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Momentaufnahmen des Lebens aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Textsammlung regt zum Nachdenken an, spendet Trost, gibt Hoffnung oder unterhält ganz einfach. Es sind Situationen, welche in jedem Leben vorkommen können, genau beobachtet, mit Liebe zum Detail aufgeschrieben, wie als Bild festgehalten. Eintauchen in den etwas anderen Alltag.
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Seitenzahl: 225
Veröffentlichungsjahr: 2021
Die wichtigsten Menschen in meinem
Leben werden für immer meine Familie
und meine Freunde sein.
Das hier ist für euch.
Zur Person
Bruno Heter arbeitete lange als Sekundarlehrer an einer Oberstufe in der Schweiz und als Lastwagenfahrer in Europa. Heute unterrichtet er sprachbehinderte Jugendliche und führt sie in den oft schwierigen Arbeitsmarkt ein. Auf seinen zahlreichen Reisen durch die ganze Welt beobachtet er Menschen im Alltag und zeichnet Momente und Stimmungen in Worten auf. Daneben fotografiert er gerne, hat einen ausgesprochenen Hang zum Kitsch und liebt die Gesellschaft in Familie und mit Freunden.
BRUNO HETER
***
EINSEITIGE TEXTE
Momentaufnahmen des Lebens
Diese Texte beruhen auf Beobachtungen von Lebenssituationen. Jede Ähnlichkeit zu existierenden Personen ist entweder mit Bedacht verändert oder rein zufällig. In den Texten wird die Meinung des Autors wiedergegeben. Diese Meinung muss nicht mit der Meinung der Leserschaft übereinstimmen.
Erwähnungen von tatsächlich existierenden Orten und Plätzen dienen immer dem Textinhalt und in keinem Fall jegwelchen geschäftlichen Zielen.
© 2021 Bruno Heter
Umschlagfoto: © Bruno Heter, Lenzburg
Verlag und Druck:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback: 978-3-347-30624-0
Hardcover: 978-3-347-30625-7
e-Book: 978-3-347-30626-4
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
…ieren
Adventskalender
Ali Zhia
Aura
Ausgebrannt
Autobahn
Baum
Beichte
Berufswunsch
Blue Eyes
Blume der Vergebung
Brief an meine Tochter
Bücher
Campingplatz
Caramel
Coiffeur
Corona
Der Influencer aus Nazareth
Der Schmetterling
Die heutige Jugend
Die kleine Hexe
Die Reise zu dir
Die Tänzerin
Dreizehn
Du, Jesus…Gratuliere zum Geburtstag!
Eifersucht
Einsamkeit
Er geht weg
Erleggönig
ESA
Fernweh
Feuer
Freundschaft
Geben und Nehmen
Geritzt
Gotthard
Hallo Gott – Geburtstagsgrüsse Teil 2
"Hän die kei Schnüerle?"
Heiligabend
Heimfahrt
Herbstlicht
Hexenzauber
Hotel Volvo
Ich fahre
Jerry (Schweizer Dialektsprache)
Ketchup
Kleingeschriebenes
Koffer
Konjunktiv II
Küche - Sprüche
Liebeskummer
Mamma, halt die Klappe!
Mein guter Rat
Menschen am Tisch
Meran
Morddrohung
Musik
Natale a Merano
Niggi-Näggi
Puppentheater
Ring
Roadtrip
Rückspiegel und Frontscheibe
Saintes Maries de la Mer
Samichlaus
Schangnau (Schweizer Dialektsprache)
Schicksal
Schnee
Schnuck
Spaziergang
Sprachlos
Tango
Text-Fails
Tränen
Trauer
Traum
Vaiana Moana
Vater
Verwirrung
Warum
Was ist Leben?
Wellness (Schweizer Dialektsprache)
Whistler
World of Dance
Worte
Jerry (Hochdeutsche Übersetzung)
Schangnau (Hochdeutsche Übersetzung)
Wellness (Hochdeutsche Übersetzung)
Zum Schluss – Der Dank
Diese Seite ist eine Leerseite, damit das mit den Seiten wieder aufgeht und das Buch nicht seitenverkehrt daher kommt. Da jetzt aber diese Information hier auf der Leerseite steht, ist sie im Grunde genommen keine Leerseite mehr, sondern eine Leserseite.
Ich widme diese Leserseite demzufolge allen meinen Leserinnen und Lesern. Ihr seid grossartig, habt vielen Dank.
Vorwort
Was soll dieser Titel? Damit lässt sich doch kein Buch verkaufen! Der Titel ist System. Die meisten Texte sind höchstens eine Seite der DIN A4 lang, einige sind sogar sehr kurz. In diesem Sinne sind es einseitige Texte. Die Texte handeln jedoch von vielen unterschiedlichen Themen und Lebensbereichen. Somit sind es auch vielseitige Texte. Zahlreiche Rückmeldungen von Freunden und teilweise auch fremden Leserinnen oder Lesern haben mich dazu ermuntert, meine durch Schrift eingefangenen Momente zu einem Buch zusammenzufassen. Entstanden ist die Idee ursprünglich als Adventskalender. Jeden Tag ein Törchen mit einem Text auf der Homepage zum anklicken. Sie erinnern an die schön verzierten alten Adventskalender mit den Bildchen drin. Meine Texte sind Bilder in Worten. Sie sollen zum Nachdenken anregen oder einfach unterhalten. Kleine Portionen der Freude oder ein kleiner Trost. Obwohl manche Texte klingen, als kämen sie aus meiner tiefsten Seele, habe ich die Ich & Du-Form nur gewählt, um der Leserin oder dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich im Text wiederzufinden.
Jede Ähnlichkeit mit tatsächlich existierenden Personen ist rein zufällig, aber durchaus gewollt. Gedanken sind einfach nur Gedanken und müssen nicht zwingend die persönliche Meinung des Autors wiederspiegeln. Nun wünsche ich dir viel Vergnügen mit meinen Textfenstern.
Die Texte sind nach ihren Titeln alphabetisch geordnet. Jede andere Ordnung hat zwangsläufig Texte ergeben, die sich nirgends einordnen liessen.
Von den Texten in Schweizer Mundart gibt es ganz am Schluss der Sammlung jeweils eine hochdeutsche Übersetzung.
Bruno Heter
…ieren
Letzthin wurde ich von einem Deutschen angemacht, weil unser "Schweizer-Deutsch" so niedlich sei. Es genüge doch einfach zu grillen – da müsse man nicht grillieren. Desgleichen beim Parken – wozu parkieren?
Okay, ich bin ein lernwilliger und wohl auch etwas unterwürfiger Schweizer und versuche, mich in Zukunft etwas korrekter zu artikulen, versprochen. Denn schliesslich möchte ich mit meinen Texten auch in Deutschland brillen können. Und so spaze ich durch den Wald und sinne darüber, wie ich mich noch besser über die Regeln informen könnte. Schliesslich möchte ich mich als Schweizer nicht noch einmal blamen. Das wäre zu peinlich, dann kursten tausende von Fail-Posts durchs Internet und das möchte ich nicht. Ich möchte es mal so formulen: Wenn ihr Deutschen uns Schweizern schon die Rechtschreibung dikt, könnte es nicht in einer allgemein verständlichen Fassung sein? Und sei es bloss, damit ihr Allwissenden uns Bauern nicht so oft korrigen müsst. Echt jetzt! Das würde uns die obligate unterwürfige Anpassung extrem erleichtern. Wir probten mal eben einen Schreibstil aus und wüssten sofort: Je mehr Deutsche uns hoften, desto besser wäre unsere Grammatik. Und wenn das dann nicht funktiont, dann könnte man uns im Krankenhaus ja die Stimmbänder heraus opern.
Allmählich käme uns der Gedanke, dass es alleine um Verben nicht gehe, sondern vielmehr um die Buchstabenkombination "ier", welche den Deutschen sauer aufstösst. Eigentlich erstaunlich für eine Nation, welche sich für die Braukunst von "B" brüstet. "B" wird in tausenden von Mass am Oktoberfest ausgeschenkt und lockert die deutschen Kehlen. Plötzlich hört man wieder "Bier her!" – Wie bitte? Bier? Die mit grosser Oberweite ausstaffte, und im Dirndl eingeklemmte, Kellnerin transportet noch schnell ein Tablet "B" zu den eh schon betrunkenen Herren und hofft auf ein grosses Trinkgeld (schliesslich haben sie auch viel getrunken).
Nun denn, zurück zur Grammatik. Huldigen wir also der Forderung unserer Deutschen Nachbarn und streichen die Buchstabenkombination "ier" aus der Rechtschreibung:
H folgt die Erklärung der neuen Rechtschreibung in v Paragraphen:
1. Formulungen und Strukturungen von Sätzen dürfen nur nach Duden erfolgen.
2. Sinnen und Philosophen über Texte bleibt Deutschen vorbehalten.
3. Nur Deutsche dürfen Texte korrigen.
4. Alle, welche nicht richtig schreiben können, blamen sich.
Und auch wenn ich euch linguistisch, germanistisch totstudierten Besserwisser jetzt zum Schock schockiere mit meinen Schlusssätzen: Ich echauffiere mich nicht mehr ob eurer Arroganz. Ich parkiere meinen Wagen im Park, wo es mir passt, ich platziere mich in meinem Garten ohne zu platzen, ich grilliere meine Wurst ohne Grillen und ich biere viele lokale Biere! Prost Grammatik! Echt jetzt!
Adventskalender
Sie haben das Format einer Zeitung oder manchmal auch bloss jenes einer Postkarte. Drauf aufgemalt sind winterliche Sujets, oft auch weihnachtliche Motive. Die Bilder sind meistens noch mit Schneepulver oder mit Glitzer verziert, es sieht irgendwie verzuckert aus. Im Bild verstecken sich vierundzwanzig Törli verschiedener Grösse. Das grösste mit der Nummer 24 ist meist ein Flügeltürchen.
Der einfache Adventskalender aus Karton begleitet den Jungen durch den Dezember. Jeden Tag darf er ein Törli aufmachen. Schon kurz nach dem Aufstehen tippeln seine Füsschen Richtung Kalender, die Fingerchen knubbeln am Karton herum. Die noch schläfrigen Augen erhellen, wenn hinter dem Türchen ein Rentier oder ein Sugar-Candy-Can hervorkommt.
"Mami, wie lange geht es noch bis Weihnachten?" fragt er immer wieder.
Die einfachste Antwort auf diese Frage lautet dann: "Wenn du alle Türchen aufgemacht hast, dann ist Weihnachten."
Ein Adventskalender hilft beim Warten auf Weihnachten. Man nimmt sich jeden Tag etwas Zeit und vergisst alles andere. Eine Mischung aus Vorfreude und Spannung macht sich breit, es ist ein sonderbarer Zauber. Eigentlich ist es genau diese Magie, welche die Weihnachtszeit ausmacht. Die Häuser, die Gärten und viele Bäume werden mit weissen Lämpchen verziert. Manche Leute ärgern sich darüber, sie erkennen die Schönheit nicht. Das Dorf leuchtet und glitzert im Schnee, es funkelt wie der wolkenlose Nachthimmel. Mit jedem Türchen, das man aufmacht, kommt man dem grossen Freudenfest näher.
Für viele Menschen ist die Weihnachtszeit jedoch die einsamste Zeit im Jahr. Während alle anderen sich mit ihren Familien in warme Stuben zurückziehen, gehen diese Menschen alleine spazieren oder ziehen sich in ihre Gedanken zurück. Sie haben keine Familie mehr, ihre Freunde haben keine Zeit. Das Fest der Freude wird zum Fest der Einsamkeit.
Man stelle sich ein Dorf vor, wo jeden Tag eine Türe mehr aufgemacht wird, bis am Schluss alle Dorfbewohner gemeinsam feiern. Aus Fremden werden Bekannte und aus Bekannten können Freunde werden. Anstatt die Menschen auszusperren, werden sie hereingebeten. Weihnachten ist dann, wenn du deine Türe aufmachst, wenn du Menschen am Glitzern deines Herzens teilhaben lässt und ihr miteinander feiern könnt.
Ein Adventskalender begleitet durch die Zeit der Vorfreude. Mache jeden Tag ein Törli auf und erfreue dich an dem, was du dahinter findest.
Ali Zhia
Die Geschichte eines kleinen, scheuen Jungens, der seine Welt und seinen Weg im Tanz findet.
Der kleine Ali kommt als erster Sohn zweier verliebter junger Menschen in Marokko zur Welt. Er hat wunderschöne braune Augen, welche lebensfroh und neugierig die Umgebung erkunden. Ali zappelt schon als kleiner Junge immer dann, wenn er die elterliche Musik hört. Er horcht jeweils zufrieden den Klängen und betrachtet seine Füsschen, welche sich dazu bewegen. Klein Ali wächst behütet, aber nicht bemuttert auf. Er kann seine ganz natürliche Neugier und die damit verbundene Keckheit normal entwickeln. Am liebsten möchte er bereits im zarten Babyalter zur Musik hüpfen, aber den Zauber mit dem "auf zwei Beinen stehen" hat der kleine Lehrling noch nicht so gut im Griff. So zappelt er auf seiner bequemen Decke und robbt rhythmisch über den weichen Fussboden des Beduinenzeltes. Dies sehr zur Freude seiner aufgeschlossenen Eltern, welche ihm dabei lachend zusehen und klatschen.
Im Alter von vier Jahren erhält er einen kleinen Bruder, Ilayah, der die Eltern fortan auch etwas beschäftigen wird. Immer, wenn Ali ruhig sein soll, weil gerade Ilayah Aufmerksamkeit braucht, spielt ihm seine Mutter Musik vor. Schon seit er laufen kann, bewegt er sich gerne zu Musik. Er denkt sich immer wieder frische Schritte aus, versucht sie zu kombinieren und der jeweiligen Musik anzupassen. Ab und zu bittet er seine Eltern, Publikum zu spielen. Sie nehmen das Angebot gerne an und freuen sich über die Vorführungen ihres Kleinen.
In der Schule merkt Ali aber schon bald, dass er zwei Seelen in seiner Brust hat: eine freche, vorwitzige und lebensfrohe sowie eine scheue, zurückhaltende und ruhige Seite. Er ist ein fleissiger Schüler, der aber lieber im Hintergrund bleibt und sich wenn immer möglich nicht präsentieren will. Schule ist für ihn manchmal langweilig, weil er die Dinge relativ schnell begreift und eigentlich lieber etwas rascher vorwärts ginge, als die Lehrer das tun. Dinge, welche ihn nicht interessieren, lernt er nicht. Er sortiert sie einfach aus. Wenn die Lehrer oder sonst wer ihn nerven, dann tanzt er. Es erinnert ein wenig an die Szene in der Industriehalle im Film Footloose. Die meisten Lehrer haben aber Mühe damit, Alis Art so hinzunehmen und versuchen, ihn ruhig zu stellen. Ali verschliesst sich und zeigt vermehrt seine scheue und ruhige Art. Nur im Inneren denkt er sich die kecken Antworten aus, lacht und bewegt seine Füsse unter dem Tisch.
Ach, ihr Lehrer, wenn ihr wüsstet, was ihr verpasst. Der kecke Ali hat so viel Gefühl und so viel Talent. Warum muss es immer nach Büchlein gehen? Warum kann man die Welt nicht einmal aus den Augen Ali Zhias betrachten? Barfuss auf dem weichen Boden im Beduinenzelt. In den Bewegungen und in den Tanzschritten den ganzen Schmerz der verstorbenen Grossmutter. Tränen als Bewegung, Schmerz als Bild zu einer Musik, welche die Schritte unterstützt. Man muss als Betrachter den Hintergrund des Tanzes nicht kennen, man fühlt ihn. Ali Zhia fesselt mit seinen feinen oder auch harten Bewegungen jeden Betrachter und niemand kann sich der Vorführung entziehen. Mitten im Publikum sitzen die stolzen Eltern.
Ali schafft es mit vierzehn endlich, seine kecke Art zu zeigen. Ein alter, kleiner Lehrer der höheren Schule lässt dies zu. Und so kann sich Ali Zhia fortan zeigen, wie er eigentlich ist. Seine Welt des Tanzes begleitet ihn auch im Alltag. Mit ihm steigt über dem Beduinenzelt ein neuer Stern auf, der noch vielen den Weg weisen wird.
Aura
Aura, die; lat.; besondere Ausstrahlung
Seit ich dich kenne weiss ich, es gibt sie, die Aura. Es soll gar Menschen geben, welche sie sehen können. Man sagt, es sei ein Schimmer von Licht, mit der Stimmung angepassten Farben. Sehen kann ich deine Aura nicht, aber ich spüre sie. Schon wenn du zwei Stockwerke tiefer das Haus betrittst, spüre ich die Veränderung meiner Umgebung. Deine Aura ist dir weit voraus, verrät mir, du kommest, damit ich mich schon freuen kann. Du hast mein Leben verändert, verbessert. Am Abend gelten meine letzten Gedanken dir, genau so wie die ersten am frühen Morgen.
Wenn das mit den eingangs erwähnten Farben stimmt, dann ist deine Aura nur mit guten Farben gestaltet. Deine ist wärmend, deine ist Schutz, deine ist Harmonie. Wenn sie mit dir den Raum betritt, dann füllt sie ihn mit ihrer Energie. Es ist, als fliesse eine bisher unbekannte Energie durch den Körper. Das Herz klopft etwas schneller, die Muskeln entspannen sich auf angenehme Art.
Zum Glück haben wir Menschen eine Aura. Sie lässt es zu, dass wir unser Gegenüber etwas einschätzen können, dass wir merken, woran wir sind. Wenn wir uns darauf einlassen, können wir die Gefühle besser einordnen und angepasst auf unsere Mitmenschen reagieren. Die Aura hilft uns, Fehler zu vermeiden. Man sagt, ein Hund spüre genau, wie es seinem Herrchen gehe oder merke genau, wenn ein Jogger Angst habe. Offenbar spüren Hunde unsere Aura besser als wir Menschen.
Auch Pflanzen können sie erfassen. Es gab Menschengruppen in diesem Raum, welche alle Pflanzen eingehen liessen - und das lag nicht an der mangelnden Pflege, sondern an der aggressiven und negativen Grundstimmung innerhalb der Gruppe. Den Pflanzen ging es nämlich nach längeren Pausen immer prächtig. Die Pflanzen spüren genau, welche Aura uns Menschen umgibt. Wie alle Lebewesen brauchen auch sie positive Energie, damit sie gedeihen können.
Jeder Mensch hat positive Energie in sich. Manchmal lassen wir es zu, dass sie unsere Aura bestimmt. Manchmal jedoch verkümmert sie irgendwo tief in uns drin und unsere Aura ist aggressiv, negativ, giftig. Wie der Sprühnebel einer Spraydose legt sich die negative Aura dann auf unsere Mitmenschen ab und trübt auch deren Lichtschimmer. Nach und nach werden die Menschen mürrisch oder gar missmutig und eine negative Stimmung kann sich ausbreiten.
In solchen Momenten braucht es eine starke Person, jemanden wie dich, mit einer positiven Aura. Denn wenn du den Raum betrittst, füllst du ihn mit Liebe und mit guter Stimmung. Deine Aura hat mein Leben verändert und ich danke dir dafür.
Ausgebrannt
Sie steht ruhig im Fenster, weiss, gross, stolz. Sie spendet Licht, sie erhellt den Weg. Wenn ein Funke springt, beginnt sie zu leuchten, ihr Feuer brennt. Wenn man ihr näher kommt, spürt man wohltuende Wärme. Sie kann ihr Feuer weiter geben. Kleinere Kerzen können es empfangen, entwickeln eine eigene Flamme und leuchten eigene Wege.
Komm ihnen nicht zu nahe, du wirst dich verbrennen. Die Flamme gibt die Grenze vor. Die grosse Kerze nimmt ihre Energie aus ihrem Körper, scheinbar endlos. Nur langsam stellt man fest, sie wird kleiner, sie verändert sich. Sie hat schon so vielen kleinen Kerzen ihr Licht weiter gegeben.
Sie wird nicht für immer leuchten können, irgendwann wird sie ausgebrannt sein. Dann wird ihr Licht nur noch Erinnerung sein, vielleicht im Licht der kleinen Kerzen weiter getragen. Niemand wird sich jedoch daran erinnern, woher die kleinen Kerzen ihr Leuchten haben.
Ohne Wind brennt die Kerze länger. Wird der Wind zu stark, kann die Flamme nicht mehr auf die scheinbar endlose Energie im Körper zugreifen. Sie erlischt mit einem sich sanft lösenden Rauchfaden.
Eine Laterne aus Glas könnte die Flamme davor schützen, das ausgebreitete Licht verliert dabei aber die Wärme. Sie bleibt in der Laterne drin. Das Licht hat nur noch halbe Wirkung und kleinere Kerzen haben es schwerer, die Flamme zu übernehmen.
Lassen wir die Kerze also ohne Käfig leuchten und halten den Wind im Zaum. Denn wenn die Flamme ausgeht, ist die Kerze ausgebrannt und es braucht eine andere Flamme, die versuchen kann, sie neu zu entzünden. Freut euch an den vielen Kerzen, die heute an diesem kalten, verschneiten Tag den Weg leuchten. Noch brennt die Kerze und ich erfreue mich an ihrem warmen Licht.
Autobahn
Nie wäre mir beim Spielen mit meiner Murmelbahn in den Sinn gekommen, einen Vergleich mit der Strasse anzustellen. Da schossen die vielen Murmeln zwischen den vorgegebenen Schranken ihrem Ziel entgegen, machten bei jeder Wende einen Klacks, es war ein Heidenlärm und ich hatte Freude daran. Es waren viele verschiedene Murmeln dabei, keine glich der anderen, es war ein buntes, irgendwie beruhigendes Schauspiel.
Dann und wann verklemmte sich eine Murmel im Kehrtunnel und es kam zu einem wahrhaftigen Stau, vor allem dann, wenn ich zu viele Murmeln auf die Bahn gelegt hatte. Mühsam klaubte ich mit meinen kleinen Fingern die verklemmte Murmel aus dem Holz, worauf die wartenden Murmeln sogleich wieder los rollten.
Im Grunde genommen ein simples Spiel. Du legst Murmeln oben auf die Bahn und freust dich daran, wie sie runter kugeln. Sie kommen alle ins gleiche Ziel. Das muss nicht sein - man könnte doch verschiedene Ziele bauen und die Kugeln nach einer Art Zufallsprinzip mal hier hin mal da hin rollen lassen. Auf diese Art funktionieren Postsortieranlagen oder die Gepäckanlage am Flughafen - einfach ohne den Zufall.
Wenn wir noch grösser denken, gelangen wir zur Erfindung "Autobahn". Man legt Autos an den Rand einer Bahn mit vorgegebenen Schranken und schon rollen sie los. Oft schwarz oder silbrig, dazwischen aber auch mal bunt, grosse und kleine, glänzende und matte - alle rollen sie fröhlich in die gleiche Richtung, verschiedenen Zielen entgegen. Es ist ein buntes Schauspiel, welches einen Heidenlärm erzeugt. Hat wohl jemand Freude daran?
Dann und wann verklemmen sich einige Autos scheinbar grundlos und es kommt zu einem wahrhaftigen Stau. Die Feuerwehr klaubt die verklemmten Bleche auseinander, worauf die wartenden Autos gleich wieder los rollen. Im Grunde genommen ein simples Spiel.
Im Unterschied zu den Kugeln können die Autos willkürlich ihre Richtung oder ihre Geschwindigkeit ändern. Der Mensch hat seine Hand im Spiel. Das macht es kompliziert. Wo ein Mensch ist, ist auch ein Wille. Der Wille ist, wie die Streifen von Zebras, nie zweimal genau gleich. So kommt es zwangsläufig zu gehässigen Komplikationen, Aggression, Stress und leider oftmals auch grossem Leid. Dabei wussten wir doch schon als Kinder: Wenn ich die Kugeln zu dicht aufeinander auf die Bahn lege, ist der Stau vorprogrammiert.
Denke das nächste Mal, wenn du auf die Autobahn auffährst, an die Murmelbahn. Stelle dir vor, in einer bunten Murmel zu sitzen. Du wirst mit einem Lächeln auf dem Gesicht zwischen vorgegebenen Schranken deinem Ziel entgegen rollen. Ein simples Spiel.
Baum
Seit mehr als zweitausend Jahren steht er da, trotzt Wind und Wetter. Viele Menschen hat er kommen und gehen sehen, er war bei der Geburt Jesu dabei. Als kleines Pflänzchen im Römischen Reich gesprossen, hatte er das Glück, einen Standort gewählt zu haben, den die Menschen niemals für sich beanspruchten. Zweitausend Jahre lang haben die Menschen um ihn herum gebaut. Wäre er als Eiche gewachsen, hätten diese Schiffe und Häuser bauenden Lebewesen sein Holz wohl schon lange genutzt. Als Tanne hätten sie ihn wohl im aufkommenden Christentum einmal als Weihnachtsbaum mitgenommen. Als Pinie hätte sein Holz im Winter den Menschen warm gegeben. Welch ein Glück, ein Olivenbaum zu sein.
Die Bauern ernten seine Früchte und er gibt sie ihnen gerne. Aus den kleinen, grünen oder schwarzen Kugeln wird ein wertvolles Öl gepresst, ein Öl, das auch im Holz und in den Blättern enthalten ist. Es ist sein Lebenssaft, den er aus dem wenigen Wasser seiner Umgebung gewinnt. Jahr für Jahr zeigt er mit seinen kleinen, weissen Blüten: Ich bin noch da, ich habe noch Kraft, ich lebe.
Vielen Stürmen hat er getrotzt, manche Dürre überstanden, zwei grosse Kriege der Menschen überlebt. Ob er sich jemals gefragt hat, weshalb die Menschen einander bekämpfen? Unter Bäumen werden die Territorien auch mit Kämpfen abgesteckt. Wächst ein Baum zu nah beim anderen, beginnt der Kampf ums Wasser. Wer die stärkeren Wurzeln hat, gewinnt. Der Verlierer wird langsam austrocknen und schliesslich sterben. Hohe Bäume kämpfen mit Licht, Bäume mit grossen Kronen und starken Ästen nehmen sich den Raum, den sie brauchen. Kleinere Gewächse passen sich an. Die Waffen der Bäume sind viel subtiler als jene der Menschen. Der Kampf geht immer um Ressourcen, nie um Macht.
Und dabei ist er so mächtig, dieser alte Baum. Nie ist er zu gross geworden, sonst hätte er die Zeit nicht überstanden. Immer hat er gemerkt, wann er seine Grenzen erreicht hat. Viele seiner Artgenossen in anderen Teilen der Erde sind gleich alt. Bäume sind Kraft, Bäume sind Leben, Bäume sind Ruhe. Könnten sie reden, hätten sie viel zu erzählen. Aber ob je ein Mensch auf sie hören würde?
Der Mensch hat andere Interessen. Seit vielen Generationen hat er aufgehört, auf Bäume zu achten, auf sie zu hören. Wohlstand wird heute nicht mehr mit Lebensqualität in einem natürlichen Sinn, Qualität des Lebens an sich, gemessen, sondern an Geld, Einfluss und Macht. Der Mensch hat vergessen, woher sein Leben kommt, was er zum atmen braucht. Er sitzt in hübsche Klamotten gehüllt auf einem vergoldeten Ast und sägt an dessen inneren Seite. Könnten Bäume reden, sie würden den blinden Menschen hoffentlich daran erinnern, dass auch er bloss ein kleines Teilchen im grossen Ganzen ist, das man Leben nennt.
"Imagine if trees gave off free wifi. We'd all be planting them like
crazy. It's a pity they only give us the oxygen we breathe."
(Zitat; Autor unbekannt)
Beichte
Wie sagt man jemandem, den man mag, dass man ihm weh tun wird? Am besten wohl gar nicht, aber auch das ist nicht einfach. Ich versuche es einmal mit einer ehrlichen Beichte. Ich werde dir weh tun, das weiss ich und das tut mir jetzt schon Leid. Seit wir uns kennen, haben wir an unserer Beziehung gearbeitet und sind uns näher gekommen. Ich habe mich an dein Lachen gewöhnt, denn es kommt von Herzen. Deine alltägliche Fröhlichkeit, dein treuherziger Blick, dein Schalk - sie alle werden mir fehlen. Ja, ich werde dich verlassen. Du wirst ganz still, krümelst dich in eine Ecke, blickst mich an und fragst: "Warum?" Deine wunderschönen, dunkelbraunen Augen verraten mehr. Du fragst dich, ob du etwas falsch gemacht habest. Nein, hast du nicht. Im Gegenteil, du hast in dieser kurzen Zeit, die wir gemeinsam hatten, alles richtig gemacht. Du bist der Grund, weshalb ich eine Zeit lang an meinem Weggang zweifelte. Immer weisst du alles besser, und das nervt gewaltig, das weisst du - es wird mir dennoch fehlen, denn ich mag dein Wissen. Du zappelst rum, spielst den Joggi, aber auch das machst du mit einem ganz eigenen Charme, den nur du versprühen kannst. Deine Vergesslichkeit kann mich genauso an die Decke treiben wie deine Naivität, mit der du teilweise durch die Welt gehst. Dazwischen lachst du so laut, dass die Ohren pfeifen. Mal beinah dumm und im nächsten Moment wieder hoch intelligent und voller Tatendrang. Das bist du. Jeden Tag unserer gemeinsamen Zeit habe ich mich auf dich gefreut. Irgendwie spürte ich, dir gehe es genau so. Dafür bin ich dir auf ewig dankbar. Glaube mir, es fällt mir nicht leicht, dein Vertrauen in mich zu brechen, dich zu enttäuschen. Nun blicke ich in deine tiefblauen Augen und versuche, dir zu erklären, wie es soweit kommen konnte. Menschen entwickeln sich weiter, sie bewegen sich. Als ich vor fünf Jahren tief verletzt wurde, nicht von dir, ich weiss, da stand für mich plötzlich alles still. Auf wundersame Weise wurde ich langsam gerettet, das Leben eroberte mich zurück. Ich durfte Liebe erfahren, auch von dir. Dafür bin ich dir dankbar. Nun aber fühle ich mich bereit, mein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen und einen ganz neuen Weg zu gehen. Ich brauche eine Veränderung. Ich habe die Chance dazu erhalten und werde sie packen. Weisst du, das solltest auch du tun. Nutze die Gelegenheit, da ich weg gehe, positiv und nimm die Herausforderung an. Sei wütend über mich, schrei mich an, lass aber bitte deine Fäuste diesmal ruhig. Blicke mich mit deinen grüngrauen Augen zornig an oder wende dich einen Moment lang ab. Wenn du dich dann beruhigt hast, gehen wir zusammen den Weg zu Ende. Du weisst, in mir hast du einen Freund fürs Leben, auch wenn ich fortan weit von dir entfernt bin. Jederzeit darfst du mir schreiben, darfst mich um Rat fragen oder darfst mir einfach berichten, wie du dich fühlst. Ich werde dich besuchen und mich erkundigen, wie es dir geht. Glaube mir, du bist mir nicht egal, denn ich mag dich.
All das möchte ich dir sagen. Und ich kann es nicht. Es tut mir jetzt schon Leid, denn ich werde dich verlassen. Bitte verzeih mir, es hat nichts mit dir zu tun. Du hast alles richtig gemacht.
Du bist wunderbar.
Berufswunsch
Berufswünsche von Kindern haben sich in den vergangenen dreissig Jahren stark gewandelt. Es gab eine Zeit, da wollten Jungs Astronaut oder Lokomotivführer werden und Mädchen strebten den Beruf einer Krankenschwester an. Heute sind Youtuber und Influencerin stark im Trend.
Diese beiden Berufe sind sich recht ähnlich. Der Youtuber betreibt seine Selbstinszenierung vor allem zur Unterhaltung seiner Follower. Genaugenommen arbeitet er also in der Filmbranche. Die Influencerin lässt sich Kleidung, Outfit, Makeup und Schuhe von Sponsoren bezahlen. Ihre Selbstinszenierung dient dem Verkauf der geliehenen Artikel. Genaugenommen arbeitet sie also in der Werbebranche.
Beide haben das Gefühl, die Menschen folgen ihnen als Individuen. Sie fühlen sich ernst genommen, was ihnen das Gefühl von Wichtigkeit gibt. In Wirklichkeit sind sie so schnell vergessen wie eine Tageszeitung. Sie stehen dadurch unter Dauerstress, ständig neue Posts zu produzieren, damit man sie nicht vergisst. Sie stehen unter Druck, was sie wiederum mit der Tageszeitung vergleichbar macht.
Die heutige Gesellschaft ist gelangweilt. Alles wird vorgegeben. Man geht abends in den schicken Club anstatt sich mit Freunden in der Garage zur eigenen Party zu treffen. Im Club geht es weniger darum, zu tanzen und den Abend mit den Freunden zu geniessen als vielmehr darum, die neuesten Posts auf Youtube oder Instagram anzusehen und sich diese gegenseitig zu zeigen. Genaugenommen wird im Ausgang also beobachtet, wie andere im Ausgang sind.
Als Youtuber und Influencerin lebt man demzufolge anderen Menschen ein wirkungsvoll inszeniertes und glückliches Leben vor. Die Follower sitzen gespannt vor den kleinen Bildschirmen ihrer Smartphones und beobachten das Scheinleben, während ihr eigenes an ihnen vorüberzieht. In dieser Beziehung erinnern sie mich an die Passagiere im Zug des Lokomotivführers. Sie folgen ihm und blicken gespannt auf die vorüberziehende Landschaft.
Dennoch unterscheiden sich Zugreisende deutlich von Followern. Die Reisende ist irgendwann am Ziel. Sie steigt aus dem Zug aus und lebt einen Moment in der neuen Welt, welche sie aus einem bestimmten Grund ausgesucht hat. Der Follower sitzt immer noch am gleichen Ort und schaut gebannt dem virtuellen Leben seines Idols zu.