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Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Extra Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »Die Werte sind vollkommen in Ordnung, Frau Jagoda. Und hier ist Ihr neues Rezept für die Blutdruckmedikamente. Wenn Sie weiterhin so konsequent mit der Einnahme sind, wird so ein Schwächeanfall nicht mehr vorkommen«, erklärte Daniel Norden seiner Patientin freundlich lächelnd und reichte der schick gekleideten, älteren Dame das Rezept. »Vielen Dank, Herr Doktor Norden. Das ist mir eine große Beruhigung. Wissen Sie, so ganz allein in dem großen Haus fühle ich mich immer ein bisschen verloren. Und wenn dann noch so ein Anfall kommt, kann einem schon angst und bange werden. Besonders, seit Karl-Heinz nicht mehr bei mir ist.« Der Tod ihres Ehemannes lag zwar schon eine ganze Weile zurück, dennoch wurden Anne Jagodas Augen feucht, als sie von ihrer großen Liebe sprach. Mit ihm hatte sie ein ganzes, langes Leben verbringen dürfen. Obwohl ihre Ehe nicht mit Kindern gesegnet war, waren sie sehr glücklich gewesen. Daniel Norden betrachtete seine Patientin mit einem mitfühlenden Lächeln. »Ein leeres Haus macht selbst mir schon zu schaffen. Ich weiß ja, wie ich mich fühle, wenn meine Familie unterwegs ist. Glücklicherweise kommt das nicht allzu häufig vor. Aber mir graut schon vor dem Tag, an dem die Kinder endgültig alle ausgeflogen sind.« »Wie alt ist denn Ihre Schar?«, ließ sich Anne gerne von ihrem Kummer ablenken. »Unser Ältester ist schon erwachsen und studiert Medizin hier in München.
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Seitenzahl: 128
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»Die Werte sind vollkommen in Ordnung, Frau Jagoda. Und hier ist Ihr neues Rezept für die Blutdruckmedikamente. Wenn Sie weiterhin so konsequent mit der Einnahme sind, wird so ein Schwächeanfall nicht mehr vorkommen«, erklärte Daniel Norden seiner Patientin freundlich lächelnd und reichte der schick gekleideten, älteren Dame das Rezept.
»Vielen Dank, Herr Doktor Norden. Das ist mir eine große Beruhigung. Wissen Sie, so ganz allein in dem großen Haus fühle ich mich immer ein bisschen verloren. Und wenn dann noch so ein Anfall kommt, kann einem schon angst und bange werden. Besonders, seit Karl-Heinz nicht mehr bei mir ist.«
Der Tod ihres Ehemannes lag zwar schon eine ganze Weile zurück, dennoch wurden Anne Jagodas Augen feucht, als sie von ihrer großen Liebe sprach. Mit ihm hatte sie ein ganzes, langes Leben verbringen dürfen. Obwohl ihre Ehe nicht mit Kindern gesegnet war, waren sie sehr glücklich gewesen. Daniel Norden betrachtete seine Patientin mit einem mitfühlenden Lächeln.
»Ein leeres Haus macht selbst mir schon zu schaffen. Ich weiß ja, wie ich mich fühle, wenn meine Familie unterwegs ist. Glücklicherweise kommt das nicht allzu häufig vor. Aber mir graut schon vor dem Tag, an dem die Kinder endgültig alle ausgeflogen sind.«
»Wie alt ist denn Ihre Schar?«, ließ sich Anne gerne von ihrem Kummer ablenken.
»Unser Ältester ist schon erwachsen und studiert Medizin hier in München. Der zweite Sohn macht bald Abitur, unsere älteste Tochter steckt mitten im Gymnasium und die beiden Jüngsten, die Zwillinge Jan und Dési, tummeln sich noch in der Grundschule.«
»Das macht fünf an der Zahl«, hatte Frau Jagoda flink mitgerechnet. »Alle Achtung, das ist eine ganz schöne Leistung in der heutigen Zeit. Wie ich gehört habe, ist Kindererziehung ja wirklich viel schwieriger geworden als früher. Wenn ich da an meine eigene Kindheit zurückdenke ...« Annes Augen füllten sich mit lange zurückliegenden Erinnerungen. »Meine vier Geschwister und ich sind auf dem Lande aufgewachsen. Die Größeren hatten ein Auge auf die Kleineren. Das war ganz selbstverständlich und so lernte man, Verantwortung zu übernehmen. Obwohl man das in dem Alter natürlich nicht gesehen hat. Da waren die kleineren Geschwister lästig wie die Fliegen«, lachte sie bei dieser Erinnerung.
»Das stellen wir mitunter bei unseren Kindern auch fest, auch wenn sie nicht oder nur selten aufeinander aufpassen müssen. Dafür ist der Schulstress heutzutage einfach zu groß.«
»Und laufen lassen kann man die Kleinen ja auch nicht mehr so einfach. An jeder Ecke lauern heute vielfältige Gefahren.«
»Das ist schon richtig. Aber auch damit müssen sie umzugehen lernen«, nickte Daniel nachdenklich. »Die Zeiten ändern sich eben. Aber Gott sei Dank nicht nur zum Schlechteren«, brachte er das Gespräch geschickt auf ein positives Thema. »Dieses Medikament, das ich Ihnen verschrieben habe, gab es vor ein paar Jahren noch gar nicht.«
»Alles hat seine guten und schlechten Seiten«, nickte Anne Jagoda lächelnd und schickte sich an, sich von ihrem Hausarzt zu verabschieden. »So, nun werde ich mal wieder in meine Einsiedelei zurückkehren.«
»Sagen Sie, warum vermieten Sie nicht ein paar Zimmer, wenn Ihnen so unwohl ist alleine in dem Haus?«, bemerkte Daniel, während er sie zur Tür begleitete. »Groß genug ist das Anwesen ja, wenn ich Ihre Beschreibung noch richtig im Kopf habe.«
»O ja, in der Tat.« Frau Jagoda wiegte nachdenklich den Kopf. »Diese Idee ist eigentlich gar nicht so schlecht. Dann könnte ich mir ja den Gärtner und die Putzfrau sparen und die Mieter ein wenig einspannen. Und darüber hinaus auch noch ein bisschen Geld verdienen. Der Unterhalt des Anwesens ist nämlich recht kostspielig, müssen Sie wissen.«
»Allerdings sollten Sie schon ein Auge drauf haben, mit wem Sie das Haus teilen wollen«, gemahnte Dr. Norden zur Vorsicht. Darüber konnte Anne Jagoda nur lächeln.
»Als studierte Psychologin mit jahrelanger Praxis-Erfahrung habe ich mir im Laufe meines langen Lebens schon ein bisschen Menschenkenntnis angeeignet. Seien Sie unbesorgt. Mir kommt keiner ins Haus, der auch nur ein bisschen verdächtig ist. Aber vielleicht könnten Sie mir ein wenig behilflich sein. Wenn jemand bei Ihnen nachfragt, können Sie ja meine Nummer weitergeben.«
»Mit dem allergrößten Vergnügen, Frau Jagoda.« Daniel reichte seiner sympathischen Patientin die Hand und drückte sie warm. »Inzwischen wünsche ich Ihnen alles Gute.« Mit diesen Worten entließ er sie endlich in den schönen Sommermorgen, der versprach, ein heißer, flirrender Tag zu werden.
*
»Puh, was für eine Hitze«, jammerte auch Paula Sturm, als sie am frühen Abend von ihrer Arbeit zurückkehrte. Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Schneiderlehre arbeitete sie bei einem Modedesigner und wartete ungeduldig auf eine Antwort auf ihre Bewerbung bei der Meisterschule für Mode in München. Ihr Freund Ben, der sein Studium eben beendet hatte und seine Freiheit in vollen Zügen genoss, grinste nur breit.
»Ich habe nichts dagegen. Meinetwegen kann es die nächsten drei Monate so bleiben.«
»Das kann ich mir vorstellen. Wenn man nichts Besseres zu tun hat, als sich am Badesee die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen«, lachte Paula und zog ihren Freund liebevoll am Ohr.
»Es ist ein Unterschied, ob man nur am Badesee liegt oder ob man dort liegt und nachdenkt.«
»Oh, das klingt aber wichtig. Über was denkst du denn so nach? Über die hübschen Mädchen, die vor dir in der Sonne liegen?«, fragte Paula.
»Unsinn. Du weißt ganz genau, dass es für dich weit und breit keine Konkurrenz gibt. Nein, ich denke über mein Buch nach, das ich jetzt endlich schreiben werde.«
»Du willst diesen Plan also tatsächlich in die Tat umsetzen?«, fragte Paula überrascht. Schon oft hatte Ben von seinem ehrgeizigen Projekt gesprochen, und sie hatte ihm den Spaß gelassen, ohne ihn jedoch allzu ernst zu nehmen. Um so entrüsteter war Ben jetzt.
»Aber natürlich, das habe ich doch immer gesagt. Wenn ich erst mit dem Studium fertig bin, gönne ich mir eine kreative Pause und schreibe das Buch. Du hast mir nicht geglaubt, nicht wahr?« Er warf Paula einen herausfordernden Blick zu. Doch die lachte nur, während sie sich ein Glas selbstzubereitete Limonade einschenkte.
Die beiden kannten sich schon seit einer Ewigkeit, waren zusammen zur Schule gegangen, und ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, waren sie sich darüber einig, dass sie für immer und ewig zusammenbleiben wollten. Eine einzigartige Liebe verband sie, ein einmaliges, wortloses Verständnis, das sich viele Menschen wünschten, aber nur die wenigsten fanden. Doch das Schicksal schien ihre Pläne in Form eines Briefes zu durchkreuzen. Während sie an ihrem Glas nippte, ließ Paula die Finger durch einen Stapel Post gleiten. Als ihr das Schreiben der Meisterschule für Mode in München in die Hände fiel, stieß sie einen spitzen Schrei aus.
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass der Brief da ist?«
»Weil ich es nicht wusste. Ich hab’ die Post nur aus dem Kasten geholt und auf den Tisch gelegt.«
»Typisch Mann«, schüttelte Paula ungläubig den Kopf. »Bist du denn gar nicht neugierig?«
»Nein. Ich weiß ja, dass ich eine Frau habe, die mich sehr schnell auf den neuesten Stand bringen wird«, lachte Ben frech und erntete einen tadelnden Blick dafür. Paula stellte die Limonade beiseite und schlitzte den Umschlag mit ihrem perfekt gefeilten Fingernagel auf. Ungeduldig zerrte sie an dem Stück Papier, faltete den Brief auf und las atemlos. Ben verfolgte ihre Miene dabei interessiert. Dieses Schreiben würde über ihre nächste Zukunft entscheiden, und natürlich war auch er neugierig, ohne es jedoch zugeben zu wollen. Doch diesmal wurde seine Geduld auf eine harte Probe gestellt. »Was ist denn nun?«, fragte er endlich, nachdem Paula beharrlich schwieg und auf die Zeilen starrte, die vor ihren Augen zu verschwimmen drohten.
»Ben, stell dir vor, ich hab’ den Platz«, hauchte sie endlich ergriffen, als sie sich von dem ersten Schrecken erholt hatte.
»Sie haben dich genommen? Das wusste ich von Anfang an. Ich habe immer an dich geglaubt. Ich gratuliere dir, mein Schatz.« Ben war aus seinem Sessel aufgesprungen und drückte Paula fest an sich. Er wusste, wie hart sie auf dieses Ziel hingearbeitet hatte, und freute sich mit ihr über ihren Erfolg. Als er jedoch spürte, wie ein feuchter Fleck auf seinem Arm wuchs, sah er sie erstaunt an. »Aber Liebes, was ist denn? Warum weinst du?«
»Ach, es ist nur, weil ich damit auch fortmuss von dir.«
»So ein Unsinn. Wir haben doch schon so oft darüber gesprochen. Wir sind nur für eine kurze Zeit getrennt. Zuerst gehst du nach München, schaust, ob es dir dort gefällt, und ich löse die Wohnung hier auf. Du suchst inzwischen eine neue Wohnung für uns.«
»Das geht nicht. Ich kann doch nicht einfach alleine was aussuchen, ohne dass du es gesehen hast. Schließlich sollst du dich dort auch wohlfühlen«, widersprach Paula erschrocken.
»Ich vertraue ganz deinem guten Geschmack.«
»Nein, damit bin ich nicht einverstanden. Das machen wir anders.« Paula dachte einen Augenblick nach. »Ich werde Mama anrufen. Sie lebt lange genug da und kennt ja Gott und die Welt in München. Ich werde sie bitten, ein Zimmer für mich zu suchen. Das wird als Übergang gehen, solange ich allein bin. Und wenn du erst bei mir bist, gehen wir gemeinsam auf die Suche. Das macht viel mehr Spaß.«
»Wie du willst. Es geht ja nur um zwei oder drei Monate. Dann bin ich wieder bei dir. Ich werde mir einen Job suchen und nebenher mein Buch fertigschreiben. Unser Leben wird herrlich sein, du wirst sehen.«
»Aber wir waren doch noch nie zuvor getrennt«, widersprach Paula unter Tränen. »Ich kann mir das gar nicht vorstellen, zwei volle Monate ohne dich.«
»Wir werden es schon überstehen, sei unbesorgt. Und inzwischen werde ich an meinem Buch arbeiten und gut vorankommen«, tröstete Ben seine Freundin und wischte ihr liebevoll die Tränen von den Wangen.
»Wenn du das sagst.« Sie schniefte noch ein paarmal, doch langsam begann ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu strahlen. »Ich kann es noch gar nicht glauben. Es ist alles zu schön, um wahr zu sein. Was bin ich doch für ein Glückskind! Wer hat in meinem Alter denn schon all das, wonach andere Menschen ein Leben lang suchen? Die große Liebe und auch noch die Erfüllung im Beruf. Wir sind wahre Götterlieblinge, Ben, weißt du das?«
»Natürlich weiß ich das«, bekräftigte er ihre leidenschaftlichen Worte mit ungewohntem Ernst. »Aber eine große Liebe bedeutet genauso wie der Erfolg im Beruf echte Arbeit. Wir dürfen das, was uns verbindet, niemals als selbstverständlich ansehen. Und ich denke, eine Trennung ist auch ganz wichtig. Auf diese Weise können wir wieder ganz sicher sein, wie sehr wir uns wirklich lieben und brauchen.«
»Aber Ben, wie kannst du so etwas sagen? Unsere Verbindung braucht so eine Prüfung nicht. Unsere Liebe ist schicksalhaft wie nur ganz wenige auf Erden. Du weißt doch, dass wir nicht wie alle anderen sind.«
»Natürlich weiß ich das. Trotzdem wird unsere Liebe nur noch tiefer und fester sein, wenn wir diese Prüfung überstanden haben«, erklärte er mit fester Stimme.
»Wenn du das so siehst, dann wird es schon richtig sein«, flüsterte Paula und sah ihm tief in die Augen. Wie so oft genügte ein Blick, um ihr das Gefühl zu geben, sich aufzulösen, eins zu sein mit dem Mann, den sie über alles liebte. Niemals würde ihr ein anderer so ein Gefühl der Verbundenheit, der Zusammengehörigkeit und Erfüllung geben können, wie sie es mit Ben erlebte. Dazu brauchte sie keine Beweise, keine Prüfungen. Aber sie fügte sich seinem Willen. Denn was für ihn wichtig war, akzeptierte sie genauso wie er das, was ihr unverzichtbar schien.
*
Dieses Rezept des Glücks und der Zufriedenheit fand auch bei dem Ehepaar Norden seine Anwendung. Und für Fee Norden war es kein Problem gewesen zu akzeptieren, dass ihr Mann seinen Beruf mit einer Ernsthaftigkeit ausübte, die ihresgleichen suchte. Niemals kam der Anruf eines Patienten ungelegen, in schwierigen Fällen gab Daniel Norden auch seine Privatnummer weiter, um immer erreichbar zu sein. Und auch mit den Sprechstunden nahm er es nicht so eng und blieb oft länger, um auch den letzten Kranken des Tages ohne Hast und Eile versorgen zu können. So auch an diesem Abend, als Wendy bereits im Begriff war, die Tür der Praxis abzuschließen.
»Halt, Wendy, bitte nicht zumachen, ich brauche den Doktor noch«, rief ihr eine männliche Stimme zu, und überrascht drehte sie sich um.
»Du liebe Zeit, Herr Cordes, was ist denn mit Ihnen passiert?«, rief sie vor Schreck aus, als sie das blutüberströmte Handtuch entdeckte, das er sich um die Hand gewickelt hatte.
»Betriebsunfall nennt man das wohl. Ich wollte dem Lehrling zeigen, wie man Zucchinischiffchen schneidet, und bin mit dem Messer abgerutscht. Wie praktisch, dass gleich die Arztpraxis um die Ecke ist.«
Wendy schüttelte missbilligend den Kopf, während sie ihn in die Praxisräume begleitete.
»Sie sollten ein bisschen vorsichtiger sein. Solche Missgeschicke passieren Ihnen in letzter Zeit öfter, nicht wahr?«
»Allerdings. Ehrlich gesagt bin ich auch nicht recht bei der Sache.«
»Woran liegt’s?«, fragte Wendy arglos und ahnte nicht, dass sie damit in eine Wunde stach.
Alexander Cordes stöhnte leise auf. »Private Probleme. Meine Freundin hat sich in einen anderen verliebt und will mich so schnell wie möglich los sein. Das an sich ist schon schlimm genug. Mein viel größeres Problem ist allerdings, dass ich nicht genügend Geld habe, mir eine eigene Wohnung in München leisten zu können. Die Mietpreise sind derart hoch, dass ich keine Chance sehe. Und dann habe ich noch keine Einrichtung. Petra und ich haben alles zusammen gekauft, und sie weigert sich, auch nur ein Stück herauszugeben.«
»Das klingt wirklich nach einem Problem«, bemerkte Daniel Norden, der mit einem freundlichen Nicken zu den beiden getreten war. Er hatte seinen Kittel schon gegen eine leichte Jacke getauscht, bedeutete Alexander jedoch ohne Zögern, ihm ins Behandlungszimmer zu folgen. »Aber jetzt kümmern wir uns erst mal um Ihre Wunde.« Bestimmt drückte er Alexander Cordes auf die Behandlungsliege und entfernte das mit Blut durchtränkte Tuch. Erschrocken blies er die Luft durch die Zähne. »Diesmal haben Sie ganze Arbeit geleistet.«
»Ich glaube, es sieht schlimmer aus, als es tatsächlich ist. Zumindest kann ich den Finger noch bewegen.«
»Das ist in der Tat ein gutes Zeichen. Wäre die Sehne in Mitleidenschaft gezogen, müsste ich Sie in die Klinik schicken.« Behutsam reinigte Dr. Norden die Wunde mit Desinfektionsmittel und betrachtete den glatten Schnitt, der beinahe die Fingerkuppe durchtrennt hatte. »Das werde ich mit ein paar Stichen nähen müssen. Die letzte Tetanus-Impfung liegt ja noch nicht lange zurück, nicht wahr?«
»Nein, die haben wir bei meinem vorletzten Unfall vor ein paar Wochen aufgefrischt«, grinste Alex und vermied es, die Wunde genauer zu betrachten.
»Gut, dann verabreiche ich Ihnen eine lokale Betäubung und mache mich an die Arbeit. Inzwischen können wir uns über Ihr Wohnungsproblem unterhalten. Ich denke, ich habe da eine Lösung für Sie«, erklärte Daniel, um Alexander von der Behandlung abzulenken, was ihm mühelos gelang. Der ging sofort auf das Thema ein und schien die Arbeit des Arztes nicht weiter zu beachten. Selbst als Daniel die Wunde mit einem Betäubungsmittel umspritzte, zuckte er nicht.
»Sie haben eine Lösung für mich? Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Zu Hause ist die Stimmung nämlich alles andere als freundlich. Petra unterstellt mir, ich würde gar nicht ausziehen wollen und darauf warten, dass sich alles von selbst wieder einrenkt. Dabei weiß ich ganz genau, dass unsere gemeinsame Zeit vorbei ist.«