Die wahre Kraft des Mannes - Thomas Fügner - E-Book

Die wahre Kraft des Mannes E-Book

Thomas Fügner

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Die wahre Kraft des Mannes

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Seitenzahl: 341

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© Verlag KOMPLETT-MEDIA GmbH

2012, München / Grünwald

www.der-wissens-verlag.de

Lektorat: Liane Vedder, http://korrigierenundlektorieren.npage.de

Design Cover: Heike Collip, Pfronten

Satz: Schulz Bild & Text, Mainz

Autorenfoto: Ute Makler

Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.

eBook-Herstellung und Auslieferung: HEROLD Auslieferung Service GmbHwww.herold-va.de

Thomas Fügner

Die wahre Kraft des Mannes

Thomas Fügner

Von dort komme ich:

„Yes you, who must leave everything

that you cannot control.

It begins with your family

But soon it comes round to your soul.

Well, I’ve been, where you’re hanging

I think I can see how you’re pinned.

When you’re not feeling holy

Your loneliness says that you’ve sinned …“

Leonard Cohen: Sisters of Mercy

Und das treibt mich an:

“All that is necessary for evil to triumph,

is for good men do nothing”.

Sir Edmund Burke

Für Wolfgang L.,

Lehrer, Mentor und Freund

“Danke!”

Danke! sage ich auch zu meinem Vater, dem ich zum Teil dieses Leben verdanke, auch diese Suche nach dem “besseren” Mann, und der mir den unbedingten Willen zur Freiheit beigebracht hat. Danke sage ich auch zu meinen Freunden und Lehrern, die mich gelehrt haben, auf der Suche zu bleiben. Und zuletzt zu den Frauen, die mich in und durch meine Suche immer wieder ermuntert, getragen – oder gezwungen haben.

Und ich bedanke mich bei Eckhard Kuhla und den Männern und Frauen von agens eV, die mir Mut gemacht haben und mein Vertrauen gestärkt haben, zu sagen: JA! Es gibt ein gutes MANN und Frau MITEINANDER.

Inhalt

Vorwort: „Wann ist ein Mann ein Mann?“

I. Ein Mann wie ein Baum – wie ein Buch

Mann! Auf den Punkt gebracht

„Tod“ – Übungen zur Schärfung des männlichen Bewusstseins

II. Wurzeln

Auf dem Weg zum „Guten Mann“

Übungen auf dem Weg zur männlichen Kraft: Pflege deine Wurzeln

Würde, Demut, Anerkennung (1)

III. Der Baumstamm zeigt Stärken: Präsenz und Integrität

Ideale finden – im Außen

Die Suche nach dem „Guten Mann“ – im Inneren

Das Emotionale Selbst

Würde, Demut, Mut (2)

Gefühle entdecken, zeigen, einsetzen

Männerarbeit – Schattenarbeit

Den Drachen zähmen

Tipps zur Schattenarbeit

Präsenz I – „Ich bin da!“

Präsenz II – Der feste Auftritt: kraftvoll ankommen

Präsenz III – Männer können nicht zuhören?

IV. Die Baum-Krone: Starke Äste, weiche Zweige

1. Männlichkeit, Macht und Kraft

V. Blüten am Baum

1. Potenziale, Ziele, Prioritäten

Praktische Analyse

2. Macht als schöpferische Kraft und verantwortliche Führung

a. Männliche Schöpfungskraft

b. Macht und Verantwortung

c. Führungsmacht und Manipulation

d. Der Gegenpol: Maximale Verantwortung

3. Mut zur Veränderung

VI. Der Baum und seine Nachbarn

1. Abgrenzung und Hingabe – Führung in der Beziehung zur Frau

Exkurs 1: Was auf keinem Beipackzettel der Anti-Baby-Pille geschrieben steht

Exkurs 2: Wie die Frauenbewegung die Männer zerstören wollte – und es noch heute tut

Exkurs 3: Weswegen ich allein erziehende Mütter meide

2. Hingabe: „Wir müssen reden“

3. Freiheit und Vertrauen – Eine Frau führen

VII. Männliche Erziehung: Über die Führung von Kindern

1. Führung mit und zu männlicher Energie

a.) Mentale und kognitive Führung

b.) Emotionale Führung

2. Manifest: Männliche Essenz

Was ist ein „Guter Mann“ – heute und in Zukunft?

Literaturhinweise, Quellen

Persönlichkeitsentwicklung

Erziehung

Männlichkeit

Gesellschaft

Fußnote

„Wann ist ein Mann ein Mann?“

Wenn er seine Probleme erkennt, sich ihnen stellt und sie anpackt.

Wenn er sich seiner Mitverantwortung für ihr Entstehen und ihrer Lösung stellt.

Wenn er Probleme zu seinen Aufgaben macht, um sie allein oder im Team zu bewältigen.

„MANN, WAS WILLST DU EIGENTLICH!?“ Mehr Geld, mehr Sicherheit? Mann, lass dir nichts einreden: Du BIST gut! Du bist nicht nur gut, sondern gut genug. Und du hast bisher genug getan, vielleicht sogar mehr als das. Aber – empfindest du darüber Genugtuung? Es gibt 1.000 Gründe, so zu bleiben, wie man ist – und nur einen einzigen, besser zu werden: Zufriedenheit mit sich selbst.

Viele Männer glauben, sie hätten ein Problem: Zu wenig Sex, die falschen Frauen. Falsch. Wir Männer haben nicht nur ein Problem, wir haben fünf, und die haben kaum noch was mit Sex zu tun, und das erklärte ausgerechnet eine Frau: „Den Anlass, tatsächlich von einer Krise der Männer zu sprechen, liefern harte, objektive Fakten: die massiven Erziehungs- und Bildungsprobleme des männlichen Nachwuchses; die zunehmende, praktisch ausschließlich männliche Gewaltkriminalität; die für Männer besonders ungünstige Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt; ihre Unfähigkeit, sich auf Familie und Vaterschaft einzulassen; schließlich der Mangel an kulturellen Vorbildern für einen zukunftsfähigen Mann neuen Typs. „Es gibt keine Gesellschaft mehr, die dem jungen Mann mit einem bestimmten Bild von »Erwachsenheit« oder »Bürgerlichkeit« gegenüber tritt, zu dem notwendig Ehefrau und Kinder gehören.1“ Norbert Bolz bringt es auf den Punkt: „Eine überalterte, feminisierte, wehleidige, von historischen Schuldgefühlen gesteuerte, der Gleichheit und der Androgynität huldigende Gesellschaft bekämpft expansive Männlichkeit mit halb priesterlichem, halb irrenärztlichem Gestus. Nach der Entnazifizierung kommt jetzt die Entmachoisierung, die Verwandlung des Mannes in ein sorgendes Haustier. Letztlich geht es um die Ausrottung von Stolz und Ehrgeiz“.2

Das sind nicht die Ursachen, sondern die Auswüchse, die Resultate dessen, was nach der „vaterlosen Gesellschaft“ in der männerfeindlichen Gesellschaft geschieht. Das Problem ist die verloren gehende Männlichkeit, die schwindende, positive männliche Identität. Wir Männer wissen nicht, was einen „Guten Mann“ ausmacht. Wir wissen nicht, was Frauen meinen, wenn sie von einem „gestandenen Mannsbild“ reden. Und wir haben Angst, Antworten zu finden, „Antworten, die auch bedeuten, dass man sich ein Stück weit verändern müsste, weil sich die gesellschaftlichen Bedingungen verändert haben.“3

Weil viele vor dieser Aufgabe kapitulieren, geschweige denn, sie anpacken, flüchten Männer gerne in ihre Arbeit – als ob da das Glück zu finden sei! Selbst ein Examen ist längst keine Job-Garantie mehr: Hochqualifiziert, motiviert und flexibel starteten 60.000 Uni-Absolventen 2009 vom Examen in die Armut. Die „Generation Praktikum“ traf die Wirtschaftskrise am stärksten“4 Beruflich sieht es düster aus, schauen wir den Tatsachen ins Auge: „Ich verdiene einen Teil meines Einkommens damit, die Chefs großer Konzerne zu beraten. Wenn ich die frage, ob sie in Zukunft noch Zehntausende von Mitarbeiter haben werden, dann lachen die laut los. … Wir vollziehen gerade einen Wandel hin zu einem Markt, der zum allergrößten Teil ohne menschliche Arbeitskraft funktioniert. Bis 2010 werden nur noch zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Fabriken gebraucht. Bis 2020 werden es weltweit nur noch zwei Prozent sein…. Von 1982 bis 2002 stieg die amerikanische Stahlproduktion von 75 auf 102 Millionen Tonnen. Im selben Zeitraum nahm die Zahl der Stahlarbeiter von 289.000 auf 74.000 ab. In den 20 größten Volkswirtschaften der Erde sind zwischen 1995 und 2002 mehr als 30 Millionen Arbeitsplätze abgebaut worden. Wohin Sie schauen, dasselbe Bild:Die Produktion steigt, die Produktivität steigt, aber die Arbeitsplätze nehmen ab.“5

Ist das eine Karriere: Bafög, Hartz IV, Rente? Weil das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld, das Eherecht, die Frauen, die Arbeit sich geändert haben, müssen wir uns jetzt ändern. Und zwar gründlich! Aber in welche Richtung?

Wer hat Mut, wie Oliver Kahn nach dem Scheitern der Bayern auf Schalke zu sagen: „Eier. Wir brauchen Eier!“? Es gibt Leute, die machen 30 Jahre lang die gleichen Fehler und nennen es dann auch noch Erfahrung. Und wenn ein Mann 30 Jahre im Bergbau Kohle kloppt, dann heißt das nicht, dass er gut grillen kann.

Der Mann, der heute im Berufsleben steht, im Konkurrenzdruck, ob als Selbständiger oder als Angestellter – sieht sich mit fortgesetzten Entlassungen konfrontiert. Diese vermehren zum einen die täglich anfallende Arbeit und gleichzeitig die Angst vor der eigenen Entlassung, dem persönlichen Scheitern: „Er fühlte sich nicht mehr echt: der Herr in ihm war mäßig, und der Beischlaf war schlecht.“ (R.M.Rilke)

Eine Beschäftigung mit seinem Selbst, dem, was ihn als Mann ausmacht, ist in Anbetracht seiner materiellen Verantwortung kaum zu schaffen. Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Männern, die gerade IN einer solchen Situation morgens vor dem Rasierspiegel stehen, schon gehetzt sind und plötzlich innehalten. Sie schauen sich im Spiegel selbst tief in die Augen und fragen sich: „Was tue ich hier eigentlich?! Und warum? Was passiert mit meiner Familie? Werde ich den nächsten Urlaub noch bezahlen können und mit meinen Lieben gemeinsam erleben?“

Und dann gibt es solche, die aus eigenem oder fremdem Willen vom Job, von der Familie „frei- gestellt“ sind, die die Zeit dazu haben, tiefer zu gehen: „Ich bin frei – aber wozu? Wer bin ich, wer will ich sein? WAS IST MEINE AUFGABE IM LEBEN? Beruflich, privat?“

Also: Flucht ins Private? Ich war nie verheiratet, noch habe ich Kinder, ich war stolz auf meine Freiheit. Ich hatte häufig mehrere Beziehungen parallel, obwohl ich nicht vermögend oder besonders attraktiv war. Ich genoss den Luxus, keine Verantwortung tragen zu müssen. Aber heute weiß ich: Im Kern zerstörte ich dabei meinen Selbstwert, denn die „richtigen“, die guten Beziehungen fehlten oder blieben auf der Strecke. Heute weiß ich, daß ich Kindern viel geben kann, eigene Kinder fehlen mir sehr. Ich vermisse das Gefühl, Vater zu sein, um das Beste in mir weitergeben zu können. Was ich aber in den vielen Affären und Beziehungen gelernt habe, war, dass es eine spezifisch männliche Kraft gibt, die attraktiv, vielleicht sogar unwiderstehlich für Frauen ist – gleich, ob sie uns für eine Affäre oder eine Ehe auswählen. Und sie wählen (fast) immer aus unter denen, die den Willen haben, die Nummer EINS zu sein. Dieser Kraft widme ich dieses Buch: Wahrer männlicher Kraft.

Ich grenze ab: Der Männlichkeitswahn ist ebenso wenig das Thema, wie die „partnerschaftliche“ Verbindung von Mann und Frau. Es geht um den Unterschied, der eben KEIN „kleiner“ ist, wie wir uns haben weismachen lassen. Auch wenn das immer noch viele Frauen und manche Männer glauben. Der „große“ Unterschied ist – Thema in diesem Buch. Anders als frauenverachtende Machos und männerverachtende Emanzen würdige und widme ich dieses Buch dem Mann, der seine eigene, positive Männlichkeit entfalten will.

Denn die „Neuen Männer, die das Land brauchte“, die (er)schaffen nicht die Frauen. Keine Emanzipationsbewegung, keine Partei, keine Männerinitiative wird neue Männer erschaffen können. Echte Männlichkeit findet kaum mehr Platz, denn sie wurde oftmals schon in der Jugend verachtet oder vernichtet. Neue, gute Männer – die erschaffen wir Männer nur aus uns selbst. Für seine eigene, positive Entwicklung ist jeder alleine verantwortlich. Mit Unterstützung von Männern, aus der berechtigten Kritik der Frauen heraus – aber die wesentlichen Entscheidungen, die es dazu braucht, die trifft jeder allein.

Anders als Ratgeber wie, „Frauen leichter aufreißen“ oder „Frauen verstehen für Fortgeschrittene“, ist dieses Buch eine Landkarte, eine Wanderkarte auf dem Weg zu einem eigenen, neuen, kraftvollen, männlichen Selbstverständnis, Selbstbewußtsein und Selbstvertrauen. Ganz bewusst geht es also nicht um eine Anpassung an Ansprüche oder gar das Angleichen der Geschlechter. Sondern ich will Kontraste aufzeigen. Ich will die Unterschiede, ich will die sich daraus ergebende Spannung, weil sich nur aus den Unterschieden heraus anregende Gespräche, eine lebendige Beziehung und eine leidenschaftliche Sexualität entwickeln können. Ja, und mehr und besserer Sex ist eine der schönsten Früchte der Umsetzung dieses Buches im männlich geprägten Alltag, ich hab’s probiert, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.

Es ist klar, dass sich gegen dieses Buch in mancher Frau Widerstand regt, denn es geht nicht nur um Erfahrung in Beziehungs- und Erziehungsfragen; es geht um Macht. Denn „Frauenrechte sind Männerpflichten“, wusste schon Karl Kraus. Aber so wenig, wie sie uns Männer gefragt haben, ob sie sich emanzipieren dürfen, werden wir uns bei der Entwicklung zum „Guten Mannsbild“ von ihrer Meinung oder gar Zustimmung abhängig machen. Also ausdrücklich: Kein Frauenhass, keine Weinerlichkeit über zu kurz gekommene Männerrechte: Es geht um Maskulismus in seiner nützlichen Form: Der stolze „Wille zur Macht“ (Nietzsche) aus Verantwortung: „So wie Frauen es geschafft haben, selbst sich um ihre Belange zu kümmern, so müssen das Männer tun. Und sich dem Wind, der ihnen entgegenweht, entgegenstemmen. Anders erreicht man nichts.“6

Auch dem Vorwurf, hier würden „traditionelle, rechte Rollenvorstellungen“ bedient, trete ich bereits im Ansatz massiv entgegen! Denn erstens ist die hier entfaltete männliche Psyche wesentlich differenzierter, als klassische stereotypisch von männerverachtenden Frauen beschriebene männliche und leider sehr primitive Rollenbilder ihn beschreiben. Zum anderen ist für die sogenannten rechten, traditionellen Rollenvorstellungen ein individualistisches Menschenbild typisch, das es dem Menschen erlaubt, mehr als die Bezeichnung „Rolle“ unterstellt, sein Leben in der Gesellschaft frei, aktiv und eigenverantwortlich zu gestalten. Eine besondere Betonung der Abhängigkeit von einer sozialen Rolle menschlicher Entwicklung weise ich zurück. Denn auf diese Weise wird von Sozialwissenschaft und Politik versucht, den freien Menschen mittels überholter soziologischer Vorstellungen zu manipulieren. „Traditionelles Rollenverständnis“ ist ein Widerspruch in sich, der bereits einer Stigmatisierung gleichkommt und den ich mit derselben Vehemenz zurückweise wie etwa den Versuch, Frauen auf Sexualität zu reduzieren: „Ich bin NICHT in DER Rolle, wie du sie siehst oder in der du mich sehen möchtest!“

Nach Matthias Matusseks7 Fazit „Es reicht!“ und dem darin zum Ausdruck gebrachten berechtigten Zorn über die Folgen verfehlter Familienpolitik geht es mir um den nächsten Schritt: Es ist dies der beharrliche Wille und die verantwortungsvolle Fähigkeit, sich selbst und andere zu führen. Wer führen will, muss wissen, wo er steht und wo er hin will. Bei dieser Orientierung und Zielfindung, diesem „Bei-sich-selbst-Anfangen“, um andere, sowohl in der Beziehung als auch im Beruf, führen zu können, unterstützt und ermutigt dieses Buch.

Gerade weil wir alle, Frauen wie Männer, aus einer Frau geboren werden, kommt männliche Kraft nicht von den Frauen – sie kommt aus uns Männern selbst. Dieses Buch zeigt, wo diese männliche Kraft zu finden ist: in uns selbst und in der Freiheit!

Das Land, das dieses Buch, diese Wanderkarte beschreibt, heißt vereinfacht: Freiheit. Aber „Freiheit ist ein wegloses Land“8 Das Buch kann also nur Landstriche beschreiben – entdecken muss dieses Land jeder für sich selbst!

Woraus besteht nun diese Kraft, was macht einen Mann zum guten, starken, besseren und erotischen Mann? Sein Ideal in der Zukunft sehen und die Verantwortung zu übernehmen, diesem sich anzunähern, trotz und gegen alles Scheitern einfach „besser“ zu werden für sich als Mann, mit einer konkreten, sinnvollen Aufgabe im Leben, in der Familie für Frau und Kinder, dabei wird dieses Buch helfen.

„Bessere dich selbst – das ist alles, was du tun kannst, um die Welt zu verbessern.“

Ludwig Wittgenstein

Dein Job:

Finde deinen Lebenszweck – was ist das WICHTIGSTE in deinem Leben?

Komm zur Ruhe, übe dich in Souveränität, beobachte dich: WIE tust du, was du tust?

Suche und finde „gute Männer“ in deiner Nähe.

Geld macht dich nicht glücklich – MEHR Geld auch nicht. Sondern …?

Sprich mit Freunden

Wie lange bleibst du bei Frau und Kindern?

Was passiert nach einer Scheidung?

Was braucht es (von DIR!), um heute, morgen und in Zukunft glücklich verheiratet zu sein? Frag deine Frau.

Was brauchen deine Kinder von dir? Frag sie.

I. Ein Mann wie ein Baum – wie ein Buch

Ansichten von Wurzel, Stamm, Krone und Früchten

Das wichtigste Sexualorgan, ob bei Männern oder bei Frauen, ist zwischen den Ohren. Ohne dieses Organ sind wir Tiere. Von dort kommt „Die wahre Kraft des Mannes“ und ohne dieses Organ wird MANN auch dieses Buch nicht verstehen, nutzen und seine Kraft nicht entfalten können.

Die anderen mögen ihre Autos zum Tuning bringen, wahre, gute Männer nutzen ihr Hirn, ihr Herz und ihren Körper, um ihre eigene, wahre Kraft zu entfalten. Schauen wir uns den Mann, Dich an.

Mann! Auf den Punkt gebracht

Ecce homo – Siehe diesen Menschen! Mit diesen Worten deutete Pontius Pilatus nach der Geißelung auf den geschundenen Jesus, den Mann auf dem Weg in den Tod. Heute wird dieser Ruf auch übersetzt mit „Erkenne dich selbst!“ Schau dich an! Wir Männer waren und sind Weltmeister im Verdrängen. Jetzt ist damit Schluss! Schau dir morgens im Spiegel tief in die Augen! Wie viele Jahre hast du noch? Wer bist du? Wie stehst du da? Vom Leben gebeutelt, gegeißelt? Wie fühlst du dich – mit Striemen auf dem Rücken?

Mann, komm auf den Punkt! Was ist dir wirklich wichtig?

Wenn du morgen sterben müsstest (und das ist nie so ganz unmöglich!), was musst du dann heute noch tun?

Der Tod ist männlich, die Auseinandersetzung, die Konfrontation mit dem Tod ist für den Mann bedeutungsvoll. Warum? Der Tod, das Zerstörerische ist der natürliche Gegenpol zum schöpferischgebärenden Weiblichen. Es stärkt seinen Mut, es bildet ihn als Mann im Angesicht des Todes buchstäblich heraus, sein Gegenteil, das eigene absolute Ende zu verinnerlichen. Denn die Frage reduziert mich augenblicklich auf das WIRKLICH WICHTIGE: Mich selbst. Meine Verantwortung und Fürsorge. Wenn ich morgen sterben müsste, brauchte ich nicht mal mehr zu essen. Nichts mehr haben zu wollen, macht alles nebensächlich bis auf das, was es jetzt noch zu tun gibt: Was habe ich noch zu geben?

In der Ruhe liegt die Kraft, mehr noch in der Stille. „Während Ruhezeiten, wenn man keine Aufgabe zu bewältigen hat, ist man in einem Zustand, der sich auf das Selbst hin orientiert.“9 Die innere Sammlung, dies zur-Ruhe-Kommen, diese gewählte und gewollte Leere, ist für den Mann zunehmend wichtig, weil erst an deren Ende etwas Neues entstehen kann. Und „zunehmend wichtig“ meint, dass diese Konzentration eine persönliche Entwicklung ist, auf deren Weg ich mich begeben habe. Es bedeutet nicht, ab sofort zu leben wie ein Eremit, sondern über eine unbestimmte Zeit, täglich „konzentrierter“ zu werden, bewusster zu leben. Wir lenken uns mit allem Möglichen von uns selbst ab, meistens mit Lärm: „Der Mensch liebt es, Geräusche zu machen, um sich bewusst zu sein, dass er nicht allein ist. Von diesem Standpunkt aus, ist totale Stille die Negation des Menschen. Der Mensch fürchtet die Abwesenheit von Lauten, wie er Leblosigkeit fürchtet. Die endgültige Stille kommt mit dem Tod. … Da der Mensch der Moderne den Tod mehr als in vergangenen Zeiten fürchtet, meidet er die Stille, um seine Vorstellung vom immer währenden Leben zu nähren. In der westlichen Gesellschaft ist Stille etwas Negatives, ein Vakuum, Verweigerung von Kommunikation. Daher die Geschwätzigkeit der modernen Welt“.10

Es sind die Äußerlichkeiten, die uns ablenken und davon abhalten, das Wesentliche, das für mich wirklich Wichtige, zu erkennen. Die Konzentration hat zum Zweck, DAS zu erkennen, wofür ich gerne lebe, wofür ich gerne morgens aufstehe, was wichtiger ist als jede Beziehung. Dazu muss ich mehr und mehr, vielleicht zeitweilig, alle Annehmlichkeiten aus meinem Leben entfernen, mit denen ich mich vom Schmerz, den mir diese Unklarheit über den Kern meines Lebens bereitet, abgelenkt habe. Um aus den Alltagszwängen, den Finanz- und Sachzwängen auszusteigen, braucht es MUT, „einen Mut, der auf der Fähigkeit beruht, allein zu sein und auf die eigene, innere Stimme zu hören. Wer dagegen einsam ist oder Angst vor Einsamkeit und sozialer Isolation hat, wird sein Heil eher in Betriebsamkeit suchen.“11 Leider bleiben auch und gerade die Betriebsamen unglücklich, das wusste schon Lao-Tse in seinem Tao-te king: „Das Reich erlangen kann man nur, wenn man immer frei bleibt von Geschäftigkeit. Die Vielbeschäftigten sind nicht geschickt, das Reich zu erlangen.“

Wie in der Bergpredigt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt.“ (Matthäus 19, 24.) „Das Reich erlangen“ steht bei beiden eben nicht für die klassische Vorstellung von Reichtum, wie Macht und Besitz, sondern – und hier sind sich Bibel und Tao-te king einig – das Glücklich-Sein in jedem Moment. Voraussetzung dafür wiederum ist das tiefe Einverständnis damit, dass die Dinge so, wie sie sind, gut sind. Geschäftigkeit und vermeintlicher Reichtum – was ist das wert? Es ist dein letzter Tag – wie wirst du ihn verbringen?

Wie schaffe ich es, zur Ruhe zu kommen, „das Reich zu erlangen“?

Alles muss raus. Das Fernsehen (als Erstes), denn „das Fernsehen ist ja nur die Ersatzbefriedigung dafür, dass man in Wirklichkeit nicht dazugehört. Und das Internet ist nur die Ersatzbefriedigung dafür, dass man tatsächlich keine Aufgaben und keine verlässlichen Beziehungen hat …Übrigens ist die einzige Beziehungsform zwischen Menschen, in der beide Partner das Gefühl haben, eng verbunden zu sein und gleichzeitig frei wachsen zu dürfen, die Liebe. In einer immer liebloser werdenden Welt brauchen die Menschen immer mehr Ersatzbefriedigung.“12

Als Mann mit wachsender, innerer Stärke lehne ich Ersatzbefriedigung durch „Gefühlssurrogate“ ab, kehre ich zum Kern, zur Essenz der Kommunikation und Beziehungen zurück. Dazu gehört, dass ich digitale Kommunikation reduziere zugunsten von persönlichen Gesprächen, mich bei Chat-Portalen, Social Networks und Partnerbörsen im Internet abmelde. „Insgesamt belegt die Allensbach-Umfrage, dass Menschen glücklicher sind, die weniger fernsehen, häufiger Freunde und Verwandte besuchen, seltener am Computer sitzen, mehr lesen, mehr wandern, häufiger reisen und essen gehen als andere.“13

Kommunikatives „Grundrauschen“ minimieren. Planloses Herumsurfen kann man abstellen, indem man sich für die private „Netzaktivität“ eine halbe Stunde pro Tag Zeit nimmt. Nach mehr als 11 Jahren im Netz weiß ich, dass kommunikative Menschen nicht mehr brauchen.

Denn die digitale Beziehungs-Inflation ist eben das Gegenteil von vertrauensvoll gewachsenen und belastbaren, echten (!) Beziehungen.14 Sie dient weniger den (jugendlichen) Nutzern, als ein paar Marketing- Agenturen. Es ist wirklich wunderbar, wie viele Informationen das Internet mit seinen Milliarden Websites bietet, aber brauchen wir diese Informationen wirklich? Was will ich, was muss ich wirklich wissen? Was macht die Information zum nützlichen Wissen? Was macht Information bedeutsam? ICH bin der Kontext! Der Kontext, unser individueller Sinnzusammenhang, das sind doch im Kern „funktionierende Beziehungen“. Wie viele Kontakte brauche ich in wie vielen Social Networks? Ganz ehrlich – wie viele Kontakte bringen uns auf dem Lebensweg, auf den Abschnitten wirklich voran? „Wir beschäftigen uns so sehr mit trivialer Kommunikation, dass wir immer weniger verstehen, was es ausmacht, Mensch zu sein.“15Was macht es aus, Mensch zu sein? Sind es nicht die realen Beziehungen, die Freundschaften mit Blickkontakt, Händedruck, Umarmungen, die gelachten oder geweinten Tränen im Auge des lebendig vor uns sitzenden Gegenübers?

Der Weg zur „Leere“ ist ein Weg, der mit der bewussten Veränderung von alltäglichen Äußerlichkeiten und in vielfacher Form beginnen kann. Welcher für jeden der richtige ist, muss er selbst herausfinden. Fastenzeit und November sind Jahreszeiten, die sich dafür eignen. Auch Job-, Beziehungs- oder Geldverlust sind Anregungen, die ein Mann zur Schaffung von Leere aufgreifen kann. Er folgt dann dem ZEN-Prinzip: „Wenn du gezogen wirst, dann schiebe, wirst du geschoben, dann zieh!“ Ich verzichte auf den gewohnten Alkohol am Abend, reduziere Arbeit auf das Notwendige. Im Extremfall: Zehn Tage zum Schweigen ins Kloster, zum Beispiel Vipassana-Meditation. Oder ich frage mich im Alltag immer wieder: Wozu will ich den Rest meines Lebens verwenden?

„Wer das Lernen übt, vermehrt täglich.

Wer den Sinn übt, vermindert täglich.

Er vermindert und vermindert,

bis er schließlich ankommt beim Nichtsmachen.

Beim Nichtsmachen bleibt nichts ungemacht.“

Lao-Tse: Tao-te King Nr. 48

Lao-Tse meint mit dem Lernen-Üben das Ansammeln von Wissen, gleich welcher Art. Wissen, mit dem man das Leben besser meistern lernt sowie nützliche Tricks und Techniken zum Überleben. All das stärkt das EGO, entfernt uns aber vom „intuitiven, weiblicheren Selbst“. Genau dieses Wissen ist letztlich nutzlos in Anbetracht dessen, was uns leben lässt: dem uns oft unbekannten höheren Sinn.

Den „Sinn“ zu üben, ist die Entscheidung, der Weg des Glücklich-Seins. Im Gegensatz dazu steht das Glücklich-Werden westlicher Heilslehren. Dies geschieht immer nur in diesem Moment, im „Jetzt“ Eckhard Tolles, in der sanften, unaufgeregten Beobachtung der eigenen Gedanken. Das Reduzieren des täglichen Ballastes führt zur Konzentration auf das Wesentliche. Wenn Lao-Tse schreibt „ … bis er schließlich ankommt beim Nichtsmachen“, dann meint er nicht das Vergammeln des Alltags in Penner- oder Hippiehaltung, sondern ganz im Gegenteil: „Beim Nichtsmachen bleibt nichts ungemacht.“ Angefangen beim gemachten Bett am Morgen bis zum Abwasch am Abend. Die Mülltonne quillt nicht mehr über, sondern ich nehme sie auch mal dreiviertel voll mit raus, die Abstellkammer ist übersichtlich sortiert, das Prinzip „wie außen – so innen“ konkretisiert sich im „Alltag als Übung“ (Karlfried Graf Dürkheim: ‚Der Alltag als Übung’, Bern 1977). Es wächst dabei eine spezifisch männliche Achtsamkeit und das Bewusstsein für mehr Sorgfalt für sich (die eigene Gesundheit und Ernährung, Finanzen, Wohnung, unmittelbare Umwelt) und andere: Frau, Mitarbeiter, Kinder, Eltern, Freunde …. „Es bleibt nichts ungemacht“: Nichts und niemand wird vernachlässigt. Zur Konzentration gehört auch, endlich den Stapel Post zu beantworten und abzulegen, den Keller oder den Dachboden aufzuräumen, bis dort Struktur und Übersicht herrschen. Mit diesem Aufräumen geschieht auch oft eine Neuorientierung im Denken. Damit etwas Neues auftauchen und sich manifestieren kann, muss Platz geschaffen werden. Unwichtiges muss weichen. Schlafzimmer, Schubladen, Schreibtisch, Bastelkeller, Garage und Abstellraum, Garderobe – wo immer auch Chaos mich lähmt – entrümpeln!

Was soll das bringen? Mit Klarheit im Außen schaffst du Klarheit im Kopf – und umgekehrt.

Wo anfangen?

Um Prioritäten zu setzen, wenn es darum geht, einen Anfang zu finden, kann Feng Shui hilfreich sein. Feng Shui muss praktischer weise nicht langwierig erlernt, sondern kann sehr einfach angewendet werden. Und wer meint, das sei bloßer Aberglaube, der findet Unterstützung beim Atomwissenschaftler Niels Bohr: Als der über die Haustür seines neu erworbenen Hauses ein Hufeisen nagelte, wurde er von einem Studenten gefragt, ob er tatsächlich diesem albernen Aberglauben anhinge. „Nein“, antwortete der Professor, „aber es hilft auch, wenn man nicht dran glaubt!“ Den neun Baguas im Grundriss einer Wohnung entsprechen Lebensschwerpunkte. In der Regel stehen die Stellen des größten Chaos einer Wohnung für einen ähnlich chaotischen Lebensbereich. Wer also in einem bestimmten Bagua in der Wohnung aufräumt und Klarheit schafft, hat gute Chancen, dass sich der entsprechend zugeordnete Lebensbereich klärt. (Für Ungeduldige: Es hilft, eine Wirkungsverzögerung von 6–10 Wochen einzukalkulieren.)

Sterile Leere ist vielleicht unnötig. Könnte sie doch jeden Besucher um seine Abwehrkräfte bangen lassen. Doch auf dem Weg zur inneren Klarheit ist die äußere Ordnung kein Umweg.

Meinen Fernseher habe ich vor Jahren abgeschafft. Mir fehlt nichts und ich brauche mich seitdem nicht mehr über das dumme Programm zu ärgern. Das Autoradio nutze ich nur als Verstärker für meine digitale Musik. Chaosmeldungen der Medien bleiben außen vor, ganz im Sinne von Jacques Lusseyran: „Gegen die Verschmutzung des ICH“16 . Das ist aktive geistige Hygiene. Klarheit im Hirn hängt vom jeweiligen Input ab. Mein Hirn ist kein Rosenstock, der am besten mit Pferdedung gedeiht, sondern ein Organismus, dem ich sorgfältig gewählte Energie und geistige Nahrung zuführe. Was ich sehen und hören will, was mir durch Auge und Ohr ins Hirn eindringt, entscheide ich. Werbung interessiert mich eh nicht; genauso wie die Musik im Radio. Ich übe „Nein“ zu sagen zu überflüssigen Ablenkungen und zum Betäuben der Sinne. „Die Fähigkeit, Nein zu sagen, ist die Geburt der Individualität.“ (René Arpad Spitz) Ernsthafte Männer sind schon mit 18 zu alt für Stars, Sternchen und neue Superstars. Die Folge? Dem Mann, der sich so auf das Wesentliche beschränkt, quatscht niemand mehr ungefragt Banales ins Ohr. Täglich dieselben Staumeldungen, Berichte von Reifenteilen auf der Fahrbahn, Wetterberichte – wer braucht das? Wer wissen will, wie das Wetter ist, der schaue aus dem Fenster. Wer viel unterwegs ist, hat ein Navigationssystem, das Staumeldungen anzeigt.

Das hat auch zur Folge, dass ich viel intensiver mitfühle, wenn ich tatsächlich einen Film im Kino oder bei Freunden sehe. Ich lebe medial viel intensiver, vor allem aber auch im wirklichen Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Und erlange die Fähigkeit, Stille auszuhalten.

Für dich als Mann: Was ist wirklich wichtig?

Du. Du selbst. Dein Ziel. Dein Weg dorthin. Dein nächster Schritt. Hier trennt sich unter uns Männern das erste Mal die Spreu vom Weizen: Es gehört für die Muttersöhne zum Leben, zur Karriere, zur eigenen Gestaltungskraft, dass sie sich tendenziell dem Leben eher ausgeliefert fühlen, anstatt es meistern zu können. Für Mamasöhnchen sind Frauen immer das Wichtigste, sie bestimmen ihr Leben. Gemeint ist damit auch der Don Juan, der Casanova, dessen Lebensinhalt die Frauen sind, weil er sich einer einzelnen (in Anlehnung der Mutter: nie wieder!) zuwenden kann und will. Für diese sind Frauen ihr Schicksal, und ihr Schicksal ist eine meist launische Frau. Sie sehen sich den Umständen ausgeliefert, dem Schicksal und Glück. Liebe und Sex sind Synonyme, und sie sehen sich sehr eingeschränkt in der Lage, aktiv bei deren Gestaltung mitzuwirken. Ich komme später darauf zurück.

Mann, wofür stehst DU im Leben?

In der Konzentration auf mein männliches Ziel und meine Kraft ziehe ich mich bewusst und trotz aller Versuchungen von der Frau, von DEN Frauen, zurück. Und warum?

Ein Mann findet die Glück-Seligkeit in der Leere. Es lohnt sich, das auszuprobieren: Ein Zelt im Garten, nichts darin außer einer Flasche Wasser. Kein Handy, kein Laptop, kein Buch, keine Zeitung. Still sitzen, für Stunden, für ein, zwei, fünf oder zehn Tage; dazwischen immer wieder tun, was zu tun ist, dann wieder rein ins Zelt. Zur Ruhe kommen und schauen, was in den Gedanken auftaucht.

Fastenzeiten machen buchstäblich Sinn: Der Sinn entsteht aus der Leere! Jedes Jahr zehn oder mehr Fastentage einlegen, ohne Alkohol, ohne Kaffee, ohne Sex. Das Fasten lässt uns unsere Bedürftigkeit fühlen, macht uns vertraut mit dem Hunger und dem Mangel – und gibt uns die Kraft, die aus dem Triumph entsteht, wenn wir beides Tag für Tag aufs Neue besiegt haben. Beim ersten Mal fällt das schwer, doch im Laufe der Jahre wird es leichter. Disziplin ist ein Wachstums- und Lernprozess und nicht immer automatisch vorhanden. Manche pflegen dieses Hungergefühl für die eigene Performance: „Ich muss wütend sein, hungrig und wütend!“ (Pianist Nikolai Tokarev, bevor er auf die Bühne kommt.)

Warum diese Beschäftigung mit der Leere? Weil dies männlich ist. Denn es ist immer ein todesähnlicher Moment, wenn die Gefahr überstanden, ein Ziel erreicht, ein Lebenshöhepunkt überschritten, ein Gipfel bezwungen und eine Aufgabe gemeistert wurde: DAS lässt uns unser Mann-Sein spüren! Das suchen pubertierende Jungs auf dem Weg zum Mann-Sein!

Wenn die eigene Getriebenheit erkannt wurde, wie etwa nach einer abgeschlossenen und bestandenen Prüfung, nach einer (der wievielten?) „ersten Nacht“ oder gar der Hochzeitsnacht, nach jedem Orgasmus, dann entsteht eine innere Leere: Man fällt in ein Loch: Das Ziel ist erreicht, der Weg war das Ziel, aber das Ziel ist weg. Und jetzt? Die Leere, das Nichts.

Werde dir als Mann bewusst: Im Gegensatz zur reichhaltigen Fülle der Frau, zur unendlichen Vielfalt des Weiblichen, wie sie in der Natur präsentiert ist, ist der Gegenpol des Mannes die Leere, die Stille. Es ist gewiss, wie kaum etwas anderes: Du kannst nicht gebären, nur zeugen: Und das geschieht im Kern in nur einer Sekunde.

Und du wirst sterben. Dahinter liegt der Tod. Das Nichts.

„Nichts“ ist voluminös, 758 Seiten voller Nichts. Nur „Nichts“17. Der Untertitel ist erhellend: „Abschied vom Sein – Ende der Angst“. Um nichts weniger geht es in der Meditation, in der Stille. Sitzen in der Einsamkeit ist tatsächlich eine Mutprobe, eine Übung. Denn „weil wir ständig mit Menschen in Kontakt treten können, fürchten wir uns umso mehr, allein mit uns und unseren Gedanken zu sein.“18

Die Stille, die Leere, das Nichts auszuhalten ist offensichtlich für manche recht schwierig geworden.

Dabei hat das Nichts bei Lao-Tse sogar eine Funktion: Es ermöglicht „das Werk“!

„Dreißig Speichen umgeben eine Nabe:

In ihrem Nichts besteht des Wagens Werk.

Man höhlet Ton und bildet ihn zu Töpfen:

In ihrem Nichts besteht der Töpfe Werk.

Man gräbt Türen und Fenster, damit die Kammer werde:

In ihrem Nichts besteht der Kammer Werk.

Darum: Was ist, dient zum Besitz. Was nicht ist, dient zum Werk.“

Tao te King, Vers 11

Lao-Tse macht hier klar, dass sich kein Mann vor dem Nichts fürchten muss. Ganz im Gegenteil: Es ist die Wurzel, der Ursprung der Schöpfung! Ein Mann zeugt in der Dunkelheit der Nacht, in der Stunde des Tigers, der Zeit der stillen Meditation, zwischen vier und fünf Uhr morgens, wenn der Testosteron-Spiegel am höchsten ist. Das ist die mystische Stunde männlicher Schöpfung und Kreativität.

Diese Zeitspanne ist eine besondere: Die Griechen unterschieden zwei Zeit-Götter, Chronos und Chairos. Chronos ist uns noch geläufig in der Chronologie oder dem Chronometer und symbolisiert die Zeit in ihrem Ablauf, der Reihenfolge der Ereignisse. Der Tages- oder Jahresablauf dient zur Orientierung.

Daneben steht Chairos für eine bestimmte Zeit-Qualität. Es ist im Laufe des Jahres eine Zeit für Stille, um zu pflügen und zu eggen, zu säen, reifen zu lassen, zu ernten etc. Jede Zeit hat ihre eigene „Qualität“, die zu spüren eine besondere Übung ist. Die Beachtung der Zeitqualität kann auch den Rahmen schaffen für Umbrüche. Und genau dazu dient eigentlich der Winter, die Fastenzeit, die Zeit der Stille, der Muße: „Deus haec otiam nobis fecit“ – Gott gab uns diese Muße, sagten die Römer, wenn es darum ging, genau diese Leere, dieses Nichts, diese Langeweile nicht nur auszuhalten, sondern sie zu genießen, denn wer den ganzen Tag auf den Beinen ist, dem kann ja nichts in den Schoß fallen!

Dabei: absolute Leere gibt es eigentlich nie: Allein der Versuch, absolute Stille zu erleben, ist aussichtslos. Wer diese drinnen oder draußen sucht, wird bald scheitern. Wenn man sein Ohr schärft, kann man die natürlichen Geräusche vernehmen, die in der Natur vorkommen. Nicht jedem gelingt dies noch. Absolute Stille gibt es nur in der Arktis oder in nepalesischen Achttausender-Regionen. Irgendwann hört man dann immer die vielen Zivilisationsgeräusche und endet beim eigenen Atmen.

Wie schaffe und komme ich zu diese Leere?

Leere ist auch ein „leerer Tag“ – ohne eine einzige Aufgabe. Einen Tag lang NICHTS tun. Diese Leere vorbereiten, und dann die eigene Sinnlosigkeit spüren. Wem das nicht reicht, sollte zusätzlich den ganzen Tag schweigen. Ich garantiere fantastische Erfahrungen, jeden Tag aufs Neue! Das führt zur Selbst-Erfahrung der ganz anderen Art: Wie „stehe“ ich gerade da, hier, im Leben? Beide Beine fest am Boden, wie fühlt sich der Rest des Körpers an – alle Regionen? Oder beiße ich wieder gerade auf die Zähne? Bin ich ge- oder entspannt? Die Konzentration auf die körperliche Wahrnehmung stellt den Geist ruhig. Was ich mit den Sinnen wahrnehme, ist dem Geist nicht zugänglich, solange ich nicht in die Wertungen zurückfalle. Was also Augen, Ohren, Haut, Organe WAHR-NEHMEN, ist eine subjektive Wahr-Nehmung – meine Welt – und damit absolute Wahrheit:

„Schaffe Leere bis zum Höchsten!

Wahre die Stille bis zum Völligsten! …

Die Dinge in all ihrer Menge,

ein jedes kehrt zurück zu seiner Wurzel.

Lao-Tse: Tao–te-king, 16. Vers

Was ist diese meine Wurzel?

Die Wurzel des Geistes ist Konzentration auf die Gegenwart: Nur jetzt ist der Moment, in dem ich lebe, den mein Verstand (als) „wahr-nimmt“. Doch der Gedanke daran ist schon Beschäftigung mit Vergangenem. Wahrnehmen, was die Sinne erkennen – ohne es zu benennen, das kommt der Gegenwart etwas näher. Eckehard Tolle brachte es auf den Punkt: The Power of Now. Alles andere ist vorbei oder noch nicht. Auf die Frage: „Wie kann sich ein Mann daran erinnern, im Hier und Jetzt zu leben?“, antwortete Bruce Willis im Interview: „Umarme deinen Tod. Freunde dich an mit ihm, kitzel ihn unter dem Kinn und sei dir im Klaren, dass er dich heimsuchen wird. Benutze ihn als Anreiz, um all das zu tun, was du in deinem Leben tun willst.“19

Ich sitze oder stehe hier, jetzt im Leben. Dann lenkt mich etwas ab, ein Gedanke, ein Geräusch, ein Anruf. Irgendwann gelingt es mir, auch dies zu ignorieren. Dann wieder Ruhe. So finde ich aus der Zurückgezogenheit, aus der Stille zu meiner inneren Kraft, dem ICH, dem wahren Selbst.

Wenn ich im Folgenden vom Sterben spreche, dann ist das, was sterben muss und wird, eben nicht der tiefere Kern, unsere Seele, sondern nur das Bild, das wir von uns haben, das EGO. Diesem Ego ist das Sterben ein Graus. Und dieses Ego mit dem Tod zu konfrontieren, ist das spezifisch Männliche in den folgenden Zeilen: Das „Sterben üben“ macht und der Tod ist männlich. Aus der Leere entsteht irgendwann Todesbewusstsein. „Ein jedes kehrt zurück zu seiner Wurzel …“ – “Erde zu Erde, Asche zu Asche“. In jedem Moment kommen wir dem Tod um genau diesen Moment näher, wir tragen ihn vorbereitend in uns, indem wir altern. So gesehen kann ein Mann, anders als die Frau, dem Alterungsprozess als Vorbereitung auf den Tod sogar etwas Positives abgewinnen!

Indem wir uns innerlich auf den Tod vorbereiten, verliert er im Laufe der Jahre seinen Schrecken.

Die Verdrängung der Angst durch Arbeit, Vergnügen, Medien und alltägliche Dinge hindert daran, sich seiner Endlichkeit bewusst zu werden. Die Arbeits-, Party-, Medien- und alltägliche Verdrängungsmaschine hat dies als einen der stärksten Motoren: Die Angst zu verdrängen, das Bewusstsein um die eigene Endlichkeit zu vermeiden. Gespeist von der Angst vor materiellem Hunger oder der Kälte des Winters lässt das kindlich gebliebene, bedürftige und ängstliche EGO permanent nach „Mehr“ in allen Formen schreien: Materiell, emotional, sexuell. Ein permanenter Wunsch nach dem ultimativen Kick im Erleben oder bei Events. Bezüglich des Prestiges peitscht sich das arme EGO für den Rest des Lebens. Doch nie wird der Mangel dauerhaft ausgefüllt. Das Ego ist nie nachhaltig satt.

Es ist dieses ewig hungrige und ängstliche Ego, das die Ilsebill im Märchen vom Fischer und seiner Frau dazu treibt, ihren Mann Tag für Tag zurück an den Strand zum Butt zu schicken. Mehr will sie haben, um dann zwar mehr Prestige, ein noch größeres Haus zu haben, doch dann wieder wie mit Gier gepeitscht ihn wieder und wieder ans Meer zu schicken – und doch wird sie nie satt, nie zufrieden. Denn - was fehlt ihr, was sucht sie wirklich?

Mut braucht dagegen die Erfahrung und das Bewusstsein, uns die Stille näher zubringen: Irgendwann ist Schluss. Ob mit oder ohne Wiedergeburt, das ICH, der Körper, den wir so lieben, das Leben in seiner Fülle, der Luxus, unsere Familie, Sex, Essen, der gute Wein, die Feiern mit Freunden, das wird so, wie wir es kennen, zu Ende sein. Das Bewusstsein um den Tod, die immer wieder vergegenwärtigte Klarheit um die eigene Endlichkeit ist ein Schritt auf dem Weg in die Freiheit, denn dadurch wird jeder Tag in all seinen Facetten zu einer Reihe kleiner Wunder. „Wir beginnen zu leben, wenn wir innerlich zu sterben wissen.“20

Also werde und bleibe ich mir mit wachsender Offenheit, Klarheit, Mut und Vertrauen bewusst: ICH WERDE STERBEN.

Für Ernest Becker waren Spiritualität, Religion, die (kulturelle) Schöpfung in der menschlichen Kulturgeschichte, Sozialpsychologie und Psychoanalyse einzig Reaktionen auf die grundsätzlich verheerenden Erfahrungen innerer Leere, eigenem Tod, Verwesung und der Einsicht in die persönliche Bedeutungslosigkeit (Becker, Ernest: „Denial of Death“). Das Gegenteil von Freiheit ist eben auch der geistige Halt, Bindungen als Identifikationen und Projektionen, die den Gedanken, das Bewusstsein um die eigene Endlichkeit beiseite schieben, oder zumindest erträglich machen. Die Frage, die dagegen steht: „Was würdest du noch tun, wenn du morgen sterben würdest?“ bringt alle Bindungen, Verstrickungen, Abhängigkeiten, Versuche, „etwas für die Ewigkeit zu schaffen“ ins Bewusstsein, die uns auf Trab, am Leben halten, mit denen wir meinen, das Leben festhalten zu können. Das EGO-gepeitschte Leben, die Fremdbestimmung, die Ängste und Zwänge der ach so wichtigen Bedürfnisse, das unendliche „Brauchen“, all das fällt ab im Angesicht dieser Frage.

Eine täglich sehr einfach zu praktizierende Übung ist die Wiederholung der Vorstellung, dass der heutige auch der letzte Tag gewesen sei. Sich hin zulegen wie auf dem Totenbett und genau diesen Gedanken einige Zeit wirken zu lassen. Sich dabei zu beobachten, wie dieser Gedanke wirkt. Auf Dauer: befreiend.

Dieses Lied, dieses Gebet hilft:

„Die Frau, bei der ich Kind war, lehrte mich beten. …

Jetzt, mit meiner Angst, die schon von jeher so zum Lachen war, will ich diese Worte sprechen, wie damals

vor vielen, vielen Jahren, als ich das erste Mal begriff,

dass wir nicht an der Fähigkeit zu sterben,

sondern an der Unfähigkeit zu leben zugrunde gehen:

Herr gib, dass ich Liebe gebe, wo Hass ist,

dass ich verzeihe, wo Schuld ist,

vereine, wo Zwietracht herrscht,

nicht um getröstet zu werden, sondern um zu trösten,

nicht um verstanden zu werden, sondern um zu verstehen,

nicht um geliebt zu werden, sondern um zu lieben.

Nur dies ist wichtig.

Denn da wir geben, empfangen wir,

da wir uns selbst vergessen, finden wir,

da wir verzeihen, erhalten wir Vergebung,

da wir sterben, gehen wir in das neue Leben.“21

Im ersten Teil des Gebets kommt ein Prozess der Reifung („wie damals, vor vielen, vielen Jahren,…“) zum Ausdruck, der nie ganz abgeschlossen ist und der sich im Leben eines Mannes wiederholt: der Prozess des Sterbens und der Moment des Todes. Was in dem zitierten Gebet zu sterben hat, was in mir als Mann sterben muss, damit ich zum Mann werde, ist ein Teil von mir, der sich längst überlebt hat, nämlich das Kind. Damit ist weniger das leichte, das unbeschwerte, das herzliche, fröhliche, offene und viel zitierte „innere Kind“ gemeint, im Gegenteil, als rationaler, übertrieben vernunftgesteuerter Mann muss ich mir diesen Teil oft wieder erarbeiten: den spontanen Gefühlsausdruck, das Lachen, das sinnlose Herum albern, das Staunen, das Wundern, Nachfragen, das Suchen von Überraschungen …

Das kann und will ich mir erhalten bis aufs Totenbett!

Nein, was wir als „gestandene Männer“ aufgeben müssen, ist das Kind in uns mit all seiner Bedürftigkeit, in seinem uferlosen Verlangen nach mehr, in seiner grenzenlosen Erwartung an das Leben, des Haben-Wollens, in seiner Angst, zu kurz zu kommen. Das Kind, das nicht gelernt hat und nicht lernen will, wo seine