Die Zeit läuft! - Sabine Houtrouw - E-Book

Die Zeit läuft! E-Book

Sabine Houtrouw

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

DRINGENDE WARNUNG!!! Vorsicht, auch dieses Jahr morden und meucheln Autoren und Autorinnen des Elvea Verlages in ihren Geschichten weiter und möchten Sie teilhaben lassen. Ebenso schlossen sich Felix Hänisch und Amanda Partz dem kriminellen Treiben an. Ob Banken tun, was sie vielleicht niemanden wissen lassen möchten, ob Moore ein Eigenleben entwickeln oder Tiere sehr menschlich agieren. Lassen Sie sich überraschen. Die Kriminalgeschichten schrieben für Sie: Felix Hänisch, Eliza Rain, Antje Haugg, Carsten Kupka, Prof. Harald Braem, Sabine Houtrouw, Sabine Wittemeier und Amanda Partz.

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Seitenzahl: 127

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Die Zeit läuft!

Kriminalgeschichten

Literarisch-kriminelle Energie brachten für Sie auf:

Harald Braem

Carsten Kupka

Antje Haugg

Felix Hänisch

Sabine Houtrouw

Amanda Partz

Eliza Rain

Sabine Wittemeier

Unwertes Leben

Felix Hänisch

Es tut seit Jahren weh, wenn ich pinkle. Manchmal flaut es für einige Wochen ab. Dann wiederum gibt es Zeiten, in denen es besonders schlimm ist. Aber seit Anfang dieses Monats habe ich das Gefühl, ich würde Rasierklingen pissen.

Seit meiner Kindheit in Somalia verspüre ich eine Aversion gegen Ärzte, was wahrscheinlich daran liegt, dass es so wenige davon gab, dass sie weder mit den großen noch mit den kleinen Patienten besonders einfühlsam umgehen konnten. Trotzdem habe ich mir geschworen, sofort einen aufzusuchen, sobald es so schlimm werden würde, dass ich aus Angst vor dem nächsten Toilettengang das Trinken einstellen würde. Aber obwohl das inzwischen schon mehr als nur einmal vorgekommen ist, hab ich dennoch gewartet, bis ich Blut im Urin hatte, bevor ich in die Notaufnahme der Berliner Charité gefahren bin.

Keinen Augenblick zu früh, wie mir versichert wurde. Angeblich stand es bereits so schlimm um mich, dass ich jederzeit hätte zusammenbrechen und sterben können. Wobei mir das womöglich immer noch bevorsteht, denn mein Körper stößt die beiden Nieren ab, die mir in einer Not-OP transplantiert werden mussten. Deshalb liege ich jetzt auf der Intensivstation zwischen all den röchelnden alten Säcken, die an Kathetern, Infusionen und was weiß ich nicht alles hängen. Im Gegensatz zu denen bin ich aber bei Bewusstsein und bekomme alles mit. Besonders den verschwitzten Mann mittleren Alters, der so unruhig von einem Bein auf das andere wippt, dass ich mich frage, wer von uns beiden Probleme mit dem Wasserlassen hat.

»Haben … also haben Sie verstanden, was ich gesagt habe?«, wiederholt er und versucht sich an einem peinlich berührten Lächeln. Ich verkneife es mir, ihn darauf hinzuweisen, dass mir meine Nieren und nicht das Gehirn entfernt wurde und nicke.

»Ja, ich hab Sie verstanden. Und egal, was Ihr Vater getan hat, ich werd Sie nicht dafür verantwortlich machen. Wir können schließlich alle nichts für unsere Familie«, sage ich und merke, dass meine Stimme schon wieder kräftiger klingt. Dank der Dialysemaschine, die die Arbeit der Nieren übernimmt, fühle ich mich fitter als ich es eigentlich bin.

»Es ist ja nicht so, dass mein Vater ein schlechter Mensch gewesen ist«, bemüht sich mein Gegenüber nochmals zu versichern, während er näher ans Bett kommt und sich eine Strähne seiner langen blonden Haare aus dem verschwitzten Gesicht wischt. »Im Gegenteil. Er war immer sehr freundlich zu allen, hat in der Nachbarschaft geholfen und so. Er war auch Organspender … Wobei, das war Ihnen sicher klar. Deswegen bin ich ja hier. Worauf ich jedenfalls hinauswollte: Er war bei allen sehr beliebt, niemals gewalttätig oder so. Nur eben gefangen in alten Denkstrukturen.

Nachdem er vor drei Tagen bei diesem schrecklichen Autounfall gestorben ist, hat sein Anwalt mir dieses Videotestament geschickt. Und als ich erfahren habe, dass Sie seine Nieren bekommen haben und dass Ihre Hautfarbe … also nicht, dass ich auf sowas achte – Ich wähle seit Jahren Grün – aber weil ich erfahren habe, dass Sie seine Nieren bekommen haben und die Schwester meinte, Sie würden auf der Intensivstation liegen, da dachte ich mir … Also schauen Sie einfach das Video. Ich denke, das ist selbsterklärend«, beendet er das nervöse Stottern und hält mir sein Smartphone vors Gesicht.

Schon als ich auf das Play-Symbol drücke, glaube ich den Grund für seine Unruhe zu erkennen. Eine große Reichskriegsflagge ziert die Wand hinter dem Schreibtisch, an dem ein älterer Mann mit durchgestrecktem Rücken und gefalteten Händen sitzt. Die Seiten seiner Grauhaarfrisur sind militärisch kurz geschoren und seine blauen Augen blicken mit klarem Ausdruck in die Kamera.

»Mein Name ist Hermann Gruber. Ich befinde mich im Vollbesitz meiner körperlichen sowie geistigen Kräfte und halte auf diesem Wege meinen letzten Willen für die Nachwelt fest. Heute ist der zwanzigste April zweitausendund …«

»Sie können bis kurz vors Ende skippen, wenn Sie das nicht hören wollen«, unterbricht mein Gegenüber, dessen feiste Althippiegestalt im deutlichen Widerspruch zum Auftreten seines Vaters steht und tippt mit seinen Wurstfingern ein paar Mal auf das Display. »Am Anfang geht es nur um das Haus und sein Konto. Hier ist das, was ich Ihnen zeigen muss.«

»… außerdem bin ich auch Organspender. Ich habe mich dazu entschieden, weil ich glaube, dass wir mehr sind als die Summe unserer Einzelteile und jedem Stück eines Menschen auch ein Teil seiner Seele innewohnt. Deshalb reizt mich der Gedanke, dass ein Teil von mir auch dann noch weiterleben wird, wenn der Rest nicht mehr ist. Im Falle meines zweifelsfreien Todes darf jeder Teil meines Körpers verwendet werden, um dem allgemeinen Wohle des Volkskörpers zu dienen.

Aber ich spreche mich entschieden dagegen aus, dass meine Organe missbraucht werden, um unwertes Leben zu retten! Allein der Gedanke daran, dass etwas von mir in das Innere eines minderwertigen Menschen verpflanzt wird, macht mich krank. Und genauso krank soll dann auch dieser Schädling werden und elendig zugrunde gehen.«

»Ab hier grüßt er dann nur noch seine Kameraden und einige Verwandte«, höre ich den Sohn des Mannes sagen, dessen Nieren mir vorgestern transplantiert wurden. Ich weiß, dass es sich nur um eine psychische Reaktion auf das Video handelt, aber plötzlich beginnen die OP-Nähte zu schmerzen und die Stellen, an denen ich die beiden Organe vermute, fühlen sich seltsam fremd an und beinahe so als würden sie wie hungrige Mägen rumoren.

»Ich persönlich glaube ja überhaupt nicht an Okkultismus und Spiritismus und das ganze Zeug, aber mein Vater hatte viele Bücher darüber bei sich rumstehen. Er war zu meinem Leidwesen auch ein glühender Verehrer von Heinrich Himmler. Sie wissen schon, dieser große Nazi unter Hitler. Der hatte sich seinerzeit auch mit sowas beschäftigt und allerlei Thesen zu Wiedergeburt und Erbflüchen aufgestellt und solchen Mist. Also ich bin ja kein Nazi! Und mein Vater … wie gesagt, er war ein guter Mann und ganz bestimmt nie handgreiflich gegen Menschen wie Sie. Aber er war eben gefangen in diesen längst überholten Denkmustern. Ich habe ihn dafür immer kritisiert. Meine Frau übrigens auch. Sie war sogar mal Flüchtlingshelferin …«

»Ich danke Ihnen, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, hierher zu kommen«, unterbreche ich den Mann, dessen Namen ich bereits vergessen habe, bevor er sich aus lauter Sympathiebekundung mit den People of Color noch vor mir verbeugt. Er wirkt zwar so als hätte er noch einige Punkte zur Sprache bringen wollen, um zu zeigen wie tolerant und weltoffen er war, doch als ich einen gequälten Gesichtsausdruck aufsetze, scheint er zu verstehen, dass ich Ruhe benötige und verabschiedet sich. Tatsächlich ist mein Leiden aber nur zum Teil gespielt, denn mein unterer Rücken schmerzt nun immer mehr, sodass ich schließlich die Schwester rufen muss.

Nach einer unruhigen Nacht, in der die Schmerzen, trotz der Medikamente, eher schlimmer als besser geworden sind, habe ich mich auf eigene Verantwortung aus dem Krankenhaus entlassen. Es hatte vieler Diskussionen mit den Schwestern und Ärzten bedurft, die mir unmissverständlich klar gemacht haben, dass die Nieren wieder aus meinem Körper raus müssen und ich mich mit dem Verlassen des Krankenhauses in Lebensgefahr begebe. Aber ich kenne meine Rechte und mit der Packung Schmerztabletten in der Hosentasche fühle ich mich sicher. Außerdem ist es ja nur für ein, zwei Stunden, denn selbst meine Abneigung gegen medizinisches Personal geht nicht so weit, dass ich vor einer lebenswichtigen Operation weglaufen würde.

Die Dialyse hat dafür gesorgt, dass ich theoretisch sogar einige Tage ohne funktionierende Nieren überleben könnte – zumindest, wenn ich auf meine Ernährung achte. Aber nach essen ist mir sowieso nicht, als ich mich mit beiden Händen aus meinem Auto ziehe. Wenn die OP-Wunden mir das Laufen nicht bereits fast unmöglich machen würden, dann auf jeden Fall der Druckverband, der meinen Oberkörper wie ein Korsett einschnürt. Aber ich zwinge mich dazu, einen Schritt vor den anderen zu setzen.

»Ich muss nach Hause. Ich muss sie füttern.« Wie ein Mantra hatte ich die Worte die ganze Fahrt über vor mich hingemurmelt, wenn mir beim Gasgeben schlecht und beim Abbiegen schwindlig wurde. Mit dem Gesicht am kalten Stein schiebe ich mich nun an der Wand der Garage entlang.

»Wenn ich mich nicht um sie kümmere, dann macht es auch kein anderer … Warum wirken diese verdammten Schmerzmittel nicht?«, keuche ich und versuche die Packung aus meiner Tasche zu fischen. Ich weiß, dass ich nicht mehr als eine Tablette aller zwei Stunden nehmen darf, aber ich bekomme sie ohnehin nicht zu greifen. Wie der Haustürschlüssel seinen Weg in meine Hand und schließlich sogar ins Schlüsselloch gefunden hat, ist mir unklar. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn als ich mich am Geländer der Kellertreppe hinabschiebe, kann ich mich nicht mehr daran erinnern, den Flur überhaupt durchquert zu haben.

»Bekomme ich jetzt einen Blackout?«, nuschele ich in die Dunkelheit und klammere mich mit aller Macht an mein Ziel, um bei Bewusstsein zu bleiben. »Ich muss da runter. Ich muss sie füttern.«

Ich war drei Tage im Krankenhaus. Drei Tage ohne zu essen überlebt man. Aber sie hat nichts zu trinken in ihrem Zwinger. »Sie hat nichts zu trinken …«, wiederhole ich meinen letzten Gedanken und nehme all meine Kräfte zusammen. Als ich das Krankenhaus verlassen habe, waren die Schmerzen zwar unangenehm, aber sie haben immerhin noch eine halbwegs normale Fortbewegung zugelassen. Mit dem Verlassen der letzten Treppenstufe bin ich auf den Bauch gesunken und ziehe mich nun über die alten Fliesen.

»Sie muss doch trinken.« Die Worte aus dem Video kommen mir wieder ins Gedächtnis. Hat dieser alte Nazi denn wirklich die Möglichkeit, über seinen Tod hinaus, seine Organe als Waffe einzusetzen, um jemanden zugrunde gehen zu lassen, den er für nicht lebenswert hält? Als die fremden Nieren Schmerzwellen wie flüssiges Feuer durch meinen ganzen Körper senden und mich aufstöhnen lassen, verfluche ich mich selbst, dafür, dass ich dieses Video nicht ernstgenommen habe und dafür, dass ich nicht im Krankenhaus geblieben bin.

»Man kann doch jemanden nicht einfach verfluchen und so leiden lassen, nur weil man ihn für ein unwertes Lebewesen hält. Ich bin doch auch ein Mensch. Ich habe doch nichts Schlimmes getan.« Während die Worte mit vor Tränen aufgelöster Stimme meine Kehle verlassen, schließen sich meine Hände um die schwere Luke im Boden. Ich weiß, dass ich weder die Kraft dazu habe sie zu öffnen, noch dazu ins Krankenhaus zurückzukehren. Aber ich kann durch die kleine Panzerglasscheibe hinab in den zweiten Keller sehen.

Kurz bevor ich merke, dass mir die Sinne endgültig schwinden, habe ich das Gefühl in einen Spiegel zu schauen. Meine Gefangene kriecht genau wie ich über den Boden. Ihr Gesicht ist von hilflosem Leid ebenso verzerrt wie das meine, während sie mit beiden Händen ihren leeren Becher umklammert hält.

Wie kann dieser böse Mann mich nur so sehr hassen?

Mordskollegen

Eliza Rain

»Sag mal, kann es sein, dass du für Herr Hempelmann gestern Morgen keine Thrombosespritze vorbereitet hast?«, schnauzte mich meine Stationsleitung nach meiner fünften und letzten Nachtwache an.

»Herr Hempelmann stand da noch nicht auf dem Plan. So einen auffälligen Namen merkt man sich«, gab ich zurück.

»Also, Veronika! Damit behauptest du also, dass ich lüge?«

»Nein. Nur, dass Herr Hempelmann gestern noch nicht auf dem Plan gestanden hat.«

»Pfff … das ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit! Letzte Woche stellst du Elke den Putzeimer in den Weg, sodass sie ins Wasser tritt und jetzt das«, moserte Schwester Luzia. Ja, der Name war Programm, sie war in der Tat teuflisch.

»Wie bitte? Ich hatte letzte Woche bis auf Freitag frei, und an dem Tag war Elke gar nicht da!«, wehrte ich mich.

»Ja ja. Wer's glaubt!«

»Wir können gerne auf dem Dienstplan gucken, dann sehen wir, ob ich arbeiten war oder nicht«, erwiderte ich zornig. Diese Frau war wirklich unmöglich.

»Arbeiten nennst du das? Guter Witz!«, lachte Schwester Tatjana, die stellvertretende Stationsleitung. Sie war auch nicht besser als Luzia. Die zwei passten wirklich gut zusammen. Beide etwa einhundertfünfzig Kilo schwer, dauerfrustriert und einfach fiese Persönlichkeiten.

Den Beruf der Krankenschwester hatte ich ergriffen, weil ich es aus tiefstem Herzen wollte. Doch die Arbeit auf dieser Station spottet jeder Beschreibung. Nicht wegen der Patienten – nein, wegen meiner Vorgesetzten. Wie so oft ballte ich die Faust in der Tasche, um nicht auszurasten. Ständig musste ich meinen Kopf hinhalten, für Dinge, die ich nicht getan hatte. Ich konnte es nicht mehr zählen. Ich atmete tief durch … nie wieder will ich ein Opfer sein! Es muss sich was ändern! Lange genug diente ich dieser Frau als Fußabtreter! Ich spürte das Feuer in meinem Magen. Es krabbelte in meine Gliedmaßen und plötzlich war ich nicht mehr ich.

Am Abend fuhr ich erschöpft und mit einem Knoten in meinen Gedärmen nach Hause. Wie sollte ich den morgigen Tag nur überstehen? Dann führte uns unser Betriebsausflug nach Norderney. Ich weiß nicht, ob ich das ertragen kann …

Das gesamte Kollegium meiner Station stand zusammen in Norddeich und wartete auf die Fähre, die uns an diesem Morgen auf die Insel bringen sollte.

Mich hatte man mal wieder dazu verdonnert, gefühlte einhundert Muffins zu backen. Mittlerweile müsste ich eigentlich dran gewöhnt sein, denn es war jedes Jahr das Gleiche. Dieses Mal hatte ich in jedes Törtchen ein Fähnchen gesteckt, das sah nett aus.

Nachdem die Fähre abgelegt hatte, wurde ich sofort in militärischem Befehlston aufgefordert, den Kuchen zu verteilen.

»Hier, bitte«, sagte ich und hielt Luzia einen der Muffins mit einem Totenkopffähnchen hin.

Sie funkelte mich mit ihren dunklen Augen böse an, nahm das Törtchen ohne sich zu bedanken. Ein wohliges Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus, ich musste unwillkürlich grinsen.

»Was guckst du so doof?«, blaffte Luzia mich an.

»Weil heute so ein schöner Tag ist«, antwortete ich.

»Wenn du meinst. Ich weiß, du hast leider nur dieses eine Gesicht«, brummte sie, spöttisch mit dem Finger auf mich deutend.

»Tja, so wie jeder, nicht wahr?«, entgegnete ich und verteilte weiter meine Törtchen.

Ich stand an der Reling und atmete die frische Meeresluft tief ein. Bald war es vorbei.

Nachdem wir mit der Fähre Frisia IV Norderney erreicht hatten, versammelten wir uns, um die Insel zu erkunden.

Wir waren gerade gestartet, als plötzlich etwas auffiel.

»Hat jemand Luzia gesehen?«, fragte Tatjana in die Runde.

Wo man auch hinblickte, man sah nichts als Kopfschütteln.

»Vielleicht ist sie schon weitergegangen, sie wollte doch unbedingt in diesen einen kleinen Laden, von dem sie erzählt hat«, meinte einer meiner Kollegen.

Wir machten uns also auf den Weg und trafen uns mittags zum gemeinsamen Essen in einer gemütlichen Gaststätte.

Doch Luzia blieb weiterhin verschwunden.

»Wo ist die denn nur? Sie kann doch nicht einfach verschollen sein«, meinte Tatjana besorgt.

»Wir sollten die Polizei rufen«, schlug ich vor.

»Wann haben Sie Luzia zuletzt gesehen?«, fragte mich ein junger Polizist mit blonden Haaren und stahlblauen Augen.

»Auf der Fähre, als ich den Kuchen verteilte«, erzählte ich.

»Was war das für ein Kuchen?«, wollte er wissen.

»Ich habe Schokoladenmuffins gebacken, die backe ich jedes Jahr.«

»Und was war alles da drin?«, fragte er weiter.

»Na ja, was so in einen Kuchen gehört. Zucker, Mehl, Eier, Butter, Schokolade und etwas Milch«, zählte ich auf.

»Haben Sie noch einen übrig, den muss ich zur Untersuchung mitnehmen.«

Ich nickte und reichte ihm eins der vier übriggebliebenen Törtchen.