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Das Leben von Leo Beierle, Hans Schneider und Franz Behnken, alle drei bereits im 'gereiften' Alter, plätschert etwas langweilig in seinen routinemäßigen Abläufen dahin. Doch das ändert sich dramatisch, als zuerst der Friseurladen von Hans demoliert wird, dann Leo auf mysteriöse Weise verschwindet und auch noch auf seinen Hund Otti ein hinterhältiger Anschlag verübt wird. Kurz vorher taucht der erste Tote auf und Franz Behnken, der als Vermittler vor Ort agiert, lässt der Verdacht nicht mehr los, dass hier der Drogenhandel mit im Spiel sein könnte. Dafür sprechen bereits einige Indizien, nur Beweise fehlen leider noch. Bei diesem ganzen Desaster gerät die bislang so beschauliche Welt von Hans komplett aus den Fugen. Nur die sich entwickelnde Freundschaft zwischen ihm und Franz mildert die Sache etwas ab. Sie entdecken Gemeinsamkeiten, die sie miteinander (wie auch mit dem 'abhanden gekommenen' Leo) verbinden. Auch der Vorgang um Leo's Entführung, die Attacke auf Otti sowie den ersten Toten erhellt sich zusehends; aber ein neuerlicher Mord verschärft die Sache leider wieder. Doch Franz wird mehr und mehr klar, dass sie es hier mit zwei Gruppen zu tun haben, wie sie wohl unterschiedlicher nicht sein können - wobei eine der Gruppen zwar sehr brutal, aber trotzdem ziemlich dilettantisch vorzugehen scheint ... Handlungsort ist neben Kaiserslautern und seiner näheren Umgebung auch Hamburg. Lokalkolorit, Situationskomik und die vielen nur zu menschlichen Schwächen, die uns allen nicht fremd sind, prägen diese Krimi-Komödie und lassen sie zu einer unterhaltsamen Lektüre werden.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
DILETTANTENPOKER KRIMIKOMÖDIE ELENORE MAY
Über die Autorin:
Sie ist nahe München geboren und aufgewachsen. Beruflich war sie im Bereich Marketing bei verschiedenen Münchener Firmen tätig und ging für einen der Arbeitgeber für einige Jahre nach Frankreich. Sie kam nach Deutschland zurück und hat sich jetzt in einer Ortschaft in der Pfalz angesiedelt.
Bereits vor Jahren fing sie erst zu malen an (geprägt durch Vater und Bruder), dann begann sie zu schreiben. Einige wenige ihrer Geschichten sind unter: www.leselupe.de veröffentlicht. (Kostenloses Portal, keine Registrierung erforderlich/Stand September 2015)
Der nächste Roman, auf einer wahren Begebenheit beruhend und mit einer Prise Mystik versehen, wird wahrscheinlich im Winter 2015/2016 erscheinen. Eine kurze Information dazu gibt es auf der letzten Seite dieses Buches.
Elenore May
DILETTANTENPOKER
Die vorliegende Geschichte ist frei erfunden.
Übereinstimmungen mit tatsächlichen Begebenheiten und/oder lebenden Personen wären rein zufällig; sie sind weder beabsichtigt noch gewollt.
Die Autorin
© 2015 Elenore May
Umschlaggestaltung, Illustration: Elenore May
Lektorat: A. Liebhardt
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN: 978-3-7323-4550-2 (Paperback)
ISBN: 978-3-7323-4551-9 (e-Book)
ISBN: 978-3-7323-5247-0 (Hardcover)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar
PROLOG
Auf den ersten fünfzig Metern dieses ‚Spaziergangs‘ gelang es Rüdiger noch, diese widerliche Kälte einfach zu ignorieren. Da sie aber immer mehr seinen Rücken mit massiven Schauern überzog und seinen Beinen eine veritable Gänsehaut verpasste, musste dringend gehandelt werden; simple Verdrängung funktionierte nicht mehr.
Wenigstens war eine Baustelle jetzt leidlich geschlossen (dachte er zumindest). Er hatte den kahl geschorenen Schädel bis über die Ohren im Schal versenkt, damit dieser hinterhältige Wind etwas weniger Angriffsfläche bekam. Das aber büßte er mit einem Niesanfall: der süßliche Duft eines Weichspülers versetzte seine Nase in Alarmbereitschaft. Der stumme Fluch, dem er darauf seiner Freundin ins weit entfernte Hamburg zusandte, lenkte ihn zwar kurzzeitig ab, doch dann hatte er sich wieder mit dem eigentlichen Problem zu befassen ‚okay, ein anderer Versuch …‘, entschied er. Er krümmte sich zusammen, steckte die kalkweißen Hände mitsamt den Unterarmen unter das Sakko und rieb sich eifrig die Rippen. ‚Vielleicht lässt sich wenigstens etwas an Körperwärme aktivieren, die muss ja noch irgendwo sein …‘, leider misslang es, nichts änderte sich an dem miesen Zustand.
Eines stand jedenfalls fest: Seine gestrige Entscheidung rächte sich jetzt; der dünne Tuchanzug in dezentem Grau (von einem Nobelschneider extra auf ihn zugeschnitten) und der taubenblaue Kaschmirschal hatten so gut wie keinen wärmenden Effekt. ‚Teuer, aber ziemlich sinnlos – egal, einem geschenkten Gaul soll man nicht ins Maul schauen …‘, brummte er grimmig in sich hinein, hob den Kopf etwas an und zog geräuschvoll die Nase hoch; er wollte dem sich erneut anbahnenden Niesreiz so wenig wie möglich Spielraum einräumen.
Normalerweise entsprach diese Art der Staffage auch nicht seinem Stil, schwarzes Leder mit silbernen Nieten verziert war seine bevorzugte Wahl. Doch Hagen, im weitesten Sinne sein Arbeitgeber, meinte noch bei seiner Reiseankündigung vor einigen Tagen „zivilisierte Kleidung ist angesagt …“, und er lieferte auch gleich eine Begründung hinterher „von mir anberaumte Termine, egal welcher Art, sollen von Seriosität geprägt sein. Außerdem verschafft ein gepflegtes Äußeres von vornherein Vorteile …“ so Hagens Aussage zu diesem Vorgang, und Rüdiger hielt sich selbstverständlich daran.
Er beschleunigte den Schritt, doch zu seinem Verdruss zog der neben ihm gehende Hagen nicht mit. Er fiel sogar leicht zurück, was er aber nicht zu bemerken schien. ‚Vielleicht lässt sich die Sache mit Blicken regeln …‘, er fixierte Hagen scharf von der Seite – nichts, keine Reaktion. Hagen lächelte nur fast schon entrückt vor sich hin, vergrub die Hände in den Taschen seines eleganten Lammfellmantels und achtete darauf, dass ihm die unter dem linken Ellenbogen festgeklemmte Ledertasche nicht wegrutschte.
‚Sehr ungewöhnlich. Sonst hört er doch auch immer gleich das Gras wachsen!‘ Trotzdem, Rüdiger reichte es jetzt. Mit ziemlich angesäuerter Miene meinte er „sag mal, können wir dieses ‚Beine vertreten‘ nicht etwas abkürzen? Kann ja sein, dass du wegen deinem tollen Abschluss ganz hin und weg bist und in deinem dicken Mantel auch nicht frierst, mir geht es da aber ganz anders …“
Hagen reagierte endlich; er drehte sich ihm zu, setzte ein entschuldigendes Lächeln auf und legte die freie Hand auf Rüdigers Rücken „verzeih, hab‘ nicht drauf geachtet …”, er holte Luft und ergänzte „stimmt. Dachte nicht, dass ich die sich so einfach über den Tisch ziehen kann. Und sie sogar bereit sind, die Ware doppelt anzuliefern, wenn ich die Kosten dafür übernehme …“
„Komm Mann! Keine falsche Bescheidenheit. Hast‘ es erstklassig durchgezogen. Ernesto und Mario werden sich freuen -”, antwortete Rüdiger aus der Tiefe seines Schals heraus (auch der kurze ‚Freigang‘ seines Kopfes brachte nur Ungemach, diese Windattacken setzten sofort wieder ein. Da arrangierte er sich schon lieber mit diesem Bonbonduft). Etwas lamentierend setzte er noch dran „verdammt, ist das arschkalt in dieser Stadt! Hoffentlich sitzen wir bald im Flieger und düsen in Richtung Heimat davon. Da ist auch oft kalt und zugig, nur weiß man es wenigstens vorher schon …”
Hagen winkte nur nachlässig ab, er kannte Rüdigers Neigung zur Nörgelei. Aber er sah sich schon suchend um, vielleicht konnte er Rüdigers Stimmung ja anderweitig aufhellen; doch leider sah es, zumindest wettermäßig, nicht danach aus:
Der Himmel war grau, feuchter Nebel ließ nur eine Sichtweite von etwa fünfzig Metern zu und winzige Eisnadeln malträtierten mit zunehmenden Erfolg die Gesichtshaut. Dazu kam der Wind: ständig die Richtung wechselnd und eiskalt.
Die viel bemühte Schönheit der ‚Goldenen Stadt Prag‘, auf deren Kopfsteinpflaster sie eine Flaniermeile entlangliefen, konnte er, wenigstens momentan, nicht entdecken. Da nützte es auch nichts, dass es bereits Mitte März war und es eigentlich längst wärmer sein sollte; der Wettergott schien das irgendwie anders zu sehen.
Hagens Augen wurden fündig „wie wär’s damit?”, dabei deutete er auf die hell erleuchtete Fensterfront eines Lokals „dir erst mal Wärme verschaffen, weil du ja einfach keinen Mantel mitnehmen wolltest. Obwohl ich dir noch gesagt habe, es könnte frisch -“, er sah eine Unmutsfalte auf Rüdigers Stirn entstehen und ergänzte schnell „eine Kleinigkeit essen, bevor wir uns wieder auf den Weg machen?”
Für Rüdigers Magen und seinen schlotternden Körper konnte der Blick ins Innere nur als verheißungsvoll bezeichnet werden: An weiß eingedeckten Tischen saßen vorwiegend junge Leute, die mit ordentlichem Appetit die mächtig aufgehäuften Speisen vertilgten und sich vergnügt zu unterhalten schienen. Ein über den Fenstern angebrachter Ventilator pustete wunderbar warme Luft, versetzt mit dem Duft nach deftig Gebratenem, direkt in Rüdigers Gesicht, was seinen Mund zu massiver Speichelproduktion anregte „ja! Nichts wie rein!”, bestätigte er eifrig nickend. Seine Augen fingen zu glänzen an und er walkte seine Hände kräftig durch, damit diese in wenigen Minuten auch wirklich in der Lage wären ein Besteck halten zu können.
Da das mit der Wärme und seinem rumorenden Magen geklärt war, knüpfte er an das noch vorhin unterbrochene Gespräch an. „Und? Willst du das tatsächlich mit Sven so durchziehen?“
„Klar. Als Test. Die beiden Alten sind der Grund dafür. Sie meinen, er soll mitmischen, soll lernen. Sie schieben ihn jetzt nach Kaiserslautern ab. Meine Idee ist das nicht, ich finde sie rundweg falsch, darum auch die Vorsicht.“
„Na ich kann’s verstehen. Was der schon alles in‘n Sand gesetzt hat …“, meinte Rüdiger nachdenklich dazu.
Er kniff die Augen zusammen und hielt sein Gesicht in den Himmel, schüttelte sich und zeigte über seine Schulter nach rückwärts „gut, dass diese Leute da schon so lange mit uns zusammenarbeiten. Und der kleine Aufschlag wegen der Mehrarbeit tut dir nun wirklich nicht weh - bei dem Deal, den du da herausgeschlagen hast!“, fügte er mit bewunderndem Blick noch an.
Hagens Antwort war nicht mehr zu verstehen, sie betraten bereits das Lokal. Ein Kellner kam eilfertig auf sie zu und geleitete sie mit vielen Gesten, versehen mit einem Schwall von für sie unverständlichen Worten, an den einzigen freien Tisch.
1. Kapitel
(Zwei Monate später in Kaiserslautern)
Leo erwachte bestens ausgeschlafen und die Ansicht, die ihm der Blick durch seine Terrassentüre bot, bestätigte ihm: ein zauberhafter Frühlingstag schien sich anzukündigen. Er wollte sich schon genießerisch strecken und dehnen – da wurde er ausgebremst: auch Otti (sein Hund) dehnte sich soeben kräftig durch, stemmte seinen Rücken gegen Leos rechte Seite und schob ihn dadurch langsam aber sicher gegen die Wand.
Eigentlich, ja eigentlich … sollte Leos Bett für ihn tabu sein. Aber Otti dachte nicht daran sich an irgendwelche Regeln zu halten. Denn kaum war Leo auf der zum Doppelbett umgestalteten Couch eingeschlafen, da stahl sich Otti still und leise an das Fußende. Nach und nach machte er sich immer mehr breit, bis er endlich in voller Länge, die Beine weit von sich gestreckt, neben Leo lag – um ab diesem Moment keinen Millimeter mehr zu weichen. Da Leo jedoch sein Schlaf wichtiger war, als nerviges sich gegen den Hund durchsetzen wollen, gab er sich irgendwann geschlagen: gegen Ottis stoischen Charakter kam er sowieso nicht an.
Leo stieß einen langgezogenen Seufzer aus, gab Otti einen kräftigen Klaps auf den Hintern und schob gegen den breiten Rücken an „verdammt Otti - beweg’ dich endlich; hopp, jetzt steh’ gefälligst auf. Das ist immer noch mein Bett!“
Otti war diese Ansage, in immer wieder abgewandelter Form, längst bekannt; sie gehörte fast schon zum morgendlichen Ritual. Er stand gelassen auf und schüttelte sich auf dem Teppich erst mal gründlich durch (Leo fiel prompt der kaputte Staubsauger ein), anschließend schob er unter Einsatz seiner Breitseite den Couchtisch nach hinten, dehnte sich ordentlich durch und gähnte ausgiebig – damit war seine Toilette für diesen Tag abgehakt. Er machte sich auf den Weg zur Terrassentüre, schlängelte sich geschickt durch den offenen Spalt, erledigte den routinemäßigen Kontrollgang auf nächtens erfolgte Katzenbesuche und markierte vorsichtshalber reihum. Das war allerdings schnell erledigt: Böse Zungen behaupteten, Leos Garten habe gerade mal die Größe eines komfortablen Badehandtuchs.
Leo genoss unterdessen die in den Raum drängende Frühlingsluft und hörte, sich endlich mit wohligen Seufzern räkelnd, dem vielstimmigen Gezwitscher der Vögel zu – nur zu gerne wäre er jetzt liegengeblieben – aber an diesem Morgen war zügiges Aufstehen angesagt: Ottis vierteljährlicher Friseurtermin bei Hans stand an. Bei Leo reduzierten sich solche Termine auf ein Mindestmaß, sein Haupthaar beschränkte sich nur noch auf einen zunehmend ergrauenden Haarkranz.
Er brachte sich ächzend in die Vertikale (die vielen Feierabendbiere in letzter Zeit verschafften ihm einen sich ordentlich nach vorne wölbenden Bauch), schlurfte in die spartanisch eingerichtete Küche und schmiss die Kaffeemaschine an. Er fischte vom Kachelboden die Dose mit dem Futter für Otti, bestückte den Napf und rief ihn herein.
Als Otti sich über den Napf hermachte, bewegte sich Leo bereits in Richtung Dusche. Er trennte sich nach dem Wasservorgang noch von seinem graumelierten Dreitagebart, schnappte sich seine Jeans und wählte für oben herum nur ein Sommerhemd. Er trank stehend den Kaffee am Katzentisch, aß aus Vernunftgründen ein Käsebrot, noch Ottis Leine herbeigeholt - und sie waren draußen.
Während die beiden noch unterwegs waren, um den Randbezirk einer Grünfläche für Ottis ‚Geschäfte‘ aufzusuchen, stand Hans schon in seinem altertümlich wirkenden Friseursalon und bewirtete die wenigen Gäste, die sich bereits eingefunden hatten.
Der Laden erfüllte längst einen anderen Zweck und hatte mit seiner ursprünglichen Aufgabe, männlicher Haarpracht (soweit vorhanden) wieder Form und Gestalt zu verleihen, nur noch am Rande, und nur wenn es unbedingt sein musste, zu tun. Denn Hans besorgte sich vor einiger Zeit drei Stehtische, die er in einigermaßen gerader Linie vor den großen Fenstern platzierte. Dafür verrückte er zwei Friseurstühle etwas weiter nach hinten, sie waren sowieso nicht mehr angesagt.
‚Männer haben es nicht so mit dem Hinsetzen. Sie lümmeln lieber herum, wenn sie die Ecken und Kanten des Lebens per Gespräch etwas glatter bügeln wollen‘, wie Hans erkannte.
Durch diese Erkenntnis mutierte Hans vom Friseur zum Wirt, da zeigte er sich sehr flexibel. Genaugenommen gefiel es ihm sogar besser, verlangte er doch für jede Tasse Kaffee siebzig Cent. Dabei war er sehr darum bemüht nur ein erstklassiges Getränk anzubieten ‚das bin ich meiner Kundschaft schuldig‘, so seine Devise.
In einem Eck stand hinter einem Vorhang (das Finanzamt musste ja nicht alles wissen) so ein riesiger, amerikanischer Kühlschrank. Den hatte er einem US-Soldaten abgekauft, der ihn wegen seiner Rückversetzung nicht mehr brauchte.
Hans’ Kundschaft, in der Regel Männer, stieg spätestens nach der dritten Tasse Kaffee auf Bier um. Alle seine Kunden wussten, dass er dieses Ding stets randvoll mit Bierflaschen aller möglichen Marken befüllte – trotzdem kostete die Flasche nur verschwindend mehr als im Supermarkt.
Dazu bereitete er frühmorgens zwei Tabletts mit belegten Brötchen zu. „Schließlich braucht’s zumindest eine kleine Unterlage, wenn schon Bier reingekippt wird …“, war Hans’ Ansicht zu diesem Vorgang, und umsonst gab es die Brötchen nicht, auch wenn er dafür nur den Selbstkostenpreis veranschlagte.
Seine Haupteinnahmequellen bestanden jedoch aus der Vermietung seiner Wohnungen im gleichen Haus und aus seiner Rente, der Ladenumsatz hätte hinten und vorne nicht ausgereicht. Doch er sagte sich ‚besser als in den Fernseher zu klotzen und sich ständig diese öden Rentnerprogramme anzuschauen ist es in jedem Fall‘, und so führte er ein relativ zufriedenes Leben.
Leo und Otti kamen an. Natürlich kannte sich die Stammmannschaft untereinander, und einige wuchsen auch im gleichen Viertel miteinander auf. Beim ‚harten Kern‘ der Truppe, also den Besuchern, die tagtäglich vorbeikamen, wusste einer vom anderen über dessen Lebenssituation Bescheid, das vereinfachte so manches.
Allerdings stach Leo, als gebürtiger Münchner, da raus - er blieb nach seiner Bundeswehrzeit wegen Heirat hängen und lief seit einiger Zeit wieder geschieden durch die Gegend. Jedoch zog ihn in seine eigentliche Heimat nichts zurück, es gab keine Verbindungen mehr. Seine innig geliebte Tochter Anita wollte er ebenfalls nicht verlassen und bis vor einiger Zeit war er noch in seinen Job eingebunden. (Dem er mittlerweile nicht mehr nachging, Frührentner war sein neuer Status.) Die Freundschaft zu Hans, das mildere Klima und die meist recht lockere Lebensart der Stadt, spielten eine zusätzliche Rolle.
Auch sein Hund war allseits bekannt, ohne ihn konnte man sich Leo fast nicht mehr vorstellen; und Otti passte schon wegen seines Aussehens hervorragend in diese Männergesellschaft der etwas derberen Art: Muskelbepackt, eher stämmig mit quadratisch anmutendem Kopf, einer zotteligen Mähne aus den Mischfarben grau/braun/beige und offenbar aus sämtlichen Hunderassen der Welt zusammengemixt.
Sieben Männer verteilten sich bereits um die Stehtische, wobei an diesem Morgen vermehrt ‚Neuzugänge‘ im Laden standen; Besucher, die erst seit kurzem Hans’ Etablissement bevölkerten.
Hans begrüßte Leo mit Handschlag, fuhr kurz und gefühlvoll über Ottis Kopf, stellte Leo ungefragt eine Tasse Kaffee auf einen der Tische und widmete sich wieder mit der ihm eigenen Geschäftigkeit seinen Tätigkeiten: Er schob Dinge hin und her, ordnete neu an, rückte da und dort ein bisschen zurecht. Es entging ihm deshalb, dass Leo sich an eines der Fenster stellte, sein Handy hervorholte, nur wenige Worte sprach, es zuklappte und wieder zurück zu seiner Kaffeetasse marschierte.
Otti verschwand hinter dem kurzen Tresen, den Hans extra anfertigen ließ, um etwas Abstand zur Kundschaft und um mehr Platz für sein Geschirr zu haben. Dort lag an der Wand ein Kissen nur für Otti, wenn auch mit ziemlich eingeschränktem Blickfeld.
Wie üblich ging es in den Männergesprächen entweder um Fußball oder um Politik, selten nur über Frauen und nur im Notfall um die eklatanten Probleme eines Einzelnen. Heute stand jedoch die Politik im Mittelpunkt, wahrscheinlich deshalb, weil sich nur drei vom harten Kern im Laden befanden.
Hans beteiligte sich nur bedingt an derlei Gesprächen, seine politische Ausrichtung sah als Hausbesitzer etwas anders als die vorherrschend rot eingefärbte aus. Wobei er momentan sowieso mit Otti ein ziemlich einseitiges Zwiegespräch führte, das sich um die bevorstehende Haarschur drehte.
Hans mochte Otti wirklich; er wollte eigentlich schon immer einen Hund. Nur seine vor Jahren verstorbene Frau zeigte sich strikt abgeneigt gegen solche ‚Eskapaden‘, und bediente sich der in solchen Fällen üblichen Gefechtsgeschütze von „Dreck, Gestank und Ungeziefer …“, doch das hatte sich ja nun erledigt.
‚Wie das Leben eben so spielt …‘, dachte er sich etwas mokant, was darauf schließen ließ, dass die Verbindung in ihrer Zeit nur anfänglich harmonisch verlief. Später wurden viele Zweikämpfe ausgetragen, bis ein Sieger ermittelt war - er gab klein bei und muckte nicht mehr auf. Er verdrängte die unerfreulichen Gedanken und entschied, sich lieber wieder auf den momentanen Vorgang zu konzentrieren.
Dafür holte er sich Schermaschine, Bürste sowie eine normale Schere herbei, brachte anschließend seine Knie mühsam auf die Höhe von Ottis Kissen und redete immer noch beruhigend auf ihn ein, obwohl dem Hund der Vorgang längst vertraut war: Otti hatte sich mit der Tatsache, dass alle drei Monate dieses nervige Geräusch seine Ohren malträtierte, längst arrangiert: er wusste, es tut nicht weh und anschließend gab es sogar noch eine satte Belohnung.
Etwa zwanzig Minuten später stand ein fachmännisch getrimmter Otti vor Hans, wieder schön anzuschauen und fast elegant; aber wirklich nur fast, da er auch mit weniger Mähne noch erstaunlich bullig wirkte.
Otti bekam einige Hundekekse für’s ‚Durchhalten‘, wie Hans tätschelnd erklärte. Otti verleibte sich die Belohnung ein, schüttelte sich und Hans schüttelte im Gegenzug das Kissen aus. Er holte sich Besen, Schaufel und einen Plastikeimer herbei, kehrte die sich zu einem Berg aufgetürmten Haare zusammen und verfrachtete die Einheit in den Eimer, den er an Ort und Stelle stehen ließ.
Die Männer holten zwischenzeitlich die Kaffeekanne an die Tische und bedienten sich selbst. Das nahm Hans nicht so genau, er wusste, er würde zu seinem Geld kommen, wegen ein paar Cent wollte sich keiner scheel anschauen lassen.
Hans, der sich nach der Buckelei unbedingt bewegen musste, ging zur Eingangstüre und stieg die drei Stufen zum Gehsteig hinunter. Neben ihm kam Otti mit raus, setzte sich auf den Gehsteig und hielt seine Nase schnuppernd in die Luft.
Zuerst stellte Hans nichts fest. Er streckte die Arme in die Höhe, gähnte ausgiebig und dehnte sich genüsslich durch. Dann schaute er die kurze Einbahnstraße hinauf bis zur Biegung und hinunter bis zur scharfen Linkskurve. Irgendwas war anders ‚aber was?‘, fragte er sich und rieb sich nachdenklich das Kinn.
Noch mal ließ er seinen Blick, jetzt sehr aufmerksam, hinauf und hinunter wandern – kein Mensch lief auf der Straße, kein Auto fuhr, selbst die Vögel schienen verstummt zu sein. Die umliegenden Häuserzeilen mit den ziemlich heruntergekommenen Fassaden standen still da, nur der eine oder andere Vorhang schien sich leicht zu bewegen – obwohl sich kein Lüftchen rührte.
Ein unangenehmes Gefühl beschlich Hans; so, als würden ihn hundert Augen beobachten. Mit rückwärts gerichteten Schritten stieg er die Stufen wieder hinauf, dabei ließ er aber die Straße nicht mehr aus den Augen, bis er ‚endlich!‘, wie er sich dachte, das schützende Reich seines Ladens wieder im Rücken spürte.
Hinter sich hörte er die Männer eifrig über Obama diskutieren. Offensichtlich ging es darum, was sie so von ihm hielten – oder auch nicht; und noch blieben sie beim Kaffee, wie Hans als Geschäftsmann fast automatisch registrierte.
Hans schätzte laute Töne nicht all zu sehr. Doch jetzt entschied er sich dazu, seine Stimme ausnahmsweise anzuheben „hört mal alle her!“ Die Männer drehten sich ihm verwundert zu, verstummten und schauten ihn erwartungsvoll an.
„Da draußen passiert etwas …“, fügte er zögernd unsicher an.
Sie verließen brummelnd ihre Stehtische und formierten sich dicht gedrängt hinter ihm: die Hände waren tief in ihren ausgebeulten Hosentaschen vergraben, die Rücken gekrümmt, und die Hälse streckten sie lang über Hans hinweg.
„Wieso? Was soll da sein? Alles wie immer langweilig!“, meinte einer mit verständnislosem Blick, leicht amüsiert.
Hans blieb jedoch bei seiner Meinung „es ist, es ist – irgendwie so still. Nichts ist los. Ja verflixt, seht ihr das denn nicht?!“ Klein und schmal, mit unruhigen Augen stand er im Türrahmen und zeigte genervt auf die Straße.
„Na Otti hockt da noch blöd unten!“, meinte einer mit Namen Fritz und warf er einen beifallheischendem Blick nach allen Seiten, was jedoch, bis auf ein von Leo gemurmeltes „Idiot“, keine Reaktion hervorrief.
Otti saß bewegungslos auf dem Gehsteig und starrte gebannt, wie paralysiert, nach rechts die Straße hinauf. Nur war da nichts zu sehen, zumindest nichts für menschliche Augen. Auch hören konnte man nichts, stellten die Männer jetzt ebenfalls fest – alles wirkte menschenleer und verlassen. Unwillkürlich zogen sie die Schultern noch etwas höher, die süffisanten Blicke verschwanden.
„Otti steh auf und komm rein!“, befahl Leo, der mit den Männern im Türrahmen stand. Erstaunlicherweise (‚ein Wunder!‘, dachte sich Leo, da er eigentlich mit Ottis üblicher Ignoranz gegenüber Befehlen rechnete) reagierte der Hund sofort: er sah erst verschreckt zu Leo hoch; dann stand er schnell auf und schlich mit angelegten Ohren, die Rute zwischen den Hinterbeinen eingeklemmt die Stufen empor, drängte sich mit gesenktem Kopf zwischen den Männern durch und trabte zu seinem Kissen.
Die Männer gingen an die Tische zurück und stellten sich wieder vor ihre Tassen; jetzt alle in einer Position, die ihnen Einsicht auf die Straße gewährte. Und schon fingen sie heftig zu diskutieren an, was wohl los sein könnte; nur zu einem brauchbaren Ergebnis kamen sie nicht.
Jochen, einer von den jüngeren und noch neuen Gästen, ging mit betont lässigem Gang und dem hingeworfenen Satz „muss mal eine Stange Wasser wegstellen“, nach hinten zum Klo.
„Pass aber auf, dass du dir deine schicke Lederjacke nicht anpinkelst!“, wurde ihm nachgerufen und sie feixten noch etwas gequält herum, um das aufkommende Unbehagen ein bisschen in den Hintergrund zu drängen.
Das Klo zu Hans Laden, als Toilette konnte man es nicht bezeichnen, es war wirklich der nur aufs notwendigste beschränkte Fall, lag gleich rechts um die Ecke des Tresens auf dem schmalen Flur. Der wiederum endete zwei Meter weiter vor Hans’ Wohnräumen, wo eine hell gebeizte Türe mit dem Schild PRIVAT den Abschluss des ‚Geschäftsbereichs‘ signalisierte.
Gegenüber vom Klo befand sich die Türe zu Hans‘ privatem Ausgang. Über drei Steintreppen gelangte man in einen weiß gefliesten, nur wenige Meter messenden, Vorraum. Zwei hoch oben angebrachte Sprossenfenster versorgten das Rechteck mit Licht, was dem sich in eine Ecke drückenden Baum (ein imposanter Ficus Benjamini), das Leben wesentlich erleichterte.
Eine massive Holztüre (die wirkte, als hätte sie schon Jahrhunderte auf dem Buckel) führte hinaus zum verwahrlost wirkenden Innenhof, über den man durch einen großen Rundbogen zur Parallelstraße gelangte. Rechts von der Holztüre gab es die Eisentüre zum längst nicht mehr benutzten Keller, da Hans befürchtete, er könnte irgendwann kopfüber die Treppe hinunterstürzen und dort unentdeckt sein Leben aushauchen.
Hans wurde nervös. Er hasste Zustände, die sich nicht einfach klären ließen, er musste unbedingt etwas tun. Er stellte das benutzte Geschirr auf einem Tablett zusammen, griff nach seinem Wohnungsschlüssel, der am Schlüsselbrett hinter dem Tresen hing, marschierte zu seiner Wohnung, schloss auf und deponierte das Tablett in der bestens ausgestatteten Küche auf dem zentralen Küchentisch.
Als er zurückging stellte er fest, dass die Türe zu seinem Privatausgang nur angelehnt war, er drückte sie deshalb mit Nachdruck zu. Kaum war er zurück im Laden, da hielt vor den Fenstern ein Polizeibus. Fünf bewaffnete Polizisten in schwarzen Uniformen sprangen heraus und versuchten den Laden zu stürmen.
2. Kapitel
Die Eingangstüre, sich gegen die Regel nach innen öffnend und dazu linksseitig angebracht, ließ die Polizisten etwas linkisch aussehen - sie liefen voll dagegen an. Die Schmach über diesen Vorgang war groß, die Wut auch, um so brachialer wurde anschließend vorgegangen:
Die Tür flog krachend auf und riss aus ihrer oberen Verankerung. Zugleich machte ein Ellenbogen der eingelassenen Glasscheibe ein Ende. Sie zerbarst in gefühlte tausend Teile und kleine Geschosse flitzten, als weißes Geriesel niedergehend, durch den Raum.
Die endlich mit mehr Bewegungsfreiheit ausgestattete Türe touchierte den Stehtisch gegenüber. Der schlingerte, kippte gegen seinen Zwillingsbruder, und gemeinsam gingen sie mit ordentlichem Getöse zu Boden - mit ihnen die verbliebenen Tassen und Teller, die vollen Aschenbecher – eben alles, was sich darauf fand.
Die Männer sprangen geistesgegenwärtig zur Seite. Sie versuchten zwar die Tische noch abzufangen, da sie aber wegen der besseren Standfestigkeit ziemlich massiv waren und die jeweiligen Knochen in Gefahr zu geraten drohten, ließen sie es lieber sein. Der dritte Tisch stand etwas versetzt. Er torkelte kurz wie besoffen hin und her, blieb aber nach einem kurzen Ruck stehen; trotzdem ließ er noch schnell einen vollen Aschenbecher über die Tischkante abrutschen, um auch seinen Beitrag zum Chaos zu leisten.
Drei der Männer flüchteten zu den wahrscheinlich noch aus Vorkriegsbeständen stammenden Friseurstühlen; die restlichen retteten sich nach hinten zur Wand vor die Regale. Doch auch das war kein sicherer Platz: Wegen der Bodenerschütterung wackelten sie bedenklich und befreiten sich vorsichtshalber von Ihrer Last. Schon machte sich ein ganzes Heer von Glasflaschen, Tuben, Dosen und Tiegeln auf den Weg nach unten, um sich anschließend wie eine Horde quicklebendiger Hühner unter die Männerfüße zu mischen.
(Hans hatte es bisher versäumt sich von seinen ‚Friseur-Altlasten‘, wie er das nannte, zu trennen. Auch dem Finanzamt gegenüber wollte er den Status des Friseurhandwerks nicht aufgeben – darum waren diese Attribute noch vorhanden.)
Hans stand wie angewurzelt und mit vor Verblüffung weit geöffnetem Mund im Türrahmen zum Flur, seine Hände hatte er fest um den beidseitig herunterhängenden Plastikvorhang gekrallt.
Otti winselte, fand aber kein Gehör und entschied, dass er das Problem seiner Sicherheit wohl selber lösen müsse: Er machte sich flach wie eine Flunder, damit er unter das letzte Brett des Tresen passte, was er richtigerweise als gutes Versteck für sich erkannte.
Der Laden war vorher schon klein; doch jetzt, mit den Uniformierten und den etwas ‚aus dem Ruder gelaufenen‘ Gegenständen, wurde es eng. Zwei der Polizisten bauten sich, soweit möglich, vor den Gästen auf, die restlichen drei stürmten an Hans vorbei nach hinten. Nur sein schneller Sprung und ein fliegender Wechsel zum Klammergriff um den Tresen konnte verhindern, dass er umgeworfen wurde.
Im Laden schrie einer der Polizisten „hinleschea, uff de Boda leschea“! Da die Worte jedoch nicht fruchteten, die Männer nur stumm auf die beiden Polizisten starrten, wiederholte er auf Hochdeutsch „hinlegen! Auf den Boden legen!“, und bekräftigend fügte er an „sofort!“
Doch das ließ sich nicht so einfach bewerkstelligen; der Boden wurde bereits von den beiden Stehtischen okkupiert. Der Laden war zudem derart mit Mobiliar angefüllt, dass sechs Mann auf dem Boden, davon keiner unter einem Meter achtzig, sich nicht so einfach durchführen ließ – es herrschte Ratlosigkeit.
Vom Flur zu Hans’ Privatbereich hörte man den Befehl „uffmacha!“ Bis Hans jedoch realisierte, der Mann stand vor seiner Wohnungstüre, brach der sie schon mit dem nervigen Ton splitternden Holzes auf.
Von den anderen beiden stürmte einer das Klo, der zweite stemmte die Türe zum Ausgangsbereich mit der Schulter auf und lief über die kurze Treppe nach unten.
Im Laden wurde erneut „hinleschea verdammt!“ geschrien – denn auch die hochdeutsche Variante brachte nicht den gewünschten Erfolg. Der Schreier fuchtelte mit seiner Waffe herum, um der Sache mehr Nachdruck zu verleihen; zugleich gab er seinem Kollegen einen Stoß in die Rippen, damit der ihn gefälligst unterstütze.
Leo löste sich aus seiner Erstarrung, rappelte sich aus dem Friseurstuhl raus, in den er sich verheddert hatte, und bewegte sich mit hilfloser Geste auf die grimmig guckenden Polizisten zu.
Verhalten merkte er an „wie soll das gehn – Sie sehen doch, der Laden hat keinen Platz für sechs Mann auf dem Boden.“
Die Uniformierten sahen auf und mussten erkennen – ja, das konnte tatsächlich nicht klappen. „Jo, dann, dann, stellt eich hall hint an’d Wand hi“, meinte der Schreier; den Ton setzte er schon wesentlich weicher an, trotzdem untermauerte er die Aussage mit einer harschen Bewegung seiner Waffe.
Hans Gäste, noch vollkommen verwirrt, gehorchten. Brav reihten sie sich an der Wand vor den jetzt leeren Regalen auf. Dabei wurde noch die eine oder andere Tube mit quietschendem Geräusch zertreten, und müde wirkende Strahlen nicht definierbarer Masse machten den Boden glitschig, dazu es stank wie in einem Puff der weniger eleganten Sorte.
Die drei Polizisten aus den hinteren Räumen kamen zurück und bildeten mit ihren Kollegen einen dichten Kreis. Sie tuschelten aufgeregt miteinander, zuckten zwischendurch hilflos mit den Schultern, was zusammen mit dem bedauernden Kopfschütteln auf ein ziemlich erfolgloses Manöver hinzuweisen schien.
Auf der Straße war die schnell näher kommende Sirene eines weiteren Polizeiautos zu hören, das kurz darauf forsch auf den Bürgersteig auffuhr. Ein junger Mann stieg federnd aus, nahm die Stufen im Laufschritt und trat siegesgewiss in den Laden. Sofort gruppierten sich die Uniformierten eifrig redend um ihn. Nur einen schnellen, überraschten Blick war dem Neuankömmling das entstandene Desaster wert, dann konzentrierte er sich wieder auf seine Kollegen, die wild gestikulierend auf ihn einredeten.
Hans, der noch hinter dem Tresen stand, fasste sich endlich und brüllte mit sich überschlagender Stimme „was ist eigentlich hier los? Kann mir das mal jemand erklären?! Sie stürmen hier rein, demolieren meinen Laden, scheuchen meine Kunden an die Wand -“,
„ah, Sie sind der Besitzer!?“, unterbrach ihn der junge Mann in herrisch lautem Ton, hob den Kopf an und streckte das Kinn nach vorne. Er richtete seinen Zeigefinger auf Hans, gleichzeitig ging er mit klackenden Absätzen und gemessenen Schrittes ein paar Meter auf ihn zu.
Dieses ‚auf Hans zugehen‘ schien jedoch sein Ego nicht zu vertragen; er blieb abrupt stehen (mit Doppelklack) und winkte ihn dafür mit Ungeduld signalisierender Geste herbei.
Hans kochte, das war jetzt alles zu viel für ihn. Er holte schon kräftig Luft, um ‚diesen jungen Fatzke‘, wie er sich dachte, seine Meinung zu geigen. Er stemmte bereits die Arme in die Seiten und kam mit hochrotem Kopf heran.
Doch was allen in diesen Minuten entging - es gab da auch noch Otti. Der kroch, während der junge Mann mit seiner Selbstdarstellung beschäftigt war, unter dem Brett hervor.
Otti hatte die Stimme von Leo vernommen, die für ihn nach Furcht oder Bedrängnis klang. Und auch die Stimme von Hans, seinem zweiten Rudelmitglied, hatte nicht die sonstige Gelassenheit: beide schienen in Gefahr zu schweben. Und obwohl er, zugegeben, kein ausgemachter Held war, konnte er das nicht einfach so hinnehmen. Diese von ihm vermutete Bedrohung ging von Unbekannten aus die ihm nichts bedeuteten, und die er zu seinem größten Verdruss noch nicht mal sah. Der Fall lag klar ‚Angriff ist die beste Verteidigung‘, dürfte wohl seine Devise gelautet haben.
Jedoch war er nicht mehr der Jüngste, er musste deshalb erst seine Knochen sortieren und dazu kräftig niesen (bei Hans fehlte die ständig reinigende Hand einer Frau, die unteren Ränge der Regalbretter bedeckte oft eine mehr oder minder dicke Staubschicht).
Dieses ‚Niesgeräusch‘ alarmierte sogleich die Polizisten. Es schien da noch jemand zu sein. Wahrscheinlich der, den sie eigentlich suchten, aber, verflucht noch mal, nicht fanden. Auf ein kurzes Handzeichen ihres Chefs stürmten zwei auf das Eck des Tresens zu. Sie brüllten im Chor „rauskommen!“, und sahen sich plötzlich Otti gegenüber.
Otti war jetzt einsatzbereit – bereit, seine Meute bis aufs Blut zu verteidigen, wenn nötig. Er startete mit Unheil verkündendem Knurren durch. Die Rute trug er steil nach oben gestellt und dank der Schur, die seine gesamten Muskelpakete wieder voll zur Geltung brachte, sah er wie der Höllenhund persönlich aus, nur mit der schwarzen Farbe konnte er nicht dienen.
Er stürmte zwischen den verdutzt zurückweichenden Polizisten durch und rammte einen davon. Der verlor das Gleichgewicht, rutschte mit den Füßen weg und stieß den Eimer um. Er versuchte noch mit der einen Hand, in der anderen hatte er seine Waffe, irgendwo Halt zu finden, das misslang jedoch, und er ging ungelenk zu Boden. Zu allem Unglück konnte er dabei die Waffe nicht mehr kontrollieren - zwei Schüsse krachten gegen die Decke und demolierten die Stuckverzierung (akribisch und in stundenlanger Arbeit von Hans angebracht). Die entstehende Staubwolke verbrüderte sich mit den aufgewirbelten Hundehaaren und Verputzteile regneten von der Decke. Das Gebälk ließ sich auch nicht lumpen, es signalisierte mit rumorenden Geräuschen: ‚Ende jetzt, sonst …‘
Otti konnte das jetzt nicht mehr beeindrucken. Im Gegensatz zu den Männern, die ihre Hände über die Köpfe hielten, sich duckten, zu schniefen anfingen und Deckung suchten, verfolgte er nur noch ein Ziel: Er sah den Mann in der Mitte des Raums, den er als Aggressor ausmachte. ‚Auf ihn, aber ohne Gebrüll!‘, schien er sich zu sagen, und setzte diese Vorgabe sofort in die Tat um.
Die Polizisten, die dieses Bündel Kraft auf ihren Chef zustürmen sahen, stellten sich mit den Rücken gegeneinander und senkten die Waffen, obwohl die hysterisch vorgebrachte Anweisung kam:
„Schützen Sie mich sofort vor dieser grauenvollen Bestie!“
Aber Schießen war nicht mehr angesagt. Die Lage stellte sich, dank der Wolke aus üblem Gemisch, als zu unübersichtlich dar. ‚Außerdem, nur weil der den Chef raushängen lassen will, muss man ja nicht sofort schießen …‘ Erste Autoritätseinbrüche zeichneten sich ab, auch war der gestylte Knabe neu und sprach Hochdeutsch (ein Manko - Pfälzer Dialekt war Umgangssprache), zudem waren fast alle Hundebesitzer. Ottis Handlungsweise traf deshalb aus mehreren Gründen auf ein gewisses Maß an Verständnis.
Der junge Mann, in lässig getragener Lederjacke, mit sorgfältig frisierter Haarmähne und Designerjeans an den langen Beinen, war fassungslos. Erstens über die Befehlsverweigerung, und zweitens über den auf ihn zustürzenden Otti. Der bremste direkt vor ihm ab, blieb stehen und ließ, aus tiefer Brust knurrend, ahnen, dass er hier nicht lange fackeln wolle, wenn dieser ‚Feind‘ auch nur eine Drehung in die verkehrte Richtung mache.
Die Selbstsicherheit des Mannes verabschiedete sich schlagartig. Er erstarrte, wurde kreideweiß und getraute sich nicht mehr zu bewegen. Die Uniformierten gingen vorsichtshalber in die Defensive und zogen sich, langsam aber sicher, auch an die Wand zurück, die sich plötzlich als bestmöglicher Zufluchtsort erwies. Sie wussten ‚ein wütender Hund ist kein guter Verhandlungspartner …‘, außerdem nahm die Sympathie für Otti zu, die ihnen als erfahrene Hundebesitzer sagte ‚noch steht er ja bloß rum, also warum einschreiten … der beruhigt sich schon, das soll der Besitzer machen, der muss ja hier irgendwo sein!‘, und sahen sich schon suchend um. Die schon an der Wand versammelten Männer gaben keinen Mucks von sich, beobachteten alles mit amüsiertem Schmunzeln und wirkten kurzzeitig sehr entspannt, nur das Atmen fiel schwer.
Aber Leo und Hans mussten nun dringend handeln - sie verständigten sich über einen Blick. Leo stürzte auf den wütenden Otti zu, riss ihn mit sich zu Boden, schlug unsanft mit den Knien auf und legte zugleich eine Hand fest um Ottis Schnauze. Dazu murmelte er beruhigende Worte, obwohl jetzt seine eigenen Knochen schmerzten – auch Leo hatte seine beste Zeit längst hinter sich.
Otti beruhigte sich sofort. Nahm er doch den vertrauten Geruch, die sanften Worte und den endlich erfolgten Beistand wahr. Auch Hans eilte, ohne auf die Polizisten zu achten, herbei und gemeinsam brachten sie den verdutzten Otti raus aus der Gefahrenzone, um ihn unter gutem Zureden nach hinten in Hans‘ private Räume zu verfrachten. Die bislang gepflegte helle Eingangstüre sah nicht mehr so aus, wie Hans sie zuletzt sah. Sie hatte Schaden abbekommen, um es gelinde auszudrücken, stellte er mit einem wütenden, nicht druckfähigem, Aufschrei fest. Doch Otti musste dringend weg; sie sperrten ihn deshalb kurzerhand ins Schlafzimmer.
Als sie wieder zurückliefen meinte Leo „da kannst du ja von Glück reden, dass das Haus noch steht …“, er schüttelte verständnislos den Kopf „absolut bescheuert das Ganze.“
Hans brüllte, mit puterrotem Kopf und Zornesfalten auf der Stirn „das kannst du aber laut sagen! Zertrümmern mir fast das ganze Mobiliar, ohne dass ich einen blassen Schimmer habe, was die eigentlich wollen. Aber das lass‘ ich mir nicht bieten, die werden mich jetzt kennenlernen!“, wobei seine letzten Worte gleichzeitig mit ihnen zusammen im Laden ankamen.
Dort hatte sich die Situation in der kurzen Zeitspanne verändert. Leo, der der Geschichte trotz des Ärgers langsam auch vergnügliche Aspekte abgewinnen konnte, Hauptsache, Otti war nicht mehr in der ‚Schusslinie‘, kam sich wie in einem der Krimis vor, die er oft abends zusammen mit Otti im Fernsehen anschaute: Ein weiterer Mann (Leo und er kannten sich, zeigten es aber nicht) stand plötzlich im Raum. Ein schon älteres Semester, das lang und dürr in seinem abgetragenen Trenchcoat aussah und etwas blutleer wirkte. Hut trug er jedoch keinen (das Klischee bediente er somit nicht komplett), dafür stellte er mit herrischen Bewegungen sofort klar: ab jetzt hatte nur mehr eine Person was zu sagen.
Jedenfalls, der junge Mann musste Bericht erstatten. Die beiden stellten sich etwas abseits, und so sehr sich auch die Ohren aller anstrengten, es war nichts zu verstehen. Feststellen konnte man nur, der Jüngere befand sich in Erklärungsnot und wurde massiv angeschnauzt. Der ‚Neue‘ winkte anschließend ungeduldig die restlichen Uniformierten heran und die abwehrenden Gesten bei entrüsteten Gesichtern ließen vermuten, es schien einiges schief gelaufen sein. Kurze Zeit später verließen die uniformierten Beamten ziemlich kleinlaut das Ladenlokal, nur die beiden in Zivil blieben.
Hans‘ Gäste, die immer noch rätselten, was das ganze Theater eigentlich sollte, standen wie ein unglücklich wirkender Haufen zusammen. Erste, vorerst nur geflüsterte, Unmutsäußerungen machten die Runde, dazwischen wurde kräftig gehustet.
Währenddessen ging Hans schon mit entschlossenem Schritt und wütendem Blick auf den Mann im Mantel zu. Der hob vorsichtshalber abwehrend die Arme, kniff den Mund ein und sagte „wir kommen für den ganzen Schaden auf, wenn sich herausstellen sollte, dass unser Verdacht unbegründet ist …“
Das nahm Hans sämtlichen Wind aus den Segeln. Er biss sich an dem Wort ‚Verdacht‘ fest. „Wieso? Welcher Verdacht? Was meinen Sie damit? Von was reden Sie da - und wer sind Sie überhaupt?!“
„Ja gut, ich glaube wir haben hier einiges zu erklären …“, ein ungnädiger Blick traf seinen Kollegen. Der drehte sich verlegen ab, während der andere mit ausgebreiteten Armen und entschuldigendem Ton anfügte „es tut uns wirklich alles sehr leid“, erneut ein wütender Blick in Richtung des Kollegen „aber uns, wir sind ein Einsatzkommando der Polizei im hiesigen Gebiet … und, ach ja, mein Name ist Franz Behnken …“, ungemütliches in den Hüften drehen folgte „also uns wurde gemeldet, dass sich hier öfters eine männliche Person aufhält, die wir dringend suchen.“
Er sah an die Decke und suchte nach Worten, die möglichst wenig verrieten „mit dem wir unbedingt reden müssen … “, er wiegelte ab, fuchtelte mit den Händen nervös herum „nichts Ernsthaftes, nur ein Gespräch.“ Er bekam einen Hustenanfall, musste niesen, räusperte sich mit krächzenden Lauten und seine Stimme brach weg, da nützte auch der Griff an den Hals nichts. Um aber diese kurze Sprachlosigkeit zu umschiffen, fixierte er stumm jeden einzelnen der Männer, die plötzlich ihr Interesse am Fliesenboden zu entdecken schienen und ihn eingehend zu studieren begannen.
Endlich, er fand seine Stimme wieder „ja, also noch mal – der soll sich genau heute, wie wir erfahren haben, hier aufhalten!“ Wieder ein Blick in die Runde „da uns jedoch schon ein Foto von ihm vorliegt, können wir nur feststellen, er ist nicht hier …“ Er schien froh zu sein sich sprachlich wieder auf sicherem Terrain zu befinden „und was die Beschädigungen anbetrifft, wie schon gesagt, wir kommen voll und ganz dafür auf.“ Und mit versucht jovialem Ansatz in Richtung Hans ergänzte er „wo gehobelt wird da fallen Späne, das ist nun mal leider so.“
Bei Hans kam das nicht gut an; er straffte sich bereits für eine Erwiderung und blies die Backen auf; so simpel sollten die ihm hier nicht davonkommen - aber er bekam keine Chance:
Dieser Behnken drehte sich um und schnauzte er seinen Kollegen an „und Sie Hiebke, Sie nehmen jetzt die Personalien von allen auf.“ Er dämpfte den Ton und zischte „schließlich ist die Sache längst nicht gegessen; und klären Sie das mit den Schäden gleich mit!“ Dabei schien er sich wieder an Hans zu erinnern und warf ihm einen versöhnlich gemeinten Blick zu. Hans war jedoch noch längst nicht heruntergekühlt. Er machte sich schon für eine geharnischte Antwort bereit, stellte sich zu seinen Gästen an die Wand und setzte gerade mit entschlossenen Blick an – und erneut bekam er keine Chance:
Behnken kam ihm zuvor, indem er mit süffisantem Unterton sagte „na ja. Wenn Ihnen eine Entschuldigung nicht passt …“, drehte sich auf dem Absatz um und verließ mit wehendem Trenchcoat, bedauerndem Kopfschütteln und festen Schrittes den Laden.
Hans blieb nichts weiter übrig, als ihm einen entrüsteten Blick nachzuwerfen und vorerst seine Wut in sich hineinzufressen, da dieser Hiebke ‚endlich hat dieser arrogante Wicht auch einen Namen‘, wie sich Hans kurz dachte, schon eigentümlich beflissen in Aktion trat ‚wahrscheinlich wegen dem Rüffel, den er zuvor einstecken musste …‘
Er hatte kaum mühsam zu erklären begonnen, wo Hans sich wegen der Schäden hinwenden müsse, da konnte Hans endlich der aufgestauten Wut Luft verschaffen. Er unterbrach Hiebke bereits nach dem ersten Satz „… und diese Summe wird nicht zu knapp! Das kann ich Ihnen jetzt schon verraten! Auch der Verdienstausfall muss bezahlt werden - und meine Reputation?! Ja, die dürfte auch für die nächste Zeit hinüber sein; da bin ich mal sehr gespannt, wie Sie das ausgleichen wollen - was ihnen dazu einfällt! Auf jeden Fall kostet Sie das alles eine ordentliche Stange Geld!“
Hiebke blieb still. Er sah betreten auf den Boden und ließ Hans seinen Ärger ausleben, bis er sich wieder etwas beruhigt, sich seine Wut auf ein leises Nörgeln reduziert hatte. Seine Gäste sprachen eifrig murmelnd ihren Zuspruch aus, nur Leo sagte nichts, aber das fiel ihm in seinem aufgebrachten Zustand nicht weiter auf.
Dann nahm Hiebke, als sei nichts gewesen, die Personalien der Anwesenden auf. Die Männer reagierten unwirsch, und drei versuchten sich noch schnell zu verdrücken – sie liefen ohne Ausweis herum. Hiebke reagierte jetzt gelassen und notierte die Personalien nach Angaben „es läuft ja nicht jeder ständig mit seinen Papieren durch die Gegend; auch wenn das eigentlich Bürgerpflicht wäre“, sagte er etwas salbungsvoll und hängte noch dran, dass er da nicht päpstlicher als der Papst sein wolle.
Mit angedeutetem Kopfnicken verließ er nach getaner Arbeit die Räumlichkeiten und machte alle darauf aufmerksam, dass sie die Stadt nicht verlassen dürften. Auch hätten sie nach Anruf pünktlich ‚wenigstens fügt er nicht an, mit gewaschenem Hals …‘, wie sich Leo amüsiert dachte, auf dem Revier zu erscheinen.
Nach Hiebkes Verabschiedung wurde so gut wie nicht mehr gesprochen. Die Männer, außer Leo, verschwanden schnell, sie mussten plötzlich alle dringend wohin. Auf der Straße jedoch blieben drei von ihnen stehen und diskutierten ziemlich heftig miteinander - kein Wunder nach diesen Ereignissen.
3. Kapitel
Etwa zum gleichen Zeitpunkt saß Hagen in seinem BMW und dachte nicht daran, sich an die in Frankreich übliche Geschwindigkeitsbegrenzung zu halten. Darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen, er wollte dringend nach Kaiserslautern zurück; die Dinge durften nicht weiter aus dem Ruder laufen. Zu viel hing davon ab und er wusste genau, er konnte sich nur auf sich selbst verlassen.
Er presste seine Kiefer aufeinander und fuhr noch etwas schneller. Eine Stunde später erreichte er die ‚Goldene Brenn‘, den Grenzübergang bei Saarbrücken. Kurz darauf befand er sich auf der Autobahn nach Kaiserslautern, und schon fing er hektisch zu telefonieren an, fing an seine Fäden zu spinnen.
Noch einmal versuchte er Sven zu erreichen; nichts, sein Handy war abgeschaltet. Was konnte das jetzt wieder bedeuten? Seit Tagen hatte er nicht mit ihm gesprochen und ihn auch nicht gesehen; ein mulmiges Gefühl beschlich ihn.
Mit müder Geste strich er sich über das Gesicht, glättete die feinen Falten, die sich auf seiner Stirn gebildet hatten, und fuhr sich mit schneller Bewegung durch das dunkelblonde Haar, um eine vorwitzig ins Gesicht gefallene Welle wieder zurück auf den Oberkopf zu transportieren.