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In den letzten 40 Jahren hat sich einiges verändert, man hat gelernt zu differenzieren: Psychoaktive Substanzen sind nicht einfach gut oder böse, legal oder illegal. Die Hauptgefahr geht nicht von den Substanzen aus, sondern vom schwarzmarktbedingten Umfeld. Entkriminalisierung ist weltweit zum Thema geworden. Die meisten Probleme entstehen durch Unwissen. Dem entgegenzuwirken hat sich der Nachtschatten Verlag seit 40 Jahren verpflichtet, hat unermüdlich aufgeklärt und Wissen verbreitet. Nicht umsonst hieß einer unserer Slogans in den vergangenen Jahren Mehr Wissen mehr Spaß. Dieser Jubiläumsband enthält neue Texte von Autoren und Autorinnen sowie Zitate und prägnante Beiträge aus sämtlichen Büchern der vergangenen vier Jahrzehnte. Entstanden ist ein Band mit wichtigen Texten aus 40 Jahren Drogenkultur: 40 Jahre, die durch bekannte Protagonisten der psychoaktiven Kultur aus den Bereichen Ethnobotanik, Hanf, Forschung, Wissenschaft und Kultur geprägt sind. Der Band enthält außerdem wichtige Texte aus belletristischen und mittlerweile kaum zugänglichen Werken der Drogenliteratur. Mit rund 80 Beiträgen von Nachtschatten-Autor*innen.
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Seitenzahl: 255
Veröffentlichungsjahr: 2024
Nachtschatten Verlag
40 JAHRE NACHTSCHATTEN VERLAG
Das Buch zum Jubiläum
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Herstellung:
Bookwire GmbH
Voltastraße 1
60468 Frankfurt am Main
Deutschland
Verlag:
Nachtschatten Verlag AG
Kronengasse 11
4500 Solothurn
Schweiz
Nachtschatten Verlag AG
Kronengasse 11
CH-4500 Solothurn
www.nachtschatten.ch
© 2024 Nachtschatten Verlag
© 2024 bei den beitragenden Autoren
Der Nachtschatten Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2025 unterstützt.
Alle Beiträge ohne Quellenverweis wurden eigens für diese Anthologie verfasst.
Redaktionsteam:
Roger Liggenstorfer, Lukas Emmenegger, Hans Cousto, Markus Berger
Korrektorat: Jutta Berger
Layout: Jan Vanek, Mitarbeit: Nina Seiler
Umschlaggestaltung: Jan Vanek
Druck und Herstellung: ScandinavianBooks
ISBN: 978-3-03788-670-0
eISBN: 978-3-03788-685-4
Alle Rechte der Verbreitung durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, elektronische Medien und auszugsweiser Nachdruck sind vorbehalten.
VORWORT
Roger Liggenstorfer
PERSÖNLICHES
Arno Adelaars: Just Say Know
Wolfgang Bauer: Eine Tafelrunde kräuterkundiger Personen
Markus Berger: 40 Jahre Engagement: Psychonautik für die Gesellschaft
Lukas Emmenegger: Eine Reise mit dem Nachtschatten
Manfred Fankhauser: Allein der Name: Nachtschatten – nomen est omen
Christine Heidrich: Geschrieben, übersetzt, gesprochen
Thomas Kessler: 40 Jahre Nachtschatten Verlag, 10 Jahre Lucys Rausch
Roger Liggenstorfer: Zum Ursprung des Nachtschatten Verlages
Claudia Müller-Ebeling: Vom Schatten ins Licht, Provokante Schattenspiele
Alexander Ochse: In psychedelic Memoriam
Kolja Schumann: Ein leuchtendes Juwel
Susanne G. Seiler: Nachtschatten
Dave Steel: 40 Jahre ohne Grenzen
CANNABIS
Jorge Cervantes: Cannabis: Anbau im Haus contra Freilandanbau
Kathrin Gebhardt: Nachtschattiger Canna-Mohn-Wirbel
Franjo Grotenhermen: Therapie mit Cannabis: Die wichtigsten Vorteile
Andi Haller: Haschisch
Mischa Hauswirth: Wie gefährlich ist Cannabis wirklich?
Lark-Lajon Lizermann: Kulturpflanze Hanf
Chuck Lore: Wissenswertes zum Thema Beleuchtung im Cannabis-Anbau
Annemarie Meyer: Cannabisverbot: Offener Brief an den Schweizer Bundesrat, das Parlament, Gerichte und Staatsanwaltschaften, Strafverfolgungsbehörden und an alle Mitbürger und Mitbürgerinnen
Mike MoD: Strains züchten: Unterschiede zwischen In- und Outdoor Anbau
Patrizia Felicitas Ochsner: Cannabis – Wundermittel in der Heilkunde?
Theo Pütz: Vergleichende Gefahrenanalyse – Cannabis und Alkohol
Bernard Rappaz: Der Hanfpionier
Ed Rosenthal: Warum bauen Sie Marijuana an?
Michka Seeliger-Chatelain: Gibt es einen Unterschied zwischen Hanf und Cannabis?
ETHNOBOTANIK UND ETHNOPHARMAKOLOGIE
Govert Derix: Zwischen Ansporn und Vorsicht
Eudaimon (TE): Iboga im Wandel der Zeit und Kulturen
Jochen Gartz: Chemische und pharmakologische Erforschung der Salvia divinorum
Sergius Golowin: Europäische Rauchkräuter
Fabian Kalis: Sedativer Honig mit Phytocannabinoiden: Bastard-Indigohonig
Alexander Neusius: Peyote unter Kunstlicht
Jonathan Ott: Muscimol-haltige Pilze
Paul Stamets: Mysterium Pilz
Daniel Trachsel: Über Muscimol
KUNST UND KULTUR
HR Giger: Zeitgeist
Mathias Bröckers: Die Rückkehr nach Eleusis – Psychedelische Mysterien der Antike
Albert Hofmann: Lob des Schauens
Timothy Leary: Die Revolution von 1989 begann mit den Beatniks
Ralph Metzner, Ram Dass und Gary Bravo: Abschließende Reflexionen
Jeremy Narby: Psychedelische Renaissance? Womöglich nicht.
Gerhard Seyfried: Hanf-Weisheiten
Steve Stoned (Stefan Theurer): Lucy sucht Dich
Wolf-Dieter «Shankar» Storl: Der Narr, der nicht Nein sagen kann
Robert Anton Wilson: Zitate
herman de vries: Naturbetrachtungen
RITUAL UND PARTY
Hans Cousto: Learys Trilogie Drug, Set und Setting
Stefan Haag: Der Abend vor der Finsternis
Kevin Johann: Eleusis und Delphi – Historische Stätten psychedelischer Ekstase
Victor Mala: GOTT – Die größte aller Gedankenfiguren
Ralph Metzner: Schamanische Kosmologie
Torsten Passie: Psychedelika, religiöse Erfahrungen und Spiritualität
Christian Rätsch: Maria Sabina - Botin der heiligen Pilze
Hansjörg Sahli: Albert Hofmann in Solothurn, eine fotografische Begegnung
Nicolas Saunders: Die beste Art, Drogen zu nehmen?
Frank Sembowski: Mündigkeit
Kajuyali Tsamani: HUAIRASACHA
Joachim Wetzky: Eine Begegnung mit Wesen aus anderen Dimensionen
WISSENSCHAFT
Günter Amendt: Über die Pharmakologisierung des Alltags
Jack Herer: Konkurrenz für das Heilmittel Heroin
Dennis McKenna: Ein Licht der Hoffnung für die Menschheit
Terence McKenna: Offenes Ende
R. Gordon Wasson, Albert Hofmann und Carl A.P. Ruck: Die Wassons auf dem Weg nach Eleusis
PSYCHEDELIKA UND THERAPIE
Matthias Diesch: LSD – Rückkehr in die klinische Forschung
Peter Gasser: Bewusstseinsveränderung und Psychotherapie
Wayne Glausser: LSD-Kulturgeschichte
Yuma Greenwood: Psychedelika und evolutionäres Bewusstsein
Brigitte Grof: Stanislav Grof und das LSD: Von der Pharmakologie zu den Archetypen
Stanislav Grof: LSD: Microdosing, Freizeitgebrauch und Selbsterforschung
Marcel Levermann: Heilsame Psychedelika
Friederike Meckel Fischer: Psychedelika in der Therapie
Claudia Möckel: Integration … und psycholytische Arbeit
Michael Schlichting: Wirkfaktoren der Psycholytischen Therapie
Rick Strassman: Psychedelika
D.M. Turner: Psychedelische Sicherheit – Von der richtigen Beachtung der Werkzeuge
Samuel Widmer: Der psycholytische Therapeut
HISTORIE
Hans Cousto, Markus Berger: Kurze Verlagshistorie
LINKS
Archiv mit allen Titeln des Verlags, Autorenarchiv, Verlagsteam, Verlagsporträt
Roger Liggenstorfer
Es freut mich als Verleger des Nachtschatten Verlags ganz besonders, dass in diesem Jubiläumsbuch rund 80 Autoren und Autorinnen vertreten sind, ob mit speziell dafür verfassten Artikeln oder mit Texten aus früher verlegten Büchern. Dies betrifft insbesondere diejenigen, die nicht mehr unter uns weilen – und damit weiterhin in unserem Bewusstsein bleiben.
Bei den vorliegenden Beiträgen mussten wir von der ursprünglichen Idee der vier Grundthemen Hanf, Ethnobotanik, Kultur und Wissenschaft, die auch Basis des ebenso jubilierenden Gesellschaftsmagazins Lucys Rausch sind, etwas abweichen. Insbesondere kam das Kapitel ‹Persönliches› dazu: Diese zum Jubiläum eingereichten und verfassten Artikel sind ganz spezielle Perlen – und eben sehr persönlich. Die weiteren Kapitel sprechen für sich und stellen das große Themengebiet der Substanzkunde in einer unglaublich vielfältigen Art dar: Durch diese Bearbeitung wurde uns einmal mehr bewusst, wie riesig dieses Gebiet ist und welche Highlights in diesen vier Jahrzehnten zusammengekommen sind. Ganz abgesehen von der immensen und mitunter berühmten Autorenschaft, die in diesem Buch vertreten ist: Es ist das ABC der großen Welt der psychoaktiven Substanzen, ein Zeitdokument, das seinesgleichen sucht.
Nach 40 Jahren Verlagsleitung gebe ich diese nun weiter: Wie immer bei Abschieden gibt’s ein weinendes und ein lachendes Auge: In meiner Situation lacht der Teil, der sich darauf freut, Neues, Anderes anzugehen – und vor allem meine verschiedenen Passionen genießen zu können. Das weinende Auge ist natürlich der Abschied vom Verlegersein. Obgleich es auch einiges im Tagesgeschäft gibt, das mich loszulassen freut … Ich bleibe aber als Mitinhaber und als Verwaltungsrat weiterhin für die Geschicke des Verlages mitverantwortlich. Bei der Programmauswahl ebenso wie als Herausgeber des Magazins Lucys Rausch. Ich muss nicht mehr, ich darf, oder wie ich es in meiner Kolumne Klartext in Lucys Rausch Nr. 17 darlegte: Außer mal ins Gras beißen, muss ich nichts wirklich tun – und bis dahin darf ich es rauchen, sofern ich das will.
Dass du dieses Buch nun in den Händen halten kannst, verdanken wir nicht nur all den Autoren und Autorinnen, die ihren Beitrag zeitgerecht eingereicht haben. Eine sehr wichtige Vorarbeit hat Hans Cousto geleistet mit seiner akribischen wissenschaftlichen Art, Struktur einzubringen. Ausgewählt und erfasst wurde ein großer Teil der Artikel von Hans Cousto in Zusammenarbeit mit Lukas Emmenegger. Das Nachfassen bei den fehlenden Artikeln sowie die Nachbearbeitungen verdanke ich hauptsächlich Markus Berger, der gewohnt schnell und kompetent die Artikel weiterbearbeitete und lektorierte sowie die nötigen Inputs gab, damit das Manuskript in die Grafik konnte. Danach kam wie immer unsere Hausgrafikerin Nina Seiler ins Spiel, um unseren neuen Grafiker im Team, Jan Vanek, entsprechend zu unterstützen. Und natürlich war auch Caro Lynn von Ow, unsere stille und gute Seele im Hintergrund, mit von der Partie, insbesondere mit ihren Adleraugen. Das Ganze zu orchestrieren obliegt schlussendlich dem Verleger, hier also meiner Wenigkeit. Das Bild eines Dirigenten oder DJs erscheint mir hier oft näher und passender als die einfache Bezeichnung des Verlegers.
Dieser Dank und kurze Ausflug in unsere Teamarbeit zeigt hauptsächlich eines auf: Jedes Buch ist in sich ein Kunstwerk, das vor allem durch die konstruktive Kooperation vieler Einzelpersonen zustande kommt. Das kreative (Zusammen-) Spiel der Autorenschaft, der Grafikabteilung und des Verlegerteams lag mir schon immer am Herzen. Dies erst ermöglicht ein Buch, hinter dem alle stehen können. Zugleich stellt es das Besondere am Verlegersein dar: aus jedem Projekt etwas Einzigartiges entstehen zu lassen. Durch die Digitalisierung und die damit verbundene McDonaldisierung der Buchbranche geht dieser Aspekt leider oft verloren. Nach wie vor bleibt ein Buch etwas Außergewöhnliches. Meine Hoffnung besteht darin, dass diese Aspekte durch meine Nachfolger erhalten bleiben und der Nachtschatten Verlag weiterhin besondere, wichtige, vielfältige, herausragende und einfach schöne Bücher verlegt.
Solothurn, im August 2024
Arno Adelaars
Man kann den Pioniergeist und die Ausdauer von Roger Liggenstorfer nur bewundern. Schauen wir uns an, wo wir jetzt stehen. Wer hätte das für möglich gehalten vor 40 Jahren? Oder auch vor 27 Jahren, als ich ihm zum erste Mal begegnete? Es hat im Vergleich zu früher eine echte Veränderung gegeben in der Art und Weise, wie man im deutschen Sprachraum über manche Drogen denkt. Und der Nachtschatten Verlag hat dabei eine bedeutende Rolle gespielt.
«Just Say Know», war die Antwort der vernünftig denkenden Leute auf das Motto von Nancy Reagan, der verrückten Gattin des ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten und Cowboy-Darstellers Ronald Reagan. Inspiriert von einem für sie ungewöhnlichen Grad an Intelligenz, hatte sie die Lösung für den Krieg gegen Drogen gefunden. «Just Say No!» Nein, danke, ich mag keine Drogen. Phänomenal in seiner Einfachheit!
Es war die Zeit, in der in Anti-Drogen-Kampagnen das Gehirn eines Kiffers mit einem Spiegelei verglichen wurde. This is your brain on drugs! Wie dämlich kann man eigentlich sein?
«Just Say Know», war die angemessene Reaktion auf diesen Blödsinn. Dieses Motto war auch die Richtschnur für den Nachtschatten Verlag und ist es noch immer.
Vielen Dank, Nancy! Und vielen Dank, Roger!
Wolfgang Bauer
Am 8. Juni 2013 fand im Rahmen der Schlangenbader Kräutertage in der Residenz am Kurpark eine von der Wildkräuterexpertin Dorisa Winkenbach moderierte Aufführung statt: Eine Tafelrunde historischer kräuterkundiger Personen.
Ich hatte den Part übernommen, den Botaniker und Naturphilosophen Franz von Unger zu verkörpern. Ich erzählte in der Ichform aus seinem Leben. Katja Redemann, meine Frau, soufflierte mir, wenn ich ins Stocken geriet. (Wir hatten 1989 bei einer gemeinsamen, intensiven Forschungsfahrt sein Geburtshaus, seine Wirkstätten in der Steiermark sowie das Botanische Institut in Graz besucht.)
Bei der Tafelrunde präsentierten sich neben Unger noch die folgenden Persönlichkeiten: Die Heilerin Morgaine le Fay, 5. Jahrhundert. Die natur- und heilkundige Universalgelehrte und Äbtissin Hildegard von Bingen, 12. Jahrhundert. Der Arzt und Naturphilosoph Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, 16. Jahrhundert. Die als Hexe angeklagte Kräuterfrau Elisabeth Schmidt, genannt Schul-Else, 17. Jahrhundert. Der naturheilkundige Pfarrer Sebastian Kneipp, 19. Jahrhundert. Die heilkräuterkräuterkundige Maria Treben, 20. Jahrhundert. Die Naturheilkundlerin Anita Backhaus, 20. Jahrhundert.
Die Performance der historischen Kräuterkundler:Innen zog viel Publikum an. Die Besucher waren begeistert.
Geboren ist Franz von Unger am 30.11.1800 auf dem Gut Amthof bei Leutschach in der Südsteiermark. Als Kind sammelte er begeistert Naturgegenstände. Alle Schränke in seinem Zimmer waren mit getrockneten Pflanzen und Steinen vollgestopft. Nach seiner Schulzeit im Stift Admont studierte er in Wien und in Prag Naturhistorie und Medizin. Als 22-Jähriger ging er nach Triest, um sich als Feldarzt einer philhellenischen Feldschar im Kampf gegen die türkischen Besatzer anzuschließen. Als er den elenden Zustand des Schiffes sah, das die Menschen nach Griechenland übersetzen sollte, verzichtete er auf die Überfahrt. 1823 reiste er ohne Pass und ohne Genehmigung nach Deutschland. Im Kontakt mit frühburschenschaftlichen Kreisen entflammte er für ihre Vorstellungen von freiheitlichen Rechten für alle Menschen. Bei dieser Reise besuchte er auch die Vertreter einer naturphilosophisch orientierten Medizin wie den Naturforscher Prof. Lorenz Oken sowie den Arzt und Maler Karl Gustav Carus, einen Freund des Malers Caspar David Friedrich. Bei seiner Rückkehr verhaftete die Metternich’sche Polizei den langhaarigen, vollbärtigen und in auffällig altdeutscher Kleidung steckenden Studenten. Wegen Geheimbündelei und Vaterlandsverrat wurde er für 7 Monate inhaftiert. 1827 promovierte er zum Doktor der Heilkunde und praktizierte als Landarzt. 1835 erfolgte seine Ernennung zum Professor für Botanik und Zoologie und zum Direktor des Botanischen Gartens in Graz. Als erster Botaniker ließ Unger Schliffe von versteinerten Pflanzenstämmen anfertigen, um die Struktur der fossilen Hölzer bestimmen zu können. Unger erstellte auch Abbildungen verschiedener erdgeschichtlicher Perioden, ihrer Pflanzen und Tiere. 1859 machten seine Installationen, als sogenannte dissolving views mit Hydrooxygengas beleuchtet, unter großem Andrang von Besuchern die Runde durch Europa.
Der Fliegenpilz, sagt Franz von Unger, gibt ein süßes Gefühl von Wohlbeleibtheit, von Reichtum, Ansehen und Liebesglück. (Foto: Maurice Engelen, Pexels)
In Vorträgen vor dem von ihm mit gegründeten Volksbildungsverein in Graz begeisterte Unger ein Massenpublikum mit seinen naturphilosophischen Ausführungen. Prompt beschuldigten ihn die Jesuiten ein Gottesleugner zu sein, der mit seinen heidnisch-pantheistischen Lehren die Jugend zum Abfall von der christlichen Lehre verführe. Als Unger 1866 in den Ruhestand trat, verlieh der österreichische Kaiser ihm das Ritterkreuz und den Hofratstitel. In der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1870 starb der bis dahin wohlauf befindliche Ritter von Unger unter ungeklärten Umständen. Würgemale am Hals und Flecken im Gesicht ließen auf eine Gewalttat aus dem Umfeld seiner Gegner, der extrem papsttreuen Ultramontanisten, schließen.
Ungers Schriften über Die Pflanze als Erregungs- und Betäubungsmittel (1857), über Die Pflanze als Zaubermittel (1858), über Die Pflanzen der Vorzeit (1860), über Die Pflanzen der österreichischen Bauerngärten (1866) und über Die Pflanze als Totenschmuck und Grabeszier (1867) sind auch heute noch für volksbotanisch Interessierte ein Muss. Mit seiner Schrift Die Pflanze als Zaubermittel (1858) schuf Unger, indem er sorgfältig schriftliche und mündliche Überlieferungen mit eigenen Beobachtungen als Landarzt zusammenfasste, ein frühes Handbuch der Volksbotanik, das noch heute mit Gewinn und Vergnügen gelesen werden kann. Seine Einteilung der Zauberpflanzen in Schutz- und Glückspflanzen hat sich als sehr sinnvoll erwiesen und wurde von späteren Bearbeitern des Themas beibehalten.
Kompetent äußert sich Unger zu den Effekten von narkotisch wirksamen Pflanzen, Räuchen, Salben und Tränken. In seiner Schrift Die Pflanze als Erregungs- und Betäubungsmittel hatte er 1857 bereits eine ganze Reihe jener (wie er sie freundlich nennt) «kummerverscheuchender Heilmittel» in detailfreudiger Sachkunde in Bezug auf ihre Vor- und Nachteile abgehandelt, u.a. den Wein («Balsam für die Wunden»), den Tee («vortreffliches Mittel, das Gefühl des Wohlbehagens hervorzubringen»), den Kaffee («erheitert und erregt die geistigen Tätigkeiten»), das Hasch-isch («überall erscheinen die wundervollsten Bilder»), den Tabak («verscheucht die Sorgen»), den Fliegenpilz («süßes Gefühl von Wohlbeleibtheit, von Reichtum, Ansehen und Liebesglück») und das Soma-Bier (ein «heiliger, ebenso Kraft und Gesundheit spendender als belebender und beseligender Trank»). Zusammenfassend schrieb er: «Sowohl nach der einen als nach der anderen Seite hin scheinen die Reizmittel, deren sich der Mensch in seinem täglichen Leben neben den übrigen Genussmitteln bedient, eine wichtige, unter Umständen selbst unentbehrliche Rolle zu spielen. Während sich durch Verlangsamung des Stoffwechsels das Bedürf-nis der Nahrung protrahieren; und so füglich als Hilfsmittel, ja in manchen Fällen selbst als Ersatzmittel derselben angesehen werden können, sind sie nach der anderen Seite hin das wirksamste Mittel, den Lebensgenuss zu erhöhen, Sorge und Kleinmut zu entfernen und eine übergewöhnliche Kraftentwicklung zu veranlassen. So wohltuend aber bis auf ein gewisses Maß ihre Wirkungen auf unsere körperlichen und geistigen Operationen werden, so verderblich ist ihr Übermaß, sei es in einmaligem stärkerem oder in kleineren aber durch längere Zeit fortgesetzten Gebrauche.»
Liebes Nachtschatten-Team
Herzliche Glückwünsche zum aufregenden 40. Geburtstag des Verlages und zum 10. Geburtstag der Zeitschrift Lucys Rausch. Ich wünsche euch alles, alles Gute und viel Erfolg für die nächsten Jahrzehnte. Mit Franz von Unger wünsche ich, dass sich an eurer Tafelrunde in Solothurn immer das Gefühl des Wohlbehagens erzeugen lässt und dass in euren Köpfen die wundervollsten Bilder zu sehen sind und euch der Kraft und Gesundheit spendende, belebende und beseligende Nektar nie ausgehen möge.
Lieber Roger
Ich wünsche dir für den Un-Ruhestand eine angenehme Wohlbeleibtheit, einen immerwährenden Reichtum an kreativen Ideen und ein immerzu munteres Liebesglück - und das gern im Übermaß. Danke, dass es dich gibt!
Markus Berger
Dass der Nachtschatten Verlag, in persona Roger Liggenstorfer, seit 40 Jahren Medien, vor allem Bücher, ausschließlich zur Drogenthematik veröffentlicht und über die Jahre immer bekannter, gefragter und gewichtiger wurde, ist schon mehr als einen Toast wert. Sich mit Klarnamen für ein zutiefst stigmatisiertes Themengebiet in der Öffentlichkeit stark zu machen, stets zum Trotz der argen und weltweit die Meinung beherrschenden Anti-Drogen-Propaganda, bedeutet nicht nur Mut, sondern auch eine uneingeschränkte und gefestigte Überzeugung, das Richtige zu tun. Gegen Windmühlen zu kämpfen, erfordert Kraft und Durchhaltevermögen.
Dass heute die psychoaktiven Substanzen und Zustände gesellschaftlich weit weniger vorurteilsbehaftet betrachtet werden als die vergangenen Hundert Jahre zuvor, ist – da bin ich sicher – zu einem nicht unerheblichen Teil auch dem Verlag und seinen Autoren zu verdanken. Die unermüdliche Aufklärung, die Richtigstellung von politischen und wirtschaftlichen Lügengeschichten und die Wahrnehmung eines Bildungsauftrags haben sicherlich dazu beigetragen, dass nach und nach nicht nur der Hanf in ein anderes Licht gerückt wurde und wird, sondern auch die psychedelischen Pflanzen, Pilze und Substanzen wie auch alle anderen psychotropen Stoffe. Zwar sind wir noch lange nicht so weit, behaupten zu können, eine vernunftbasierte und nicht auf Doppelmoral basierende Drogenpolitik zu erleben. Eigentlich gilt das für jedes Land. Trotzdem sind wir auf einem guten Weg, den so zu erleben ich nicht gewagt hätte zu hoffen. Nicht im Traum.
40 Jahre Nachtschatten Verlag. Die Zeit rast dahin – feierten wir nicht eben erst die 30 Jahre mit fulminantem Symposium in Solothurn?! Auch für mich markiert dieses Datum ein weiteres Jubiläum. So habe ich vor zehn Jahren mit Roger die erste Ausgabe unseres Magazins «Lucys Rausch» vorbereitet, nachdem die Nullnummer im Herbst 2014 erschienen war und uns allen gefiel, jedoch der ursprünglich angedachte Redaktionsleiter nicht weiterbeschäftigt wurde.
Ein weiteres persönliches Jubiläum im Zusammenhang mit dem Nachtschatten Verlag liegt jetzt bereits ein ganzes Jahr zurück – und damit schon 21 Jahre. Denn 2003 habe, nachdem 2002 mein Debut Psychoaktive Kakteen erschienen war, ich mit dem Titel Stechapfel und Engelstrompete – Ein halluzinogenes Schwesternpaa» mein erstes Nachtschatten-Buch veröffentlicht, und zwar standesgemäß in der Reihe «Die Nachtschattengewächse - Eine faszinierende Pflanzenfamilie».
Seitdem ist vieles passiert, es gab unglaublich viele tolle Zeiten mit wunderbaren Erlebnissen. Aber es gab auch schwere Phasen, in denen nicht wirklich klar war, wie es weitergehen soll. Doch das Boot, in dem wir alle gemeinsam sitzen, umschifft wacker alle gefährlichen Klippen und trotzt mutig den Widrigkeiten des Wetters … denn wir erleben schlichtweg das Auf und Ab des Lebens, die Bewegung von einem Pol zum anderen.
Und so ist in diesem Jahr, 2024, die Zeit gekommen, in der Roger seine erste Rente empfangen wird und sich nach und nach aus dem Tagesgeschäft zurückziehen, jedoch als Verwaltungsrat, stellvertretender Geschäftsführer sowie nach wie vor als Herausgeber des Magazins Lucys Rausch aktiv sein wird.
Es macht mich stolz, schon so lange ein Teil der Nachtschatten-Familie zu sein, und zwar zusammen mit zahlreichen Kollegen aus aller Welt, die in der interdisziplinären Drogenforschung und -kultur in den verschiedensten Bereichen Einflussgeber waren und sind, sozusagen die frühen psychoaktiven «Influencer» … Unter dem Dach des Nachtschatten Verlags versammeln sich so seit nunmehr 40 Jahren hochkarätige Wissenschaftler und Forscher, unermüdliche Aktivisten, visionäre Künstler und Literaten aller Couleur, spirituelle Lehrer und weitere subversive und enthusiastische Verfechter der Psychonautik in all ihren Facetten.
Herzlichen Glückwunsch, lieber Roger und liebe Kollegen, zu 40 Jahren gelebter und geliebter psychotroper Kultur. Im Angesicht der psychoaktiven Renaissance sagen wir (ohne Träne im Knopfloch): «Adieu, Sub- und Gegenkultur, auf geht‘s - hinein in die gesellschaftliche Mitte! Wir haben uns lange genug an den Rand der Gesellschaft drängen lassen!» Heben wir also das Glas im Andenken an 40 zurückliegende Jahre der Inspiration und Wahrheitsfindung! Stoßen wir an auf viele weitere Jahrzehnte engagierter Arbeit im Sinne der nonprohibitiven Aufklärungs- und Bildungsarbeit - auf das gemeinschaftliche Wirken für eine bessere Welt, die für jeden lebenswert sein möge.
Lukas Emmenegger
Vor 23 Jahren war ich auf der Suche nach Informationen zu magischen Pilzen. Dabei stieß ich auf den Nachtschatten Verlag mit seinen spannenden Büchern, welche mein Interesse weckten. Jahre später kam mir der Gedanke, mich beruflich mit Büchern auseinanderzusetzen, da ich diese schon von klein auf liebte. Wie es der «Zufall» wollte, erhielt ich einen Newsletter vom Nachtschatten Verlag mit dem Hinweis, dass sie einen Praktikanten suchen. Das war vor 11 Jahren. Und jetzt beginnt für mich ein neuer Lebensabschnitt als Verleger. Mein Engagement im Nachtschatten Verlag besteht darin, das Erbe von Roger Liggenstorfer in würdiger Weise weiterzuführen und weiterzuentwickeln. Roger war und ist für mich ein guter Lehrmeister, der mich in die Welten der Bücher und Psychedelika führte. Von Herzen danke ich dir für das Vertrauen, lieber Ganesh Baba!
Eigenartigerweise hatte Christian Rätsch anlässlich der Übergabe seines Geburtstagsbuchs Seelenlandschaften zu Markus und mir gesagt, wir seien «the next generation» – obwohl es damals noch nicht zur Diskussion stand, dass wir den Verlag weiterführen. Ich freue mich auf die Zukunft mit dem tollen Team im Hintergrund – danke an Markus, Caro, Nina, Jan, Jutta, Mirko und alle anderen, die bei uns mitwirken!
Ich glaube, dass der Mensch selber entscheiden soll, wie er seinen Geist stimuliert, ob psychoaktiv, durch Meditation oder sonst wie. Dazu gehört auch, dass man Psychoaktiva so autonom wie möglich genießen kann. Es ist wichtig, dabei selbstbestimmt zu handeln, und wie Leary sagt, ist das Prinzip Drug, Set and Setting eine wichtige Voraussetzung für einen risikoarmen Gebrauch von psychoaktiven Substanzen und befähigt zu einem realistischen und vernünftigen Risikomanagement. Es geht um Drogenmündigkeit und Drogenkompetenz. Obwohl die Politik seit Jahrzehnten versucht, den Drogenkonsum einzudämmen und dafür einen immer größeren Aufwand betreibt, gab es noch nie auf der Welt eine so große Auswahl an psychedelischen Substanzen wie heute. Und immer mehr Menschen jeder Altersgruppe entdecken die Möglichkeit, diese Stoffe nicht nur zum Rausch, sondern auch zur persönlichen Weiterentwicklung zu nutzen.
Drogen sind Werkzeuge, die einen bestimmten Zweck erfüllen können, das heißt, bevor man Drogen nimmt, sollte man wissen, wozu und weshalb man sie einnehmen will. In der Partyszene gibt es Menschen, die mit Drogen Russisch Roulette spielen; dadurch laufen sie Gefahr, sich zu verlieren und ihren Geist zu verblenden, und bringen mit ihrem Verhalten die Subkulturen, in denen Drogen konsumiert werden, in Verruf. Andererseits hat die Einnahme von Psychedelika für manche Menschen die Bedeutung eines heiligen Sakramentes auf dem spirituellen Weg.
Junge und unerfahrene Konsumenten brauchen präzise Informationen über einzelne Substanzen und ihre Wirkung, damit sie den Substanzgebrauch möglichst ohne Schaden genießen können. Das Magazin «Lucys Rausch» kann als Lehrmittel für psychonautische Novizen betrachtet werden. In jeder Ausgabe erscheinen fundierte Artikel über die Wirkweise einzelner Stoffe und über die kulturellen Rahmenbedingungen, in denen diese Stoffe so wirken, dass die psychonautische Reise einem in positiver Erinnerung bleibt. Selbst ein negativer Trip kann positive Eigenschaften haben; die Erkenntnis folgt einfach zu einem späteren Zeitpunkt.
Selbsterkenntnis ist wohl die schwierigste Aufgabe unseres Lebens, vielleicht die einzige wirkliche Aufgabe, sind wir doch alle in Täuschungen über Täuschungen befangen.
Wolf-Dieter Storl
Es ist wichtig, einem breiten Publikum Informationen über die Wirkung von Drogen zugänglich zu machen. Die Beiträge in großen Tages- und Wochenzeitungen sowie zahlreichen Radio- und Fernsehsendern sind jedoch qualitativ sehr unterschiedlich geprägt und liefern meist keine nützlichen Infos zum risikoarmen Gebrauch von Psychoaktiva. Die Publikationen des Nachtschatten Verlags, insbesondere das Magazin Lucys Rausch, helfen dabei, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die psychedelische Revolution ist im vollen Gange!
Schon in der Antike wurden bewusstseinsverändernde Substanzen zu rituellen Zwecken eingenommen. Gemäß der Überlieferung der Mysterien von Eleusis war der heilige Trank Kykeon ein Saft, der die sinnliche Wahrnehmung veränderte. Und schon Jahrtausende früher, so die Überlieferungen in den Veden, war das mächtige Soma allgegenwärtig. Vor Zehntausenden Jahren bezeugen Wandmalereien in Spanien und Nordafrika die Bedeutung kleiner Pilze für die menschliche Kultur. Der Pilz war schon damals ein Instrument zur Öffnung der Pforten der Wahrnehmung – selbst bei «Ötzi» wurden welche gefunden. Terence McKenna postulierte in seinem Buch Speisen der Götter (1992), dass die kulturelle menschliche Entwicklung maßgeblich von kleinen Zauberpilzen beeinflusst worden sei (Stoned-Ape-Theory).
Wohin führt der Weg? Das Ziel ist es, den Lesenden zu ermöglichen, das Wissen und die Reife zu erlangen, selbst zu entscheiden, was ihnen guttut. In den Büchern des Nachtschatten Verlags finden sich viele Hinweise, wie die Betrachtung der Welt erweitert werden kann. Jede Substanz verändert die Wahrnehmung in eine ganz bestimmte Richtung und offenbart somit ein anderes Erscheinungsbild der Welt, als man es im nüchternen Zustand gewöhnt ist.
Die Welt ist tief gemacht, viel tiefer als ihr je gedacht.
Bô Yin Râ
In 23 Jahren wird auch meine Reise im Nachtschatten Verlag beendet sein – dann folgen hoffentlich weitere Verleger*innen, die den 100. Jahrestag feiern werden.
Manfred Fankhauser
Natürlich assoziieren botanisch Versierte den Begriff Nachtschatten mit den Nachtschattengewächsen, den Solanaceae. Viele Rausch- und Giftpflanzen, wie beispielsweise die Engelstrompete, Tollkirsche, Bilsenkraut und viele andere mehr, gehören dieser Pflanzengattung an. Man vermutet, dass früher die Nachtschattengewächse als Nachtschadenpflanzen bezeichnet wurden, weil viele davon Albträume (eben Nachtschaden) auslösen können. Übrigens gehört auch die in der Mythologie verehrte Alraune (Mandragora) zu den Solanaceaen; die Wurzel wurde aufgrund ihrer menschenähnlichen Gestalt als Panazee, also als allheilendes Wundermittel, verehrt und verwendet.
Wenden wir uns von der Botanik ab. Mit dem Wirken von Roger Liggenstorfer und seinem Nachtschatten Verlag haben es viele Themen rund um das Sujet Drogen aus dem Nacht-Schatten in die Sonne geschafft. Es ist ein großer Verdienst von Roger und seinem Team, dass in den vergangenen vier Jahrzehnten nicht nur altbekannte Heil- und Rauschpflanzen, sondern viele Unbekannte, darunter auch Exoten, porträtiert wurden. Dabei wurde viel Neues und Überraschendes zu Tage gefördert, immer auch mit dem Anspruch, fundierte und seriöse Arbeiten zu publizieren. In unzähligen Publikationen konnten gängige Vorurteile gegenüber gewissen Substanzen oder Pflanzen entkräftet werden, oftmals trugen die Bücher zur Entstigmatisierung von Drogen bei. Dabei wurde nie vergessen, dass die Veröffentlichungen im Nachtschatten Verlag nicht zum Konsum von Drogen anregen sollen, sondern das Wissen und die damit verbundene Aufklärung im Vordergrund steht.
Aufgrund der unglaublichen Vielfalt als Faser, Heil- und Rauschpflanze ist Cannabis im Nachtschatten Verlag sehr populär vertreten. Es ist wohl kein Zufall, dass vor 40 Jahren dem Hanf das erste eigene Buch, Hanf in der Schweiz, gewidmet wurde. Seither wurden unzählige Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht, nicht zuletzt deshalb, weil gerade in dieser Zeit zum einen Meilensteine in der Cannabisforschung gesetzt wurden (z.B. Entdeckung der Cannabisrezeptoren) und zum anderen Lockerungen im Umgang mit dem internationalen Cannabisverbot im Gange sind. Nicht zu vergessen die Renaissance der Heilpflanze Hanf, die vielen notleidenden Patienten eine wertvolle und oftmals einzigartige Therapieoption bietet. Es ist bemerkenswert, wie Roger und sein Team des Nachtschatten Verlags verschiedensten Autor:innen die Möglichkeit gab und gibt, Wissen zu dieser faszinierenden Pflanze aus unterschiedlichsten Blickwinkeln zu vermitteln. Ich glaube, dass die unermüdliche Arbeit des Nachtschatten Verlags viel zur Versachlichung der schweizerischen Drogenpolitik, insbesondere auch was Cannabis betrifft, beigetragen hat.
Ich komme nochmals auf das Panazee zurück, dieses Wunder vollbringende Heilmittel. Es ist vielleicht nicht gerade ein Wunder, aber zumindest bewundernswert, wie du all die Jahre das Schiff Nachtschatten Verlag auch durch stürmische Zeiten gesteuert hast und immer Oberwasser behalten hast. Das ist alles andere als selbstverständlich im – um im maritimen Sprachgebrauch zu bleiben – Haifischbecken des Verlagswesens. Ich hoffe sehr, dass der Nachtschatten Verlag weiterhin spannende, überraschende, durchaus auch kontroverse Publikationen zum Thema Drogen veröffentlicht. Es bleibt der Wunsch, dass Solothurn auch künftig eine tragende Rolle in der faszinierenden Welt der Psychedelika spielen wird.
Dir, lieber Roger, wünsche ich von Herzen, dass du es nach 40 Jahren im Geschäft ein bisschen ruhiger angehen kannst und deine persönlichen Wünsche und Träume verwirklichen kannst.
Christine Heidrich
Wir verweilen ein paar Tage im Val-de-Travers, dem «Tal der Zwischenwelt». Hier scheint die Zeit wirklich stehengeblieben zu sein. Finden wir hier wohl Hinweise auf die Grüne Fee – gibt es sie als Wesen? Schon werden uns geheimnisvolle Geschichten zuteil, natürlich bei einem geselligen Glas «Apéro», das hier tatsächlich nie fehlt.
Nicht ohne Schmunzeln verraten uns unsere freundlichen Gastgeber von einem Brauch im Val-de-Travers, mit dem man der Prohibition zu trotzen wusste. Er zieht uns sofort in seinen Bann. Wir werden zu einer versteckten Quelle im Wald eingeladen, und was uns dort erwartet, rührt uns zutiefst: Ein wenig verborgen findet sich dort eine Flasche Absinthe. Die Quelle bietet frisches Wasser, ein paar Gläser haben unsere Gastgeber wohl wissend mitgebracht. «Santé» heißt es mitten im Wald! Natürlich weiß niemand, woher die Flasche stammt. Sie lag einfach schon dort. Sollte sie einmal leer sein, so findet sich auf geheimnisvolle Weise stets eine neue an derselben Stelle. Ob das der Grünen Fee zuzuschreiben ist? Der Konsum selbst war ja nie verboten. Dieser Brauch aus Prohibitionszeiten funktioniert jedenfalls noch heute. […]
Ein anderer Ausflug führt uns am Wasserlauf der Areuse entlang bis zu ihrer Quelle hinauf. Entrückt vom Wege abgekommen tauchen wir, auch hier von steilen Felshängen im Rücken geschützt, in eine Welt voll lieblicher Pflanzen ein. Leises Geplätscher jungfräulichen Wassers mit allerlei Kleinlebewesen, die sich im zarten Sonnenstreif vor unseren Augen im seichten Nass tummeln, begleitet unseren Weg. Bilder von alten Zeiten steigen vor unserem geistigen Auge auf – wie viele durstige Kehlen vor uns haben wohl schon ihr Absinthe-Wasser diesem Fluss entnommen […]
Christine Heidrich, Zauberhaftes aus dem Val-de-Travers. In: Mathias Bröckers, Christine Heidrich, Roger Liggenstorfer, Die Wiederkehr der Grünen Fee (2006) S. 41-43.
Mit dem Buch Die Wiederkehr der Grünen Fee begann meine Beziehung als Autorin zum Nachtschatten Verlag. 2006 veröffentlichten Roger, Mathias Bröckers und ich unsere Publikation über Absinthe, nachdem Roger und ich mit Marco Tandura ein Jahr zuvor die Absinthe-Bar Die Grüne Fee in Solothurn gegründet hatten. Als hauptberufliche Architektin war es meine Aufgabe, den Umbau und die Gestaltung zu planen und zu realisieren, die außergewöhnliche Bar gibt es immer noch.
Schreibend bin ich ansonsten als Architekturtheoretikerin tätig und widme mich Themen der neueren Architektur, Frauen in der Architektur und Kunst am Bau. Hin und wieder erscheinen Artikel von mir zur Psychedelischen Kunst oder Visionary Art in Lucys Rausch.
Im Jahr 2008 bot sich mir die Gelegenheit, das Schreiben noch auszuweiten und nebenberuflich Übersetzerin zu werden. Seitdem sind an die 20 meiner Übertragungen vom Englischen ins Deutsche im Nachtschatten Verlag erschienen, insbesondere die Werke von Ralph Metzner und Stanislav Grof. So bin ich neben der Architektur in ein weiteres Themenfeld eingetaucht, das mich fasziniert – die Erweiterung des Bewusstseins und die Rolle psychedelischer Substanzen beim verantwortungsvollen Gebrauch. Diese Inhalte übertrage ich mittlerweile auch in gesprochenes Wort. An meine alte Begeisterung am Theaterspielen anknüpfend, leihe ich dem Nachtschatten Verlag meine Stimme – als Sprecherin des Lucys-Rausch-Hörmagazins und ganzer Buchpublikationen als Hörbücher. So trage ich auf verschiedenen Ebenen zur Vermittlung der Verlagsinhalte und zur Drogenkompetenz bei.
Meine Beziehung zum Verlag geht jedoch über Schreiben, Übersetzen und Sprechen hinaus. Seit zwei Jahrzehnten bin ich mit den Entwicklungen des Verlags auch privat verbunden, als Rogers Partnerin, und somit immer wieder als Beraterin mit offenem Ohr oder «Auge von außen».
Thomas Kessler