Doctor Who Monster-Edition 6: Roboter des Todes - Chris Boucher - E-Book

Doctor Who Monster-Edition 6: Roboter des Todes E-Book

Chris Boucher

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Beschreibung

Der Doktor und Leela landen auf dem Planeten Kaldor. Dort finden sie eine Gesellschaft vor, die von ihren harmlosen und gehorsamen Robotern abhängig ist. Die beiden sind diesen Robotern jedoch auf einem riesigen Sandminenträger in der Wüste von Kaldor schon einmal begegnet und wissen, dass es sich nicht immer nur um harmlose Diener handelt … Außer ihnen kennen nur die drei Überlebenden von jenem Sandminenträger die Wahrheit, und nun werden sie einer nach dem anderen beseitigt. Das verdrehte Genie hinter dem Massaker ist tot, aber jemand anders entwickelt gerade eine neue, tödlichere Art von Robotern. Wenn der Doktor und Leela sie nicht aufhalten, werden sie diesmal wirklich die Welt zerstören … Ein Abenteuer mit dem vierten Doktor, gespielt von Tom Baker und seiner Begleiterin Leela.

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Seitenzahl: 390

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Sammlungen



DOCTOR

WHO

ROBOTERDES TODES

CHRIS BOUCHER

Ins Deutsche übertragen von

BERND SAMBALE

Die deutsche Ausgabe von DOCTOR WHO: ROBOTER DES TODESwird herausgegeben von Cross Cult /Andreas Mergenthaler,Übersetzung: Bernd Sambale; Lektorat: Jana Karsch; Korrektorat: Peter Schild;verantwortlicher Redakteur: Markus Rohde; Satz: Rowan Rüster;Printausgabe gedruckt von CPI Moravia Books s.r.o., CZ-69123 Pohořelice.Printed in the EU.

Titel der Originalausgabe: DOCTOR WHO – CORPSE MARKER

German translation copyright © 2021 by Cross Cult.

Original English language edition copyright

© die jeweiligen Autoren, BBC Worldwide Limited

und BBC Studios, 1999, 2014, 2021

Doctor Who is a BBC Wales production for BBC One.

Executive producers: Chris Chibnall and Matt Strevens

BBC, DOCTOR WHO, TARDIS, DALEK and CYBERMAN (word marks and logos)are trade marks of the British Broadcasting Corporation and are used under licence.BBC logo © BBC 1996. Doctor Who logo © BBC 2018.

Dalek image © BBC/Terry Nation 1963.

Cyberman image © BBC/Kit Pedler/Gerry Davis 1966. Licensed by BBC Studios.

First published in 1999, THE MONSTER COLLECTION edition published in 2014

by BBC Books, an imprint of Ebury Publishing.

A Random House Group Company.

Printausgabe: ISBN 978-3-96658-026-7 • Digitale Ausgabe: ISBN 978-3-96658-027-4

Juli 2021

WWW.CROSS-CULT.DE

VORWORT

Wenn ich das mal kurz an meinen Fingern abzähle – meine liebste Herangehensweise an die Mathematik –, habe ich diesen Roman anscheinend vor rund fünfzehn Jahren geschrieben. Mein erster Agent hatte mir vor langer Zeit gesagt, ich solle niemals ein Datum irgendwo druntersetzen, »denn dies führt immer dazu, dass man den Dingen danach immer das Alter ansehen kann«. Diesen Text hat jedoch der Herausgeber mit einem Datum versehen; falls das ein Fehler war, so war es diesmal wenigstens nicht meiner. Ich glaube, es war Harold Wilson – möge er in Frieden ruhen –, der mal gesagt hat, in der Politik sei eine Woche eine lange Zeit. Nun, fünfzehn Jahre sind in jedem Fall eine lange Zeit. Besonders wenn es ums Gedächtnis geht.

Wenn man es recht bedenkt, ist es ohnehin eine schwierige Angelegenheit, sich an etwas zu erinnern. Wollte und könnte man etwa einen absolut präzisen Bericht der vergangenen Stunde abliefern, so würde einen dies logisch betrachtet eine Stunde in Echtzeit kosten. Angenommen, man wollte und könnte nun ferner einen vollkommen akkuraten Bericht der letzten beiden Stunden abliefern, dann müsste man sich zwangsläufig auch die Stunde in Erinnerung rufen, die man gerade damit verbracht hat, sich an die erste Stunde zu erinnern …

Mit dieser kleinen Abschweifung – übrigens ein fantastisches Rezept, um Schlaflosigkeit zu kurieren – möchte ich eigentlich nur eines rechtfertigen: Als ich gebeten wurde, das Vorwort zu dieser neuen Ausgabe von Roboter des Todes zu schreiben, konnte ich mich nicht mehr gut genug an das Buch erinnern, um meine Aufgabe guten Gewissens erfüllen zu können. Erst würde ich es noch einmal lesen müssen. Und das tat ich auch. Interessanterweise – nun, ich hoffe jedenfalls, es ist interessant – ist das Erinnern ein wesentliches Handlungselement. Ich mag solche schönen Zufälle, Sie auch? Selbstverständlich nicht als Handlungselement: Zufälle im Handlungsverlauf müssen anders gerechtfertigt werden, wodurch sie dann natürlich keine Zufälle mehr sind …

Eine Fortsetzung zu schreiben wirft stets Probleme auf, und sei es nur, dass man sich präzise an die Details des Originals erinnern muss, damit man sich nicht selbst widerspricht und nachher wie ein Trottel dasteht. Das Schreiben der Romanfortsetzung zu einem Fernseh-Mehrteiler stellte mich jedoch vor weit interessantere Schwierigkeiten. Und das Wort »interessant« verwende ich hier im Sinne des chinesischen Fluchs: Mögest du in interessanten Zeiten leben. Nebensächliche Dinge wie die Kostüme, in The Robots of Death im Fernsehen eindrucksvoll aber unkommentiert, wollten in der Romanfortsetzung nun beschrieben und begründet werden. Im Gegensatz zu etwas, was man nur flüchtig auf dem Bildschirm sieht, gewinnt eine Beschreibung in Prosa sofort eine größere Bedeutung, so als würde ein Regisseur den Fokus auf etwas richten. Eine Beschreibung sagt: »Sieh her«, und »Sieh her« sagt: »Warte mal, was hat’s damit eigentlich auf sich?« Dann muss man gründlich über alles nachdenken – was lustiger ist, als es vielleicht klingt, und (so hoffe ich) auch zu einer besseren und spannenderen Geschichte führt. Ergeben Elemente einer Handlung keinen Sinn, dann verliere ich leicht das Interesse – und nicht selten auch das Bewusstsein.

Instinktiv gehe ich wohl zumeist reduktionistisch vor: Ich nehme Ideen, Gefühle und Überzeugungen auseinander und versuche herauszubekommen, wie sie tatsächlich funktionieren, nicht nur dem Anschein nach. So ausgedrückt, klingt es ein wenig nach Gottkomplex; ich glaube jedoch, es ist eher ein Komplex, der mit Göttern, Religionen, Klassensystemen, Vernunft, Mode, Tod und Verschwörungen sowie all den anderen Dingen zu tun hat, die uns meistens Angst machen und uns ansonsten gut unterhalten. Oder geht das nur mir so? Jedenfalls können Sie das ganze Zeug in diesem Buch finden, Sie müssen nur suchen. Ich würde Ihnen aber empfehlen, es nicht zu tun: Warten Sie lieber, bis es sich von hinten anschleicht und Buh ruft! Und dann gibt es noch Witze und Gewalt und sogar ein paar sexuelle Anspielungen. Ja, eigentlich kommt so ziemlich alles vor, was ich selbst von guter Unterhaltung erwarte. So bin ich schon immer ans Schreiben herangegangen: Wenn es mir keinen Spaß macht, macht es auch Ihnen keinen Spaß, und dann haben wir beide unsere Zeit verschwendet.

Ich weiß noch: Als ich beauftragt wurde, dieses Buch zu schreiben, war ich dankbar für die Arbeit und das Geld, obwohl es mehr Arbeit und weniger Geld war, als man damals beim Fernsehen bekam, oder selbst beim Radio. »Damals« ist hier das Schlüsselwort. Stephen Cole, zu dem Zeitpunkt der Redakteur, meinte, die Leute hätten Lust auf eine Fortsetzung zu The Robots of Death – ob das stimmte, ist wohl nach wie vor nicht geklärt. Ich selbst aber hatte durchaus Lust darauf und meine Familie wollte gern weiterhin den Luxus von Essen und einem Dach über dem Kopf genießen.

Wann immer ich einen Auftrag bekomme – und nur dann kann ich überhaupt schreiben –, strebe ich eine bestimmte tägliche Wortzahl an. Hoffentlich fallen nur mir jene Stellen auf, an denen ich zu kämpfen hatte, um mein Tagesziel zu erreichen. Dieses Vorwort ist natürlich ebenfalls eine Auftragsarbeit, und heute läuft es nicht gut: Zweiundfünfzig Wörter in diesem Teil des Absatzes, und keines besonders von Belang. Dies muss der Moment sein, da Sie aufhören, Ihre Zeit mit dem Vorwort zu vergeuden – lesen Sie lieber das Buch! Ehrlich gesagt – und gewöhnlich versuche ich, ehrlich zu sein, denn Lügen ist so anstrengend – war ich beim Lesen ein wenig verblüfft: Im Gegensatz zu mir scheint der Roman nämlich kaum gealtert zu sein. Mir hat es jedenfalls viel Freude gemacht, ihn noch einmal zu lesen. Ich hoffe, er gefällt auch Ihnen.

Chris Boucher

Oktober 2013

Für Linda, für immer

Inhalt

VORWORT

VORBESPRECHUNG

MARKER

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

NACHBESPRECHUNG

VORBESPRECHUNG

Die gewaltige Maschine namens Sturmmine vier kriecht durch die pfadlose Ödnis des Blind Heart. Sie jagt den unbeständigen Wetterfronten der Wüste nach sowie den jähen wilden Winden, die mineralreiche Sandstürme entstehen lassen und wertvolle Erze in fliegende Flöze verwandeln.

Die wissen das alles – warum befasse ich mich überhaupt damit? Ich gebe vor, sie zu unterschätzen, damit sie sich überlegen fühlen und ihrerseits mich unterschätzen …

Ein talentierter Captain, mit einem fähigen Piloten an seiner Seite, kann an einem Sturm dranbleiben und seinen ergiebigsten Erzströmen folgen, während sie an den offenen Ansaugschächten vorüberwirbeln. Zwar können auch Roboter diese Arbeit erledigen, ebenso wie all die anderen Jobs, die nötig sind, um die Mine zu betreiben. Um jedoch das ökonomische Potenzial der Ausrüstung voll auszuschöpfen, sämtlichen Reichtum aus den dichten, sturmgepeitschten Kieswolken herauszusaugen, braucht man Instinkt und Fingerspitzengefühl. Das lässt sich nichts Geringerem als einem menschlichen Wesen einprogrammieren.

Aber es spielt keine Rolle: Sie liegen so weit zurück in der Partie, dass sie gar keine andere Wahl haben, als mich zu unterschätzen …

Gegenwärtig hat die Firma kein besseres Zweiergespann aus Captain und Pilot als Kiy Uvanov und Lish Toos in der Datenbank. Leider erreicht der Rest der Mannschaft von Sturmmine vier nicht den gleichen hohen Standard, und nachdem acht Monate des zweijährigen Einsatzes vergangen sind, kommt es zum Desaster: Es gibt einen suspekten Todesfall. Paranoia greift um sich. Feindseligkeiten, die bisher unter der Decke gehalten wurden, treten plötzlich zutage und in der zunehmend hysterischen Atmosphäre fangen die Mitarbeiter an, sich gegenseitig des Mordes zu bezichtigen.

Dann kommen sie um – einer nach dem anderen.

Fast von Anfang an besteht kein Zweifel daran, dass jemand – oder etwas – durch die leeren Ebenen und die verlassenen Korridore der enormen Mine streicht und wahllos und unerbittlich mordet.

Natürlich haben sie es trotzdem bezweifelt. Zweifel und Paranoia – wo wären wir ohne sie? Nun, ich würde mich jedenfalls sicher nicht auf diesem eigenartig rückständigen Planeten verstecken …

Als der Captain schließlich begreift, was in Wahrheit vor sich geht, sind nur noch drei aus seinem Team am Leben. Zwei sind bereits völlig irrsinnig und auch Pilotin Toos sowie Uvanov selbst verlieren allmählich den Bezug zur Realität und fangen an, Gespenster zu sehen. Im eisigen Griff des Schreckens fantasieren sie aus dem Nichts einen seltsam gekleideten Mann und ein Stammesmädchen herbei, da sie sich schwer damit tun, das Undenkbare, das Unvorstellbare anzuerkennen.

So unmöglich es auch erscheinen mag, sie haben es mit Robotern zu tun: Normalerweise funktionsfähigen und vollständig abgesicherten Vocs und Supervocs, die erst hier vor Ort, in der Mine selbst, modifiziert worden sind.

Noch immer will man es nicht glauben, doch diese Roboter sind entsichert worden, sodass sie töten können. Nachdem sie die Schächte geschlossen und die Maschinen so weit gedrosselt haben, dass die Mine nicht im Sand versinkt, beginnen Captain Uvanov und Pilotin Toos, nach Wegen zu suchen, wie sich die Killermaschinen zerstören lassen.

Ein bisschen übertrieben, aber vieles von alldem ist ja melodramatische Spekulation. Also schauen wir einfach mal, was für eine Reaktion wir rausschlagen können …

»Nein.« Die Stimme aus dem Halbdunkel hinten im Konferenzraum klang gebieterisch. »Tut mir leid, aber das glaube ich nicht.«

Carnell pausierte das Bild auf dem Demonstrationsbildschirm und stellte das Licht im Raum ein wenig heller. Er schaute den selbstbewussten Mann an, dessen kruder Anzug aus derbem, schlichtem Gewebe von seinem Wohlstand und seiner aristokratischen Herkunft zeugte, und seufzte innerlich. Einer der anderen wäre ihm lieber gewesen, einer, der weniger offensichtlich dumm war. Vergleichbare Geisteskraft hätte er auch bei einer der vielen humanoiden Maschinen bekommen können, die, reglos und unbeachtet, nur darauf warteten, den Teilnehmern dieser geheimen Versammlung zur Hand zu gehen. Er machte sich rasch eine gedankliche Notiz sicherzustellen, dass die Roboter zum Routineservice geschickt wurden, damit nicht irgendwelche Daten zu diesem Treffen zurückblieben und jemand versehentlich darauf zugriff.

»Ich glaube das nicht, tut mir leid«, wiederholte der junge Mann.

Dir hat in deinem Leben noch nie etwas leidgetan, du inzüchtiger Idiot, dachte Carnell und sagte: »Könnten Sie vielleicht etwas konkreter werden, Firstmaster Roatson?«

»Das Ganze kann unmöglich so abgelaufen sein.«

Es war eine schlichte Feststellung – oder vielmehr die Meinungsäußerung eines Mannes, der zu privilegiert war, um den Unterschied kennen zu müssen. Carnell wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich mit so jemandem anzulegen, schon gar nicht in ihrer gegenwärtigen Gesellschaft. Aber diese Sache langweilte ihn schon jetzt. Das hier hätte ein recht interessantes Spiel sein können, wenn diese engstirnigen Narren mit ihren begrenzten Ambitionen nicht gewesen wären. Wo steckten bloß die dekadenten, machthungrigen Psychotiker, wenn man sie mal brauchte? Er hob eine Augenbraue und setzte ein dünnes Lächeln auf. »Da alle Indizien aufs Gegenteil hindeuten«, sagte er und machte eine wohl bemessene Pause, »müssen Ihnen offenbar Informationen vorliegen, die man mir vorenthalten hat.«

Mehrere Vertreter der anderen Gründerfamilien und einige Emporkömmlinge der Handelskartelle kicherten unverhohlen.

Der junge Aristokrat ließ sich nicht beirren. »Die Familien«, sagte er, »waren praktisch von Anfang an in die Roboterentwicklung involviert und ich kann Ihnen versichern: Es gibt keine Möglichkeit, den Rang eines Voc in der von Ihnen beschriebenen Weise zu verändern. Niemand könnte das, nicht einmal mit allen technischen Mitteln eines voll ausgerüsteten Labors, aber ganz gewiss nicht auf einer Sturmmine, während der Fahrt und mit nichts als einer gewöhnlichen Laserson-Sonde.«

Carnell bemerkte, wie beiläufig er jenes Werkzeug erwähnte, das auf die Subsysteme der Robotergehirne angewandt worden war. Diese Information war so geheim, dass kaum jemand davon hätte wissen dürfen. Jedenfalls hätte dieser Mann, ein jüngeres Mitglied einer der zwanzig Familien, gewiss nicht damit vertraut sein sollen. War es nun Dummheit oder simple Arroganz, dass der junge Firstmaster Roatson ihm gerade verraten hatte, wie viel er bereits von dem wusste, was diese Leute in diesem Augenblick vermeintlich zum ersten Mal hörten? Carnell hatte gute Lust, ihn darauf anzusprechen, aber dies war nicht der richtige Moment, solchen Impulsen nachzugeben. »Im Normalfall würde ich Ihnen zustimmen«, entgegnete er mit sanfter Stimme. »Bloß war an Taren Capel nichts normal, schon gar nicht sein Talent für Robotertechnik.«

»Ich glaube nicht, dass es Taren Capel je gegeben hat«, merkte Roatson an.

Carnell lächelte. »Wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden.«

»Genau das ist es doch.«

»Ja«, stimmte Carnell noch immer lächelnd zu, »ganz recht.«

Erneut dimmte er das Licht und ließ das Demo weiterlaufen. Diesmal regelte er das Licht noch etwas weiter herunter und intensivierte und sättigte unmerklich die Farben auf dem Bildschirm. So, hoffte er, würden sich seine Zuhörer lange genug konzentrieren können, damit er seinen weitgehend irrelevanten Vortrag rasch abschließen konnte.

Nachdem alle unmodifizierten Roboter über die Hauptdeaktivierungsschaltungen stillgelegt sind, jagen Uvanov und Toos einige der Killerroboter in die Luft. Die Bomben hierfür stellen sie her, indem sie die Basisplatten von Z9-Sprengsätzen magnetisieren. Dann erzeugen sie in den Kommunikationsverbindungen der Roboter eine Rückkopplungsschleife, die sich durch sämtliche Kontrollebenen brennt und alles überlastet, was bei den Maschinen zu katastrophalem Gehirnversagen führt. Schließlich manipulieren sie noch die Stimmerkennungssysteme. So gelingt es ihnen, dass sich Taren Capels Höllengeschöpfe schließlich gegen ihren Schöpfer selbst richten. Das schattenhafte Genie ist das letzte Opfer seiner Roboter des Todes.

Als das Rettungsteam Sturmmine vier erreicht, ist bereits alles vorbei. Die Überlebenden – Captain Uvanov, Pilotin Toos und der schwerbehinderte Oberpacker Poul – werden in die Zivilisation zurückgebracht. Die Mine wird aufgegeben und versinkt im Sand, und mit ihr alle Beweise für das, was vorgefallen ist. Man denkt sich eine Geschichte aus, um die ganze Sache zu vertuschen – vielleicht ist es auch nur Spekulation –, und weil es das ist, was alle glauben wollen, wird es rasch zur allgemein akzeptierten Wahrheit. Und die Zivilisation, wie wir sie kennen, kann fortbestehen.

Als Finale zeigte Carnell Nachrichtenmaterial aus der Zeit: die kurzen, chaotischen Interviews mit den Überlebenden; eine sorgfältige Rekonstruktion des zum Scheitern verurteilten Kampfs der mutigen Crew gegen die Erzräuber; der wütende Ruf der Öffentlichkeit nach einem harten Vorgehen der Sicherheitskräfte, um die Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Als der Film vorbei war, ließ er einen Moment verstreichen, ehe er das Licht wieder heller drehte. Er wollte, dass sein Publikum darüber nachdachte, wollte einem von ihnen Gelegenheit geben, die offensichtliche Frage zu stellen.

»Und was genau hat das nun mit dem Projekt zu tun, für das Sie eingestellt wurden?« Der Sprecher war ein hochgewachsener Mann in einem Anzug aus synthetischem Gewebe, der in der ersten Reihe saß. »Ich habe kein Interesse an einem Zusammenbruch der Wirtschaft. Wenn diese Story rauskommt, geht alles zum Teufel. Wer sollte davon profitieren? Das Heilmittel wäre schlimmer als die Krankheit.«

Carnell war ein schmaler Mann, nicht sonderlich groß, und er besaß blonderes Haar und einen blasseren Teint als alle Anwesenden. Seine Augen waren jedoch etwas Besonderes, das ihn vom Rest der Leute hier unterschied. Sie waren von einem intensiven Blau und im richtigen Licht wirkten sie stechend wie Splitter aus Eis. Nun trat er ins richtige Licht und schenkte dem Mann ein eiskaltes Lächeln. »Sie müssen mir vertrauen«, sagte er. »Gerade darum bin ich so teuer: weil man mir vertrauen kann.« Er hob den Blick und ließ ihn durch den Konferenzraum schweifen. »Ich habe Ihnen diese Geschichte erzählt, weil ich mich vergewissern muss, dass man auch Ihnen trauen kann. Wenn Sie das Bedürfnis verspüren, in Panik auszubrechen, dann möchte ich, dass Sie das hier und jetzt tun.« Er machte eine Pause. »Ich schätze es, wenn Panik gut geplant vonstattengeht.«

Eine extravagant frisierte Frau in elfenbeinfarbener Ballonseide sagte: »Und dieser merkwürdig gekleidete Mann und die kleine Wilde?«

»Eine Gruppenhalluzination«, sagte Carnell.

»Sie schienen sich Ihrer Sache ziemlich sicher zu sein«, stellte sie fest.

Noch etwas, das Sie gar nicht wissen dürften, dachte Carnell. Offensichtlich haben Sie die Aufzeichnung der vertraulichen Nachbesprechung gesehen. »Falsche Erinnerungen«, sagte er, »gegenseitig hervorgerufen und verstärkt.«

»Also lügen sie?«

»Sie glauben daran.«

Roatson hinten im Raum lachte schallend. »Eine Gruppenhalluzination«, höhnte er mit aristokratischer Geringschätzung. »Wir reden hier von zwei Personen.«

Carnell lächelte. »Drei. Oberpacker Poul hat sie auch gesehen.«

Wie er erwartet hatte, konnte Roatson nicht widerstehen, weiter auf seinem Punkt herumzureiten. »Und er hatte also einen Zusammenbruch?«

»Sie alle hatten einen«, sagte Carnell. »Darauf will ich ja hinaus.«

»Woher wollen Sie wissen, dass der Mann und das Mädchen nicht real waren?«, fragte die Frau in der exklusiv von Robotern produzierten Mode.

»Weil es unmöglich ist.«

»Genügt das denn als Grund?«

»Jedem vernünftigen Menschen schon. Wichtiger ist jedoch, dass sie keine Rolle spielen. Sie haben keinen wesentlichen Einfluss auf das, was passiert ist, was gerade passiert oder was noch passieren wird.«

Und damit hatte Carnell den zweiten fundamentalen Fehler in seiner Karriere als Psychostratege begangen.

MARKER

»Ich kann mich immer noch nicht richtig erinnern«, sagte Poul, und kurz verfinsterte sich sein ausgemergeltes Gesicht. »Na gut, seien wir ehrlich: Ich erinnere mich an nichts davon.« Er verlagerte das Gewicht im Sessel und zog an seiner Uniformjacke aus blauer Seide, sodass sie sich unter seinem schmalen Rücken glättete.

»Selbst nach so langer Zeit?«, ermunterte ihn die Therapeutin behutsam. Sie war nur eine Fassade: Eigentlich handelte es sich um einen mechanischen Analytiker, kaum mehr als ein hoch entwickelter Lügendetektor, der für die medizinische Verwendung modifiziert worden war. Sie las die Zeilen von einem verlinkten Laptop ab, der ihr auch präzise Hinweise zu Timing und Tonfall gab. Ziemlich krude für so eine Scharade und noch dazu sündhaft teuer, doch in Ander Pouls Fall schien das unumgänglich zu sein. Ohne den Puffer dieser durchschnittlich aussehenden Frau mit ihrer auf gewöhnliche Weise modulierenden Menschenstimme hätten sie mit seiner Reha nicht einmal zu beginnen brauchen. Es war von Anfang an klar gewesen, dass Robotermedizin in seinen Augen ein Widerspruch in sich war. In seiner Erinnerung verbarg sich ein Schrecken, knapp außerhalb der Reichweite seines Bewusstseins. Dieser Schrecken hatte mit den mechanischen Humanoiden zu tun, von denen diese Welt abhängig war – so viel war sicher. So viel und kaum etwas darüber hinaus.

»Selbst nach so langer Zeit?«, wiederholte sie mit derselben sanften Beharrlichkeit.

Nun seufzte er und sagte: »Schon gar nicht nach so langer Zeit.« Sein Gesicht hatte wieder diesen sturen, versteinerten Ausdruck angenommen.

»Die Zeit heilt nicht unbedingt alle Wunden«, sagte die Therapeutin. »Oder glauben Sie, dass es doch so ist?«

»Letzten Endes schon.« Nun zeigte sich das Gespenst eines Lächelns auf seinen Zügen. »Irgendwann stirbt man und dann ist man geheilt.«

Die Therapeutin las von ihrem Bildschirm ab, folgte den Anweisungen und erwiderte nüchtern: »Mag sein.« Zwei Atemzüge Pause. »Sie haben also keine Ahnung, was Ihnen widerfahren ist?« Ein Atemzug Pause. »Auf Sturmmine vier?«

»Keinen blassen Schimmer. Ich dachte, das hätte ich gerade gesagt.«

Die Therapeutin widmete sich wieder ihrem Bildschirm. Dann griff sie in die Tasche und holte eine kleine Scheibe aus schillerndem rotem Plastik hervor. Sie streckte die Hand aus und drückte Poul die Scheibe auf den Handrücken. »Wissen Sie, was das ist?«, fragte sie leise.

»Nein«, sagte er ausdruckslos. Und dann begann er zu schreien.

1

Der TARDIS gelang der Ausgleich zwischen den transdimensionalen Strömen. Sie bündelte eine endlose Zahl von Optionen in einem einzigen Punkt und kam an ihrem neuen Platz zum Stehen. Als das geräuschlose Heulen und die reglose Bewegung vorüber waren, blickte der Doktor zu dem Bild auf dem Schirm über der Tür und verkündete: »Das kommt mir enttäuschend vertraut vor.«

Der Bildschirm zeigte, dass die TARDIS in einer mehrgeschossigen Halle gelandet war. Die metallenen Wände waren von Gerüsten und Leitern gesäumt. Es gab keine Spur von Lebewesen irgendwelcher Art. Entlang der Gerüste waren in regelmäßigen Abständen Türen in die Wand eingelassen, jede mit einem Guckloch, durch das grelles grünes Licht fiel. Nichts regte sich.

»Natürlich«, fuhr der Doktor fort, »kommt einem beinahe alles enttäuschend vertraut vor, wenn man schon so viele Jahre auf dem Buckel hat wie ich.« Er holte seinen frisch geflickten langen Schal aus der Tasche des Mantels, den er stets trug, und wickelte ihn sich um den Hals. »Es ist immer eine nette Überraschung, wenn man dann doch mal an einem unbekannten Ort landet.« Er nahm den breitkrempigen Filzhut, den er bevorzugte, vom Hutständer und stülpte ihn sich über die widerspenstigen Locken. In seinem üblichen leicht exzentrischen Outfit, das sich erst dann verändern würde, wenn er selbst es tat, strahlte er Leela an. »Ich liebe Überraschungen, Sie nicht auch?«

»Nein«, erwiderte Leela. »Auf meiner Welt entpuppen sich Überraschungen in der Regel als bissig.« Sie war kleiner als der Doktor; leichter, schlanker und weitaus aggressiver.

»Sie sind aber gerade nicht auf Ihrer Welt«, rügte der Doktor. »Obwohl Sie immer noch darauf bestehen, dieses doch eher primitive Ensemble zu tragen.«

»Ensemble?« Leela löste ihren Blick nicht vom Bildschirm.

»Die Felljacke, die Lederstiefel, das Messer?«

Automatisch legte Leela die Hand auf den Griff ihres langen Jagdmessers, als würde sie halb damit rechnen, dass er versuchen würde, es ihr wegzunehmen. »Ihnen gefällt mein … Ensemble nicht?«

»Es passt nicht zu jedem Anlass. Manchmal sieht es schon ein wenig seltsam aus.«

»Aber was Sie tragen, sieht nicht manchmal seltsam aus.« Es war beinahe eine Frage, aber nicht ganz.

»Gut geschneiderte Sachen passen zu jedem Anlass«, sagte der Doktor und ließ für eine Sekunde sein wölfisches Grinsen aufblitzen. »Und ich bin nicht bedrohlich. Ich mache niemandem Angst.«

Leela löste den Blick vom Bildschirm und funkelte den Doktor böse an. »Ich mache auch niemandem Angst.«

»Tun Sie nicht?«

Leela dachte einen Moment lang nach. »Na ja, ich glaube nicht«, sagte sie schließlich. »Furcht ist der Feind der Vernunft.«

»Von wem haben Sie das denn gehört?«

»Von Ihnen.«

»Dann muss es wohl stimmen«, meinte der Doktor und bediente die Kontrollen der Tür der TARDIS. »Wollen wir mal nachsehen gehen, ob es da draußen irgendwelche Überraschungen gibt?«

»Wir sollten noch ein bisschen warten«, sagte Leela.

»Ich weiß, ich weiß«, sagte der Doktor. »Wir sollten warten, bis sich etwas bewegt, sodass wir mögliche Raubtiere identifizieren können.«

»Gefahren«, korrigierte ihn Leela. »Für Raubtiere scheint das nicht der passende Ort zu sein.«

»Ihr Messer wollen Sie trotzdem nicht hierlassen, nehme ich an?«, fragte der Doktor beiläufig.

»Nein«, erwiderte Leela unumwunden.

Der Doktor nickte nachdenklich, dann ging er zu Tür. »Geben Sie dann aber nicht mir die Schuld, wenn die Ortsansässigen sich feindselig verhalten.«

Leela folgte ihm. »Darum lass ich mein Messer ja auch nicht hier.«

»Ich dachte, das gehört zu Ihrem Kriegerkult«, bemerkte der Doktor, trat hinaus und schnupperte die trockene Luft der staubfreien, klimakontrollierten Umgebung.

»Von wem haben Sie das denn gehört?«

»Von Ihnen.«

»Ich hab gesagt, es gehört zu meiner Ausbildung.«

»Genau«, sagte der Doktor. »Dann wollen wir mal einen Blick auf die Gerüste werfen, was?«

Forsch schritt er davon. Seine Schuhe erzeugten ein dumpfes Geräusch auf dem auf Hochglanz polierten Metallboden. Leela schlich auf leisen Sohlen neben ihm her.

Der Doktor kletterte bereits eine Leiter hinauf, die zur ersten Gerüstetage hinaufführte, als Leela ihm mit gesenkter Stimme vom Boden aus zurief: »Doktor, haben Sie das gehört?«

Der Doktor kletterte weiter.

Sie rief ein wenig lauter: »Doktor, haben Sie das gehört?«

Der Doktor hielt inne und schaute nach unten. »Tut mir leid, ich hab nichts gehört. Was haben Sie gesagt?«

»Da ist jemand in der Nähe …« Leela neigte leicht den Kopf und lauschte angespannt.

»Ja?« Der Doktor bemühte sich offenbar, geduldig zu sein, was ihm nur zum Teil gelang.

»Kampflärm«, sagte Leela schließlich. »Da kämpfen Leute.«

Der Doktor kletterte weiter. »Selbst wenn das so ist«, rief er über die Schulter, »rechtfertigt es nicht das Messer.« Er erreichte die schmale Plattform und spähte wieder hinab. Leela hatte sich nicht vom Fleck gerührt. »Kommen Sie hoch?«

»Ich glaub, ich sehe lieber nach, wer da kämpft, und warum«, erklärte sie und blickte zu einer Flügeltür, die hinter den Leitern in die Metallwand eingelassen war.

»Keine gute Idee«, meinte der Doktor. »Aber Sie sagen mir bestimmt gleich, dass das zum Kriegerkodex gehört, oder?«

»Ich will nur rausfinden, was hier los ist.«

»Halten Sie sich nach Möglichkeit heraus. Und verlaufen Sie sich nicht. Begleiter, die verloren gehen, haben auch etwas enttäuschend Vertrautes an sich.«

Sie lächelte zu ihm hinauf. »Ich werde versuchen, Sie zu überraschen«, sagte sie.

Leela ging zu der Tür hinüber und suchte nach dem Bedienmechanismus. Auf dem Steg hoch über ihr näherte sich der Doktor der ersten grün erleuchteten Kammer und spähte durch das Guckloch.

Sturmmine sieben fräste sich langsam ihren Weg zum gigantischen Dock. Das riesige Kettenfahrwerk bestand aus mehreren Reihen schwerer Panzerketten, die leicht versetzt montiert waren, individuell angetrieben wurden und in der Lage waren, sich horizontal um fünfzehn Grad zu neigen – doch nun waren sämtliche Raupenlaufwerke gleichgeschaltet und bewegten sich vollautomatisch in dieselbe Richtung. Diese letzten Arbeitsabläufe waren die einfachsten und elementarsten. Das Anlegemanöver, um am Terminal anzudocken, hätte die Energiereserven eines Voc kaum belastet, und die eines Supervoc erst recht nicht, doch Captain Lish Toos kümmerte sich trotzdem lieber selbst um solche Sachen.

Die Erzsilos waren voll, in den meisten Fällen mit hochwertigem Lukanol. Toos hatte ein paar Probeanalysen vorgenommen und wusste, dass das Zeug beim Abscheiden ungefähr bei der 70-Prozent-Marke liegen würde. Das war rein genug, um der Besatzung Profitanteile zu sichern, was für jeden von ihnen eine ordentliche Stange Geld bedeuten würde. Es war eine sehr erfolgreiche Fahrt gewesen, selbst nach ihren eigenen außergewöhnlich hohen Standards.

Nicht viele Captains besaßen ihr Talent, über die Jahre immer wieder die reichhaltigsten Erzströme zu finden. Deswegen hatte sie auch, obwohl ihr Ruf als Exzentrikerin ständig wuchs, nie irgendwelche Schwierigkeiten, Leute dazu zu bringen, sich für die Achtzehn-Monats-Einsätze zu verpflichten.

Ihre seltsamen Macken zwangen die Mannschaft dazu, deutlich härter als sonst zu arbeiten, aber bei ihr wurden die Leute auch wesentlich reicher als anderswo. Deswegen gab es mit ihr als Captain lediglich die üblichen Streitereien und Ressentiments, die sich bei Langstreckeneinsätzen auf solchen Minen nie ganz vermeiden ließen.

Roboter durften das Kontrolldeck nicht betreten, ganz egal aus welchem Grund. Dies führte dazu, dass die Arbeiter ein brutaleres Schichtsystem als auf anderen Minenfahrzeugen ertragen mussten. Toos bestand darauf, dass jeder Job, der von einem Menschen erledigt werden konnte, auch von einem Menschen gemacht wurde. Daneben blieb noch Zeit zum Essen und Schlafen, mehr nicht. Weitere Probleme ergaben sich aus ihrer Vorschrift, dass Roboter auf jene Abschnitte der Mine beschränkt waren, in denen sie selbst nicht arbeitete. Eine andere Regel erlaubte Robotern den Zugang zum Wohnbereich nur dann, wenn es einen expliziten Auftrag zu erledigen gab – in ihrem persönlichen Quartier allerdings unter gar keinen Umständen. Im Verlauf einer Tour erhöhte sich die Zahl deaktivierter Roboter stetig, bis beim Andocken schließlich kaum noch ein funktionierendes Exemplar auf der Mine zu finden war. Einmal waren ihnen tatsächlich die schillernden roten Scheiben ausgegangen, mit denen sie abgeschaltete Roboter markierten. In der Firma wurde es zum Dauerbrenner, Witze darüber zu machen, dass Toos nicht robophobisch sei – ihr gefalle schlicht und ergreifend der Anblick dieser Leichenmarker, besonders an Robotern.

Wohlgemerkt: Hätte Toos tatsächlich krankhafte Angst vor den glänzenden Androiden mit ihrem stilisierten Aussehen gehabt, deren Arbeitskraft unverzichtbar war, wäre eine Entlassung aus medizinischen Gründen unumgänglich gewesen, und die Firma hätte einen ihrer einträglichsten Sturmminen-Captains verloren. Außerdem wären unbequeme Fragen gestellt worden. Warum zum Beispiel war jemandem mit einer derart fragilen Persönlichkeit überhaupt das Kommando über eine Sturmmine gegeben worden? Und warum war Lish Toos dienstälteren Kandidaten vorgezogen und zum Captain befördert worden? Diese Fragen blieben lieber ungestellt. Folglich war sie nicht robophobisch, sondern einfach nur eigensinnig.

Ein mahlendes Knarren ließ die Mine erbeben, während sich das metallische Ächzen und Stöhnen zu einem kurzen Crescendo steigerte und langsam verklang. Dann wurde es ruhiger, nur noch gelegentlich war ein Scheppern oder ein plötzlicher Knall zu hören. Der Pilot berichtete: »Hangar-Level konstant, Druck in allen Verbindungspunkten ausgeglichen, Sturmmine sieben steht, alle Maschinen sind aus. Voller Halt, ich wiederhole, voller Halt.«

»Voller Halt. Danke, Tani«, sagte Toos und lächelte, gefühlt zum ersten Mal seit Monaten. Wenn sie so darüber nachdachte, musste es tatsächlich Monate her sein. Sie aktivierte mit dem Daumen das Funkgerät. »Dock, hier spricht Captain Toos: Sturmmine sieben ist gestoppt, abgeschaltet und gesichert.«

»Danke, Captain«, bestätigte die Stimme von der Andock-Koordination. »Willkommen zurück in der Zivilisation. Haben Sie diesmal ein paar Roboter übrig gelassen?«

Tani stand auf und streckte sich. »Die nehmen bestimmt schon Wetten an, wie viele es sind«, sagte er.

Toos nickte. »Ich weiß«, sagte sie, »aber ich bin zu müde, zu schön und außerdem viel zu reich, als dass es mich jucken würde.« Sie drückte wieder auf den Kommunikationsknopf. »Docker, ich möchte, dass das komplette Abladen unabhängig überwacht wird.«

»Vertrauen Sie uns etwa nicht, Captain?« Die Stimme klang zu etwa gleichen Teilen amüsiert und verletzt.

»Nur so weit, wie ich jedem vertraue, der mein Geld für mich zählt«, sagte Toos. »Sorgen Sie dafür, dass alles ordentlich beglaubigt wird – und keine Vetternwirtschaft.«

»Ihre oder meine Vettern?«, wollte die Stimme wissen.

»Ich hab weder Vettern noch andere Verwandte«, erwiderte Toos. »Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie so weit sind.« Sie brach die Verbindung ab und gähnte ausgiebig.

»Ruhen Sie sich ruhig etwas aus, Captain«, sagte Tani. »Ich pass auf, dass keiner von denen versucht, einen Dockmaster-Anteil abzuzweigen.« Der Pilot war ein untersetzter Mann mit einem großen Kopf und einem breiten, mürrischen Lächeln. »Oder vertrauen Sie mir auch nicht?«

»Das müssen Sie mich wohl kaum fragen«, meinte Toos, nahm ihre Mütze ab und warf sie auf den Sitz im Ruhebereich. Dann schüttelte sie ihr langsam ergrauendes hellbraunes Haar, sodass es ihr locker über die Schultern fiel, rieb sich die Augen mit den Handballen und gähnte noch einmal. »Klar, warum nicht? Gute Idee, mal ein bisschen zu schlafen.«

Tani schaltete die Trichterüberwachung auf sein Mainboard und stellte einen Verschlussalarm ein. »Eine ordentliche Feier steht auf dem Plan. Da wird Ausdauer gefragt sein.«

Toos schlenderte auf den Eingang des Kontrolldecks zu. »Ausdauer ist was für Roboter und Arme«, sagte sie und wiegte übertrieben die Hüften. »Wir brauchen so was nicht, Tani. Wenn wir des Feierns müde werden, stellen wir einfach Leute ein, die das für uns machen. Sie kennen ja die alte Redensart: Wedle mit Geldscheinen und niemand wird wissen, wie knapp bei Kasse du bist.«

Die Tür glitt auf und sie trat in den Korridor hinaus. Der Pilot rief ihr nach: »Sie wollen hoch hinaus, oder, Captain?«

»So hoch, dass ich nie wieder hochgucken muss«, rief Toos fröhlich zurück, »zu niemandem.«

Die Tür schloss sich zischend hinter ihr und Toos machte sich auf den Weg zu ihrem Quartier. Sie konnte sich endlich entspannen und freute sich schon darauf, sich bei einem Bad und einem Nickerchen zu erholen, ehe sie die Mine verlassen und die Geschäftsdetails der Fahrt abschließen würde. Die Auflistung der Mineralien musste abgehakt, Schadensberichte und Ausrüstungsinventuren durchgesehen werden.

Außerdem würde sie natürlich das Dokument zur Anzahl der deaktivierten Roboter unterzeichnen müssen, die mit einem Leichenmarker versehen worden waren und ins Produktionszentrum zurückgeschickt werden würden. Die Kosten für die Roboterreaktivierung ging vom Profit ab, doch was Toos anging, war es den Preis wert: So musste man die Dinger nicht ständig sehen und sie schlichen nicht hinter einem herum – vor allem Letzteres wollte sie vermeiden.

Das unabhängige Kraftwerk der Mine hatte mit dem Herunterfahren begonnen, sobald die Versorgungsschläuche des Hangars angeschlossen worden waren und die Energieversorgung übernommen hatten. Selbst wenn jemand aufpasste – und Toos wusste, dass ihre Oberpackerin Simbion zu dieser Zeit schon ziemlich betrunken sein würde –, kamen bei solchen Transfers Phasenverluste vor und zeitweilige Stromausfälle waren alltäglich. Als die Lichter im Gang außerhalb ihres Quartiers zu flackern begannen, schien ihr das kein ernstes Problem zu sein, und sie war weder überrascht noch übermäßig beunruhigt, als sie plötzlich in völliger Finsternis dastand. Es ärgerte sie ein wenig, aber sie wartete einfach geduldig darauf, dass die Überbrückungen anspringen und die Systeme wieder anlaufen würden. Dann würde sie die Tür öffnen und sich ihrer wohlverdienten Pause widmen.

Für Dunkelheit hatte sie nie viel übrig gehabt, aber sie fürchtete sich auch nicht davor. Lieber wäre sie in ihrem Quartier ein- als ausgeschlossen gewesen, aber es bestand kein Grund zur Panik. Sie war nicht in Zeitnot. Und die Dunkelheit machte ihr nicht wirklich etwas aus.

Die Überbrückungen schienen allerdings länger zu brauchen als sonst. Simbion sollte mal lieber aufwachen und achtgeben! Toos musste nämlich nicht über ihre Trinkerei hinwegsehen. Wahrscheinlich bildete sie es sich nur ein und es waren nicht mehr als ein paar Sekunden. Und die Dunkelheit machte ihr ja ohnehin nicht viel aus.

Wäre die Mine voller funktionstüchtiger Roboter gewesen, hätte sie sich vielleicht größere Sorgen gemacht: Sie konnten auf andere Wellenlängen umschalten, sich in der Dunkelheit fortbewegen und einen finden. Um jemanden in der Finsternis aufzuspüren, musste ein Roboter ja einfach nur die Infrarot…

Sie schauderte und spähte ins Dunkel, konnte jedoch nichts erkennen.

Aber es gab ja keine Roboter auf dieser Ebene und die Dunkelheit machte ihr nichts aus. Es waren nur noch sehr wenige funktionstüchtige Roboter an Bord. Wie viele waren es – drei? Nein, es waren mehr als drei. Wie viele also? Fünf, vielleicht sechs? Höchstens sechs. Ja, genau, sechs waren es. Und sie standen alle in der Dunkelheit. Aber nicht in dieser Dunkelheit. Nicht hier, weil keiner von ihnen auf diese Ebene durfte. Sie waren auf der Ebene, wo die gröbste Arbeit anfiel, ihre Befehle hielt sie dort fest. Roboter taten, was man ihnen befahl – dazu waren Roboter ja da. Außer … Außer wenn eben sie nicht taten, was man ihnen befahl, aber das war nur einmal passiert. Unmöglich, dass es sich wiederholte, und schon gar nicht jetzt. Einmal und nie wieder. So was konnte unmöglich je wieder geschehen.

Die Dunkelheit störte sie nicht, aber länger als sonst dauerte der Ausfall schon. Das Notsystem hätte eigentlich bereits laufen müssen. Die Finsternis war so vollkommen, dass sie schon angefangen hatte, Lichter darin auszumachen. Aber sie wusste ja, dass sie sich unter solchen Umständen nicht auf ihre Augen verlassen konnte. Da waren keine Lichter. Aber die Beleuchtung hätte längst wieder angesprungen sein müssen. Das dauerte definitiv zu lange.

Wo trieb sich Simbion bloß herum? Sie würde dieser faulen, unzuverlässigen Säuferin Feuer unterm Hintern machen, wenn sie die Arbeit nicht erledigte, für die sie bezahlt wurde, und zwar sofort. »Simbion!«, brüllte sie. »Simbion!«

Noch während sie schrie, wusste sie, dass es ein Fehler war: Sie fühlte sich dadurch nicht besser; ihr Wutausbruch war ein Kontrollverlust, schmeckte nach Panik. Aber sie konnte sich nicht zurückhalten. »Simbion«, schrie sie aus voller Lunge, »kriegen Sie Ihren Fettarsch hoch und bringen Sie die Systeme wieder zum Laufen!«

Mittlerweile zitterte sie und winzige Leuchtkugeln explodierten lautlos vor ihren Augen. Sie keuchte: das flache Röcheln eines sterbenden Tieres. Die Dunkelheit war zu dunkel und sie wollte einfach nicht weichen – und überall um sie herum waren Roboter. Angestrengt versuchte sie, ihren Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Sie musste leise sein. Sie konnte hören, wie sie näher kamen, spüren, wie sie nach ihr griffen, sie umringten, und sie wollte auf der Stelle sterben, jetzt, ehe es geschehen konnte, unweigerlich geschehen musste.

Plötzlich flammte das Licht auf und einen Moment lang konnte Toos nichts sehen. Doch dann passten sich ihre Augen an die gleißende Helligkeit an und sie nahm eine Bewegung wahr, weiter hinten im Gang, bei einer Stützstrebe. Panisch hämmerte sie auf das Bedienfeld ihrer Quartiertür ein und verfehlte den Aktivierungsknopf. Als die Tür sich nicht öffnete, trat und schlug sie hysterisch dagegen. Der Schmerz riss sie aus ihrer blinden Furcht und ihr Zorn flammte wieder auf. Sie war Lish Toos, Captain von Sturmmine sieben. Sie wandte sich um, wollte sich dem stellen, was dort in den Schatten lauerte. Nichts und niemand würde sie je wieder herumschubsen. Nie wieder!

Steifbeinig marschierte sie den Gang entlang bis zu der Stelle, wo sie es gesehen hatte. Da war nichts. Sie war erleichtert und kam sich reichlich dämlich vor. Sie kehrte zu ihrem Quartier zurück, öffnete die Tür und trat ein. Am Sprechgerät wählte sie den Packerbereich an und blaffte: »Was ist hier los, Simbion?«

»Was soll los sein, Captain?« Simbion sprach undeutlich. Offenbar hatte sie bereits ordentlich einen intus, wie Toos vermutet hatte.

»Wir hatten gerade einen Stromausfall.«

»Stromausfall?«

»Wenn ich ein Echo hören will, schrei ich in einen Erztrichter. Ich stand hier gerade in totaler Finsternis, vor meinem Quartier – wie genau kommt das?«

»Keine Ahnung, Captain.«

»Natürlich haben Sie keine Ahnung.« Toos legte so viel vernichtenden Spott in ihre Stimme, wie sie aufbringen konnte. »Blöde Frage.«

»Der Systemtransfer lief wie geschmiert«, fuhr Simbion mit der unerschütterlichen Gutmütigkeit einer fröhlichen Säuferin fort. »Es gab keinen Stromausfall. Muss ein punktueller Fehler gewesen sein. Soll ich mir den Abschnitt mal ansehen?«

»Können Sie ohne Hilfe überhaupt so weit laufen?«

»Ich kann mich ja von einem Roboter bringen lassen.« Simbion klang, als müsste sie einen Kicheranfall unterdrücken.

»Vorsicht, Simbion«, schnurrte Toos. »Ihr Anteil lässt sich schnell umverteilen. Am Ende kostet Sie die Fahrt noch Geld.« Sie kappte die Verbindung und ging, um endlich ihr Bad zu nehmen.

Auf dem Gang vor ihrem Quartier stand der Roboter einen Augenblick lang da, wie es ihm befohlen worden war. Dann wandte er sich ab und verschwand rasch wieder in den Eingeweiden der Mine.

Der Doktor spähte durch die Gucklöcher in fünf weitere grün erleuchtete Kammern, um sich davon zu überzeugen, dass es sich weder um einen Zufall noch um eine optische Täuschung handelte.

In jeder Kammer befanden sich sechs Individuen, drei identische Männer und drei identische Frauen. Schwerelos trieben sie in einer schwach leuchtenden grünen Flüssigkeit, mit der ihre Zellen komplett gefüllt waren. Anscheinend waren sie bewusstlos, und obwohl sie alle zu atmen schienen, waren sie mit nichts verbunden, das sie mit Luft versorgte.

Wie Kiemenatmer sahen sie für den Doktor nicht aus, also konnte man entweder die Flüssigkeit atmen oder diese hier unterschieden sich von den üblichen Luft atmenden, zweibeinigen Klonen, denen er bisher begegnet war. Aber das war nicht das einzig Seltsame. Sie trugen alle einheitliche Arbeitsuniformen: hemdartige Kittel und eng anliegende Leggings. So weit er erkennen konnte, unterschied sich jede Sechsergruppe von den anderen allein durch die Farbe der Outfits. Trotz der gleichen Gesichtszüge und der Standardbekleidung gab es keinen Zweifel daran, dass in jeder Gruppe drei Männer und drei Frauen waren.

Doch warum steckten sie überhaupt in voller Montur in diesen Reanimations- oder Erhaltungskammern? Dem Doktor kam der Gedanke, dass es sich um eine jener extrem konformistischen Gesellschaften handeln könnte, die einem strengen Dresscode folgten und bei denen die Angst vor Nacktheit zur repressiven Praxis gehörte. Er hoffte, dass er sich irrte. Seiner Erfahrung nach neigten solche Gesellschaften zu Gewalt und Leelas Tendenzen gingen ohnehin schon in diese Richtung.

Wurden hier möglicherweise Kolonisten künstlich am Leben erhalten und durch die Tiefen des Weltraums befördert? Das Verhalten der TARDIS hatte nichts dergleichen angedeutet und die Anzeigen hatten dieses Szenario komplett ausgeschlossen, doch nun, da er sich die vier leicht gebogenen Wände dieses Gebäudes ansah, die hoch über ihm in einer flachen Kuppel zusammenliefen, war sich der Doktor nicht mehr so sicher. »Alles ist möglich«, sagte er laut, »bis jemand das Gegenteil beweist.« Die Akustik verriet ihm nichts Neues. Er versuchte es mit etwas mehr Lautstärke. »Eliminiere das Unmögliche«, rezitierte er aus vollem Hals, »und was übrig bleibt, wie unwahrscheinlich es auch erscheinen mag, muss die Wahrheit sein.« Es geschah nichts Überraschendes. Von einem großen Nutzraum, der nicht für Konzerte oder Theateraufführungen erbaut worden war, konnte man wohl keine besseren Soundeffekte erwarten.

Er zuckte mit den Schultern. »Natürlich kannte Conan Doyle die Antworten von Anfang an«, sagte er zu sich selbst. »Und das hilft immer.«

Als er durch ein weiteres Guckloch blickte, bemerkte er, dass eine Veränderung vonstattenging. Die Gruppe in dieser Kammer hatte angefangen, sich zu bewegen. Hände bebten leicht, Köpfe zuckten plötzlich, Beine und Arme machten zaghafte Schwimmbewegungen. Und das alles geschah synchron. Jedes Gruppenmitglied tat exakt das Gleiche zur selben Zeit. Es sah aus wie ein perfekt koordiniertes Unterwasserballett, aufgeführt von einer Truppe von Tänzern, die ihre Choreografie mit mechanischer Präzision beherrschten. Er überprüfte eine andere Kammer. Dort ging das Gleiche vor sich, doch nun waren die Bewegungen ausgeprägter und wirkten einstudiert. Das Ganze erzeugte einen bedrohlichen, unheimlichen Effekt. Er musste an einen unterseeischen Tanz denken, dessen Aufführung er einmal beigewohnt hatte: ein religiöser Ritus einer Amphibienspezies auf einem Planeten, den er nie ordentlich hatte identifizieren können. Das … Das Volk, das über und unter Wasser atmen konnte … War das der Name gewesen? … Nun, wie sie sich auch genannt haben mochten, sie hatten einen Großteil ihres Lebens dem Training, der Askese und der Übung gewidmet, dennoch war ihr Tanz nicht annähernd so perfekt koordiniert gewesen wie das, was er hier vor sich sah.

Alle Kammern, in die er blickte, offenbarten das gleiche Schauspiel. Sämtliche Personen darin bewegten sich und zwar mit zunehmender Heftigkeit, doch egal, wie wild und übertrieben ihre Bewegungen auch waren, jedes Individuum blieb stets in perfektem Einklang mit allen anderen. Der Doktor hatte natürlich keine absolute Gewissheit, war jedoch ziemlich sicher, dass die Kammern miteinander synchronisiert waren, sodass sich jede Sechsergruppe im Einklang mit allen anderen bewegte. Hätte er sie alle zugleich sehen können, wäre es dem Beobachter sicher so vorgekommen, als würde man einem Fischschwarm zuschauen. Dann sah er, dass der Flüssigkeitspegel in den Kammern zu sinken begann.

Leela folgte den Kampfgeräuschen und fand ohne große Schwierigkeiten den Weg nach draußen. Tatsächlich hinauszugelangen entpuppte sich jedoch als größeres Problem: Sobald sie die große Flügeltür in der Metallwand hinter den Leitern aufgestoßen hatte und einen kurzen Korridor hinuntergegangen war, versperrte ihr ein komplizierteres System aus kleineren, verschlossenen Türen den Weg. Sie vermutete, dass sich der Doktor aus diesem Grund nicht größere Mühe gegeben hatte, sie aufzuhalten: Er glaubte, sie sei nicht in der Lage, solche Türen zu öffnen. Vielleicht hatte er vergessen, wie leicht sie die Tür der TARDIS aufgemacht hatte. Es stimmte: Sie hatte sich das von ihm abgeschaut. Affen machen alles nach, hatte der Doktor gesagt. Sie wusste zwar nicht, was das bedeutete, aber als Lob war es sicher nicht gemeint gewesen. Dennoch hatte sie ein paar Dinge über solche Mechanismen gelernt und wusste, wie man sie in Bewegung setzen konnte.

Durch eine transparente Platte in der ersten Tür sah sie, dass der Durchgang von mindestens einer weiteren Tür versperrt wurde, die von der ersten durch einen kurzen Gang getrennt war. Die zweite Tür besaß kein solches Fenster, daher konnte sie nicht feststellen, was dahinter lag – es hätte eine ganze Reihe von Türen und Zimmern folgen können, doch Leela war überzeugt, dass sie kein Problem mehr für sie darstellen würden, sobald sie die erste geöffnet hatte.

Sie konnte weder Hebel noch Schalter entdecken, aber irgendetwas von der Art musste es geben, und zwar ziemlich sicher in der Nähe der Tür. Selbst wenn der Mechanismus aus der Ferne betätigt wurde wie in der TARDIS, würde man von dort aus immer noch die Tür im Blick haben. Allerdings fehlte hier der Platz dafür, um den Ausgang so zu bedienen. Aber warum sollte man eine Tür öffnen oder schließen wollen, die man gar nicht sehen konnte? Sie kam zu dem Schluss, dass es eine andere Sorte von Hebel oder Schalter geben musste und dass dieser sich höchstwahrscheinlich an der Tür selbst befand.

Es dauerte eine Weile, doch schließlich fand sie die Stelle am Rahmen, die man berühren musste, damit die Tür zur Seite glitt. Als sie triumphierend hindurchschritt, spürte sie, wie die Luft zusammen mit ihr ins Zimmer drängte. Zu spät fiel ihr wieder ein, was ihr Kriegerlehrmeister ihr wieder und wieder gesagt hatte: Du darfst dich nie siegreich fühlen. Siegesfreude macht einen dumm und die Dummen sterben zuerst. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass die Tür sich sofort wieder schließen würde – und die Dummen sterben zuerst –, sodass sie in dem kleinen Raum gefangen war. Erschrocken zog sie ihr Messer und ging in Verteidigungsstellung, bereit, sich aus dem Hinterhalt freizukämpfen, wie es ihr beigebracht worden war. Als niemand kam und nichts weiter zu passieren schien, entspannte sie sich ein wenig, steckte das Messer wieder in die Scheide und untersuchte die Tür, durch die sie hereingekommen war. Wie auf der anderen Seite ertastete sie auch auf dieser einen Punkt, den man berühren musste und abermals öffnete sich die Tür, wobei ihr erneut ein kleiner Windstoß entgegenkam. Sie wartete. Die Tür schloss sich wieder. Sie löste den Mechanismus noch einmal aus, mit dem gleichen Ergebnis. Offenbar konnte sie im Notfall jederzeit den Rückzug antreten. Sie fand einen ähnlichen Auslöser an der anderen Tür. Als sie aufglitt und Tageslicht hereinströmte, zog sie erneut ihr Messer.

Der Kampflärm war nun sehr deutlich zu hören. Ringsumher musste es erbitterte Scharmützel geben, auch wenn noch keines davon in Sicht war. Sehr vorsichtig trat sie ins Freie. Nahezu im selben Moment ging ein Alarm los; hinter Leela schloss sich die Tür und eine Schutzplatte rastete abrupt ein.

»Das kann nicht sein!«, schrie Kiy Uvanov aus vollem Hals. »Das kann nicht sein, und wenn doch, wenn doch, dann sorge ich dafür, dass der Sicherheitschef dieses Standorts gefeuert wird – nein, nein, das mach ich nicht, erst lass ich ihm die Eingeweide rausreißen und was übrig bleibt, wird gefeuert! Und ich kümmer mich darum, dass seine Kinder niemals Arbeit finden und seine Kindeskinder nicht und seine Kindeskindeskinder auch nicht. Die ganze Sippe wird nie wieder aus den Sewerpits rauskommen, solange sich noch irgendwer vage an seinen Namen erinnert.« Er funkelte seine Chefassistentin an. »Wie heißt er überhaupt?«

Cailio Techlan zuckte mit den schmalen Schultern und schüttelte ihren rasierten Kopf. »Ich schau mal nach«, sagte sie in ihrem üblichen desinteressierten Tonfall, der ihm jedes Mal auf die Nerven ging. »Unterdessen sollten Sie sich beruhigen, Kiy. Sonst kriegen Sie noch einen Schlaganfall.«

Trotz der Dringlichkeit der Krisenlage, in der sie sich befanden, starrte Uvanov der jungen Frau unwillkürlich hinterher,