Emma Wilks und der Lichtdiamant - J.C. Jones - E-Book

Emma Wilks und der Lichtdiamant E-Book

J. C. Jones

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Beschreibung

Während die Dunkle Prinzessin Amalia ihre Regentschaft beginnt, müssen Emma Wilks und ihre Freunde versuchen, den nächsten Edelstein zu finden.

Das E-Book Emma Wilks und der Lichtdiamant wird angeboten von BoD - Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
jugendlich, urban fantasy, Harry Potter, Krise, Herr der Ringe

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Seitenzahl: 230

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhaltsverzeichnis

Die Flucht aus dem Bergwerk

Die Insel

Amalia

Markus und Henry

Markus und Lilly

Amalia und Bach-Tal

Die Tage vergehen

Emma bricht wieder auf

Ufer-Linge und Dia-Wald

Die Nacht im Gefangenenlager

Der Hinterhalt

Übernachtung bei Peter

Der Lichtdiamant

Die Flucht aus dem Bergwerk

... . Als Emma über den Rand herausblickt, sieht sie ihren Großvater bereits fünf Meter unter dem Abgrund fallen. Seine Augen sind weit aufgerissen, sein Mund ebenso. Seine Arme sind nach oben gerichtet, so als würde er nach der Hand seiner Enkelin greifen wollen. Langsam aber stetig wird sein Körper immer kleiner – bis er endgültig in der Dunkelheit der Tiefe verschwindet.

Bei diesem Anblick will Emma lauthals schreien. Aber sie kann es nicht. Irgendetwas in oder an ihr verhindert, dass sie ihren Emotionen nachgibt. So blickt sie nur in die Dunkelheit herab, die sich unter ihr auftut. Ihre Arme sind voll ausgestreckt und nach einem kurzen Moment des Schockes, die der 12-jährigen wie eine halbe Ewigkeit vorkommen, wird sie von Felix und Walter wieder vom Klippenrand weggezogen.

Emma dreht sich um und blickt ihren beiden Helfern entsetzt ins Gesicht. Jedoch bleibt ihnen keine Zeit, das was sie gerade erlebt haben, zu verarbeiten.

Sie sind umstellt. Umstellt von den Stein-Lingen aus dem Bergwerk. Blitzschnell bildet Emmas Gruppe einen Halbkreis vor der Saphirträgerin und versucht sie so vor den übermächtigen Feinden zu schützen.

Während dies geschieht, spürt die 12-jährige immer mehr, wie der blaue Edelstein seine Kraft in ihrem Körper entfaltet. Alles um sie herum geschieht langsam, sehr langsam, sodass sie das Gefühl hat, als könnte sie die Situation in aller Ruhe analysieren und so die notwendige, aber vor allem auch richtige Entscheidung fällen.

Dies ist zu dieser Zeit allerdings ein Trugschluss. Zwar vermag der Saphir der Weisheit dies zu tun, aber nicht so kurz nach seiner Inbesitznahme.

Trotzdem ist die 12-jährige im Bann des stark wirkenden Edelsteines gefangen. Sie steht wie apathisch hinter ihren Begleitern, hat ihre Augen weit aufgerissen und blickt ins Leere.

Gerade wollen die etwa dreißig Stein-Linge zum Angriff blasen und ihre Gegner die Klippe herunterschieben, da ist ein grässlich schrill-lauter Schrei zu vernehmen.

Direkt kehrt Ruhe ein. Alle stehen wie erstarrt da. Keiner bewegt sich. Keiner tut etwas. Dann ist plötzlich ein großer Schatten im Hauptschacht zu erkennen. Walter streckt seinen Hals etwas nach oben und einige der Stein-Linge wenden sich um.

Entsetzen macht sich in Walters Gesicht breit. Denn er weiß, welch übermächtiger Gegner sich ihnen hier nähert. Hektisch blickt er sich um. Wo ist die nächste Möglichkeit sich diesem Ort zu entziehen?

Es gibt nur zwei Wege aus dieser Kammer heraus. Entweder zurück zum Hauptschacht oder die Treppe herunter, die zum Abwasserkanal des Bergwerkes führt.

Dem Schatten im Schacht folgt nun der Träger desselben. Große, feuerrote Augen, welche sich in einem gigantischen Drachenschädel befinden, der etwas größer ist, als der Eingang zu diesem Raum, blicken herein.

»STEINWÄCHTER!«, brüllt Walter und zeigt mit einer Hand auf den Ausgang zum Hauptschacht. Sofort bricht große Hektik aus.

Der Drachen brüllt erneut schrill auf und aus seinen drei Hörnern, von denen sich eines auf seiner Nase und zwei über seinen Augen befinden, lässt das gewaltige Urtier schmale, aber dennoch sehr druckvolle Feuerstrahlen entweichen. Die letzten drei der vier Stein-Lingsreihen schmelzen sofort dahin und Emmas Begleiter rennen was ihre Beine hergeben, auf die Treppe zum Abwasserlauf zu. Felix packt die 12-jährige bei einer Hand und zieht sie mit sich.

Während die Stein-Linge noch vergebens versuchen den Drachen am Betreten des Raumes zu hindern, drückt dieser erneut drei Flammen aus seinen Hörnern und schmelzt die Linge zu einer kleinen, dunklen Lache.

Nun hat das Ungeheuer den Eingang zur Kammer zum Einsturz gebracht und diese so betreten. Dann richtet er sich auf und steht in voller Pracht da.

Bei den Steinwächtern handelt es sich um etwa fünfzehn Meter hohe, dunkelgraue Drachen, die auf zwei Beinen stehen und extrem schnell laufen können. Sie besitzen drei feuerrote Augen, von denen zwei nach vorne blicken und eines, welches sich in der Mitte des Hinterkopfes befindet. So kann das Tier gleichzeitig in zwei Richtungen schauen.

Sein muskulöser Körper ist am Rumpf mit einer Vielzahl kleinerer Stacheln und plattenartigen Panzern besetzt. Alles in allem wirken diese Urtiere wie eine Mischung aus einem Tyrannosaurus Rex und einem Triceratops. Aus seinen drei langen Hörnern am Kopf kann er jeweils eine fast schon weißglühende, sehr dünne Flamme entweichen lassen, die problemlos in der Lage ist, fast jeden Stein zu schmelzen und Menschen oder Ärd-Linge im Nu einzuäschern.

Während Emma und ihre Freunde versuchen die Treppe zum Abwasserlauf zu erreichen, weichen die verbliebenen Stein-Linge vor dem übermächtigen Gegner zurück. Sie lassen ihre Waffen fallen und versuchen zwischen den Beinen des Urtieres hindurch, in den Hauptschacht zu gelangen.

Nachdem sich der Drache kurz orientiert hat, läuft er auf die Treppe zu und schneidet Felix und seiner Freundin den Weg ab. Mit seinem gigantischen Fuß blockiert er die letzten zwei Meter zur rettenden Treppe.

Lediglich Tammy-Sue und ihre Mutter haben die Stufen erreichen können.

Hektisch bremsen Emma und Felix ihren Lauf ab, damit sie nicht gegen den Steinwächter stoßen und so vielleicht auf den Boden fallen.

Währenddessen greifen sich Lucy, Benjamin und Walter einige der Waffen, welche die Stein-Linge haben fallen lassen, als sie geflüchtet sind.

Walter ruft den beiden Kämpfern zu, dass sie versuchen sollen, mit Pfeil und Bogen eines seiner drei Augen zu treffen, da diese seine einzigen verwundbaren Stellen am Körper sind.

Während die beiden Jugendlichen dies nun versuchen, entfaltet der Saphir der Weisheit erneut seine Kraft über dessen Trägerin. Gerade als die Hektik um sie herum am größten wird, läuft das Geschehen vor Emmas Augen wieder in Zeitlupe ab. So kann sie eines der dünnen Stahldrahtseile entdecken, welches Walter an seinem Rucksack mit sich trägt. Die 12-jährige reißt sich von Felix los und läuft auf den älteren Mann zu. Der Junge erschreckt sich, als Emma nun plötzlich nicht mehr versucht, die Treppe zu erreichen, sondern mitten in den Raum hineinläuft, um zu Walter zu gelangen. Dieser blickt ebenso auf die Saphirträgerin, wie Lucy und Benjamin. Diesen Moment der allgemeinen Unachtsamkeit nutzt der Steinwächter aus, um mit seinem Kopf zu einem mächtigen Schwung auszuholen und Lucy und Walter umzuwerfen. Geistesgegenwärtig springt Benjamin auf den Hals des Drachen und versucht diesen nun abzulenken. Als sich das hintere Auge des Tieres öffnet, erschreckt sich der junge Kämpfer und lässt sein eben gezogenes Schwert aus seinen Händen fallen. Dieses landet etwa zwei Zentimeter vor Lucys Nase und bleibt im Boden stecken. Emmas Freundin reißt die Augen weit auf und ihre leichte Benommenheit ist im Nu wieder verschwunden. Sie steht auf, packt sich den Griff des Schwertes und versucht es aus dem Boden zu ziehen. Leider ohne Erfolg.

Während sich all dies vor den Augen des Drachens abspielt, ist Mechthild hinterrücks zu Felix geeilt, und beide haben einige der Schwerter und kurzen Lanzen der Stein-Linge zusammengesammelt.

Einen Teil hiervon verstauen sie sicher auf den ersten Stufen der Treppe. Den Rest der Kampfmittel versuchen sie nun an ihre Mitstreiter zu verteilen. Dies wird ihnen allerdings durch das wilde Umherschlagen des Drachenkopfes fast unmöglich gemacht. Erneut trifft der Schädel des großen Tieres auf Lucys Körper, die vergeblich versucht hat, Benjamins Schwert in ihren Besitz zu bringen. So wird die 12-jährige nun in weitem Bogen durch die Luft geschleudert und von Felix aufgefangen, der ihren Absturz in die tiefe Schlucht verhindert. Schnell stellt er die junge Dame wieder auf die Beine und reicht ihr zwei kurze Lanzen, die sie mit einem schnellen Kopfnicken annimmt, und sich sofort wieder auf den Weg zum Steinwächter macht.

Auf dessen Rücken sitzend, versucht Benjamin weiterhin das hintere Auge des Tieres zu verletzen. Nachdem der Drache es fast geschafft hätte, den Jugendlichen abzuwerfen und dieser sich nur noch mit seiner linken Hand an einer der Panzerplatten festhalten kann, versenkt er den Speer, welchen er in seiner freien Hand hält, im hinteren Sehorgan des Feindes. Aufgrund des Schmerzes, den das Tier nun erleidet, stellt es sich aufrecht hin, reckt seinen Kopf soweit nach oben, wie es seine Anatomie zulässt, und stößt einen grell-lauten Schrei aus.

Benjamin ist es nun nicht mehr möglich sich festzuhalten und lässt sich auf den Boden fallen. Sofort eilen Mechthild und Felix herbei und ziehen den Jungen vom Tatort weg. So schnell es ihnen möglich ist, versuchen sie die rettende Treppe zu erreichen.

Aber der Drachen ist erneut schneller. Wild mit seinem Kopf umherschlagend, macht er drei große Schritte und versperrt so den Fluchtweg.

Während Benjamin, Felix und Mechthild nun vor dem großen Fuß des Steinwächters angehalten haben, versucht Emma Walter davon zu überzeugen, dass man das große Tier mit dem Draht aus seinem Rucksack zu Fall bringen müsste, indem man diesen um dessen Beine bindet.

Zwar begreift Walter sofort, was Emma meint - da er aber nicht unter dem Einfluss des Saphires steht, hat er eine völlig andere Wahrnehmung der Realität.

Während Tammy-Sues Vater völlig panisch und aufgeregt ist, ist Emma total entspannt und nimmt die Geschehnisse dieses Momentes sehr langsam und klar wahr. Sie bittet ihren Mitstreiter um die Übergabe des Drahtes, der eine ungefähre Länge von drei Metern aufweist. An beide Enden bindet die 12-jährige jeweils den oberen Teil eines abgebrochenen Pfeiles.

Diese übergibt sie an die bei ihr ankommenden Lucy und Walter. Die beiden greifen sich ihre Bögen und feuern die Pfeile auf die Beine des herannahenden Drachens, der gerade dabei ist, drei weitere Feuerstrahlen aus seinen Hörnern zu schießen. In letzter Sekunde können die drei Freunde noch zur Seite springen, damit sie das Feuer des Feindes nicht grillt.

Wie von Emma geplant, wickelt sich der Draht nun um die Beine des Drachens. Zwar reißt das Metallseil auch recht schnell, trotzdem reicht der kleine Moment des Umwickelns aus, damit das gewaltige Tier zu Fall kommt.

Blitzschnell erheben sich Emma und Lucy wieder. Sie sprinten, ohne sich ein weiteres Mal umzusehen, zur rettenden Treppe. Hier werden sie bereits von Tammy-Sue, Mechthild, Benjamin und Felix erwartet, der seine Freundin erleichtert in den Arm nimmt, und dann die Treppe herunterführen möchte. Jedoch reißt sich die Saphirträgerin ein weiteres Mal aus der Hand ihres Begleiters heraus und dreht sich zum Plateau hin um. Im rechten Augenwinkel hat sie noch Mechthilds entsetzten Blick und die vor den Mund gehaltene Hand gesehen.

Erst schaut sie auf die Frau und dann erkennt sie, dass Walter regungslos neben dem Kopf des Drachens liegt.

Dieser erhebt gerade seinen gewaltigen Körper und richtet sich vollends auf. Er schreit erneut schrill auf und stößt drei weitere Feuerstrahlen auf Emma und ihre Freunde aus. Mit vier großen Schritten nähert sich der gewaltige Feind der Gruppe der Ärd-Linge. Während Emma, unter der Einwirkung des Saphires der Weisheit, versucht eine Lösung zugunsten von Walter zu entwickeln, wird sie von Lucy und Felix an ihren Armen gepackt und die Treppe herunter geschleift. Mechthild, die wie eine Statue dasteht und auf ihren geliebten Walter starrt, wird in letzter Sekunde von Benjamin gegriffen und die Treppe heruntergeführt. Hierbei schreit die Ehefrau laut auf und beginnt heftig zu weinen. Sie versucht sich loszureißen, um ihrem geliebten Ehemann beiseite zu stehen, jedoch kann Ben sie festhalten und so ihr Leben fürs Erste retten.

Am unteren Ende der Treppe angekommen, blicken Emma und Felix nach oben. Hier können sie den Steinwächter erblicken, der wild mit dem Kopf schlagend versucht, sich irgendwie einen Weg die schmale Treppe hinunter zu bahnen und weitere Feuerstrahlen nach unten zu schicken, welche die Gruppe aber nicht erreichen können.

Dann ist es Mechthild, die erkennen muss, wie sich das gewaltige Tier umdreht und man, nachdem der Drachen weiteres Feuer in dem Raum gegeben hat, einen sehr lauten Schrei vernehmen kann, der von Walter ausgestoßen wird. Seine Frau ist völlig aufgelöst und verliert sich in Benjamins Armen, der ihr sanft und liebevoll den Rücken streichelt.

Gerade in diesem Moment ist es Tammy-Sue, die unbemerkt von allen bereits viel früher die Treppe heruntergelaufen ist, und nun wieder zu der Gruppe stößt. Ohne sich zu erkundigen, was ihre Mutter denn so bewegt, teilt sie mit, dass es nur einen Weg aus dem Bergwerk heraus geben würde.

Als Mechthild die Stimme ihrer Tochter vernimmt, geht sie auf sie zu. Sie umarmt ihr Mädchen fest und heult weiter. Tammy-Sue nimmt dies regungslos zur Kenntnis, und während sich auch die anderen Mitglieder der Gruppe um die beiden herum aufstellen, ist auf einmal lautes Gepolter zu vernehmen. Hektisch drehen sich alle umherblickend um. Sie wollen feststellen, woher diese Laute stammen.

»Da hinten!«, schreit Felix und zeigt auf einen kleinen Gang, welcher sich hinter der Gruppe befindet und tiefer in das Bergwerk hineinführt.

Von hier sind die Stimmen einiger Stein-Linge zu vernehmen.

Emma und ihre Freunde schauen sich um.

Vor ihnen liegt der Abwasserkanal, den Tinus als sicheren Ausweg aus dem Berg heraus erachtet hat. Daneben verläuft ein schmaler Pfad, der in dieselbe Richtung führt. Benjamin schlägt vor, dass sie in das Wasser springen und sich von der Strömung treiben lassen sollen.

Gerade als sich Felix und Lucy auf einen Sprung in das Wasser begeben wollen, ist es Emma, die ihre Meinung kundtut, dass die Stein-Linge genau damit rechnen würden. Somit wäre es klüger, wenn sie dem Pfad folgen würden, und sich nicht in den Kanal begäben.

Lucy erwidert, dass es den Stein-Lingen wohl kaum möglich wäre, ihnen im Wasser zu folgen, da Steine ja bekanntlich im Wasser untergehen würden. Hierfür erhält die 12-jährige eine breite Zustimmung von ihren Begleitern. Emma hält einen Moment inne und lässt den Saphir der Weisheit auf sich wirken.

»Wenn wir in den Kanal springen und seinem Fluss folgen, werden sie uns am Rand des Gewässers folgen, uns am Ende des Laufes erwarten und wir sind gefangen. Wir haben dann keine Chance mehr, ihnen zu entkommen und sie werden uns alle töten!«, erklärt Tinus Enkelin in monotonem, stoischem Tonfall.

Nun weiß niemand, was zu tun ist. Die Gruppe steht da und von hinten nähern sich die Feinde.

»Lauft!«, ruft plötzlich jemand von hinten aus dem Gang heraus.

Es ist Walter. Erfreut dreht sich Mechthild um und ihr Gesicht wird von einem breiten und erleichterten Lächeln überzogen.

»Walter!«, ruft sie glücklich und breitet ihre Arme aus.

»Lauft! So lauft doch endlich!«, brüllt er der Gruppe erneut zu, breitet seine Arme seinerseits weit aus und will Emma und ihren Begleitern so signalisieren, dass sie sich endlich auf den Weg machen sollen.

Als Mechthilds Ehemann noch etwa fünfzehn Meter von ihnen entfernt ist, können sie auch erkennen, warum Eile geboten ist.

Es ist eine Gruppe von etwa zwanzig Stein-Lingen, die Walter verfolgt und ihn mit Steinkugeln beschießt.

Nachdem dies von allen realisiert worden ist, rennen sie so schnell sie können den schmalen Pfad entlang, parallel zum Abwasserkanal.

Lucy und Felix laufen voran, Emma und Mechthild folgen und zuletzt flüchten die übergewichtige Tammy-Sue und ihr Vater vor den immer näher kommenden Feinden. Permanent werden Walter und seine Tochter von Steinen am Kopf getroffen.

Den Flüchtenden wird trotz der Verfolgung größte Vorsicht abverlangt, denn auf dem schwach beleuchteten, schmalen Weg sind viele Unebenheiten, Kurven und kleinere Schluchten vorhanden, an denen der Weg vom Kanal unterspült und letztlich auch abgetragen worden ist. Immer wieder müssen Emma und ihre Begleiter über fehlende Wegstücke hinwegspringen, die von manchen der Stein-Linge nicht zu überwinden sind. Folglich reduziert sich die Zahl ihrer Verfolger stetig. Nichtsdestotrotz gelingt es einigen der kleinen Feinde, auf die Gruppe aufzuschließen und Walter am Rucksack zu packen. Geistesgegenwärtig lässt er diesen von seinem Rücken abfallen, was dazu führt, dass die vorderen Stein-Linge über diesen Gegenstand fallen und die weiteren Verfolger, an den am Boden liegenden Sack hängen bleiben, und zum Teil auch vom Weg herab, in den Abwasserkanal stürzen.

Kurz darauf erreicht die Gruppe um Emma eine Weggabelung. Da mittlerweile alle bemerkt haben, dass die Verfolger fürs Erste abgehängt worden sind, verweilen sie einen kurzen Moment an diesem Ort. Sie schauen sich um, soweit es mit den wenigen Fackeln an der Wand möglich ist. Als Tammy-Sue, völlig außer Atem, ebenfalls an der Kreuzung ankommt, wird sie von ihrer Mutter gebeten, dass sie sich konzentrieren und umsehen soll. Da Tammy-Sue die besten Augen in der Gruppe besitzt, soll sie feststellen, ob es eine Lichtquelle oder etwas zu erkennen gibt, was auf einen Ausgang hindeutet.

Leider ohne Erfolg.

Dann ist es Emma, die etwas wahrnimmt.

»Spürt ihr auch diesen Luftzug? Ich kann eindeutig einen Luftzug spüren.«

Sie sieht die anderen Mitglieder ihrer Gruppe an und die versuchen nun etwas wahrzunehmen.

»Ich denke er kommt aus dem rechten Gang dort«, erklärt sie weiter.

»Ich merke gar nichts«, äußert Lucy und auch Benjamin und Felix zucken nur ratlos mit ihren Schultern.

Jedoch bleibt der Gruppe keine lange Zeit zum Überlegen. Denn, entgegen ihrer ursprünglichen Vermutung, sind die Stein-Linge durchaus in der Lage sich im Wasser fortzubewegen. So haben diejenigen, die ins Wasser gefallen sind, nun zu den Ärd-Lingen aufgeschlossen und beschießen sie mit ihren Steinen. Mechthild und Tammy-Sue sind die Ersten, die von den Geschossen getroffen und auch am Kopf verwundet werden. So ist es im Nu beschlossen, dass man Emmas Gefühl vertraut und den rechten Gang betritt. Bevor die Gruppe jedoch den engen und sehr dunklen Schacht anläuft, greifen sich Emma und Walter jeweils eine der Fackeln, die an der Wand angebracht sind, und führen so wenigstens etwas Licht in den dunklen Weg. Dieser riecht sehr, sehr modrig, ist sehr feucht und entsprechend glitschig sind der Boden und die Wände. Mehrfach rutschen die Ärd-Linge aus, fallen hin und müssen sich gegenseitig wieder auf die Beine helfen. Teilweise ist der Gang so niedrig, dass sich die Erwachsenen nicht aufrecht hinstellen können.

Nachdem sich die Gruppe etwa zwei Minuten lang durch den schmalen und engen Weg gekämpft hat, erreichen sie eine riesige Höhle. Diese ist durch eine tiefe Schlucht gekennzeichnet, welche sich unmittelbar an den Ausgang des Ganges anschließt. Fast wäre Felix runtergefallen, wenn er nicht reaktionsschnell von Benjamin gehalten worden wäre.

Rechts neben dem Ausgang verläuft der Abwasserkanal, der hier in einem tiefen Wasserfall endet.

Diese Höhle ist relativ gut beleuchtet.

Die Gruppe verteilt sich auf einem kleinen Plateau, welches sich links an den Weg anschließt, der in diesen Raum geführt hat. Lucy und Benjamin greifen sich zwei Fackeln, die sich an den Wänden befinden, und leuchten die Örtlichkeit zusammen mit Emma und Walter aus. Es handelt sich um eine gut und gerne 30 Meter hohe Höhle, an deren Boden sich ein kleiner See aus dem Abwasserkanal gebildet hat.

»Das Wasser aus dem See muss irgendwo hin abfließen«, stellt Emma fest.

»Ach was«, flüstert Lucy zu Benjamin und kichert leise. »Dafür hätte ich jetzt aber keinen Saphir der Weisheit gebraucht, um das festzustellen.«

Benjamin erwidert Lucy ein freches Grinsen.

»Dann müssen wir diesen Abfluss nur finden«, erklärt Felix mit erhobenem linken Arm und nimmt Emma ihre Fackel aus den Händen.

»Irgendwie müssen wir runter zum Wasser kommen«, äußert Walter und geht zusammen mit Felix den Rand der Schlucht ab.

Während die beiden Männer dies machen, kümmern sich Emma und Lucy um die Kopfverletzungen von Mechthild und Tammy-Sue. Die Mädchen entnehmen etwas Salbe und Verbandszeug aus Benjamins Rucksack und verbinden die Blutungen.

Zeitgleich spitzt sich die Situation für die Gruppe wieder zu. Denn der erste der Stein-Linge, der nicht ins Wasser gefallen ist, erreicht das Plateau und zieht seine Schleuder.

»Hierher! Kommt hierher! Hier ist der Weg nach unten!«, ruft Walter seinen Freunden zu.

Benjamin zieht Mechthild vom Boden hoch. Emma und Lucy stellen Tammy-Sue wieder auf die Beine. Sofort laufen sie zu Walter, der oben stehen bleibt, und alle an sich vorbei laufen lässt.

Mittlerweile sind es gut und gerne zehn feindliche Stein-Linge, welche die Plattform erreicht haben.

Während Walter nun Tammy-Sue folgt, die als Vorletzte den Weg nach unten angetreten hat, dreht er sich noch einmal um, und kann erkennen, dass die Stein-Linge über irgendetwas gestolpert und hingefallen sind. Einen Moment lang wundert sich der Familienvater über dieses Ereignis, schenkt ihm aber keine weitere Beachtung, da auch er sehen will, dass er schnellstmöglich unten am vermeidlich rettenden See ankommt.

Dieser Weg stellt sich allerdings als sehr viel gefährlicher heraus, als man es von oben herab hat erkennen können. Da der See kürzlich wohl noch einen sehr viel höheren Stand aufgewiesen hat, als heute, ist der Pfad, der die Gruppe zum Ufer des Wassers führt, an sehr vielen Stellen unterspült und deswegen sehr fragil. Häufig bricht er stückchenweise unter der Belastung von Mechthild oder Tammy-Sue zusammen. Diese können sich gerade noch so auf dem Weg halten, ohne mit den Gesteinsbrocken in dem kalten Abwassersee zu landen. Weiterhin lassen sich die Stein-Linge, vom Plateau herab, auf den Weg fallen, was zu weiteren Einstürzen des Pfades führt.

Immer wieder knallen die feindlichen Brocken kurz vor oder hinter der flüchtenden Gruppe auf den Boden und bringen diesen so zum Einsturz.

Dann ist plötzlich ein sehr lautes Rauschen zu vernehmen. Sofort bleiben alle stehen und lauschen.

Mit ängstlichem Blick schauen sich die Gruppenmitglieder untereinander an.

»Das verheißt nichts Gutes – gar nichts Gutes!«

Emma bestätigt Felix` Befürchtung und schon kann die Gruppe erkennen, woher dieses Rauschen kommt.

Die Stein-Linge haben die Hauptschleuse des Bergwerkes geöffnet und wollen so die Höhle bis zur Decke überschwemmen, damit Emma und ihre Begleiter darin ertrinken.

Aus dem Abwasserkanal und dem kleinen Gang, der die Gruppe hierher geführt hat, strömt das Wasser hektoliterweise. Sekündlich steigt das kühle Nass erst an die Füße der Gruppe, dann darüber hinaus, bis es letztlich wieder bis zum Plateau nach oben reicht.

Hektisch versuchen die Ärd-Linge einen Ausweg zu finden. Als schließlich nur noch ihre Köpfe zwischen dem Wasser und der Decke Platz finden, versucht Emma sich so sehr sie kann zu konzentrieren, um vielleicht eine Lösung für das Problem zu finden, was ihr allerdings nicht gelingt.

»Wir müssen abtauchen und versuchen den Ablauf zu finden. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht!«, ruft Walter und erhält von den anderen ein bestätigendes Nicken als Antwort.

Dann erreicht das Wasser die Decke und die Höhle ist gefüllt.

Die Gruppe taucht nach unten ab und versucht den Boden zu erreichen. Erst jetzt fällt Emma auf, dass die Fackeln, die sie mit sich führen, im Wasser nicht erlöschen, sondern weiterbrennen. Zwar hat sie großes Interesse daran, zu erfahren, wie dies möglich ist, jetzt ist aber nicht der Zeitpunkt, sich darüber Gedanken zu machen.

So tauchen alle im Licht der vier Fackeln nach unten hinab. Hier werden sie allerdings von den Stein-Lingen, die am Grund des Sees stehen, mit Steinen und Pfeilen beschossen.

Gerade als die Luft bei den Ärd-Lingen knapp wird, ist ein lauter Knall zu vernehmen und eine gigantische Druckwelle schießt durch das Wasser. Diese ist so stark, dass jeder Ärd- und Stein-Ling durch das Wasser gewirbelt wird, die Fackeln aus den Händen gerissen werden, und man die Orientierung verliert, wo man nun hinzutauchen hat. Zum Glück für Emma und ihre Freunde entsteht ein starker Sog, gegen den niemand in der Höhle anschwimmen kann. So ergibt sich der Weg, den man zu nehmen hat, von ganz alleine.

Diese starke Strömung ist aus der Tatsache entstanden, dass die Außenwand des Berges unter dem Druck des Wassers auseinandergebrochen ist. Somit fließt nun der gesamte Inhalt der Höhle nach draußen.

Gerade als Emma schon das Licht der Mittagssonne erkennen kann, erscheint der riesige Kopf des Steinwächters neben ihr, der versucht nach ihr zu beißen. Die Saphirträgerin erschreckt sich dermaßen, dass sie ihren Mund weit aufreist und nach Sauerstoff schnappt. Ihre Hände wandern an ihren Hals und sie versucht sich selbst die Luft abzuschnüren, damit sie nicht ertrinkt. Der Reflex, mehr Luft in ihren Körper aufzunehmen, lässt sich jetzt aber nicht mehr aufhalten und so fließt immer mehr Wasser in die Lunge und den Körper der 12-jährigen. Als sie dann endlich auf der Lichtung vor dem Berg, auf durchweichten, aber dennoch „festen" Boden stößt, ist es Felix, der am schnellsten reagiert. Während sich alle anderen noch auf allen Vieren von ihrer Flucht aus dem Bergwerk erholen und ihrerseits Wasser aus ihren Körpern entweichen lassen, setzt er sich auf Emmas Beine und beginnt auf ihre Lunge zu drücken. Emmas Gesicht färbt sich schon bläulich, als sich die anderen Mitglieder ihrer Gruppe, die alle halbwegs glimpflich nach draußen gespült worden sind, um die beiden Jugendlichen verteilen, und entsetzt zusehen, wie der 15-jährige verzweifelt und aufgeregt versucht, die Saphirträgerin wieder zu Bewusstsein zu bringen. Gerade als Walter Felix beiseite stößt, um Emma selbst zu helfen, gibt es einen starken Schlag gegen den Bauch der jungen Dame und diese stößt einen enormen Schwall Wasser aus ihrem Mund heraus. Sie kommt wieder zu sich und spuckt weitere Flüssigkeit aus. Felix und Walter beugen sich zu ihr herunter. Der Junge neigt sich vor sie, während Mechthilds Ehemann ihr kräftig auf den Rücken klopft, damit auch der letzte Tropfen Wasser aus ihr herauslaufen kann.

Nach einer längeren Weile hat sich Emmas Lunge wieder vollständig entleert und sie kann wieder normal Luft bekommen. Zitternd, und mit Tränen in den Augen, umarmt sie Felix und drückt ihn so fest sie kann an sich.

Walter steht derweil auf und betrachtet sich die anderen Mitglieder seiner Gruppe. Alle sind soweit wohl auf.

Dann erschüttert das schrille Geschrei des Steinwächters das weite Rund. Allerdings bläst das Urtier nicht zum Angriff, sondern läuft zurück in den dunklen Berg.

Hektisch sieht sich Walter um.

»Was ist?«, will Benjamin wissen.

»Die Stein-Linge. Wo sind die Stein-Linge?«

Dies interessiert jetzt auch die anderen. Alle schauen schnell suchend umher, können aber keine Linge entdecken.

»Sie müssen doch auch rausgespült worden sein!«, bemerkt Mechthild.

Tammy-Sue lässt ihren geschärften Blick wandern. Felix kann erkennen, dass sie kurz ins Stocken gerät, als sie in der Ferne an eine kleine Gruppe von Bäumen schaut.

»Siehst du was?«, will Walter wissen.

»Nein – ich kann nichts entdecken, Papa«, erwidert die Tochter.

»Wir müssen aufbrechen. Wir müssen zusehen, dass wir so schnell wie möglich von hier wegkommen. Hier sind wir alles andere als sicher«, sagt der Vater.

»Kennst du den Weg?«, erkundigt sich Emma. Walter will nach seinem Rucksack greifen, als ihm einfällt, dass er ihn eben auf der Flucht fallen ließ. Erneut schaut er sich um, damit er seinen Beutel eventuell finden kann. Jedoch ohne Erfolg.

»Wir sollten dem Fluss folgen«, rät Mechthild. »Soweit ich weiß, erreichen wir so das Dorf der Waldstein-Linge wieder. Dort können wir uns dann über Nacht ausruhen, bevor wir uns morgen auf den Weg in unser Lager machen, bis wir den zweiten Stein finden können.«

»Geht's wieder, Emma?«, will Walter wissen.

»Ja«, sie hält sich beide Arme vor den Bauch, »ich habe nur so starke Bauchschmerzen.«

»Genau, du hast eben einen Schlag auf den Bauch bekommen. Wo kam der denn her?«, erkundigt sich Felix neugierig.

»Das war ich!«, ruft plötzlich jemand mit heller Stimme und einen Augenblick später wird Sepp sichtbar.

»Sepp!«, freut sich Emma und hält sich dabei ihren Bauch fest. »An dich habe ich schon gar nicht mehr gedacht! Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?«

»Sepp hat sich gekümmert. Um Emma Wilks und ihre Freunde. Sepp hat Schnur gespannt, damit böse, feindliche Stein-Linge bei Verfolgung auf Plateau hinfallen. Sepp hat Emma auf Bauch gesprungen, damit Emma Wasser entweichen lassen kann.«

Während der Tarn-Ling wild und freudig von einem Bein auf das andere hüpft, steht Emma auf und umarmt ihren Retter. Dieser hält einen Moment lang inne, wird aber direkt wieder unsichtbar.

»Emma und ihre Freunde müssen weiter. Schnell weiter. Sonst kommen Stein-Linge wieder und töten Emma Wilks«, führt Sepp hektisch aus und greift sich die Hand der Saphirträgerin.

Er führt sie zum Ufer des kleinen Flusses, der aus dem Abwasserkanal entspringt.