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Die elfjährige Delly ist anders als andere Mädchen: neugierig, unerschrocken und erfinderisch – und sie liebt Überraschungen. Sie lässt Tiere frei, wenn sie ihr leidtun. Sie beleidigt andere, ohne es zu merken. Sie leiht sich Sachen aus, weil ein Abenteuer lockt. Und sie prügelt sich schon mal, falls ihr jemand widerspricht. Bis Ferris in die Klasse kommt. Ferris ist auch anders: Sie spricht nicht und will nicht berührt werden. Alle respektieren das, nur Delly will wissen, warum. Doch sie muss erst lernen, Ferris’ Schweigen in Vertrauen zu verwandeln, bis diese sich öffnet. Als es geschieht, ist es die größte Überraschung, die Delly je erlebt hat. Und der Beginn einer großen Freundschaft.
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Seitenzahl: 259
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Hanser E-Book
KATHERINE HANNIGAN
DIEWAHRHEIT, WIEDELLY SIESIEHT
Aus dem Englischenvon Susanne Hornfeck
Carl Hanser Verlag
Die Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel
True ... (sort of) bei Greenwillow Books,
an imprint of HarperCollins Publishers, New York.
ISBN 978-3-446-24561-7
© Katherine Hannigan 2011
Alle Rechte der deutschen Ausgabe:
© Carl Hanser Verlag München 2014
Umschlaggestaltung: Marion Blomeyer, Lowlypaper, München
unter Verwendung eines Fotos von Clarissa Leahy/Getty Images
Satz: Satz für Satz. Barbara Reischmann, Leutkirch
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Für alle die Kinder, die nicht sprechen,
und für jene, die sie trotzdem hören
und ihnen einen sicheren Ort bieten.
Delly Pattison war winzig. Ihr Haar lag in festen Locken um den Kopf wie ein kupferroter Heiligenschein, und ihre Stimme war so rau, als wäre ihr Hals ein Schotterweg.
Delly Pattison, das bedeutete ärGER: kleiner ärger, der sich anschickte, GROSSER ÄRGER zu werden, und der seinem Ziel täglich näher kam.
Wenn Delly für Ärger sorgte, dann nie mit Absicht. Es war immer dasselbe: Delly fand etwas echt lustig und eine prima Idee. Und am Ende brüllte irgendjemand: »Auf dein Zimmer, Delaware Pattison!« oder »Willkommen in der Verbannung, Ms. Pattison. Auf ein Neues!«. Und da saß sie dann und fragte sich, wie etwas, was so richtig angefangen hatte, so falsch enden konnte.
Es fing an, als Delly sechs Jahre alt wurde. Auf einmal war er immer schon vor ihr da, der Ärger. Und sie stolperte einfach mitten hinein. Zum ersten Mal in dem Sommer, als die Pattisons die Landwirtschaftsausstellung besuchten.
Clarice Pattison hatte zu Boomer gesagt: »Lass uns mit den Kindern hingehen. Da können sie sich Kühe anschauen und ein paar Runden Karussell fahren.«
»Klingt gut«, hatte Boomer zugestimmt.
Also packten sie alle ihre Kinder – Dallas, den Ältesten, dann Tallahassee, Montana, Galveston, Delaware und Baby RB – in den Lieferwagen und fuhren los.
Auf dem Parkplatz waren es acht Pattisons. Am Geflügelpavillon auch noch, als Boomer noch einmal durchzählte. Erst beim Rinderpferch bemerkte Clarice, dass jemand fehlte. Nach einer Bestandsaufnahme rief sie: »Delly!«
Keine Antwort.
Die Pattisons schwärmten aus und suchten unter Traktoren und hinter Heuballen nach ihr.
Delly blieben derweil zehn Minuten allein im Geflügelpavillon.
Clayton Fitch bemerkte sie als Erster: Hühner aller Rassen spazierten zur Tür des Gebäudes hinaus, als gingen sie in die Ferien.
»Die Hühner sind los!«, kreischte er. Dann rannte er im Kreis herum und zeterte: »Allmächtiger, die Hühner sind los!«
Die Polizistin Verena Tibbetts stand am Haupteingang, damit sich niemand ohne Eintrittskarte hineinschwindelte. Sie kam angeprescht und rief: »Clayton, hör auf zu plärren, fang lieber die Hühner ein!«
Dann stürzte sie in den Pavillon, um nach dem Grund für das Durcheinander zu forschen.
Auf halbem Weg zwischen den Käfigen fand sie ihn: Dort stand Delly Pattison auf einer Obstkiste, die Hand in einem der Käfige, und schubste gerade ein Huhn am Hintern.
»Na los, jetzt geh schon. Du bist frei«, krächzte sie, während das Huhn auf den Boden flatterte.
Wachtmeisterin Tibbetts rannte zu ihr. Sie packte Delly, zog sie energisch zu sich heran und hielt sie so fest, dass beide einander riechen konnten.
»Es ist schlimm, Hühner aus dem Käfig zu lassen! SCHLIMM, SCHLIMM, SCHLIMM!«, polterte sie und machte sich innerlich gefasst auf das Geheule, das nun unweigerlich folgen würde.
Doch Delly tat nichts dergleichen: Sie lächelte nur. Ihre Mundwinkel wanderten nach oben, fast bis hinauf zu den Augäpfeln.
»Sie sind ja lustig«, sagte Delly und kicherte.
Zunächst war Verena so verblüfft, dass sie das seltsame Mädchen einfach nur anstarrte. Dann knurrte sie.
Und so fand Clarice die beiden, eine knurrend, die andere grinsend.
»Bringen Sie dieses Kind nach Hause«, befahl ihr Wachtmeisterin Tibbetts.
Und das tat sie dann auch.
Zehn Leute brauchten zwei Stunden, um die Hühner wieder in ihre Käfige zu sperren. Als sie fertig waren, stand Delly ganz oben auf Verena Tibbetts’ Liste der schlimmsten Kinder von River Bluffs.
Von da an riss der Ärger nicht mehr ab. Er verfolgte Delly auf Schritt und Tritt.
Als sie sieben war, nahm sich Delly ein Blech mit Brownies von Mabel Silcox’ rückwärtiger Veranda.
»Wo hast du die her?«, wollte Clarice wissen, als sie die halb aufgegessenen Brownies in Dellys Zimmer fand.
»Ms. Silcox hat mir ein Überraschenk* gemacht«, sagte Delly. Ihr Lächeln war so breit, dass es die Augen zu schmalen Schlitzen zusammenschob.
»Was ist ein Überraschenk?«, fragte Clarice verwundert.
»Ein Geschenk, mit dem man gar nicht gerechnet hat, weil es gleichzeitig eine Überraschung ist. Also was noch viel Besseres als ein Geschenk«, erklärte Delly.
Mabel Silcox drückte es anders aus: »Ich wurde beraubt!«, schrie sie.
Clarice holte Delly zum Verhör. »Würdest du diese Brownies immer noch als Geschenk bezeichnen?«
»Als Überraschenk, Ma«, stellte Delly richtig.
»Auf dein Zimmer«, befahl Clarice.
»Aber ...«
»Verschwinde.«
Und das tat Delly.
»Manchmal ist Ma mir echt ein Rätsulosum*«, sagte Delly zu dem leeren Brownieblech.
Als sie acht wurde, fand Delly, dass dieser Tag einfach zu schön sei, um ihn drinnen und in der Schule zu verbringen, und so erklärte sie ihn kurzerhand zum Dellyfest*.
Bevor sie ging, schrieb sie noch schnell auf einen Zettel: Bitte entschuldigen Sie Delly. Sie kommt morgen wieder. Sie unterschrieb und gab ihn den Dettbarn-Zwillingen mit. Schließlich sollte sich in der Schule niemand Sorgen um sie machen.
Und weil jetzt alles geregelt war, machte auch sie sich keine Sorgen und schaukelte und rutschte fröhlich auf dem Spielplatz. So lange, bis Verena Tibbetts in ihrem Streifenwagen vorfuhr. Selbst als die Polizistin »In den Wagen mit dir!« rief, machte Delly sich noch keine Sorgen. Vom Rücksitz aus winkte sie den Passanten zu, als nähme sie an einer Dellyfest-Parade teil.
Verwirrung setzte erst ein, als Clarice und Boomer ihr verkündeten: »Hausarrest. Eine Woche.«
»Das ist ein Katastrofehler*«, beschwerte Delly sich empört.
Niemand widersprach ihr.
Als sie neun war, entdeckte Delly das Kanu, das Clayton Fitch unten am Fluss liegen hatte, und machte eine Probefahrt. Sie wollte einfach nur sehen, wie weit sie kam.
»Wir unternehmen ein ADellteuer*«, verkündete sie dem Boot, und es schaukelte und schlingerte mit ihr den Fluss hinunter.
Bei Hickory Corners, zwei Ortschaften und fünfzehn Kilometer weiter, strandeten sie schließlich.
Die Polizei benachrichtigte Clarice.
Auf der Heimfahrt im Lieferwagen blieben Clarices Lippen vor Sorge und Zorn verschlossen.
Also füllte Delly das Schweigen. »Ma, ich hab Schildkröten gesehen, so groß wie Steinbrocken«, sagte sie.
»Das Boot ist gegen einen Felsen geknallt und dann verkehrt herum gefahren, aber ich hatte kein bisschen Angst«, fuhr sie fort.
»Ma, nächstes Mal schaffe ich es bestimmt bis nach ...«
Clarice hielt auf dem Seitenstreifen. »Delly«, brüllte sie, »niemand wusste, wo du warst. Du hättest tot sein können!« Sie zitterte am ganzen Körper.
»Aber, Ma«, erklärte Delly so geduldig, als sei Clarice ein kleines Kind, »ich hatte doch meine Schwimmweste an.«
»Genug!«, schrie Clarice, und sie fuhren weiter.
Zu Hause fand Delly heraus, wohin man kommt, wenn man ein Kanu flussabwärts nimmt: »Ab in dein Zimmer. Hausarrest. Zwei Wochen«, befahl Clarice.
Zu allem Übel musste sie Clayton Fitch auch noch die Leihgebühr für das Boot entrichten. »Schlimm, schlimmster, am schlimmstesten«, sagte er, als sie ihm das Geld in die Hand zählte.
Als sie zehn war, erfand Delly das Unfluchikon* Sie dachte sich Wörter aus, die Leute anstelle von Flüchen verwenden konnten, zum Beispiel Schissel*, Missel* oder Verdammdusselig*. Sie schrieb sie auf und gab sie an alle Kinder weiter, die sie kannte.
»Wer nicht flucht«, erklärte sie, »kriegt auch keinen Ärger.«
Doch die Art, wie die Kinder diese Wörter aussprachen, so laut und so lustvoll, machte die Erwachsenen misstrauisch. Sie begannen Fragen zu stellen, und alle Antworten deuteten auf Delly und ihr Unfluchikon.
Dreimal musste Delly zum Nachtisch Seife essen.
Mit Schaum vor dem Mund jammerte sie: »Aber, Ma, ich hab doch gar nicht geflucht.«
»Darum geht es nicht«, erwiderte Clarice.
»Worum dann?«, blubberte* Delly.
Clarice schüttelte nur den Kopf.
Und es kam noch mehr: großer Ärger, kleiner Ärger, sogar Weihnachts- und Geburtstagsärger.
Doch selbst wenn Delly Seife kaute oder in ihrem Zimmer festsaß, verlor sie nie die Überzeugung, dass der Spaß höchstens zwei Schritte und ein Verdammdusselig von ihr und dem ganzen Ärger entfernt war. Deshalb hörte sie nicht auf zu lächeln.
Vielleicht lag es ja daran, dass sie so winzig war. Möglicherweise aber auch an ihren krausen Locken. Oder daran, dass sie so oft »schlimm« genannt worden war: Jedenfalls veränderte sich Delly, als sie elf war.
Und zwar nicht zum Besseren.
Zuerst waren es nur Kleinigkeiten: Sie machte keine Hausaufgaben mehr und fiel anderen ins Wort.
(Nicht, dass das neu gewesen wäre. Delly hatte schon öfter ihre Hausaufgaben vergessen, und mit guten Manieren hatte sie noch nie geglänzt.)
Wenn aber jetzt ihr Lehrer Lionel Terwilliger sagte: »Ms. Pattison, lassen Sie Ihre Mitschüler bitte ausreden«, dann lächelte sie nicht oder sagte »’tschuldigung« wie früher, sondern ließ sich unwillig auf ihren Platz plumpsen. Und wenn er sagte: »Ihr Aufsatz muss jetzt endlich fertig werden. Sie können ihn morgen noch abgeben, aber das ist der allerletzte Termin. Und es gibt eine halbe Note Abzug wegen Bummelei.« – wenn er das also sagte, dann antwortete sie nicht: »Geht in Ordnung, danke«, sondern brummelte bloß, »... dann krieg ich halt ’ne Sechs«.
»Ich mache mir Sorgen um Delly«, sagte Clarice zu Boomer.
Der nickte. »Ja. Ihre Noten werden immer schlechter.«
»Das ist es gar nicht«, sagte sie.
»Was dann? Dass sie ständig nachsitzen muss?«
»Nein.«
»Die Freifahrten mit Wachtmeisterin Tibbetts?«
»Ich meine ihr Lächeln.« Clarices Stimme kippte. »Es ist weg.«
Das Lächeln, das immer auf Dellys Gesicht gelegen hatte, war verschwunden. An seine Stelle war ein missgünstiges Feixen getreten. Ein hämisches, schiefes Grinsen, das nur vorgab, fröhlich zu sein. Es schnitt Clarice jedes Mal ins Herz, wenn sie es sah.
»Irgendwann wird sie es zurückbekommen, ihr Lächeln«, tröstete Boomer seine Frau.
Clarice nickte und hoffte, dass er recht behielt.
Delly bekam tatsächlich etwas, doch es war nicht ihr Lächeln.
Sie bekam Streit.
An einem Mittwoch in der Pause passierte es: Alice Mae Gundermann kickte aus Versehen einen Ball aufs Schulhausdach und heulte.
Delly, die alles mit ansah, wusste, was sie zu tun hatte, für Alice Mae und bloß so zum Spaß.
Sie hangelte sich an der Dachrinne aufs Dach hinauf. »Hey, Alice Mae«, rief sie und kickte den Ball zu ihr hinunter.
Delly wusste, dass sie das Richtige getan hatte, und ihre Mundwinkel begannen aufwärtszuwandern.
Da bemerkte Ms. Niederbaum, die Pausenaufsicht, Delly auf dem Dach. »Komm sofort da runter, Delly Pattison!«, schrie sie.
Und Delly kam.
Auf dem Basketballfeld gab es eine große Landkarte der Vereinigten Staaten. Alaska lag einsam ganz am Rand. Dorthin wurde Delly verbannt.
»Nach Alaska«, befahl Ms. Niederbaum.
Delly blickte zu Alice Mae hinüber, die lächelnd weiterspielte. »Aber ...«, murmelte sie.
»Ab mit dir!«
Delly fragte nicht weiter. Wieso auch. Sie wusste die Antwort bereits: Sie war schlimm, sie war im Unrecht, sie machte nichts als Ärger.
Während sie in das Land der Verbannten trottete, gellten die Worte schlimm, Unrecht und Ärger in Dellys Ohren, als wären es ihre Namen.
Danny Novelos hatte ebenfalls alles mit angesehen. Er grinste und rannte, eine Horde Kinder im Schlepptau, zu Delly hin. »Klein genug ist sie«, erklärte er ihnen. »Und klettern kann sie wie einer. Mal sehen, ob sie sprechen kann.«
»Kannst ... du ... sprechen?«, fragte er Dellys Hinterkopf.
Die Horde kicherte.
»Du ... sprechen?«, brüllte er ihr ins Ohr.
An jedem anderen Tag hätte Delly ihm eine gescheuert und ihm ein »Hey, Danny Hirnlos, wir reden weiter, wenn du eins hast« hingeschleudert. Doch die einzigen Worte, die ihr jetzt einfielen, waren schlimm, Unrecht, Ärger. Und damit war sie gemeint.
»Grrrr«, knurrte Delly.
»Kann nicht sprechen«, kreischte Novelos. »Muss wohl ein Affe sein!«
Lacher umschwirrten Delly und stachen sie.
Sie ließ sich auf Alaska niedersinken. Schlimm, Unrecht, Ärger, trommelte es mit jedem Herzschlag. Sie spürte, wie sich Tränen hinter ihren Augäpfeln sammelten.
Aber Delly Pattison heulte nicht. Lieber sagte sie etwas Wütendes, um das Traurige zu verscheuchen. »Ich hab keinen Bock mehr, mich schlecht zu fühlen«, murrte sie.
Augenblicklich hörten ihre Augen zu tränen auf.
»Ich hab keinen Bock mehr, Ärger zu kriegen und nicht zu wissen, wieso.« Sie versetzte Alaska einen Schlag.
Jetzt tat ihr Herz nicht mehr weh. Jetzt übernahm das Wütende die Regie.
Aber das Schlechtfühlgefühl war noch nicht fertig mit ihr. »Und was gedenkst du jetzt zu tun?«, höhnte es.
Das Wütende wusste allerdings auch keine Antwort.
Bis Novelos daherkam und sie foppte: »Hey, Äffchen, komm zurück in den Zoo.«
Es kostete Delly ganze neun Sekunden, sich Novelos zu schnappen und ihn flachzulegen. Dann kniff sie ihm geschlagene sechs Sekunden lang in die Nase, bis er schrie: »Ich nehm’s zurück! Ich nehm alles zurück!«
Ms. Niederbaum benötigte lediglich zwei Sekunden, um Delly von ihm wegzuzerren. Die wiederum bekam dafür neuntausend Sekunden Alaska aufgebrummt.
Aber Delly bereute diese fünfzehn Sekunden Rauferei keineswegs. Weil sie nicht mehr traurig war und sich nicht länger schlecht fühlte. Ausnahmsweise wusste sie diesmal nämlich ganz genau, wieso sie Ärger gekriegt hatte. Es hatte sich gelohnt.
Wenn von da an jemand hinter Dellys Rücken blöd kicherte, dann knuffte sie ihn. Wenn ein Kind in ihrer Gegenwart flüsterte, dann rempelte Delly es an. Sie geriet in so viele Raufereien mit so vielen Kindern, dass nur noch RB und die Dettbarn-Zwillinge sich an sie herantrauten. Alle anderen Freunde hatten sie irgendwann aufgegeben.
Eines Tages, nach zwei Anrufen aus der Schule und einer weiteren Dellynquentenfahrt* mit Wachtmeisterin Tibbetts hatte Clarice genug. »Was machen wir bloß mit dir, Delly?«, schrie sie. »Was ist eigentlich los?«
Und Delly sagte es ihr, ganz ohne höhnisches Feixen und sonstigen Firlefanz: »Ich bin einfach schauderwärtig*, Ma.«
»Was ist schauderwärtig ?«, fragte Clarice.
»Schauderhaft, widerwärtig und schlimm«, erläuterte Delly. »Genau wie alle immer sagen.«
»Das stimmt nicht«, widersprach Clarice. »Du bist nicht schlimm.«
Aber Clarice konnte Delly nicht davon abbringen.
Kein bisschen.
Delly Pattison war lächelnd zur Welt gekommen.
»Was für ein fröhliches Baby«, hatte Mabel Silcox gesagt.
»Dieses Kind ist einfach zu fröhlich«, murrte Clayton Fitch.
Selbst nachdem der Ärger sie auf Schritt und Tritt verfolgte, begann Delly jeden neuen Tag mit einem Lächeln. Sobald sie die Augen öffnete, jauchzte sie »Kruziwuzi*!« und rannte lachend hinunter zum Frühstück.
Als der Ärger aber die Oberhand gewonnen hatte, ging das Schlechtfühlgefühl allabendlich mit ihr zu Bett, und sobald Delly erwachte, verkündete es: »Wieder ein Tag voller Ärger!«
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