Ein Rätsel für Aschenbrödel - Trautchen Apfelbaum - E-Book

Ein Rätsel für Aschenbrödel E-Book

Trautchen Apfelbaum

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Beschreibung

Es war einmal eine wunderschöne Geschichte von einem armen Mädchen, einem Prinzen, einem Rätsel und einem verlorenen Schuh. Jeder kennt dieses beliebte Märchen. Aber ist es wirklich schon zu Ende? Kein Kuss, keine Hochzeit? Es sollte nun endlich eine Hochzeit geben, die alle mit großer Freude erfüllte. Doch plötzlich überkam Aschenbrödel ein seltsames Gefühl. Etwas schien zu fehlen, doch sie konnte nicht genau sagen, was es war. Dann traf sie wie ein Blitz die Erkenntnis: Es war ihr eigener Name, der fehlte. Aschenbrödel war nur der Name, den man ihr gegeben hatte, weil sie die Kamine reinigte und daher immer mit Asche und Kaminstaub bedeckt war. Doch ihre Mutter hatte sie sicherlich nicht so genannt. Es schien ihr unmöglich zu heiraten, ohne zuvor ihren wahren Namen zu finden. Doch wo sollte sie nur suchen? So begann ein kleines Abenteuer für Aschenbrödel, begleitet von einem Rätsel. Am Ende würde alles überraschend - und gut - ausgehen. Übrigens, in dieser Geschichte gibt es auch ein besonderes Brot, das Aschenbrödelbrot. Es wird sogar das Rezept dafür verraten.

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Seitenzahl: 225

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 1

Sie ritten nun schon eine Weile über die Felder und das Gefühl des Glückes und der Freiheit war wunderbar.

Doch Aschenbrödel spürte mehr und mehr den eiskalten Wind in ihrem Gesicht und ihre Hände begannen ein wenig zu frieren. Sie rief hinüber zum Prinzen „Mein Prinz, wartet einen Augenblick, wollen wir einen Moment rasten?“

„Natürlich gern mein Aschenbrödel.“ antwortete der Prinz und reichte ihr von Pferderücken zu Pferderücken die Hand. Er ließ sich von seinem Pferd gleiten und umfasste Aschenbrödel an den Hüften, um ihr hinunter zu helfen. „Dir muss ja schon ganz kalt sein.“ Er zog sie an sich, um sie zu wärmen. Nun standen sie dort in ihrer Hochzeitskleidung, die wundervoll glänzte und blinkte in der weißen Schneelandschaft und der Prinz umarmt Aschenbrödel ganz fest. Er sagte „Nun bist du mein, du verrückte kleine Eidechse und wir werden heiraten, ist das nicht wundervoll?“

„Ja, das ist es“, so Aschenbrödel. „Wie soll denn alles werden? Reiten wir zurück zum Schloss? Mir ist wirklich kalt und ich habe auch ein bisschen Hunger.“ sagte Aschenbrödel und schmunzelte den Prinzen dabei an.

„Dann lass uns zum Schloss reiten. Es ist dein neues zu Hause und ich will dich verwöhnen und wärmen. Später werden wir ein großartiges Fest feiern.“ sagt der Prinz.

„Wir laden Freunde und Verwandte aus benachbarten Königreichen ein und werden drei Tage lang feiern. Wir werden essen und trinken, tanzen und lachen, es wird wunderbar.“

So ins Gespräch vertieft, liefen beide Hand in Hand, die Pferde lose an den Zügeln hinter sich herziehend, zum Schloss.

„Aber mein Prinz“, lachte Aschenbrödel. „So etwas muss doch alles einige Tage vorbereitet werden. Das geht nicht von heute auf morgen. Da sieht man, dass du noch nie selbst in einer Küche gestanden und ein Fest vorbereitet hast. Brot muss gebacken, Gemüse geputzt und Braten müssen vorbereitet werden. Ich freue mich darauf das alles für uns herzurichten.“

„Aber Aschenbrödel.“ sagte der Prinz. „Dafür haben wir im Schloss doch unsere Köche, Mägde und Knechte.“

„Aber ich kann das alles selbst und möchte so gern helfen alles vorzubereiten. Es soll das schönste Fest unseres Lebens werden und darum möchte ich dabei behilflich sein.“

„Nun gut.“ so der Prinz. „Dann möchte ich dir die Freude nicht verwehren, alles nach deinen Wünschen selbst zu gestalten. Aber denke daran, du bist nun die Prinzessin des Königreiches und kein Aschenbrödel mehr. Später werden wir einmal König und Königin des Landes.“

Aschenbrödel dachte über diese Worte einen Moment nach und wurde still und nachdenklich. Was bedeutet es, die Prinzessin oder einmal die Königin eines Landes zu sein, fragte sie sich. Am liebsten war sie doch in der Natur und zusammen mit ihren drei Freunden, Rosalie der Eule, Nikolaus ihrem Schimmel und Kasperle dem Hund.

Diese drei hatte sie von Kind an und man erzählte im Gut, dass auch ihre verstorbene Mutter diese drei Freunde schon hatte, als diese selbst noch ein kleines Fohlen, ein Welpe und ein Küken waren.

Mit ihnen zusammen durch Wälder, Wiesen und Felder zu streifen war ihr höchstes Glück. Sie hatte oft nicht genug Zeit dafür, weil sie bei ihrer Stiefmutter immer so viel Hausarbeit verrichten musste. Hätte Aschenbrödel die Tauben nicht gehabt, die ihr so manches Mal halfen und ihr damit ein bisschen mehr Zeit für ihre Freunde verschafft hätten, wäre sie vielleicht schon verzweifelt.

„Mein Prinz“, fragte Aschenbrödel, „Werden im Schloss auch meine drei Freunde einen schönen Platz bekommen damit sie immer bei mir sein können? Ohne sie kann ich nicht sein.“

„Aber ja mein Aschenbrödel, natürlich ziehen deine Freunde bei uns im Schloss mit ein. Rosalie wird ein schönes Zuhause unter dem Dach bekommen, Kasperle wird sich sicher bei unseren Jagdhunden wohl fühlen und Nikolaus bekommt den schönsten Platz zwischen all den anderen Pferden unseres Stalles.“

Das beruhigte Aschenbrödel. Ihr Gesicht hellte sich auf und sie begann den Prinzen anzulächeln. „Vielen Dank mein holder Herr.“ neckte sie ihn. „Aschenbrödel gibt es nämlich nur mit ihren Freunden.“

Sie sahen nun das Schloss vor sich liegen und damit sie schnell ins Warme kamen, stiegen sie wieder auf die Pferde, um das letzte Stück zurück zum Schloss zu reiten.

Die königlichen Wachen sahen das Paar von Weitem und kündigten ihr Ankommen mit einem schönen Streich aus den Fanfaren an.

Aschenbrödel errötet ein wenig, war sie es doch nicht gewohnt, so viel Aufmerksamkeit für ihre Person zu bekommen. Der Herr Präzeptor kam ihnen schon auf der Brücke über den Schlossgraben entgegengelaufen.

Er schwenkte seine Arme durch die Luft und rief „Hoheit, Prinzessin, ich freue mich.“

Er nahm die Zügel der Pferde und ließ den Prinzen und Aschenbrödel absteigen. Die Pferde übergab er dem Stallknecht und nahm Aschenbrödel und den Prinzen rechts und links an die Hand, um mit ihnen auf den Schlosshof zu gehen. „Die Pferde müssen gut mit Stroh trockengerieben werden.“ so Aschenbrödel zum Knecht.

„Mein Nikolaus ist sehr verschwitzt und ich möchte, dass es ihm gut geht.“

„Freilich liebes Aschenbrödel.... ähmm… der Knecht räusperte sich...werte Prinzessin.“ Er wurde verlegen und wusste nicht so recht wie er Aschenbrödel ansprechen sollte. Der Herr Präzeptor sagte „Aschenbrödel ist nun unsere Prinzessin und wird auch so angesprochen.“

Sie näherten sich des Tores, wo ihnen der König und die Königin entgegen gelaufen kamen. Die beiden waren überglücklich, strahlten über das ganze Gesicht und der König sagte „Dass ich das noch erleben darf, dass mein trotziger Sohn mit einer so schönen Prinzessin an der Hand nach Hause kommt.“

Die Königin hatte sogar eine kleine Träne des Glücks im Augenwinkel, denn sie wusste, nun bekam sie zu ihrem Sohn auch noch eine Tochter dazu, die sie lieben und verwöhnen durfte.

„Hinein, hinein mit euch!“ so die Königin. „Wir haben die Kamine angezündet und die Küche hat ein schönes Mahl für uns bereitet. Wir wollen uns aufwärmen, essen und dann die Hochzeit besprechen.“

Als dann wenig später alle glücklich am Tisch zusammensaßen und auch Vitek und Kamil, die beiden Knappen und Jugendfreunde des Prinzen ihnen Gesellschaft leisten, begannen sie zu planen.

„So ein Fest will gut organisiert und geplant sein“, sagte die Königin und lächelte dabei zu Aschenbrödel hinüber.

Sie freute sich, in dieser Meinung mit der Königin übereinzustimmen. Der Prinz würde sein Aschenbrödel am liebsten heute und sofort heiraten, aber so wollten es die Königin und auch Aschenbrödel nicht. Alles sollte perfekt sein und Einladungen mussten verschickt werden.

Der König ließ sich Feder, Tinte sowie Papier bringen und begann aufzuschreiben, welche Gäste zum Fest geladen werden sollten.

„Mein Bruder Johann mit seiner Frau Gisell sollen kommen.“ und die Königin ergänzte „Auch meine Schwester Coletta mit ihrem Mann Albert.“

Die Namen purzelten nur so durch den Raum.

Aschenbrödel staunte und wunderte sich. „Mein König, erlaubt mir bitte eine Frage.“ so Aschenbrödel.

„Natürlich meine Tochter, fragt nur.“

„Wie sind eure Namen? Diese sind mir noch gar nicht bekannt.“

„Aber gerne, ich heiße Anselm und meine Frau, die Königin, heißt Hedda. Dein Prinz und zukünftiger Mann hört auf den Namen Till.“

„Till.“ Aschenbrödel flüsterte den Namen vor sich hin und ließ ihn über ihre Lippen gleiten.

Till, das klingt schön, wie ein hoher, fröhlicher Ton eines Klaviers.

Aschenbrödel freute sich auf die vielen neuen Menschen, die nun bald zu ihrer Familie gehören sollten.

Der König fragte „Aschenbrödel, möchtest du auch deine Stiefmutter Ernestine und deine Stiefschwester Dora zur Hochzeit einladen? Dann schreibe ich auch an sie eine Einladungskarte.“

Aschenbrödel überlegte kurz. Ihre Stirn kräuselte sich und sie dachte an all die Zeiten, an denen ihre Stiefmutter und Stiefschwester wirklich böse und gemein zu ihr waren.

Aber nun, in Anbetracht ihres eigenen Glückes wollte sie nicht nachtragend oder gar rachelustig sein.

„Ja natürlich laden wir sie ein. Ich möchte aber auch, dass Vinzek, unser erster Hofknecht kommen darf und Pavel unser Küchenjunge, der alte Ferdinand und Rosi aus der Küche.

Sie sind meine Freunde, waren immer meine Familie und auch sie sollen unbedingt dabei sein.“

„Na schön.“ lachte der König. „So soll es denn sein.

Wenn es dir Freude macht, werden alle deine Lieben mit uns zusammen die schöne Hochzeit feiern.“

Dankbar lächelte Aschenbrödel dem Königspaar zu. Till drückte als Zustimmung fest ihre Hand.

Aschenbrödel hielt inne und sie beschlich ganz langsam ein komisches Gefühl.

In all dieser freudigen Vorbereitung und der Erwartung auf großartige Ereignisse, hatte sie das Gefühl, dass irgendetwas fehlte.

Sie schaute hinüber zu ihrem Prinz Till und sah ihm tief in die Augen. Er lächelte und fragte „Mein Aschenbrödel ist alles in Ordnung?“

Auf einmal durchfuhr Aschenbrödel ein heißer und kalter Schauer zugleich, der ihren ganzen Körper schütteln ließ.

Das war es was fehlte.

Es überkamen sie Angst und Zweifel auf einmal. Sie dachte kurz nach, war verwirrt und wurde aufgeregt.

Dann sprang sie mit einem Satz vom Tisch auf, so das ihr Stuhl polternd nach hinten fiel.

Der ganze Saal wurde plötzlich still. Alle Augen richteten sich auf Aschenbrödel.

„Aschenbrödel, was hast du nur?“ fragte erschrocken die Königin Hedda.

Aschenbrödel rief „Aber ich kann doch gar nicht heiraten!“ „Wieso denn nicht?“ so gleich Prinz Till, der ebenfalls vom Stuhl aufsprang.

Aschenbrödel sprach „Wenn wir zur Vermählung gefragt werden, Prinz Till, möchten sie das hier anwesende…

Aschenbrödel… heiraten. Aber Aschenbrödel kann doch nicht mein richtiger Name sein. Ich kenne meinen Namen nicht. Ich habe ihn nie gehört, aber ich muss doch einen richtigen Namen haben. Meine Mutter hat mir bestimmt einen schönen Namen gegeben, aber ich kann mich nicht erinnern, weil alle immer nur Aschenbrödel zu mir sagen.

So darf es nicht sein!“ überschlug sich Aschenbrödel fast.

„Ich muss mich auf die Suche nach meinem Namen machen, erst dann kann ich die Prinzessin werden. Eine Prinzessin mit einem schönen Namen, der zu Till passt.“

Aschenbrödel fing an zu weinen und lief zur Tür und aus dem Saal hinaus. Sie konnte nur noch denken... Mein Name ist… ein Rätsel! Aschenbrödel befand sich in ihrem Zimmer im Schloss.

Die Königin Hedda hatte ihr eins direkt neben ihrem, mit einem schönen Blick über Wiesen und Wälder gegeben.

Sie stand an den Fensterrahmen gelehnt und ihr Blick suchte das Weite.

Es war jedoch schon dunkel und so sah sie nur das grau der Dämmerung. Diese Farbe passte zu ihrer Stimmung.

Sie war verzweifelt und grübelte, grübelte und grübelte.

Kann es denn sein, dass sie gar keinen Namen hatte?

Nein, das wollte sie nicht glauben.

Die Königin kam leise ins Zimmer und stellte sich neben Aschenbrödel.

„Meine liebe Tochter, mache dir bitte nicht so viele Gedanken. Wir werden deinen Namen schon herausfinden und alles wird gut. Bestimmt weiß die Stiefmutter deinen Namen, oder jemand vom Gut, der dich schon als Baby kannte. Irgendjemand kann sicher helfen.“

Sie strich Aschenbrödel liebevoll über das Haar, nahm eine Bürste und begann, ihr schönes langes Haar zu kämmen. Dies beruhigte Aschenbrödel und ihre Verzweiflung legte sich etwas.

„Ja, liebe Königin, vielen Dank. Ich will nun schlafen und morgen früh reite ich gleich zum Gut meiner Stiefmutter und werde einfach Jeden nach meinem Namen fragen.“

„So ist es recht liebe Tochter. Ruh dich schön aus, es war doch alles sehr aufregend und überraschend heute. Schlaf gut.“ Als die Königin das Zimmer gerade verließ, kam ihr der Prinz an der Tür entgegen.

„Wie geht es meinem Aschenbrödel?“ fragte er seine Mutter besorgt.

„Schon besser, aber sie ist noch sehr aufgeregt und verängstigt.“

„Es ist doch ganz egal, wie ihr Name ist.“ so der Prinz.

„Sie ist meine Prinzessin, mein Aschenbrödel, meine kleine Eidechse. Wir denken uns einfach einen schönen Namen aus und geben ihn ihr. Das kann doch nicht so schwer sein.“

Die Königin erwiderte „Nicht so flink, du mit deiner Ungeduld. So einfach ist es nicht. Jeder möchte doch den Namen kennen, den er von seinen Eltern bekommen hat.

Der Name eines Menschen hat immer eine Bedeutung und will damit auch etwas aussagen.“

„Ach, was denn für eine Bedeutung? Hat mein Name eine Bedeutung? Darüber habt ihr nie gesprochen." sagte der Prinz schnippisch.

„Du hast auch nie gefragt mein Sohn. Natürlich hat dein Name eine Bedeutung. Als erstes musste dein Name kurz sein.“ so schmunzelnd die Königin.

„Ich wusste von Anfang an, dass du deinem Vater sehr ähnlich wirst, in Ungeduld und stürmischem Gemüt. Also keine vielen Silben, sondern kurz und knapp… Till.

Sonst wärst du, wenn ich dich rufe schon längst hinter der nächsten Ecke verschwunden, bevor ich einen längeren Namen überhaupt ausgesprochen habe. Till bedeutet Herrscher, was du ja eines Tages auch sein wirst. Es bedeutet auch gut und tüchtig, was ich mir immer von meinem Sohn gewünscht habe. Wir haben in der Schlossbibliothek viele Bücher, dort kannst du in euren Lernstunden mit Vitek, Kamil und dem Herren Präzeptor gern alles über Namen und deren Bedeutung nachlesen.

Bitte habe Verständnis für Aschenbrödel und dränge sie nicht. Du weißt das sie eigensinnig ist und wenn sie ihren Namen wissen möchte, um glücklich zu sein, hindere sie nicht daran.“

Prinz Till ließ diese Worte seiner Mutter in sich ruhen und noch in der Tür stehend, blickte er zu Aschenbrödel hinüber. Er wollte unbedingt, dass sie glücklich ist und dafür würde er alles tun.

Wenn es nach ihm ginge, einen Namen nach ihren Eigenschaften auszuwählen, dann wären es Klugheit, Stärke und Verspieltheit. Dies alles machte sie so bezaubernd und liebenswert.

Er ging leise ins Zimmer hinein und umschlang Aschenbrödel von hinten mit seinen Armen.

„Meine Liebste, egal was du nun tun möchtest, ich helfe dir. Du bist mein ein und alles und nur, wenn du froh bist, bin ich es auch. Schlafe gut.“

Er gab ihr einen Kuss auf den Scheitel ihres seidigen Haares und verließ das Zimmer.

Als Aschenbrödel nun allein war, legte sich hin. Sie hatte ein richtiges Bett für sich ganz allein und konnte noch gar nicht glauben, was seit dem Morgen alles passiert war.

Noch am Morgen war sie es, die dem Prinzen folgendes Rätsel stellte.

Die Wangen sind mit Asche beschmutzt, aber der Schornsteinfeger ist es nicht.

Ein Hütchen mit Federn, die Armbrust über der Schulter, aber ein Jäger ist es nicht.

Zum Dritten:

Ein silbergewirktes Kleid mit Schleppe zum Ball, aber eine Prinzessin ist es nicht, mein holder Herr.

Wie froh und glücklich sie doch war, als der Prinz in diesem Rätsel sein Aschenbrödel erkannte.

Nun steht sie selbst vor einem so großen Rätsel und hatte noch keine Idee wie sie es lösen sollte.

Wird wirklich jemand im Gut ihren Namen wissen oder sich daran erinnern können?

Ob ihre Stiefmutter Ernestine oder Dora, die Stiefschwester ihn wissen? Das konnte Aschenbrödel sich nicht vorstellen. Soweit sie sich erinnern konnte, wurde sie immer nur Aschenbrödel von ihnen gerufen.

Selbst, wenn sie die beiden fragte konnte es durchaus sein, dass sie aus lauter Boshaftigkeit den Namen einfach nicht preisgeben wollten. Aber vielleicht weiß Vinzek, der als Knecht mit ihrem Vater eng vertraut war, ihren Namen. Oder Rosi die Köchin? Oder Pavel der Küchenjunge? So kreisten Aschenbrödels Gedanken, bevor sie endlich erschöpft einschlief.

Kapitel 2

Als Aschenbrödel am Morgen erwachte, wusste sie zuerst gar nicht wo sie war.

Sie schlug die Augen auf und sah sich in dem großen schönen Zimmer um. Ihr Bett war kuschelweich und ihre Hände strichen über die flauschigen Kissen und Decken.

Konnte es alles wahr sein? War sie im Schloss und auf dem besten Weg eine Prinzessin zu werden, die Frau von ihrem Prinzen Till?

Ein warmes glückliches Gefühl durchströmt sie. Aber gleich anschließend kamen ihre Gedanken auf das große Rätsel ihres Namens zurück.

Wieso hatte sie früher nie darüber nachgedacht?

Wahrscheinlich, weil es so selbstverständlich war, für alle das Aschenbrödel zu sein. Das hatte sie nie hinterfragt.

Sie war ja auch gern das Aschenbrödel. Aber nun, wo sie heiraten wollte, konnte sie es doch nicht zulassen, dass sie nicht mit ihrem richtigen Namen vermählt wird.

Sie schwang die Beine aus dem Bett und stand auf.

Neben ihrem Bett stand eine Schale Wasser, Seife und ein Handtuch Aschenbrödel erfrischte und wusch sich, bürstete ihr Haar und steckte es hoch. Die Königin hatte ihr einige Kleider hingelegt, da sie ja gestern nur mit dem Brautkleid angekommen war.

Sie zog sich ein einfaches bequemes Oberkleid an und legte eine warme Stola über ihre Schultern. Sie schaute zum Fenster hinaus. Es lag immer noch Schnee und es war kalt. Sie schnappte sich auch einen Mantel.

Sie wollte sich gleich auf den Weg machen. Die Neugier, ihren Namen zu erfahren, war einfach zu groß, als dass sie noch länger warten konnte.

Im Schloss war es im Augenblick ganz still und es machte den Eindruck, als wenn sonst noch niemand wach war. Aber das konnte täuschen.

Sie schlich leise aus ihrem Zimmer, lief viele Gänge entlang und fand schließlich die Treppe, hinunter zur Küche und dem Schlosshof.

In der Küche wurde sie schon freundlich begrüßt. Man machte einen kleinen Hofknicks und sagte „Guten Morgen Prinzessin, es ist noch sehr früh, warum sind sie schon wach?“ Aschenbrödel erzählte, dass sie immer so früh wach war, da sie ja sonst selbst die Hausarbeit in der Küche verrichtete und immer das Frühstück für ihre Stiefmutter und Schwester vorbereitete.

„Möchtet ihr etwas essen?“ fragte die Köchin Emilia.

„Nun ein Stück Brot und ein Becher Milch wären sehr nett.“ so Aschenbrödel.

„Nun, ich kann auch einen schönen Haferbrei kochen und einen Apfel aufschneiden.“ wandte sich die Köchin Aschenbrödel zu.

„Nein, nein, so ist es schon genug, vielen Dank. Ich will mich gleich auf den Weg machen.“

Eilig aß sie das Brot und trank herrliche frische Milch dazu. Hm, das war gut. Ihr Bauch war noch ganz voll vom üppigen Essen des Vorabends. So gute Speisen hatte sie noch nie gegessen, dachte Aschenbrödel.

Durch die Küche, zur Tür hinaus auf den Schlosshof, fand sie den Weg zu den Ställen. Nikolaus wieherte zur Begrüßung laut, als er Aschenbrödel in den Stall kommen hörte.

Er erkannte sie sofort. Er schnaufte und schlug ungeduldig mit den Vorderhufen auf.

„Hast du gut geschlafen mein Nikolaus?“ fragte Aschenbrödel ihren Schimmel. Nikolaus machte den Eindruck zu nicken. Aschenbrödel sah sich um und sah ein großes Fass voll Gerste.

Sie nahm eine ordentliche Schippe voll davon und brachte sie Nikolaus zum Frühstück. „Hier mein lieber Nikolaus. Stärke dich und friss etwas, wir wollen gleich zum Gut reiten. Ich habe dort ein Rätsel zu lösen.“

Nikolaus klapperte zustimmend mit den Äugelein.

Aschenbrödel suchte nach dem Sattel und fand ihn an der Seite des Stalles. Sie sattelte ihn auf, nahm Nikolaus bei den Zügeln und führte ihn zum Stall hinaus. Es war noch immer niemand zu sehen. Zu früh war die Stunde. Sie schwang sich auf seinen Rücken und ritt auf die kleine Brücke über den Schlossgraben hinaus aufs weite Feld.

Sie kannte den Weg, erst vor wenigen Stunden war sie heimlich hierher zum Ball gekommen. Sie erinnerte sich an die Melodie des Liedes, zu der sie mit Till, ihrem Prinzen getanzt hatte. Diese Melodie summte sie während sie eilig mit Nikolaus in Richtung Gut galoppierte.

Es dauerte nicht so lange wie erwartet, da kam ihnen auch schon Kasperle ihr Hund entgegen. Freudig bellte und wedelte er mit dem Schwanz. Er freute sich so, Aschenbrödel und Nikolaus wiederzusehen.

Aschenbrödel ritt nun langsamer und wollte keinen Lärm und Aufhebens darum machen, dass sie zum Gut zurückkehrte.

Auch dort war es immer noch sehr früh und nur wenige Bewohner waren schon auf den Beinen.

Sie band Nikolaus vor der Scheune an und ging hinein zur Küche. Rosi, die Köchin war schon am Werkeln und bereitete das Frühstück für die Herrschaft zu.

„Psttt…Rosi…“ Aschenbrödel wollte sie nicht erschrecken.

„Oh Aschenbrödel, mein Aschenbrödel, oh, bitte entschuldige, ich meine natürlich sehr geehrte Prinzessin“ so Rosi und machte einen unbeholfenen Knicks.

„Aber Rosi, ich werde immer Aschenbrödel für dich bleiben. Gehörst Du doch zu meiner Familie.“

Aschenbrödel holte tief Luft bevor sie Rosi die brennende Frage stellte. „Rosi, sag mal, weißt du meinen Namen?“ Rosi schaute sie verwundert an. „Na du bist doch das Aschenbrödel, oder jetzt eben die Prinzessin.“

so Rosi. „Aber nein Rosi, ich meine doch den Namen, den meine Mutter und mein Vater mir bei der Geburt gaben? Meinen richtigen Namen eben. Weißt du ihn?“

fragte Aschenbrödel voller Hoffnung.

Rosi war verdutzt. Ja natürlich, eigentlich müsste Aschenbrödel einen richtigen Namen haben, jeder hat schließlich einen richtigen Namen.

Sie überlegte eine Weile und schüttelte dann den Kopf.

„Nein Aschenbrödel, es tut mir leid, ich kann mich nicht erinnern.“ antwortete Rosi beschämt.

„Überlege bitte noch einmal.“ drängte Aschenbrödel.

„Lass uns Vinzek fragen, er war mit meinem Vater sehr vertraut und erinnert sich bestimmt. Wo ist er?“ fragte Aschenbrödel „Oh, Vinzek ist gestern aufgebrochen zur Jagd und wollte ein paar Tage unterwegs sein. Der Winter ist zwar bald vorbei, aber die Vorratskammern des Gutes müssen wieder aufgefüllt werden. So ist er mit einigen Knechten und Jägern aufgebrochen um zu jagen.“

„Oh nein, wie kann ich ihn nur finden?“ fragte Aschenbrödel verzweifelt.

„In welche Richtung und in welchem Wald ist Vinzek geritten?“

„Ich weiß es leider nicht Aschenbrödel. Aber ich habe eine Idee. Lass uns den alten Ferdinand fragen. Er ist der Älteste hier im Gut und vielleicht kann er helfen.“

Küchenjunge Pavel, der gerade erst verschlafen in die Küche kam, wurde sofort losgeschickt Ferdinand zu holen. Aber nicht, ohne das Aschenbrödel ihn vorher fest an sich drückte und ihm die viel zu große Kochmütze geraderückte.

Als Ferdinand wenig später in die Küche kam, musste er sich erst einmal setzen. Aschenbrödel brachte ihm einen heißen Malztrunk und fing an „Ferdinand, bitte, du musst mir helfen. Ich kenne meinen Namen nicht und möchte ihn für die Hochzeit doch unbedingt wissen.“ so ungeduldig Aschenbrödel „Ich kann mich an die Namen meiner Eltern erinnern. Meine Mutter hieß Melisande und mein Vater Valentin.

„Oh Aschenbrödel da fragst du mich was.“ so der alte Ferdinand. „Ich bin ja über 90 Jahre alt und manchmal erinnere ich mich nicht mal mehr an meinen eigenen Namen. Deine liebe Mutter ist schon bei deiner Geburt für immer eingeschlafen. Sie hat dich sehr geliebt. Sie nannte dich meistens, der Sonnenschein in meinem Bauch.

Auch dein Papa hatte nur Kosenamen für dich. Mein kleiner Glücksstern, mein Kleeblatt, meine kleine Bachblüte, so nannte dein Vater dich.

Ich kann mich nicht erinnern, dass er je deinen richtigen Namen gesagt hat. Vielleicht, weil ihn dies zu schmerzhaft an deine liebe Mutter erinnern würde, denn sie hat deinen Namen ausgesucht.“

„Aber hast du denn gar keine Idee lieber Ferdinand? Bitte denk nach! Wen kann ich sonst noch befragen?“

„Nun, deine Mutter hatte eine liebe Schwester. Diese wurde jedoch von den meisten Menschen nicht gemocht.

Wahrscheinlich, weil sie ein wenig Angst vor ihr hatten.

Ich kannte sie als eine weise und kluge Frau, mit der Natur und den Tieren vertraut, ebenso mit alten Bräuchen, Kräutern und Medizin. Die Schwester deiner Mutter heißt Flordelis.

Sie hätten äußerlich nicht verschiedener sein können.

Melisande war blond und sanft im Wesen. Flordelis war dunkelhaarig und ein Wildfang.

Als Melisande starb, war Flordelis so traurig, dass sie sich in die Wälder zurückzog und kaum jemand wieder etwas von ihr hörte.

Flordelis weiß deinen Namen ganz sicher. Sie war im Herzen sehr vertraut mit deiner Mutter und sie kann dir bestimmt helfen. Du musst sie nur finden.“

Aschenbrödel wollte natürlich sofort aufbrechen aber hatte ja überhaupt keine Idee, in welche Richtung sie überhaupt gehen sollte.

Dann fiel ihr ein, dass sie ihre Eule Rosalie noch nicht begrüßt hatte und sie huschte flink hinüber in den Dachverschlag, wo Rosalie sich meistens aufhielt, wenn sie nicht im Wald unterwegs war.

Rosalie war sehr weise und Aschenbrödel fragte sie oft um Rat. Rosalie konnte natürlich nicht sprechen, aber sie gab Aschenbrödel mit Flügelschlägen, Kopfbewegungen oder einfach mit ihrem Augenzwinkern Zeichen.

Diese Zeichen wusste Aschenbrödel immer zu deuten.

Waren sie doch schon so lange Freunde. Rosalie, die im Eulenalter schon eine Großmutter war, zeigte Aschenbrödel mit ihrem Gurren ihre große Zuneigung.

Aschenbrödel kletterte die schmale Holztreppe hinauf, öffnete die Klappe der Dachluke und Rosalie kam ihr sofort fröhlich entgegengeflogen.

Aschenbrödel strich ihr zärtlich über das Gefieder und erzählte Rosalie alles, was sie erlebt hatte und was ihr jetzt Sorgen machte. Rosalie blickte nur weise und klug drein, konnte Aschenbrödel aber auch nicht helfen.

„Rosalie, bitte begleite mich auf der Suche nach Flordelis. Würdest du das tun? Bitte!“

Rosalie bereitete ihre Flügel aus und flatterte eine kleine Runde im Dachverschlag. Das bedeutete wohl ja.

„Nikolaus ist natürlich auch dabei, auf ihm muss ich ja reiten und unser Kasperle wird auch mitgenommen.“

Aschenbrödel bewahrte auf dem Dachboden bei Rosalie eine kleine Schatzkiste auf. Das Kästchen aus schwarzem Holz mit goldenem Rand und Beschlag. Es war ein Erbstück, welches sie von ihrer Mutter hatte. Darin war eine kleine, runde Brosche, geschnitzt zur Rose und mit goldenem Band umrandet. Ein kleiner silberner Handspiegel war ebenfalls darin. Die Brosche hielt sie oft in der Hand und strich mit den Fingern darüber. In den kleinen Handspiegel schaute sie nicht oft. War sie doch meist schmutzig und die Wangen voller Asche.

Das Kästchen wollte Aschenbrödel mit auf ihre Reise nehmen und so packte sie es unter ihre Stola.

Auch ihre Armbrust, die sie aus der ersten Haselnuss, zusammen mit dem Jägerkostüm bekommen hatte, streifte sie schnell über die Schulter.

„Rosalie, wir treffen uns gleich draußen am Tor vom Gut.“ rief Aschenbrödel noch schnell über die Schulter, bevor sie den Dachverschlag wieder verließ.

Aschenbrödel begab sich noch einmal zurück zur Küche und bat „Rosi, bitte packe ein bisschen was zu essen für meine Freunde zusammen. Ein bisschen Getreide für meinen Nikolaus, ein paar Würstchen für meinen Kasperle und ein bisschen Obst für meine Rosalie. Für mich reichen Brot und Wasser.“

In Windeseile nahm Rosi einen schönen Weidenkorb und begann die gewünschten Sachen dort hinein zu legen.

Auf einmal sprang die Küchentür auf und Dora, Aschenbrödels Stiefschwester kam hinein.

„Ohhh!“ rief diese aufgebracht. „Die Prinzessin Aschenbrödel hat es hierher verschlagen. Wie kommt es denn? Gab es denn keine Hochzeit?

Hat es sich der Prinz vielleicht doch noch anders überlegt? Hat er genug von den aschebeschmutzten Wangen?“

Dora rief lautstark zur Küchentür hinaus „Mutter, Mutter komm doch mal und schau, wer wieder hier ist und offensichtlich den Prinzen noch nicht geheiratet hat?!“

Dora grinste hämisch und als die Stiefmutter zur Küche hineinkam, stemmte diese ihre Arme in die Hüften und schaute Aschenbrödel böse an.

„Was machst du hier? Glaubst du etwa, du kannst hier einfach wieder so Unterschlupf finden, weil der Prinz dich doch nicht will? Das kannst du dir gleich aus dem Kopf schlagen!“

Aschenbrödel signalisierte mit Blicken zu Ferdinand und Rosi, nicht zu sagen was sie vorher besprochen hatten.

Aschenbrödel wendete sich künstlich lächelnd in Richtung der Stiefmutter und Stiefschwester „Liebe Ernestine, liebe Dora, natürlich kann ich nicht heiraten.“

„Haha!“ So ein weiterer giftiger Ausruf der Stiefmutter.

„Ich kann natürlich nicht heiraten…, ohne dass ich Euch persönlich dazu einlade.“ so Aschenbrödel und hatte dabei einen hohen Ton in der Stimme.

„Wollt ihr also kommen? Der König, wird noch eine Einladung schicken lassen, wann genau das große Fest beginnen wird. Ich bin außerdem hier, um meine Freunde Rosalie, Nikolaus und Kasperle abzuholen und zum Schloss mitzunehmen.