Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 638 - Yvonne Uhl - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 638 E-Book

Yvonne Uhl

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Beschreibung

Sabine und Thomas sind einander in inniger Liebe verbunden, und sie arbeiten Hand in Hand in der Rechtsanwaltskanzlei, die Thomas von seinem Onkel übernommen hat. In Kürze sollen die Hochzeitsglocken für die beiden läuten.
Sabines jüngere Schwester Martina, die mit ihren hochfliegenden Zukunftsträumen gerade Schiffbruch erlitten hat, schaut voller Missgunst auf das glückliche Paar. Bildschön ist die erst neunzehnjährige Martina, doch hinter ihrer Schönheit verbirgt sich ein intrigantes, durchtriebenes Biest.
In ihrer brennenden Eifersucht beginnt sie sogar, ihre ältere Schwester zu hassen, und dann fasst sie den bösen Plan, Sabines Glück um jeden Preis zu zerstören ...


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Inhalt

Cover

Im Sog der Leidenschaft

Vorschau

Impressum

Im Sog der Leidenschaft

Auftakt des berühmten Zweiteilers

Sabine und Thomas sind einander in inniger Liebe verbunden und arbeiten Hand in Hand in der Rechtsanwaltskanzlei, die Thomas von seinem Onkel übernommen hat. In Kürze sollen endlich die Hochzeitsglocken für die beiden läuten.

Sabines jüngere Schwester Martina, die mit ihren hochfliegenden Zukunftsträumen gerade Schiffbruch erlitten hat, schaut voller Missgunst auf das glückliche Paar. Bildschön ist die erst neunzehnjährige Martina, doch hinter ihrer Schönheit verbirgt sich ein intrigantes, durchtriebenes Biest.

In ihrer brennenden Eifersucht beginnt sie sogar, ihre ältere Schwester zu hassen, und dann fasst sie den bösen Plan, Sabines Glück um jeden Preis zu zerstören ...

Im gleißenden Licht des Schweinwerferkegels sah Martina von Clausnitz aus wie eine leblose Marmorschönheit. Unwillkürlich hielt jeder, der sie sah, die Luft an.

Das ebenmäßige Gesicht wirkte mit den dunklen Augen, dem vollen Mund und der feinen Nase in seiner einmaligen Schönheit wie der Zauber aus einer fremden Welt.

»Abblenden«, rief eine Stimme.

Das Scheinwerferlicht erlosch. Ein gut aussehender Mann im eleganten Einreiher stürzte auf Martina zu. Er ergriff ihre Hand und hob sie zum Mund.

»Martina«, flüsterte er und sah ihr tief in die Augen. »Sie sind das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe.«

Martina erhob sich und entzog ihm ihre Hand.

»Ich bin müde, Herr Steiner.« Sie raffte den weiten Rock des weißen Abendkleides und richtete sich auf.

Die Beleuchter und Kameraleute machten ihr Platz, als sie neben Aldo Steiner auf den Ausgang des Studios zuging. Viele bewundernde Blicke folgten ihr.

Sie war die neue Entdeckung des berühmten Modeschöpfers Aldo Steiner aus Berlin. Viele schöne Frauen waren in diesem Studio schon fotografiert worden. Aber dieses Mädchen übertraf mit seiner Schönheit jedes hübsche Mannequin, das von diesem Studio aus die Treppe zum Erfolg hinaufgeklettert war.

Kurze Zeit später saßen Martina von Clausnitz und Aldo Steiner im Speisesaal des Hamburger »Ambassador-Hotels«.

»Sie haben mir immer noch nicht meine Frage beantwortet«, drängte Aldo Steiner.

»Sie wollten wissen, ob es einen Mann gibt, den ich liebe, nicht wahr?«, fragte Martina lächelnd.

Das seltsame Strahlen in ihren Augen verwirrte Aldo Steiner. Er war ein erfahrener Mann und umgab sich seit Jahren mit den schönsten Frauen der Welt. Aber ein so zauberhaftes Mädchen wie Martina von Clausnitz war ihm noch nie begegnet.

»Ja«, sagte er kurz.

»Herr Steiner, ich will berühmt werden«, lautete Martinas Antwort. »Kein Mann könnte mich je daran hindern, den Weg zu gehen, der mir vorgeschrieben ist.«

»Ich mache Sie berühmt«, versicherte Aldo Steiner. »Die Konkurrenz wird mich um Sie beneiden. Aber Sie müssen mir treu bleiben, denn schließlich habe ich Sie entdeckt.«

Martina blickte an ihm vorbei. Sie dachte an einen Nachmittag vor drei Monaten, als sie über den winterlichen Kurfürstendamm in Berlin geschlendert war.

Damals hatte sie einen schneeweißen Lammpelzmantel und eine dazu passende Kappe getragen. Plötzlich hatte sie Aldo Steiner angesprochen. Seit diesem Nachmittag wusste Martina, dass sich aus ihrer Schönheit Kapital schlagen ließ.

Immer hatte sie gehofft, dass eines Tages jemand kommen würde, der sie und ihre außergewöhnlichen Gaben entdecken würde. Dieser Jemand war Aldo Steiner. Er war berühmt, umschwärmt und besaß den legendären Ruf, dass keine Frau ihm jemals widerstehen könnte.

»Martina, ich will Sie fester an mich binden als alle anderen Mädchen, die für mich arbeiten«, hörte sie Aldo Steiner nun sagen. Er hob das Weinglas und sah sie an.

Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Wie wunderbar er aussah: Seine grauen Schläfen störten sie nicht, und seine weltmännische Lässigkeit beeindruckte sie.

»An welche Bindung denken Sie, Herr Steiner?«, hauchte sie.

»Ich bin Witwer, Martina, schon seit vielen Jahren«, erklärte Aldo Steiner. »Und ich mache Ihnen hiermit in aller Form einen Heiratsantrag.«

»Heiraten?«, stammelte sie überrascht. »Aber Herr Steiner ...«

»Als meine Frau stehen Ihnen alle Türen offen. Und ich hätte dann die Gewissheit, dass Sie mir nicht fortlaufen, Martina.«

Aldo Steiner, dessen Herz beim Anblick dieses außergewöhnlichen Mädchens schneller schlug, hatte klug erkannt, dass eine Ehe nicht das war, was Martina sich erträumt hatte.

Er knüpfte also an sein Versprechen, sie berühmt zu machen, die Bedingung, ihn zu heiraten. Gespannt sah er sie an. Wie würde sie sich entscheiden?

Martinas Gedanken überschlugen sich. Dieser Mann wollte sie, die unbedeutende Martina von Clausnitz, heiraten? Er war reich und zählte die prominentesten Leute zu seinen Freunden.

Das ist die Wende in meinem Leben, dachte Martina. Die große Chance!

»Nun?«, hörte sie Aldo Steiner fragen.

»Aldo«, stotterte sie. »Sie wollen mich wirklich heiraten?«

Ungeachtet der anderen Leute, die an den Tischen saßen, erhob sich Aldo Steiner, beugte sich zu Martina hinunter und küsste sie.

»Ich liebe dich, Martina!«, flüsterte er.

»Ja, ich will dich heiraten, Aldo«, erwiderte Martina benommen.

♥♥♥

Das im Jahre 1896 erbaute Haus in der Ahornallee in Berlin-Grunewald war rosa getönt. Um die Jahrhundertwende hatten hier große Feste stattgefunden, denn der Erbauer des Hauses, der königlich-preußische General Otto von Clausnitz, war ein bedeutender Mann gewesen, der im Schloss ein und aus gegangen war.

Nach seinem Tode hatte sein einziger Sohn Wilhelm das stuckverzierte Haus übernommen. Oberst Wilhelm von Clausnitz war im ersten Weltkrieg in den Ardennen gefallen. Sein ältester Sohn Friedrich, der noch in den letzten Kriegstagen die bezaubernde Wiener Baronesse Leopoldine aus dem niederösterreichischen Geschlecht der Loschwitz geheiratet hatte, war nun Besitzer des Hauses in der Ahornallee geworden.

Seit dem Jahre 1932 lebte seine Witwe Leopoldine mit ihrer Köchin Hedwig Kloppke, einer waschechten Berlinerin, in dem Haus. Viele Stürme waren seitdem über Berlin hinweggebraust, doch das Haus mit der Stuckverzierung und der geschwungenen Freitreppe war dasselbe geblieben.

Leopoldine Gräfin Clausnitz war eine tapfere kleine Dame, die sich ihren Wiener Charme auch noch im Alter bewahrt hatte. Sie besaß die selbstverständliche Noblesse, die man niemals erlernen kann. Ihre zierliche Gestalt war stets mit eleganter Schlichtheit gekleidet.

Ihre blassblauen Augen verrieten ihren lebensbejahenden Humor, und die hochgetürmte Frisur mit dem vollen weißen Haar verlieh der Gräfin etwas Hoheitsvolles.

Gräfin Clausnitz ging die Treppe hinunter und blieb auf dem Steinweg stehen. Immer wieder hob sie den Kopf und lauschte.

Neben ihr öffnete sich das Fenster der Küche, die im Souterrain lag. Die Köchin steckte den Kopf heraus.

»Ist sie immer noch nicht da, Frau Gräfin?«

Leopoldine Gräfin Clausnitz schüttelte den Kopf.

»Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wo sie bleibt«, erwiderte sie. »Das Flugzeug muss schon vor einer Stunde gelandet sein.«

»Ich weiß nicht, wie ich das Mittagessen so lange warm halten soll«, jammerte Hedwig.

Die Gräfin ging den Weg hinunter bis zur Gartentür. Sie hatte ihre Nichte Sabine seit vier Jahren nicht mehr gesehen. Die Schwestern Sabine und Martina waren ihre einzigen Verwandten, und ab heute sollte Sabine, genau wie ihre Schwester Martina, ganz bei der Gräfin wohnen.

Sie hörte einen Automotor, der sich rasch näherte, und kurz darauf hielt ein elegantes Auto vor dem Gartentor. Gräfin Clausnitz drückte die Türklinke hinunter und trat auf die Straße.

War das Sabine, diese bezaubernde junge Frau, die jetzt aus dem Wagen stieg und auf sie zulief?

»Tante Poldi!«, rief eine warme Stimme. Und dann umschlangen sie zwei weiche Arme.

Leopoldine Gräfin Clausnitz schaute in Sabines strahlende Augen.

»Mein Kind«, sagte die Tante bewegt und drückte Sabine, die fast einen Kopf größer war als sie, fest an sich. Innig betrachtete sie das schmale, zarte Gesicht Sabines mit dem matt gebräunten Teint. Wie hübsch Sabine geworden war!

»Wir sind mit dem Auto gekommen«, erzählte die Nichte.

Inzwischen war der junge Mann, der am Steuer gesessen hatte, aus dem Wagen gestiegen und ging auf die beiden zu.

»Tante Poldi«, sagte Sabine. »Darf ich dir Doktor Falk vorstellen? Wir haben zusammen in München studiert. Wir sind auch beide vor einer Woche promoviert worden. Thomas wird die Anwaltspraxis seines Onkels hier in Berlin übernehmen, die er kürzlich geerbt hat.«

Mit unverhohlenem Interesse musterte die Gräfin Sabines Begleiter. Er war groß, dunkelhaarig und scheinbar bis über beide Ohren in Sabine verliebt.

Der Blick, den er ihrer Nichte zuwarf, war eine Mischung aus Zärtlichkeit, Stolz und Übermut.

»Das ist also die berühmte Tante Poldi«, begrüßte der junge Mann Leopoldine von Clausnitz. Er verneigte sich höflich und streckte ihr die Hand hin. »Ich weiß alles von Ihnen, gnädige Frau! Aber wo ist denn eigentlich der Struppi?« Suchend blickte er sich um.

Die Gräfin lachte. Was für eine bezaubernde alte Dame, dachte Thomas.

»Struppi hält seinen Mittagsschlaf«, erklärte sie, »aber jetzt kommt endlich ins Haus!«

Einladend hielt sie die Gartentür auf.

»Ich muss sofort weiter, gnädige Frau«, entschuldigte Thomas sich. »Ich wollte nur Sabine bei Ihnen abliefern.«

»Thomas, sei kein Spielverderber«, mischte sich Sabine ein. »Wenn mich nicht alles täuscht, dann riecht es nach goldbraun gebratenen Wiener Schnitzeln! Könnte Thomas mitessen, Tantchen?«

»Aber ja«, rief die Gräfin aus. »Hedwig hat für ein ganzes Regiment gekocht!«

Thomas sträubte sich nicht mehr lange. Er ging zum Kofferraum des Wagens, öffnete ihn und hob zwei schwere Koffer heraus.

»Wiener Schnitzeln kann ich niemals widerstehen«, bekannte er spitzbübisch. »Ihre Hedwig muss ein Juwel sein, nach Sabines Schilderung!«

♥♥♥

Kurz darauf saßen sie sich zu dritt im Speisezimmer gegenüber. Hedwig trug die heißen Schüsseln herein. Immer wieder glitt der Blick der Gräfin von Sabine zu dem sympathischen jungen Mann.

»Wo werden Sie in Berlin wohnen, Herr Doktor Falk?«, erkundigte sie sich.

Thomas zuckte die Achseln.

»Keine Ahnung, gnädige Frau. Deshalb muss ich ja gleich weg. Ich will mir eine Wohnung suchen.« Er zwinkerte Sabine zu. »Natürlich darf sie nicht zu weit von hier entfernt sein.« Er wandte sich wieder der Gräfin zu. »Sabine hasst nämlich nichts so sehr, wie zu Fuß zu gehen. Wenn sie täglich in meine Anwaltskanzlei muss, will ich als ihr Chauffeur fungieren.«

»Thomas übertreibt natürlich«, stellte Sabine richtig. »Oh Tante Poldi, ich bin so glücklich, dass ich endlich wieder hier bin. Wie vertraut alles ist.«

»Du bekommst dein altes Zimmer, Sabine. Ich habe es vollständig renovieren lassen. Und Martinas Zimmer ist direkt daneben.«

»Ja, richtig – Martina! Wann werde ich mein Schwesterchen zu Gesicht bekommen?«

»Sie trifft morgen hier ein«, verriet die Gräfin. Ihr Gesicht war plötzlich ernst geworden. »Oh Sabine, ich mache mir Sorgen um Martina. Du weißt, dass sie musisch veranlagt ist. Ich hätte sie so gern auf die Kunstakademie geschickt. Aber sie ist so sprunghaft. Vor drei Tagen ist sie nach Hamburg gereist.«

»Und warum?«

»Es werden für ein bekanntes Berliner Bekleidungshaus Fotoaufnahmen von ihr gemacht.«

»Also ein Mannequin«, mischte sich Thomas ein. »Gar kein schlechter Beruf, gnädige Frau.«

»Ich bin nicht damit einverstanden«, erklärte die Gräfin. »Ich hasse es, wenn junge Frauen sich so zur Schau stellen. Aber Martina ist ein Dickkopf.« Traurig blickte sie Sabine an. »Du weißt, wie sehr ich an euch beiden hänge. Ihr zwei seid ja das Einzige, das ich noch im Leben habe. Aber Martina, deren Patentante ich ja bin, macht es mir wahrhaftig schwer.«

»Das tut mir leid, Tante Poldi.«

»Du hast wenigstens einen ordentlichen Beruf und bist jetzt Rechtsanwältin. Ich finde es sehr wichtig, dass Frauen einen guten Beruf haben, der sie ernährt, falls ihre Ehe schiefgehen sollte.«

»Das ist eine sehr vernünftige Ansicht, gnädige Frau«, warf Thomas ein. »Ich glaube, um Sabine brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Sabine besitzt die wichtigste Eigenschaft, ohne die ein Jurist erbarmungslos scheitert: Sabine kann reden wie ein Buch. Sie redet so lange, dass der Gegner am Ende glaubt, sie hat tatsächlich recht.«

»Das konnte sie schon als Kind«, meinte Leopoldine von Clausnitz lachend.

»Wer von uns beiden besser reden kann, das wird sich noch herausstellen, Thomas. Aber Tante Poldi hat nicht übertrieben: Martina ist ein süßer Fratz, aber dickköpfig wie ein Elefant im indischen Dschungel.«

»Ich bin sehr gespannt auf deine kleine Schwester«, sagte Thomas. Dann erhob er sich. »Nehmen Sie es mir nicht übel, gnädige Frau, aber ich muss jetzt gehen. Es ist ja schon zwei Uhr vorüber. Sonst muss ich heute Nacht auf einer Bank in Grunewald schlafen.«

»Kommen Sie bald wieder, lieber Herr Doktor Falk«, bat Gräfin Clausnitz und reichte ihm die Hand. »Ich habe so wenig Jugend um mich. Martina ist viel unterwegs und lässt mich altes Frauenzimmer allein. Aber jetzt soll sich das ändern. Wollen Sie heute zum Abendessen kommen?«

»Sehr gern, gnädige Frau.«

»Ich bringe dich noch hinaus, Thomas!«, rief Sabine und sprang auf. In der kleinen Diele packte Thomas Sabine an den Schultern und zog sie zu sich heran.

»Leb wohl, Liebling«, flüsterte er. »Und vergiss mich nicht bis heute Abend. Was soll ich nur die vielen Stunden ohne dich anfangen?«

»Eine Wohnung suchen«, schlug Sabine sachlich vor. »Aber ich werde nur eine akzeptieren, die du von einer Wirtin ohne hübsche Tochter mietest. Ist das klar?« Sie zwinkerte ihm zu.

»Sabine ist eifersüchtig!«, rief Thomas hingerissen aus. »Ein völlig neuer Wesenszug an dir!« Er küsste sie kurz und leidenschaftlich. »Bis nachher! Du, Sabine?«

»Ja?« Sabine sah ihn fragend an.

»Deine Tante ist bezaubernd! Sie sieht aus wie eine richtige kleine zerbrechliche Porzellanpuppe. Und sie hat Humor! Ich habe sie sofort lieb gewonnen!«

»Hoffentlich gewinnst du auch Martina lieb«, sagte Sabine seufzend. »Ich habe sie so lange nicht gesehen. Wer weiß, ob ich mich noch mit ihr verstehe.«

»Ich werde dein Bundesgenosse sein«, versprach Thomas. Er nickte ihr zu, riss die Haustür auf, warf Sabine eine Kusshand zu, und dann lief er mit langen Sätzen über den Steinweg auf die Gartentür zu.

Sabine blieb in der offenen Tür stehen, bis Thomas mit seinem Wagen abgefahren war.

Dann drehte sie sich langsam um. Hedwig räumte das Geschirr vom Tisch. Sabine sah die Gräfin im Wintergarten sitzen und nahm ihr gegenüber Platz.

Sie begegnete dem warmen Blick ihrer braunen Augen.

»Er ist ein reizender junger Mann«, sagte die Gräfin. »Liebt ihr euch?«

»Ja«, erwiderte Sabine mit strahlenden Augen. »Hast du das sofort gemerkt, Tantchen?«

»Alte Augen sehen tiefer, Sabine. Aus welcher Familie kommt er?«

Sabine lehnte ihren blonden Kopf an die hohe Lehne des Brokatsessels.

»Er ist der einzige Sohn eines Arztes aus Hannover«, erzählte sie dann. »Ich bin schon neugierig auf seine Eltern. In zwei Wochen will mich Thomas in sein Elternhaus einführen. Und dann wollen wir auch endlich die Verlobung bekannt geben.«

»Sicherlich hat er auch nette Eltern«, vermutete die Gräfin. »Er ist ein gut erzogener junger Mann!«

»Ich habe ein wenig Angst, Tante Poldi«, gestand Sabine. »Noch niemals bin ich in einer Familie gewesen, die so innig zusammenhält wie Thomas und seine Eltern. Meine Eltern sind viel zu früh gestorben.«

Gräfin Clausnitz strich behutsam über Sabines Hand.

»Es ist immer zu früh, wenn die Eltern sterben«, stimmte sie gedämpft zu. »Schon nach deiner Geburt hatte sich ja herausgestellt, dass deine Mutter niemals mehr hätte ein zweites Kind haben dürfen. Aber sie bildete sich ein, dass du nicht allein aufwachsen dürftest. Und Martinas Geburt hat sie dann wirklich das Leben gekostet.«

Voller Liebe betrachtete die Gräfin ihre Nichte.

»Und jetzt geh in dein Zimmer. Ich werde ein kleines Nickerchen machen, genau wie Struppi!«

Zu den Füßen der Gräfin lag zusammengekauert der Pekinese Struppi, ein hellbraunes Wollknäuel, und schlief.

Endlich zu Hause, dachte Sabine aufatmend. Sie warf noch einen letzten Blick auf die zierliche Tante, die die Augen geschlossen hielt. Dann verließ sie leise das Zimmer.

♥♥♥

Sabine sah entzückend aus. Sie trug ein schlichtes weißes Leinenkleid, das den gebräunten Hals und die schlanken Arme freiließ. Das volle goldblonde Haar hatte sie mit einem weißen Band zurückgebunden.

Schon seit einer Stunde spielte sie mit Thomas Falk im Garten der Gräfin Tischtennis. Thomas trug eine blaue Sommerhose und ein weißes Hemd mit offenem Kragen.

Obwohl es erst Ende März war, kletterte das Thermometer an diesem Frühnachmittag immer höher. Sabine spürte die aufsteigende Wärme und strich sich über die Stirn.

»Lass uns eine Weile ausruhen, Thomas«, bat sie. Thomas warf den Schläger hin und lief um den Tischtennistisch herum. »Etwa Ermüdungserscheinungen?«, scherzte er und legte die Hand auf Sabines Schulter. »Hoffentlich haben wir deine Tante nicht gestört bei ihrem Mittagsschlaf.«

»Länger als bis drei Uhr schläft sie niemals«, beruhigte Sabine ihn. »Es duftet auch schon nach frischem Kaffee! Schau, Hedwig deckt auf der Terrasse den Tisch!«

»Ich kann doch nicht ewig euer Gast sein«, protestierte Thomas.

»Doch, das kannst du. Hedwig kocht den besten Kaffee der Welt«, versicherte Sabine.

Bewunderung lag in Thomas' Blick, als er sie ansah.

»Wie schön du bist, Liebling«, sagte er. »Bleibt es dabei, dass wir zum übernächsten Wochenende nach Hannover zu meinen Eltern fahren?«

»Sicher. Aber ich habe ein wenig Angst, Thomas.«