Du mußt Dein Leben ändern - Rainer Maria Rilke - E-Book

Du mußt Dein Leben ändern E-Book

Rainer Maria Rilke

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Beschreibung

»Möge das Leben Ihnen aufgehen, Tür um Tür; mögen Sie sich in die Fähigkeit finden, ihm zu vertrauen, und den Mut, gerade dem Schweren das meiste Vertrauen zu geben.« Das Leben ist für Rilke ein täglich neu zu feierndes Geschenk. Es ist voller ungeahnter Möglichkeiten und verborgener Schönheiten. Seine Gedanken über die großen Offenbarungen des Lebens hat Rilke besonders in seinen Briefen festgehalten – und ist damit auch heute ein wertvoller Lebensratgeber. Seine schönsten Gedanken über ein glückliches und ausgeglichenes Leben wurden für diesen Band ausgewählt.

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»Möge das Leben Ihnen aufgehen, Tür um Tür; mögen Sie sich in die Fähigkeit finden, ihm zu vertrauen, und den Mut, gerade dem Schweren das meiste Vertrauen zu geben.«

Das Leben ist für Rilke ein täglich neu zu feierndes Geschenk. Es ist voller ungeahnter Möglichkeiten und verborgener Schönheiten. Um all die Weite und Möglichkeiten unseres Daseins zu erkennen, müssen wir nur etwas aufmerksamer und wacher durchs Leben gehen.

Seine Gedanken über die großen Offenbarungen des Lebens hat Rilke besonders in seinen Briefen festgehalten. Diese eigenwilligen und scharfsinnigen Betrachtungen über ein glückliches und ausgeglichenes Leben laden ein zum Innehalten und sind auch heute ein wertvoller Lebensratgeber.

Rainer Maria Rilke wurde am 4. Dezember 1875 in Prag geboren und studierte Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie in Prag, München und Berlin. Er starb am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux in der Schweiz. Rilke gilt als der wichtigste und einflußreichste deutschsprachige Dichter des 20. Jahrhunderts. Sein Werk erscheint seit dem Jahr 1900 im Insel Verlag.

Im insel taschenbuch erschien zuletzt: Hiersein ist herrlich (it 3649), Die schönsten Gedichte (it 4053), Frühling (it 4118), Sommer (it 4139).

Rainer Maria Rilke

Du mußt dein Leben ändern

Über das LebenAusgewählt und mit einem Nachwortvon Ulrich Baer

Insel Verlag

eBook Insel Verlag Berlin 2012

© Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2006

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag: bürosüd, München

Umschlagfoto: Christoph Eberle / mauritius images

eISBN 978-3-458-78810-2

www.insel-verlag.de

Inhalt

Das äußere und innere Leben in Einklang bringen

Das Leben ist Veränderung

Leben Sie jetzt die Fragen

Das Spiel des Schicksals

Wieviel Pracht in den kleinsten Dingen

Das Leben ist schwer

Wie ist es möglich zu leben?

»Du mußt dein Leben ändern«Nachwort von Ulrich Baer

Das äußere und innere Leben in Einklang bringen

Glauben Sie nicht, daß der, welcher Sie zu trösten versucht, mühelos unter den einfachen und stillen Worten lebt, die Ihnen manchmal wohltun. Sein Leben hat viel Mühsal und Traurigkeit und bleibt weit hinter Ihnen zurück. Wäre es aber anders, so hätte er jene Worte nie finden können.

Sie haben recht, auch Pläne bringen schon reichlich viel Beweglichkeit in uns, und wer weiß, wie sehr wir uns, während sie uns auf einer Stelle lassen, in ihnen wandeln.

Mir geht es oft so, daß ich mich frage, ob die Erfüllung eigentlich etwas mit Wünschen zu tun hat. Ja, solang der Wunsch schwach ist, ist er wie eine Hälfte und braucht das Erfülltwerden wie eine zweite Hälfte, um etwas Selbständiges zu sein. Aber Wünsche können so wunderbar zu etwas Ganzem, Vollem, Heilem auswachsen, das sich gar nicht mehr ergänzen läßt, das nur noch aus sich heraus zunimmt und sich formt und füllt. Manchmal könnte man meinen, dies gerade wäre die Ursache der Größe und Intensität eines Lebens gewesen, daß es sich mit zu großen Wünschen einließ, die von innen wie ein Ressort Aktion auf Aktion, Wirkung nach Wirkung ins Leben hinaus trieben, die kaum mehr wußten, worauf sie ursprünglich gespannt waren, und nur noch elementar, wie starkes, fallendes Wasser, sich in Handlung und Herzlichkeit, in unmittelbares Dasein, in frohen Mut umsetzen, je nachdem das Geschehen und die Gelegenheit sie einschaltete.

Das Anschauen ist eine so wunderbare Sache, von der wir noch so wenig wissen; wir sind mit ihm ganz nach außen gekehrt, aber gerade wenn wirs am meisten sind, scheinen in uns Dinge vor sich zu gehen, die auf das Unbeobachtetsein sehnsüchtig gewartet haben, und während sie sich, intakt und seltsam anonym, in uns vollziehen, ohne uns, – wächst in dem Gegenstand draußen ihre Bedeutung heran, ein überzeugender, starker, – ihr einzig möglicher Name, in dem wir das Geschehnis in unserem Innern selig und ehrerbietig erkennen, ohne selbst daran heranzureichen, und nur ganz leise, ganz von fern, unter dem Zeichen eines eben noch fremden und schon im nächsten Augenblick aufs neue entfremdeten Dinges begreifend –.

Ob meine Briefe wirklich eine Hilfe sein können, daran zweifle ich oft. Sagen Sie nicht: ja, sie sind es. Nehmen Sie sie ruhig auf und ohne vielen Dank, und lassen Sie uns abwarten, was kommen will. Es nützt vielleicht nichts, daß ich nun auf Ihre einzelnen Worte eingehe; denn was ich über Ihre Neigung zum Zweifel sagen könnte oder über Ihr Unvermögen, das äußere und innere Leben in Einklang zu bringen, oder über alles, was Sie sonst bedrängt –: es ist immer das, was ich schon gesagt habe: immer der Wunsch, Sie möchten Geduld genug in sich finden, zu ertragen, und Einfalt genug, zu glauben; Sie möchten mehr und mehr Vertrauen gewinnen zu dem, was schwer ist, und zu Ihrer Einsamkeit unter den anderen. Und im übrigen lassen Sie sich das Leben geschehen. Glauben Sie mir: das Leben hat recht, auf alle Fälle. Und von den Gefühlen: Rein sind alle Gefühle, die Sie zusammenfassen und aufheben; unrein ist das Gefühl, das nur eine Seite Ihres Wesens erfaßt und sie so verzerrt. Alles, was Sie angesichts Ihrer Kindheit denken können, ist gut. Alles, was mehr aus Ihnen macht, als Sie bisher in Ihren besten Stunden waren, ist recht. Jede Steigerung ist gut, wenn sie in Ihrem ganzen Blute ist, wenn sie nicht Rausch ist, nicht Trübe, sondern Freude, der man auf den Grund sieht. Verstehen Sie, was ich meine? Und Ihr Zweifel kann eine gute Eigenschaft werden, wenn Sie ihn erziehen. Er muß wissend werden, er muß Kritik werden. Fragen Sie ihn, sooft er Ihnen etwas verderben will, weshalb etwas häßlich ist, verlangen Sie Beweise von ihm, prüfen Sie ihn, und Sie werden ihn vielleicht ratlos und verlegen, vielleicht auch aufbegehrend finden. Aber geben Sie nicht nach, fordern Sie Argumente und handeln Sie so aufmerksam und konsequent, jedes einzelne Mal, und der Tag wird kommen, da er aus einem Zerstörer einer Ihrer besten Arbeiter werden wird,– vielleicht der klügste von allen, die an Ihrem Leben bauen. Das ist alles, lieber Herr Kappus, was ich Ihnen heute zu sagen vermag. Aber ich sende Ihnen zugleich den Separatdruck einer kleinen Dichtung, die jetzt in der Prager »Deutschen Arbeit« erschienen ist. Dort rede ich weiter zu Ihnen vom Leben und vom Tode und davon, daß beides groß und herrlich ist.

Ich werde jetzt mit meiner großen Sehnsucht irgendeinen Ausgleich treffen müssen. Ich bin ja überzeugt, daß Geduld immer gut ist und daß nichts, was zu geschehen im tiefsten Sinne berechtigt ist, ungeschehen bleiben kann. Ich werde die Arbeiten, für die jetzt die Bedingungen fehlen, eines Tages aufnehmen und zu Ende führen, wenn sie wirklich so unbedingt sind und organisch in mir gefordert, wie ich glaube. Ich werde dieses Leben guten Willens und unbedingter Dienstbereitschaft noch eine Weile weiter führen, so gut ich kann, und es eines Tages aufgeben, wenn wir überlegt haben, ob das möglich ist und auf welche Weise es geschehen soll.

Jeder muß in seiner Arbeit den Mittelpunkt seines Lebens finden und von dort aus strahlenförmig wachsen können, soweit es geht. Und dabei darf ihm kein Zweiter zusehen und gerade der Nächste und Liebste nicht: denn nicht einmal er selber darf es. Es liegt eine Art Reinheit und Jungfräulichkeit darin, in diesem von sich selbst Fortschauen; es ist, wie wenn man zeichnet, den Blick an das Ding gebunden, verwoben mit der Natur, und die Hand geht allein irgendwo unten ihren Weg, geht und geht, wird ängstlich, schwankt, wird wieder froh, geht und geht tief unter dem Gesicht, das wie ein Stern über ihr steht, das nicht schaut, nur scheint. Mir ist, als hätte ich immer so geschaffen: das Gesicht im Anschauen ferner Dinge, die Hände allein. Und so muß es gewiß auch sein. So will ich wieder werden mit der Zeit; aber dazu muß ich so einsam bleiben, wie ich es jetzt bin, meine Einsamkeit muß erst wieder fest und sicher sein wie ein nie betretener Wald, der sich nicht vor Schritten fürchtet. Sie muß alle Betonung verlieren, jeden Ausnahmswert und jede Verpflichtung. Sie muß Alltag werden, das Natürliche und Tägliche; die Gedanken, die kommen, auch die flüchtigsten, müssen mich ganz allein finden, dann werden sie sich wieder entschließen, mir zu vertrauen; es gibt nichts Ärgeres für mich, als mich der Einsamkeit zu entwöhnen: und ich war es fast. Darum hab ich jetzt weite Wege zu gehen, Tag und Nacht, zurück durch alles Vergangene und Verwirrte. Und dann, wenn ich an den Kreuzweg komme und die Stelle wiederfinde, wo das Irren anfing, dann will ich Werk und Weg wiederbeginnen, schlicht und ernst, als der Anfänger, der ich bin. Und mir ist ganz groß und feierlich im Herzen, wenn ich denke, daß wir uns darin jetzt verstehen und in diesen dunklen Rätseln eines Sinnes sind. Mir ist . . . als wären wir zusammen durch unendliche Entwicklungen gegangen, durch Welten, und Welten durch uns.

Stina Frisell ist inzwischen schon wieder fortgereist, mit ihrer kleinen Karin, die nun »ins Leben« eingeführt werden soll, achtzehnjährig und mittendrin, wie sie ist.

Trotz alledem scheint es mir, daß ich baue; am Unsichtbaren, am Unsichtbarsten, an irgendeinem Fundament; nein, das ist zuviel; aber daß ich den Grund aushebe für etwas, was da einmal aufgerichtet werden soll; eine vollkommen unscheinbare Tätigkeit, für die Tagelöhner und Handlanger genügen (wie man meint).

Damit soll nur gesagt sein, wie es hier steht; ohne Klage und ohne Bedauern ist es gesagt. Vielleicht wäre es am besten, ich taufte diese Zeit: Erholung, und lebte sie so (man soll Erholung und Arbeit nicht mischen, halb und halb, wie es immer wieder aus Zaghaftigkeit und versagender Kraft geschieht), aber dazu fehlt mir doch die Freudigkeit, fehlt mir irgend etwas, was ich vorher getan haben müßte. Ein Ausgangspunkt, ein Zeugnis, eine vor mir selbst bestandene Prüfung.

Nun auch so, wie sie ist, wird diese Zeit gut für mich sein, wenn nicht sammelnd, so doch Sammlung vorbereitend. Der Sommer war ja nie und nirgends meine Hoch-Zeit. Immer und überall galt es, ihn zu überstehen; aber der Herbst müßte dieses Jahr wieder mein sein. Wenn ich dann eine stille Stube bei großen herbstlichen Laubbäumen, nahe am Meer, allein und gesund und in Ruhe gelassen, bewohnte (und in Kopenhagens und des Sundes Nähe könnte glücklichsten Falles alles das gefunden sein), so könnte sich vieles verändern in meinem Leben, manches Heil könnte da zur Welt gebracht werden.

E