Die Wege des Krieges - Willy Schad - E-Book

Die Wege des Krieges E-Book

Willy Schad

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Beschreibung

Die Wege des Krieges handelt von der Geschichte eines jungen Mannes namens William. William lebt mit seinen drei Freunden Eric, Lukas und Sandro in einer Großstadt Mitteldeutschlands. Die vier Männer kennen sich seit langer Zeit und führen ein solides Leben. Eines Tages entscheidet sich einer von ihnen für den Militärdienst. Es dauert nicht lang, bis die anderen ihm aus den unterschiedlichsten Gründen folgen. Anfangs läuft alles wie geplant und die vier können sich durch gute Leistungen bei der Armee schnell nach oben kämpfen. Doch mit der Zeit und immer komplexeren Einsätzen werden die Männer vor größere Herausforderungen gestellt. Sie müssen schwierige Erlebnisse verarbeiten, folgenschwere Entscheidungen treffen und viel Schmerz aushalten. Wie die jungen Männer damit umgehen und welche Herausforderungen sie bewältigen müssen, erfahrt ihr in diesem Buch.

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Seitenzahl: 543

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Die Wege des Krieges

1. Auflage, erschienen 5-2022

Umschlaggestaltung: Romeon Verlag

Text: Willy Schad

Layout: Romeon Verlag

ISBN: 978-3-96229-713-8

www.romeon-verlag.de

Copyright © Romeon Verlag, Jüchen

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten. Ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Gewissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Verlages. Er übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrichtigkeiten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

R1347 - rv105

DIE WEGE

DES KRIEGES

Willy Schad

ERLÄUTERUNG

Dieses Buch habe ich zum einen wegen meiner großen Faszination und wegen meines Interesses an der Militärtechnik verfasst. Zum anderen empfinde ich absolute Hochachtung gegenüber den Soldaten, die weltweit für unsere Sicherheit kämpfen. Diese Männer riskieren in schwierigen Einsätzen oftmals Leib und Leben. Das wird in der heutigen Zeit leider viel zu schnell vergessen. Die Soldaten ermöglichen uns Zivilisten, unser gewohntes sicheres und angstfreies Leben zu führen, das wir tagtäglich genießen.

„Unsere Angst ist es nicht, unzulänglich zu sein, unsere größte Angst ist es, endlos mächtig zu werden.“

Marianne Williamson

(A Return to Love)

PROFILE:

William Sommer (27)

Staatsangehörigkeit: deutsch

Rang: Oberstabsgefreiter

Ausbildung: Heeresflugabwehrtruppe

Bewaffnung: primär: SCAR-H (NATO); sekundär: P30

Hey, ich bin William und Berufssoldat. Mein Wohnort liegt in Mitteldeutschland. Wenn ich mich selbst beschreiben soll, dann wird mir oft nachgesagt, dass ich strukturiert, aufgeweckt und ehrgeizig bin. Seit dem sechsten Lebensjahr spiele ich Vereinsfußball. Das hat meine Entwicklung sehr geprägt. Dadurch lernte ich bereits früh Eigenschaften wie Teamgeist und Hilfsbereitschaft kennen. Bevor ich Oberstabsgefreiter bei der Bundeswehr wurde, habe ich ein Studium in Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen. Warum ich nach diesem Bildungsweg zur Armee gewechselt habe, erfahrt ihr später.

Lukas Steller (29)

Staatsangehörigkeit: deutsch

Rang: Stabsgefreiter

Ausbildung: Jägertruppe

Bewaffnung: primär: UMP 45 (NATO); sekundär: Glock 17

Lukas und ich kennen uns schon seit dem Kindesalter. Er ist ein wirklich guter Freund und sehr zuverlässig. Als wir klein waren, zogen wir oft zusammen um die Häuser. Später war es dann das Nachtleben. Mit ihm erlebte ich schon viele lustige Momente. Lukas hat immer einen guten Spruch auf Lager. Aber das werdet ihr selbst noch merken. Vor dem Job bei der Armee war er Mechaniker in einer lokalen Werkstatt. Zu seinen Schwächen zählt auf jeden Fall die Ungeduld. Lukas kann bspw. längere Besprechungen nicht ausstehen. So antwortete er in einer solchen schon mal auf die Frage, ob er die Anweisung verstanden habe, mit: „Gebt mir einfach mein Sturmgewehr und zwei Granaten. Dann können wir uns das Ganze hier sparen.“

Eric Rebel (27)

Staatsangehörigkeit: deutsch

Rang: Oberstabsgefreiter

Ausbildung: Truppe für operative Information

Bewaffnung: primär: MG4; sekundär: P10

Eric stammt ebenfalls aus meiner Heimatstadt. Seit dem sechsten Lebensjahr spielen wir im selben Verein Fußball. Er ist ein Genie, wenn es um Texte und Literatur geht. Weiterhin ist Eric der geradlinigste Typ, den ich kenne. Alles, was er macht, ergibt einen Sinn. Er ist äußerst detailorientiert und ehrlich. Seine nüchterne Art, Dinge zu bewerten, ist einzigartig. Einmal fragte eine gemeinsame Freundin von uns, wie wir ihr neues Tattoo finden. Es war leider qualitativ eher mäßig, deswegen war keiner so wirklich begeistert. Ich umschrieb es so nett wie möglich. Als Eric an der Reihe war, sagte er nur zu ihr: „Ganz ehrlich, ich finde es hässlich.“

Sandro Obner (23)

Staatsangehörigkeit: deutsch

Rang: Oberstabsgefreiter

Ausbildung: Fernmeldetruppe, Scharfschütze

Bewaffnung: primär: Intervention (NATO); sekundär: P8

Sandro lernte ich während meines Studiums kennen. Eine seiner größten Stärken ist es, Zusammenhänge rasend schnell zu begreifen. Aufgrund dessen war er bei vielen Kommilitonen des Öfteren gefragt. Aber Sandro ist keineswegs ein Streber. Mit ihm kann man eine Menge Spaß haben und er mag das Nachtleben. Zusammen haben wir weltweit schon einige Länder besucht. Zu seinen Hobbys gehören neben dem Reisen auch Fitness und Sprachen. Für ihn ist es äußerst wichtig, mit so vielen Menschen auf der Welt wie möglich kommunizieren zu können. Deshalb lernt Sandro nebenbei mehrere Fremdsprachen.

Tom Rammling (29)

Staatsangehörigkeit: deutsch

Rang: Hauptgefreiter

Ausbildung: Sanitätsdienst Heer

Bewaffnung: primär: MP5 (NATO); sekundär: P8

Tom hat nach dem Abitur Gesundheitsmanagement studiert. Anschließend arbeitete er in einem Krankenhaus, bis er ebenfalls zur Armee wechselte. Seine Freizeit verbringt Tom am liebsten mit Bouldern oder guten Filmen. Manchmal schaut er sich zwei bis drei an einem Stück an. Die dritte große Leidenschaft ist sein Hund Jimmy. Dieser ist ein Australian Caddle Dog. Tom widmet ihm einen enormen Teil seiner Freizeit. Er liebt das Tier wirklich sehr. Der Hund bekommt sogar täglich Nahrung, die fast mehr kostet als seine eigene. Man könnte denken, er hat den Hund mindestens genauso lieb wie seine Lebensgefährtin.

Matthias Keller (43)

Staatsangehörigkeit: deutsch

Rang: Hauptfeldwebel

Ausbildung: Artillerietruppe

Bewaffnung: primär: G36; sekundär: P10

Keller gehört am längsten von allen der Armee an und hat im Zuge dessen bereits einige Truppen geführt. Der Hauptfeldwebel hat zwei Söhne. Mit dem einen gibt es, wie er es immer so schön ausdrückt, „leichte wiederkehrende Sorgen“. Aber das ergeht bestimmt einigen Eltern so. Keller zeichnet aus, dass er auch in schwierigen Situationen einen klaren Kopf behält und ruhig bleibt. Des Weiteren ist der Hauptfeldwebel auch menschlich schwer in Ordnung und hat immer ein offenes Ohr. In seiner Freizeit ist Keller eher gemütlich. Am liebsten trinkt er mit seiner Frau auf der Terrasse ein Glas Wein. Einmal hat er mir mitgeteilt, dass er manchmal einfach nur minutenlang dort sitzt und dem Wind lauscht und die Felder beobachtet. Das hilft ihm, den aufgebauten Stress von den Einsätzen zu verarbeiten.

Kevin Jonluka (24)

Staatsangehörigkeit: deutsch

Rang: Hauptgefreiter

Ausbildung: Pioniertruppe

Bewaffnung: primär: MG4; sekundär: P10

Kevin stößt im Irakeinsatz zu uns. Er kommt aus Nordrhein-Westfalen und ist gelernter Agrarwirt. Seine wahre Leidenschaft ist aber die Informatik sowie alles in Bezug auf Kommunikationstechnologie. Kevin besitzt privat sogar vier Handys. Von jeder großen Marke auf der Welt eins. Bei der Armee zeichnet er sich immer wieder durch Solidarität und viel Herz aus. Kevin lässt niemanden im Stich und stellt oftmals eigene alltägliche Probleme hintenan. Bei seinen Kollegen ist er als „FIFA-Ungetüm“ bekannt, denn Kevin zockt wirklich viel in der Freizeit.

Sam Johnson (28)

Staatsangehörigkeit: amerikanisch

Rang: Specialist

Ausbildung: Infanterie Division

Bewaffnung: primär: M16; sekundär: SIG Sauer XM17

Sam kommt aus Texas. Vielleicht ist euch aus Filmkomödien Kevin Hart bekannt. Genau diesen verkörpert Sam durch seine aufgedrehte, lustige und manchmal auch verwirrte Art sehr treffend. Bei einem Leistungstest der Army schaffte er es sogar, den Prüfer so zu verwirren, dass dieser seine gestoppte Zeit vergaß und Sam nur deswegen den Test bestand, obwohl er eigentlich etwas zu langsam dafür war. So kam Sam damals um die Nachprüfung herum und konnte einen Tag eher in Urlaub gehen. Trotzdem ist er ein guter Soldat und erfüllt alle Anforderungen. Weiterhin ist Sam ein Fan von Zweirädern. Er hat selbst eine Cross-Maschine, in die er bereits viel Geld investiert hat.

Phillipe Clark (30)

Staatsangehörigkeit: amerikanisch

Rang: Specialist

Ausbildung: Delta Force, Scharfschütze

Bewaffnung: primär: Barrett M82A1; sekundär: G18

Phillipe ist der Gegenpart zu Sam. Er wirkt eher nüchtern und behält stets die Ruhe, egal wie schlecht die Ausgangsposition auch aussehen mag. Phillipe ging sofort nach der Schule zum Militär und wusste von Anfang an, dass er einmal ein Sniper werden wird. Ich denke, das ist auch der passendste Beruf für ihn. Er agiert lieber aus dem Hintergrund und nimmt eher ungern an Diskussionen teil. Mit ihm kann man aber auch tiefgreifende Gespräche führen. In seiner Freizeit schaut Phillipe oft American Football. Er ist ein großer Fan der Philadelphia Eagles und besitzt sogar einen kleinen Fanklub. Außerdem liebt Phillipe es, auf seinem Balkon Barbecue zu machen.

Chris Tallas (26)

Staatsangehörigkeit: amerikanisch

Rang: Sergeant

Ausbildung: 75th Ranger Regiment, Aufklärer

Bewaffnung: primär: Commando; sekundär: P8 (NATO)

Chris lebt in Manhattan und füllt den Beruf des Soldaten wohl am besten von allen aus. Wenn andere auf Station zusammen ein Bier trinken, schaut Chris Taktiken und Einsatzpläne durch. Wenn die Kameraden noch schlafen, reinigt er sein Gewehr und überprüft die Ausrüstung. Selbst im Privatleben spiegelt er das Leitbild eines Soldaten wider. Struktur und Planung sind bei ihm stets an der Tagesordnung. Aus diesem Grund nennen ihn einige seiner Nachbarn nur „den Seal“. Chris hat außerdem überall seine Ohren. Deswegen wurde er sogar schon einmal bestraft und musste Toiletten und Einsatzfahrzeuge reinigen. Der Grund war, dass Chris damals seinen Kameraden vorzeitig Informationen über den bevorstehenden Einsatz verriet, die jedoch noch nicht ganz öffentlich waren.

Olivee Payet (28)

Staatsangehörigkeit: französisch

Rang: Caporal-chef de première classe

Ausbildung: 6e régiment du génie

Bewaffnung: primär: HK416 A5; sekundär: HK USP

Olivee stammt aus Lyon und ist ein furchtloser Typ. Er schreckt vor keinem Kampf zurück, egal wie schlecht die Chancen auf einen Sieg stehen. Waffen sind seine große Leidenschaft. Kaum einer kennt sich so gut mit ihnen aus wie er. Hinzu kommt, dass Olivee auch im Nahkampf, ohne jegliche Hilfsmittel, einer der Besten ist. Allein dessen Größe von über 1,90 Metern und sein Körperbau wirken ziemlich abschreckend. Seine zweite große Leidenschaft ist die französische Küche. Er hat uns alle zu einem gemeinsamen Essen nach Frankreich eingeladen, um so, wie er es immer wieder ausdrückt, „einmal im Leben richtig zu speisen“. Olivee schwärmt ständig von den heimischen Croissants und französischem Wein. Er hat in den Einsätzen immer eine kleine mit Gewürzen gefüllte Dose dabei, um selbst noch einmal Verbesserungen vorzunehmen.

INHALT

Vorgeschichte

Irak 2014

Auf in das Wespennest

Terminal Mossul

Glücksgefühle

Heimischer Boden

Die Heimat

Somalia 2015

Texas

Auf nach Somalia

Bodyguards

Erster Kontakt

Bloody Coffee

Die Evakuierung

Ratloses Warten

The fast solution

Auf die Plätze, fertig, los!

Das Fazit

Erschreckende Erkenntnis

Glückliches Wiedersehen

Rampenlicht

Einen Tag vor der Auszeichnung

Alle zusammen

Die offene See

Tag zwei an Bord des Flugzeugträgers

Wahnsinnsneuigkeiten

Atlantik – Kongo – Atlantik

SUCCESFUL-ZERO-SIXTEEN-X

Umsteigen

Nicht nur eine Überraschung

Der schönste Augenblick

Ausscheiden ohne Abschied?

Schwierige Tage

Die letzte Mission

Aufbruch

Auf nach Afrika

Der Stützpunkt

Überraschung

Der erste Einsatz

Der Kampf

Erleichterndes Geräusch

Das war erst der Anfang!

Die zweite Offensive

Eine neue Variante

Unerwartete Gegner

Verzweifelter Sturm

Gewonnen und verloren

Der Albtraum

Der zweite Tiefschlag

Irgendwo im Nirgendwo

Inzwischen auf der Base

Zurück zu uns

Schwierige Entscheidung

Auf zum zweiten Dorf

Wieder von vorn

Eine böse Überraschung

Der Sturm

Die Übermacht

Der Rückzug

Eine neue Taktik

Nachtruhe

Stille Gefahr

Wie das Leben so spielt

Knapp davor und doch zu weit weg

Stunde Null

Die Base

Der Tag der Abfahrt

Das letzte Mal heimwärts

Bittere Wahrheit

Die schwerste Stunde meines Lebens

Das Leben danach

Kurzbeschreibung: Fahrzeuge und Ausrüstung

VORGESCHICHTE

Hallo, mein Name ist William. Ich wurde in den Neunzigerjahren in Deutschland geboren. Mit dem sechsten Lebensjahr meldeten meine Eltern mich im regionalen Fußballverein an, wo ich einen meiner zwei besten Freunde, Eric, kennenlernte. Der andere ist Lukas. Er wohnte in der direkten Nachbarschaft. Wir zogen, wie man so schön sagt, oft zu dritt um die Häuser. Nach Beendigung der Schule fingen wir verschiedene Ausbildungen an. Eric und ich entschieden uns für ein Studium. Währenddessen lernte ich Sandro kennen. Er war vom selben Schlag wie wir. Deswegen dauerte es nicht lange und Sandro war in unseren Freundeskreis integriert. Unser Leben verlief eigentlich ganz gut. Wir fanden alle nach den Abschlüssen eine solide Arbeit und privat gab es auch nichts auszusetzen. Ein wichtiges Thema, mit dem wir uns schon damals ständig befassten, war die Zukunft. Mein Traum war es schon immer, etwas zu erschaffen, was auch lange Zeit nach mir noch Bestand hat. Sandro wiederum wollte viele Kulturen kennenlernen und mit Menschen kommunizieren. Lukas beschäftigte sich weiter mit Fußball. Gut, das ist kein Langzeitziel. Aber auch er würde noch etwas finden. Eric verfolgte seit jeher die Entwicklung von Innovationen und modernen IT-Geräten. Auch mit den Damen funktionierte es ganz gut. Wir konnten also beruhigt in die Zukunft blicken.

Wäre da nicht dieser eine Abend gewesen, an dem wir vier zusammen Fußball schauten. Wir tranken ein paar Bier und verfolgten gespannt die ersten 45 Minuten. Es lief gut. Unser Team führte zur Halbzeit zwei zu null. In der Pause wurden die Nachrichten ausgestrahlt. Da wir mit dem Spiel nicht viel auszuwerten hatten, verfolgten wir diese genauer. Schon seit einigen Monaten geriet der Frieden weltweit etwas aus dem Gleichgewicht. Überall entstanden neue Brandherde und es kam nicht selten zu Kämpfen rund um den Globus. Die Leidtragenden waren oft wehrlose, einheimische Bürger. Die Gefahr befand sich aber nicht nur, wie früher, tausende Kilometer von uns entfernt. Nein, mit gezielten Schlägen schafften es Terroristen, Staatsoberhäupter und Organisationen auch hier, mitten in Europa, großen Schaden zu verursachen. An jenem Abend wurde über einen Messerangriff aus unserer Hauptstadt Berlin berichtet. Es war wohl erneut ein Angriff mit terroristischem Hintergrund. Bereits der zweite innerhalb von sechs Monaten. Direkt nach dieser Meldung stand der Bürgerkrieg in Somalia auf der Agenda. Die Menschen in diesem Land konnten einem nur leidtun. Später im Programm wurde ein Bild der Bundeswehr eingeblendet. Der Nachrichtensprecher erwähnte, dass die Armee so schlecht wie noch nie aufgestellt sei. Zum einen sind die Betriebsmittel veraltet oder befinden sich in einem schlechten Zustand. Weiter fehlen nach der Abschaffung des Freiwilligendienstes immer mehr Rekruten, die sich langfristig für die Armee begeistern können. Daher wurde über die Nachrichten ein Modell vorgestellt, welches für mehr Attraktivität werben sollte. Im Zuge dessen versprach man höhere Löhne, mehr Freizeit sowie einen frühzeitigen Renteneintritt.

Als der Beitrag vorüber war, diskutierten wir. Lukas zeigte sich sofort begeistert. Er sah die vielen Vorzüge und gleichzeitig die Chance, wirklich etwas im Leben bewirken zu können. Wir anderen drei standen der Sache skeptischer gegenüber. Klar gefielen uns ebenfalls die Konditionen. Und es klang auch hundertmal aufregender als unsere damaligen Tätigkeiten. Auf der anderen Seite ist dieser Job aber nach wie vor extrem gefährlich. Vielleicht sogar der gefährlichste auf der Welt. Unsere Diskussion wurde vom Beginn der zweiten Halbzeit unterbrochen. Wir blendeten das Thema erst einmal aus und schauten weiter Fußball. Am selben Abend lag ich in meinem Bett und dachte über Luka`s Worte nach. Natürlich sind Kriege und Gewalt keine schönen Themen, aber irgendwer muss nun einmal für die Sicherheit der Menschen sorgen. Und wenn man diese beiden Faktoren ausblendete, hatte Lukas in allen anderen Punkten recht. Wir könnten wirklich etwas in der Welt bewirken und anderen helfen.

Ein paar Wochen später rief mich Lukas an. Er wollte sich dringend treffen, um etwas Wichtiges zu besprechen. Wir verabredeten uns noch am selben Tag in einem Café. Auch Eric und Sandro waren vor Ort. Lukas teilte uns mit, dass er sich verpflichtet hatte. Sein Arbeitgeber müsse wohl bald die Insolvenz anmelden. Das war für ihn der Startschuss für einen neuen Schritt. Wir waren geschockt. Als er uns jedoch sein Einstiegsgehalt mitteilte, fielen wir fast von unseren Stühlen. Außerdem könnte er mit gut 55 Jahren bereits in Rente gehen. Meine Gedanken kreisten noch einige Tage um dieses Thema. Es wollte mich einfach nicht loslassen. Dann kam es, wie es kommen musste. Nach ein paar weiteren Monaten entschieden Sandro und ich uns ebenfalls für diesen Schritt. Wir hatten jetzt eine Weile in unseren Berufen gearbeitet und wollten etwas Neues in Angriff nehmen. Eric war der Einzige, der noch zögerte. Doch zwei Monate später trat auch er in die Bundeswehr ein. Bei ihm war der Hauptauslöser, dass sein Unternehmen interne Versetzungen vornehmen wollte, was für Eric einige Nachteile mit sich gebracht hätte. Außerdem bekam er dadurch eine Art Abfindung, die durchaus lukrativ war. Wir durchliefen alle die Grundausbildung beim Heer. Sandro war bei den Fernmeldetruppen angesiedelt. Eric bei den Einheiten für operative Informationen. Ich gehörte der Heeresflugabwehrtruppe an und Lukas, wie sollte es auch anders sein, war bei den Jägertruppen angesiedelt. Nach der Grundausbildung spezialisierten wir uns weiter. Alle vier bewarben sich bei den Spezialkräften der Kampfführung. Glücklicherweise wurde jeder von uns nach einiger Zeit angenommen. Jetzt waren wir endlich in der gleichen Einheit. Im Jahr 2014 bestritten wir unsere erste Mission in Kamerun. Dabei traten keine größeren Probleme auf. Der zweite Einsatz folgte noch im selben Jahr im Irak …

IRAK 2014

Es ist der 26. November. Ich sitze gerade mit Eric, Lukas, Thomas und Sandro zusammen beim Abendessen. Thomas ist das erste Mal mit auf Einsatz. Unsere Basis liegt nahe der Stadt Erbil, in der knapp zwei Millionen Einwohner leben. Heute gibt es, wie an gefühlt jedem zweiten Tag, Hühnchen zum Abendessen. Die Militärkantine steht nicht gerade für Vielfalt und Abwechslung. Mit uns am Tisch sitzen die beiden US-Jungs Sam und Chris, mit denen wir bereits zusammen in Kamerun gedient haben. Unsere Einheiten haben eine Art landesübergreifende Kooperation. Sam ist heute für die Reinigung des Tisches eingeteilt. Er wischt diesen ab und entsorgt anschließend die Abfälle der Hähnchenschenkel. Als er wiederkommt, fragt Lukas ihn aufgeregt: „Wo hast du die Knochen hingeworfen?“

Sam: „Gleich an den Grenzzaun, bis zum Container laufe ich nicht erst.“

Der Container für den Restmüll ist weit entfernt von der Kantine. Deswegen wirft fast niemand seine Abfälle in diesen Container. Stattdessen bringen wir unsere Abfälle zu einem provisorischen Kompost gleich in der Nähe. Lukas sagt plötzlich nervös: „Spinnst du? Das riechen die Rebellen und dann kommen sie her,um sich was von den Abfällen zu holen.“

Sam lacht: „Ist klar, als ob da irgendwer herkommt!“

Wir andern merken schnell, was Lukas vorhat, und unterstützen ihn im vollen Ernst.

Eric: „Scheiße, hast du etwa die Anweisung missachtet?“

Ich setze noch einen drauf: „Willst du, dass nachher alle deinetwegen in Gefechtsbereitschaft versetzt werden?“

Es dauert nicht lang und Sam kauft uns die Geschichte tatsächlich ab. Er wirkt auf einmal nervös. Wir erzählen ihm weiter, dass er bei solch einem Verstoß mit ernsten Konsequenzen rechnen muss. Kurz darauf geht Sam zurück zum Zaun, holt die Abfälle aus dem eklig stinkenden Haufen und bringt diese schnell zu dem dafür vorgesehenen Container. Als er zurückkommt, können wir uns das Lachen nicht mehr verkneifen. Wir sind so laut, dass alle anderen von den Nachbartischen aufschauen. Sam ist plötzlich wutentbrannt. Er schreit: „Ihr Schweine!“

Dabei ist Sam so wütend, dass er gegen ein Tischbein tritt und infolgedessen einen Satz nach hinten macht. Nach wenigen Sekunden, die Sam uns ununterbrochen beleidigt, kann er aber selbst schmunzeln. Aus der Dunkelheit kommen Oberstleutnant Meier und Oberstabsfeldwebel Flinn.

Oberstleutnant Meier: „Was um Himmels willen gibt es an solch einem beschissenen Ort bitte zu lachen, meine Herren?“

Alle Soldaten stehen blitzartig auf und salutieren.

Oberstabsfeldwebel Flinn: „Der Oberstleutnant hat Sie was gefragt!“

Eric: „Nichts, Sir.“

Oberstabsfeldwebel Flinn: „Also gut. Alle herhören! Wir habengrünes Licht! Die Aufklärung bestätigt, dass drei Anführer von denAufständischen, die wir schon länger verfolgen, morgen früh in Erbil eintreffen. Besprechung ist um 05:00 Uhr im Mannschaftsraum.Dort erfahrt ihr alles Weitere.“

Die beiden drehen sich um und verschwinden wieder in der Dunkelheit. Kurze Zeit herrscht Schweigen. Dann sagt Eric: „Los,alle auf die Zimmer. Nicht dass wir morgen durchhängen.“

Lukas: „Sam, entsorg aber bitte noch vorher die Schenkel ordnungsgemäß.“

Sam antwortet genervt: „Halt ’s Maul, das bekommst du irgendwann zurück, Steller.“

Anschließend gehen wir zu den Betten und legen uns hin.

Am nächsten Tag geht es um 05:00 Uhr los. Oberstleutnant Meier gibt die Einsatzdetails durch. Wir sieben plus vier weitere Seals übernehmen das Hauptgebäude. Darin befinden sich die vermeintlichen Zielpersonen, die wir gefangen nehmen sollen. Weitere UN-Truppen sichern währenddessen die Straße und die unmittelbare Umgebung. Unsere Ziele sind drei Köpfe einer terroristischen Organisation, die Anschläge in Europa und Amerika planen. Ihre Namen sind Mefrat, Kusir und Gnar. Der Einsatz soll wie folgt ablaufen: Wir starten nach Bestätigung eines Informanten mit zwei Humvees.

In dem ersten sitzen Sandro, Sam, Ed, ich und Kyle am Geschütz. Im zweiten Lukas, Eric, Thomas, Chris, Jim und Robson an dessen Geschütz. Jim, Ed, Kyle und Robson sind die vier erwähnten Seals. Wir fahren gemeinsam hinter eine nahe gelegene Fabrik und treffen dort auf einen irakischen Soldaten, der die Ankunft der Ziele nochmals bestätigt. Wenn das erfolgt ist, sichern besagte UN-Truppen die umliegende Umgebung. Als Luftunterstützung dient uns ein Apache-Kampfhubschrauber, bewaffnet mit fünf Hellfire-Luft-Boden-Lenkraketen für das Grobe und einer Maschinenkanone mit über 1.000 Schuss.

Weiterhin sind zwei Black Hawks, besetzt mit je einer schnellen Eingreiftruppe, in Schlagdistanz. Wir wissen zum jetzigen Stand, dass das Zielgebäude sehr verwinkelt ist und von mehreren feindlichen Einheiten bewacht wird. Dabei soll es sich zum jetzigen Stand um acht Terroristen handeln, die mit AK-47-Sturmgewehren ausgerüstet sind. Positiv ist die Nachricht, dass diese aber nie beim Militär gedient haben oder eine vergleichbare Waffenausbildung besitzen. Außerdem sollen sich laut unseren Informanten die Zielpersonen im zweiten Stock aufhalten. Das sind zwar nicht die detailliertesten Angaben, aber trotzdem recht nützliche.

Auf in das Wespennest

Es ist so weit. Die Aufklärung bestätigt nochmals alle Angaben. Wir ziehen die Kampfanzüge an und nehmen unsere Waffen auf. Meine Primärbewaffnung ist das Sturmgewehr SCAR-H mit aufsetzbarem Zielfernrohr. Zusätzlich verwende ich immer Magazinerweiterungen. Ich bin ein Fan davon. Sie merzen die einzige kleine Schwäche meiner Waffe aus, die serienmäßig nur über ein 20-Schuss-Stangenmagazin verfügt.

Als Sekundärbewaffnung habe ich eine USP 45 dabei, eine äußerst zuverlässige Waffe, die ebenfalls mit einem Extra, den Vollmantelgeschossen, ausgestattet ist. Weiterhin gehören zu meiner Ausrüstung zwei Handgranaten, eine Blendgranate sowie ein Taktikmesser. Als wir fertig vorbereitet sind, geht es zu den Humvees. Oberstabsfeldwebel Flinn und die beiden Eingreiftruppen der Black Hawks sind bereits da. Wir erhalten noch rasch ein aktuelles Update über die feindliche Ausrüstung. Anschließend gibt Oberstabsfeldwebel Flinn Eric einen Zettel in die Hand und wünscht uns viel Erfolg. Wir steigen in die Militärfahrzeuge. Ed startet den Motor. Es geht los. Nach circa 35 Minuten Fahrt erreichen wir die Stadt. Ich schaue aus dem Fenster. Überall sind kaputte Häuser, ramponierte Fahrzeuge, Müll und Geröll zu sehen. Auf jeder Straße, die wir befahren, werden wir mit verächtlichen Blicken angeschaut, so als würden wir den Menschen etwas Böses wollen. Dabei sind wir hier, um zum Frieden beizutragen. Nach weiteren acht Minuten sagt Ed: „Zielankunft in wenigen Sekunden.“

Hinter der beschriebenen Fabrik angekommen, steigen wir aus den Jeeps und laden die Maschinengewehre durch. Der irakische Soldat ist wie angekündigt bereits da. Er und ein weiterer kommen auf uns zu. Sie bestätigen, dass sich die drei Zielpersonen im Gebäude befinden. Jetzt dürfen wir keine Zeit verlieren. Die Gefahr, dass jemand unser Vorhaben mitbekommt, ist groß. Eric legt noch schnell die Reihenfolge fest, wie wir gleich im Gebäude vorrücken werden. Dann geht es zurück in die Humvees. Die beiden Iraker steigen ebenfalls zu. Sie übernehmen die Sicherung unserer Fahrzeuge, während wir im Gebäude sind. Im Humvee herrscht Totenstille. Alle sind hoch konzentriert und angespannt. Wir passieren die letzte Kurve und halten anschließend am Seiteneingang des Zielgebäudes. Sandro und Chris springen aus dem Jeep und laufen zu einem benachbarten Gebäude, welches die UN-Truppen bereits gesichert haben. Die beiden übernehmen unsere Deckung.

Chris ist im Gegensatz zu Sandro kein Scharfschütze. Da uns aber für diese Mission solch einer fehlt, übernimmt er diesen Job. Wir anderen sammeln uns an der Tür, die ins Innere führt. Eric schlägt sie mit seinem Gewehrgriff auf. Lukas stürmt als Erster in das Gebäude. Darin sieht es äußerst verwahrlost aus. Der Boden ist mit einer leichten Schicht aus Sand, Dreck und Staub bedeckt. Überall liegen Trümmer und kaputte Gegenstände herum. Es wirkt wie eine alte Abstellkammer. Wir sichern den Raum und gehen rasch zur nächsten Tür weiter. Kurz bevor wir an dieser ankommen, läuft plötzlich, völlig gegen unsere Erwartungen, ein bewaffneter Feind hindurch. Er erschrickt zum Glück mindestens genauso stark wie wir. Umgehend versucht er sein Gewehr, das er umhängen hat, zu ergreifen. Doch Lukas reagiert blitzschnell. Er springt auf ihn zu und hält seine Hand fest vor dessen Mund. Mit der anderen drückt er die Waffe des Feindes nach unten. Kyle rückt nach und schlägt dem Terroristen mit dem Gewehr ins Gesicht! Er ist sofort benommen. Eine Beule schwillt an seiner Stirn. Lukas legt ihn vorsichtig auf den Boden. Eilig nimmt er zwei Kabelbinder und fesselt Arme und Beine des Terroristen. Jim klebt ihm parallel mit Tape den Mund fest zu und entfernt das Gewehr, eine AK-47. Anschließend durchsucht er die Taschen des Mannes nach weiteren Waffen und Munition.

Danach ziehen wir den Gefangenen in eine Ecke und bedecken ihn. Robson entlädt inzwischen die AK-47 und wirft sie hinter einen Berg voller Geröll auf der anderen Seite des Raumes. Die Munition steckt er ein. Jetzt kann die Waffe keiner mehr nutzen. Der Terrorist muss einer der acht beschriebenen sein, die unsere Aufklärung vorab erwähnte. Weiter geht es. Vorsichtig blickt Lukas hinter die Tür. Es sind Stimmen zu vernehmen, aber niemand ist zu sehen. Leise läuft er hindurch. Der folgende Raum ist eine Art großer Empfangssaal. Es gibt drei mögliche Varianten, um weiter vorzurücken. Genau gegenüber ist eine Treppe, die nach oben führt. Links von uns befindet sich eine große Doppeltür und rechts der vermeintliche Haupteingang des Gebäudes. Über der besagten Doppeltür ragt ein Podest hervor. Auf diesem stehen drei Männer und rauchen. Von ihnen stammen auch die Stimmen. Es sind ebenfalls Terroristen. Sie schützen den Aufgang zum ersten Stock. Wir entscheiden uns für die gegenüberliegende Treppe. Das mag im ersten Moment unlogisch klingen, ist aber dennoch die beste Variante. Zum einen befinden sich die gesuchten Ziele in der zweiten Etage. Das heißt, wir müssen auf jeden Fall früher oder später nach oben. Und wenn wir nur weit genug an der Wand, unter dem Podest, entlanglaufen, werden uns die Feinde nicht entdecken. Ein Angriff von hier unten gestaltet sich schwieriger als nachher auf gleicher Höhe. Wir laufen sehr langsam und leise los.

Unsere Gewehre sind fortlaufend nach oben gerichtet, falls wir doch bemerkt werden. Der Plan geht auf. An der Treppe auf der anderen Seite angekommen, steigen wir diese nach oben. Der Aufgang ist zwischen dicken Wänden um fast 120 Grad gebogen. Somit sind wir geschützt. Auf halber Höhe gibt Eric das Signal zum Anhalten. Kyle robbt anschließend langsam nach vorn. Wir anderen geben ihm Rückendeckung. Er blickt vorsichtig über die letzte Stufe. Die Terroristen sind ebenfalls mit AK-47-Sturmgewehren ausgerüstet. Hinter ihnen geht abgewinkelt die Treppe weiter und führt schließlich in den ersten Stock. Wir müssen die Männer passieren. Robson, der Arabisch beherrscht, versucht zu verstehen, was die Terroristen erzählen. Wir anderen halten uns derweil bereit, um jeden Augenblick angreifen zu können. Die Männer sprechen über eher unwichtige Themen. Darin enthalten sind Taktiken beim Roulette oder teure Uhren. Jetzt liegt es an den Terroristen, wie es gleich weitergeht! Eric gibt uns das Signal zum Vorrücken. Wir nähern uns dem Treppenende. Anschließend springen wir auf und nehmen die Männer ins Visier. Robson sagt auf Arabisch: „Waffen fallen lassen, sofort!“

Die drei Terroristen drehen sich erschrocken um und wollen die Gewehre auf uns richten. Das war die falsche Entscheidung. Vollgepumpt mit Adrenalin ziehe ich meinen rechten Zeigefinger, der auf dem Abzug liegt, nach hinten. Der Schlagbolzen meiner SCAR-H löst aus. Der Rückstoß drückt die Waffe fest gegen meine Schulter. Man spürt förmlich, wie die Kugeln im Inneren zünden und den Lauf verlassen. Ich blicke die ganze Zeit weiter durch das Visier und lasse mein Ziel, einen der Terroristen, nicht aus den Augen. Nach ein paar Millisekunden trifft die erste Kugel in seinen Rumpf. Der Feind wird nach hinten geworfen. Fast gleichzeitig tritt eine weitere Kugel in seine Wange ein. Wahrlich kein schöner Anblick. Aber den Ausgang dieser Situation hat er selbst gewählt. Die Terroristen hätten einfach nur ihre Waffen fallen lassen müssen. Ich visiere sofort den nächsten Feind daneben an. Doch dieser sinkt bereits ebenfalls zu Boden. Die Terroristen fallen wie nasse Säcke um. Die glimmenden Zigarettenstummel, die sie gerade noch geraucht haben, liegen neben ihnen. Das Blut fließt aus den Körpern.

Eric: „Jetzt wissen alle, dass wir da sind.“

Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist, dass bereits die Hälfte unserer Feinde ausgeschaltet ist. Vorausgesetzt die Aufklärung behält recht. Von der oberen Etage ertönen umgehend Schritte. Jemand ruft etwas herunter. Robson übersetzt: „Was ist da untenlos? Hallo Karim, Atlak, Samir, hört ihr mich?“

Wir gehen eilig in Deckung. Wohl wissend, dass jeden Augenblick weitere Terroristen die Treppe herunterkommen können. Es ist eine äußerst schwierige Entscheidung, wie wir jetzt weiter vorgehen sollen. Unsere Stellung ist denkbar ungünstig! Wir befinden uns tiefer als der Feind. Somit kann dieser einfach eine Granate herunterschießen, die für uns absolut tödlich sein könnte, ohne sich gleichzeitig selbst in Gefahr bringen zu müssen. Wenn wir andererseits jetzt aus der Deckung nach oben rennen, ist das wahrscheinlich auch nicht besser. Eric entscheidet, zurück zur Treppe zu gehen, um erst einmal aus der heißen Zone zu gelangen. Dort sammeln wir uns. Nichts geschieht! Das ist verwunderlich, denn immerhin sind Schüsse gefallen. Wahrscheinlich ist das aber hier nichts Außergewöhnliches und deswegen kümmert es den Terroristen aus der ersten Etage nicht weiter. Jedenfalls entscheidet sich Eric nach kurzem Abwägen zum Vorrücken. Die Stellung zu halten, ist in seinen Augen gefährlicher. Per Handzeichen gibt er das Signal zum Aufbruch. Ich gehe als Fünfter, hinter Jim, Kyle, Ed und Lukas. Wir achten darauf, während es erneut über das Podest zur Treppe geht, jegliche Geräusche zu vermeiden. Ich wechsle meinen Blick ständig zwischen Aufgang und Boden. Den Aufgang visiere ich an, um nicht von heranstürmenden Feinden überrascht zu werden. Auf den Boden schaue ich, damit ich nicht auf etwas trete, was Lärm verursachen könnte. An der Ecke zur Treppe angekommen, schaut Jim vorsichtig um diese. Kein Feind ist zu erkennen. Er gibt die Nachricht weiter. Ed hockt sich daraufhin vor ihn und zielt auf das Treppenende. Kyle wechselt gleichzeitig die Seite und geht gegenüber in Stellung. Die beiden übernehmen jetzt die Deckung, während wir anderen langsam weiter vorrücken.

In der Mitte angekommen, platzieren wir uns. Jim rückt diesmal bis zum Ende des Aufgangs vor. Er legt sich hin und kriecht ganz vorsichtig bis zur letzten Stufe. Danach hebt er langsam seinen Kopf, um über die Kante zu blicken. Gerade als dieser die Deckung verlässt, fliegen ihm feindliche Kugeln entgegen! Jims Helm verdreht sich infolge eines Streifschusses! Schnell stößt er sich die Treppe hinunter. Jetzt reagieren wir so, wie es im Häuserkampftraining immer wieder geübt wurde. Ich greife an meinen Gürtel, nehme die Blendgranate und schieße diese so weit wie möglich über das Treppenende. Sam und Robson machen das Gleiche. Es sind dumpfe Geräusche zu vernehmen, als die Sprengkörper auf den Boden aufschlagen. Sekunden später explodieren zwei der Blendgranaten. Es funkt, knallt und wird entsetzlich hell am Ende der Treppe. Kurz darauf ist eine noch viel stärkere Explosion zu vernehmen. Ich zucke zusammen. Darauf war ich nicht gefasst. Am Geräusch ist zu erkennen, dass es sich um Splittergranaten handeln muss. Thomas hatte diese geworfen. Eric sagt von hinten: „Los, weiter!“

Wir rücken eilig vor, um das Überraschungsmoment zu nutzen. Oben angekommen, entdecke ich einen getöteten Terroristen. Plötzlich schießt Lukas! Er feuert auf einen zweiten Feind, der gerade wieder aufstehen wollte. Lukas schaltet ihn mit gezielten Schüssen aus. Der Terrorist sinkt erneut zu Boden.

Die erste Etage ist recht übersichtlich. Sie unterteilt sich in einen langen Gang, an dem sich auf der rechten Seite mehrere Türen befinden, die zu einzelnen Räumen führen. Auf der anderen Seite ist eine einfache Wand, die mit vielen Fenstern bestückt ist. Wir schwärmen aus, um die Etage zu sichern. Überall stecken kleine Metallsplitter in den Wänden. Sie haben das Mauerwerk stellenweise förmlich aufgerissen. Mich wundert es, dass der zweite Terrorist die Explosion überleben konnte. Ich passiere den anderen Feind. Sein Anblick ist fürchterlich. Die Splittergranate muss genau neben ihm explodiert sein. Die Kleidung ist völlig zerfetzt. Seine Haut wurde nahe dem Unterleib nicht weniger verschont. Ich kann nicht länger hinsehen und richte meinen Blick wieder auf. Von draußen ertönen plötzlich Schüsse. Eric läuft zu einem der Fenster und schaut hinaus. Die Schüsse stammen aber von der anderen Seite des Gebäudes. Auf der Straße, nahe dem Haupteingang, werden die UN-Truppen von sogenannten Freiheitskämpfern, Verbündeten der Terroristen, angegriffen. Wir müssen schnell weiter, es wird immer heißer. Wir stürmen die Räume. Alle nach dem gleichen Schema. Einer tritt die Tür ein und zwei Mann stürmen in das Innere. Die Räume sind allesamt leer. Am Ende des Flurs befindet sich die nächste Treppe, die ins Zielstockwerk führt. Die Vorgehensweise ist die gleiche wie gerade eben. Zwei der acht Feinde fehlen laut Aufklärung noch. Sie werden sich wahrscheinlich zusammen mit den gesuchten Zielen in diesem Stockwerk befinden. Lukas geht diesmal vornweg. Er schaut wie Jim vorhin langsam über die Kante der letzten Stufe. Aber diesmal ertönt glücklicherweise kein Feindbeschuss. Alles bleibt ruhig. Die Anordnung ist genauso wie im ersten Stock, nur seitenverkehrt. Sam, Lukas, Eric, Thomas und ich gehen an der Wand entlang, welche die Zimmer abgrenzt. Die vier Seals machen das Gleiche an der Fensterreihe. Jim schaut durch eines der Fenster. Alles ist so weit ruhig. Lediglich ein paar UN-Soldaten, die das Gebäude sichern, sind zu erkennen. Wir arbeiten uns vor. Thomas erkennt von der ersten Tür aus, dass die dritte stahlverstärkt ist. Er teilt die Erkenntnis sofort Eric per Handzeichen mit. Dieser entscheidet sich nach kurzer Überlegung für ein gefährliches Manöver. Eric geht davon aus, dass sich in diesem Raum alle unsere gesuchten Personen befinden. Warum sollte dieser sonst besonders geschützt sein? Er entscheidet sich, sich voll und ganz auf Raum drei zu konzentrieren und keine weitere Zeit mit den anderen zu verschwenden.

Eric gibt Thomas den Befehl, sich so zu platzieren, dass eventuelle Gegner, die hinter den anderen Türen auftauchen könnten, sofort abgefangen werden. Alle anderen kümmern sich um Raum Nummer drei. Robson stellt sich neben die stahlverstärkte Tür. Er vernimmt leise männliche Stimmen. Robson versucht die Fetzen, die er mitbekommt, zusammenzusetzen. Es fallen Wörter wie „Waffe“, „Tisch“ oder „Deckung“. Dann taucht plötzlich eines der Schlagwörter auf. Einer der Männer im Inneren sagt „Mefrat“.

Volltreffer! Eric hat mit seiner Annahme wohl recht behalten. Robson gibt die Information sofort weiter. Eric stürmt daraufhin rasch in einen der anderen Räume und geht neben einem Fenster in Deckung. Durch Handzeichen kontaktiert er unsere beiden Scharfschützen Sandro und Chris. Er gibt ihnen die Position des Raumes mit den Feinden durch. Somit erhofft er sich, an weitere Informationen zu gelangen. Doch viel sehen die beiden nicht. Die Fenster sind mit Pappe bedeckt worden, um genau diesen Einblick zu verwehren. Chris hat von seiner Position aus gar keine Sicht in das Innere. Sandro kann zumindest durch einen schmalen Spalt am oberen Fensterrand blicken. Doch um an wertvolle Informationen zu gelangen, reicht das nicht aus. Schon gar nicht, um weitere Personen zu identifizieren. Wir müssen den Raum also ohne zusätzliche Erkenntnis stürmen. Alle bereiten sich auf den Zugriff vor. Wir rechnen neben den drei Zielpersonen weiter mit den beiden fehlenden Beschützern. Aber erst einmal müssen wir irgendwie in den Raum gelangen. Das gestaltet sich recht schwierig. Hier benötigen wir gröberes Geschütz. Kyle bringt etwas Plastiksprengstoff nahe den Scharnieren an. Als er diesen gerade scharf macht, vernimmt er ein dumpfes Geräusch im Inneren. Kyle blickt verwundert zu Robson, der neben ihm hockt. Dieser schaut ebenfalls fragend. Was wir nicht wissen, ist, dass im Inneren einer der beiden fehlenden Beschützer gerade von Sandro ausgeschaltet wurde. Unser Sniper hat es tatsächlich geschafft, ihn durch den kleinen, nicht verdeckten Abschnitt im Fenster zu treffen. Eric will, trotz des für uns weiter verwirrenden Geräusches, keine Zeit verlieren. Nachdem wir uns in sicherer Entfernung zur Tür befinden, zündet Kyle den Sprengstoff. Die Hitze der Explosion ist auf unseren Gesichtern zu spüren. Die Stahltür reißt es aus den Angeln und sie kippt anschließend seitlich nach vorn weg. Der Weg ist frei. Wir springen auf und rennen zum Eingang. Ed und Lukas schießen umgehend zwei Blendgranaten in den Raum. Sie explodieren! Danach stürmen wir hinein. Im Inneren schwebt noch leichter Nebel. Es befinden sich fünf Personen im Zimmer. Ein Feind liegt, aufgrund eines Kopfschusses, leblos am Boden. Die anderen sind durch die Blendgranaten vorerst kampfunfähig. Lukas, der zusammen mit Robson als Erster den Raum betritt, streckt einen weiteren bewaffneten Terroristen nieder. Das war der letzte mit einem MG in der Hand. Neben diesem befinden sich hockend drei weitere Personen. Eine schreit laut: „Not shoot, please! Not shoot!“

Wir rennen zu ihnen. Robson spricht laut auf Arabisch: „Legt euch hin und streckt die Hände flach nach vorn auf den Boden!“

Die drei kommen dieser Aufforderung umgehend nach. Wir durchsuchen sie nach Waffen. Jedoch ist nichts zu finden. Eric zieht einen von ihnen hoch und blickt in sein Gesicht. Er identifiziert ihn als Mefrat. Die anderen beiden sind tatsächlich Gnar und Kusir. Volltreffer! Alle drei gesuchten Ziele sind nun in unserer Gewalt. Wir fesseln ihre Hände und stülpen den Terroristen einen Sack über den Kopf. Danach gibt Eric sofort den Befehl, das Gebäude wieder in Richtung Humvees zu verlassen. Robson, Lukas und Ed nehmen jeweils einen der Gefangenen und führen ihn. Eric, Sam, Kyle, Jim, Thomas und ich gehen vor beziehungsweise hinter ihnen und geben Deckung. Wir verlassen den Raum und rennen zurück Richtung Treppe. Wieder in der ersten Etage angekommen, stehen alle Türen genau so, wie wir diesen Ort vorhin verlassen haben, offen. Das ist ein gutes Zeichen. Schnell an diesen vorbei, geht es zurück bis in das Untergeschoss. Dort angekommen, sichern Sam, Thomas und ich den großen Eingangsbereich. Kyle und Eric überprüfen den Raum, in dem uns anfangs der Feind überrascht hat. Dieser befindet sich noch genau an der Stelle, an der wir ihn vorhin zurückgelassen haben. Eric stellt sich vorsichtshalber trotzdem neben ihn und zielt auf dessen Körper. Ein Täuschungsmanöver ist immerhin nicht ausgeschlossen. An der Ausgangstür angekommen, ruft Kyle: „Wir sind es. Können wir raus?“

Von draußen ertönen die Worte der irakischen Soldaten: „Alles sauber, ihr könnt.“

Kyle öffnet die Tür. Die enorme Helligkeit blendet uns. Ich blicke mit zusammengekniffenen Augen auf die Humvees. Die zwei Iraker hocken neben diesen und sichern fortlaufend die Gegend. Ich öffne die hintere Türe eines Jeeps. Gleich nachdem diese weit genug offen ist, stoßen Robson und Sam einen der drei Gefangenen in das Fahrzeug. Ich glaube, es ist Mefrat, der auf diese Weise unsanft in den Humvee befördert wird. Gnar und Kusir ergeht es allerdings nicht besser. Sie erleiden das gleiche Schicksal. Nachdem wir alle eingestiegen sind, geht es im Eiltempo zum Nachbargebäude. Genau vor dem Eingang halten wir. Sandro und Chris warten bereits dort auf uns. Die beiden kommen herausgerannt und steigen zu. Währenddessen fliegt einer der Black Hawks über uns hinweg.

Jetzt, da wir vollzählig sind, kann es zurück in Richtung Base gehen. Vorher stoppen wir allerdings nochmals kurz hinter der Fabrik. Dort steigen die beiden irakischen Soldaten wieder aus und verschwinden eilig in einem anderen Fahrzeug. Danach geht es aber im höchsten Tempo, mit der wertvollen Fracht im Gepäck, zurück zum Stützpunkt. Das Schlimmste ist überstanden. Allein durch die Luftunterstützung, die uns fortan begleitet, ist die Wahrscheinlichkeit, jetzt noch angegriffen zu werden, sehr gering. Die Kampfhubschrauber genießen großen Respekt unter den Feinden. Sam sitzt im Humvee am Steuer. Er gibt stellenweise so viel Gas, dass wir trotz des schwer gepanzerten Fahrzeugs gefühlt an jeder größeren Bodenwelle abheben. Immer wieder werden wir regelrecht umhergeworfen. Einmal schlägt sogar der Helm von Thomas am Dach des Humvee an.

Nach gut sieben Minuten sind wir am Stadtrand angekommen. Robson, der neben mir sitzt, zieht plötzlich sein Messer. Ich frage ihn erschrocken: „Was hast du vor?“

Er schaut mich schweigend an. Dann nimmt er sein Gewehr, legt es auf den Schoß und setzt die Klinge am Griff an. In diesen ritzt Robson eine kleine Kerbe. Dabei sagt er langsam und sehr ernst: „Für jeden, dessen Leben ich beendet habe, kommt eine Kerbe in dieses Gewehr. Es warnt mich davor, die Realität zu vergessen.“

Diese Kerbe ist für den Terroristen, der von Robsons Granate niedergestreckt wurde.

Plötzlich zuckt Mefrat wild hin und her. Er ist auf einmal gar nicht mehr zu beruhigen. Robson versucht ihn irgendwie festzuhalten. Das gestaltet sich aber schwieriger als erwartet. Nach ein paar Versuchen nimmt Thomas sein Gewehr, dreht es herum und stößt Mefrat damit in die Magengrube. Dieser zuckt heftig zusammen und hustet ein paar Mal laut. Ab diesem Zeitpunkt sitzt er, bis zur Ankunft an der Base, wieder völlig bewegungslos auf seinem Platz. Rund zwei Kilometer vor dem Eingang zum Stützpunkt ertönt über Funk eine Abfrage. Oberstabsfeldwebel Flinn möchte in Erfahrung bringen, ob wir Verletzte infolge des Einsatzes haben, die nach Ankunft eine schnelle Behandlung benötigen. Eric spricht aus dem anderen Humvee: „Hier ist Rebel. Keine Verletzten! Alles verlief nach Plan.“

Das ist auch ein Indiz dafür, dass wir unseren Job heute gut gemacht haben. Ich starre aus dem Fenster. Die Sonne steht bereits sehr hoch. Ab und zu wirft einer der Black Hawks seinen Schatten über den Jeep. Mir gehen die sieben getöteten Terroristen durch den Kopf. Ich frage mich, wer sie hinter ihrer schrecklichen Fassade wirklich waren und warum sie sich für so einen Weg entschieden haben. Immerhin wird man nicht über Nacht zum Terroristen. Schnell verfliegen aber die leichten Mitleidsgefühle, als mir ihre grausamen Absichten durch den Kopf gehen. Es folgt ein Gefühl des Stolzes, denn wir haben durch diesen Einsatz irgendwo auf der Welt unschuldige Menschenleben gerettet.

Als wir am Stützpunkt ankommen, stehen bereits Oberstleutnant Meier und Oberstabsfeldwebel Flinn auf dem Parkplatz. Wir übergeben die drei Gefangenen an ein Team, das sie umgehend verhören wird! Es ist ohrenbetäubend laut, da die drei Helis gerade landen. Oberstabsfeldwebel Flinn und Oberstleutnant Meier kommen zu uns.

Meier: „Gute Arbeit. Das Ergebnis ist wie erhofft positiv. Lief alles nach Plan?“

Ich antworte: „Ja, die Aufklärung hat ganze Arbeit geleistet.“

Meier: „Das freut mich zu hören. Wenn dennoch jemand was hat,lasst es mich wissen. Jetzt ruht euch erst einmal aus.“

Wir gehen zurück in die Unterkunft. Lukas, Eric und ich sind zusammen in einem Viermannzimmer untergebracht. Wir sichern unsere Sturmgewehre und stellen sie in den Schrank. Die restlichen Granaten legen wir erst einmal auf den Tisch. Sprengkörper müssen immer sofort nach dem Einsatz wieder abgegeben werden. Speziell gepanzerte Räume sorgen dafür, dass diese hochexplosive Munition keinen Schaden auf Station anrichten kann. Selbst großen Kräften und extremer Wärme halten die dicken Wände stand. Ben kommt herein. Er ist der Vierte auf unserem Zimmer. Ben ist ein Obergefreiter in der Ausbildung. Es ist sein erster Auslandseinsatz. Er fragt: „Alles gut? Habt ihr ihnen ordentlich in den Arsch getreten?“

Lukas: „Darauf kannst du wetten. Die haben nicht damit gerechnet, heute in einer Zelle von uns nächtigen zu müssen.“

Ben: „Das glaube ich gern.“

Wir unterhalten uns noch ein wenig. Anschließend legen wir uns hin. Ben bringt freundlicherweise die Granaten zum besagten Lager. Lukas äußert nachdenklich: „Um ein Haar hätte es heute Jim schlimmer erwischt. Dabei haben wir sehr konzentriert und behutsam agiert.“

Es verwundert mich, dass er jetzt mit solch einem Thema anfängt. Eric lehnt sich von einem der beiden oberen Doppelstockbetten vor und erwidert: „Stimmt, die Feinde versuchen natürlich auch alles, um uns wiederum aufzuhalten. Alle Situationen können wir unmöglich vorausahnen. Dafür haben wir die Ausbildung, um auf solche Dinge bestmöglich zu reagieren!“

Ich zögere kurz, dann erwidere ich: „Mein Ausbilder sagte mir damals: ‚Dass wir jeden Tag gesund und munter zusammensitzen, ist reiner Zufall!‘ Damit hat er hier auf jeden Fall nicht ganz unrecht.“

Lukas und Eric antworten nicht darauf. Das ist ihre Art der Zustimmung auf diese Aussage.

Nach ein paar Augenblicken gibt Lukas noch einen Satz von sich, welchen ich nicht so schnell vergessen werde: „So doof das jetzt auch klingen mag, aber ich bin froh, dass das heute nicht euch oder Sandro widerfahren ist. Lieber verliere ich einen der Seals als euch. Wir kennen uns schon so lang, das wäre furchtbar.“

Wir wissen, dass Lukas die anderen Jungs mag, aber unsere Freundschaft und der Zusammenhalt sind einfach um einiges größer. Ich und bestimmt auch Eric denken nicht anders darüber.

Am Abend des Tages kehrt schon wieder Normalität ein, so als wenn es heute Morgen keinen Einsatz gegeben hätte, bei dem Menschen ihr Leben ließen. Wir unterhalten uns mit anderen Soldaten, spielen Basketball auf dem Gelände und schauen anschließend eine DVD im Videoraum. Es läuft „Transformers“. Nichts erinnert an den Einsatz vor knapp zehn Stunden. Das ist auch irgendwo gut so. Denn wenn man sich den Kopf über die Geschehnisse zerbricht und sie sich immer wieder vor Augen hält, ist das für folgende Einsätze nicht sehr förderlich. Nach dem Film skype ich mit Vanessa. Wir haben seit drei Jahren eine feste Beziehung. Wir haben uns damals während des Studiums kennengelernt. Vanessa hatte an der gleichen Universität wie ich studiert. Ihr begegnet zu sein, war das Beste, was mir passieren konnte. So eine wie Vanessa trifft man in meinen Augen nicht oft. Ich berichte ihr von dem Einsatz. Vanessa ist erleichtert, dass alles gut verlaufen ist. Jedoch spiele ich den Schusswechsel etwas herunter. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen macht. Das würde ihr Leben nur unnötig erschweren. Das Gleiche mache ich auch immer bei meiner Mom. Sie ist sehr emotional und solche Nachrichten wie der Schusswechsel oder dass Jim fast ernsthaft verletzt worden wäre, würde sie nicht so leicht wegstecken. Der Einzige, dem ich alles ungeschönt erzähle, ist mein Dad. Zum einen ist er einer der wenigen Menschen, die mit solchen Situationen gut umgehen und sie richtig einordnen können. Zum anderen hilft es mir, mit ihm darüber zu reden und seine Meinung zu hören. Er sieht manche Situationen aus anderen Blickwinkeln, die ich vorher so nicht betrachtet habe. Von Vanessa kommen zum Glück positive Nachrichten zurück. Sie hat seit vier Tagen ihre Probezeit im neuen Job überstanden und besitzt jetzt einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Diese Neuigkeit nimmt eine Menge Ballast von ihr. Außerdem, und das ist das Wichtigste, teilt sie mir mit, dass alle Verwandten und Freunde in der Heimat gesund und munter sind. Nichts beruhigt mich mehr, als zu wissen, dass es allen Menschen, die ich liebe und gernhabe, gut geht.

Am nächsten Tag erfahren wir, dass Jim nach Hause fliegen wird. Er hat nach dem Einsatz Oberstabsfeldwebel Flinn darum gebeten, versetzt zu werden. Der Oberstabsfeldwebel hat nach einiger Überlegung diesem Antrag zugestimmt. Der Grund dafür ist klar. Natürlich kann nicht jeder, der plötzlich aus verschiedenen Gründen besorgt ist, abgezogen werden. Aber das Risiko, dass einer wegen Jim in den nächsten Einsätzen verletzt oder sogar getötet wird, weil dieser nicht mehr richtig bei der Sache ist, können die Verantwortlichen gerade hier im Irak nicht eingehen. Oberstabsfeldwebel Flinn schätzt Jims Zustand als zu schlecht ein, um eine weitere Mission gefahrlos mit ihm bestreiten zu können. Ich will nicht sagen, dass wir über seine Entscheidung schockiert sind, aber es kommt doch überraschend. Immerhin sind wir Soldaten und kennen die Gefahren und das Risiko.

Wir befinden uns gerade auf unserem Zimmer und spielen zu fünft mit Sandro Karten. Er ist fast jeden Tag hier. Manchmal befindet sich Sandro gefühlt nur zum Schlafen auf seiner eigenen Stube. Mich würde es mittlerweile nicht mehr wundern, wenn er irgendwann mit seiner Matratze vor der Tür steht. Jim kommt herein. Er will sich von uns verabschieden.

Jim: „Ihr habt es sicher schon gehört. Ich verlasse morgen früh dieStation. Es fällt mir schwer, euch und die anderen hier im Stich zu lassen, aber es stellt für alle ein zu großes Risiko dar, wenn ich nicht mehr zu hundert Prozent fokussiert bin. Dadurch könnte es womöglich noch einen von euch erwischen! Und das will und kann ich nicht verantworten. Seit dem Vorfall auf der Treppe fühle ich mich einfach nicht mehr imstande ein vollwertiges Teammitglied zu sein.“

Jim schaut bedrückt. Wir sind froh, dass er so ehrlich ist. Es klingt erst einmal feige und nach einem Rückzieher seinerseits, doch es gehört auch eine Menge Mut und Überwindungskraft dazu, solch eine Entscheidung zu treffen. Für Außenstehende ist das nicht nachvollziehbar, aber für einen Soldaten ist es schwer, seine Kollegen durch eigenes Handeln zurückzulassen. Wir verabschieden Jim. Er wirkt verunsichert. Mir scheint, als wüsste Jim nicht, ob er wirklich die richtige Entscheidung getroffen hat.

Es vergehen einige Tage ohne weitere Vorkommnisse. Obwohl, an eine Sache kann ich mich sehr gut zurückerinnern. Wir sitzen am Morgen eines milden Tages auf dem Parkplatz gegenüber der Kommunikations- und Postabteilung und frühstücken in der Sonne. Manne, der richtig Matthias heißt, kommt zu uns. Er ist ein großer, kräftiger Kerl aus dieser Einheit. Wir trainieren oft mit ihm im kleinen, provisorischen Handelbereich der Base.

Manne: „Leute, ihr werdet nie erraten, wer nachher hierherkommt, um etwas abzuholen.“

Wir schauen verdutzt. Ben fängt an, Namen von hochrangigen Vorgesetzten aufzuzählen. Lukas wirft mitten in Bens Aufzählung den Namen Katy Perry ein. Eric und ich können uns daraufhin nicht halten und fangen laut an zu lachen. Wie trocken Lukas das rüberbringt, ist schon der Wahnsinn. Eben typisch für ihn. Manne erwidert lachend: „Nicht ganz, Lukas! Aber nahe dran. Es ist Herr Rinderwahn!“

Herr Rinderwahn, wie wir ihn nennen, ist Hauptmann Friedrich. Er ist ein Soldat der alten Schule und macht jeden nieder, der ihm nicht sympathisch ist oder in den Allerwertesten kriecht. Außerdem ist er seiner Meinung nach der einzig fehlerfreie Mensch auf dieser Welt. Also mit anderen Worten ein richtiger Arsch. Jedenfalls sagen wir Rinderwahn zu ihm, weil er manchmal einen Silberblick hat, wenn er sich konzentriert.

Sandro: „Klasse, wegen dem kommst du extra hierher und nervst uns?“

Manne: „Lass mich erst einmal ausreden. Das Beste kommt jetzt.Er soll laut meines Vorgesetzten mit dem Fahrrad hierherkommen, weil Friedrich ‚ein neues Zeichen‘ für den verminderten Gebrauch von Einsatzfahrzeugen innerhalb des Camps setzen möchte. Viele Männer hier seien ihm zu bequem geworden und würden außerdem diese Fahrzeuge nicht pfleglich genug behandeln. Er rief gerade bei uns an und erkundigte sich nach einem möglichen Abstellplatz für sein Fahrrad. Daraufhin musste ich wegen des Rindviehs nach draußen und nachschauen, ob hier ein scheiss Stellplatz ist. Also, was machen wir?“

Lukas: „Wie, was machen wir?“

Manne: „Na, wir müssen ihm ganz klar eins auswischen. Nicht dass seine Idee sich irgendwann durchsetzt. Ich habe keine Lust, mit dem Rad hier durch den Irak zu fahren. Außerdem kommt diese Gelegenheit so schnell wahrscheinlich nicht wieder.“

Thomas: „Da hast du recht. Dafür bin ich auch. Friedrich hat mich letztens erst zur Sau gemacht, weil mein Rucksack nicht vorschriftsgemäß verschlossen war. Also ist noch eine Rechnung offen. Wie wäre es mit einem losen Lenker?“

Die Standardfahrräder am Stützpunkt haben an Lenker und Sattel einen Schnellspanner. Dreht man diese etwas locker, rutscht der Lenker beziehungsweise Sattel rein oder raus.

Ben: „Wirklich jetzt? Der dreht durch.“

Manne: „Das ist es, eine super Idee. Ben, jetzt hab dich mal nicht so, er stirbt ja nicht daran.“

Wir klären, wer die ehrenvolle Aufgabe hat, den Spanner zu lösen. Immerhin können solche Streiche gegen Ranghöhere schwerwiegende Konsequenzen haben. Eric streckt die Faust in die Mitte und sagt: „Los Jungs, Schere, Stein, Papier.“

Das ist wohl die schnellste und beste Lösung, um das Problem zu klären. Wir halten unsere Hände in die Mitte und los geht es. Bis auf einen wählen alle Papier. Dieser eine hat Stein gewählt und das bin leider ich. Die anderen grinsen! Mir ist gerade irgendwie nicht danach. Anschließend machen wir aus, wer wo Schmiere steht. Lukas und Manne platzieren sich am Eingang vor dem Gebäude. Sandro, Thomas und Ben behalten aus verschiedenen Positionen den Weg im Auge. Eric kommt mit mir, falls irgendwelche Probleme auftreten. Jetzt müssen wir nur noch warten, bis der Hauptmann eintrifft. Wir haben uns hinter einem Humvee platziert. So kann uns Friedrich nicht sehen. Insgeheim hoffe ich, dass irgendetwas dazwischenkommt und er nicht erscheint. Doch bereits kurze Zeit später wird diese Hoffnung zerstört. Hauptmann Friedrich fährt mit seinem Fahrrad den Weg entlang. Am Gebäude angekommen, lehnt er dieses ans Geländer. Danach betritt Friedrich den Eingang. Es kann losgehen. Wir rennen zu unseren Positionen. Ich verliere keine Zeit und öffne den Schnellspanner am Lenker. Eric hält dabei das Fahrrad fest. Als der Spanner offen ist, drehe ich das Gewinde etwas locker. Dann folgen die Schritte: Spanner wieder schließen und Fahrrad genau so wie vorher am Geländer platzieren. Anschließend verstecken wir uns hinter ein paar Transportkisten und Reifen, die sich auf dem Parkplatz befinden. Nach ein paar Minuten kommt Hauptmann Friedrich bereits wieder aus dem Gebäude. Er hat einen Brief dabei. Diesen klemmt er sich unter den Arm und nimmt das Fahrrad vom Geländer. Er schiebt es an und schwingt sich darauf. Nach nicht einmal drei Metern rutscht der Lenker bis zum Anschlag in den Rahmen. Hauptmann Friedrich fängt laut an zu fluchen. Er schreit erbost: „Was für eine Scheiße ist das denn hier?“

Wir lachen leise in unseren Verstecken. Wenige Augenblicke später rutscht auf einmal der Lenker komplett aus dem Rahmen. Reflexartig zieht Friedrich die Bremse. Diese bringt beide Reifen zum Blockieren und er stürzt mit dem Kopf voran über den Lenker. Uns vergeht schlagartig das Lachen. Wir schauen verdutzt auf den am Boden liegenden Hauptmann. Als dieser sich aufrichtet, ducken wir uns. Ich bin völlig fertig. So war das nicht geplant. Friedrich sollte einen Schreck bekommen und nicht stürzen. Thomas kichert noch immer leise vor sich hin.

Lukas: „Was passiert, wenn er es rausbekommt?“

Eric: „Friedrich lässt gern Panzer putzen.“

Das ist so ziemlich das Schlimmste, was einem hier passieren kann. Die Stahlmonster heizen sich in der prallen Sonne wahnsinnig auf. So ist man einer unerträglichen Wärme ausgesetzt. Und der Stützpunkt verfügt über einige Panzer. Hauptmann Friedrich steht wieder auf. An seiner Hose klafft, nahe dem rechten Knie, ein großes Loch. Er richtet das Fahrrad auf und schaut es an. Sicherlich kann sich der Hauptmann denken, dass hier Fremdeinwirkung im Spiel gewesen ist. Sein Blick verfinstert sich. Er beginnt aufgeregt umherzulaufen. Neben uns entdecke ich einen kaputten Humvee-Reifen an einem der Fahrzeuge. Daneben liegt bereits ein neues Rad und Werkzeug. Die Mechaniker haben es schon vorbereitet. Ich zeige eilig darauf und sage: „Los, schnell, wir tun so, als wenn wir den Reifen wechseln.“

Eilig springen wir auf und rennen hinüber. Lukas und Ben werfen sich unter den Jeep. Thomas und ich positionieren den Wagenheber. Eric pumpt den neuen Reifen auf, Sandro setzt den Maulschlüssel an und Manne nimmt eine Zange in die Hand. Keine Ahnung, warum ihm nichts Besseres eingefallen ist. Jedenfalls hört Friedrich den Lärm und kommt herüber. Er erscheint neben den Kisten und stellt sich mit leicht gespreizten Beinen vor uns hin. Die Fetzen der kaputten Hose hängen herunter. Friedrich sagt mit erhobener Stimme: „Was ist denn hier los?“

Wir geben vor, überrascht zu sein, und salutieren. Manne ergreift das Wort: „Reifenplatzer heute früh bei einer Kontrollfahrt der Fünfzehnten, Herr Hauptmann.“

Zum Glück haben wir ihn dabei. Manne weiß durch seine Position fast immer, wann welche Einheit unterwegs ist. Friedrich schaut uns grimmig an und sagt: „Seit wann wechseln denn die Kampftruppen Reifen unserer Einsatzfahrzeuge?“

Manne antwortet: „Die Mechaniker sind mit anderen Dingen ausgelastet. Heute früh ist ein Panzer über eine Landmine gefahren und weil der Humvee nachher benötigt wird, erledigen wir das gleich selbst.“

Friedrich: „Überall fehlt es an Personal, wo soll das hinführen? Habt ihr hier jemanden vorbeikommen sehen in den letzten fünf Minuten?“

Manne: „Ja, ein paar Seals.“

Hauptmann Friedrich: „Und welche Seals genau?“

Manne: „Keine Ahnung. So genau habe ich nicht darauf geachtet.“

Hauptmann Friedrich: „Jemand von den anderen vielleicht?“

Wir schütteln den Kopf.

Friedrich: „Diese Seals … denen mache ich die Hölle heiß. Weitermachen! Und lasst das danach von den Mechanikern prüfen. Ihr habt keine Ausbildung dafür!“

Er geht wieder zu seinem Fahrrad, spannt den Lenker richtig ein und fährt weg. Als er ein paar Meter entfernt ist, können wir uns nicht mehr halten. Wir lachen uns die Seele aus dem Leib. Das Ereignis macht schnell die Runde im Camp. Viele andere Soldaten sprechen uns in den folgenden Tagen darauf an.

Wir haben bereits über die Hälfte unseres Einsatzes im Irak absolviert. Heute, vier Wochen vor dem geplanten Ende, kommt eine weitere Mission hinzu. Ein Kommandant aus Paris soll vom Flughafen in Mossul, der circa 35 Kilometer vom Stützpunkt entfernt ist, abgeholt werden. Der Kommandant hat wichtige Informationen zu terroristischen Standorten im Irak und soll zukünftige Operationen vor Ort leiten. Auf der Base kann gegenwärtig kein Flugzeug landen, weil sich Risse im Beton der Landebahn gebildet haben. Diese müssen erst ausgebessert werden. Und ein Hubschrauber schafft die Distanz von der europäischen Grenze bis in den Irak nicht. Am Morgen erfahren wir, dass keiner von uns für den Einsatz geplant ist. Lediglich Chris muss mitgehen, weil er schon einmal am Flughafen war. Von ihm erfahren wir auch, dass die Truppe der Seals, darunter Ed, Kyle und Robson sowie einige Rangers der 109. und Teile der Fernspählehrkompanie 147. für die Überführung eingeteilt wurden. Das klingt nach viel Schlagkraft, um lediglich eine Person zu überführen. Aber zwischen unserer Base und dem Flughafen in Mossul liegen mehrere kleine gegnerische Nester. Master Sergeant Fletscher ist der zuständige Missionsleiter und steuert den Einsatz vom Stützpunkt aus. Er ist ein hervorragender Soldat und verfügt über weitreichende Erfahrung aus mehreren Auslandseinsätzen.

Chris kommt nach einer kurzen Einsatzbesprechung zu uns und erklärt den groben Ablaufplan. Dieser ist recht simpel. Der Name des französischen Kommandanten ist Mayet. Er wird morgen um 07:00 Uhr auf dem Airport in Mossul landen. Zwei Humvees und ein Truppentransport sollen um 06:20 Uhr an der Base starten. Sie fahren zum Flughafen, sichern das Gebiet und holen Mayet ab. Anschließend geht es zurück zum Stützpunkt. Geplante Ankunft an diesem ist gegen 07:30 Uhr. Kampfhandlungen werden von der Aufklärung als eher unwahrscheinlich eingestuft. Der Gegner ist primär damit beschäftigt, sich nach einigen Rückschlägen in den letzten Wochen neu aufzustellen. Allerdings wurden kleinere Aktivitäten von Terroristen kürzlich in der näheren Umgebung bestätigt. Der erste Humvee des Konvois ist mit den Rangers der 109. besetzt. Im Truppentransport sind die Männer der Fernspählehrkompanie und am Ende die Seals der 111, also unsere Jungs Ed, Kyle, Robson sowie Chris und Jon. Jon Mecur ist erst seit zwei Wochen auf der Base stationiert. Er gehört den Sanis an. Wir wundern uns eine Stunde nach der Bekanntgabe immer noch über die Zusammenstellung. Nicht dass wir böse darüber sind, diesmal nicht dabei zu sein, aber immerhin verfügen wir über mehr Erfahrung als die meisten anderen Soldaten und haben in der Ausbildung bei den Spezialkräften ein Extratraining für solche Situationen absolviert.

Chris ist recht angepisst. Er sagt zu uns: „Das Team mit Ed, Kyle und Robson scheint ganz okay zu sein. Ich weiß jedoch nicht, warum wir Mecur als Frischling mitbekommen. Klar hat jeder irgendwann seine ersten Einsätze. Aber hoffentlich zieht der im Falle eines Gefechtes nicht den Schwanz ein. Genauso wie viele der 147er. Von denen scheinen manche bisher nur aus der Playstation ein Gewehr zu kennen. Ich habe keine Lust, dass da draußen etwas schiefläuft.“

Die Verärgerung ist für uns schon nachvollziehbar. Für Außenstehende klingen seine Worte unfair und hart, aber man muss ebenso bedenken, dass wir in jedem Einsatz unser höchstes Gut, das eigene Leben, einem gewissen Risiko aussetzen. Jeder möchte mit der möglichst besten Formation ausrücken. Lukas versucht Chris zu beruhigen: „Das wird schon. Kein Feind weiß von dem Einsatz, und wenn doch, verfügt ihr über die bessere Militärtechnikund 40 gut ausgebildete Soldaten. Sollte das alles nicht reichen, dann ruf einfach durch und wir kommen zu Hilfe.“

Chris: „Klingt gut, aber am liebsten wäre es mir wirklich, wenn kein Feind unseren Ausflug mitbekommt.“

Am Nachmittag spielen wir Basketball gegen die Rangers der 107. Wir sind zwar fitter als sie, aber technisch völlig unterlegen. Wie es unter Männern oft so ist, schieben wir uns gegenseitig die Schuld für die Niederlage zu, was die Rangers sehr amüsiert. Sofort fordern wir für den nächsten Tag eine Revanche, die sie glücklicherweise annehmen.

Terminal Mossul

Am nächsten Morgen kurz vor sechs Uhr kommt Chris in unser Zimmer. Wir wachen durch den Lichtkegel, der aus dem Flur durch die Tür hereinscheint, auf.

Chris: „Bereitet euch gut auf das Spiel heute mit den Rangers vor. Noch eine Niederlage kann ich nicht verkraften.“

Lukas antwortet völlig verschlafen: „Spinnst du, so zeitig hier aufzutauchen?“

Chris lacht: „Euch soll es doch nicht besser als mir ergehen.“

Lukas: „Das hast du geschafft. Mach dir um uns keine Sorgen wegen heute Abend. Komm du lieber erst einmal ganz wieder.“

Chris: „Ich gebe mir Mühe.“

Eric und ich wünschen ihm ebenfalls alles Gute. Danach geht er wieder aus dem Zimmer und schließt die Tür.

Eric: „Los, wir holen uns noch eine Mütze Schlaf, bevor nachher die Panzerjungs wieder Übungen durchführen.“