Drive Me Crazy – Für die Liebe bitte wenden - Beth O'Leary - E-Book
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Drive Me Crazy – Für die Liebe bitte wenden E-Book

Beth O'Leary

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Beschreibung

Die Playlist steht, die Snacks sind gepackt: In ihrem Mini machen sich Addie und Deb auf den Weg nach Schottland zur Hochzeit ihrer besten Freundin. Kurz nach dem Start fährt ihnen ein Auto auf. Der Fahrer ist ausgerechnet Addies Ex Dylan, den sie seit ihrer traumatischen Trennung vor zwei Jahren tunlichst gemieden hat. Dylan und sein bester Freund Marcus fahren auch zur Hochzeit. Ihr Auto ist ein Totalschaden und Addie hat keine andere Wahl als ihnen eine Mitfahrgelegenheit anzubieten. In einem bis unters Dach mit Gepäck und Geheimnissen vollgestopften Mini entpuppt sich der Roadtrip als Katastrophe: 500 Kilometer liegen vor ihnen, und Addie und Dylan können nicht mehr vor ihrer vertrackten Beziehungsgeschichte davonlaufen ... Werden die vier es rechtzeitig zur Hochzeit schaffen? Und viel wichtiger: Ist dieser Roadtrip wirklich das Ende von Addies und Dylans gemeinsamen Weg?

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Seitenzahl: 523

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Über dieses Buch

Zu fünft im Mini auf dem Weg nach Schottland – und Pleiten, Pech und Pannen sind mit im Gepäck.

Die Playlist steht fest, die Snacks sind gepackt: In ihrem Mini machen sich Addie und Deb auf den Weg nach Schottland zur Hochzeit ihrer besten Freundin. Kurz nach dem Start fährt ihnen ein Auto auf. Der Fahrer ist ausgerechnet Addies Ex Dylan, den sie seit ihrer traumatischen Trennung vor zwei Jahren tunlichst gemieden hat. Dylan und sein bester Freund Marcus fahren auch zur Hochzeit. Ihr Auto ist ein Totalschaden, und Addie hat keine andere Wahl als ihnen eine Mitfahrgelegenheit anzubieten. In einem bis unters Dach mit Gepäck und Geheimnissen vollgestopften Mini entpuppt sich der Roadtrip als Katastrophe: 500 Kilometer liegen vor ihnen, und Addie und Dylan können nicht mehr vor ihrer vertrackten Beziehungsgeschichte davonlaufen … Werden die vier es rechtzeitig zur Hochzeit schaffen? Und viel wichtiger: Ist dieser Roadtrip wirklich das Ende von Addies und Dylans gemeinsamem Weg?

Über die Autorin

Beth O’Leary schrieb ihren ersten Roman »Love to share« auf der täglichen Zugfahrt zu ihrem Job in einem Kinderbuchverlag und landete damit einen internationalen Bestseller. Darauf folgte »Time to Love« und nun »Drive me Crazy«. Heute ist Beth freie Autorin, und wenn sie nicht am Schreibtisch sitzt, macht sie es sich gerade irgendwo mit einem Buch, einer Tasse Tee und mit mehreren Wollpullovern (bei jedem Wetter) gemütlich. Sie lebt mit ihrem Partner und ihrem Hund auf dem Land nicht weit von London.

Beth O’Leary

DRIVE ME CRAZY

Für die Liebe bitte wenden

Roman

Aus dem Englischen

von Pauline Kurbasik und Babette Schröder

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Deutsche Erstausgabe 10/2021

Copyright © 2021 by Beth O’Leary

Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel

The Roadtrip bei Quercus, London

Copyright © 2021 der deutschsprachigen Ausgabe

by Diana Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Lisa Scheiber

Umschlaggestaltung: Favoritbuero GbR, München

Umschlagmotiv: © Sarah Wilkins; Golden Sikorka/Shutterstock.com

Satz: Leingärtner, Nabburg

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-641-27728-4V001

www.diana-verlag.de

Für meine Brautjungfern

JETZT

Dylan

»Was ich sagen will: Der Strom der Freundschaft rann niemals sanft«, erklärt mir Marcus und nestelt an seinem Sicherheitsgurt herum.

Es ist das erste Mal, dass ich von Marcus eine aufrichtige Entschuldigung höre. Dabei hat er bislang schon sechs Klischees erfüllt und zweimal auf Literaturzitate zurückgegriffen. Außerdem meidet er es, mir in die Augen zu sehen. Das Wort »Entschuldigen« kam zwar vor, diesem ging jedoch ein »Ich bin nicht gut im« voraus, was dem Wort irgendwie etwas von seiner Wirkung nahm.

Ich schalte einen Gang hoch. »Heißt es nicht der Strom der Liebe rann niemals sanft? Ich glaube, das ist aus EinSommernachtstraum.«

Wir befinden uns auf Höhe des 24-Stunden-Tescos. Es ist halb vier Uhr morgens und stockdunkel, doch das fahle gelbe Licht des Supermarktes fällt wie ein Scheinwerfer auf die drei Insassen im Wagen vor uns. Ganz vorn fährt ein klappriger Laster, dem wir dicht an dicht folgen.

Für den Bruchteil einer Sekunde blitzt das Gesicht der Fahrerin im Rückspiegel auf. Sie erinnert mich an Addie – wenn man intensiv genug an jemanden denkt, meint man, ihn auf einmal überall zu sehen.

Marcus schnaubt. »Ich spreche über meine Gefühle, Dylan. Das fällt mir schwer. Also bitte konzentriere dich jetzt und hör mir richtig zu.«

Ich lächele. »In Ordnung. Ich höre.«

Ich fahre an der Bäckerei vorbei, und wieder werden im Rückspiegel die Augen der Fahrerin angestrahlt; sie zieht hinter einem fast eckigen Brillengestell die Augenbrauen hoch.

»Ich sage nur, wir sind in ein paar Stromschnellen geraten. Das verstehe ich, und ich habe mich nicht gut verhalten … und das ist … Es ist wirklich bedauernswert, dass das passiert ist.«

Erstaunlich, was er für sprachliche Pirouetten dreht, um ein einfaches Es tut mir leid zu vermeiden. Ich schweige. Marcus hüstelt und nestelt weiter an dem Gurt herum, und allmählich bekomme ich Mitleid und bin versucht, ihm zu sagen, es sei schon okay. Wenn er noch nicht so weit sei, müsse er es nicht aussprechen. Doch als wir am Wettbüro vorbeirollen, erfasst ein weiterer Lichtstrahl das Auto vor uns, und Marcus ist vergessen. Die Fahrerin hat das Fenster geöffnet und hält sich mit der Hand am Wagendach fest. Um ihr Handgelenk trägt sie jede Menge Armbänder, die im Licht der Scheinwerfer rötlich silbern glänzen. Die Geste ist mir schmerzhaft vertraut – der schlanke blasse Arm, die Haltung und die Armbänder mit den kindlich runden Perlen, die sich um ihr Handgelenk sammeln. Ich würde sie überall wiedererkennen. Kurz setzt mein Herz aus, als hätte ich eine Treppenstufe verfehlt, denn sie ist es tatsächlich. Es ist Addie. Unsere Blicke treffen sich im Rückspiegel.

Und dann schreit Marcus auf.

Vorhin war ihm ein ähnlicher Entsetzensschrei entfahren, als wir an einer Reklame für vegane Würstchen in Blätterteig vorbeigekommen sind, darum reagiere ich nicht prompt. Als der Wagen vor uns abrupt bremst und ich den siebzigtausend Pfund teuren Mercedes von Marcus’ Vater nicht rechtzeitig zum Stillstand bringe, habe ich gerade noch genug Zeit, das zu bereuen.

Addie

Bang.

Mein Kopf wird dermaßen abrupt zurückgeschleudert, dass meine Brille über die Kopfstütze nach hinten fliegt. Jemand schreit. Au! Fuck! Ein stechender Schmerz im Nacken und ich denke nur: Gott, was habe ich gemacht? Bin ich wo dagegen gefahren?

»Verdammte Scheiße«, sagt Deb neben mir. »Alles in Ordnung mit dir?«

Ich taste nach meiner Brille. Sie ist nicht da, logisch.

»Was zum Teufel war das gerade?«, bringe ich noch heraus.

Mit zitternden Händen fasse ich erst ans Lenkrad, dann an die Handbremse, dann an den Rückspiegel. Ich will mir ein Bild machen.

Ich sehe ihn im Spiegel. Ein wenig verschwommen ohne Brille. Ein wenig unwirklich. Aber er ist es, keine Frage. Er ist mir derart vertraut, dass ich mich kurz so fühle, als würde ich mein eigenes Spiegelbild anblicken. Plötzlich schlägt mein Herz wie wild, als würde es sich Platz machen wollen.

Deb steigt aus. Vor uns fährt der Müllwagen weg, und durch sein Scheinwerferlicht huscht der Schwanz des Fuchses, für den er gebremst hat. Das Tier schlendert zum Bürgersteig. Ganz langsam setzen sich die einzelnen Bilder zu etwas Größerem zusammen: LKW bremst wegen Fuchs, ich bremse wegen LKW und hinter mir bremst Dylan einfach gar nicht. Dann … Bang.

Ich schaue in den Rückspiegel zu Dylan, er guckt mich immer noch an. Alles scheint langsamer, ruhiger oder blasser zu werden, als hätte jemand die Welt runtergefahren.

Ich habe Dylan schon seit zwanzig Monaten nicht mehr gesehen. Er hätte sich irgendwie verändern müssen. Alles andere hatte sich verändert. Doch selbst von hier erkenne ich den Umriss seiner langen Nase, seine gebogenen Wimpern, diese gelbgrünen Augen. Ich weiß, dass sie vor Schreck ebenso weit aufgerissen sind wie damals, als er mich verlassen hat.

»Nun«, sagt meine Schwester. »Wir können stolz auf den Mini sein.«

Der Mini. Das Auto. Alles bricht wieder über mir zusammen, und ich will mich abschnallen. Ich brauche drei Versuche. Meine Hände zittern. Als ich anschließend in den Rückspiegel blicke, sehe ich Rodney, der zusammengekauert auf unserem Rücksitz hockt, die Hände auf den Kopf und die Nase zwischen die Knie gepresst.

Mist. Ich habe Rodney völlig vergessen.

»Alles in Ordnung mit dir?«, frage ich ihn, und im selben Moment sagt Deb:

»Addie? Alles okay?« Sie streckt den Kopf wieder ins Auto und zuckt dann zusammen. »Tut dir auch der Nacken weh?«

»Yup«, antworte ich, weil ich es genau in dem Moment bemerke und es tatsächlich ganz schön schmerzt.

»Alter …«, sagt Rodney und richtet sich vorsichtig auf. »Was ist passiert?«

Rodney hat in der Facebook-Gruppe »Cherry & Krish trauen sich« gestern Abend nach einer Mitfahrgelegenheit aus Chichester zur Hochzeit gefragt. Niemand hatte geantwortet, also hatten Deb und ich uns erbarmt. Alles, was ich über Rodney weiß, ist, dass er einen Müsliriegel gefrühstückt hat, immer einen Buckel macht und auf seinem T-Shirt steht Ich drücke ständig auf Esc, aber ich bin noch hier, ich glaube dennoch, ich weiß ziemlich genau, was er für einer ist.

»Irgendein Arsch in einem Mercedes ist uns hinten draufgefahren«, erklärt Deb ihm und richtet sich auf, um sich den Wagen hinter uns noch einmal anzuschauen.

»Deb …«, sage ich.

»Ja?«

»Ich glaube, das ist Dylan. In diesem Auto.«

Sie kräuselt die Nase und beugt sich wieder hinunter, um mich anzuschauen. »Dylan Abbott?«

Ich schlucke. »Genau der.«

Ich wage einen Blick über die Schulter. Mein Nacken ist dagegen. Dann bemerke ich den Mann, der auf der Beifahrerseite des Mercedes aussteigt. Er ist schlank, seine Locken werden von den Schaufenstern hinter ihm beleuchtet. Da meldet sich mein Herz wieder und schlägt viel zu schnell.

»Er ist mit Marcus unterwegs«, sage ich.

»Marcus?«, fragt Deb und reißt die Augen auf.

»Ja. Oh Gott.« Das ist schrecklich. Wie soll man sich in so einer Situation verhalten? Irgendwas mit der Versicherung regeln? »Ist mit dem Auto alles in Ordnung?«, frage ich.

Ich klettere raus, als Dylan gerade aus dem Mercedes steigt. Er trägt ein weißes Shirt, Chino-Shorts und ramponierte Bootsschuhe. In seine Gürtelschlaufe ist ein Karabiner gehakt, der in seiner Tasche verschwindet. Das war meine Idee, damit er nicht immer seinen Schlüssel verliert.

Er macht einen Schritt in das Scheinwerferlicht des Mercedes’. Er sieht so gut aus, dass ich einen stechenden Schmerz in der Brust verspüre. Ihn zu sehen ist noch schlimmer, als ich erwartet habe. Ich möchte alles gleichzeitig machen: zu ihm rennen, wegrennen, mich zusammenkauern, weinen. Und zusätzlich habe ich das völlig lächerliche Gefühl, dass irgendjemand etwas verbockt hat; als wäre etwas nicht richtig abgelegt worden, dort oben im Universum, weil ich Dylan doch dieses Wochenende sehen sollte, zum ersten Mal seit fast zwei Jahren, aber das hätte erst bei der Hochzeit passieren sollen.

»Addie?«, sagt er.

»Dylan«, bringe ich heraus.

»Hat da etwa ein Mini den Mercedes meines Vaters in einen Totalschaden verwandelt?«, fragt Marcus.

Ich fasse mir verlegen an den Pony. Kein Make-up, eine schmuddelige Latzhose, kein Schaumfestiger im Haar. Ich habe Monate damit verbracht, das Outfit zusammenzustellen, das ich beim ersten Wiedersehen mit Dylan tragen wollte – und das hätte anders ausgesehen. Doch er mustert mich gar nicht von oben bis unten; bemerkt nicht einmal meine neue Haarfarbe – er erwidert meinen Blick und schaut nicht weg. Ich fühle mich so, als wäre die ganze Welt aus den Fugen geraten und müsste nun Atem holen.

»Verdammt«, sagt Marcus. »Ein Mini! Wie peinlich ist das bitte?«

»Bist du eigentlich völlig bescheuert?«, fragt Deb. »Hast du gepennt? Du bist uns einfach hinten reingefahren!«

Dylan blickt sich verwundert um. Ich reiße mich zusammen.

»Ist jemand verletzt?«, frage ich und reibe mir den schmerzenden Nacken. »Rodney?«

»Wer?«, fragt Marcus.

»Mir geht’s gut!«, ruft Rodney, der immer noch auf der Rückbank des Autos kauert.

Deb hilft ihm heraus. Ich hätte das tun sollen. Mein Gehirn fühlt sich irgendwie matschig an.

»Mist«, sagt Dylan, der endlich die eingedellte Stoßstange des Mercedes’ erblickt. »Tut mir leid, Marcus.«

»Ach, mach dir deswegen keine Sorgen«, entgegnet Marcus. »Weißt du, wie oft ich schon einen Wagen meines Dads zu Schrott gefahren habe? Er wird das gar nicht bemerken.«

Ich mache einen Schritt nach vorne und nehme das Hinterteil von Debs ramponiertem Mini in Augenschein. Es sieht tatsächlich nicht so schlimm aus – der Knall war so laut, dass ich vermutete, irgendetwas Wichtiges wäre abgefallen. Ein Rad, zum Beispiel.

Ehe ich es bemerke, sitzt Deb auf dem Fahrersitz und startet den Motor wieder.

»Alles okay mit ihm, er springt an!«, sagt sie. »Was für ein Auto. Ich habe mein Geld noch nie besser angelegt.« Sie fährt ein wenig vor, bis zur Bordsteinkante, und macht den Warnblinker an.

Dylan sitzt wieder im Mercedes und kramt im Handschuhfach. Er und Marcus sprechen über Pannenhilfe, Marcus leitet ihm eine E-Mail von seinem Handy weiter und mir fällt endlich auf, was anders ist: Dylan trägt die Haare kürzer. Das hat sich geändert. Ich weiß, dass ich an den Unfall denken sollte, aber ich spiele hier bloß »Finde die Fehler«, während ich Dylan betrachte und mich frage: Was fehlt? Was ist neu?

Er schaut mir wieder in die Augen. Mir wird heiß. Dylans Augen haben etwas Besonderes an sich – man verheddert sich in seinem Blick wie in Spinnweben. Ich zwinge mich dazu wegzuschauen.

»Ihr seid also gerade auf dem Weg zu Cherrys Hochzeit, nehme ich an«, sage ich zu Marcus. Meine Stimme zittert. Ich kann ihn nicht anschauen. Plötzlich bin ich dankbar, dass ich die eingedellte Stoßstange des Minis inspizieren kann.

»Waaaren wir zumindest«, sagt Marcus affektiert und betrachtet den Mercedes. Vielleicht schafft er es ebenfalls nicht, mich anzusehen. »Aber wir können dieses Baby auf gar keinen Fall noch vierhundert Meilen weit fahren. Der Wagen muss in eine Werkstatt. Eurer übrigens auch.«

Deb brummt ablehnend, sie ist schon wieder aus dem Auto gestiegen und reibt mit dem abgewetzten Ärmel ihres Hoodies über einen Kratzer. »Ach, alles in Ordnung«, sagt sie und öffnet und schließt den Kofferraum prüfend. »Nur verbeult, sonst nichts.«

»Marcus, das Auto dreht durch!«, ruft Dylan.

Ich kann selbst von hier aus die aufblitzenden Kontrollleuchten innen im Mercedes sehen. Aber die Warnblinker leuchten zu hell. Ich drehe den Kopf weg. Ist es nicht wieder typisch, dass Dylan sich kümmert, wenn Marcus’ Auto kaputt ist?

»Der Abschleppwagen, der das Auto in die Werkstatt bringt, ist in dreißig Minuten hier«, sagt Dylan.

»In dreißig Minuten?«, fragt Deb ungläubig.

»Das ist alles Teil des Service«, erklärt ihr Marcus und zeigt auf das Auto. »Mercedes eben, Schätzchen.«

»Ich heiße Deb. Nicht Schätzchen. Wir haben uns schon einige Male gesehen.«

»Sicher. Ich erinnere mich«, sagt Marcus so dahin. Hört sich nicht sonderlich überzeugend an.

Ich spüre, wie Dylans Blick zu mir schwenkt, während wir alle versuchen, die Sache mit der Versicherung zu regeln. Ich fummele mit meinem Telefon herum, Deb wühlt im Handschuhfach nach Papieren und die ganze Zeit über bin ich mir Dylans Anwesenheit so bewusst, als würde er zehnmal so viel Raum einnehmen wie jeder andere hier.

»Und wie kommen wir jetzt zur Hochzeit?«, fragt Marcus, als wir fertig sind.

»Mit öffentlichen Verkehrsmitteln«, sagt Dylan.

»Öffentlichen Verkehrsmitteln?«, fragt Marcus, als hätte jemand vorgeschlagen, auf einem Muli zu Cherrys Hochzeit zu reiten. Immer noch ein kleiner Großkotz, der gute Marcus. Das hat sich nicht geändert.

Rodney räuspert sich. Er lehnt an einer Seite des Minis und starrt auf sein Handy. Ich fühle mich schlecht – ich vergesse ihn immer wieder. Im Augenblick hat mein Hirn keine Kapazitäten mehr für Rodney frei.

»Wenn ihr jetzt losfahrt«, sagt Rodney, »seid ihr laut Google um … dreizehn Minuten nach zwei da.«

Marcus blickt auf die Uhr.

»Na«, sagt Dylan, »das ist doch prima.«

»Am Dienstag«, spricht Rodney zu Ende.

»Wie bitte?«, rufen Dylan und Marcus wie aus einem Mund.

Rodney verzieht entschuldigend das Gesicht. »Es ist halb fünf Uhr früh an einem Sonntag an einem langen Wochenende, und ihr versucht, von Chichester an einen abgelegenen Ort in Schottland zu kommen.«

Marcus wirft die Hände in die Luft. »Dieses Land ist einfach eine einzige Katastrophe.«

Deb und ich schauen uns an. Nein, nein, nein, nein …

»Komm, wir machen uns auf«, sage ich und gehe in Richtung Mini. »Möchtest du fahren?«

»Addie …«, setzt Deb an, während ich auf den Beifahrersitz klettere.

»Was soll das jetzt?«, ruft Marcus.

Ich schlage die Tür zu.

»Hey!«, sagt Marcus, während Deb sich auf den Fahrersitz setzt. »Du musst uns zur Hochzeit mitnehmen!«

»Nein«, sage ich ruhig zu Deb. »Ignorier ihn. Rodney! Steig ein!«

Rodney gehorcht. Wie nett! Ich kenne diesen Mann eigentlich wirklich nicht gut genug, um ihn so anzuherrschen.

»Was soll der Scheiß? Addie. Mal ehrlich. Wenn du uns nicht fährst, schaffen wir es nicht pünktlich«, sagt Marcus.

Er steht nun neben meinem Fenster, klopft mit den Fingerknöcheln gegen die Scheibe. Ich kurbele sie nicht runter.

»Addie, komm schon! Mein Gott, du bist Dylan doch bestimmt noch einen Gefallen schuldig.«

Dylan sagt etwas zu Marcus. Ich verstehe es nicht.

»Meine Güte, ist das ein Arschloch«, sagt Deb und runzelt die Stirn.

Ich schließe die Augen.

»Glaubst du, du schaffst das?«, fragt Deb mich. »Die beiden mitzunehmen?«

»Nein. Nicht alle beide.«

»Dann ignorier ihn. Wir fahren einfach.«

Marcus klopft wieder gegen die Scheibe. Ich beiße die Zähne aufeinander – mir tut immer noch der Nacken weh – und blicke starr nach vorne.

»Unser Roadtrip sollte doch Spaß machen«, erkläre ich.

Deb verbringt das erste Wochenende ohne Riley, ihren kleinen Sohn. Wir haben seit Monaten über nichts anderes gesprochen. Sie hat jeden Zwischenstopp und jeden Snack geplant.

»Wird er trotzdem«, sagt Deb.

»Wir haben nicht genug Platz«, versuche ich es.

»Ich kann mich klein machen!«, sagt Rodney.

Langsam mag ich Rodney nicht mehr.

»Es ist so eine lange Fahrt, Deb«, sage ich und drücke mir die Fäuste auf die Augen. »Stundenlang mit Dylan in einem Auto. Ich bin fast zwei Jahre lang immer auf der Hut durch Chichester gehuscht, damit ich diesem Mann nicht einmal für eine Sekunde über den Weg laufe, da wird mir beim Gedanken an acht Stunden mit ihm echt schlecht.«

»Ich sage nicht, dass wir es machen müssen«, erklärt Deb. »Los, lass uns fahren.«

Dylan hat den Mercedes an einem sichereren Ort abgestellt, bis das Abschleppfahrzeug kommt. Ich drehe mich auf meinem Sitz um, gerade als er wieder aus dem Auto steigt, schlank, bisschen verstrubbelt, groß.

Als sich unsere Blicke treffen, weiß ich, dass ich ihn nicht hier zurücklassen werde. Er weiß es auch. Es tut mir leid, sagt er lautlos.

Wenn ich für jedes Mal, wenn Dylan Abbott sich bei mir entschuldigt hat, ein Pfund bekommen hätte, wäre ich reich genug, mir diesen Mercedes leisten zu können.

Dylan

Manchmal fällt mir auf Anhieb ein ganzes Gedicht ein. Es ist, als hätte es mir jemand zu Füßen gelegt wie ein Hund sein Spielzeug. Als ich hinten in Debs Wagen einsteige und den schmerzlich vertrauten Duft von Addies Parfum wahrnehme, tauchen sofort zweieinhalb Verse in meinem Kopf auf. Unverändert und verändert/ihr Blick trifft meinen/Und ich bin …

Ja, was? Was bin ich? Ich bin durcheinander. Jedes Mal, wenn ich Addie ansehe, springt etwas in mir hoch wie ein Delfin. Man sollte doch meinen, dass es nach zwanzig Monaten nicht mehr so wehtut, aber das tut es. Es tut weh und zwar so, dass man schreien möchte.

»Rutsch mal«, sagt Marcus und schubst mich gegen Rodneys Schulter. Reflexartig stütze ich mich mit einer Hand ab und kann so gerade noch verhindern, dass ich direkt auf Rodneys Schoß lande.

»Sorry«, sagen Rodney und ich gleichzeitig.

Meine Handflächen sind feucht, und ich schlucke unablässig, als könnte ich so meine ganzen Gefühle hinunterschlucken. Addie sieht anders aus: Ihr Haar ist fast so kurz wie meins und silbergrau gefärbt, und sie trägt eine dicke hipstermäßige Brille – die wie durch ein Wunder nach dem Crash aus dem Kofferraum des Minis aufgetaucht ist. Sie ist unübersehbar schöner als je zuvor. Es ist, als würde ich Addies eineiigem Zwilling begegnen: gleich und doch anders. Unverändert und verändert.

Ich sollte etwas sagen, aber mir fällt nichts ein. Früher konnte ich so etwas gut – da war ich lässig. Ich quetsche mich auf den schmalen Mittelplatz und beobachte, wie der Wagen von Marcus’ Vater auf einem Abschleppwagen die dunkle Straße hinunterfährt. Ich wünschte, ich könnte nur ansatzweise so unerschrocken sein wie bei meiner ersten Begegnung mit Addie, als ich noch nicht die geringste Ahnung hatte, dass sie mein Leben vollkommen auf den Kopf stellen würde.

»Warum seid ihr überhaupt so früh aufgebrochen?«, fragt Addie, als Deb den Wagen auf die Straße lenkt. »Du findest es doch schrecklich, so früh zu starten.«

Sie schminkt sich mithilfe des Spiegels an der Sonnenblende über dem Beifahrersitz und trägt eine Paste von ihrem Handrücken auf ihre cremefarbene Haut auf.

»Du bist nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand«, antwortet Marcus an meiner Stelle, macht es sich auf seinem Platz bequem und rammt mir dabei den Ellbogen in die Rippen. »Jetzt ist Dylan absolut davon überzeugt, dass man eine lange Autofahrt unbedingt um vier Uhr morgens beginnen muss.«

Ich blicke verlegen auf meine Knie. Wie viel besser es ist, in der Stille vor Morgengrauen aufzubrechen, wenn der Tag noch voller Hoffnung ist, habe ich von Addie übernommen, aber es stimmt: Als wir noch zusammen waren, habe ich mich stets darüber beklagt, dass sie so früh aufbrechen wollte.

»Na, gut, dass wir so früh gestartet sind!«, meldet sich Rodney mit schwacher Stimme und überprüft sein Smartphone, wobei er die Ellbogen möglichst eng an den Körper presst.

Marcus ist weniger um Rücksicht bemüht: Breitbeinig sitzt er neben mir, sein Knie an meins gelehnt, den Ellbogen halb auf meinem Schoß. Ich seufze.

»So wie es aussieht, wird es ziemlich knapp mit dem Familien-Grillfest«, ergänzt Rodney. »Noch über acht Stunden Fahrt, und es ist schon halb sechs!«

»Ach, du bist bei dem Barbecue vor der Hochzeit dabei?«, frage ich.

Er nickt. Die Frage ist der offenkundige Versuch herauszufinden, was Rodney hier macht. Ich hoffe jedoch, er versteht es als freundliches Interesse. Einen schrecklichen bleiernen Moment lang, als er aus dem Auto stieg, dachte ich, er käme als Addies Begleitung mit zur Hochzeit – Cherry hatte vor einigen Monaten gesagt, dass Addie vielleicht jemanden mitbringen würde. Aber zwischen ihnen läuft ganz offensichtlich nichts; Addie scheint ihn größtenteils zu ignorieren.

Eigentlich ignoriert sie mehr oder weniger alle. Seit jenem ersten herzschlagbeschleunigenden, magenverkrampfenden Moment, in dem sich unsere Blicke begegnet sind, weicht sie mir jedes Mal sorgsam aus, wenn ich versuche, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Derweil trommelt Marcus irgendeinen stumpfsinnigen Rhythmus gegen das Autofenster. Deb wirft ihm im Rückspiegel einen gereizten Blick zu und versucht, sich auf die Umgehungsstraße von Chichester einzufädeln.

»Können wir ein bisschen Musik hören?«, fragt Marcus.

Noch bevor Addie die Play-Taste drückt, weiß ich, was kommt. Sobald ich die ersten Klänge höre, unterdrücke ich ein Lächeln. Diesen Song kenne ich zwar nicht, aber es ist unverkennbar American Country – schon nach den ersten paar Akkorden weiß man, dass man Geschichten über nächtliche Küsse auf Veranden, Ausflüge in irgendwelche Spelunken und lange Fahrten mit hübschen Mädchen auf dem Beifahrersitz hören wird. Addie und Deb stehen seit ihrer Teenie-Zeit auf Country. Früher habe ich Addie damit aufgezogen, was ziemlich scheinheilig von einem Typen ist, auf dessen Langzeit-Playlist fast nur Songs von Taylor Swift stehen. Jetzt kann ich die Klänge eines Banjos nicht mehr hören, ohne daran zu denken, wie Addie in einem alten T-Shirt von mir zu Florida Georgia Line getanzt hat, wie sie bei offenem Autofenster Rodney Atkins’ »Watching You« mitgesungen hat, wie sie sich langsam zu der Melodie von »Body Like a Back Road« ausgezogen hat.

»Vielleicht nicht das«, sagt Addie und lässt die Hand über dem Telefon schweben.

»Mir gefällt’s! Lass ruhig«, sagt Deb und dreht die Lautstärke auf.

»Was zum Teufel ist das?«, fragt Marcus.

Ich beobachte, wie sich Addies Schultern anspannen.

»Das ist Ryan Griffin«, antwortet Addie. »Es … es heißt ›Woulda Left Me Too‹.«

Ich verziehe das Gesicht. Marcus schnaubt vor Lachen.

»Ach, was?«, sagt er.

»Das ist in den Country Charts«, sagt Addie. Auf der Haut in ihrem Nacken erblüht ein blassrosa Fleck, dessen unregelmäßige Ränder an Blütenblätter erinnern. »Und das werden wir die nächsten acht Stunden hören. Du solltest dich also besser daran gewöhnen.«

Marcus öffnet die Autotür.

»Was zum …«

»Marcus, was zum Teufel …«

Auf der Rückbank entsteht ein Gerangel. Marcus schiebt mich mit dem Ellbogen fort. Die Tür ist zwar nur wenige Zentimeter geöffnet, doch durch den Wagen fegt ein heftiger Luftstoß. Rodney beugt sich über mich, versucht, den Griff zu fassen und die Tür wieder zuzuziehen. Schließlich klammern sich vier oder fünf Hände an die Wagentür, wir kratzen uns gegenseitig, ich habe Rodneys fettige Haare im Gesicht, und mein Bein ist irgendwie mit Marcus’ verknotet …

»Ich trampe!«, schreit Marcus, und ich höre das Adrenalin in seiner Stimme, die Begeisterung darüber, etwas Dummes zu machen. »Lasst mich raus! Das ertrag ich keine acht Stunden! Mach das aus!« Er lacht sogar, als ich ihm so fest auf die Hand schlage, dass meine Handfläche brennt.

»Du bist ja verrückt!«, stellt Rodney fest. »Wir fahren fast hundert Sachen!«

Das Auto schlingert. Ich werfe einen Blick auf Debs Augen im Rückspiegel: Sie hat sie grimmig zusammengekniffen und konzentriert sich darauf, die Spur zu halten. Zu unserer Rechten rauscht ein unendlicher Strom aus grellen Scheinwerfern vorbei und hinterlässt gelblichweiße Streifen in meinem Sichtfeld.

Addie hält den Song an. Marcus schließt die Tür. Nachdem die Musik aus ist, kann man nun jeden Laut im Wagen hören: Rodneys angestrengtes Atmen und das Knarren des Fahrersitzes, als Debbie sich entspannt und zurücklehnt. Das durch das Gerangel ausgeschüttete Adrenalin löst ein erstaunliches Verlangen in mir aus, Marcus eine zu verpassen.

»Was zum Teufel ist mit dir los?«, zische ich.

Da merke ich, wie Addie sich zu mir umdreht – vielleicht überrascht –, doch ehe ich ihren Blick auffangen kann, hat sie ihn wieder auf die Straße gerichtet.

Marcus schluckt und sieht mich von der Seite an. Mir ist klar, dass er es schon bereut, sich danebenbenommen zu haben, aber ich bin zu wütend, als dass mich das besänftigen würde. Nach einem Moment lacht er gezwungen.

»Wir wollen Automusik!«, sagt er. »Mach Springsteen an, okay?«

Addie schweigt eine ganze Weile.

»Deb«, sagt sie schließlich, »bitte fahr an der nächsten Raststätte raus.«

»Musst du mal pinkeln?«, fragt Deb.

»Nein«, antwortet Addie. »Wir müssen Marcus absetzen. Damit er trampen kann. Wie gewünscht.«

Sie drückt die Playtaste, und der Countrysong startet von Neuem.

Addie

Die nächste Raststätte ist eine gefühlte Ewigkeit entfernt. Als wir endlich an einer Tankstelle ankommen, muss ich wirklich dringend pinkeln. Und frische Luft schnappen. Plötzlich habe ich das Gefühl, ich würde im kleinsten Auto der ganzen Welt sitzen.

»Setzen wir Marcus wirklich hier aus?«, fragt eine besorgte Stimme hinter mir.

Ich gehe strammen Schrittes von der Tankstelle zu den Toiletten im Rasthof. Wenn ich mich schnell genug bewege, kann Dylan mich nicht einholen und mit mir reden. Bislang habe ich es geschafft, direkten Blickkontakt mit ihm zu vermeiden, seitdem wir alle im Mini sitzen. Und das möchte ich auch die nächsten gut vierhundert Meilen so beibehalten.

Für einen derart unbeholfenen Mann bewegt Rodney sich wirklich schnell. Ich blicke über die Schulter zu ihm.

»Wahrscheinlich nicht, nein«, sage ich. »Marcus macht gern Theater. Am besten erstickt man das schon im Keim, sonst verhält er sich den ganzen Tag wie die Axt im Walde.«

»Woher kennst du ihn?«

Rodney prescht voran, um mir die Tür aufzuhalten, als wir an der Raststätte ankommen. Ich blinzele. Er ist so schlaksig. Er wirkt wie ein Jugendlicher, muss aber schon mindestens dreißig sein.

»Dylan und ich waren mal zusammen.«

»Oh. Oh. Oh mein Gott, das ist ja total krass!«, sagt Rodney und presst sich beide Hände auf den Mund.

Ich lache und überrasche mich selbst damit. »Ja, kann man so sagen.«

Ich schnappe mir am Ende des Ganges einige Schokoriegel. Deb und ich haben genug Wegzehrung für uns beide eingepackt, aber Dylan frisst wie ein Scheunendrescher. Wir würden schon in Fareham nichts mehr haben, wenn er die Süßigkeiten wittert.

»Tut mir leid, dass du da irgendwie zwischen die Fronten geraten bist«, sage ich zu Rodney. »Aber es wird schon gehen. Dylan und ich können uns einige Stunden lang wie zivilisierte Menschen benehmen, mach dir keine Sorgen.«

»Ah, also habt ihr euch, ähm, in Freundschaft getrennt?«, fragt Rodney und hält mir einen Einkaufskorb hin. Ich werfe die Schokoriegel hinein, dazu noch fünf Packungen Kekse und einige Tüten voller gemischter Süßigkeiten.

»In Freundschaft? Geht so.«

An dem Abend, als Dylan mich verlassen hat, habe ich ihn angeschrien. Und zwar nicht schreien im herkömmlichen Sinne, sondern ich habe wirklich gebrüllt: Mit weit aufgerissenem Mund zerkratzten die Worte meine Kehle. Ich habe ihm mit den Fäusten gegen die Brust getrommelt und so sehr geschluchzt, bis mein ganzer Körper durchgeschüttelt wurde. Anschließend habe ich drei Tage lang nichts gegessen.

»Sagen wir so: auf eine gewisse Art schon«, antworte ich schließlich.

Als wir wieder zurückgehen, lehnt Dylan an einer Seite des Autos, hat die Arme verschränkt und schaut nach links. Die Sonne geht hinter ihm auf. Er sieht aus, als würde er Reklame für etwas machen. Für eine Indie-Band oder ein teures Parfum. Er sieht immer noch zerzaust und verträumt aus, wie früher, aber er ist inzwischen erwachsener – irgendwie kantiger.

Ich schaue ihn ein kleines bisschen zu lange an, und er blickt ganz kurz zurück, bevor ich mir wieder auf die Füße starre.

»Addie«, sagt er, als wir näher kommen.

Er macht einen Schritt auf mich zu, um mir mit den Taschen zu helfen. Ich drehe mich zur Seite und gehe an ihm vorbei zum Kofferraum.

»Addie, komm schon«, sagt er, dieses Mal ruhiger. »Wir sollten reden. Wir werden den Großteil des Tages zusammen in einem Auto sitzen. Willst du nicht, dass es, ähm, etwas weniger seltsam wird?«

Ich schlage die Kofferraumtür zu. Ich habe die zusätzlichen Snacks gerade eben noch reinbekommen, aber nun sieht man nicht mehr gut aus dem Heckfenster. Dylan und Marcus haben allem Anschein nach wie Mariah Carey gepackt, und dann ist da noch Debs ganzer Abpumpkram für Muttermilch …

»Ich vertrete mir noch ein wenig die Beine«, sagt Rodney. »Wir sehen uns in fünf Minuten, okay?«

Ich hätte das mit dem »in Freundschaft getrennt« nicht bejahen sollen. Er hätte mich nicht mit Dylan allein gelassen, wenn ich gesagt hätte, dass er mein Leben ruiniert hat.

»Addie … kannst du mich nicht einmal anschauen?«

Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich es kann. Wenn ich versuche, ihn anzublicken, tut es mir weh. Es fühlt sich so an, als wären wir zwei gleiche Magnetpole, die sich gegenseitig abstoßen. Stattdessen schaue ich auf die Wiese, wo einige Leute ihre Hunde ausführen. Ein kleiner Pudel läuft im Kreis herum, ein Dackel trägt ein lächerliches pinkes Geschirr. Ich sehe Marcus, der sich zu einem Deutschen Schäferhund hinunterbeugt. Ich hoffe, der Hund ist mürrisch. Marcus soll nicht gebissen werden, aber ein wenig anknurren könnte nicht schaden.

»Wo ist Deb?«, frage ich.

»Deine Mum hat sie wegen Riley angerufen.«

Ich schaue ihn kurz an. »Sie hat dir von Riley erzählt?«

Sein Blick wird sanft. »Erst jetzt gerade. Ich dachte, du … Ich hätte gedacht, du würdest mir so etwas erzählen. Also dass Deb ein Baby bekommen hat.«

»Wir haben vereinbart, dass wir keinen Kontakt haben.«

»Du hast das gesagt, nicht wir.«

Ich runzele die Stirn.

»Sorry«, sagt er. »Sorry.«

Ich spiele mit meinen Armbändern herum. Meine Nägel sind für die Hochzeit frisch lackiert, aber sie sind so kurz, dass sie ein wenig lächerlich aussehen. Kurze rote Stumpen.

»Ich freue mich auf jeden Fall sehr für Deb«, sagt Dylan, als ich nicht antworte.

»Und du bist ein wenig überrascht?«

Er lächelt, und ich grinse auch, bevor ich es mir verkneifen kann.

»Willst du nicht wissen, wer der Vater ist?«

»Ich vermute mal, sie hat keinen gebraucht«, sagt Dylan. »Wie Gaia, weißt du, als sie Uranus geboren hat?«

Ich komme einfach nicht gegen das Lächeln an. »Du weißt genau, dass ich das nicht weiß«, entgegne ich trocken.

»Ach stimmt«, sagt er rasch. Er streicht sich das Haar aus der Stirn, als wäre es immer noch lang genug, um ihm in die Augen zu fallen – ein alter Tick. »Griechische Mythologie, eine sehr hochtrabende und bescheuerte Antwort, verzeih. Ich wollte nur sagen, dass Deb nie einen Mann gebraucht hat, oder? Also, nicht dass irgendwer einen Mann braucht, aber … ach verdammt …«

»Alle ab ins Auto!«, ertönt eine Stimme hinter uns. Marcus drängelt sich an uns vorbei und öffnet die Tür zu den Rücksitzen. »Vielleicht magst du den Motor schon einmal starten. Rodney kommt gerade angaloppiert.«

Ich drehe mich um, Deb taucht auf und steckt sich das Telefon in die Tasche ihres Kapuzenpullovers. Sie klettert hinter Marcus ins Auto und ich setze mich auf den Fahrersitz. Ich bekomme Panik: Heißt das, Dylan kommt zu mir nach vorne?

»Was veranstaltet Rodney da?«, fragt Deb.

Ich schaue zur Wiese hinter mir. Rodney rennt zu uns, er scheint nur aus langen Armen, Beinen und wehendem Haar zu bestehen. Hinter ihm hetzt der Deutsche Schäferhund mit seinem Besitzer im Schlepptau.

»Na, grandios«, murmele ich, klettere ins Auto und fummele den Schlüssel ins Zündschloss.

Marcus schreit auf, während Rodney schwer atmend auf die Rückbank klettert.

»Sorry!«, ruft er. »Sorry! Sorry!«

Deb quietscht laut auf. »Pass mit deinen Händen auf, bitte«, sagt sie. »Diese hier war sehr nah an meiner Vagina.«

»Oh mein Gott, das tut mir so leid«, sagt ein atemloser Rodney verschämt.

Dylan klettert auf den Vordersitz. Er versucht wieder, mich anzuschauen.

»Nichts passiert«, erklärt Deb. »Ich habe da ein Baby rausgequetscht, so schnell geht die nicht kaputt.«

»Oh, nein«, sagt Rodney. »Oh, ich wollte nicht – es tut mir so leid.«

»Ich habe vergessen, wie sehr ich dich mag, Deb«, erklärt Marcus.

»Wirklich?«, fragt Deb interessiert. »Ich mag dich nämlich überhaupt nicht.«

Ich fahre von der Tankstelle runter. Ich kann nicht widerstehen – ganz kurz wandert mein Blick zu Dylan auf dem Beifahrersitz.

»Nur noch dreihundertachtundfünfzig Meilen«, sagt er so leise, dass nur ich ihn hören kann.

Marcus erklärt Deb, dass er »häufig missverstanden« werde und sich »gerade mitten in einer Wandlung« befinde, »wie ein Lebemann aus einem schlecht geschriebenen Roman aus dem neunzehnten Jahrhundert«.

»Dreihundertachtundfünfzig Meilen«, sage ich. »Das vergeht sicher wie im Flug.«

Dylan

Wir rasen über die A34. Die Hitze fühlt sich jetzt schon zähflüssig wie Honig an. Es wird ein prächtiger Sommermorgen: Der Himmel ist tiefblau, und die sonnenverwöhnten Felder jenseits der Straße leuchten gelb. Es ist ein Tag, der nach Crushed Ice und Sonnencreme schmeckt, nach reifen Erdbeeren und dem leichten Rausch von zu vielen Gin Tonics.

»Bei diesen Temperaturen schmilzt die Schokolade«, sagt Addie und schaltet die Klimaanlage so kühl es geht.

Ich horche auf.

»Schokolade?«

»Nicht für dich«, sagt sie, ohne den Blick von der Straße zu lösen.

Ich lasse mich in den Sitz zurücksinken. Ich dachte, wir hätten leichte Fortschritte gemacht – vorhin hat sie sich zu mir umgedreht und mir halb zugelächelt, es war wie eine winzige Kostprobe von einer unbeschreiblichen Delikatesse, und mein Herz schlug schneller. Ein echtes Lächeln von Addie ist wie ein Preis: schwer zu bekommen und wenn man es ergattert hat, absolut überwältigend. Beunruhigenderweise scheint sich daran in den letzten zwei Jahren nichts geändert zu haben. Doch jetzt gibt sie sich wieder kühl. Es ist eine halbe Stunde her, dass wir die Raststätte verlassen haben, und bislang hat sie kein Mal direkt mit mir geredet. Ich habe kein Recht, mich zu beschweren, und es dürfte mich nicht wütend machen, doch das tut es – es kommt mir kleinlich vor, und ich bilde mir gern ein, dass wir das nun wirklich nicht sind.

Ich verändere meine Haltung, und sie sieht zu mir herüber, dann dreht sie das Radio lauter. Es spielt scheppernd irgendeinen Pop-Song, etwas Schwungvolles und Monotones, ein Kompromiss zwischen Addies und Marcus’ Geschmack. Bei dieser Lautstärke kann ich das geistlose Geschnatter von der Rückbank kaum verstehen. Als Letztes hörte ich, wie Rodney Deb die Regeln von Quidditch erklärt hat, gelegentlich unterbrochen von amüsierten Einwürfen von Marcus.

»Na, los«, sagt Addie. »Was auch immer du sagen willst, spuck’s schon aus.«

»Bin ich so leicht zu durchschauen?«, frage ich so locker wie möglich.

»Ja.« Sie klingt aufrichtig. »Bist du.«

»Ich …« Ich schlucke. »Du bestrafst mich immer noch.«

Kaum habe ich die Worte ausgesprochen, bereue ich es.

»Ich bestrafe dich?«

Die Klimaanlage ist schwach, die warme Luft streicht vergeblich über mein Gesicht. Lieber würde ich die Fenster öffnen, aber Marcus hat sich vorhin beschwert, dass der Wind seine Frisur ruiniere, und mir fehlt die Geduld, diese Diskussion noch mal zu führen. Ich drehe leicht den Kopf, sodass der lauwarme Luftstrom auf meine Wange trifft – so kann ich Addie beim Fahren beobachten. Ihre Ohrläppchen, die knapp unter ihrem Haar hervorlugen, sind gerötet. Sie hat jetzt eine Sonnenbrille aufgesetzt, die andere Brille benutzt sie als Haarreif, um die längeren Ponyfransen zurückzuhalten. Am Ansatz ist ein Hauch ihrer natürlichen Haarfarbe zu erkennen.

»Du sprichst immer noch nicht mit mir.«

»Damit wollte ich dich nicht bestrafen, Dylan. Eigentlich ging es gar nicht um dich. Ich brauchte Abstand.«

Ich blicke auf meine Hände hinunter. »Ich dachte wohl, den würdest du irgendwann nicht mehr brauchen.«

Sie sieht mich an, doch hinter der dunklen Sonnenbrille kann ich ihren Blick nicht erkennen.

»Hast du gewartet?«, fragt sie.

»Nein … nicht wirklich gewartet, aber …«

Ich verstumme, und Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Kurz nehme ich den Gesichtsausdruck der Person im Nachbarwagen wahr – einer Frau mittleren Alters in einem Taxi, die mit großen Augen unser Auto anstarrt. Ich drehe mich nach den anderen um und versuche, uns mit ihren Augen zu sehen. Ein zusammengewürfelter Haufen fröhlicher junger Leute in den Zwanzigern, an einem Feiertag morgens um halb sieben in einem knallroten Mini.

Sie hat ja keine Ahnung. Wenn man dunkle Geheimnisse in Energie umwandeln könnte, bräuchten wir kein Benzin – der Groll in diesem Wagen würde bis nach Schottland reichen.

DAMALS

Addie

Ich starre an die Decke der Hausmeisterwohnung. Sie liegt direkt unter Cherrys Villa – hat dieselbe Größe wie das Erdgeschoss, nur eben im Keller. Sie ist schön, wenn es einem egal ist, dass man keine Fenster hat. Aber wenn das bedeutet, den ganzen Sommer bei freier Kost und Logis in Südfrankreich zu verbringen und dafür noch ein paar hundert Euro zu verdienen, macht mir die Fensterlosigkeit gar nichts aus.

Heute Morgen ist eine Familie angereist, Freunde von Cherrys Eltern. Sie haben sich am Flughafen ein Taxi genommen, was gut ist, weil Deb und ich uns gestern Abend drei Flaschen Wein auf dem Balkon des großen Schlafzimmers reingestellt und dabei die Sterne betrachtet haben, bis es wieder hell wurde. Ich darf wahrscheinlich immer noch nicht fahren, und es ist fast schon Mittag.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies der Sommer meines Lebens ist. Es fühlt sich so an, als würde epische Hintergrundmusik spielen oder als hätte man die Sättigung hochgeregelt. Diesen Sommer bin ich nicht die kleine Addie, die ewige Zweite. Ich bin nicht mehr das Mädchen, das man vergisst, wenn man seinen Freunden erzählt, wer mit im Pub war. Ich bin nicht diejenige, die geghostet wird, weil man eine Bessere kennengelernt hat. Ich kann sein, wer ich sein möchte.

Das ist einfach mein Sommer. Aber das sieht man gerade nicht, weil ich zu verkatert bin, um mich viel zu bewegen.

Ich schaue genervt zur Decke. Irgendetwas stimmt nicht mit dieser neuen Familie. Die Hausmeisterwohnung ist nicht schallisoliert – wir wissen immer ziemlich genau, was oben vor sich geht. Mehr als uns lieb ist normalerweise. Aber gerade kann ich kaum etwas hören. Die Leute sind definitiv hier – das Taxi hat mich aufgeweckt, als es vor einiger Zeit vorgefahren ist. Und ich höre Bewegungen. Aber die sind … gedämpft. Als würde sich nur ein Mensch bewegen.

Ein Paar Füße geht durch die Küche zum Weinkühler und wieder zurück. Eine Dusche läuft. Ein Fenster wird offen gelassen, sodass eine Schlafzimmertür zuschlägt, weil der Mistral durchzieht.

Ich wecke Deb um Viertel vor zwei nachmittags. (Sie darf heute ausschlafen.) Sie schlurft in einer ausgeleierten Unterhose und dem Band-Shirt einer französischen Gruppe, das sie mal nach einem One-Night-Stand in Avignon eingesteckt hatte, in die Küche, dann hält sie inne und lauscht.

»Wo sind sie denn alle?«, fragt sie.

»Keine Ahnung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nur ein Mensch da ist.«

Sie gähnt und nimmt sich die Kaffeetasse, die ich ihr hinhalte. »Hm. Seltsam. Vielleicht hat der Typ seine ganze Familie auf der Reise abgemurkst.«

Wir können anhand der Schritte immer sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Männer trampeln.

»Das hältst du für wahrscheinlich?«, frage ich.

Deb zuckt die Schultern und säbelt an dem Brot von gestern herum. Krümel fliegen zur Seite, wie Späne in einer Sägerei.

»Was weißt du sonst noch?«

»Vielleicht kommen die anderen später«, sage ich. »Vielleicht sind sie noch nach Nizza gefahren, um guteBekannte zu besuchen.«

Das ist einer dieser Sommer-Insider, die nächstes Jahr nicht mehr witzig sein werden, Deb und mich dieses Jahr allerdings zum Lachen bringen. Seitdem wir hier wohnen, sammeln wir die Phrasen, die wir durch die Decke hören, oder die von der Terrasse zu uns geweht werden: guteBekannte, Dekor, göttlich. Ich habe noch nie zuvor solche Menschen wie die Gäste der Villa Cerise getroffen. Sie fragen nicht, wie teuer etwas ist, bevor sie es kaufen. Sie trinken Champagner wie ich Wasser. Ihnen gehören mehrere Häuser und Tiere, und sie haben zu wirklich allem eine Meinung. Es ist fast schon zu einfach, sich über sie lustig zu machen.

»Cherrys Mum hätte mir geschrieben, wenn sie sich verspäten«, erklärt Deb.

Ich verziehe das Gesicht. Ach ja, stimmt. Deb streicht sich Butter aufs Brot, so dick wie eine Scheibe Käse.

»Ich glaube nicht, dass er alt ist«, sage ich. »Er geht zu schnell.«

Deb zieht die Augenbrauen fragend hoch. »Vielleicht gehört er zum Personal?«

Das haben wir auch gelernt: Personal als Berufsbezeichnung.

Unser geheimnisvoller Sologast bewegt sich in der Küche gleich über unseren Köpfen. Wir halten inne, ich mit einem Glas Orangensaft halb am Mund, Deb mit Butter an der Nase.

Der Kühlschrank oben geht auf. Etwas klirrt. Der Kühlschrank geht wieder zu.

»Er trinkt tagsüber«, sagt Deb. Sie denkt nach. »Wenn er die ganze Woche über allein hier ist, müssen wir dann wirklich beide hier sein?«

»Willst du mich schon wieder versetzen?«

Deb blickt mich stirnrunzelnd an und versucht herauszufinden, ob es mir wirklich etwas ausmacht. Ich bin mir nicht sicher, um ehrlich zu sein. Wir hatten geplant, dass wir – solange wir hier sind – Frankreich unsicher machen. Aber wie sich herausstellte, ist Deb abenteuerlustiger als ich. Ich verstehe es ja: Sie ist viel schneller gelangweilt als ich. Und mir gefällt diese Villa – der Infinity Pool, die Weinberge und wie die Luft frühmorgens duftet. Deb ist nicht so rührselig wie ich. Für sie ist es nur ein Haus, wenn auch ein großes.

Manchmal gefällt mir der zusätzliche Platz, wenn sie weg ist. Aber ich hasse es auch irgendwie, zurückgelassen zu werden.

»Außerhalb von Nîmes lebt ein Typ in einem leerstehenden Haus. So ähnlich wie eine Kommune«, sagt Deb. »Aber wie eine Partykommune. Nicht wie ein Kloster. Soll ich da etwa nicht hinfahren?«

Deb ist immer schon ein Alles-oder-nichts-Typ gewesen. Ich drehe mich irritiert weg und belle: »Natürlich solltest du fahren«, über die Schulter, während ich in den Kühlschrank starre.

»Wenn du mich hier brauchst, bleibe ich«, sagt sie.

Ich blicke zu ihr. Sie sieht total aufrichtig aus. Man kann Deb nicht böse sein. Sie möchte einfach irgendwo anders sein, und in ihrem Kopf gibt es keinen Grund dafür, warum mich das betreffen sollte, wenn ich sie hier nicht brauche.

»Nein, fahr du nur«, sage ich und schließe den Kühlschrank. »Such dir einen sexy französischen Hippie.«

Wir halten wieder inne. Oben ist unser Sologast aus der Küche auf die Terrasse getreten. Er redet. Murmelt. Ich kann nicht verstehen, was er sagt.

»Spricht er mit sich selbst?«, fragt Deb und neigt den Kopf. »Vielleicht ist ein Verrückter in die Wohnung eingedrungen. Vielleicht haben wir einen Hausbesetzer.«

Ich gehe näher zur Tür und öffne sie. Die Villa steht auf einem Berg – unsere Tür ist an der rechten Gebäudeseite versteckt, unterhalb eines Wegs, der von der Küche zu der erhöhten Terrasse mit dem Infinity Pool führt.

Durch den Spalt in der Tür sehe ich den Unterkörper des Gasts, wie er an der Balustrade um die Terrasse entlanggeht. Er trägt graue Shorts und keine Schuhe. Eine halbvolle Bierflasche schlägt bei jedem Schritt gegen seinen Oberschenkel. Seine Beine sind leicht gebräunt. Er sieht nicht wie ein Hausbesetzer aus.

»Was …«

Ich bringe Deb zum Schweigen und versuche zu lauschen. Er rezitiert etwas.

»Hülfe sich der Held bewußt In blut’gem Kampf und grimmen Streites Noth, Zu dem Fee Gloriana ihn entbot.«

»Liest er Shakespeare vor, oder was?«, fragt Deb gleich neben meinem Ohr. Sie schiebt mich zur Seite und öffnet die Tür weiter.

»Vorsicht, Deb«, zische ich. Hausmeister sollen ihre Gäste nicht ausspionieren. Ich hätte keinen besseren Ferienjob finden können. Immer wieder überkommt mich die Angst, dass eine von uns es so schlimm vermasseln wird, dass jemand Cherrys Eltern Bescheid gibt.

»Die Herrscherin im holden Zauberreich. So eilt er mutig, wie Gefahr auch droht, Das Ungethüm dem kein’s an Stärke gleicht: Den Drachen zu … Fuck.« Der Mann hält inne und hebt sein Bier hoch. »Verdammte verfickte Scheiße.«

Seine Aussprache klingt vornehm – er hört sich wie Hugh Grant an. Deb legt sich die Hand über den Mund, um ihr Lachen zu dämpfen. Der Mann schweigt. Ich atme tief ein und ziehe sie von der Tür zurück.

»Komm schon.« Ich führe sie zurück ins Wohnzimmer. »Wir sollten ihn nicht gleich am ersten Tag ärgern, wer er auch sein mag.«

»Ich glaube, er ist sportlich«, erklärt Deb und lässt sich aufs Sofa fallen. Wie der Großteil der Möbel in der Wohnung stammt auch die Couch aus der Villa und wurde irgendwann runtergestellt, als Cherrys Mum das Haus oben neu einrichten wollte. Das Möbel ist mit pinkfarbenem Samt bezogen, und auf der rechten Armlehne prangt ein riesiger Rotweinfleck – an dem wir Gott sei Dank unschuldig sind.

»Schlussfolgerst du das wegen seiner Füße?«

Deb nickt. »Füße sind dafür ein guter Indikator.«

Ich habe gelernt, diese Kommentare von Deb einfach zu übergehen, weil auf Nachfragen ganz viel seltsames Zeug aus ihrem Mund kommt.

»Bleibst du dann hier? Wo du jetzt seine sexy Knöchel gesehen hast?«

Deb denkt nach, hält inne und schüttelt dann den Kopf. »Schicke Boys in Chino-Shorts kann ich auch zu Hause haben«, sagt sie. »Ich wünsche mir einen französischen Hippie mit langer Mähne.«

»Glaubst du, dass es dich irgendwann langweilen wird?«, frage ich sie und drücke mir ein Kissen an die Brust.

»Was soll mich langweilen?«

»Immer nur Affären zu haben.«

Deb streckt die Beine auf dem Sofa aus. Der Nagellack auf ihren Zehen ist abgeblättert, und sie hat einen blauen Fleck auf jedem ihrer langen braunen Schienbeine. Deb hat die Hautfarbe ihres Vaters geerbt – ihr Großvater väterlicherseits kam aus Ghana –, während ich schneeweiß bin. Ich finde es komisch, wenn Leute sagen, dass wir Halbschwestern sind. Deb ist meine Seelenverwandte, meine andere Hälfte, der einzige Mensch, der mich versteht. Ich bin ihr Anker, zu dem sie immer wieder zurückkehrt. Von halb kann bei uns keine Rede sein.

In unserer Kindheit habe ich es immer furchtbar gefunden, wenn Debs Vater zu Besuch kam. Er machte mit ihr einen Ausflug, nur die beiden, sie fuhren in den Park oder nahmen den Bus in die Stadt. Dad sah dann immer verkniffen und traurig aus, bis Deb wieder nach Hause kam und mit ihm Modelleisenbahnen bauen wollte, dann wurde er wieder fröhlich. Es hört sich zwar schlimm an, aber ich war froh, als sich Debs Vater mit Mum zerstritt und er schließlich, als sie ungefähr acht Jahre alt war, gar nicht mehr kam. Wie für Deb typisch, hatte sie ihren biologischen Vater abgeschrieben. Bei Deb bekommt man keine zweiten Chancen.

»Warum sollte ich mich langweilen?«, fragt sie jetzt. »Es ist doch jedes Mal etwas komplett Neues.«

»Aber willst du nicht eines Tages sesshaft werden?«

»Sesshaft werden? Was soll sich denn bei mir setzen? Ich weiß, wer ich bin und was ich will. Ich brauche keinen Mann, der mich vervollständigt, oder was auch immer sie machen sollen.«

»Aber was ist mit Kindern? Willst du keins?«

»Nein.« Sie kratzt sich am Bauch und hebt den Kopf, um an die Decke zu starren. »Da bin ich mir ganz sicher. Keine Babys. Niemals.«

Ich winke Deb nach, als sie mit ihrem launischen und zerbeulten Mietwagen nach Nîmes braust – ich weiß nur, dass sie losfährt, weil ich die Zündung des Motors höre. Deb sagt nicht tschüss. Sie hasst Umarmungen, deswegen gefallen ihr Abschiede nicht, weil die Leute sie immer zu erwarten scheinen. Seit unserer Kindheit haben wir uns immer per Nachricht verabschiedet, nachdem eine von uns schon weg war. Ich mag es irgendwie – sonst schreiben wir uns fast nie, das fällt besonders auf, seitdem jeder ständig WhatsApp benutzt, deswegen sind unsere Nachrichten immer schön.

Tschüss, Liebes, ruf mich an, wenn du mich brauchst, lautet meine Nachricht an sie.

Dito, Kiddo, schreibt sie. Wenn du mich brauchst, komme ich.

Normalerweise stellen Deb und ich uns den Gästen gleich nach ihrer Ankunft vor, doch dieses Mal entscheide ich mich, bis zum Abend zu warten. Man muss die Sache nicht unnötig verkomplizieren, indem man zwei Hausmeisterinnen vorstellt, von denen eine verschwinden wird.

Ich gehe durch den Dienstboteneingang zur Villa. Eine enge Wendeltreppe führt von unserer Wohnung zu einem kleinen Vorraum der Küche des Herrenhauses. Die Tür zwischen Küche und Treppe ist von unserer Seite versperrt, aber ich klopfe dennoch laut. Mir ist vorher schon einmal etwas Unangenehmes passiert: Ich habe einen bierbäuchigen Schotten dabei erwischt, wie er nackt ein paar Cracker snackte.

»Hallo?«, rufe ich durch die Tür. »Mr. Abbott?«

Keine Antwort. Ich schließe die Tür auf und trete vorsichtig ein. Niemand da. Die Küche ist eine Müllkippe; Baguette-Enden, leere Flaschen, Käserinde, ein ganzes Stück Butter, das in der Abendsonne schwitzt. Ich schnalze missbilligend mit der Zunge, dann halte ich inne und höre auf, weil Schnalzen genau das ist, was meine Mutter tun würde.

Ich nage beim Aufräumen an einem der Baguette-Enden rum. Wer dieser Typ auch sein mag, er ist daran gewöhnt, dass jemand hinter ihm herputzt. Und er ist betrunken, was man aus den vielen Flaschen schlussfolgern kann. Ich schlucke den letzten Bissen Brot hinunter und halte inne. Draußen ist es ruhig, bis auf das Zirpen der Grillen. Ich bin hier im Haus nicht an Stille gewöhnt. Manchmal verlässt eine Familie einen Tag lang das Haus, aber normalerweise sind sie gegen Abend wieder da und die meiste Zeit über ist Deb ohnehin bei mir.

Das erschreckt mich ein wenig. Nur ich und ein seltsamer Betrunkener im Haus. Ich zähle die Flaschen. Fünf Bier- und eine halbleere Weinflasche.

Ich schaue mich noch einmal in der Küche um, strecke den Kopf hinaus, um auf die Terrasse zu schauen, dann durchquere ich den großen Eingangsbereich der Villa.

»Hallo?«, rufe ich diesmal nicht ganz so laut.

Hier ist es kühler, weil die großen Flügeltüren fest geschlossen sind und die Wärme draußen halten. Auf der letzten Treppenstufe liegt eine Jacke. Ich hänge sie wieder ans Treppengeländer. Sie besteht aus weichem Jeansstoff und ist mit Fleece gefüttert – dort, wo er vorher war, muss es kalt gewesen sein. Hier würde man darin eingehen. Als ich sie aufhänge, steigt mir der Geruch in die Nase: irgendwie nach Orange und Holz, männlich.

»Mr. Abbott?«

Ich gehe durch die Empfangshalle, den Speisesaal, den Ballsaal, das Wohnzimmer. Alles sieht noch genauso aus, wie wir es hinterlassen haben, als wir die Villa für die neuen Gäste hergerichtet haben. Dann ist er oben. Wir gehen nie hoch, wenn wir Gäste haben, es sei denn, wir sollen für sie einen verstopften Abfluss reinigen oder sonst etwas erledigen. Die Schlafzimmer sind ihr privater Bereich.

Ich bin irgendwie erleichtert. Ich gehe wieder zur Treppe Richtung Personalwohnung zurück und schließe die Tür hinter mir. Die untere Wohnung wirkt so wie immer: gemütlich, vollgestellt und ohne einen Strahl natürlichen Lichts. Ich versinke im pinkfarbenen Samtsofa und schalte den Fernseher ein. Irgendein französisches Drama, zu rasant, als dass ich folgen könnte, aber eigentlich habe ich es nur wegen des Hintergrundrauschens angestellt. Vielleicht hätte ich Deb bitten sollen zu bleiben. Ich hasse dieses Gefühl der Verlorenheit, wenn ich alleingelassen werde. Ich stelle den Fernseher lauter.

Ich werde morgen noch einmal versuchen, Mr. Abbott Hallo zu sagen. Aber nicht zu früh. Er wird seinen Rausch ausschlafen müssen.

Er weckt mich am nächsten Tag durch das Schlagen seiner Fensterläden. Er schafft es anscheinend nicht, sie festzustellen. Ich schnaube, ziehe mir die Bettdecke über den Kopf. Der Mistral ist stark – bald wird eine Scheibe zerdeppern, wenn die Läden weiterhin vom Wind herumgeworfen werden.

Er spricht in der Küche mit sich selbst. Ich verstehe es durch die Decke nicht, aber an seiner Betonung erkenne ich, dass er etwas rezitiert.

Ich schaue auf mein Handy. Es ist acht Uhr morgens – zu früh, um hochzugehen und mich vorzustellen. Das seltsame Gefühl der Verlorenheit, das mich gestern Abend erfasst hat, ist wieder weg und ich freue mich über den zusätzlichen Platz im Doppelbett. Sich mit Deb ein Bett zu teilen ist wirklich nervig. Neulich hat sie im Schlaf über Politiker der Tory-Partei gesprochen.

Ich lehne mich zurück und lausche unserem Sologast, der oben im Haus herumklappert. Ich frage mich, wie er wohl aussieht. Ich habe noch nicht viel von ihm gesehen, im Grunde nur von der Hüfte abwärts, und ich habe die Stimme gehört. Ich vermute, er hat dunkle Locken und braune Augen, Stoppeln vielleicht, und ein weites Hemd. Und er trägt bestimmt ein Erbstück an einer Kette um den Hals.

Er singt einige Zeilen von einem Popsong, an den ich mich noch halb erinnere. Ich grinse zur Decke. Er trifft keinen einzigen Ton.

Als ich aufstehe, ist es halb zehn und er sitzt mit seinem Kaffee auf der Terrasse. Ich habe die Kaffeemaschine und seine Schritte auf dem Weg draußen gehört, bevor ich die Energie aufgebracht habe, mich aus den Laken zu schälen. Ich denke über mein Outfit nach – Shorts, Rock, Kleid? Schließlich bin ich genervt von mir selbst und schnappe mir ein Tanktop und die Shorts von gestern vom Boden und binde mein Haar mit einem Armband zu einem Dutt.

Auf der Terrasse keine Spur von Mr. Abbott. Kein Kaffeebecher, den hat er wohl mitgenommen, wo immer er auch sein mag. Ich blicke über die trockene, staubige Wiese und die Beete, um die sich Viktor der Gärtner jeden Donnerstag im Schweiße seines Angesichts kümmert, aber auch auf dem Grundstück ist niemand zu sehen. Habe ich mich vielleicht verhört? Ich gehe in die Küche und löse den Dutt wieder.

Heute ist es ordentlicher. Ich finde eine Nachricht.

Hallo, lieber Hausgeist. Das Chaos von gestern Abend tut mir leid, ich war völlig in Gedanken. Ich bin jetzt unterwegs, aber vielleicht könnten Sie während meiner Abwesenheit einen Blick auf die Fensterläden in meinem Schlafzimmer werfen. Ich bekomme einfach nicht heraus, wie ich sie befestigen kann, sodass sie nicht mehr ständig zuschlagen. Das macht mich ganz verrückt.

Dylan Abbott

Ach so, das macht ihn also verrückt. Ich verdrehe die Augen, knülle die Nachricht zusammen und stopfe sie in meine Hosentasche. Für die Fensterläden muss man nicht studiert haben. Wenn er sie nur zehn Sekunden lang angeschaut hätte, wüsste er, wie man sie einhängt, damit sie geöffnet bleiben. Trotzdem gehe ich zu seinem Schlafzimmer, um nachzusehen. Ich weiß, welches er sich ausgesucht hat. Ich bin inzwischen ziemlich gut darin zu erraten, welche Türen geöffnet und geschlossen werden. Badezimmer drei und vier sind schwierig zu erkennen, und manchmal verwechsele ich das achte und sechste Schlafzimmer, aber beim Rest macht mir niemand etwas vor.

Er hat sich das beste Zimmer im Haus ausgesucht, die Suite, wo Deb und ich vorgestern auf dem Balkon die Sterne betrachtet haben. Dort steht ein Himmelbett mit schwerem blauem Damast, die riesigen Fenster bieten einen traumhaften Blick auf die Weinberge. Das Bett ist ungemacht, und seine Klamotten hängen unordentlich an der Badezimmertür, als hätte er sie ausgezogen und wäre dann duschen gegangen. Das Zimmer riecht genauso wie die Jacke: nach Orange, Moschus und Mann.

Ich öffne ein Fenster. Mit den Fensterläden ist natürlich alles in Ordnung, da gibt es keine Überraschung. Ich hänge sie für ihn ein und überlege mir, eine Antwort auf seine Nachricht zu schreiben, aber was soll darin stehen? Schauen Sie sich die Fensterläden an, und machen Sie es das nächste Mal so? Ich stelle mir vor, wie ich das mache und mit Hausgeist unterschreibe, aber nein. Die Sommer-Addie ist kein Geist. Stattdessen hauche ich aus einer Laune heraus auf das Fenster und schreibe meinen Namen auf die Scheibe. Adeline. Kein Kuss.

Er kommt so lange nicht zurück, dass ich mich in den Pool wage – Cherrys Mum sagt, wir können ihn benutzen, wenn die Gäste nicht da sind. Ich bin wieder in der Wohnung und wringe gerade meine Haare im Waschbecken aus, als es an der Tür klopft.

Ich blicke an mir hinunter. Ups. Nasser Bikini, sonst nichts. Ich eile ins Schlafzimmer und wühle im Kleiderschrank – völlig sinnlos, weil alle guten Sachen auf dem Boden liegen oder in der Wäsche sind. Es klopft wieder. Mist. Ich schnappe mir ein oranges Stoffknäuel – ein Swingkleid ohne auffällige Flecken, das geht – und schlüpfe hinein, während ich zur Tür presche.

Ich öffne sie, und da steht er – der Mann von oben. Ich habe ihn mir völlig anders vorgestellt. Seine Augen sind das Erste, was mir auffällt: Sie sind hellgrün, fast gelb und sehen ein wenig verschlafen aus. Seine Wimpern sind viel länger als die der meisten anderen Männer und sein Haar ist strubbelig und braun mit sonnengebleichten Strähnen. Das Einzige, womit ich recht hatte, ist das Hemd: Es ist aus hellem Baumwollstoff, zerknittert und viel zu weit aufgeknöpft.

Kein Familienschmuck hängt ihm um den Hals, aber er trägt einen goldenen Siegelring am kleinen Finger. Hinter ihm sehe ich meine nassen Fußabdrücke, die vom Pool zur Vordertür der Wohnung führen.

»Oh«, sagt er, wirft sein Haar zurück und muss zweimal hinsehen. »Hallo.«

»Hi.« Das Mr. Abbott am Ende des Satzes spare ich mir. Es fühlt sich seltsam an, einen Mann in meinem Alter mit Mister anzusprechen. Aus meinem nassen Haar tropft es mir auf den Rücken, und ich bin dankbar für die Abkühlung – ich bin nervös. Dieses ganze Hin- und Hergeflitze.

Er lächelt langsam und verhalten. »Ich hatte gedacht, der Hausgeist wäre ein runzeliger alter Mann.«

Ich lache. »Warum?«

Er zuckt die Schultern. Die Nervosität ist unangenehm – vielleicht liegt es an ihm, die grünen Augen, das aufgeknöpfte Hemd.

»Weil sich Hausgeist einfach … runzelig anhört.«

»Na ja, du entsprichst aber auch nicht gerade meinen Vorstellungen.« Ich richte mich ein wenig auf. »Bei Die Familie Abbott, denkt man einfach … ach, ich weiß nicht … an mehr als einen Menschen?«

Er verzieht das Gesicht. »Ja. Genau. Der Rest der Familie ist abgehauen. Deswegen musst du leider mit mir vorliebnehmen. Vielen Dank, dass du meine Fensterläden repariert hast, übrigens. Du bist eine Wundertäterin.«

»Da muss man nur …«, ich spreche nicht weiter. »Gern geschehen.«

Wir blicken uns an. Ich spü