Dubrowskij - Alexander Puschkin - E-Book
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Alexander Puschkin

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Beschreibung

Dieses eBook: "Dubrowskij" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Zwei gleichaltrige Nachbarn – adelige Gutsherren – hatten einst im selben Regiment gedient. Nun haben sich die beiden Witwer als Veteranen auf ihre Güter zurückgezogen. Jeder der beiden hat ein Kind – der reiche General a. D. Kirila Petrowitsch Trojekurow auf dem riesengroßen Gut Pokrowskoje die 17-jährige schöne Tochter Marja Kirilowna, Mascha genannt und der verarmte Gardeoberleutnant Andrej Gawrilowitsch Dubrowskij auf dem kleinen Gut Kistenjowka den dreiundzwanzig Jahre alten Sohn Wladimir Dubrowskij. Letzterer dient in einem Petersburger Gardeinfanterieregiment.Ein finanzielles Hilfsangebot Trojekurows hatte der alte Dubrowskij abgelehnt, weil er lieber unabhängig bleiben wollte. Einer Lappalie wegen zerstreiten sich die beiden alten Freunde. Trojekurow bringt daraufhin durch widerwärtige juristische Kniffe den Gutsbesitz Dubrowskijs an sich. Der alte Dubrowskij versteht die Welt nicht mehr. Sein Geist verwirrt sich. Nach zwölf Jahren Abwesenheit eilt Wladimir Dubrowskij auf diese Hiobsbotschaft hin an das Krankenbett des Vaters. Alexander Puschkin (1799-1837) gilt als russischer Nationaldichter und Begründer der modernen russischen Literatur.

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Alexander Sergejewitsch Puschkin

Dubrowskij

e-artnow, 2017
ISBN 978-80-273-0096-9
Inhaltsverzeichnis
Cover
Titel
Text

Dubrowskij

Inhaltsverzeichnis

Vor Jahren lebte ein Herr vom alten russischen Schlag auf seinen Gütern, Kirila Petrowitsch Trojekurow. Sein Reichtum, seine Abstammung aus einer der ersten Familien und die guten Verbindungen bewirkten, daß er in dem Gouvernement eine wichtige Rolle spielte. Von seiner Umgebung verwöhnt und von Natur temperamentvoll, ließ er sich völlig gehen und gab jedem Einfall seines beschränkten Geistes hemmungslos nach. Seine Nachbarn fügten sich bereitwillig seinen Launen; die Beamten zitterten schon bei seinem Namen. Kirila Petrowitsch nahm alle diese Zeichen der Unterwürfigkeit als den ihm gebührenden Tribut hin. Sein Haus wimmelte von Gästen, die bereit waren, dem adeligen Müßiggänger die Zeit zu vertreiben und an seinen tollen Vergnügungen teilzunehmen. Niemand wagte es, seine Einladungen abzulehnen oder an einem bestimmten Tage nicht mit der gebührenden Ehrfurcht in seinem Dorfe Pokrowskoje zu erscheinen. Kirila Petrowitsch war ein sehr gastfreier Mann. Trotz seiner ungewöhnlichen körperlichen Leistungsfähigkeit litt er mindestens zweimal in der Woche an den Folgen seiner Trunkenheit und war jeden Abend angeheitert.

Selten entgingen die Mägde den lüsternen Anschlägen des Fünfzigjährigen. Außerdem lebten in einem Flügel seines Hauses sechzehn Mägde, die mit Handarbeiten beschäftigt waren. Die Fenster dieses Flügels hatten Holzgitter, die Türen Schlösser. Die Schlüssel dazu hatte Kirila Petrowitsch selbst in Verwahrung. Die jungen Gefangenen gingen zu bestimmten Stunden unter der Aufsicht zweier alter Frauen im Garten spazieren. Von Zeit zu Zeit verheiratete Kirila Petrowitsch einige von ihnen, und neue traten an deren Stelle. Mit den Bauern und Dienstboten ging er streng um, aber dennoch waren sie ihm ergeben. Sie prahlten mit Reichtum und Ansehen ihres Herrn und nahmen sich ihrerseits den Nachbarn gegenüber allerhand heraus.

Die Hauptbeschäftigung des Herrn von Pokrowskoje bestand im Herumfahren auf seinen weitläufigen Besitzungen, in ausgedehnten Gelagen und Streichen, deren er täglich neue erfand. Ab Opfer suchte er sich in der Regel einen neuen Bekannten. Freilich entgingen ihm auch die alten Freunde nicht immer: nur Andreij Gawrilowitsch Dubrowskij war davon ausgenommen.

Dubrowskij, ein ehemaliger Gardeleutnant, war sein nächster Nachbar, der ein Gut mit siebzig Seelen besaß. Trojekurow, der selbst Personen höchsten Standes gegenüber äußerst hochmütig war, schätzte Dubrowskij trotz seines bescheidenen Vermögens sehr hoch. Sie waren einst Regimentskameraden gewesen, und Trojekurow kannte aus Erfahrung das empfindliche und entschlossene Wesen seines Freundes.

Das ruhmvolle Jahr 1762 hatte die beiden für lange getrennt. Trojekurow, ein Verwandter der Fürstin Daschkow, stieg im Rang immer höher, während Dubrowskij seiner zerrütteten Vermögensverhältnisse wegen den Abschied nehmen und sich auf das ihm noch verbliebene Dorf zurückziehen mußte. Als Kirila Petrowitsch davon erfuhr, bot er ihm seine Protektion an, aber Dubrowskij lehnte dankend ab. Er blieb arm, aber unabhängig. Einige Jahre später kam Trojekurow als abgedankter General auf sein Gut. Die beiden Kameraden sahen sich wieder und freuten sich. Seit dieser Zeit kamen sie täglich zusammen, und Kirila Petrowitsch, der sein Leben lang niemanden mit seinem Besuch beehrt hatte, fuhr ohne Umstände zu dem Häuschen seines alten Kameraden. Als Altersgenossen, im gleichen Stande geboren und gemeinsam erzogen, waren sie bis zu einem gewissen Grad einander auch im Charakter und in ihren Neigungen ähnlich. In mancher Hinsicht hatten sie auch das gleiche Schicksal: beide hatten aus Liebe geheiratet, beide verloren bald ihre Frauen durch den Tod, und beiden blieb nur ein Kind. Der Sohn Dubrowskijs wurde in Petersburg erzogen, die Tochter des Kirila Petrowitsch wuchs unter den Augen des Vaters auf. Oft sagte Trojekurow zu Dubrowskij: »Höre, Bruder Andreij Gawrilowitsch, wenn aus deinem Wolodijka etwas wird, werde ich ihm meine Mascha geben, wenn er auch arm ist wie eine Kirchenmaus.« Aber Andreij Gawrilowitsch antwortete darauf gewöhnlich kopfschüttelnd: »Nein, Kirila Petrowitsch, mein Wolodijka ist kein Bräutigam für deine Mascha. Ein armer Adeliger wie er heiratet besser ein armes Edelfräulein und bleibt Herr im Hause, als daß er der Verwalter eines verwöhnten Frauenzimmers wird.«

Alle sahen mit Neid auf das gute Verhältnis zwischen Trojekurow und seinem Nachbarn und wunderten sich über den Freimut Dubrowskijs, wenn er am Tische von Kirila Petrowitsch oft seine Meinung geradeheraus sagte, ohne Rücksicht darauf, ob sie der des Gastgebers widersprach. Einige hatten zwar den Versuch gemacht, ihn nachzuahmen und aus der pflichtgemäßen Unterwürfigkeit herauszugehen, aber Kirila Petrowitsch hatte sie sofort dermaßen eingeschüchtert, daß ihnen ein für allemal die Lust zu solchen Versuchen vergangen war. Dubrowskij blieb der einzige, der außerhalb des allgemeinen Gesetzes stand. Ein unverhoffter Zufall zerstörte und änderte alles. Eines Tages, zu Beginn des Herbstes, bereitete Kirila Petrowitsch einen Jagdzug in ein weit entferntes Jagdgebiet vor. Tags zuvor hatten die Hundeaufseher und Reitknechte den Befehl erhalten, um fünf Uhr morgens bereitzustehen. Ein Zelt und eine Küche waren an den Ort vorausgeschickt worden, wo Kirila Petrowitsch zu Mittag speisen wollte. Der Jagdherr und seine Gäste gingen in den Hundezwinger, wo mehr als fünfhundert Hetz-und Windhunde behaglich und warm lebten und in ihrer Hundesprache die Großzügigkeit des Kirila Petrowitsch priesen. Hier war auch ein Lazarett für kranke Hunde, das der Aufsicht des Stabsveterinärs Timoschka unterstand. In einer weiteren Abteilung warfen die Hündinnen und säugten ihre Jungen. Kirila Petrowitsch war auf dieses herrliche Hundeheim sehr stolz und versäumte keine Gelegenheit, sich damit vor seinen Gästen zu brüsten, obwohl jeder von diesen es mindestens schon zwanzigmal besichtigt hatte. Inmitten seiner Gäste und in Begleitung von Timoschka und den Hundewärtern schritt er im Zwinger auf und ab, blieb vor einzelnen Abteilungen stehen, erkundigte sich nach dem Befinden der kranken Hunde, machte mehr oder minder strenge und gerechte Bemerkungen, rief vertraute Hunde zu sich und sagte ihnen schmeichelnde Worte. Die Gäste hielten sich für verpflichtet, den Hundezwinger des Kirila Petrowitsch zu bewundern, nur Dubrowskij schwieg mit mürrischer Miene. Er war ein leidenschaftlicher Jäger, aber seine Vermögensverhältnisse erlaubten ihm nicht, mehr als zwei Hetzhunde und eine Windhündin zu halten, so daß ihn beim Anblick dieses herrlichen Hundezwingers unwillkürlich ein Gefühl des Neides überkam.

»Warum so verdrossen, Bruder?« fragte Ihn Kirila Petrowitsch. »Oder gefällt dir etwa mein Hundezwinger nicht?« »Doch«, antwortete Dubrowskij barsch, »der Zwinger ist wunderbar; Ihre Leute werden wohl kaum ein so schönes Leben haben wie Ihre Hunde.« Einer von den Hundewärtern fühlte sich durch diese Äußerung gekränkt und sagte: »Wir haben dank Gott und unserem Herrn keinen Grund zu klagen; aber das ist wahr, daß es für manchen Edelmann gar nicht schlecht wäre, seinen Hof mit einer von den hiesigen Hundehütten zu vertauschen: er bekäme mehr zu essen und hätte es wärmer.«

Kirila Petrowitsch lachte bei dieser frechen Bemerkung seines Sklaven laut auf, und die Gäste lachten pflichtschuldig mit, obwohl sie die Empfindung hatten, daß der Scherz des Hundewärters auch auf sie gemünzt sein konnte. Dubrowskij war bleich geworden und sagte kein Wort. In diesem Augenblick brachte man Kirila Petrowitsch in einem Körbchen neugeborene Hunde. Er betrachtete sie, wählte zwei davon aus und befahl, die anderen zu ertränken. Inzwischen war Andreij Gawrilowitsch verschwunden, ohne daß jemand etwas davon gemerkt hätte.

Als Kirila Petrowitsch mit seinen Gästen vom Hundezwinger zurückkehrte, setzte er sich zum Abendessen nieder und fragte nach Dubrowskij, dessen Abwesenheit er erst jetzt bemerkte. Man antwortete ihm, Dubrowskij sei nach Hause gefahren. Trojekurow befahl, ihm sofort nachzufahren und ihn unbedingt zum Umkehren zu veranlassen. Er war nämlich noch nie ohne Dubrowskij auf die Jagd gefahren, weil er ein erfahrener, ausgezeichneter Hundekenner und ein unfehlbarer Schiedsrichter in allen möglichen Jagdstreitigkeiten war.

Der Diener, der ihm nachgaloppierte, kam zurück, als noch alles bei Tisch saß, und meldete seinem Herrn, daß Andreij Gawrilowitsch sozusagen den Gehorsam verweigert habe und nicht zurückkommen wolle. Kirila Petrowitsch, der wie gewöhnlich schon vom Schnaps erhitzt war, wurde böse. Er schickte den gleichen Diener nochmals fort und ließ Andreij Gawrilowitsch sagen, wenn er nicht sofort nach Pokrowskoje zurückkomme und dort übernachte, so sei das Tischtuch zwischen ihnen für immer zerschnitten. Der Diener galoppierte wieder fort. Kirila Petrowitsch erhob sich vom Tisch, entließ die Gäste und ging zu Bett.

Am anderen Tage war seine erste Frage: »Ist Andreij Gawrilowitsch da?« Darauf überreichte man ihm einen dreieckig zusammengefalteten Brief. Kirila Petrowitsch befahl seinem Schreiber, ihn laut vorzulesen, und vernahm folgendes:

»Mein gnädigster Herr!

Ich bin entschlossen, so lange nicht nach Pokrowskoje zu kommen, bis Sie Ihren Hundewärter Paramoschka mit einem Schuldgeständnis zu mir geschickt und es meinem Willen überlassen haben, ihn zu bestrafen oder zu begnadigen. Ich bin nicht gewillt, von Ihren Sklaven Sticheleien einzustecken, und werde mir das auch von Ihnen nicht bieten lassen, denn ich bin kein Hanswurst, sondern ein Edelmann aus altem Geschlecht. Damit verbleibe ich Ihr ergebenster

Andreij Dubrowskij.«

Nach den heutigen Begriffen von Etikette wäre ein solcher Brief durchaus unziemlich. Aber er erzürnte Kirila Petrowitsch nicht durch das Absonderliche des Stils und der Ausdrucksweise, sondern nur durch seinen Inhalt.

»Wie«, schrie Trojekurow, barfuß aus dem Bett springend, »ich soll meine Leute mit einem Schuldbekenntnis zu ihm schicken! Es soll seinem freien Willen überlassen sein, sie zu bestrafen oder zu begnadigen! Ja, was fällt ihm denn da eigentlich ein? Weiß er nicht, mit wem er es zu tun hat? Aber ich werde es ihm zeigen! Er wird sich bei mir noch ausweinen! Er wird erfahren, was das heißt, mit Trojekurow anzubinden!« Sogleich kleidete sich Trojekurow an und fuhr mit gewohntem großen Aufzug auf die Jagd. Aber diese verlief schlecht. Den ganzen Tag sah man nur einen Hasen, und nicht einmal dieser wurde gefangen. Das Mittagessen im Freien unter dem Zelt war ebenfalls mißlungen oder mindestens nicht nach dem Geschmack von Kirila Petrowitsch. Er verprügelte den Koch, beschimpfte seine Gäste und nahm heimwärts mit seinem ganzen Troß absichtlich den Weg über die Felder Dubrowskijs.

Es vergingen einige Tage, aber die Feindschaft zwischen den beiden Nachbarn legte sich nicht. Andreij Gawnilowitsch kam nicht mehr nach Pokrowskoje. Kirila Petrowitsch langweilte sich ohne ihn, und er machte seinem Ärger in den beleidigendsten Ausdrücken Luft, die dank dem Eifer der dortigen Adeligen Dubrowskij in noch verstärkter Fassung hinterbracht wurden. Ein neuer Umstand vernichtete auch die letzte Hoffnung auf eine Versöhnung.

Dubrowskij fuhr eines Tages auf seiner kleinen Besitzung herum. Als er sich dabei einem Birkenwäldchen näherte, hörte er Axthiebe und eine Minute später das Krachen eines stürzenden Baumes. Er eilte auf den Platz zu und traf auf Bauern aus Pokrowskoje, die in aller Gemütsruhe in seinem Wald Holz stahlen. Als sie ihn kommen sahen, ergriffen sie die Flucht, aber Dubrowskij und sein Kutscher fingen zwei von ihnen ab und brachten sie gefesselt auf seinen Hof. Drei feindliche Pferde fielen ebenfalls dem Sieger als Beute zu. Dubrowskij war aufs äußerste erzürnt, denn bisher hatte keiner der als Räuber berüchtigten Bauern von Pokrowskoje es gewagt, auf seinem Gebiet zu plündern, da ihnen seine guten Beziehungen zu ihrem Herrn bekannt waren. Nun sah Dubrowskij, daß sie aus dem Zerwürfnis Nutzen zogen, und beschloß, entgegen allen Begriffen von Kriegsrecht, seinen Gefangenen mit denselben Ruten eine Lehre zu erteilen, von denen sie sich in seinem Wald einen Vorrat hergerichtet hatten. Ihre Pferde reihte er seiner Herde ein; sie sollten bei der Arbeit Verwendung finden.