Du hast die Wahl, Erik! - Jenny Pergelt - E-Book

Du hast die Wahl, Erik! E-Book

Jenny Pergelt

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Christina hörte, wie Erik die Dusche abstellte. Es wurde nun auch für sie Zeit aufzustehen, wenn sie nicht zu spät kommen wollte. Normalerweise machte es ihr nichts aus, beim ersten Weckerklingeln aus dem Bett zu springen und den neuen Tag mit einem Lächeln zu beginnen. Sie war die geborene Frühaufsteherin und konnte es überhaupt nicht leiden, den halben Vormittag im Bett zu verbringen. Schön, dass es bei Erik nicht anders war und sie in dieser Hinsicht wunderbar zusammenpassten. Zumindest war es so gewesen, bis sie vor einiger Zeit ein paar beunruhigende Veränderungen an sich festgestellt hatte, die ihr nun zunehmend zu schaffen machten. Mit einem leisen Seufzer setzte sie sich auf. Und da war er wieder: dieser nervenaufreibende Schwindel, dem sie ihre tägliche Übelkeit verdankte. Schnell schloss sie die Augen in der Hoffnung, dass ihr Schlafzimmer dann aufhörte, sich rasendschnell im Kreis zu drehen. Zum Glück dauerten diese leidigen Schwindelattacken nie lange an. Sie verschwanden so plötzlich, wie sie gekommen waren. Nur die Übelkeit hielt sich etwas hartnäckiger und wuchs manchmal zu einem handfesten Brechreiz heran. Erik kam aus dem Bad und Christina gelang ein halbherziges Lächeln, als sie ihn sah. »Na, endlich ausgeschlafen?«, fragte er grinsend. »Du hast dich ja zu einer richtigen Langschläferin entwickelt.« »Habe ich nicht«, murrte sie und versuchte dabei krampfhaft, diese leichte, aber sehr lästige Übelkeit in den Griff zu bekommen. Das Letzte, was sie wollte, war, dass Erik etwas von ihren Problemen mitbekam. »Aha«

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Seitenzahl: 113

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Chefarzt Dr. Norden – 1248 –

Du hast die Wahl, Erik!

Kann Dr. Berger auf das Glück vertrauen?

Jenny Pergelt

Christina hörte, wie Erik die Dusche abstellte. Es wurde nun auch für sie Zeit aufzustehen, wenn sie nicht zu spät kommen wollte. Normalerweise machte es ihr nichts aus, beim ersten Weckerklingeln aus dem Bett zu springen und den neuen Tag mit einem Lächeln zu beginnen. Sie war die geborene Frühaufsteherin und konnte es überhaupt nicht leiden, den halben Vormittag im Bett zu verbringen. Schön, dass es bei Erik nicht anders war und sie in dieser Hinsicht wunderbar zusammenpassten. Zumindest war es so gewesen, bis sie vor einiger Zeit ein paar beunruhigende Veränderungen an sich festgestellt hatte, die ihr nun zunehmend zu schaffen machten.

Mit einem leisen Seufzer setzte sie sich auf. Und da war er wieder: dieser nervenaufreibende Schwindel, dem sie ihre tägliche Übelkeit verdankte. Schnell schloss sie die Augen in der Hoffnung, dass ihr Schlafzimmer dann aufhörte, sich rasendschnell im Kreis zu drehen. Zum Glück dauerten diese leidigen Schwindelattacken nie lange an. Sie verschwanden so plötzlich, wie sie gekommen waren. Nur die Übelkeit hielt sich etwas hartnäckiger und wuchs manchmal zu einem handfesten Brechreiz heran.

Erik kam aus dem Bad und Christina gelang ein halbherziges Lächeln, als sie ihn sah.

»Na, endlich ausgeschlafen?«, fragte er grinsend. »Du hast dich ja zu einer richtigen Langschläferin entwickelt.«

»Habe ich nicht«, murrte sie und versuchte dabei krampfhaft, diese leichte, aber sehr lästige Übelkeit in den Griff zu bekommen. Das Letzte, was sie wollte, war, dass Erik etwas von ihren Problemen mitbekam.

»Aha«, sagte Erik, und um seine Mundwinkel zuckte es belustigt auf. »So wie’s aussieht, bist du nicht nur eine Langschläferin, sondern auch ein Morgenmuffel geworden.«

Christina biss sich auf die Unterlippe und verhinderte so eine unbedachte Antwort. Auf Erik musste sie tatsächlich einen unausgeschlafenen, schlecht gelaunten Eindruck machen. Sie hätte das mit wenigen Worten aufklären können, aber sie tat es nicht. Zu gut erinnerte sie sich an ihren letzten grippalen Infekt, bei dem Erik beinahe durchgedreht wäre. Er hatte so getan, als wäre sie dem Tode geweiht und war ihr nicht mehr von der Seite gewichen. Fast stündlich hatte er nicht nur ihre Temperatur kontrolliert, sondern auch den Blutdruck gemessen und die Sauerstoffsättigung überprüft. Am Ende war sie so genervt gewesen, dass sie sich geschworen hatte, ihren nächsten Infekt für sich zu behalten und ihm nichts davon zu erzählen. Falls möglich.

»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte er jetzt und sah sie dabei sehr aufmerksam an.

»Klar!«, gab Christina betont forsch zurück. Sie stand auf und war froh, dass sich der Schwindel gelegt hatte und ihr ein verräterisches Schwanken erspart blieb. »Ich bin nur etwas unausgeschlafen und deswegen nicht so gut drauf. Du lagst also richtig mit deiner Diagnose: Ich bin zu einer Langschläferin und einem Morgenmuffel mutiert.«

Sie konnte spüren, dass er ihr nachdenklich hinterher sah, als sie jetzt den Rückzug ins Bad antrat. Dass er ihr nicht folgte und stattdessen in die Küche ging, um das Frühstück zu machen, ließ sie erleichtert aufatmen. Doch als sie einen kritischen Blick in den Badspiegel warf, kehrten ihre Sorgen zurück. Was war nur los mit ihr? Warum war sie ständig müde und erschöpft? Wo kamen diese auffällige Blässe und die dunklen Schatten unter ihren Augen her? Lag es an dem überstandenen Infekt, der ihr immer noch zu schaffen machte? Vielleicht sollte sie mal frei nehmen, damit sich ihr Körper erholen konnte. In der letzten Zeit hatte sie sich allerhand zugemutet und war nur selten pünktlich nach Hause gekommen. Ein kleiner Urlaub würde Wunder bewirken. Doch noch ehe sich diese Idee festsetzen konnte, schob sie sie schon wieder beiseite. Jetzt war nicht der passende Moment, um Urlaubspläne zu schmieden. In der Klinik herrschte derzeit Hochbetrieb und jede Hand wurde dringend gebraucht.

Dr. Christina Rohde liebte ihre Arbeit als Chirurgin der Behnisch-Klinik. Sie war herausfordernd, oft auch anstrengend, aber immer erfüllend. Nicht selten vergaß sie darüber, dass es auch ein Leben neben der Klinik gab. Manchmal wurde sie von Erik daran erinnert. Ausgerechnet von ihm. Er hatte doch selbst seine Not damit, an sein Privatleben zu denken. Auch er verbrachte viel zu viel Zeit auf der Arbeit und war ihr keine große Hilfe, wenn es darum ging, pünktlich Feierabend zu machen. Erik Berger, der leitende Notfallmediziner der Behnisch-Klinik, war ebenfalls ein Arzt aus Leidenschaft und kannte keine Achtstunden-Dienste.

»Tina, was hältst du davon, wenn mir uns mal ein paar freie Tage gönnen?«, fragte er am Frühstückstisch. »Wir könnten wegfahren, das schöne Wetter genießen oder mal so richtig lange ausschlafen.«

Christina blickte überrascht auf. Konnte er neuerdings Gedanken lesen? Woher wusste er, dass sie selbst schon daran gedacht hatte? Dass er diesen Vorschlag nur ihretwegen gemacht hatte, stand für sie fest. Er wollte ihr etwas Gutes tun und dafür sogar auf seine geliebte Arbeit verzichten. Erik war kein Freund von Urlaub oder freien Tagen. Jeder in der Behnisch-Klinik wusste, dass er nur dann frei nahm, wenn ihn der Chefarzt dazu zwang.

»Frei?«, fragte sie gerührt zurück. »Denkst du an ein verlängertes Wochenende?«

»Nein, an einen zweiwöchigen Urlaub.«

Christina verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. »Zwei Wochen? Wir sollen gemeinsam für zwei Wochen in den Urlaub gehen? Wie wollen wir das denn hinbekommen? Hast du vergessen, dass ich dich in der Notaufnahme vertreten muss, wenn du Urlaub machst?«

»Nein, das habe ich nicht vergessen. Vielleicht sollten wir endlich mit dem Chef darüber sprechen. Es wird Zeit, dass du die Vertretungsstelle an einen anderen Arzt abgibst.« Als er sah, wie Christinas Mundwinkel nach unten sackten, sagte er: »Ich weiß, wie sehr es dir gefällt, hin und wieder die Leitung der Notaufnahme zu übernehmen. Aber wenn du weiterhin meine offizielle Vertretung bist, können wir höchstens drei oder vier Tage gemeinsam frei nehmen. Ich würde sehr gern mal einen längeren Urlaub mit dir machen, aber das geht nur, wenn uns jemand in dieser Zeit vertritt.«

Christina nickte zustimmend. Es klang wirklich sehr verlockend, für zwei Wochen mit Erik in den Urlaub zu fahren. Sie hätten endlich ganz viel Zeit für sich und könnten den Stress der Arbeit hinter sich lassen. Gerade jetzt täte ihr diese Auszeit bestimmt gut. Sie könnte sich vollständig von den Nachwirkungen ihres Infekts erholen und wäre hinterher so fit wie früher.

»Hast du denn schon jemanden ins Auge gefasst, der fähig wäre, die Vertretung zu machen?«

Erik sah nicht besonders glücklich aus, als er ihr antwortete. »Nein, noch nicht. Mir fällt niemand ein, dem ich diese Verantwortung mit ruhigem Gewissen übertragen könnte. Ich zerbreche mir schon seit Tagen erfolglos den Kopf darüber.«

»Und trotzdem willst du, dass wir frei machen?«

»Ja, das steht uns schließlich zu. Der Chef hält mir ohnehin regelmäßig einen Vortrag, weil ich meinen Urlaub immer wieder aufschiebe. Wenn es ihm so wichtig ist, dass ich ihn nehme, muss er sich auch Gedanken darüber machen, wer mich vertritt. Mit dir darf er dabei allerdings nicht mehr rechnen. Wir machen ab sofort nur noch gemeinsam Urlaub.«

»Auf etwas anderes würde ich mich auch nicht einlassen«, entgegnete Christina. »Wie wäre es denn mit Herrn Ganschow als deine Vertretung?«

»Martin Ganschow?«, rief Erik beinahe entsetzt aus. »Auf gar keinen Fall! Er ist noch total grün hinter den Ohren und hat gerade erst seinen Abschluss gemacht!«

»Du übertreibst mal wieder!« Christina rollte mit den Augen. »Sein Abschluss liegt schon etliche Jahre zurück. Er hat inzwischen promoviert und auch seine Facharztausbildung abgeschlossen.«

»Trotzdem ist er noch lange nicht in der Lage, die Notaufnahme zu leiten! Dort würde das reinste Chaos ausbrechen!«

»Vielleicht solltest du ihm ein wenig mehr zutrauen. Darf ich dich daran erinnern, dass du bei mir auch sehr skeptisch warst? Du hattest einen Riesenaufstand gemacht, als mich Dr. Norden zu deiner Vertretung bestimmt hatte.«

»Da habe ich mich eben getäuscht.« Erik zuckte lässig die Schultern. »Kann ja mal passieren und es gibt keinen Grund, mir das ständig vorzuwerfen.«

Christina lachte vergnügt auf. Es machte ihr Spaß, ihn an ihre erste schwierige Zeit zu erinnern. Sie hatte den griesgrämigen, bärbeißigen Leiter der Notaufnahme nicht ausstehen können und sich ständig mit ihm gestritten. Allerdings beruhte das auf Gegenseitigkeit. Auch Erik hatte seine Probleme mit ihr gehabt. Sie waren wie Hund und Katz’ gewesen und es hatte lange gedauert, bis sie sich zu ihrer Liebe bekennen konnten.

»Wenn du dich in mir getäuscht hast, wäre es doch möglich, dass du dich auch bei Herrn Ganschow täuschst«, ging sie auf seine letzten Worte ein. »Ich halte ihn für einen sehr fähigen Notfallmediziner. Er arbeitet seit mehreren Jahren in der Aufnahme, er besitzt das fachliche Wissen und ist äußerst genau und umsichtig.«

»Vertrau meinem Urteil, er ist noch nicht so weit«, brummte Erik.

»Warum vertraust du zur Abwechslung nicht mal meinem Urteil? Ich habe oft mit ihm zusammengearbeitet und kann ihn ganz gut einschätzen. Natürlich verfügt er nicht über deine Erfahrungen, aber mit der Zeit wird er auf seine eigenen zurückgreifen können. Außerdem ist er doch nie allein. Wenn er nicht weiterwissen sollte, kann er immer noch den diensthabenden Oberarzt um Hilfe bitten.«

Erik schüttelte den Kopf. »Ich brauche eine Vertretung, die es nicht nötig hat, einen Oberarzt um Hilfe zu bitten. Glaub mir bitte, Martin Ganschow muss noch sehr viel lernen, bevor er die Leitung der Notaufnahme übernehmen kann.«

»Wer soll es dann machen?«, fragte Christina resigniert. Die Vorfreude auf einen kleinen Liebesurlaub mit Erik war inzwischen verflogen. Sie hatte keine Zweifel, dass Erik sie tief und beständig liebte, aber würde er ihretwegen wirklich seine Notaufnahme im Stich lassen? Würde er irgendjemanden für gut genug befinden, die Vertretung zu übernehmen?

»Es wird sich schon eine Lösung finden«, sagte er nun weich. »Wir werden unseren Urlaub machen. Ganz bestimmt.«

Um seine Worte zu bekräftigen, stand er auf und kam um den Tisch herum. Er hockte sich neben ihren Stuhl und griff nach ihren Händen. Als er sich vorbeugte, um sie zu küssen, kam sie ihm nur zu gern entgegen.

Eriks Kuss war zärtlich, doch leider für Christinas Geschmack viel zu kurz.

»Du weißt, wie wichtig du mir bist«, sagte er sanft. »Deshalb werden wir das hinbekommen. Das verspreche ich dir. Ich liebe dich und werde mir etwas einfallen lassen.«

»Liebst du mich denn mehr als deine Notaufnahme? Liebst du mich wirklich so sehr, dass du sie in andere Hände abgeben kannst?«

»Ich gebe es ehrlich zu: Meine Arbeit bedeutet mir sehr, sehr viel. Schließlich hat sie mir in der schwersten Zeit meines Lebens Halt und Kraft gegeben. Ohne sie wäre ich damals wahrscheinlich zugrunde gegangen. Aber das gehört endgültig der Vergangenheit an. Mit dir hat sich alles für mich geändert. Du bist längst zu dem Wichtigsten in meinem Leben geworden. Für dich würde ich alles tun. Wirklich alles.«

*

Die Entfernung eines entzündeten Blinddarms war ein Routineeingriff, der meistens mit einer sogenannten Schlüsselloch-OP durchgeführt wurde. Dr. Christina Rohde witzelte gern, dass sie das selbst mit vierzig Grad Fieber und mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen schaffen könnte. Schließlich war sie eine sehr erfahrene Chirurgin und normalerweise an weitaus schwierigere Operationen gewöhnt. Doch heute stieß sie bei einer simplen, unkomplizierten Blinddarmentfernung an ihre Grenzen.

Angestrengt starrte sie auf den Monitor. Das Bild war unscharf und verschwamm vor ihren Augen. Sie wusste, das lag nicht an der Technik, sondern an dem hartnäckigen Schwindel, der ihr mal wieder das Leben schwer machte.

Schnell rief sie sich zur Ordnung. Wenn sie sich zusammenriss, würde sie das schon hinbekommen. Viel gab es nicht mehr zu tun. Sie musste nur noch den entzündeten Blinddarm abtrennen, ihn in einen Bergebeutel verfrachten und über einen Trokar nach draußen befördern. Also nichts, was eine große Herausforderung darstellte. Eigentlich …

Christina kniff die Augen zusammen, doch das half ihr leider nicht weiter. Stattdessen wurde es schlimmer. Zu ihrem Schwindel gesellte sich nun auch noch eine leichte Übelkeit und kleine Schweißperlen sammelten sich auf ihrer Stirn. Sie hatte keine Ahnung, was mit ihr los war. Es gab nur eins, was sie mit absoluter Sicherheit wusste: In diesem Zustand sollte sie nicht am OP-Tisch stehen und die Verantwortung für ein Menschenleben tragen.

»Herr Sommer«, sagte sie mit schwacher Stimme zum zweiten Chirurgen. »Übernehmen Sie bitte.«

»Übernehmen?«, fragte Dr. Matthias Sommer verdattert zurück. Dann warf er ihr einen raschen Blick zu und verstand, was mit ihr los war. »Ja, natürlich«, sagte er nickend. Er nahm ihr die beiden Trokare aus den Händen und rief dann in den Raum: »Einen Stuhl für Frau Rohde bitte!«

Nur wenige Sekunde später bemerkte Christina, wie ihr von einer Schwester ein hoher Hocker gegen ihre Oberschenkel geschoben wurde. Erleichtert ließ sie sich darauf nieder. Sofort verschwanden die größte Anspannung und die Furcht, am Tisch zusammenzubrechen und auf die sterilen Instrumente zu fallen.

Ihr Herzschlag beruhigte sich allmählich und den Schwindel spürte sie kaum noch. Trotzdem blieb sie auf ihrem Hocker sitzen und wagte es nicht, aktiv bei der Operation mitzumachen. Stattdessen sah sie zu, wie ihr Kollege fachmännisch den Blinddarm entfernte, dann die Faszien vernähte und das Laparoskopie-Besteck aus der Bauchdecke zog. Als nur noch die drei kleinen Hautschnitte zu vernähen waren, erhob sich Christina von ihrem Hocker und ging hinaus. Die gut gemeinten und mitfühlenden Blicke, mit denen ihr das gesamte OP-Team nachsah, bemerkte sie zum Glück nicht. Wahrscheinlich hätte sie sich dann noch schlechter gefühlt als ohnehin schon.