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Earthventure - Wie alles begann Odiklu hatte schon viele brillante Geschäftsideen und ist aus unerfindlichen Gründen mit jeder einzelnen gescheitert. Pleite wie immer nimmt er einen fragwürdigen Lieferauftrag an und gerät an mutmaßliche Raumschiffdiebe, intergalaktische Drogen und eine unfreiwillige Karriere als Chirurg. Immerhin trifft er einen alten Freund wieder. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände landet er auf der Erde, einem primitiven Planeten, der weder erschlossen ist noch unter Schutz steht. In der bunten Stadt Las Vegas macht Odiklu eine bahnbrechende Entdeckung: Eiscreme! Und mit ihr kommt seine bisher genialste Geschäftsidee ... Dieser schräge Science-Fiction-Kurzroman über intergalaktische Nebenjobs, Glücksspiel und sehr, sehr viel Eiscreme erzählt die irrwitzige Vorgeschichte der Earthventure-Reihe!
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Seitenzahl: 75
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Kapitel eins
Kapitel zwei
Kapitel drei
Kapitel vier
Kapitel fünf
Kapitel sechs
Kapitel sieben
Kapitel acht
Kapitel neun
Kapitel zehn
Kapitel elf
Kapitel zwölf
Kapitel dreizehn
Kapitel vierzehn
Kapitel fünfzehn
Odiklu hatte schon in frühester Kindheit einen beachtenswerten Geschäftssinn an den Tag gelegt. Sein Schulprojekt in der »Verkauf-mir-was-AG« hatte den zweiten Preis gewonnen und zweimal hatte er in der Oberschule den Pokal für die beste unrealistische Businessidee erhalten. Seine große Schwester hatte stets ihn die Taschengeldverhandlungen mit den Eltern führen lassen und sogar bei ihrem Bullmo-Borantulo hatte sie ihren kleinen Bruder um Hilfe gebeten.
Das Bullmo-Borantulo war das angrodanische Initiationsritual, das traditionell weiblichen Teenagern vorbehalten war. Die Initiation in jungen Jahren war die Basis für eine erfolgreiche Karriere in der Geschäftswelt des Planeten und ein wichtiges Ereignis im Leben jeder pubertierenden Angrodanerin. Dass diese Ehre des Bullmo-Borantulo nur Odiklus Schwester zuteilwurde und er als Junge nicht die Chance bekam, hatte er damals schon unfair gefunden. Aber er war noch ein Kind gewesen. Er glaubte noch an den Nasenengel und als ihm seine Mutter erklärte, dass er den gesellschaftspolitischen Hintergrund dieser Traditionen schon noch irgendwann verstehen würde, hatte er ihr mangels Alternative vertraut.
Das Geschäftsprojekt, das er gemeinsam mit seiner Schwester für deren Bullmo-Borantulo ausgearbeitet hatte, war mehr sein Projekt gewesen als das der Schwester. Sollifonk hatte sich schon damals ausschließlich für Schlamm interessiert und lebte heute abgeschieden auf einer winzigen Insel in einem der mittelgroßen Schlammozeane, wo sie für einen Hungerlohn Mikroorganismen im Schlamm untersuchte. Sie war immer schon ein bisschen eigen. Sicher war das einer der Gründe dafür gewesen, dass die Mutter der beiden ihre Bemühungen, aus einem ihrer Kinder eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu machen, auf Odiklu konzentriert hatte. Die Enttäuschung über Sollifonks fehlenden Geschäftssinn hatte die Mutter überkompensiert, indem sie ihm, einem männlichen Nachkommen, all ihr Wissen zur Verfügung gestellt hatte.
Die Tatsache, dass Odiklus Mutter nicht viel Wissen zu vermitteln hatte, machte sie dadurch wett, dass sie das Selbstbewusstsein ihres Kindes über die Maßen förderte. Kritikern zufolge möglicherweise etwas zu stark.
Odiklu war seiner Mutter bis heute unendlich dankbar für ihre unermüdliche Unterstützung und dafür, dass er ein mehr als gesundes Selbstvertrauen hatte. Immer wenn ihm jemand sagte – und das passierte in seinem Leben unangenehm oft – dass er sich wie ein Mädchen verhielt, hatte er stolz genickt und diese Beleidigung als Kompliment aufgefasst. Das tief verwurzelte Vorurteil in der angrodanischen Gesellschaft, dass nur Frauen erfolgreich Karriere machen konnten, war ihm zuwider, aber er hatte nicht mehr die Energie, sich für Gleichberechtigung einzusetzen. Im Studium hatte er zahlreiche Petitionen losgetreten, die allesamt von seiner Mutter unterzeichnet worden waren. Aber heute kämpfte er nur dann gegen traditionelle Geschlechterrollen und Diskriminierung, wenn sie ihn persönlich betraf.
So kam es also, dass Odiklu in seinen besten Jahren mit Feuereifer damit beschäftigt war, ein Businessimperium aufzubauen, und zwar dank seiner Mutter – Klüwump habe sie selig – mit ungebrochenem Selbstvertrauen, leider bisher mit wenig Erfolg.
Ein paar Jahre hatte er darauf verwendet, Butterschnitzereien zu vertreiben. Die Tanzkurse für insektoide Austauschschüler vom Planeten Merkplantoin Delta waren ein Reinfall gewesen, das musste er sich eingestehen. Warum er mit dem Anbau und Verkauf von Bitterbrezelsamen nicht den Durchbruch geschafft hatte, war ihm ein Rätsel.
Vor kurzem hatte er eine weitere geniale Geschäftsidee zu Grabe getragen. Das Socken-Imperium hatte wider Erwarten keinen Anklang gefunden. Er hatte keine Erklärung für das Scheitern. Man konnte es höchstens auf die allgemein schlechte Konjunktur schieben. Dennoch. So eine Idee wie das Socken-Imperium hatte ein durchschnittlicher Angrodaner nur einmal im Jahrzehnt. Er hatte Abonnements angeboten für Leute, die einzelne Socken in ihren Wohnungen vorfanden und diese loswerden wollten. Er hatte die Rundum-Sorglos-Lösung angeboten. Garantiert kein schlechtes Gewissen. Seine Kunden würden ihm ihre einzelnen Socken schicken, und er garantierte dafür, dass diese einen friedvollen und würdigen Lebensabend verbrachten. Sanfte Zusammenführung neuer Sockenpaare nach artgerechten Kriterien, Umnutzung, Upcycling. Ein Gnadenhof für herrenlose Single-Socken. Socken waren eine knifflige Angelegenheit. Es traf jeden früher oder später.
Odiklu löschte die Internetseite, auf der sich bisher nur ein einziger Angrodaner bei ihm gemeldet hatte. Leider war der Mann offenbar geistesgestört. Denn er hatte nicht Odiklus Abonnement für die sorglose Entsorgung einzelner Socken buchen wollen, sondern hatte ihn davon überzeugen wollen, einen Verein für Träger verschiedener Socken zu gründen. Manche Angrodaner hatten schon schräge Ideen.
Wie gut, dass Odiklus Erfindungsreichtum unendlich war. An zündenden Ideen mangelte es ihm nicht. Im Moment brauchte er aber schnellstens eine Finanzspritze, um das Ausbleiben der Einnahmen aus dem Socken-Imperium, gepaart mit den Kosten für ein paar leidige Gerichtsverfahren aus den Zeiten der Butterschnitzereien zu kompensieren.
Nun. Odiklu war nicht leicht zu entmutigen und daher sah er diese finanzielle Notlage als das an, was sie war: vorübergehend. Er war sich aber auch nicht zu schade, sich seine zwölf Finger schmutzig zu machen. Er war ein Selfmade-Quallionär am Anfang seiner Karriere. In ein paar Jahrzehnten würde er seinen Nachfahren mit einem Lächeln auf den Lippen von seiner Pleite erzählen und von den grandiosen Ideen, die ihn da heraus und in seine strahlende Zukunft geführt hatten.
Er wischte durch die Stellenanzeigen.
»Einfache Tätigkeit, weitestgehend legal, unterdurchschnittlicher Verdienst. Raumfahrterfahrung von Vorteil.« Odiklu legte den Kopf schief. Er würde in Erfahrung bringen müssen, wie weit unter dem Durchschnitt der Verdienst lag. Odiklu hatte außerdem keine Ahnung, wo der Durchschnitt lag.
Er wusste nur, dass er schnell zu Geld kommen musste, denn er wollte es unter allen Umständen vermeiden, seinen Gleiter zu verkaufen. Das Ding hatte ohnehin fast nur noch ideellen Wert. Er griff zum Telefon.
»Guten Tag, hier ist Odiklu. Ich habe Ihre Stellenanzeige gelesen«, sagte er, nachdem ein unangenehmes Kratzen im Hörer erklungen war.
»Ja. Ich kann ein Raumschiff steuern. … Klar kenne ich Hilax Prime. … Ja, das meinte ich. Hilak Prime. … Sie meinen, jetzt gleich? … Wie verzweifelt ich bin?«
Odiklu fiel es schwer, seine Verzweiflung auf einer Skala von Eins bis Qualli festzulegen. Er entschied sich für eine solide Fünf. Das war offenbar die richtige Antwort, denn der Kerl am anderen Ende schickte ihm eine Adresse und etwas, das man mit viel gutem Willen als einen Vertrag bezeichnen konnte.
Odiklus Finger schwebte über dem Unterschriftfeld. »200 Hullonen, zwei freie Mittagessen auf Bollu, Erledigung in einer Woche, Klappe halten«, stand da. Odiklu zuckte mit den Schultern. Zwei freie Mittagessen auf Bollu waren doch super. Ein Arbeitgeber, der sich um das leibliche Wohl seiner Mitarbeiter kümmerte. Wann hatte er zuletzt Spesen bekommen? Er drückte seinen Daumen auf das Pad.
Mit dem letzten Tropfen Treibstoff erreichte Odiklu die angegebene Adresse. Büro 887. Es war einer dieser rosa Hochhaustürme, in denen kleine Firmen noch kleinere Büroräume mieten konnten. Es wurden nicht viele Fragen gestellt. Wer eine Niederlassung auf Angrodan brauchte, für den waren diese Büros die kostengünstigste Alternative. Das wusste Odiklu, denn er hatte selbst schon vier Firmen von einem solchen Büro aus zugrunde gehen lassen. Nicht hier in diesem Gebäude, aber in einem, das diesem zum Verwechseln ähnelte.
Er stellte den Gleiter im obersten Parkgeschoss ab und nahm den Verteiler. Dieser hatte fast alle Eigenschaften eines irdischen Personenaufzuges, aber auch einige Eigenschaften eines Zuchtkäfigs für Legehennen. Odiklu zwängte sich in die Nische, die nur um wenige Zentimeter größer war, als er selbst und gab den Namen der Firma an. Die Box stellte sich ratternd in die Waagerechte und schoss dann wie in einer Rohrpostanlage durch die Flure des Gebäudes, bis sie schließlich vor dem Büro mit der Nummer 887 ankam. Die Verteilerbox spuckte ihn geradezu aus und zischte davon.
Odiklu strich seinen Anzog glatt und setzte ein gewinnendes Lächeln auf.
»Herein«, rief es von innen.
»Guten … Ach herrje!« Odiklu hielt sich an der Tür fest und starrte auf den Boden des winzigen Raums. Er war durchsichtig. Odiklu konnte die darunterliegenden Büros mit all ihren unterschiedlichen Benutzern sehen. Da war eine Hermonin, die Liegestütze machte. Und da war eine Gruppe von Grobionen, die auf einen Roboter mit einer Augenklappe einprügelten. Wenn er sich nicht irrte, saß im Büro drei Geschosse weiter unten eine Angrodanerin in einer Badewanne.
»Lassen Sie sich nicht ablenken.« Eine dünne Stimme erinnerte Odiklu daran, weshalb er hier war. »Die transparenten Wände sind neu. Es spart Fenster und garantiert den Einfall von Tageslicht in alle Büros. Optimale Raumausnutzung. Man gewöhnt sich schnell daran. Marcie hat jetzt immer eine Unterhose an.«
»Wie bitte? Eine Unterhose?« Odiklu richtete seinen Blick auf die Person hinter dem Schreibtisch. Es war ein Pragling. Klein, grün, dünn mit großem rundem Kopf. Ein ganz gewöhnlicher Pragling, wie sie zu Hunderttausenden auf Angrodan in allen möglichen Dienstleistungsberufen arbeiteten. Ein erfrischend normaler Anblick.
»Nicht so wichtig. Sie sind hier wegen des Jobs?«
Odiklu nickte schnell. »Es geht also um eine Lieferung nach Bollu?«, fragte er, um nicht mehr an Marcies Unterhose zu denken.
»Es geht um eine Lieferung nach Hilak Prime.«
»Richtig«, sagte Odiklu. Von dem Planeten hatte er noch nie gehört.