Eine Mordskreuzfahrt bucht man nicht - Wolf Stachel - E-Book

Eine Mordskreuzfahrt bucht man nicht E-Book

Wolf Stachel

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Beschreibung

Es gibt nichts Besseres als eine Kreuzfahrt, um dem Alltag zu entfliehen. Dachte sich Stalking-Opfer Judith Heumann, als sie das Schiff betrat. Die Vergangenheit holt sie jedoch schnell wieder ein. An Bord kommen auf rätselhafte Weise Menschen zu Tode, aber sie fasst Vertrauen zu Holger Strobel, einem weiteren Passagier. Und während die Reederei alles daran setzt, die Vorfälle nicht in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, macht der Täter an Bord anscheinend ungehindert weiter. Für Sicherheitsoffizier Wegmann beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit: Wer steckt hinter den Morden, und wann ist endlich Schluss damit? Eine Mordskreuzfahrt bucht man schließlich nicht...

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Seitenzahl: 240

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Wolf Stachel

Eine Mordskreuzfahrt

bucht man nicht.

Für Julia,

die den ersten Garten meines Lebens anlegte

und der niemals verblühen wird.

Akteure:

„FRIDA“, Kreuzfahrtschiff, Bauj. 1991

Gr.: 29.000 BRZ, Lg.: 199 m, Br.: 25 m, Tiefg.: 6,50 m

Decks: 9,  Aufzüge: 4, Panorama-Bar, Restaurant,

Joggingparcours, Bordsprache: Deutsch,

alle Kabinen mit Bad/DU/WC, Klimaanlage, Safe, viele Kabinen und Suiten mit privatem Balkon.

Richard Hahn (55), Kapitän der „FRIDA“

Sven Olsen (51), Staff Kapitän

Karolina Hinterberg (38), Hotelmanagerin

Ulrich Wegmann (44), Sicherheitsoffizier

Silvia Krause (43),  Eventmanagerin

Dr. Knut Thalbach (48), Schiffsarzt

Claudia Hammel (25), Rezeption

Karsten Sperber (28), Animation

Marcel Eberle (25), Animation

Kerstin Schwalbach (24), Animation

Stefan Hochhuth (22), Animation

Rüdiger Fischer (30), Animation

Norbert (25) & Christine (23), Brautpaar

Brigitte (Gitte) Lange (42) & Ralf Schweitzer (46)

Gerda (65) & Gertrud (65), Zwillingsschwestern

Judith Heumann (35),  Stalking-Opfer

Holger Strobel (45), Autohändler

Hans (68)  & Petra ( 66) Mackenroth, Fabrikantenpaar

Max …

„Soll ich dir beim Einsteigen helfen?“

„Nein, lass mal, es geht schon“, erwiderte Karsten Sperber seinem Kabinennachbarn Marcel.

„Das muss ich ja auch alleine können.“

Etwas mühsam zog sich Karsten das mannsgroße Kostüm eines Kängurus über.

Schon oft hatte er diese Prozedur gemeistert. Diesmal gab es kurz vor Mallorca einen ganz besonderen und persönlichen Grund dazu. Aber noch blieb etwas Zeit bis das Kreuzfahrtschiff „FRIDA“ vor Mallorca anlegen würde.

Während eines Aufenthaltes vor zwei Wochen im Hamburger Hafen hatte er, so wie viele Crewmitglieder, das Schiff verlassen. So ein Landgang verschaffte immer etwas Luft und Erholung vom Schiffsalltag. Keine Gäste, die unterhalten, bespaßt oder angelächelt werden wollten. Keine Eventmanagerin Krause, die sich über kleinste Fehler aufregte und ständig allerhöchste Disziplin einforderte.

Da verging einem schon mal das obligatorische Lächeln. Wer bei ihr einmal in Ungnade gefallen war, hatte fortan einen schweren Stand. Nicht umsonst nannte man sie hinter vorgehaltener Hand die „Elendskrause“. Sie entschied über Dienstpläne, d.h. wer von der Animationscrew in den jeweiligen Häfen Landgang hatte und wer nicht. Das gab ihr ein Druckmittel in die Hand, gegen das man schwer angehen konnte. Es sei denn, man konnte es gut mit ihr. So wie Marcel, sein Mitbewohner.

Genauso leidenschaftlich, wie er über die „Elendskrause“ herzog, bemühte er sich, bei ihrer Anwesenheit  immer gut dazustehen. Und meistens gelang ihm das auch.

Doch diesmal war auch Karsten unter den Glücklichen, die das Schiff in Hamburg für vier Stunden verlassen durften.

Gleich nach der Freigabe des Schiffes durch die Zollbehörden hatte er die Gangway betreten und ging zielstrebig auf den Ausgang zu. Beim Verlassen des Terminals wurde er, ohne es zu bemerken, von einem der dort wartenden Passanten beobachtet und heimlich fotografiert.

Hier, in unmittelbarer Nähe des Schiffes, fiel dies niemandem sonderlich auf. Schließlich gab es immer etwas zu fotografieren. Dieser Passant jedoch beließ es nicht beim Fotografieren, sondern heftete sich sogleich an Karstens Fersen. Ganz gleich, welchen Weg er auch einschlug, der Unbekannte blieb, ohne bemerkt zu werden, immer in seiner Nähe. So auch, als Karsten eines der zahlreichen Cafés ansteuerte.

Dort angekommen ließ er sich an einem der kleinen runden Tische auf einen der bereitstehenden Stühle fallen.

„Frei, wenn auch nur für vier Stunden“, murmelte Karsten vor sich hin. Dabei schaute er auf seine Uhr, um festzustellen, dass davon bereits 20 Minuten verstrichen waren. 

„Was darf ich Ihnen bringen“, hörte er die Bedienung unvermutet sagen.

„Sorry, ähh …, bringen Sie mir bitte einen Espresso.“ 

Länger schaute er verträumt der Kellnerin hinterher, ohne gleich den Mann zu bemerken, der sich seinem Tisch genähert hatte.

„Darf ich mich kurz zu Ihnen setzen?“,  hörte er den Gast sagen. Gewohnt freundlich antwortete Karsten:

„Nehmen Sie ruhig Platz.“

Ein wenig wunderte er sich schon darüber, dass es ausgerechnet sein Tisch sein musste, obwohl noch viele andere frei waren.  

Vielleicht ist es ja ein Gast der „FRIDA?, schoss es ihm durch den Kopf. Davor war man ja nirgendwo sicher, auch nicht während des Landgangs.

„Sie werden sich sicherlich darüber wundern, dass ich mich zu Ihnen gesetzt habe“, meinte der Unbekannte und wartete eine Antwort von Karsten gar nicht erst ab. Dieser hatte auch nur still und mehr für sich mit dem Kopf genickt.

„Ich weiß, dass Sie zu der Besatzung der „FRIDA“ gehören und möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen.“ Verblüfft schaute Karsten ihn an, als dieser weiter sprach.

„Ich biete Ihnen 2.000 Euro für eine kleine Gefälligkeit an.“

Verwirrt hob Karsten seine Augenbrauen. Bevor er darauf etwas sagen konnte, näherte sich die Kellnerin, um die Espressi abzustellen.

Für einen kurzen Moment war es still am Tisch. Karsten schaute sich sein Gegenüber etwas genauer an.

Wieso kommt der dazu, mich anzusprechen und mir ein Geschäft anzubieten?, überlegte Karsten. Nachdem die Kellnerin außer Hörweite war, sprach der Unbekannte weiter:

„Ich habe Sie bereits mehrfach beobachtet, als die „FRIDA“ in der Vergangenheit in Hamburg anlegte. Kann es sein, dass Sie manchmal in diesem Maskottchen stecken, um sich mit Gästen fotografieren zu lassen?“

„Ja, das stimmt. Nur heute habe ich mal frei, da macht es ein Kollege von mir.“

„Wie sieht es in anderen Häfen aus?“

„Dort geschieht das immer im Wechsel und manchmal auch ganz nach Wohlwollen unserer Eventmanagerin.“

„Bedeutet dies, dass Sie nicht wissen, wann Sie jeweils an der Reihe sind?“

„Nun ja, sich freiwillig zu melden, geht eigentlich immer. Da ist jeder dankbar, wenn es ein anderer übernimmt. Ansonsten geht es immer nach Plan.“

„Vielleicht sollte ich Ihnen mal näher erläutern, wie ich mir unseren Deal vorstelle?“

„Das wäre nicht schlecht“, antwortete Karsten trocken.

„Ich würde Ihnen gerne ein kleines Päckchen mitgeben, das Sie mir in zwei Wochen auf Mallorca zurückgeben. Und dafür erhalten Sie von mir die abgesprochene Summe.“

Nur kurz dachte Karsten nach, um dann spontan zu antworten:

„Mit Drogen will ich nichts zu tun haben. Hauen Sie bloß ab.“

Etwas süffisant lächelnd erwiderte sein Gegenüber:

„Glauben Sie wirklich, dass ich Ihnen solch ein Geschäft anbieten würde? Nein, Sie würden ja damit bei der ersten Zollkontrolle und deren Schnüffelhunden auffallen. Sie müssen mir vertrauen, dass es etwas harmloses, aber für mich wertvolles ist, das ich auf Mallorca dringend benötige.“

„Warum bringen Sie, Herr, Herr Unbekannt, es nicht selbst nach Mallorca, wenn Sie doch dort hinfliegen?“

„Entschuldigen Sie, dass ich mich Ihnen noch nicht vorgestellt habe. Nennen Sie mich Max. Ihre Frage ist berechtigt, und ich kann diese auch sehr gut verstehen. Es handelt sich um ein kleines Erbstück, mit dem ich aber nicht in Zusammenhang gebracht werden möchte. Es besteht für Sie absolut überhaupt kein Risiko.“

„Und wie stellen Sie sich die Übergabe vor, Max?“

„Mein Vorschlag wäre, Sie übernehmen auf Mallorca freiwillig das Maskottchen. Da Sie in dieser Figur beim Verlassen des Schiffes nicht umfassend kontrolliert werden, könnten wir uns im Terminal kurz zwecks Übergabe treffen.“

„Das dürfte wohl etwas schwierig werden, da immer ein Crewmitglied und die Fotografen in meiner Nähe sind.“

„Daran habe ich auch schon gedacht und mir folgenden Plan überlegt.“

Max beugte sich etwas vor, und seine Stimme ging in ein  Flüstern über.

„Im Terminal angekommen, sollten Sie in diesem Kostüm kurz die Toilette aufsuchen. Ohne jede Begleitung. Ich habe schon gesehen, dass dieses Känguru für den Fall der Fälle eine Notklappe unter dem Beutel hat. Sie sehen, ich habe an alles gedacht.“

Obwohl Karsten immer noch große Zweifel an diesem Geschäft hatte, reizte ihn jedoch die Summe, die dabei herausspringen sollte. Zweitausend Euro, mal eben so verdient. Da konnte er einfach nicht widerstehen.

Nachdem noch kurz der Ablauf im Einzelnen besprochen wurde, übergab Max, wie er sich nannte, das kleine flache Päckchen.

„Passen Sie gut darauf auf. Wir sehen uns dann in zwei Wochen in der Abfertigungshalle auf Mallorca.“

Dann verschwand Max genauso plötzlich, wie er gekommen war.

Karsten schaute noch eine Weile hinterher und sah dabei ganz beiläufig auf seine Uhr.

Mensch, es bleiben ja nur noch drei Stunden, um mir Hamburg anzuschauen.

Dann würde die Kreuzfahrt für die neuen Gäste beginnen. Das heißt, Plaudern, Lächeln und Beschwerden ertragen.

Inzwischen hatte Karsten das Kängurukostüm komplett übergestreift.  Laut und vernehmlich waren auf Deck 2 die Schiffsmotoren zu hören, die das Anlegen vorbereiteten.

Das ganze Schiff schien minutenlang zu erzittern. Was in der Crewkabine nicht fest verankert war, fiel unweigerlich herunter. So mancher fand seine Kabine chaotisch vor, obwohl er sie gut aufgeräumt verlassen hatte.

Heute würde ihn das alles nicht stören, denn es war sein Tag, Zahltag. Und nicht zu knapp. Nur noch den Typen in der Toilette treffen und die Kohle entgegen nehmen.

Das kleine Päckchen hatte er kurzerhand in den Beutel des Kängurus gesteckt. Mit großen Schritten und irgendwie gut gelaunt marschierte er den Gang entlang zum Aufzug. Marcel hatte große Mühe damit, den Anschluss nicht zu verlieren. Schnell brachte der Aufzug sie auf Deck 3. 

Nur ein fröhliches Winken am Ausgang, und sogleich ging es vorbei am Control Scanner. Jeder wusste ja, wer gerade im Känguru steckte. Da bedurfte es keiner Kontrolle, wenn nicht gerade der Sicherheitsoffizier daneben stand. Freiwillig ging doch keiner in dieses Kostüm. Einmal hieß es auch scherzhaft: „Kängurus haben keine Bordkarte“, daran hielt man sich und winkte einfach zurück.

Da waren sie dann, die neuen Gäste, und die ersten rannten sogleich auf ihn zu, um ihn zu umarmen.

„Fredi …!“, erscholl es von vielen Seiten.

Ja, echte Fans erkannten ihr Maskottchen, und manche winkten sogar mit einer Miniausgabe zurück. Nicht nur Kinder waren darunter. Die Erwachsenen spielten ebenso verrückt und kreischten fortwährend den Namen.

„Fredi … !!!“

Kurz winkte Karsten zu seiner Freundin Claudia rüber, die bereits mit dem Einchecken der ersten Gäste beschäftigt war.

Doch sie hatte fast keinen Blick für ihn. Der Andrang der Anreisenden erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit. Schließlich wollte sie als Rezeptionsmitglied keinen Fehler machen, der ihr später nur Ärger einbringen würde. Daher nickte sie nur kaum merklich zurück.

Wenn ich erst mal die Kohle habe, werde ich sie im nächsten Hafen zu einem tollen Essen einladen. Vielleicht sogar mit einem Heiratsantrag und passenden Ringen dazu. Da wird sie staunen.  

Nach einigen Fotoserien beschloss Karsten, seinen mysteriösen Auftrag zu erledigen. Kurz gab er Marcel Bescheid, um in Richtung Toilette zu verschwinden. Einige Fans folgten ihm in der gleichen Absicht. 

Wahrscheinlich wollten sie später in einschlägigen Internetforen darüber berichten, wie ein Känguru pieselt. Womöglich noch mit einem Beweisfoto, damit es alle glauben.

Marcel kannte dies schon aus eigener Erfahrung und eilte schnell zu Hilfe. Gleich nachdem Karsten den Toilettenraum betreten hatte, stellte er sich vor die Eingangstür.

Weitere Bedürftige verwies er auf eine zweite Toilette im Abfertigungsbereich.

Vorsichtig schaute Karsten sich um, ob es noch weitere Besucher außer ihm gab. Bis auf eine Tür standen alle mehr oder weniger offen.

„Max, … bist du hier?“

Sogleich öffnete sich die bis dahin verschlossene Tür, und Max steckte seinen Kopf prüfend nach außen.

„Mensch, das hat ja super geklappt mit dir. Hast du das Päckchen dabei?“

Gleichzeitig wedelte Max mit einem Briefumschlag, in dem wohl das Geld steckte. Doch Karsten war plötzlich misstrauisch.

Was ist, wenn da nur Papier drin steckt und der Typ mich verarscht?, dachte er sich.

„Öffne doch bitte den Umschlag, ich möchte da reinschauen.“

„Kein Problem, schau selbst“, meinte Max.

Dabei öffnete er den Umschlag und hielt ihn Karsten entgegen. Hastig zog sich dieser den Kostümhandschuh herunter, um mit seinen freigewordenen Fingern das Geld prüfen zu können.

Zahltag, es ist echt Zahltag, schoss es ihm freudig durch den Kopf. 

Alle Zweifel waren dahin. Diesmal hatte alles funktioniert, was er sich vorgenommen hatte.

Noch immer war sein Gesicht auf Grund der Maskierung verdeckt. So konnte Max auch nicht das breite Grinsen von Karsten sehen.

Hastig nahm er den Briefumschlag entgegen, um ihn gegen das Päckchen zu tauschen. Dabei schien es ihm so, als ob er kurz am Reißverschluss des Beutels hängen blieb. Auch wenn es nur ein kleiner Piecks war, so war er doch recht schmerzhaft.

„Verdammt, jetzt habe ich mir die Hand eingerissen.“

Dabei schaute er Max an, der wieder mal süffisant zu lächeln schien und die Spritze unbemerkt zurück in seine Tasche steckte. Jetzt hieß es nur noch abwarten.

Solch ein Kostüm ist ja bekanntlich sehr warm, doch heute schien es darin sehr heiß zu sein. So kam es Karsten jedenfalls vor. Auch schien sich alles um ihn herum zu drehen. Erst langsam, dann immer schneller werdend.

„Was ist das hier für eine Scheiße mit mir? … mir wird schlecht …, ich muss raus aus dem Kostüm …, schnell, sonst geh ich hier noch drauf.“

Während Max half, den langen Reißverschluss  zu öffnen, zischte dieser nur „Das wirst du auch“ und grinste dabei übers ganze Gesicht.

Auch wenn es für Karsten zunehmend schwieriger wurde, einen klaren Gedanken zu fassen, begriff er wohl, dass dies kein gutes Geschäft und Ende für ihn werden würde.

„Was soll das alles? … Wofür benutzt du mich? … Was ist in dem Päckchen? … Du verdammter Drecksack.“

Das letzte, was er noch hörte, bevor er zu Boden sank, waren, nur die Worte:

„Schokolade, mein Freund, Schokolade.“

Kurz darauf öffnete sich die Toilettentür, und Känguru Fredi verließ, wenn auch etwas unbeholfen, den Sanitärbereich.

„Das war aber ein verdammt langes Geschäft“, meinte Marcel vorwurfsvoll. Fredi nickte jedoch nur kurz mit dem Kopf und stellte sich bereitwillig den Passagieren und Fotografen.     

Ohne, dass die Umstehenden oder Vorbeieilenden es bemerkten, hing plötzlich ein kleines Schild am Knauf der Herrentoilette.

+ cerrado +

+  chiuso  +  closed  +

+ geschlossen + fermé +

~

Als Mitarbeiterin der Rezeption war Claudia Hammel es gewohnt, mit urlaubsreifen Menschen umzugehen. Die Schlange der Anreisenden wurde länger und länger. Doch sie behielt stets die Ruhe und begrüßte jeden, der an ihren Schalter kam, mit einem gewinnenden Lächeln.

„Herzlich willkommen, ich hoffe, Sie hatten eine gute Anreise.“

Ohne eine Antwort abzuwarten, bat sie um den Voucher, der den Reisenden als Eintrittskarte aufs Schiff diente. Nach dem routinemäßigen Scannen des Beleges reichte ein kurzer Blick auf ihren Monitor, um die ersten Daten des Kunden zu überschauen.

„Frau Brigitte Lange …, und …, Herr Ralf Schweitzer, schön dass Sie da sind. Würden Sie, Frau Lange, bitte einmal kurz in die Kamera schauen?“ Ein leises Surren war trotz des Stimmengewirrs im Hintergrund kurz zu hören.

„Ja, das reicht und jetzt bitte Sie, Herr Schweitzer.“ 

Ein erneutes Surren und Claudia Hammel entnahm zwei Bordkarten aus einem Kästchen, um diese mit den neuen Fotos zu aktualisieren.

„So, Frau Lange, Herr Schweitzer, das sind Ihre beiden Bordkarten, mit denen Sie das Schiff betreten und verlassen können. An Bord benötigen Sie auch kein Bargeld, sondern zahlen immer nur mit dieser Bordkarte. Am Ende der Reise erhalten Sie eine Gesamtrechnung, die Sie entweder bar oder mit einer Kreditkarte begleichen können. Wie möchten Sie es handhaben?“

„Wir haben getrennte Kasse. Hier meine Master Card“, meinte Gitte entschlossen.

Ralf zuckte unmerklich mit den Schultern und fingerte dann etwas umständlich seine Kreditkarte aus seinem Portemonnaie.

„Hauptsache, wir schlafen zusammen“, murmelte er mehr vor sich hin.

Doch beide Frauen hatten seine Bemerkung wohl verstanden und lächelten einander wortlos verstehend zu. Claudias Lächeln reichte Ralf aus, um sogleich eine erste Charmeoffensive zu starten.

„Haben denn alle weiblichen Crewmitglieder so schöne Augen wie Sie?“

„Na klar, und nicht nur das“, antwortete Claudia schlagfertig und lächelte fröhlich dazu. Sie war es

gewohnt, dass männliche Gäste ihr hin und wieder Avancen machten. Nur wusste sie auch zu gut, wie die Partnerinnen darauf reagierten. Sie durfte es also nicht übertreiben.

„Ich finde, mein Schatz hat wirklich Recht damit“, meinte Gitte, „geben Sie uns Bescheid, wenn Sie mal etwas Abwechslung brauchen.“

Dabei blickte sie vielsagend an Claudia hinunter, soweit dies aufgrund des Pultes, das zwischen ihnen stand, überhaupt möglich war.

Oha, dachte Claudia, da haben wir diesmal ja zwei ganz besondere Früchtchen an Bord. Solche Neuigkeiten finden auch andere Crewmitglieder interessant.

„Wir von der FRIDA wünschen Ihnen eine angenehme und erholsame Reise.“ Damit übergab sie den beiden ihre Bordkarten und erwischte sich dabei, wie sie diesem Paar hinterher starrte und besonders Gittes Körperlinien erfasste.

Um sich wieder etwas abzulenken, blickte sie kurz zu der Toilettentür, hinter der bereits vor längerer Zeit das Känguru Fredi verschwunden war.

Ich hoffe, es geht Karsten gut. Er wird doch wohl keinen Durchfall haben? Das wäre in diesem Kostüm schon sehr fatal. Heute Abend werde ich ihm von den beiden neuen Gästen erzählen. Schließlich mochte er hin und wieder auch solche verrückten

Gedankenspiele.

In diesem Moment öffnete sich die Tür der Toilette, und Fredi marschierte wieder gezielt auf eine Menschengruppe zu.

Er könnte ja auch mal zu mir schauen, dachte Claudia kurz, aber dann widmete sie sich bereits wieder den neuen Ankömmlingen.  

„Herzlich willkommen, ich hoffe, Sie hatten eine gute Anreise.“

~

„Abflug des Fluges LH 1605 nach Mallorca! Die Fluggäste werden gebeten, zum Ausgang A28 zu gehen!

Passengers on LH flight 1605 to Mallorca are requested to proceed to gate A28!”

„Sieht ganz so aus, als müsste ich nun los”, sagte Judith Heumann zu ihrer Freundin Carmen.

Mit ihren langen rotbraunen Haaren und ihrer schlanken Figur war sie für viele ein echter Hingucker. Zumal sie ein ausgesprochen hübsches Gesicht hatte. Im Kontrast zu dem eher blassen Gesicht wirkten ihre grünen Augen besonders auffallend. Ihre kleine Statur ließ sie jünger erscheinen als sie in Wirklichkeit war. 

„Ich finde es ganz lieb von dir, dass du mich zum Flughafen gefahren hast und noch etwas bei mir geblieben bist.“

Bei diesen Worten umarmte sie ihre Freundin Carmen geradezu innig, und für einen kurzen Moment spürte sie das Gefühl von Entspanntheit.

Ein Gefühl, das ihr schon seit Wochen und Monaten nicht gegönnt war.

Und alles fing mit diesem Idioten Jürgen an, in den sie sich anfänglich so sehr verliebt hatte. Als Judith ihren Irrtum bemerkte, war es längst zu spät. Es folgte eine Zeit voller Angst und Schrecken.

Als sie sich von ihrem Freund trennen wollte, sah es anfänglich ganz so aus, als ob er dies akzeptieren würde. Doch schon nach wenigen Wochen begann der Ex-Freund, Judith nachzustellen.

Er wollte sie für sich zurückgewinnen. Dabei war er nicht gerade feinfühlig oder zimperlich. 

Einmal bestellte Jürgen sie wegen zu klärender Fragen auf einen Parkplatz. Dort überredete er sie, kurz in sein Auto einzusteigen. Ehe sie sich versah, hatte er die Türen verriegelt und fuhr mit ihr in halsbrecherischer Fahrt zu einem Waldstück.

Dort angekommen legte er ihr ein Kabel um den Hals und zog es zu. Nur zwei Wanderer, die sich in diesem Moment dem Fahrzeug näherten, retteten ihr wohl das Leben.  

Trotz aufkommender Panik gelang es ihr, die Beifahrer-tür zu öffnen und aus dem Wagen zu springen. Ihr Ex war dann einfach losgebraust.

Auch danach lauerte er ihr immer wieder auf und

versuchte, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Dabei drohte er Judith an, ihrer Familie etwas Schreckliches anzutun, wenn sie nicht unverzüglich in sein Auto steigen würde. 

Dort schlug er ihr ins Gesicht und zwang sie dazu, ihm das Handy zu geben.

Hastig überprüfte er die Telefonnummern und bisherigen Anrufe nach verdächtigen Liebhabern. 

Auch zu Hause hatte sie keine Ruhe vor ihm. Dort überschüttete Jürgen sie mit SMS, Anrufen und

E-Mails. Selbst auf ihrer Arbeitsstelle war sie nicht mehr sicher vor ihm.

Später bekam sie eine neue Telefonnummer, weil er den Anschluss durch pausenlose Anrufe lahm legte.

Immer und überall musste sie damit rechnen, diesem Stalker über den Weg zu laufen. Sie lebte in ständiger Panik.

Schließlich vertraute sie sich ihren Eltern an. Auch deshalb, weil sie damit rechnen musste, dass auch sie in Gefahr waren.

Gemeinsam gingen sie damals zur Polizei, um Anzeige zu erstatten.

Was folgte, war eine längere Gerichtsverhandlung. „Sie konnte kein normales Leben mehr führen“, erklärte ihr Anwalt vor Gericht. Jürgen begründete sein Handeln mit den Worten „Ich bin damals sehr verliebt gewesen.“

Die Quittung; er wurde zu einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und 1500 Euro Geldstrafe, zu zahlen an eine gemeinnützige Einrichtung, verurteilt. Außerdem musste er die Kosten für das Verfahren tragen.

Inzwischen waren vier Monate vergangen. Und dennoch hatte sie die Angst, Jürgen würde plötzlich vor ihr stehen, nie ganz verlassen.

„Ich freue mich so sehr für dich“, flüsterte Carmen ihr ins Ohr und drückte sie erneut an sich.

„Letzter Aufruf für Flug LH 1605 nach Mallorca! Die Fluggäste werden gebeten, zum Ausgang A28 zu gehen!

Last call for Passengers on flight LH 1605 to Mallorca, please proceed to gate A28!”

Während Judith sich auf den Weg zur Zollkontrolle machte, blickte Carmen ihr ein wenig sorgenvoll hinterher.

„Mach´s gut meine Süße, und pass gut auf dich auf.“

Die Kreuzfahrt wird ihr sicherlich dabei helfen, die schrecklichen Zeiten zu vergessen. 

Kurz sah Judith sich noch einmal nach Carmen um und winkte ihr heftig zu. Dann war sie auch schon in einer Traube von Menschen verschwunden.

~

Schon gleich nach dem Anlegen und der Freigabe des Schiffes herrschte große Betriebsamkeit auf und vor dem Schiff.

Zahlreiche Busse fuhren leer vor, um dann wieder mit den Abreisenden gefüllt in Richtung Flughafen zu fahren. Später brachten sie dann die ersten Anreisenden mit, die an diesem Tag besonders früh aufgestanden sein mussten.

Ja, so ein Wechseltag hatte es in sich. Da würde manches reguläre Land- oder Stadthotel  an seine Grenzen stoßen.

So wie es den Abreisenden nun nicht schnell genug an Bord des Fliegers und nach Hause ging, so eilig hatten

es die neu Anreisenden, an Bord des Schiffes zu kommen. Manche von ihnen hatten diese Reise bereits vor einem Jahr gebucht.

Andere wiederum erst vor wenigen Tagen als so genanntes „Schnäppchen“. Da wohnten dann Reisende Kabine an Kabine, und hatten doch einen höchst unterschiedlichen Preis dafür bezahlt. 

Turnusmäßig fand zwei Stunden nach dem Anlegen und der Deklarierung der „FRIDA“ durch die Zollbehörden eine Lagebesprechung aller Offiziere im Besprechungsraum gleich neben der Kommandobrücke statt. Hier konnten dann Informationen über Vorkommnisse oder etwaige Änderungen besprochen werden.

„Geben Sie mir noch mal den aktuellen Stand der neuen Passagierzahlen!“ forderte Kapitän Richard Hahn die Hotelmanagerin Karolina Hinterberg auf und hängte dabei seine Jacke mit den vier Streifen am Ärmel über den Stuhl. 

„Aktueller Stand, 768 Gäste“, antwortete Karolina Hinterberg. „Darunter sind 26 Kinder unter 6 Jahren“, fügte sie noch hinzu.

„Wie sieht es mit Rollstuhlfahrern aus? Ich habe heute früh zwei in der Abfertigungshalle gesehen.“

„Mehr sind es diesmal auch nicht. Das bedeutet, die extra großen Kabinen auf Deck 4 sind nicht alle belegt.“

Dann folgten Fragen und Antworten betreffs des aktuellen Personalstandes und  der jeweiligen Proviantanlieferung. Routine eben.

Während Eventmanagerin Silvia Krause mit Hotelmanagerin Hinterberg den Ablauf der abendlichen Party besprach, hatte sich Kapitän Hahn erhoben und blickte scheinbar gelangweilt aus dem Fenster.

Aus 38 Meter Höhe wirkten die umherfahrenden Gabelstapler wie kleine Matchbox-Fahrzeuge.

Mit Leichtigkeit kurvten sie über den Platz, um bis an den Rand gefüllte Gitterboxen mit Koffern hin und her zu karren.

Dabei fiel auch schon mal eines der Gepäckstücke herunter. Schnell rannten Crewmitglieder herbei, um diesen Fauxpas zu beheben. Dann ging es weiter mit der rasanten Kurverei.

Aufgrund der Spiegelung der großen Glasscheiben in der Abfertigungshalle konnten die Menschen nur schemenhaft ausgemacht werden. Aber dennoch war auch dort ein heftiges Treiben zu erkennen.

Einmal glaubte Kapitän Hahn das Maskottchen „Fredi“ zu erkennen. Dabei schmunzelte er kurz, weil ihn

Erinnerungen aus früherer Zeit einholten.

Einmal war er als Staff Kapitän in dieses Kostüm geschlüpft, um sich anschließend unter die Crewmitglieder zu mischen. Jeder glaubte zu wissen, wer sich darin befand.

Es war schon interessant, was ihm damals alles zu Ohren gekommen war. Schon da hatte er begriffen, wie wichtig eine Aussprache innerhalb der Crew war. Ärger und Frust der Mitarbeiter bekamen früher oder später die Gäste mit und schadeten nur der gesamten Besatzung und dem Ansehen der Reederei.

Zum Glück bekam damals keiner mit, wer in diesem Kostüm gesteckt hatte. Immerhin hätte es für seine Laufbahn hinderlich sein können.

Denn eine Ernennung zum Kapitän konnte nur durch die Reederei bestimmt werden. Besonders für ein Kreuzfahrtschiff dauerte dies länger als bei anderen Schiffen. Wenn auch nur der geringste Zweifel an seiner Eignung aufgekommen wäre, dann würde er heute noch als Staff Kapitän mit seinen dreieinhalb Streifen an der Jacke rumlaufen.

Nein, noch einmal würde er so leichtsinnig seine Karriere nicht aufs Spiel setzen. Immerhin hat es nach dem erworbenen Patent drei Jahre gedauert, um als Zweiter Offizier Erfahrungen zu sammeln.

Auch wenn das Management zum großen Teil von Land ausgeführt wurde, beschrieb die englische Redensart „Master next God“ bisweilen sein Selbstwertgefühl. 

„Der Kapitän steht gleich nach Gott.“ Nur manchmal wurden ihm irgendwelche „Frauengeschichten“ nachgesagt. Doch diese Storys wurden weder offen ausgesprochen, noch ließen sie sich wirklich nachweisen. Dass er hinter vorgehaltener Hand auch mal „Gockel“ genannt wurde, hatte wohl doch nicht nur mit seinem Nachnamen zu tun.

Oft gingen solche „Zwischenfälle“ bereits nach sechs Monaten wieder von Bord. Nicht umsonst hieß es ja zu Gerüchten:

„Von Neidern erfunden, von Dummen verbreitet und von Idioten geglaubt.“

„Aufgrund verspäteter Anreisen ist die heutige Seenotrettungsübung für 22 Uhr anberaumt“, verkündete der Sicherheitsoffizier Ulrich Wegmann und riss ihn damit aus seinen Gedanken.

„Dann werden wir gegen 23 Uhr ablegen und sind somit voll im Plan“, erwiderte Kapitän Hahn knapp.

Nun ging es den gleichen Seeweg wieder zurück nach Hamburg, den sie gekommen waren. Erneutes An- und Ablegen in Tanger, Cádiz, Lissabon, Dover, Le Havre und schließlich Hamburg.

Danach würde er erst mal für sechs Wochen in die Berge fahren. Schließlich braucht ein Kapitän auch mal Urlaub und Abwechslung und nicht nur die Gäste, die ein Kreuzfahrtschiff als Idylle und Ort der Erholung ansahen.

Nicht immer lief alles so glatt, wie es manchmal schien.

Doch diesmal zeichneten sich keine Schwierigkeiten ab, die Unannehmlichkeiten ankündigen könnten.

 „Wenn keine Fragen mehr bestehen sollten, möchte ich nun die dritte meiner Aufgaben als Kapitän erfüllen, die da heißen

„Ablegen, Anlegen und … Hinlegen.“

Sogleich erhoben sich alle Beteiligten von ihren Plätzen und verließen nach und nach den Besprechungsraum. 

„Der könnte sich zum Abschluss auch mal einen anderen Satz einfallen lassen“, flüsterte einer der Offiziere beim Hinausgehen.

„Zum Beispiel, Freibier für alle“, meinte sein Kollege, und beide lachten darüber. 

~

Marcel blickte auf die Uhr. Geschlagene drei Stunden verbrachte Karsten nun schon im Kängurukostüm. Und es sah nicht danach aus, als ob er seinen Auftritt beenden wollte. Im Gegenteil. Nachdem der große Ansturm der Gäste eingesetzt hatte, deutete er Marcel an, nun nach draußen zu gehen. Dort positionierte er sich gleich neben den beiden Fotografen.

Unverzüglich stellten sich die Neuankömmlinge zu ihrem Maskottchen und lächelten vergnügt in die Kamera.

Oft schmiegten sich auch Männer an das kuschelige Fell, oder Paare nahmen Fredi zu sich in die Mitte.

Ja, das waren denkwürdige und schöne Erinnerungen, sie würden später manches Fotobuch schmücken.

Nach einer Weile deutete Fredi an, dass er nun den Wechsel wollte. Noch schnell ein Foto mit dem Ehepaar Hans und Petra Mackenroth, die als Suite Gäste stolz ihre beiden Bordkarten in die Kamera hielten. Ein mehrfaches Aufblitzen folgte.

Als sich bereits die nächsten Gäste für ein Gruppenbild ankündigten, drehte sich Fredi um und bewegte sich eiligst auf eine der seitlichen Ladeluken des Schiffes zu. Marcel wunderte sich über diese plötzliche Hektik. Aber er sah auch ein, dass Karsten es lange genug in diesem Fell ausgehalten hatte. Kurz danach waren sie gemeinsam und problemlos an der unaufmerksamen Sicherheitskontrolle vorbei im Schiff verschwunden.

So bekamen sie nicht mehr mit, dass einige Herren verzweifelt ihre gerade erhaltenen Bordkarten suchten.

„Verdammt, ich hatte sie doch eben noch.“

„Hast du sie vielleicht ins Portemonnaie gesteckt?“

„Neee, ich hatte sie doch gleich ans Schlüsselband gemacht, als ich sie bekam“

Wie aufgescheucht rannten plötzlich vier bordkartenlose Herren durch die Gegend, dabei immer den Blick auf den Boden gerichtet. Manchmal rempelten sie sich gegenseitig an, ohne es in der Aufregung zu bemerken.

„Komm, Kurt, wir gehen noch mal in die Abfertigungshalle zurück, vielleicht hast du sie ja dort verloren!“ rief eine der Ehefrauen über den Platz.

Gerade so, als ob alle Kurt hießen, rannten die konsternierten Urlauber in die Halle zurück. Gefolgt von ihren nicht weniger aufgeregten Partnerinnen. Das konnte ja heiter werden.

Inzwischen waren Marcel und Fredi im Schiffsinneren angekommen und marschierten gemeinsam auf einen der Mannschaftsaufzüge zu. Marcel drückte den Knopf Deck 2, und Fredi lehnte sich abwartend in eine Ecke des Aufzuges.

Hier war man vor kreischenden Gästen sicher. Gleich würde Karsten das Kostüm ausziehen und erst mal

duschen gehen. Marcel blieben dann 30 Minuten, um sich im selben Kostüm weiteren Gästen zu stellen.

Inzwischen waren sie im Crewbereich auf Deck 2

angekommen. Die Tür öffnete sich. Zwei chinesische Mitarbeiter warteten darauf, in den Aufzug steigen zu können. Marcel hielt die Hand über die Lichtschranke, bis auch Fredi den Aufzug verlassen hatte. Danach schloss sich die Tür wieder, und der Aufzug fuhr erneut nach unten.

Marcel bewegte sich zielstrebig durch einen der langen und schmucklosen Gänge, und Fredi bemühte sich, den Anschluss nicht zu verlieren. Hier oben schien im Moment nicht viel los zu sein. Kein Wunder, waren doch die meisten Crewmitglieder auf ihren jeweiligen Posten und mit der Abwicklung des Gästewechsels beschäftigt.