses Zähringen, den letzten Herzog desselben, dem sie alles Böse nachsagt. Zu vergleichen unter Nr. 6 „der versteinerte Herzog.“ Sie fährt fort):
Da jedoch der Köhler also mächtig ward und an Gut, Ehre und Gewalt zunahm, erhob er sich gar sehr und wurde zu einem großen Tyrannen. So geschah es denn, dass er seinem Koch gebot, ihm einen jungen Knaben zu braten und zuzurüsten, denn er wolle versuchen, wie gut das Menschenfleisch zu essen wäre. Das vollführte auch der Koch nach seines Herren Willen. Als er aber den Knaben gebraten zu Tisch brachte und der Herr ihn vor sich stehen sah, überfiel ihn Schrecken und Furcht, und Reue und Leid, dass er ob so großer Sünde zwei Klöster bauen ließ, das eine mit Namen St. Trudpert im Münstertal, das andere St. Peter auf dem Schwarzwalde. Und als ihn der Tod endlich auf das Sterbelager geworfen, befahl er noch einigen Vertrauten, alle seine Schätze in einen Klumpen zusammen zu schmelzen, damit sich seine Erben darüber blutig schlagen möchten. Für so viel Freveltat blieb aber auch die Strafe nicht aus. Der Herzog wurde in einen Berg am Meer verbannt, wo er noch heutigen Tages für seine Sünden büßet. Die Silbergruben aber beim Zähringer Schloss sind für immer verschwunden.
Des Gipfels stolze Linde
Neun luft’ge Kronen dehnt;
An ihres Stammes Rinde
Der flücht’ge Kaiser lehnt.
Nur wenige Getreuen
Ließ ihm die heiße Schlacht;
Sie kämpften all wie Leuen
Gen Feindes Übermacht.
Nicht lange kann es währen,
So steht er rings umdroht;
Er denkt daran mit Zähren
Und wünschet sich den Tod.
Nun schlagen an die Rüden,
Ein schwerer Tritt erschallt;
Die Wächter rings, die müden,
Erheben sich im Wald.
Durch Dorngenist und Farren
Der Köhler naht mit Gruß,
Und schichtet Silberbarren
Viel an des Herrschers Fuß.
Er trug sie und die Söhne,
Die alle reckenhaft;
Von Wuchs, von Antlitz schöne,
Voll kecker Männerkraft.
„Der Hort sei Dir beschieden,
Der drüben in dem Holz
Aus meines Meilers Kohlen
Aus Felsenstufen schmolz.“
„Nimm hin, um ihn zu prägen,
Dass bald der Schilling rollt;
Gar manchen wacker'n Degen
Nimmst Du dafür in Sold.“
„Ich steh mit meinen Knaben
Gegürtet schon zum Strauß;
Wir all geschworen haben,
Zu gründen neu Dein Haus.“
Da hob sich rasch der Kaiser
Und fasste neuen Mut:
„Gottlob, mein Held, mein greiser,
Es wird noch Alles gut.“
„Du hast durch Deine Spende
Das Blatt hier rasch gewandt;
Es führt zu gutem Ende,
Befreiet unser Land!“
„Ich will Dich drum belohnen,
Mein Schwert gibt Dir den Streich;
Als Ritter sollst Du wohnen
In dem befreiten Reich!“
„Weil Du des Feindes Schlingen
Zerbrichst mit treuer Hand;
Die Zähren willst verringen,
Zähringer sei genannt!“
„Der Berg, von dessen Hange
Wir zieh'n die Siegesbahn,
Der Schutz geboten lange:
Heiß Kaiserstuhl fortan!“
Es stand einst ein altes Schloss Kyburg im Breisgau; jetzt nennt man es noch Kybfelsen auf dem Bronnberg links von dem schönen Dreisamtal, dem nachmaligen Schloss von Freiburg gegenüber. Da kam der Herzog von Zähringen aus seiner kleinen Feste auf Besuch zu dem Herrn, der sein Schwager war, und weil ihm der luftige Vorhügel rechts im Dreisamtal, – den man jetzt den Schlossberg ob Freiburg nennt, – gar wohl gefiel, so bat er seinen Schwager um Erlaubnis, daselbst nur ein Jagdhaus zu bauen. Und als er diese Erlaubnis erhielt, da rief des Herrn Frau, die dazu kam, voll Schrecken aus: „Wohl sagt mein Bruder, dass er ein Jagdhaus bauen will; denn er wird jagen, und durch dieses Haus Euch und die Eurigen aus diesen Landen treiben und Eurer Ehren berauben!“ Was auch kurz darauf erfolgt ist.
(Die Sage erzählt: Herzog Berthold III. von Zähringen sei einst vom Kaiser dem Bischof von Köln gegen die Städter zu Hilfe geschickt worden. Besiegt von denselben, sei er in Gefangenschaft geraten; habe jedoch während dieser Zeit den Plan zur Gründung einer Stadt gefasst. Nach seiner Befreiung sei er mit Kunst und Handel in Köln bekannt geworden und habe bei seiner Nachhausekunft Freiburg gegründet.)
Der Herzog saß gefangen
Zu Andernach in Haft;
Ob sie ihn wohl bezwangen,
Den Stolz der Ritterschaft?
Es wuchs dem edlen Leuen
Da drunten erst der Mut,
Die Kraft tät sich erneuen
In flammenvoller Glut.
Er hat in fernen Landen
Den Geist der Zeit ermerkt,
Er hat sich in den Banden
Für künft’ge Zeit gestärkt.
Hei, wie ihn da gelüstet
Zu säen seine Saat!
Hei, wie der Held sich brüstet,
Da ihm die Freiheit naht!
Und als man ihn entlassen
Zu Andernach der Haft,
Gen Köln fuhr er die Straßen
Mit seiner Ritterschaft.
Was dort ihm dunkel graute,
Hie wird es ihm zum Licht,
Und was sein Geist erschaute,
Vergessen mocht er’s nicht.
Am Rhein sah er gehen
Die Schiffe in die Flut,
Er sah am Lande stehen
Viel fremder Länder Gut.
Er sah im heil’gen Köllen
Den Geist der neuen Zeit,
Und Kirchen und Kapellen
Voll Pracht und Herrlichkeit.
Hei, was das Herz ihm pochte,
Wie ’s innen hat gegärt!
Was nicht die Kraft vermochte,
Der Geist hat’s abgeklärt.
Die Mähr hat er erkundet
Von Martins Zauberpracht;
Sein Herze war gesundet,
Sein Auge hat gelacht.
Er sprach zu den Genossen:
„Ihr Ritter hoher Art,
Mich hätt’ es schier verdrossen,
Dass man mich so gewahrt.
Ich saß im alten Neste
Und sah die Sonne nicht,
Die Mauern waren feste,
Drein drang kein Tageslicht.“
„Drinn musst’ ich ruh’n und rasten
In Ketten eingezwängt,
Musst’ hungern, dürsten, fasten,
Mir war der Arm beengt.
Doch hab ich drin erlernet,
Wo gold'ne Freiheit winkt,
Wie man den Zwang entfernet,
Wenn frei die Sonne blinkt.“
„Mich soll man nimmer fangen.“
Der edle Degen sprach:
„Eh’ nach ein Jahr vergangen,
Da lösch ich meine Schmach.
In Städten reich an Hallen,
Gesegnet reich an Wein,
Wo gold'ne Ähren wallen,
Soll meine Wohnung sein.“
„Wo grüne Fichten rauschen,
Im dunkeln Tannenforst,
Da will ich ruh’n und lauschen
In meinem kühlen Horst.
Mir soll die Mühle mahlen
Mein selbstgebautes Korn;
Gereift von Sonnenstrahlen,
Füllt süßer Wein mein Horn.“
Die Ritter sah’n verlegen
Den wack'ren Herzog an,
Wohl schien der Plan verwegen,
Den er im Herzen sann.
Da sprach der Ritter Einer:
„Die Rede mich ergötzt,
Doch hat’s so schnell noch keiner
Ins volle Werk gesetzt.“
Nun ritten die Gesellen
Hinweg vom deutschen Rhein,
Wohl von dem heil’gen Köllen
Ins Breisgau tief hinein;
Hin, wo die Fichten rauschen
Im prächt’gen Schwarzwaldgrund,
Wo Vögel Lieder tauschen,
Früh bis zur Abendstund'.
Dort stand nach alten Sagen
Ein Kirchlein arm und klein;
Der Herzog ließ da tragen
Zum Bau den ersten Stein.
Die Hämmer sah man schwingen,
Da gab es lauten Schlag,
Die Äxte hört man klingen,
Wohl scholl es manchen Tag.
Bald stiegen Schloss und Hallen
Zum blauen Himmel an,
Bald sah man Ritter wallen
Mit Goldschmuck angetan.
Da ritt von seinem Schlosse
Der Herzog, jener Aar,