Dreißig heiße Nächte - Jules Bennett - E-Book

Dreißig heiße Nächte E-Book

Jules Bennett

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Beschreibung

Auch wenn die hinreißende Lana Langley ihn bei jeder Begegnung provoziert – Carson Wentworth, neuer Präsident des Texas Cattleman’s Club, würde sie zu gern verführen! Sein Urgroßvater kommt ihm zu Hilfe: Wenn der jahrzehntelange Streit zwischen ihren Familien beigelegt wird, vermacht der alte Gentleman sein Vermögen dem Club. Carson setzt alles auf eine Karte: Offiziell verkündet er, dass er und Lana verlobt sind – inoffiziell einigen sie sich auf einen Monat nur zum Schein. Aber vielleicht kann Carson das in dreißig heißen Nächten ändern?

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2023 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „From Feuding to Falling“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA, Band 2270 01/2023 Übersetzung: Gabriele Ramm

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751515412

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Wie lebt’s sich mit dem neuen Titel, Mr. President?“

„Die Präsidentschaft steht mir verdammt gut.“

Carson Wentworth stand vor dem Spiegel in seinem neuen Büro im Texas Cattleman’s Club und rückte seine Krawatte zurecht. Wie fast jeden Morgen hatte ihn sein siebzehnjähriger Stiefbruder Tate angerufen. Die beiden hatten eine enge Verbindung, und Carson wusste, dass Tate stolz auf ihn war.

Tate hatte ihm während des gesamten Wahlkampfes zur Seite gestanden, genau wie auch sein Vater, aber niemand unterstützte Carson so vorbehaltlos wie sein kleiner Bruder.

„Redest du häufig mit deinem Spiegelbild?“

Carson riss seine Aufmerksamkeit vom Spiegel und dem Handy los und drehte sich zu seiner unerwarteten Besucherin herum.

Seine Rivalin, seine Feindin und die Frau, die er nicht aus dem Kopf bekam. Die sehr hübsche, sehr faszinierende Lana Langley stand in der Tür und musterte ihn eingehend.

Und es war dieser überhebliche Blick, der stets den Wunsch in ihm weckte, irgendwelche Emotionen aus ihr herauszulocken. Er fragte sich, ob sie wohl noch etwas anderes als Verachtung zeigen würde, wenn er sie aus diesen hautengen Kleidern und Kostümen, die sie immer trug, herausschälen würde.

„Ich ruf dich später zurück, Tate.“

Carson beendete das Telefonat, ohne den Blick von Lana zu lösen. Die Langleys mochten die Todfeinde der Wentworths sein, aber diese Info war leider noch nicht bis zu seiner Libido vorgedrungen.

Der Streit zwischen den Familien hatte schon vor hundert Jahren begonnen, und die gegenseitige Abneigung wurde schon den Kleinsten von Generation zu Generation eingebläut. Aber Carsons Frust bezüglich Lana hatte nichts mit der Vergangenheit ihrer Familien zu tun, sondern mit der Tatsache, dass sie ihm immer im Weg zu sein schien.

Sie war zu forsch und extrovertiert. Dazu war sie resolut und übernahm gern das Kommando, was er gelegentlich gut finden mochte, aber meist führte es nur dazu, dass er sich mit ihr darüber stritt, was das Beste für den Club war.

Im Laufe der Zeit waren selbst beiläufige Unterhaltungen in hitzige Debatten ausgeartet.

Meistens war diese Frau einfach nur nervtötend, aber ihre Kurven waren eine Augenweide, und es fiel ihm schwer, den Blick abzuwenden.

Sie war sich der Tatsache, dass sie die Männer verrückt machte, bestimmt bewusst. Man hatte das Gefühl, sie käme geradewegs von einem Foto-Shooting zur „Sexiest Woman Alive“. Lana war nicht nur selbstbewusst, sondern auch unverfroren, was viele einschüchterte, doch Carson sah sie eher als eine Herausforderung … Und einer Herausforderung ging er niemals aus dem Weg.

„Versuchst du gerade, dein Ego noch weiter aufzublasen?“, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sieht ziemlich eingebildet aus, wie du dich da im Spiegel bewunderst.“

„Ach, Selbstbewusstsein ist doch ein attraktiver Zug“, konterte er.

Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Dann hältst du mich wohl für höllisch sexy.“

Selbstbewusst und sexy – ja. Diese zwei Begriffe passten definitiv zu Lana, aber sie war nicht nur eine Feindin der Familie, sondern auch seine Rivalin im Kampf um die Präsidentschaft des TCC gewesen. Und zwar keine leichte Gegnerin, da sie die Vorsitzende der Cattleman’s Club Frauenorganisation war. Glücklicherweise hatte Carson die Wahl klar für sich entscheiden können, obwohl sie die Stimmen aller Rancherinnen in der Umgebung bekommen hatte.

„Wolltest du dir mein neues Büro anschauen oder was Geschäftliches mit mir besprechen?“, fragte er. „Ich habe zwar gleich ein Meeting, aber ein paar Minuten könnte ich für dich erübrigen.“

„Was bin ich doch für ein Glückspilz“, gab sie ironisch zurück.

Ihr trockener Kommentar ließ ihn leise lachen. Lana war bekannt für ihre Schlagfertigkeit, für ihre Unabhängigkeit und dafür, dass sie bekam, was sie wollte … meistens zumindest. Zweifellos ärgerte sie die Niederlage, die sie kürzlich erlitten hatte, aber auch Carson strebte immer danach, die Nummer eins zu sein.

„Also, was führt dich her?“, fragte er.

Langsam schlenderte Lana in sein Büro, und ihre hohen Absätze klackerten auf dem neuen Holzboden. Carson beobachtete sie, wie sie den Raum in Augenschein nahm – die eher rustikale Möblierung und die gerahmten Fotos mit den ehemaligen TCC-Präsidenten. An seinem riesigen Mahagonischreibtisch blieb sie stehen. Es war ein Möbelstück, das er selbst mitgebracht hatte. Ihm gefiel, dass der Tisch viel Arbeitsfläche bot, und außerdem hatte er etwas Eigenes hierhaben wollen, das zu seiner neuen Rolle passte.

Lanas Schweigen machte ihn nervös … Vielleicht lag es aber auch an dem knallroten Kleid, das ihre herrlichen Kurven betonte. Er wusste nicht, ob sie hergekommen war, um ihn einmal mehr zu nerven, oder ob sie sich all das ansah, was ihr nicht vergönnt gewesen war.

Vielleicht ein wenig von beidem.

Schließlich drehte sie sich zu ihm herum und verschränkte die Finger vor ihrem Körper. Es gelang ihr hervorragend, so zu tun, als wäre ihr alles egal. Sie hatte ihr Pokerface aufgesetzt, und Carson wünschte, er wüsste einen Weg, um diese Fassade zu durchbrechen und herauszufinden, was sich hinter ihrer Coolness verbarg.

Ohne Zweifel Leidenschaft. Eine Frau kleidete sich nicht derart aufreizend, wenn sich dahinter nicht auch Leidenschaft verbarg.

„Hör zu, Zweiundzwanzig. Mein erstes Anliegen als Präsidentin wäre es gewesen, einen neuen Trakt ausschließlich für Frauen zu errichten“, begann sie. „Ihr Kerle habt diesen Club lange genug für euch gehabt. Seit zehn Jahren, seit endlich auch Frauen als Mitglieder zugelassen wurden, warten wir auf einen eigenen Bereich. Das ist eine verdammt lange Zeit, mal ganz davon abgesehen, dass alles andere hier ja auch renoviert worden ist. Aber es ist alles so maskulin und rustikal, überhaupt nicht feminin. Die Frauen brauchen etwas Elegantes, einen Bereich, in dem sie unter sich sind und sich entspannen können.“

Carson hatte all das schon während ihrer Kampagne gehört und war diesbezüglich sogar mit ihr auf einer Wellenlänge. Nur hatten diese Wünsche bei ihm nicht oberste Priorität, da er auf das Budget achten musste.

Schweigend wartete sie darauf, dass er ihr antwortete, doch Carson hatte nicht vor, das alles jetzt mit ihr zu besprechen, da er gleich eine andere Frau erwartete.

„War das eine Frage, oder sprichst du nur von deinen zerplatzten Träumen?“

Sie kniff die blauen Augen zusammen. „Meine Träume sind noch lange nicht zerplatzt, Carson. Ich habe dir Zeit gelassen, dich hier einzurichten. Jetzt bin ich als Vorsitzende der TCC-Frauenorganisation hier, um sicherzustellen, dass unsere Bedürfnisse erfüllt werden und wir bekommen, was fair und richtig ist. Nur weil ich nicht gewonnen habe, heißt das ja nicht, dass ich nicht weiter um das kämpfe, was uns zusteht.“

Würde es tatsächlich jetzt schon zu einem Showdown kommen? Er hatte erst einen Becher Kaffee und noch kein Frühstück gehabt. Er brauchte mehr Koffein, um für eine Auseinandersetzung mit Lana gewappnet zu sein. Die Frau war die größte Herausforderung, der er sich je gegenübergesehen hatte. Jetzt konnte er sogar zugeben, dass es während des Wahlkampfes einen Moment gegeben hatte, in dem er sich nicht mehr sicher gewesen war, dass er gewinnen würde. Sie war verdammt gut … was er natürlich niemals zugeben würde.

Der Club bedeutete ihm viel zu viel. Ihm und seiner Familie. Das Gleiche galt zwar auch für Lana, aber Carson hatte all sein Herzblut in diesen Sieg investiert.

Natürlich hatte er einen Job auf der Familienranch und im Ölgeschäft, aber der Club war sein Ausgleich, sein Vergnügen. Hierher kam er, um Stress abzubauen … nicht um mit seiner sexy Rivalin zu verhandeln. Der Wahlkampf hatte viel Kraft gekostet. Genau genommen hatte er noch nie im Leben härter gearbeitet. Lana hatte ihn ständig herausgefordert und mit bissigen, effizienten Erwiderungen reagiert, wenn er ein Thema angesprochen hatte. Hätte er selbst nicht zur Wahl gestanden, hätte sie seine Stimme bekommen. Aber auch das würde er ihr niemals verraten.

Der Umgang mit Lana ließ sich nicht vermeiden – das wusste Carson. Schließlich bekleideten sie beide wichtige Ämter im Club. Das hieß aber nicht, dass er sich nicht wünschen konnte, sie würden ihre Interaktion auf Telefonate beschränken, statt sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen. Das würde ihm ersparen, dieses reizende Gesamtpaket anschauen zu müssen.

„Ich weiß deinen Einsatz zu schätzen, doch das, was du vorschlägst, hört sich ziemlich kostspielig an, und es besteht kein Grund, dass …“

„Es besteht sehr wohl ein Grund, Zweiundzwanzig.“

Carson schüttelte den Kopf. „Wieso nennst du mich ständig so?“

„Wenn du deine Hausaufgaben in Bezug auf den Club gemacht hättest, wüsstest du, dass du der zweiundzwanzigste Präsident bist.“

„Das ist mir durchaus bewusst.“ Carson seufzte und wünschte einmal mehr, er hätte noch einen zweiten Becher Kaffee getrunken, ehe er mit Tate telefoniert hatte. Vielleicht wäre sogar ein kleiner Schuss Whiskey nicht schlecht gewesen. „Hör zu, ich habe gleich einen Termin, also wirst du mich ein andermal drangsalieren müssen.“

Ihr leises, sinnliches Lachen erregte ihn, was ihm überhaupt nicht gefiel. Sie brachte ihn immer zur Weißglut und machte ihn gleichzeitig so heiß, dass er prompt zum Volltrottel mutierte. Er hatte nicht herablassend klingen wollen, aber kaum hatte er den Mund geöffnet, war es auch schon passiert.

Warum gerade diese Frau? Warum konnte es nicht eine andere und nicht ausgerechnet eine Langley sein, die ihn derart durcheinanderbrachte? Die Medien und auch die Bewohner von Royal hatten alle gespannt darauf gewartet, wie sich die beiden verfeindeten Familien während des Wahlkampfes verhielten. Carson vermutete, sie hatten wohl darauf gewartet, dass er und Lana anfingen, nicht bloß verbal aufeinander loszugehen, sondern sich sogar zu prügeln. Doch gleich zu Beginn hatten sie sich darauf verständigt, dass sie nicht über die Vergangenheit der Familien sprechen würden, sondern sich ganz auf den Club und dessen Zukunft konzentrieren wollten.

Damit war zumindest das Thema vom Tisch gewesen.

„Ich habe bereits einen Entwurf samt Kostenkalkulation für den neuen Frauentrakt erstellt und Angebote von lokalen Bauunternehmern eingeholt“, fuhr sie fort, als hätte er nichts gesagt. „Ich habe dir die unterschiedlichen Optionen heute Morgen gemailt. Sobald du sie dir angesehen hast, können wir besprechen, wie wir weiter vorgehen.“

Wow. Sie war nicht zu unterschätzen. Ihr Versuch, so über ihn hinwegzufegen, erforderte Mut, doch das würde er nicht zulassen. Die Rivalität zwischen den Wentworths und den Langleys dauerte bereits ein Jahrhundert lang an, und daran würde sich wohl auch in naher Zukunft nichts ändern.

Besser, er erstickte das hier gleich im Keim, sonst würde Lana es jetzt, da er Präsident war, darauf anlegen, herauszufinden, wie weit sie gehen konnte.

Vielleicht hatte die Wahlniederlage ihren Stolz doch mehr verletzt, als er gedacht hatte, oder vielleicht gehörte sie auch zu den Menschen, die eine Niederlage nicht wegstecken konnten. Wie auch immer, jetzt leitete er den Club, und das bedeutete auch, dass er für Renovierungen und das Budget zuständig war. Das sollte sie lieber nicht vergessen.

Obwohl Carson die Entschlossenheit, mit der Lana agierte, bewunderte und auch attraktiv fand, sollte sie nur nicht glauben, sie könnte ihn um den kleinen Finger wickeln …

„Es wird vorerst keine weiteren Umbaumaßnahmen geben“, informierte er sie und trat näher auf sie zu. „Ich habe andere Projekte, um die ich mich erst mal kümmern muss, und um einen ganz neuen Flügel anzubauen, haben wir nicht genügend Geld. Ich werde mir das Projekt ansehen, um zu prüfen, ob wir es irgendwann in der Zukunft umsetzen können, aber es steht nicht auf meiner Prioritätenliste.“

Der Blick aus den blauen Augen wurde eisig. Die Frau war unnachgiebig und ließ sich nicht so leicht von ihrem Ziel abbringen. Gut für sie. Er bewunderte ihre Hartnäckigkeit, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er nachgeben würde. Vielleicht wurde es Zeit, dass Lana das Wort Nein kennenlernte.

„Du wirst sehen, dass es innerhalb des Budgets liegt, wenn du dir die Vorschläge anschaust, die ich dir geschickt habe“, meinte sie grimmig. „Ich bin nicht sicher, warum du nicht einmal in der Lage bist, das Thema mit mir zu diskutieren, es sei denn, du hast Angst vor …“

„Ich habe keine Angst vor dir.“

Abgesehen von seinem wachsenden Verlangen nach ihr. Diese verdammten Kurven machten ihn noch fertig. Er tat nichts lieber, als die Hände über die seidige Haut eines wohlgeformten weiblichen Körpers gleiten zu lassen. Und, verdammt, Lanas war einfach perfekt. Zu schade, dass sie eine Langley war.

„Entschuldigung?“

Carson drehte sich um und entdeckte Sierra Morgan in der Tür stehen. Die Enthüllungsjournalistin war vor einigen Monaten nach Royal gekommen, um einen Artikel darüber zu schreiben, dass seit zehn Jahren weibliche Mitglieder im Texas Cattleman’s Club aufgenommen wurden. Sierra hatte ihren Aufenthalt verlängert, nachdem sie beschlossen hatte, noch ein Buch zu diesem Thema zu schreiben, als sie bei ihren Recherchen auf weitere interessante Geschichten gestoßen war.

Als freiberufliche Mitarbeiterin der Royal Gazette untersuchte sie jetzt nicht nur eine historische Fehde zwischen Clubmitgliedern, die sie in ihrem Buch verarbeiten wollte, sondern schrieb auch Artikel zu einem ausgesetzten Baby, das man im Oktober auf dem Parkplatz des Krankenhauses gefunden hatte. Inzwischen gab es Hinweise, dass der bislang unbekannte Vater des Babys ein TCC-Mitglied war. Hals über Kopf hatte sich Sierra in all die Skandale und Geheimnisse, die Royal zu bieten hatte, gestürzt.

Jetzt wollte sie mit Carson ein Interview über seine neue Rolle als Präsident führen, obwohl er befürchtete, dass sie ihn gleichzeitig über seinen Urgroßvater ausfragen wollte. Harmon Wentworth ging davon aus, dass er bald sterben würde, war aber entschlossen, vorher noch herauszufinden, wer seine leibliche Mutter gewesen war. Sierra war bemüht, Harmon dabei zu unterstützen, indem sie ein Tagebuch mit entsprechenden Hinweisen nutzte.

Carson widerstand der Versuchung, sich mit der Hand durch die Haare zu fahren. Er brauchte dringend mehr Kaffee, ehe er sich mit diesem Interview herumplagte. Hier in der Stadt gab es viel zu viele Dramen, viel zu viele Geheimnisse, und er wollte nicht, dass irgendetwas davon den größten Erfolg seines Lebens überschattete.

„Komme ich ungelegen?“, fragte Sierra.

„Ja“, erwiderte Lana.

„Nein“, antwortete Carson gleichzeitig.

Sierras Lächeln schwand, als sie zwischen ihnen hin und her sah. „Ich kann ein andermal wiederkommen“, schlug sie vor und wollte sich schon umdrehen.

„Auf keinen Fall.“

Carson würde nicht zulassen, dass Lana das Kommando übernahm. Die Frau musste endlich lernen, wer hier das Sagen hatte.

„Wir hatten einen Termin, und Lana wollte gerade gehen.“

Er sah sie an und hob die Augenbrauen.

„Wollte ich das?“, fragte sie mit einem breiten Lächeln. „Ich dachte, wir hätten gerade angefangen zu verhandeln.“

„Ach, da Sie gerade beide da sind, könnte ich Sie doch gleich mit interviewen, Lana, oder?“, fragte Sierra.

Genervt seufzte Carson auf. Na toll. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Ausgebootet von seiner Gegnerin und einer neugierigen Reporterin. So viel zum Thema Präsidentschaft.

Verdammt.

Jetzt konnte es doch eigentlich nur noch besser werden … oder?

So, wie Carson die Lippen zusammenpresste, war der Herr Präsident nicht gerade begeistert darüber, dass sie bei diesem Interview dabei sein sollte.

Lana konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, weil sie genau wusste, dass sie Carson nicht kaltließ. Tja, Pech gehabt, aber schließlich ging er ihr auch schon verdammt lange unter die Haut.

Abgesehen vom Wahlkampf und der Niederlage, die ihr mehr zu schaffen machte, als ihr lieb war, fand sie ihn viel zu attraktiv.

Wieso eigentlich? Der Mann war arrogant und egoistisch, ganz davon abgesehen, dass er ein Wentworth war. Die Langleys und Wentworths kamen ungefähr so gut miteinander aus wie Feuer und Eis, und das alles nur, weil es vor hundert Jahren wohl einen Streit unter Liebenden gegeben hatte, um den ein großes Geheimnis gemacht wurde. Nichts davon hatte heute noch etwas mit ihnen zu tun, aber aus welchen Gründen auch immer, die Leute konnten das Kriegsbeil einfach nicht begraben.

Nachdem sie sich in einen der Ledersessel gegenüber von Carsons überdimensionalem Schreibtisch gesetzt hatte, schlug Lana die Beine übereinander und schenkte Carson ein Lächeln, als er sich ebenfalls setzte und ihr einen bösen Blick zuwarf.

Der Arme. Er wurde von zwei starken Frauen überrollt. Das tat seinem aufgeblasenen Ego bestimmt nicht gut.

Er hatte sich einen Kaffee eingeschenkt, nachdem Sierra und Lana beide abgelehnt hatten. Jetzt sah er aus, als hätte er gern etwas Stärkeres im Becher.

„Das ist ja großartig.“ Sierra zog ihren Notizblock und einen Stift aus der Tasche und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Carson. „Bevor wir über die neue Präsidentschaft und die Zukunft des Clubs sprechen, würde ich gern noch Ihre Meinung über Ihren Urgroßvater und seine Suche nach seiner leiblichen Mutter hören.“

Lana spitzte die Ohren und beobachtete Carsons Reaktion. Er zog die Augenbrauen zusammen und beugte sich vor, doch ehe er etwas sagen konnte, fuhr Sierra fort: „Wie Sie ja wissen, stelle ich nicht nur Nachforschungen über den Texas Cattleman’s Club an, sondern auch über Micah, das ausgesetzte Baby. Falls Sie nicht auf dem neuesten Stand sind … Nachdem wir das Tagebuch seiner verstorbenen Mutter gefunden hatten, konnten wir Micah mit seiner Tante Eve in Verbindung bringen. Eve Martin war auf dem Weg ins Krankenhaus, um einen DNA-Test machen zu lassen, als sie aufgrund derselben Herzerkrankung, an der ihre Schwester Arielle, also Micahs Mutter, gestorben ist, Probleme bekam. Eve schaffte es gerade noch in die Krankenhaus-Lobby, bevor sie bewusstlos wurde.

Jetzt wissen wir, dass sie ihren Neffen vorsichtshalber auf einem Auto abgestellt hatte. Das Auto gehört Ihrer Cousine Cammie Wentworth, Carson. Cammie und ihr Verlobter Drake kümmern sich um das Baby, bis Eve sich so weit erholt hat, dass sie die Vormundschaft übernehmen kann.

Aber es ist immer noch ein Rätsel, wer der Vater des Babys ist. Natürlich gibt es Gerüchte, wer es sein könnte. Ich nutze Arielles Tagebuch, um Anhaltspunkte zu finden. Darin heißt es, er sei Mitglied hier im Club, aber im Tagebuch finden sich auch interessante Informationen über Ihren Urgroßvater Harmon und die Suche nach seiner leiblichen Mutter.

Arielle hat ihn bei seiner Suche unterstützt, ehe sie gestorben ist. Ich habe beschlossen, ihre Suche fortzuführen. Also ein weiteres Rätsel, das gelöst werden will“, erklärte Sierra und holte tief Luft. „Außerdem munkelt man, dass Harmon möchte, dass der Streit zwischen den Wentworths und den Langleys beigelegt wird. Er wünscht sich, dass noch zu seinen Lebzeiten endlich Frieden einkehrt, zumal niemand mehr weiß, was diesen Streit vor hundert Jahren überhaupt ausgelöst hat.“

Man merkte, dass Sierra eine ausgezeichnete Enthüllungsjournalistin war, die sich mit den Geheimnissen von Royal inzwischen bestens auszukennen schien. Jeden Tag förderte sie neue Informationen zutage, und Lana nahm an, dass Sierra die aufregendste Zeit ihrer Karriere hier hatte.

„Ich habe Ihre Artikel über Micah verfolgt. Sie können gut schreiben. Aber es steht mir wirklich nicht zu, über meinen Urgroßvater mit Ihnen zu diskutieren“, erklärte Carson und verschränkte die Hände auf seinem Schreibtisch. „Unsere Familienangelegenheiten gehen nur die Familie etwas an und sind kein Thema für einen Artikel oder ein Buch. Zumal wir alle unterschiedliche Ansichten zu dem Streit zwischen den Wentworths und Langleys haben.“

„Nun, ich habe das Tagebuch dabei.“ Sie zog es aus ihrer Tasche und legte es auf den Schreibtisch. „Es war sehr aufschlussreich, aber es fehlen immer noch ein paar Puzzleteile, und die muss ich finden. Ich mag keine ungelösten Rätsel.“

Sierra runzelte die Stirn, ehe sie sich an Lana wandte. „Was ist mit Ihnen? Möchten Sie etwas zu der Fehde sagen?“

Lana hatte sich schon immer gefragt, was wohl Schlimmes passiert sein musste, dass dieser Hass von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Was war Schreckliches, Unverzeihliches passiert, dass es noch immer von Belang schien?

Sie hatte Gerüchte gehört, dass es um gescheiterte Beziehungen gegangen war, aber sie hatte nie weitere Fragen gestellt. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihr Leben im Hier und Jetzt zu leben, als sich Gedanken um etwas zu machen, das vor hundert Jahren passiert war.

Trotzdem hieß das noch lange nicht, dass es nicht existierte, auch wenn sie es lieber ignorierte. Aber es war dieser tiefe Graben zwischen ihren Familien, der Lana dazu bewogen hatte, sich niemals mit Carson anzufreunden. Und weil er so unglaublich arrogant war, war das für sie auch total okay.

„Darüber kann ich Ihnen keine Informationen geben“, erwiderte Lana ehrlich. „Aber ich hätte nichts dagegen, Harmon einen Besuch abzustatten, um aus erster Hand zu erfahren, was er weiß.“

„Einen Teufel wirst du.“

Bei Carsons Ausbruch richteten beide Frauen ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn.

„Und warum nicht?“, fragte Lana. „Interessiert es dich nicht auch?“

„Diese uralten Geschichten spielen in meinem Leben keine Rolle.“

„Ehrlich gesagt habe ich mich gefragt, ob Harmons leibliche Mutter für den Streit zwischen den Langleys und Wentworths verantwortlich ist.“ Nachdenklich klopfte Sierra mit dem Stift auf ihren Block. „Hinzu kommt, dass mir jemand erzählt hat, dass Harmon sein Geld nicht dem Texas Cattleman’s Club vererben wird, wenn die beiden Familien sich weiterhin bekriegen.“

Lana konnte den Blick nicht von Carson lösen. Offenbar war das alles nicht neu für ihn, aber er schien überrascht, dass Sierra über diese Informationen verfügte.

Diese Stadt war voller Rätsel und Geheimnisse, und das bereitete Lana Kopfschmerzen. Sie wollte sich auf ihre eigenen Ziele konzentrieren, die Teil ihres Wahlkampfs gewesen waren. Sie wollte die harte Arbeit, die ihre Schwägerin Abby vor zehn Jahren begonnen hatte, fortführen. Abby war diejenige gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass man im Club endlich auch weibliche Mitglieder aufnahm. Und so war sie während des Wahlkampfes Lanas größte Cheerleaderin und Vertraute gewesen. Kein Wunder also, dass die Niederlage sie genauso bekümmerte wie Lana selbst.

Doch auch wenn Lana verloren hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie sich nicht um das kümmern konnte, was sie für wichtig hielt. Die Frauen im Club brauchten einen Bereich, der nur für sie reserviert war, etwas Luxuriöses und Extravagantes, ein Gegengewicht zu der Macho-Atmosphäre, die seit ewigen Zeiten hier herrschte.

Aber eins nach dem anderen. Jetzt musste sie sich erst einmal auf Sierra, Carson und einen möglichen Besuch bei Harmon konzentrieren.

„Was auch immer mein Urgroßvater über seine Vergangenheit denkt oder was er mit seinem Vermögen vorhat, geht weder die Presse noch die Öffentlichkeit etwas an“, erklärte Carson. „Aber wenn Sie mit mir über meine neue Position hier im Club sprechen möchten, stehe ich Ihnen gern Rede und Antwort.“

„Ich möchte nicht unhöflich sein“, meinte Sierra. „Ich mache nur meinen Job. Vielleicht hat Lana ja eine Meinung zu Harmon und diesen Gerüchten?“

Oh, die hatte sie in der Tat, doch Lana war klug genug, sie für sich zu behalten … vorerst jedenfalls.

„Möchten Sie denn gar nicht erfahren, was diesen Streit zwischen den Familien ausgelöst hat?“, beharrte Sierra.

„Darüber denke ich natürlich immer wieder nach“, gab Lana zu. „Aber das geht jetzt schon so lange, dass es wirklich nichts mit mir zu tun hat. Jede Generation wird von Anfang an darauf gedrillt, auf wen sie nicht gut zu sprechen zu sein hat. Mir scheint, Harmon ist der Sache inzwischen auch überdrüssig.“

Lana schürzte die Lippen und sagte dann spontan: „Ich würde Harmon wirklich gern besuchen. Ich meine, ich bin eine Langley, und wenn er tatsächlich möchte, dass dieser Streit beigelegt wird, können wir vielleicht daran arbeiten.“

„Nein, verdammt.“

Carson überraschte sie mit einem weiteren Wutausbruch. Sie wusste, dass er feste Meinungen vertrat und sagte, was er dachte, aber selten hatte sie ihn so abwehrend erlebt. Worüber machte er sich solche Sorge?

„Und warum nicht?“, wollte Lana wissen. „Vielleicht können wir die Fehde ein für alle Mal beilegen und das Erbe für den Club sichern. Du hast schon auf das Budget hingewiesen, als ich dir von meinen Ideen erzählt habe. Es gibt also keinen Grund, warum ich deinem Urgroßvater nicht mal einen Besuch abstatten sollte.“

„Dann komme ich mit.“

So, wie er die Augen aufriss und nach Luft schnappte, war er wohl genauso überrascht über dieses spontane Zugeständnis wie Lana.