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Zwei verfeindete Brüder - Ein verlorener Schatz - Eine mutige junge Frau: Teil 3 der großen e-Book-Serie der Bestsellerautorin Iny Lorentz! Nach einigen Verstrickungen fliehen Klara und die als Hexe verfolgte Martha nach Bamberg. Als sie dort ankommen, entdeckt ihr Widersacher sie und lässt beide wegen Hexerei festnehmen. Doch sie bekommen unerwartet Hilfe, und zwischen Klara und Tobias entsteht eine Zuneigung, die sie beide nicht erwartet hätten… Begeisterte Leserstimmen: »Ich bin auf das Ende gespannt.« »Das müsst Ihr unbedingt lesen.« »Empfehlenswert.«
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Seitenzahl: 115
Veröffentlichungsjahr: 2014
Iny Lorentz
Die Wanderapothekerin
Serial Teil 3
Knaur e-books
Süddeutschland, 18. Jahrhundert:
Wanderapotheker ziehen aus Thüringen mit ihren Heilmitteln durch halb Europa. Zwei von ihnen haben vor vielen Jahren einen wertvollen Goldschatz gefunden. Während Martin seinen Anteil versteckt hat, ist seinem Bruder Alois nichts davon geblieben. Verzweifelt versucht er, Martin zur Herausgabe seines Anteils zu bewegen. Als dieser sich weigert, kommt es zu einem tödlichen Streit. Alois glaubt sich bereits am Ziel seiner Wünsche, doch er hat nicht mit dem erbitterten Widerstand seiner Nichte Klara gerechnet. Durch den Verlust des Vaters sieht Klara sich, ihre Mutter und ihre Geschwister in tiefste Armut stürzen. Um das zu verhindern, will sie nach Rudolstadt gehen, um Fürst Ludwig Friedrich um Hilfe anzuflehen. Sie muss dafür einen Weg wählen, auf dem bereits zwei junge Frauen spurlos verschwunden sind. Obwohl die Bewohner der Umgebung glauben, dass der Teufel seine Hand im Spiel hat, lässt Klara sich nicht beirren. Dies ist jedoch nur die erste von vielen Gefahren, denen sich die junge Frau stellen muss …
Hexenjagd
Tobias Just hatte sich in Kronach ein Pferd gemietet und ritt nun, vom Sohn des Besitzers auf einem anderen Gaul begleitet, den gleichen Weg entlang, den Klara zwei Tage vor ihm genommen hatte. Seine Laune war ausgezeichnet, denn er hatte in Kronach und zwei Nachbarstädten einen guten Handel mit den dortigen Apothekern abgeschlossen. Damit, sagte Tobias sich, hatten sie genug Geld, um sich vom Fürsten das Privileg zu erkaufen, zwei weitere Wanderapotheker auf den Weg zu schicken. Da dies dem hohen Herrn Steuern eintrug, würden dessen Beamte sich Mühe geben, andere Fürsten davon zu überzeugen, in ihren Ländern den Handel mit Königseer Arzneien zu erlauben. Vielleicht konnten sie sogar einen Wanderapotheker bis in die Niederlande schicken, dachte Tobias gerade, als er und sein Begleiter ein Dorf erreichten, in dem großer Aufruhr herrschte.
»Was ist denn hier los?«, fragte er, da mehrere Dutzend Männer und Frauen auf der einzigen Straße herumstanden, die durch den Ort führte, und keiner daran dachte, ihm den Weg frei zu machen.
»Die Hexe ist entkommen!«, rief ein Mann ihm zu.
»Eine Hexe? Aber …« Im ersten Schreck befürchtete Tobias, der Knecht meinte Klara.
»Jawohl, Herr! Eine ganz schlimme Hexe! Sie ist eine Teufelsbraut und hat einen Geisterbären beschworen, um den Herden Seiner Erlaucht, Graf Benno, Schaden zuzufügen. Als wir sie gestern endlich gefangen hatten und ihrer gerechten Strafe zuführen wollten, ist der Bär erneut erschienen, hat ein Dutzend wackerer Burschen niedergeschlagen und dieses Weib befreit. Gangolf ist der Einzige der gräflichen Jagdgehilfen, der dem Untier lebend entkommen konnte. Aber er hat noch gesehen, wie der Bär die Fesseln der Hexe zerbissen hat und diese auf seinen Rücken gestiegen ist. Das Ungeheuer hat sie dann in den Wald getragen, so als wäre es ein Pferd.«
Tobias musste an sich halten, um bei diesem atemlos hervorgestoßenen Bericht nicht hellauf zu lachen. Es gab keine Hexen, das hatte der Pastor von Königsee bereits vor Jahren verkündet. Vor allem aber konnte niemand jemand anderen verhexen oder Geisterwesen herbeirufen. Für ihn war das Tier, das die Herden des Grafen heimgesucht und mehrere von dessen Männern getötet hatte, schlicht und einfach nur ein Bär, den mutige Männer zur Strecke bringen konnten.
Dies war allerdings nicht seine Angelegenheit. Er wollte weiterreiten, um Klara spätestens am nächsten Tag einzuholen.
»He, Bursche!«, rief er den phantasievollen Erzähler an. »Ist gestern hier ein junges Mädchen vorbeigekommen? Sie trägt ein Gestell auf dem Rücken und ist schwer beladen!«
»Das kann ich nicht sagen, denn ich war die ganze Zeit als Treiber bei der Jagd auf die Hexe dabei«, sagte der Mann. »Vielleicht wissen die Weibsleute etwas. He, Lina, ist gestern ein Mädchen mit einer Kiepe oder so was Ähnlichem hier gewesen?«
Die angesprochene Frau drehte sich um und nickte. »Ja. Sie geht für einen der Königseer, die diese heilenden Balsame und Essenzen herstellen.«
»Das ist gut!«, rief Tobias erleichtert. »Wenn ihr mir jetzt die Freude machen und mich durchlassen könntet, wäre ich euch sehr verbunden!«
»Das würden wir ja gerne«, meinte der Knecht mit einem verlegenen Grinsen. »Aber die Männer Seiner Erlaucht blockieren alles. Selbst wir kommen nicht durch. Dabei habe ich bereits gestern meine Arbeit versäumt und kann nur hoffen, dass Seine Erlaucht mich nicht noch einmal als Treiber haben will. Sonst ist auch der heutige Tag im Eimer.«
Tobias blickte nach vorne und sah ein Dutzend Reiter, die tatsächlich die gesamte Straße für sich beanspruchten. Ein Teil davon trug Livreen, andere waren ihrer Tracht nach Bauern, und jeder hielt eine Waffe in der Hand. Zumeist waren es Spieße, aber zwei verfügten auch über eine Armbrust. Der Graf, der eben aus dem Tor seines Schlosses trat, schleppte eine großkalibrige Flinte mit sich. Gekleidet war er in lederne Kniehosen, hohe Stiefel und einen blauen Rock, und er trug einen so hasserfüllten Gesichtsausdruck zur Schau, dass es Tobias schüttelte.
»Wir werden diese Hexe erwischen!«, rief Graf Benno und drohte mit der Faust gen Himmel, als wollte er Gott selbst einschüchtern. »Dann wird sie es bedauern, geboren worden zu sein. Sind die Hunde bereit?«
»Das sind sie, Euer Erlaucht!« Der Hundeführer kam mit einer Meute großer, knurrender und geifernder Wolfshunde, die aufgeregt um sich schnappten. Einer biss sogar ein Kind, das sich zu weit vorgewagt hatte.
Als Graf Benno es sah, lachte er höhnisch. »Das wird dem Bengel eine Lehre sein, meinen Hunden den Vortritt zu lassen.«
Der Mann wurde Tobias immer unsympathischer, und er überlegte schon, ob er nicht umkehren und um das Dorf herumreiten sollte. Doch da er die Wege nicht kannte, befürchtete er, sich zu verirren. Er wartete daher, bis der Graf mit seinen Männern aufgebrochen war, und ritt in genügend großem Abstand hinter dem Trupp her. Graf Benno schlug ein hohes Tempo ein, so dass er bald in der Ferne verschwand. Darüber war nicht nur Tobias froh, sondern auch der junge Mann, der ihn begleitete, denn die Nähe solcher Despoten barg auch für harmlose Reisende Gefahr.
Tobias beschäftigte sich noch eine Weile mit dem, was er erfahren hatte, und machte sich Sorgen um Klara, die ihm nur wenige Meilen voraus sein konnte. In der Stimmung, in der sich der Graf befand, würde er das Mädchen einfach niederreiten, wenn es ihm nicht rasch genug den Weg freigab.
Ich hätte sie nicht allein loslaufen lassen dürfen!, dachte Tobias und überhäufte sich mit Selbstvorwürfen. Dabei ließ er seinen Gaul unwillkürlich schneller traben. Ein Blick über die Schulter zeigte ihm, dass sein Begleiter locker mit ihm Schritt hielt.
»Was hältst du von dieser Sache?«, fragte Tobias ihn.
»Das hier sind alles Hinterwäldler, die noch an Geister und Hexen glauben«, antwortete der junge Bursche mit einer wegwerfenden Geste. »Dabei weiß doch jeder, dass es so etwas nicht gibt.«
»Anscheinend nicht jeder, sonst würde dieser Graf nicht auf Hexenjagd gehen«, meinte Tobias.
Der Sohn des Pferdeverleihers lachte grimmig. »Das ist Graf Benno von Güssberg! Der ist so strohdumm, dass es ihm eigentlich weh tun müsste. Zudem presst er seine Bauern aus, bis sie sich nicht mehr rühren können. Wenn in seinem Ländchen mal eine Viehseuche ausbricht oder die Ernte verdirbt, muss er in die Stadt zu den Herren Bankiers – und von seinen Leibeigenen wird die Hälfte verhungern!«
»Ist der Graf wirklich so schlimm?«, fragte Tobias verwundert.
»Ihr werdet im Umkreis von zehn Meilen niemanden finden, der ihn für einen guten Menschen hält«, antwortete der Bursche verächtlich. »Aber schaut mal! Wie es aussieht, gibt es bei seiner Hexenjagd Probleme.«
Tobias’ Begleiter deutete nach vorne, und nun entdeckte auch dieser den Trupp des Grafen, der schon wieder die Straße versperrte. Graf Benno saß auf einem anderen Pferd, während einer seiner Männer sein altes Reittier am Zügel hielt. Ein anderer Reiter war ebenfalls abgestiegen und überprüfte die Hufe seines Gauls.
»Der lahmt auch!«, sagte der Mann, als er wieder zu seinem Herrn aufblickte.
»Das ist der Fluch der Hexe! Sie will verhindern, dass wir ihr folgen können. Doch mit Gottes Hilfe werden wir sie einholen und fangen.« Noch während er es sagte, entdeckte Graf Benno Tobias und dessen Begleiter.
»Die beiden Kerle kommen uns gerade recht. Los, nehmt ihre Gäule! Dann reiten wir weiter.«
Die beiden Männer ließen ihre Pferde los und traten auf Tobias und den Sohn des Pferdebesitzers zu. »Los, runter von den Gäulen! Wir brauchen sie«, rief einer von ihnen.
»He, so haben wir nicht gewettet!«, antwortete Tobias empört. »Ich habe das Pferd gemietet, um nach Bamberg zu kommen, und kann es nicht einfach Fremden überlassen.«
»Ich auch nicht!«, erklärte sein Begleiter. »Die Pferde gehören meinem Vater, und ich gebe sie nicht her.«
Die beiden Gefolgsleute des Grafen sahen sich kurz um. Dann winkte einer seinen Kameraden zu. »Die beiden wollen Schwierigkeiten machen!«
Sofort lenkten sechs Reiter ihre Pferde auf Tobias und dessen Weggefährten zu und richteten ihre Waffen auf sie.
»Steigt ab, oder wir stoßen euch nieder!«
»Wir sollten es tun!«, riet der junge Bursche. »Die Kerle sehen so aus, als wäre es ihnen damit ernst.«
Tobias’ Gesicht färbte sich rot vor Zorn. »Ich werde die Gäule nicht ersetzen! Dein Vater mag sie von diesem verdammten Grafen zurückfordern.«
»Beleidige meinen Herrn nicht!« Noch während Gangolf es sagte, schlug er Tobias die Faust in die Rippen. Diesen juckte es in den Fingern, zurückzuschlagen, doch angesichts der drohenden Waffen hielt er still.
Zwei Kerle packten ihn und rissen ihn vom Pferd, und seinem Begleiter erging es nicht anders. Beide erhielten noch ein paar derbe Hiebe, dann schwangen der Mann, der seinen Gaul an den Grafen hatte abgeben müssen, und der, dessen Reittier ebenfalls lahmte, sich auf die eben erbeuteten Gäule, und der Trupp ritt davon.
»Da soll doch der Teufel in eigener Person dreinschlagen!«, fluchte Tobias empört.
Unterdessen fing sein Weggefährte die beiden lahmen Pferde ein, schüttelte dann aber den Kopf. »Mit denen kommen wir keine Viertelmeile weit.«
»Diese elenden Kerle. Ein Graf will das sein? Benimmt sich wie ein Schnapphahn!« Tobias ballte die Fäuste, wusste aber selbst, dass es ihm kaum möglich sein würde, Benno von Güssberg zur Rechenschaft zu ziehen.
»Ich kehre um und werde diese Pferde als Ersatz für die verlorenen nach Hause bringen«, sagte sein Begleiter.
»Das hilft mir wenig! Ich habe deinen Vater dafür bezahlt, dass er mir den Gaul für den Ritt nach Bamberg überlässt. Und wir haben noch nicht einmal ein Viertel der Strecke zurückgelegt.«
Der andere hob bedauernd die Hand. »Es tut mir leid, aber ich kann Euch nicht helfen.«
»Ich will mein Geld zurück, damit ich mir woanders einen Gaul leihen kann!«, rief Tobias erbost.
»So viel habe ich nicht bei mir. Wenn Ihr mit mir zurückkommt, erhaltet Ihr von meinem Vater ein anderes Pferd.«
Tobias überlegte, ob er dieses Angebot annehmen sollte. Zu Fuß würden sie mindestens zwei Tage für den Rückweg brauchen, vielleicht sogar länger, da die Pferde lahm waren und geschont werden mussten. Bis er dann wieder unterwegs war, würde Klara Bamberg längst passiert haben. Ging er jedoch rasch genug, konnte er sie spätestens dort einholen, denn sie musste in den Dörfern handeln und würde daher nicht so schnell vorwärtskommen wie er.
»Ich werde auf dem Rückweg zu deinem Vater kommen und mein Geld einfordern«, sagte er daher, verabschiedete sich und suchte den Mantelsack mit seinen Habseligkeiten, den die Kerle vom Sattel gerissen und in ein Gebüsch geworfen hatten.
Im Weitergehen überlegte er, ob es irgendeine Möglichkeit gab, Graf Benno diese Unverschämtheit heimzuzahlen. Aber als einfacher Bürger hatte er gegen einen Adeligen dieses Ranges nicht die geringste Chance.
Martha war eine ausgezeichnete Köchin, das musste Klara neidlos anerkennen. Die Fische und Flusskrebse, die ihre Begleiterin gebraten hatte, waren mit das Beste, was sie bisher gegessen hatte. Trotzdem fühlte sie sich nicht wohl im Wald, und Martha empfand es genauso. Die Begegnung mit dem Bären hatte beiden gezeigt, dass es nicht ungefährlich war, sich in dieser Wildnis aufzuhalten. Ihnen blieb jedoch nichts anderes übrig, als auch die nächste Nacht unter dem Sternenzelt zu verbringen. Bis zum nächsten Dorf hatten sie mindestens noch eine Viertelmeile zu gehen und würden in die Dunkelheit geraten.
»Hoffentlich kommt der Bär uns nicht nach«, sagte Klara, während sie sich angespannt umsah.
»Glaube ich nicht«, antwortete Martha. »Außerdem haben wir ein Lagerfeuer, und das scheuen die wilden Tiere.«
»Das wird nicht die ganze Nacht hindurch brennen«, wandte Klara ein.
»Deshalb sollten wir uns rasch noch einen Vorrat an trockenem Holz zulegen. Immer, wenn eine von uns aufwacht, soll sie ein paar Äste nachlegen.«
Marthas Vater war einer der Holzknechte des Grafen gewesen und hatte oft genug im Forst übernachten müssen. Daher wusste die junge Frau, wie sie sich verhalten sollte.
Klara war nun doch froh, Martha bei sich zu haben, auch wenn sie ohne ihre Begleiterin wohl nicht im Wald hätte übernachten müssen. »Morgen will ich wieder in einem richtigen Bett schlafen«, sagte sie und erinnerte sich erst hinterher daran, dass ein Bett in einem Gasthof viel Geld kostete. »Sagen wir besser, ich wäre auch mit einer Schütte Stroh in einem Stall zufrieden«, setzte sie hinzu und fragte Martha, was diese anfangen wollte, wenn sie Graf Benno endgültig entkommen waren.
Das Mädchen sah sie verständnislos an. »Was heißt hier anfangen? Ich denke, ich bleibe bei dir, und wir verkaufen gemeinsam deine Arzneien.«
Es klang so munter, dass Klara sich schämte, weil sie Martha als Hemmschuh ansah. Vielleicht war es doch ein guter Gedanke, gemeinsam durchs Land zu wandern, denn Martha hatte bereits bewiesen, dass sie gut handeln konnte. Nur sollte sie dabei die Finger von fremden Fischen und möglichst auch von Hasen lassen.