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Maggie Barrisford - bekannt aus dem ersten Buch, DU bist tot ...!!!, muss in ihrer Funktion als Schriftstellerin eine neue Mordgeschichte schreiben. Dabei kommt es in ihrem privaten Umfeld leider auch wieder zu einem Mord.
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Seitenzahl: 109
Veröffentlichungsjahr: 2017
P. G. Groeger
Maggie Barrisford mordet weiter
© 2017 P. G. Groeger
Umschlag, Illustration: Jörg Peterskofsky
Lektorat, Korrektorat: Sabrina Felgenträger
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7439-0318-0
Hardcover:
978-3-7439-0319-7
e-Book:
978-3-7439-0320-3
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Wem Maggie Barrisford noch nicht bekannt sein sollte: Maggie Barrisford ist die Hauptdarstellerin in der Geschichte „DU bist tot oder rote Highheels“, aus meinem ersten Buch, DU bist tot …!!! – Drei mörderische Kurzgeschichten - erschienen im Februar 2016. In diesem führte sie – neben ihrer eigenen Mordgeschichte - meine sehr geschätzten Leser zu den weiteren Kurzgeschichten.
Da dies beim werten Leserpublikum so gut ankam, habe ich mich dazu entschlossen, diese Vorgehensweise auch in diesem Buch weiter zu führen.
Maggie wird Sie also auch in diesem Buch – mit ihrer eigenen Geschichte – unterhalten und als Schriftstellerin ihr eigenes, weiteres Buch schreiben. Ich wünsche viel Vergnügen.
Patchwork Familie
Amüsiert schaute Maggie dem kleinen, grauen Fellbündel zu, wie dieses verzweifelt versuchte den eigenen Schwanz einzufangen. Molly war erst fünf Monate alt und ihr fehlte noch so ganz und gar die Ruhe und Abgeklärtheit, die Katzen mit den Jahren so ausstrahlen können. Mit fünf Monaten waren Fressen, Spielen, Schlafen und das Katzenklo suchen noch auf den vordersten Rängen der Prioritätenliste einer Katze.
Maggies erster Kater, Mr. Churchill, war ein solches Exemplar der Abgeklärtheit. Er war vor zwei Jahren, im stolzen Alter von 19 Jahren, ruhig und friedlich eingeschlafen. In den Jahren ihres Zusammenlebens war er bekanntlich zu einem Meister der Manipulation und Meditation für Maggie geworden.
Lange hatte Maggie darüber nachgedacht, ob sie wieder einen tierischen Partner in ihr Leben integrieren sollte, wo sie doch so viel auf Reisen war. Aber es war ruhiger geworden in den letzten Monaten und so holte sie sich vor drei Monaten dieses winzige, graue Fellbündel ins Haus und war mittlerweile sehr glücklich über diesen Entschluss, denn das kleine Katzenmädchen bereitete ihr sehr viel Freude.
Während sie so dasaß und Molly beim Spielen zuschaute entwich ihr ein tiefer Seufzer. Sie musste sich aufrappeln. Schluss mit dem Nichtstun, denn, das nächste Buch wollte geschrieben werden und Lionel drängte mittlerweile fast täglich darauf, wenigsten ein paar Kapitel zu bekommen. Wenn er wüsste, dass Maggie noch nicht eine Zeile geschrieben hatte, ja noch nicht einmal eine Idee hatte, er würde sicherlich von London durch den Hörer gekrochen kommen um sie aufzurütteln.
Maggie beschloss einen Spaziergang zu unternehmen. Vielleicht würde ihr ja der Seewind eine Idee in den Kopf pusten. Es war erst Anfang April und noch fegten kalte Winde vom Meer übers Land. An diesem Tag aber strahlte die Sonne von einem leuchtend blauen Himmel und ließ eine Vorahnung auf den kommenden Frühling bei Mensch und Tier aufkommen. Sorgsam hüllte Maggie sich in ein dickes Cape, schlang sich einen ihrer bunten Schals um Hals und Kopf und versenkte ihre Füße in den kuschligen, bunten Winterstiefeln. Beim Verlassen des Hauses achtete sie darauf, dass ihr die kleine Katze nicht zwischen den Beinen durchhuschte und nach draußen geriet.
Langsam schlenderte sie die Strandpromenade entlang, die Hände tief in den Taschen vergraben und den Kopf den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen gereckt. Außer ihr waren nur wenige Menschen unterwegs, die Touristensaison hatte noch nicht begonnen und die Einheimischen waren noch unter sich und genossen die Ruhe und das friedliche Miteinander. Maggie grüßte die entgegenkommenden Strandgänger fröhlich und gelangte schließlich zum Hafen. Billy, der Inhaber des kleinen Cafés am Pier, hatte Tische und Stühle vor die Tür gestellt und der Duft von frisch gebrühtem Kaffee wehte ihr in die Nase. Sie bestellte sich im Setzen einen Pott davon mit Milch und ein Puddingteilchen dazu. Billy brachte Beides umgehend und stellte es mit einem „Wohl bekomms“ auf dem Tischchen ab. Die kaltwarme Brise - vom Meer kommend - roch nach Seetang und der Wind hinterließ den leicht salzigen Geschmack des Meeres auf den Lippen.
Der Kaffee war heiß und das Teilchen köstlich. Maggie genoss und schaute dem Kommen und Gehen der Boote zu, die langsam in den Hafen rein- und rausfuhren. Das schöne Wetter hatte doch einige Segler aufs Wasser gelockt und die bunten Segel tanzten auf den Wellen auf und ab.
Heftiges Stühlerücken holte sie aus ihrer Melancholie. Ein kurzer Blick über die Schulter zeigten ihr eine Frau und einen Mann in mittleren Jahren. Beide waren in typische Seglerkleidung gehüllt und ihnen gehörte sicherlich eines der schicken Segelboote unten am Anleger.
Oha, die zwei hinter ihr gehörten nicht zu der Sorte Mensch, die sich in der Öffentlichkeit rücksichtsvoll unterhält. Laut und ungeduldig rief der männliche Teil des Paares nach einer Bedienung, während er sich weiterhin mit dröhnender Stimme mit seiner Partnerin unterhielt.
In seiner unnachahmlichen Art schlenderte Billy gemütlich zu den Beiden und stellte sich breitbeinig, die Hände in den Hosentaschen vergraben, vor den Störenfrieden auf: „Was darf es sein die Herrschaften?“ Unfreundlich und barsch orderte man: „Bier, groß und was zu essen“. Leicht auf den Fersen wippend und mit dem Kopf nickend kam von Billy nur ganz trocken: „Sehr gerne die Herrschaften. Ich bringe ihnen die Karte.“
Mit diesen Worten wandte er sich wieder ab, schlenderte gemütlich zum dem Holzhäuschen, welches sein Café beherbergte und begab sich dort hinter die Theke. Maggie grinste, denn eine Karte hatte sie hier noch nie gesehen. Man fragte einfach nach was es heute gab und bestellte dann oder man ließ es.
So wie Maggie Billy kannte, konnte es nun ewig dauern, bis er sich mit den Getränken und der versprochenen Speisekarte wieder blicken lassen würde. Aber so wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es nun mal heraus.
Die Beine lang ausgestreckt und das Gesicht den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen lehnte sie sich weiter auf ih- rem Stuhl zurück und lauschte so nebenbei der Unterhaltung der beiden Fremden. Denn es war so gut wie unmöglich dies nicht zu tun, so geräuschvoll ging es bei den Beiden zu. Man unterhielt sich über die Bewohner einer Kleinstadt. Es war die Rede von Trockenheit, Ernte und Belanglosigkeiten.
Eigentlich war es keine Unterhaltung, sondern nur eine Abfolge von Lästereien über Menschen, die wohl aus dem täglichen Umfeld der Beiden waren.
Halb träumend, halb den Worten vom Nachbartisch lauschend entstanden vor Maggies Augen plötzlich Bilder einer Kleinstadt. Gelegen in einer kargen, trockenen Landschaft, huschten vor ihrem inneren Auge Farmhäuser und Berge vorbei. Dazu formten Ihre Gedanken Personen und eine Vorstellung, wie ihre nächste Geschichte anfangen könnte.
Um Billy den Spaß nicht zu nehmen, dass er die beiden da draußen einfach sitzen ließ, ging Maggie zu ihm in das kleine Café und zahlte mit einem Augenzwinkern ihren Kaffee und das Teilchen. Langsam machte sie sich in Gedanken versunken auf den Heimweg. Lionel sollte sein nächstes Buch bekommen.
Kalt und schneidend pfiff der Winterwind durch die Straßen der Stadt. Dunkle, schwere Wolkenberge flogen tief und schnell am Himmel und verkündeten Schnee. Die einsetzende Dämmerung fiel langsam, wie ein Schleier, über die unzähligen Autos und Menschen, die sich – wie jeden Tag um diese Zeit auf dem Heimweg oder zu einer der unzähligen Unterhaltungsmöglichkeiten in der City befanden.
Eingezwängt zwischen zwei hohen Giganten aus Glas, Stahl und Beton duckte sich ein grauschwarzer Backsteinbau mit einem Glockentürmchen auf dem Giebel. Zwölf Stufen führten über die gesamte Breite des Gebäudes nach oben auf einen kleinen Vorplatz der von hohen Säulen gerahmt war und das Vordach des alten Gebäudes trug. Ein auf Hochglanz poliertes Messingschild glänzte im Licht der Straßenlaterne und der interessierte Besucher konnte diesem entnehmen, dass es sich bei dem Gebäude um die Kirchengemeinde und das Waisenhaus der „Gemeinschaft der Seligen Schwestern“ handelte, gegründet 1861.
Schwester Clayborn und Schwester Richman waren soeben dabei die schweren Flügeltüren der Eingangstür des alten Backsteinhauses für die Nacht zu schließen, als sie in der rechten Ecke ein leises Wimmern hörten und beim näheren Hinschauen ein großes Stoff-Bündel entdeckten. Vorsichtig gingen die beiden – schon etwas betagten – Schwestern auf das im Dunkel liegende große Bündel zu, das zusammengekauert im Winkel zwischen der schweren Eichentür und den dicken Steinwänden hockte.
„Ist das etwa ein Kind?“ fragte Schwester Clayborn leise ihre Mitschwester, diese hatte jedoch mittlerweile beherzt das in Decken eingepackte Kind aufgenommen und schüttelte fassungslos den Kopf. „Los, schnell nach hinein ins Warme.“
Energisch, das Bündel auf dem Arm, schob Schwester Richman Schwester Clayborn ins Innere des alten Steingebäudes. Zwar war das Innere des Klosters nicht gerade das was man als einladend warm und gemütlich bezeichnen würde, aber frieren musste man auch nicht. „Los, los, wer weiß wie lange das Kindchen hier schon liegt“ trieb Schwester Richman ihre Mitschwester voran. „Ich gehe und packe das Kind in ein heißes Bad. Du rufst Doktor Millner und die Mutter Oberin.“ Eilig hastete Schwester Richman weiter und ließ Schwester Clayborn sprachlos zurück.
Plötzlich alleine gelassen hatte Schwester Clayborn nun doch rechte Mühe die große Eichentür zu verschließen. Aber tapfer trotzte sie den Widrigkeiten, drehte letztendlich entschlossen den großen, alten Schlüssel um und eilte durch den Innenraum des Kirchraumes zu einer Seitentür, die zu den noch bewohnten bzw. bewohnbaren Räumlichkeiten der kleinen Klostergemeinschaft führte.
DieGemeinschaft der Seligen Schwesterngab es schon seit über einhundert Jahren, allerdings war von den seinerzeit weit über einhundert Schwestern nur noch eine Handvoll geblieben. Fünf Ordensschwestern, drei Novizinnen und die Mutter Oberin bewohnten die steinernen, kalten Gemäuer noch. In den letzten 25 Jahren wurden auch keine Waisenkinder mehr in die Obhut der Schwester gegeben. Staatliche Institutionen haben diese Aufgabe übernommen und so wurden mit der Zeit die Schlaf- und Aufenthaltsräume für die Kinder nicht mehr genutzt. Die alten Steingemäuer waren somit teilweise dem langsamen aber stetigen Verfall preisgegeben. Einzig das Kirchengebäude und das Wohnhaus der Schwestern waren in relativ gutem Zustand.
Da dieGemeinschaft der Seligen Schwesternkeiner der großen Kirchen angehörte, sorgten seit Generationen treue Gemeindemitglieder und deren Familien dafür, dass das Kirchengebäude und das Wohnhaus erhalten und nutzbar für die Nonnen blieben.
Unter den Decken und Lumpen kam ein kleines zartes Mädchen, nicht viel älter als vielleicht zwei oder drei Jahre alt, zum Vorschein. Langsam entkleidete Schwester Richman das kleine Menschenkind und wickelte es in eine warme Decke.
Schwarzes, bläulich schimmerndes und glattes Haar hatte die Kleine. Die leicht olivfarbene Haut des Brustkorbes hob und senkte sich langsam und gleichmäßig. Das Kind schien ein wenig unterernährt, denn die Ärmchen und Beinchen waren doch recht dünn und die Rippen zeichneten sich scharf unter der Haut ab. Oberflächlich gesehen, waren allerdings keinerlei auffällige Merkmale am Körper zu erkennen.
Vorsichtig hob Schwester Richman das kleine Mädchen in eine Wanne, die sich zwischenzeitlich mit wohltemperiertem Wasser gefüllt hatte. Ein leiser Schnaufer entwich dem herzförmigen Mund der Kleinen, als sie behutsam in das warme Nass eingetaucht wurde. Während Schwester Richman das kleine Mädchen fürsorglich mit einem weichen Schwamm und Rosenseife abwusch, öffnete die Kleine ihre Augen. Zwei große Kulleraugen mit einer violetten Iris, jeweils umkränzt von einem dichten schwarzen Wimpernkranz schauten die alte Frau ernst und doch dankbar an. Dann schlossen sie sich langsam wieder und der kleine Körper streckte sich wohlig unter den Händen der Ordensfrau.
Diese war bald mit dem Reinigungsritual fertig und packte das Kind in ein großes Badetuch. Während sie den kleinen Körper noch ordentlich mit dem harten Frotteehandtuch abrubbelte, um den Kreislauf des Kindes wieder in Schwung zu bringen, trafen auch schon zeitgleich der alte Doktor Millner und die Mutter Oberin im Badetrakt ein.
Doktor Millner, seit fast vierzig Jahren der Hausarzt der Schwestern, untersuchte das Kind und die Schwestern berichteten abwechselnd der Mutter Oberin wie und wo sie die Kleine gefunden hatten.
„Nun, unsere kleine Pocahontas ist gesund, vielleicht ein wenig unterkühlt. Lange kann sie nicht dort draußen in der Kälte gesessen haben.“ Langsam wandte Doktor Millner sich nach der Untersuchung des Kindes um und schaute in die wartenden Gesichter der Nonnen, die sich still im Hintergrund gehalten hatten. „Wir müssen die Polizei informieren, diese wird dann die Behörden aktivieren. Das Kind kann hier nicht bleiben. Und vielleicht wird es auch schon gesucht.“ Mit diesen Worten wandte sich die Mutter Oberin an die Schwestern und den Doktor. „Nun, die Polizei informiere ich“ sagte der Doktor „und dann sehen wir weiter. Jetzt lassen wir die Kleine erst einmal ausschlafen. Das wird ja wohl möglich sein bis morgen früh.“
Mit diesen energischen Worten nahm Doktor Millner der Mutter Oberin erst einmal den sprichwörtlichen Wind aus den Segeln, denn diese war nicht gerade für Herzenswärme und Güte bekannt.
Mit strengem Regiment führte die Mutter Oberin den Orden der Schwestern und duldete keinerlei Abweichungen vom Tagesablauf. Es herrschte eine strenge Hierarchie und die Regeln waren zu befolgen, wobei Gehorsamkeit und Schweigen die obersten Gebote waren. Erstaunlicherweise aber die Schwestern dieses Ordens alle mit Stimmen gesegnet, die auf den Bühnen dieser Welt sicherlich viele Anhänger gefunden hätten. Aber sie sangen nur zur Ehre Gottes, seines Sohnes und der Jungfrau Maria. Und zur Freude der treuen Anhänger und Gönner ihrer kleinen Gemeinde, die ihnen dreimal täglich, während der Gottesdienste und Gebetszeiten, in der Kirche lauschen konnten.