Ein Ring - Paul Heyse - E-Book

Ein Ring E-Book

Paul Heyse

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Beschreibung

Neue Deutsche Rechtschreibung Paul Johann Ludwig von Heyse (15.03.1830–02.04.1914) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Neben vielen Gedichten schuf er rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen. Heyse ist bekannt für die "Breite seiner Produktion". Der einflussreiche Münchner "Dichterfürst" unterhielt zahlreiche – nicht nur literarische – Freundschaften und war auch als Gastgeber über die Grenzen seiner Münchner Heimat hinaus berühmt. 1890 glaubte Theodor Fontane, dass Heyse seiner Ära den Namen "geben würde und ein Heysesches Zeitalter" dem Goethes folgen würde. Als erster deutscher Belletristikautor erhielt Heyse 1910 den Nobelpreis für Literatur. Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 35

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Paul Heyse

Ein Ring

Novelle

Paul Heyse

Ein Ring

Novelle

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected] 2. Auflage, ISBN 978-3-962811-55-6

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Ein Ring

(1904)

Wie bist du zu dem selt­sa­men Rin­ge ge­kom­men, lie­be Tan­te? Ei­nen so mas­si­ven, mit großen schwar­zen Buch­sta­ben habe ich nie ge­se­hen. Ist’s ein Trau­er­ring? Und was steht in der In­schrift?

Die klei­ne alte Frau, an die ich die­se Fra­gen rich­te­te, war eine äl­te­re Schwes­ter mei­ner Mut­ter, nur Tan­te Klär­chen von uns ge­nannt. Vor sieb­zehn Jah­ren hat­te sie ih­ren Mann ver­lo­ren, den Ban­kier Herz, des­sen große, schwer­fäl­li­ge Fi­gur mit dem fei­nen jü­di­schen Kop­fe mir noch aus mei­ner frü­he­s­ten Kin­der­zeit vor Au­gen steht, da mei­ne El­tern, als ich zwei Jah­re alt war, die Frank­fur­ter Ver­wand­ten be­sucht hat­ten. Nun war die­se Lieb­lings­schwes­ter mei­ner Mut­ter nach ei­nem glän­zen­den Le­ben an der Sei­te des wohl­ha­ben­den Gat­ten, dem sie schö­ne Töch­ter ge­bo­ren, in eine un­schein­ba­re Dun­kel­heit ver­sun­ken, hat­te aber ihre Woh­nung an der »Schö­nen Aus­sicht« be­hal­ten und sie nur sel­ten ver­las­sen, teils weil ihre äu­ße­re Lage ihr den frü­he­ren Auf­wand nicht mehr ge­stat­te­te und zu­neh­men­de Kränk­lich­keit sie oft ans Bett fes­sel­te, teils weil sie in die­sem Hau­se die freund­li­che Pfle­ge und Ge­sell­schaft ih­res äl­tes­ten Bru­ders ge­noss, mei­nes On­kels Louis Saa­ling und sei­ner Frau, von de­nen ich in mei­nen »Ju­gen­derin­ne­run­gen« ein meh­re­res er­zählt habe.

Als ich nun in mei­nem neun­zehn­ten Jah­re als fah­ren­der Schü­ler von Bonn aus den Rhein hin­auf wall­fahr­te­te und ei­ni­ge Tage von mei­nem On­kel be­her­bergt wur­de, ehe ich in die Schweiz wei­ter­zog, fass­te ich eine leb­haf­te Nei­gung zu die­ser Tan­te Klär­chen, die auch mich, schon um mei­ner Mut­ter wil­len, mit ei­ner rüh­ren­den Zärt­lich­keit ins Herz schloss.

Sie lag da­mals schon fest auf dem Kran­ken­bet­te, das sie nicht mehr ver­las­sen soll­te. Aber wer von ih­ren Schmer­zen nichts wuss­te und das fei­ne, edel ge­bil­de­te Ge­sicht­chen un­ter dem kost­ba­ren Spit­zen­tuch be­trach­te­te, noch von schwar­zen, glän­zen­den Lo­cken trotz ih­rer sech­zig Jah­re ein­ge­fasst, die Au­gen von ei­ner selt­sa­men Onyxfar­be in dem bläu­li­chen Weiß un­ter den brei­ten Li­dern, dazu das Grüb­chen in der glat­ten lin­ken Wan­ge, das bei je­dem Lä­cheln sich ver­tief­te – konn­te sich nicht vor­stel­len, dass die Tage die­ser lieb­li­chen al­ten Frau ge­zählt sein soll­ten.

Klär­chen hat im­mer einen »Chain« ge­habt, pfleg­te mei­ne Mut­ter zu sa­gen – der jü­di­sche Aus­druck für das, was wir mit den Fran­zo­sen Ch­ar­me nen­nen. Die­sem Zau­ber weib­li­cher An­mut, der aus dem gan­zen Na­tu­rell der Tan­te her­vor­ging und bis ins hohe Al­ter ihr treu blieb, konn­te auch ich nicht wi­der­ste­hen. Ich saß stun­den­lang an ih­rem Bet­te und ließ mir von ih­ren Er­leb­nis­sen aus der Zeit, da sie mit mei­ner Mut­ter jung und lus­tig ge­we­sen war, er­zäh­len. Sie war nie wit­zig ge­we­sen, wie »Jul­chen«, aber ein dank­ba­res Pub­li­kum für den Hu­mor der Schwes­ter, und hat­te eine Men­ge der drol­li­gen Ein­fäl­le mei­ner Mut­ter im Ge­dächt­nis be­hal­ten. Da­ge­gen muss­te ich ihr von mei­nem Stu­den­ten­le­ben be­rich­ten, mei­ne klei­nen ro­man­ti­schen Aben­teu­er und Her­zens­an­ge­le­gen­hei­ten beich­ten, und da es kein Ge­heim­nis war, dass ich Ver­se mach­te, ihr auch ein und das an­de­re die­ser ju­gend­li­chen Ex­er­zi­ti­en vor­le­sen. Sie sag­te mir nichts dar­über, hör­te aber mit zu­ge­drück­ten Au­gen und ei­ner träu­me­ri­schen Mie­ne zu, und als ich auf­hör­te, zog sie mei­nen Kopf an ihr Ge­sicht her­an, küss­te mich auf die Au­gen und sag­te ganz lei­se: Ich dan­ke dir, lieb Kind. Du bist ein ge­bensch­ter (ge­seg­ne­ter) Mensch.