Effizient faul - Uwe Seebacher - E-Book

Effizient faul E-Book

Uwe Seebacher

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Beschreibung

Wer klug faul ist, arbeitet weniger, erreicht mehr und bleibt dabei völlig entspannt. Uwe Seebacher berät seit vielen Jahren Spitzenmanager und machte eine verblüffende Entdeckung: Die besten tun nur, was wirklich zählt. Gerade deshalb haben sie Erfolg und dabei noch ein Leben außerhalb der Arbeit. Bezwingend einfach erklärt Seebacher, wie wir mit der Kunst der Faulheit weniger tun und mehr erreichen.

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Seitenzahl: 198

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Uwe Seebacher:

Effizient faul

Alle Rechte vorbehalten

© 2025 edition a, Wien

www.edition-a.at

Cover: Bastian Welzer

Satz: Bastian Welzer

Lektorat: Sophia Volpini de Maestre

Gesetzt in der Premiera

Gedruckt in Deutschland

1   2   3   4   5      —   28   27   26   25

ISBN: 978-3-99001-804-0

eISBN: 978-3-99001-805-7

UWE SEEBACHER

EFFIZIENTFAUL

Minimaler Aufwand Maximaler Erfolg

INHALT

Eine Ode an die Faulheit

Kapitel 1

Faulheit neu gedacht

Kapitel 2

Die Faulen sind effizient

Kapitel 3

Templates: Das Werkzeug der effizienten Faulen

Kapitel 4

Schritt für Schritt zum eigenen Template

Kapitel 5

Die Faulen optimieren sich selbst ohne Stress

Kapitel 6

Die Faulen sind kreativ

Kapitel 7

Die Faulen sagen nein

Kapitel 8

Die Faulen sind produktiv

Kapitel 9

Die Faulen sind reflektiert

Kapitel 10

Die Faulen sind zufrieden

Kapitel 11

Die Zukunft gehört den Faulen

Die Faulen verpassen nichts

EINE ODE AN DIE FAULHEIT

Die Motoren des Flugzeugs summten monoton, während ich aus dem Fenster auf die Wolken unter mir blickte. Nach einer langen Geschäftsreise nach Australien und Neuseeland saß ich auf dem Rückflug nach Hause und dachte an die unzähligen Aufgaben, die auf mich warteten. Es war gerade eine besonders stressige Phase meines Lebens. Mein Kalender war voll, mein Posteingang quoll über und mein Kopf drehte sich wie ein Karussell aus offenen Punkten und unerledigten To-dos. Schon beim Gedanken an die nächsten Tage schlich sich ein beklemmendes Gefühl ein. Es war, als ob ich ein riesiges Puzzle vor mir hätte, bei dem die Teile wild verstreut lagen und ich nicht wusste, wo ich anfangen sollte.

Seit vielen Jahren schon beriet ich Milliardenkonzerne, hielt Seminare und Workshops, unterrichtete auf Universitäten, schrieb wissenschaftliche Sachbücher und forschte an den neuen Entwicklungen zu Künstlicher und ihrer nächsten Stufe, der Generativen Intelligenz, die Wissen mit Kreativität vereinen sollte. Jahr für Jahr war mein Terminkalender dichter, meine Freizeit geringer und meine Belastung größer geworden. Über dem Atlantik spürte ich zum ersten Mal, wie eine gewisse Erschöpfung einsetzte. Nach meiner Landung würde es nahtlos weitergehen: Mails, Anrufe, Vorträge, Beratungen, ich musste vorbereiten, analysieren, zusammenfassen, diskutieren. Ein seltsamer Wunsch, den ich schon lange nicht mehr verspürt hatte, machte sich in mir breit. Ich wäre ganz gern einfach mal faul gewesen. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, Faulheit würde mir und meiner Gesundheit guttun.

Im gleichen Moment war ich schockiert von dieser Idee. Mein Leben drehte sich darum, Unternehmen effizienter, erfolgreicher und produktiver zu machen. Darauf basierte mein Ruf, das war mein Versprechen. Dafür wurde ich letztlich auch bezahlt. Meine Auftraggeber wären wohl kaum glücklich gewesen mit diesem plötzlichen Wunsch, mich einfach mal auf die faule Haut zu legen.

Aber nicht nur meine Auftraggeber wären über diesen Wunsch schockiert, ich selbst war es auch. Denn ich war stolz auf meine Arbeit. Ich würde keine andere machen wollen. Ja, als ich so darüber nachdachte, erkannte ich, dass ich nicht einmal weniger machen wollte. Ich wollte offenbar beides: Mein Arbeitspensum beibehalten und gleichzeitig die Bequemlichkeit der Faulheit genießen. Ich tat diesen Gedanken als bloße Wunschvorstellung ab, wie sie Menschen eben überkommt, wenn sie müde und überarbeitet sind. Vielleicht sollte ich mal wieder eine Pause einlegen, dachte ich. Womöglich war der Wunsch nach Faulheit bloß die Erinnerung meines müden Geistes, mal wieder Urlaub zu machen.

Als ich endlich in meiner Wohnung ankam, hatte ich den Gedanken bereits in eine dunkle Ecke meines Bewusstseins verbannt und wurde von der Routine überrollt. Nachdem ich angekommen war, mich geduscht, umgezogen, und zu Abend gegessen hatte, saß ich vor dem Laptop und plante die nächste Woche. Und plötzlich schob sich diese leise Stimme in meinem Hinterkopf wieder nach vorn und hämmerte gegen meine Stirn. Sei doch einfach mal faul, sagte sie. Als ich einige Momente die Augen schloss und in mich hineinhörte, klang es nicht danach, als sehnte ich mich bloß nach Urlaub. Es klang so, als würde hier eine fundamentale Änderung meines Lebens beginnen. Und diese Erkenntnis brachte mich zum Nachdenken.

Vielleicht war diese Stimme keine bösartige Verführerin, sondern ein Signal meines Geistes. Es wurde ihm zu viel. Die Stimme ermahnte mich, mir eine Pause zu gönnen. Zur Ruhe zu finden. Schon länger hatte ich nicht mehr im Moment gelebt, sondern war von einer Verpflichtung zur nächsten gerast. Die Faulheit wollte mich in die Gegenwart zurückholen.

Dabei gab es ein Problem: Ich sah mich selbst nicht als faulen Menschen. Gleichzeitig musste auch ich einsehen, wann es notwendig war, vom Gas zu gehen. Doch genauso wenig wollte ich auf einen meiner Termine verzichten. Bald schon befand ich mich in einem inneren Zwiespalt. Termine absagen und dafür zur Ruhe finden, danach aber ein schlechtes Gewissen haben? Oder den Plan durchziehen, selbst wenn ich mich überforderte?

Um diesem Zwiespalt zu entkommen, griff ich zu einer Methode aus meiner Studienzeit. Tatsächlich ist es die einfachste Organisationstechnik, die es gibt, aber eine der effizientesten. Ich holte mein treues Notizbuch mit dem schwarzen Ledereinband aus der Schublade meines Schreibtischs, in dem ich mir immer wieder Ideen und Aufgaben aus Meetings notierte. Hinein schrieb ich mir eine To-do-Liste. Per Hand, nicht auf Tablet oder Laptop, wo ich normalerweise meine Aufgaben organisierte. Das Ritual allein ließ mich schon zur Ruhe kommen.

Auf den Anfang der Seite schrieb ich groß »To-Dos« und darunter einfach nacheinander alles, was mir einfiel: E-Mails beantworten, Interview für das Handelsblatt schreiben, Text für die FAZ verfassen, Angebot für Kunde XYZ ausarbeiten, Präsentation für die Allianz vorbereiten, Vorlesung Customer Relationship Management für die WU Wien konzipieren, Buchhaltung für Februar machen und Klaus zurückrufen. Dabei schätzte ich ab, wie lange jede Aufgabe dauern würde. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass vieles gar nicht so aufwendig war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Diese simple Struktur gab mir nicht nur einen Überblick, sondern auch ein Gefühl von Kontrolle zurück. Mit jedem erledigten Punkt konnte ich einen Haken setzen – ein kleines Ritual, das eine unerwartet große Wirkung auf mein Unterbewusstsein hatte: Es gab mir das Gefühl, etwas erreicht zu haben, und belohnte mich mit einem kleinen Motivationsschub.

Dieser Moment, so unscheinbar er wirken mag, war ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich begann, mich intensiver mit der Faulheit zu beschäftigen. Früher hatte ich sie bloß als Feindin gesehen, als etwas, das es um jeden Preis zu meiden galt. Doch langsam kam ich ihr näher, lernte ihre wahren Eigenschaften kennen, ihre Qualitäten und ihren Nutzen. Es war, als stieße ich die Tür zu einer neuen Welt auf, zu einer neuen Lebensweise, die ich bisher nicht zu öffnen gewagt hatte, weil die Mehrheitsmeinung eindeutig war: bloß nicht faul sein! Faulheit ist schlecht! Aber was, wenn diese Überzeugungen falsch sind? Wenn sie sogar fatal sein können für unsere Lebensqualität und unseren beruflichen Erfolg?

Als systematischer Mensch begann ich, mich dem Thema auf meine Weise zu nähern. Ich entwickelte eine Theorie. Was, wenn Faulheit nutzbar gemacht werden könnte, um nicht nur die Arbeitsleistung zu steigern, sondern dabei auch noch den Stress zu reduzieren und die Lebensqualität zu erhöhen? Wenn die Perspektive eines Faulen (eines effizienten Faulen, wie ich ihn in diesem Buch nenne) Lösungen und Möglichkeiten bietet, die einem auf Arbeitsleistung gedrillten Topmanager verborgen bleiben?

Der Faule, begriff ich bald, hatte einen großen Vorteil gegenüber allen anderen. Er war in der Lage, ruhig und abgeklärt, mit gewisser Distanz sozusagen, auf die Aufgaben vor ihm zu blicken. Bevor er kopfüber in ein Projekt sprang, analysierte er es und dachte darüber nach, wie er es so effizient wie möglich bearbeiten konnte. Denn er war getrieben von dem Wunsch, schnell fertig zu werden, um danach noch Zeit für sich selbst zu haben. Und ist nicht genau das, wonach sich heute alle Menschen sehnen? Ihre Arbeit zu bewältigen und gleichzeitig Zeit für sich selbst zu haben? Der Faule schafft das.

Dabei gibt es natürlich Fallen und Hürden. Nicht jeder Faule ist effizient. Es gibt, wie wir sehen werden, negative und positive Faulheit, effiziente und ineffiziente. Wir wollen zum effizienten Typ gehören. Was bedeutet das? Nicht weniger zu tun, sondern klüger zu arbeiten.

Der Kern der effizienten Faulheit besteht also in der Strukturierung, Systematisierung und Analyse von Aufgaben. Bald schon begann ich, darüber nachzudenken, wie ich diese simple, aus der Not heraus geborene To-do-Liste systematisieren und erweitern würde. Was, wenn ich Unternehmern beibringen könnte, sich Vorlagen zusammenzustellen, mit denen sie ihre Entscheidungen und Aufgaben vereinfachen und abbilden, sodass sie sich nie mehr überfordert fühlen? Wenn Manager von Milliardenunternehmen lernten, ihren Zeitplan so effizient zu gestalten, dass noch immer Platz für Freizeit bleibt? Wenn Start-up-Gründer und Jungunternehmer beginnen würden, die wichtigen Aufgaben zu priorisieren und so nicht von einer Flut an Entscheidungen erdrückt werden, noch ehe sie die eigentliche Arbeit beginnen konnten? Wenn Studenten genau erfassen könnten, wie viel und wann sie lernen müssen, um die Prüfung zu schaffen?

Auf Basis der simplen, handschriftlichen To-do-Liste entstand so ein wissenschaftliches Konzept, das ich seit Jahren erfolgreich mit Unternehmen auf der ganzen Welt umsetze. Nach einigen Jahren, in denen sich diese Theorien in der Praxis der Wirtschaft bewährt hatten, fragte ich mich: Warum sollte dieses Konzept nicht das Leben jedes Menschen effizienter gestalten können? Und ihm mehr Raum für seine innere Faulheit geben, die jeder von uns braucht, um zur Ruhe zu finden? So entstand dieses Buch.

Heute, während ich diese Zeilen schreibe, blicke ich auf diese stressigen Momente zurück und bin dankbar für den Weckruf, den sie mir gaben. Ohne sie hätte ich vielleicht nie erkannt, dass Erfolg nicht durch ständiges Machen entsteht, sondern durch kluge Entscheidungen, gezielte Pausen und das bewusste Setzen von Prioritäten. »Effizient faul« zu sein ist nicht nur eine Methode, sondern eine Einstellung. Und diese Einstellung hat mein Leben verändert – zum Besseren.

Die Faulheit hat in unserer Gesellschaft einen schweren Stand. Das beginnt bereits bei dem Wort »faul« selbst. Es kommt vom althochdeutschen fûl, was so viel wie »stinkend« bedeutet. Ursprünglich waren damit Lebensmittel gemeint, die zu lange herumlagen und irgendwann zu stinken und zu faulen begannen. Daraus entwickelte sich das Wort für einen Menschen, der die meiste Zeit bloß herumlag und nichts tat. Auch er würde, so wohl die gängige Meinung, irgendwann zu faulen und zu stinken beginnen.

Tatsächlich besteht diese Gefahr. Nichtstun macht, wie zahlreiche psychologische Studien in den letzten Jahrzehnten bewiesen haben, unglücklich. Doch genauso unglücklich macht die ständige Überforderung, die unsere moderne Gesellschaft für uns bereithält. Arbeite mehr, schneller, erfolgreicher, bis es Körper und Geist irgendwann nicht mehr schaffen. Depressionen, Burn-outs und Unzufriedenheit sind die Folgen.

Der effiziente Faule schafft den Mittelweg. Er weiß, dass Nichtstun ihn genauso unglücklich machen wird wie die Überarbeitung. Und er kennt Mittel und Wege, seine Zeit und Energie optimal zu nutzen. Der Faule ist der Arbeiter der Zukunft.

Faul kann nur sein, wer seinen Job und die täglich notwendigen Arbeiten in so kurzer Zeit wie möglich erledigt.

In den folgenden Kapiteln möchte ich dich einladen, eine Neubewertung der Faulheit vorzunehmen und deine eigenen Arbeitsmethoden zu hinterfragen. Im ersten Kapitel beschäftigen wir uns ein wenig näher mit dem Begriff der Faulheit und wie wir ihn neu denken müssen.

Das zweite Kapitel dreht sich um die Effizienz, der zweite wichtige Baustein des »Effizient faul«-Ansatzes. Nur wer effizient faul ist, ist erfolgreich faul.

Im dritten Kapitel lernst du meine Templates kennen, eine Technik, mit der du jeden Lebensbereich strukturieren kannst, um Zeit zu sparen, die Produktivität zu erhöhen und deine Energie gezielt einzusetzen. Dabei handelt es sich im Grunde um Listen, allerdings so optimiert und systematisiert, dass sie dir in jeder Lebenslage weiterhelfen können. Das vierte Kapitel enthält eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Erstellung von Templates.

Im fünften Kapitel lernen wir, wie Selbstoptimierung ohne Stress funktionieren kann. Der Aufruf zur Verbesserung und Steigerung der eigenen Fähigkeiten ist heute besonders laut. Und tatsächlich erfüllt es uns mit Freude, wenn wir merken, wie wir wachsen und besser werden. Andererseits kann der Druck, die eigene Leistung stets steigern zu müssen, negative Konsequenzen auf unsere Arbeit und unser Wohlbefinden haben. Der Faule versteht, wie er sich verbessern kann, ohne unter unnötigem Stress zu leiden.

Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Faulheit und Kreativität. Denn nur wer Faulheit richtig einzusetzen vermag, kann kreative und inspirierende Lösungen entwickeln. Du wirst stehen, wie Faulheit immer schon eine Quelle der Inspiration war.

Das siebte Kapitel handelt von einer unumgänglichen Fähigkeit für alle Faulen: dem Nein-Sagen. Nur wer lernt, zu ungünstigen Dingen Nein zu sagen, hat genug Raum in seinem Leben, um zu den richtigen Dingen Ja zu sagen.

Im achten Kapitel lernen wir den Effekt von Faulheit auf die Produktivität kennen. Der erfolgreiche Faule will nicht nur die bestehenden Aufgaben möglichst schnell erledigen, er will auch möglichst viele Aufgaben bewältigen können. Das ist ein feiner, aber wichtiger Unterschied, der im Berufsleben von großer Bedeutung sein kann. Damit das gelingt, müssen wir richtige Prioritäten setzen.

Im neunten Kapitel beschäftigen wir uns mit der Königsdisziplin des Faulen: der Selbstreflexion. Der Faule bringt alle Fähigkeiten mit, um sich selbst zu analysieren und seine Handlungen zu reflektieren. Er muss sie nur richtig einsetzen. Dann wird er nicht nur erfolgreicher in seinem Tun, sondern auch zufriedener und glücklicher in seinem Sein.

Der Faule ruht in sich selbst und schafft so einen Zustand der Zufriedenheit. Im holistischen Konzept der effizienten Faulheit ist Zufriedenheit nicht nur ein Schlüssel zu unserem psychischen Wohlbefinden, sondern ebenso ein Garant für beruflichen Erfolg. Was wir vom Faulen über Zufriedenheit lernen können, erfahren wir im zehnten Kapitel.

Im elften und letzten Kapitel werden wir schließlich einen Blick darauf werfen, wie die Faulheit in der Zukunft einen noch größeren Platz in unserem Leben einnehmen wird. Ich habe es schon erwähnt: Den effizient Faulen gehört die Zukunft. Dabei müssen wir nur an die Fortschritte der KI denken: Wer es schafft, sie richtig einzusetzen, wird seine Leistung enorm steigern können und gleichzeitig seine Arbeitszeit verringern.

Faulheit ist nicht bloß eine Methode, um erfolgreicher und erfüllter arbeiten zu können, sondern es ist eine Lebenseinstellung. Der effizient Faule begreift, dass Arbeit und Freizeit nicht getrennt voneinander existieren können. Ein glücklicher Mensch ist überall glücklich. Wir können nicht unser halbes Leben depressiv im Büro sitzen und nach Feierabend nach Hause kommen, wo uns plötzlich Glück und Freude erfüllt. So funktioniert es leider nicht. Der Faule schafft sich ein Leben, in dem Zufriedenheit und innere Erfüllung sowohl im Job als auch im Privaten ermöglicht werden. Und somit wird er gleichzeitig effizienter und erfolgreicher in allem, was er tut.

Wir müssen die Faulheit als wertvolle Ressource für unser Wohlbefinden verstehen.

Welchen Beruf du auch ausübst, welche privaten oder professionellen Ziele du verfolgst oder anstrebst, der »Effizient faul«-Ansatz lässt sich auf jeden erdenklichen Lebensbereich übertragen.

In der effizienten Faulheit liegt eine erstaunliche Kraft, die uns zu mehr Erfolg, Zufriedenheit und innerer Ruhe führen kann. Die Kunst des bewussten Faulseins ermöglicht es, uns zu entfalten, unsere Kreativität zu fördern und schließlich ein Stück mehr zu uns selbst zu finden. Lasst uns faul sein, aber effizient!

Kapitel 1

FAULHEIT NEU GEDACHT

Der Weg zum Tun ist das Sein.

Lao-Tse,chinesischer Philosoph

Die US-Sitcom The Office, basierend auf dem englischen Original gleichen Namens, ist eine der erfolgreichsten Serien des 21. Jahrhunderts. In ihr verfolgen wir das Leben der Angestellten einer Papierfirma im ostamerikanischen Pennsylvania. Der inkompetente Chef Michael Scott, gespielt von Steve Carell, und seine Mitarbeiter brachten in neun Staffeln mit ihren Eigenheiten und absurden Situationen das Land zum Lachen.

Eine der Hauptfiguren ist der Verkäufer Jim Halpert, gespielt von John Krasinski. Er ist beliebt, witzig und klug, aber hat am Anfang der Serie keinerlei Ambitionen. Zufrieden mit seiner Situation, nutzt er jede Gelegenheit, um seinem Kollegen Dwight Schrute das Leben schwer zu machen. Seine einzige Motivation am Arbeitsplatz besteht darin, die Empfangsdame Pam zu umwerben, in die er verliebt ist.

Jim weiß stets, welche Leistung er bringen muss, um sich seine Späße und Flirtereien erlauben zu können. Er nutzt seine Energie und Zeit effizient, um als Mitarbeiter unersetzbar zu werden und gleichzeitig keinen Stress zu verspüren. Ganz anders als der verbissene Dwight, der um jeden Preis in der Hierarchie der Firma aufsteigen will, scheint Jim mit seinem Leben zufrieden und glücklich. Das macht ihn zu einem so angenehmen Zeitgenossen. Mehrmals schlägt er sogar die Möglichkeiten einer Beförderung aus, weil er sich nicht mit mehr Stress belasten will.

Die Figur des Jim Halpert ist von Natur aus ein effizient Fauler. Er schafft es, Arbeit und Privatleben harmonisch miteinander zu verbinden. Seine Haltung erlaubt ihm einen distanzierten Blick auf Probleme, kreative Lösungen und eine gesunde Abgrenzung zum Job. Seine Leistungen sind gut, er ist als Kollege und Mitarbeiter geschätzt und beliebt. Das zeigt sich auch darin, dass es seinem Chef wichtiger ist, von Jim gemocht zu werden als von Dwight, obwohl Dwight seinem Boss jeden Wunsch von den Lippen abzulesen versucht. Oder gerade deswegen.

Doch wir werden sehen, dass Jim etwas fehlt. Im Laufe der Serie bemerkt er, dass er sein volles Potenzial nicht ausnutzt. Er spürt, dass mit seinen Fähigkeiten und seiner Intelligenz mehr möglich wäre. Doch innerhalb des Papierunternehmens fehlt ihm die Motivation. Er beginnt, sich zu fragen, was er wirklich möchte. Und schafft es, durch Selbstreflexion und kluges Planen einen Weg zu finden, sich behutsam eine Karriere aufzubauen, die ihn nach Größerem streben lässt. Seine gemütliche Art ist ihm geblieben, doch Jim hat sich am Ende der Serie gewandelt: von einem effizient faulen Mitarbeiter, der seine Fertigkeiten einsetzt, um stets die Mindestanforderungen mit minimalem Aufwand zu erledigen, zu einem effizient faulen Unternehmer, der eine erfolgreiche Firma aufbaut, ohne dafür sein Privatleben vernachlässigen zu müssen. Jim Halpert kann jedem effizient Faulen ein Vorbild sein.

Was die antiken Denker über die Faulheit wussten

Die Faulheit ist heute gesellschaftlich geächtet. In einer Gesellschaft, die Arbeitseifer mit dem Wert des Menschen gleichsetzt, ist Faulheit das Zeichen von Asozialität und Gesellschaftsfeindlichkeit. Eine Gesellschaft aus Faulen wäre zum Scheitern verurteilt. Dabei wird allerdings rein auf den negativen Faulen fokussiert und nicht auf die Möglichkeiten, die sich mit einer tiefergehenden Auseinandersetzung gewinnen ließen. Dazu später mehr.

Zunächst schauen wir uns die historische Bedeutung des Begriffs an. Faulheit entstand erst im Mittelalter als Begriff (wie bereits erwähnt von »Fäulnis« oder dem »Verfaulen« von Lebensmitteln). Die Antike kannte Faulheit in unserem heutigen Sinn nicht. Allerdings gab es einige Philosophen, die sich mit ähnlichen Konzepten auseinandersetzten.

Der berühmteste ist wohl Aristoteles. In seinem Werk Nikomachische Ethik fragte er danach, was ein ethisches und moralisch gutes Verhalten auszeichnet. Kurz zusammengefasst, ist Aristoteles der Überzeugung, jedes Lebewesen habe einen telos, ein Ziel und einen Sinn im Leben. Diesen zu ignorieren oder gar gegen ihn zu handeln, sei moralisch falsch. Ein Löwe, der nicht jagt, eine Biene, die keine Blumen bestäubt, eine Ameise, die nichts zu dem Bau ihres Volks beiträgt, all das würde uns widernatürlich vorkommen. Faulheit würde nach Aristoteles bedeuten, der Mensch handle gegen seine Ziele. Allerdings ist es schwieriger, das sinnhafte Tun eines Menschen zu bestimmen, als jenes einer Ameise oder Biene. Der Mensch hat mannigfaltige Möglichkeiten, sich zu verwirklichen. Ein erster Schritt ist also, für sich selbst das sinnhafte Tun zu finden (wie uns das gelingen kann, davon wird später die Rede sein).

Wer im Einklang mit seinem Ziel lebt, der lebt laut Aristoteles tugendhaft. Das wiederum hindert den Menschen, zur Eudaimonie zu gelangen, zu einem glücklichen und zufriedenen Leben. Die moderne Forschung bekräftigt dies: Menschen, die nichts tun oder eine für sie sinnlose Tätigkeit verrichten, fühlen sich unglücklich.

Um einen Richtmesser zu haben, wie wir in unserem alltäglichen Leben tugendhaft sein können, gibt uns Aristoteles seine Mesotes-Lehre an die Hand. Mesotes ist die Kunst des richtigen Maßes. Laut Aristoteles bilden emotionale Zustände stets ein Gegensatzpaar. Zwischen zwei Extremen gilt es, die Mitte zu finden. Diese ist die angemessene Haltung für ein tugendhaftes Leben. So liegt die Tapferkeit als tugendhaftes Verhalten zwischen den beiden Extremen Feigheit und Tollkühnheit. Der Feige drückt sich vor jeder Aufgabe, die ihn herausfordert, der Tollkühne wiederum springt ins Abenteuer, ohne darüber nachzudenken. Beide erweisen sich und der Gesellschaft mit ihrem Verhalten keinen Dienst. Der Tapfere wägt ab, welcher Kampf es wert ist, ausgefochten zu werden, und drückt sich nicht davor, wenn er notwendig ist.

Im aristotelischen Sinn kann Faulheit ein Gegensatzpaar mit dem Übereifer bilden. Während der Faule sich vor jeder Tätigkeit drückt, nimmt der Übereifrige jedes Projekt an, selbst wenn es unnötig ist. Am Ende bleibt er ausgebrannt und überfordert zurück. Was wäre die Mitte zwischen diesen beiden Extremen? Im Geiste Aristoteles’ könnte hier die Effizienz genannt werden, die den Menschen zwar zum Arbeiten antreibt, die ihn jedoch begreifen lässt, wie er dies auf gesunde Art tun kann, ohne sich ins Burn-out zu stressen.

Eine oft vorgebrachte Kritik an Aristoteles lautet, dass selbst in den von ihm abfällig behandelten Extremen wie Faulheit positive Eigenschaften schlummern können. So postuliert der »Effizient faul«-Ansatz, dass ein fauler Mensch, ausgestattet mit der Gabe der Effizienz, sowohl im Arbeits- als auch im Privatleben große Fortschritte machen wird.

Die Idee der »Goldenen Mitte« erinnert uns daran, dass es wichtig ist, uns selbst Freiräume für Erholung und Entspannung zu schaffen, um ein erfülltes und tugendhaftes Leben zu führen.

Ein weiterer bedeutender Vertreter der griechischen Philosophie, der als Vordenker des Faulheitsbegriffs gelten kann und eine entgegengesetzte Position zu Aristoteles vertrat, war Epikur. Eine Generation jünger als Aristoteles, wurde seine Philosophie (der Epikureismus) besonders im Hellenismus (die Zeit um Alexander den Großen) einflussreich.

Mit seinen Anhängern versammelte er sich oft in einem Garten, weswegen seine Schule auch nach dem griechischen Wort für Garten, kepos, benannt ist. In diesem Garten eröffnete er seinen Zuhörern eine damals wie heute polemische Sicht auf die Welt: Er stellte die menschliche Lust und Lebensfreude sowie das Streben danach als zentrale Lebensgrundlage dar. Laut ihm ist der Mensch dann glücklich, wenn es ihm gelingt, Lust zu fördern und Unlust zu vermeiden. Für seine Kritiker wurde Epikur damit zum Urvater des Hedonismus, der Müßiggang und Völlerei Tür und Tor öffnete. Doch eine genaue Betrachtung seiner Lehre zeigt, dass dies keineswegs Epikurs Intention war. Vielmehr ist er sich bewusst, dass ein ausschweifender Lebenswandel langfristig zum Unglück führen wird. Allerdings wies er darauf hin, dass ein Mensch, der seine eigenen Bedürfnisse stets ignoriert, ebenso ins Unglück stürzen wird. Faulheit, im epikureischen Sinne, muss also nicht bedeuten, untätig zu sein. Vielmehr kann es die Fähigkeit bezeichnen, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und sie in Einklang mit den Anforderungen der Gesellschaft zu bringen.

Für Epikur lag das höchste Ziel des Menschen im Erreichen von Ataraxia, einer Gemütsruhe und einem Seelenfrieden, der durch die Befreiung von Schmerz und Leid erlangt wird. Er sah den Weg zur Ataraxia in der Lust, genauer gesagt in der geistigen Lust, begründet. Dabei verstand er Lust nicht als maßlose Sinnlichkeit, sondern als das Gefühl der inneren Befriedigung und des Wohlbefindens, das durch die Erfüllung von natürlichen Bedürfnissen entsteht. Bis heute kontrovers ist Epikurs Auffassung, dass Selbstmord gerechtfertigt sei, sollte der Mensch mehr Unlust als Lust verspüren und sich diese als unumkehrbar erweisen (etwa bei einer schweren Krankheit). Das zeigt, wie aktuell die Fragen der griechischen Philosophie noch heute sind.

Epikurs Philosophie erinnert uns daran, dass selbst der Müßiggang nicht von Grund auf schlecht ist. Bewusst und aktiv eingesetzt, kann er uns die Erholung bringen, die wir brauchen.

Während also Aristoteles selbst der Faulheit gegenüber kritischer eingestellt ist, kann Epikur als erster Verfechter eines neuen Faulheitsbegriffs gelten. Beide Philosophen geben uns allerdings Theorien, mit denen Faulheit neu gedacht werden kann.

Ein dritter Denker im Bunde, wenn es um die antiken Konzeptionen von Faulheit geht, ist der römische Staatsmann, Poet und Dichter Cicero. Vor allem als Gegenspieler Cäsars und Verfechter der römischen Republik bekannt, fand Cicero die größte Freude im Verfassen philosophischer Abhandlungen. In einer davon schreibt er auch über die Muße. Die Muße ist wohl jener antike Begriff, der unserem Wort Faulheit am nächsten kommt.

Die Muße ist eine freie Zeit, in der keine gesellschaftliche Aufgabe erfüllt werden muss. Für Cicero waren das etwa die Stunden, in denen er nicht im Senat saß oder seine Reden vorbereitete, sondern völlig frei in seiner