Drachen - Johan Egerkrans - E-Book

Drachen E-Book

Johan Egerkrans

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Beschreibung

Legenden über Drachen gibt es seit Menschengedenken. In fast allen Kulturen und Religionen haben sie einen festen Platz. Doch was ist so faszinierend an den feuerspuckenden Fabelwesen? Und woher kommen sie? Johan Egerkrans hat zuvor bereits Wesen und Götter des Nordens sowie Untote aus aller Welt in seinem einzigartigen Stil zum Leben erweckt – und nun nimmt er sich der Drachen an. In einem detailverliebt und ausdrucksstark illustrierten Band werden sie auf ganz neue Weise vorgestellt. Wir treffen die listige Schlange im Paradies und Nidhögg, den Drachen aus der nordischen Mythologie. Wir lernen japanische Drachenfrauen kennen und machen Bekanntschaft mit legendären Drachentötern wie Kadmos, dem heiligen Göran und Beowulf samt ihren mit Schuppen bedeckten Erzfeinden.

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Seitenzahl: 123

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Johan Egerkrans

Drachen

Aus dem Schwedischen von Maike Dörries

© Atrium Verlag AG, Imprint WooW Books, Zürich 2022

Alle Rechte vorbehalten

© Cover, Illustrationen und Text: Johan Egerkrans

Aus dem Schwedischen von Maike Dörries

Die schwedische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel Drakar bei B. Wahlströms Bokförlag, Norstedts Förlagsgrupp, Stockholm.

Published by agreement with Rabén & Sjögren Agency.

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

 

ISBN978-3-96177-589-7

 

www.WooW-Books.de

www.instagram.com/woowbooks_verlag

 

 

 

Für Ray Harryhausen, Phil Tippett und alle

anderen Filmmagier, die Drachen Leben einhauchen.

Und für Kalle, der mir an einem Sommertag vor dreißig Jahren

die beiden Monsterbücher zugeschustert hat.

VORWORT

Drachen in jedweder Gestalt kommen in unseren ältesten Mythen, Sagen und Legenden vor. Auch heute noch haben Drachen eine Sonderstellung unter den mythologischen Wesen – was uns direkt in das Buch hineinführt, das du nun in der Hand hältst. Geschrieben und illustriert wurde es von meinem guten Freund Johan Egerkrans, der sich einen Namen als Sammler und Interpret von Geschichten aus dem schwedischen Volksglauben gemacht hat. Jede Seite dieses üppig illustrierten Werkes versetzt einen in Staunen, und ich bin überzeugt davon, dass das Buch das Zeug zum folkloristischen Kultklassiker hat.

Ende der 60er-Jahre stand ich gerade am Anfang meiner Ausbildung an einer britischen Kunsthochschule. Ich kam direkt vom Gymnasium und hatte kaum eine Ahnung von Kunst, als sich mir die magische Welt der Fantasy- und Sagenillustration aus dem vorangehenden Jahrhundert auftat. Ich lernte Illustratoren wie Arthur Rackham, Aubrey Beardsley, Edmund Dulac, Kay Nielsen und John Bauer kennen.

Johan knüpft an die Tradition dieser Künstler an, und obgleich seine Illustrationen stark stilisiert sind und teilweise unter Einsatz digitaler Werkzeuge entstehen, erinnern sie doch stark an Aquarelle von beispielsweise Dulac und Bauer.

Nachdem Johan sich bereits mit nordischen Wesen und Göttern, mit Untoten sowie mit Dinosauriern beschäftigt hat, setzt er sich nun also mit Drachen auseinander. Und ich wage zu behaupten, dass er sich in der Zwischenzeit stilistisch noch weiterentwickelt hat. Das Drachenbuch kann man immer wieder zur Hand nehmen, darin blättern und eintauchen. Es gibt jedes Mal etwas Neues zu entdecken. Kurz gesagt, für mich ist es ein Buch, das ich sicher stets aufs Neue mit Begeisterung aufschlagen werde.

John Blanche

Art Director, Games Workshop

DRACHEN

Drache aus einem mittelalterlichen Bestiarium (Harley 3244, British Library)

KÖNIG DER UNGEHEUER

Im Laufe der Jahrtausende hat sich der Mensch eine unfassbare Menge an Wesen und Ungeheuern ausgedacht, mit denen er seine Mythen, Sagen und Legenden bevölkert. Aber kein Ungeheuer scheint so universal und nahezu unausweichlich zu sein wie der Drache. Allein das Wort facht schon unsere Fantasie an: schillernd bunte Schuppen, rasierklingenscharfe Krallen, ledrige Flügel, lange Reihen von Reißzähnen in riesigen Mäulern und bedrohlich glühende Augen. Drachen verkörpern die Wildheit der Natur in Tiergestalt. Sie sind Feuer, Rauch, Vulkan, tobender Sturm, wirbelnder Fluss und der große, dunkle Ozean. Sie spiegeln die bösen Seiten von uns Menschen wider, aber auch unsere guten, denn längst nicht alle Drachen sind schreckliche Ungeheuer. Drachen können zwar nachtschwarz geflügelte Dämonen sein, die unschuldige Jungfrauen verschlingen, oder gierige Schatzwächter, die edle Ritter mit ihrem verzehrenden Atem in Kohlestücke verwandeln. Doch sie tauchen auch in Gestalt perlmuttschimmernder Glücksgeister auf, die Leben spendenden Regen bringen. Drachen werden also nicht nur als Monster angesehen – sie werden auch wie Götter verehrt. Sie können Teufel oder Engel sein, Tod oder Leben, Zerstörung oder Wachstum, Feuer oder Wasser, Chaos oder Ordnung – und manchmal alles zugleich. Aber unabhängig davon, ob sie bösartig oder eher friedlich sind, stellen die Drachen immer ein Symbol für Macht, Stärke und die Kräfte der Natur dar.

Der japanische Autor Okakura Kakuzō aus dem 19. Jahrhundert beschreibt den Drachen folgendermaßen:

Der Drache ist der Geist der Veränderung und darum wie das Leben selbst. Seine Gestalt ist der Landschaft angepasst, wird aber niemals in seiner Ganzheit wahrgenommen. Er verkörpert das große Mysterium. Zurückgezogen in unzugänglichen Berggrotten oder zusammengerollt in der geheimnisvollen Tiefe des Ozeans, wartet er auf den Moment, wenn er langsam aus dem Dämmerschlaf erwacht. Er entfaltet sich in den Sturmwolken, wäscht seine Mähne in den dunkel wirbelnden Mahlströmen. Seine Klauen sind Blitze, seine Schuppen die glitzernde Borke regennasser Tannen. Seine Stimme erklingt aus dem Donnern des Orkans.

Es besteht kein Zweifel: Der Drache ist der König aller Fabelwesen, auch wenn es ihm nicht an Konkurrenz mangelt, da der Mensch nun einmal eine große Vorliebe für unheimliche und gruselige Geschichten hat. Aber kein anderes Ungeheuer ist so weit verbreitet und hat einen so selbstverständlichen Platz in unserer Vorstellungswelt. So wild und furchteinflößend Greife, Riesen oder Mantikoren auch sein mögen, im Vergleich zu einem Drachen verblassen sie.

DER URSPRUNG DER DRACHEN

We do not know what the dragon means, just as we do not know the meaning of the universe, but there is something in the image of the dragon that is congenial to man’s imagination, and thus the dragon arises in many latitudes and ages.

It is, one might say, a necessary monster.

Jorge Luis Borges, The book of imaginary beings

Der Glaube an mystische, drachengleiche Wesen war auf der ganzen Welt und in fast allen Kulturen verankert. Die mexikanischen Azteken verehrten den gefiederten Schlangengott Quetzalcoatl, der den Wind und die Weisheit beherrschte. In Benin in Westafrika erzählte man sich von dem Schlangengeist Ayida-Weddo, der in Gestalt des Regenbogens die Himmelskuppel trug. In der nordamerikanischen Wildnis gab es Mythen über gehörnte Schlangen und den geschuppten, menschenfressenden Piasvogel. Die Aborigines in Australien glaubten an die Regenbogenschlange, eine Fruchtbarkeitsgöttin, die dafür sorgte, dass Wasserstellen nicht austrockneten, und die als Schöpferin des Menschengeschlechts galt. In Wasserlöchern und Sümpfen Australiens wiederum lauerte angeblich ein Fabelwesen, das in manchen Beschreibungen die Züge eines Drachen hatte: der gefürchtete Bunyip.

Diese Mythen scheinen mehr oder weniger unabhängig voneinander entstanden zu sein. Wie ist es aber möglich, dass Menschen unterschiedlicher Kulturkreise ähnliche Vorstellungen von schlangengleichen Reptilwesen entwickeln konnten? Der Astronom Carl Sagan spekulierte in den 70er-Jahren, dass der Drache ein genetisches Überbleibsel aus der Zeit sein könnte, in der die ersten Säugetiere im Schatten der Dinosaurier auftauchten.

Das hieße, dass unsere kleinen pelzigen Vorfahren uns ihre Angst vor großen Reptilien genetisch weitervererbt haben und aus dieser gemeinsamen Ur-Erinnerung der Drachenglauben erwachsen ist. Nach dieser Hypothese hätte der Drache nicht in jeder Kultur neu erfunden werden müssen, weil er von Anfang an in unsere Gene einprogrammiert war.

Eine ähnliche Hypothese besagt, der Mensch habe, seit er vor Millionen von Jahren in Afrika seine ersten Schritte auf zwei Beinen machte, eine instinktive Furcht vor Tieren entwickelt, die uns gefährlich werden können: Schlangen, große Raubkatzen und Raubvögel. Kreuzt man eine Giftschlange mit einem Löwen und einem Adler, kommt das ultimative Raubtier dabei heraus – ein Drache. Das Problem ist nur, dass dieses Mischwesen zwar wunderbar zum Bild des klassisch-abendländischen Drachen passt, aber längst nicht zu sämtlichen Drachentypen. Drachen treten in einer unendlichen Vielfalt von Gestalten auf, und bei Weitem nicht alle sind vierbeinige, geflügelte Feuerspucker.

Eine dritte populäre Theorie zielt darauf ab, dass wir Menschen uns Drachen ausgedacht haben, bevor wir etwas über die Evolution wussten, um uns Funde von Dinosaurierknochen und Fossilien anderer ausgestorbener Riesentiere erklären zu können. Aber das beantwortet nicht die Frage, warum auch bei Völkern, die an Orten lebten, wo es keine Dinosaurierfossilien gibt, Drachenmythen entstanden. Der europäische Norden ist dafür ein gutes Beispiel. Dort findet man nur weniges aus der Ära der Dinosaurier, aber Drachen kommen in so gut wie allen Mythen der Nordeuropäer vor. Auf Tausenden Runensteinen schlängeln sich Lindwürmer umeinander, und ihre Köpfe schmückten die Steven der gefürchteten Drachenschiffe der Wikinger. Das könnte ein Hinweis dafür sein, dass der Mensch kein Vorbild aus der Wirklichkeit braucht, um in seiner Fantasie neue Wesen zum Leben zu erwecken. Der Mythos ist zuerst da und kann später in Form von Fossilien oder anderen Überresten »bewiesen« werden.

Das einzige Verbindungsglied aller Drachenmythen auf der Welt scheint zu sein, dass sie in irgendeiner Weise mit Schlangen zusammenhängen. Und das ist der Punkt, wo wir uns des Pudels – oder in diesem Fall des Drachen – Kern nähern. Die Schlange ist eins der gefährlichsten Tiere, mit denen wir Menschen in unserem Alltag in Kontakt kommen – sie leben oft in unserer unmittelbaren Nähe, weil sie sich von Ratten und Mäusen ernähren, die von der Zivilisation angelockt werden.

Schlangen werden als besonders bedrohliche und mystische Tiere angesehen, weil sie ihre Beute (außer Boas und Pythons) nicht mit ihrer Körperkraft töten, sondern mit ihrem starken Gift. Da sie außerdem einen andersartigen, beinahe skelettlos wirkenden Körper haben und unheimliche Zischlaute ausstoßen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Schlangen zu den Lebewesen gehören, die uns seit jeher am meisten ängstigen und faszinieren. Viele alte Kulturen verehrten Schlangen und Schlangengötter. Andernorts war die Schlange ein Symbol für das Böse und die dunklen Seiten der Natur. Das Wort Drache (lateinisch draco, griechisch drakōn) bedeutet ursprünglich Schlange oder der Starrblickende. Auch hier erkennt man die starke Kopplung zwischen Schlange und Drache. Mitunter ist es schwer zu sagen, wo der Drache aufhörte und die Schlange anfing, in vielen alten Erzählungen wurde gar nicht zwischen ihnen unterschieden.

Wir können also nicht mit Sicherheit sagen, wie der Glaube an Drachen und das Bild, das wir von ihnen haben, entstanden sind. Wir können nur feststellen, dass Drachen ein starkes Bedürfnis von uns Menschen erfüllen. Wir brauchen ein Ungeheuer, das die ungezügelten Naturkräfte verkörpert, ein Geschöpf, das mächtiger und gefährlicher als alle anderen Lebewesen ist. Drachen sind, wie Jorge Luis Borges in dem Zitat oben schreibt, »sozusagen notwendige Monster«.

DRACHEN IN OST UND WEST

Auch wenn Drachen auf den ersten Blick Global Player zu sein scheinen, gibt es zwei herausstechende Traditionen: die morgenländische und die abendländische. Etwas zugespitzt formuliert handelt es sich hier um die »wahren« Drachen. Und sei es auch nur, weil eigentlich ausschließlich in Europa, im Mittleren Osten und Asien die Schlangengötter und Reptilienungeheuer Drachen genannt werden. Die Entstehung der Mythen ist, wie bereits erläutert, nicht ganz klar. Ihr Ursprung könnte vor vielen Tausend Jahren irgendwo im Mittleren Osten liegen, von wo aus sie sich nach Osten und Westen ausgebreitet haben. Aber vielleicht hängen die Mythen auch überhaupt nicht zusammen. Unabhängig von ihrer Herkunft stehen in diesem Buch die asiatischen und europäischen Drachentraditionen im Fokus. So spannend Bunyip, der Piasvogel und all die anderen drachenähnlichen Wesen aus allen Ecken der Welt auch sein mögen – aus thematischen sowie reinen Platzgründen müssen wir sie leider in ihren Höhlen und Sümpfen ruhen lassen.

Die ersten Drachenmythen der abendländischen Tradition stammen aus dem Mittleren Osten und der Mittelmeerregion und haben sich dann weiter Richtung Westen und Norden bis nach Europa verbreitet. Drachen waren hier größtenteils Ungeheuer und zerstörerische Naturwesen, die besiegt werden mussten, um die Zivilisation und Ordnung zu retten. Die Babylonier hatten beispielsweise den Meeresdrachen Tiamat, der vom Gott Marduk getötet wurde und aus dessen sterblichen Überresten ein neues Universum geschaffen wurde. Die Ägypter glaubten an Apep, einen Wasserdrachen, der jeden Tag aufs Neue die Sonne zu verschlingen versuchte. In der Bibel lesen wir von dem gigantischen Seeungeheuer Leviathan, und bei den Nordeuropäern kämpfte der Gott Thor gegen seinen Erzfeind, die Midgardschlange. Diese frühen Drachenschlangen standen in einer engen Verbindung zum Wasser und dem Meer.

In der Antike erlebten die Drachen einen Aufschwung. Die vielen mächtigen Helden, von denen es auf den griechischen Inseln nur so wimmelte, brauchten schließlich irgendwelche Gegner, gegen die sie kämpfen konnten. Und was wäre passender, als seine Kräfte an einem Drachen zu messen – dem vollendeten Ungeheuer?

Die Drachenschlangen waren etwas erdverbundener als die kosmischen Urwesen der Schöpfungsmythen. Sie mussten nicht länger von einem Gott beherrscht werden, auch wenn sie weiterhin starke Gegner waren. In den mittelalterlichen Sagen, die auf römischen und griechischen Drachenmythen aufbauten, traten nun Heilige, Ritter und tapfere Kämpfer mit Schwertern in der Hand den dämonischen Reptilien entgegen. Manchmal waren sie auch mit nichts weiter als ihrem christlichen Glauben bewaffnet.

So hielt im Mittelalter der klassisch geschuppte, geflügelte und Feuer speiende Drache bei uns Einzug und begleitet uns seitdem.

In Asien entstand eine ganz andere Drachentradition. Als ihr Ursprung gelten die indischen Nagar, ein Geschlecht schlangengleicher Halbgötter, die Tausende von Jahren verehrt wurden. Sie verbreiteten sich nach Osten, bis China, Japan, Korea und in viele weitere Länder der Region. Jede asiatische Kultur drückte den Nagar ihren eigenen Stempel auf, und so entwickelte sich eine regelrechte Schwemme unterschiedlicher orientalischer Drachentypen. Die morgenländischen Drachen – mehr oder weniger freundliche Wassergeister – hatten nicht viel Ähnlichkeit mit den blutrünstigen, Angst und Schrecken verbreitenden Bestien aus den europäischen Sagen. Die göttlichen Wesen erweckten eher Ehrfurcht als Furcht, indem sie zum Beispiel überlebenswichtigen Regen brachten und Flüsse lenkten, die dann die Äcker bewässerten. Aber manchmal verursachten sie auch Unwetter, Orkane und Überschwemmungen, ein bisschen aufbrausend waren sie also auch. Morgenländische Drachen behielten ihre Wildheit bei, waren aber nicht im gleichen Maße Feinde der Zivilisation wie im Westen.

DRACHENTÖTER

Die Begriffe Drachenkampf und Chaoskampf stehen für ein Sagenmotiv, das in vielen Entstehungsmythen der Welt auftaucht. Grob zusammengefasst beschreibt der Drachenkampf, wie ein mythischer Held, der die Zivilisation und Ordnung verkörpert, eine urzeitliche Chaosbestie besiegt, die oft in Gestalt eines Drachen erscheint. Nur durch den Sieg über den Chaosdrachen ist es dem Helden möglich, den Weg in eine geordnete Welt zu bahnen, wo der Mensch sich weiterentwickeln kann. Bei dem Helden handelt es sich entweder um einen Halbgott, einen Gott oder einen Menschen – auf jeden Fall aber fast immer um einen Mann.

Es gibt viele Beispiele für diesen Urkampf: Marduk gegen Tiamat, Zeus gegen Typhon und Indra gegen Vritra. Das Thema spielte aber auch in späteren, weniger epischen Geschichten eine zentrale Rolle: Jedes Mal, wenn sich ein Held in die Wildnis aufmachte, um einen bösen Drachen zu besiegen, wiederholte sich der Chaoskampf, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt. Nicht immer lag das Schicksal des gesamten Universums in der Waagschale. Beowulf und der heilige Georg wollten beispielsweise nur ein Land oder eine Stadt retten – dennoch ging es immer darum, die Zivilisation zu schützen. Chaos bedrohte die Gesellschaft, und der Held griff ein, um die Ordnung wiederherzustellen.

Dieses Rollenspiel ist auch heute noch üblich – obgleich der Drache nicht mehr zwingenderweise als geflügeltes Untier dargestellt wird, sondern mitunter in Gestalt eines menschlichen Ungeheuers. Wenn ein größenwahnsinniger Filmschurke droht, alle Hauptstädte des Planeten zu vernichten, ist es die Aufgabe des (meist männlichen) Actionhelden, mit einer Waffe in der Hand die Welt zu retten. James Bond hat das magische Schwert gegen eine kleinkalibrige Maschinenpistole eingetauscht, und der Superschurke trägt italienische Anzüge und nutzt Satelliten mit Laserstrahlen anstelle von Schuppen und Feueratem. Aber im Grunde genommen ist es der alte Drachenkampf im neuen Gewand.

DER DÄMONISCHE DRACHE