Enthüllt - Lisa Renee Jones - E-Book

Enthüllt E-Book

Lisa Renee Jones

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Beschreibung

Ein Geheimnis - Tausend Gefahren. Eine Liebe - Tausend Gefühle. Amy's Secret. Sechs lange Jahre war Amy auf der Flucht, erfüllt von Angst und Schmerz. Bis zu dem Tag an, an dem sie Liam Stone traf, der für sie so viel mehr bedeutet als Geld und Macht. Er bedeutet Leidenschaft. Er bedeutet Freundschaft. Er bedeutet Liebe und Glück, und er ist derjenige, der ihre Feinde besiegte. Mit seiner Hilfe ist die Gefahr gebannt und die Flucht hat endlich ein Ende. Jetzt beginnt ihr gemeinsames Leben. Der Albtraum ist zu Ende. Es sei denn...

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Seitenzahl: 230

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Einleitung

Teil eins: Illusion

Teil zwei: Sicherheit

Teil drei: Albträume

Teil vier: Neuanfänge

Teil fünf: Sei mutig oder bleib zu Hause

Teil sechs: Die Umkleidekabine

Teil sieben: Kontrolle

Teil acht: Der Besuch

Teil neun: Es ist nicht alles so, wie es scheint

Teil zehn: Abschluss

Teil elf: Unerwartet

Teil zwölf: Liebe

Bonus

1. Figurenprofile

2. Exklusive Szene aus Entfesselt aus Gias Sicht

Über dieses Buch

Sechs lange Jahre war Amy auf der Flucht, erfüllt von Angst und Schmerz. Bis zu dem Tag an, an dem sie Liam Stone traf, der für sie so viel mehr bedeutet als Geld und Macht. Er bedeutet Leidenschaft. Er bedeutet Freundschaft. Er bedeutet Liebe und Glück, und er ist derjenige, der ihre Feinde besiegte. Mit seiner Hilfe ist die Gefahr gebannt und die Flucht hat endlich ein Ende. Jetzt beginnt ihr gemeinsames Leben. Der Albtraum ist zu Ende. Es sei denn …

Plus exklusiver Bonus-Szene von »Entfesselt« aus Gias Sicht!

Über die Autorin

Lisa Renee Jones lebt derzeit in Colorado Springs. Sie veröffentlichte in den USA bereits über 40 Bücher und wurde mehrfach mit dem Genrepreis ausgezeichnet. Ihre Titel erscheinen regelmäßig auf den Bestseller-Listen der New York Times und der USA Today.

LISA RENEE JONES

AMY’S SECRET

Enthüllt

Aus dem amerikanischen Englischenvon Kerstin Fricke

beHEARTBEAT

Digitale Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Titel der Originalausgabe: »Unbroken« (The Secret Life of Amy Bensen)

Copyright © 2015 by Julie Patra Publishing

Für die deutsche Ausgabe

Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Mona Gabriel

Projektmanagement: Esther Madaler

Umschlaggestaltung: Umschlaggestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von Motiven © shutterstock: Kate1559 | Razumovskaya Marina Nikolaevna

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-2513-3

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Ehe, die:Zwei Menschen, die sich ewige Liebe schwören und versprechen, dass sie einander ewig beschützen wollen, was durch einen Ring symbolisiert wird.

Ehemann, der:Besitzt zahlreiche männliche Tugenden, die er einsetzt, um seine Frau zu verführen, ihr Lust zu bereiten, sie zu beschützen und dafür zu sorgen, dass das Band zu ihr niemals zerbricht.

Ehefrau, die:

Teil eins:Illusion

Ein schimmernder schwarzer Sarg steht einige Meter vor uns, und ein Baldachin schützt uns notdürftig vor dem kalten Dezemberwetter in Texas. Ich trage ein schwarzes Kleid und einen Regenmantel, wie es für einen regnerischen Donnerstag, an dem einem das Herz aus dem Leib gerissen wird, passend ist. Tellar, mein Bodyguard und Freund, steht zu meiner Linken, während Liam, der Mann, den ich von ganzem Herzen liebe, rechts neben mir steht und mir einen Arm um die Taille gelegt hat, um mich zu stützen. Dennoch schwanke ich und habe wacklige Beine, sodass mir Tellar eine Hand auf den Ellenbogen legt. Meine Augen brennen, da diese Berührung fast schon brüderlich ist und weit über seine professionellen Pflichten als mein Beschützer hinausgeht. Außerdem erinnert mich das an den Bruder, den ich verloren habe.

Wir sind allein. Die überraschend große Menschenmenge hat sich aufgelöst, aber darunter waren auch Freunde meiner lange verlorenen Familie; Gelehrte, die die Arbeit meiner Eltern bewundern, Schatzjäger, die meinen Bruder gekannt haben, und Bürger von Jasmine Heights, der Stadt, die einst mein Zuhause gewesen ist. Dank des Tagebuchs, das Chad an der Unfallstelle hinterlassen hat und das alle schmutzigen Details über unsere Vergangenheit enthält, kennen sie mich heute alle wieder eher als Lara denn als Amy. Er hat in diesem Tagebuch Dinge über mich verraten und wie er mich zu meinem Schutz versteckt und in dem Glauben gelassen hat, er wäre tot.

Es donnert laut, aber ich zucke nicht zusammen. Vielleicht liegt es daran, dass in meinem Kopf und meinem Herzen ebenfalls unzählige Explosionen geschehen. Was macht da eine weitere schon aus? Da ich mir bewusst bin, dass wir immer beobachtet werden, wappne ich mich und rechne mit neugierigen Blicken, als ich mich von Liam und Tellar entferne. Langsam trete ich neben den Sarg, der während der gesamten Trauerfeier geschlossen war, ziehe einen Handschuh aus und drücke die bloße Hand gegen das glänzende Holz. Eine Eiseskälte, die eher darauf beruht, dass ich meinen Bruder verloren habe, als auf den Wetterbedingungen, dringt durch meine Handfläche und bis tief in meine Knochen. Mich beruhigt allein die Tatsache, dass meine Beschützer sofort neben mir erscheinen und mich mit ihren breiten Körpern vor dem Wind und dem Regen abschirmen.

»Amy«, sagt Liam leise. »Du weißt, dass das …«

»Ich weiß, was das ist«, flüstere ich und lege den Kopf schief, um ihn anzusehen. Die Sorge in seinen durchdringenden wasserblauen Augen lässt eine Verbundenheit zwischen uns entstehen, die ich brauche. »Wirklich«, füge ich hinzu, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich das für ihn oder für mich tue. »Aber für mich fühlt es sich trotzdem in vielerlei Hinsicht echt an.«

Er nimmt meine Hand und führt meine Fingerknöchel an seine Lippen, um einen Augenblick so zu verweilen. »Lass uns nach Hause fahren.«

»Nach Hause?«, murmele ich, und dieses Wort wirkt bittersüß auf mein schmerzendes Herz. Seit dem Tag, an dem meine Eltern nur wenige Kilometer von dieser Stelle entfernt bei einem Brand ums Leben gekommen sind, hat es für mich keinen Ort mehr gegeben, der ein Zuhause gewesen ist.

»Ja«, beharrt Liam. »Nach Hause.« Er streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die an meinen Lippen kleben geblieben ist, und diese beiläufige sanfte Geste bewirkt auf eine Art und Weise, zu der nur Liam fähig ist, dass ich mich wie etwas Besonderes fühle. »Und falls du das nicht wissen solltest«, setzt er hinzu, »ist für mich jeder Ort mein Zuhause, an dem du bist.«

Auch wenn ich geglaubt hatte, schon während der Trauerfeier mehr als genug geweint zu haben, steigen mir erneut Tränen in die Augen. »Ich liebe dich, Liam Stone.«

»Ich liebe dich auch, Baby. Mehr als mein Leben. Aber jetzt sollten wir dafür sorgen, dass du aus dem Regen und der Kälte rauskommst.«

Ich nicke und lasse mich vom Sarg wegführen, da ich Angst habe, endgültig zusammenzubrechen, wenn ich ihn noch ein Mal ansehe. Liam zieht mir die Kapuze meines Mantels über den Kopf, und Tellar spannt einen Regenschirm auf und hält ihn über mich. Kalte Regentropfen fallen auf uns herab, als wir unter dem Baldachin hervortreten, aber ich gehe dennoch langsam weiter, während mir mehr und mehr bewusst wird, dass dies ein Abschied für immer ist.

Als wir zu der schwarzen Limousine kommen, die wir gemietet haben, hält mir Liam die hintere Tür auf, und ich steige ein. Er setzt sich neben mich, und Tellar schließt die Tür, woraufhin mir das Wageninnere kleiner vorkommt, als es eigentlich ist. Ich schiebe die Kapuze vom Kopf und ziehe meinen nassen Mantel aus, während Liam dasselbe tut. Wir legen die Mäntel an die Türen und rücken in der Sitzmitte zusammen. Dort drehe ich mich zu Liam um und streiche ihm die Regentropfen aus dem nassen Haar. »Du bist klitschnass.«

Er legt eine Hand auf meine, und mir gefällt, wie ich mich dabei fühle: als würde er mich festhalten und nie mehr loslassen. »Wir werden das gemeinsam durchstehen.«

Verdammt, mir kommen schon wieder die Tränen, dabei habe ich mir doch so große Mühe gegeben, stark zu bleiben. Aber Liam ist da und rettet mich auf wundervolle Weise, indem er mich in die Arme nimmt und an seine warme Brust drückt. Ich lasse mich dagegen sinken, schiebe die Finger unter sein schwarzes Jackett und kämpfe nicht länger gegen die Flut der Gefühle an, die in mir toben. Liam scheint es zu verstehen, da er mich nur festhält und abwartet, wobei er mir in den richtigen Augenblicken beruhigende Worte zuraunt. Dieses Verständnis für das, was ich brauche, steht im krassen Gegensatz dazu, wie er allen anderen gegenüber auftritt. Dieser Mann ist nach außen hin ein mächtiges Alphatier, aber auch sensibel genug, um zu wissen, dass es nicht immer funktioniert, wie ein Bulle auf alles loszugehen.

Schließlich ebbt der Ansturm der Gefühle zu einem dumpfen Pochen in meiner Brust ab, die Tränen versiegen, und ich spüre Liams Herzschlag ruhig und gleichmäßig unter meiner Hand. Der Wagen bewegt sich sicher durch den Straßenverkehr, und ich habe nicht einmal gemerkt, dass wir losgefahren sind. Die Zeit steht still, aber in meinem Kopf geht alles durcheinander. Ich gehe jede Sekunde des letzten Abschieds von Chad in dem sicheren Haus in den Hamptons noch einmal durch.

Zum hundertsten Mal denke ich daran, wie es sich angefühlt hat, ihn zu umarmen, und dann halten wir auch schon auf der Landebahn. In der Dämmerung wartet ein Privatjet auf uns. Ich werfe einen Blick auf Liams Rolex und frage mich, ob ich mehr Zeit verloren habe, als mir bewusst ist, doch es ist gerade mal siebzehn Uhr. Tellar hält uns die Tür auf und hat einen Regenschirm aufgespannt, und wir steigen aus und stehen in einem Wolkenbruch. Liam nimmt den Schirm und versucht, mich zu schützen, aber der Regen ist nichts im Vergleich zu dem heftigen Regenguss während der Beerdigung. Wir hasten die Stufen hinauf und in den kleinen Jet, wo wir uns des Regenschirms und unserer Mäntel entledigen. Liam geht zum Cockpit, um mit dem Piloten zu reden, während ich durch den Mittelgang zwischen den Ledercouchs weiter nach hinten laufe. Wie auf dem Hinflug wird Tellar heute Abend hier sitzen, daher suche ich mir einen Platz im hinteren Teil der Kabine, wo ich meine Ruhe haben werde.

Ich ignoriere die Couch zu meiner Linken und nehme den Fensterplatz rechts in Beschlag, auf dem ich ebenfalls zuvor schon gesessen habe. Als ich mich gerade anschnalle, taucht Liam auf und zieht den Vorhang zwischen uns und dem vorderen Kabinenteil zu. Wortlos setzt er sich neben mich und holt seinen Laptop aus dem Aktenkoffer, den er unter den Sitz geschoben hatte.

»Was hast du vor?«, frage ich, als er den Tisch aus der Armlehne ausklappt und schnell seinen Computer hochfährt, um ein Skype-Gespräch zu beginnen. »Heben wir nicht gleich ab?«

»Ich rufe Chad an.«

Ich drücke seinen Laptop wieder zu. »Nein. Bitte. Ich möchte jetzt nicht mit ihm reden.«

Er sieht mich an, und in seiner Miene lese ich Entschlossenheit. »Du brauchst …«

»Dich«, flüstere ich. »Im Moment brauche ich nur dich.«

Sein Blick wird sanfter, und er schiebt den Laptop wieder unter den Sitz, klappt den Tisch ein und nimmt mich in den Arm. »Du trauerst um ihn, als ob er wirklich gestorben wäre. Aber er ist am Leben, Amy.«

»Und er ist weg.«

»Er ist nicht weg.«

»So wie er die letzten sechs Jahre nicht weg gewesen ist?«, entgegne ich herausfordernd. »Ich weiß, wie groß diese Sache ist, mit der wir es zu tun haben, Liam. Dieser Zylinder ist ein Wunder, das zu einer Katastrophe werden könnte. Wie sollte man etwas, das so klein ist wie ein Radiergummi und die ganze Welt mit sauberer Energie versorgen, gleichzeitig aber auch ganze Wirtschaftszweige zum Einsturz bringen und Diktatoren erschaffen kann, auch sonst nennen?«

»Das ist genau der Grund, aus dem er die Welt glauben lassen will, der Zylinder wäre bei seinem Tod vernichtet worden.«

»Und aus diesem Grund wird er es auch nicht riskieren, sich mit mir zu treffen und uns wieder in Gefahr zu bringen. Ich kenne dich, Liam Stone. Du wirst das ebenfalls nicht zulassen. Ich will doch nur … Die letzten zweiundsiebzig Stunden, seitdem er uns gestanden hat, worum es hierbei eigentlich geht, waren das reinste Chaos. Aber ich glaube nicht, dass er das tun musste. Dass er diesen Kreis aus Vertrauenspersonen geschaffen hat, müsste eigentlich ausreichen, um uns zu schützen. Zwölf Menschen, die je einen Teil der Karte besitzen, die zu dem Zylinder führt, sowie Hinweise, wie sie einen der anderen finden können. Wir haben Vorschläge gemacht, aber ich weiß nicht, wen er letztendlich ausgewählt hat, Liam. Chad hat mir geschworen, dass er unter falschem Namen an sie herangetreten ist. Aber ich begreife einfach nicht, wieso all das zu dem geführt hat, was bis heute passiert ist.«

Er presst die Lippen aufeinander. »Genau dasselbe habe ich ihn auch vor drei Tagen gefragt, als er mich gebeten hat, diese Bombe bei dir platzen zu lassen.«

»Und was hat er geantwortet?«

»Dass zu viele Menschen uns mit ihm in Verbindung bringen, als dass es noch sicher wäre«, erklärt er mir. »Es ist wichtig, dass all diese Leute glauben, dass er weg ist und dass er uns sein Geheimnis nie anvertraut hat.«

»Aber alle, die meine Familie umgebracht haben und uns all die Jahre gejagt haben, sitzen im Gefängnis.«

»Die Leute, die Chad angeheuert hatten, um den Zylinder zu finden, sitzen hinter Gittern, das stimmt. Aber Jared, Chads früherer Freund, und Meg, die mit ihm ins Bett gegangen ist, sind beide untergetaucht, und keiner weiß, wo sie sich momentan aufhalten.«

Jeder, dem mein Bruder vertraut hat, hat ihn verraten. Gerade deshalb weiß ich das Vertrauen zwischen mir und Liam umso mehr zu schätzen. »Jared wurde von den Chinesen gefangen genommen, als wir ihnen den falschen Prototyp ausgehändigt haben.«

»Möglicherweise hat er ihnen unsere Geheimnisse versprochen, wenn sie ihn freilassen. Er hat uns verraten, und wir können ihm nicht trauen.«

»Er kennt unsere Geheimnisse nicht.«

»Das wissen sie nicht, Amy. Der Knackpunkt hier ist genau der, den ich dir bereits genannt habe: Chad glaubte, dass uns zu viele Leute mit ihm in Verbindung bringen und dass es nicht mehr sicher ist. Sein Ziel ist es, sie davon zu überzeugen, dass wir überhaupt nichts wissen.«

Irgendwie fühle ich mich dadurch verraten, aber damit muss ich jetzt wohl fertig werden. »Und da er all das von dem Augenblick an, in dem er diesen Kreis vorgeschlagen hat, wusste, hat er seinen Tod offensichtlich von Anfang an geplant.«

»Es sieht ganz danach aus.«

»Er hätte ehrlich zu uns sein müssen.«

»Das habe ich ihm auch gesagt.«

»Was hatte er zu seiner Verteidigung zu sagen? Oder wollte er sich nicht einmal rechtfertigen?«

»Er wollte sich nicht mit dir streiten«, gibt er mit grimmigem Gesichtsausdruck zu.

Ich schüttle den Kopf. »Ich hätte mich doch gar nicht mit ihm gestritten. Das wäre doch lächerlich gewesen! Wenn er kein Teil meines Lebens sein möchte, warum kämpfe ich dann so hart darum, ihn darin zu behalten?«

»Amy«, sagt Liam mit sanfterer Stimme, »Baby. Ich weiß, dass es wehtut, aber das hier ist nicht wie beim letzten Mal. Er hat seinen Tod nicht vorgetäuscht und dich glauben lassen, er wäre nicht mehr am Leben, so wie er es vor sechs Jahren getan hat.«

»Weil ich damit gerechnet habe, dass er es tut, und nach ihm gesucht hätte, wenn er es getan hätte. Er ist nicht dumm, Liam. Er hat das alles gewusst und musste dafür sorgen, dass ich nichts Unüberlegtes tue.«

Seine Miene verfinstert sich, und auch wenn ich mir wünsche, dass er sagt, ich würde mich irren, tut er es nicht. »Er ist nicht weg«, erwidert er stattdessen. »Ruf ihn an. Wenn du seine Stimme hörst, weißt du wenigstens mit Gewissheit, dass es nicht so ist wie beim letzten Mal.«

»Aber wenn ich ihn jetzt anrufe und er nicht rangeht, dann werde ich mir den restlichen Flug über Sorgen machen, dass ich ihn nie wiedersehen und nie mehr mit ihm reden kann. Und falls er doch rangeht, dann weiß ich nicht, was ich ihm sagen soll.«

»Sag ihm, was du empfindest.«

»Ja, klar, weil es bestimmt sehr hilfreich wäre, ihn anzuschreien.«

»Ich denke, Schreien wäre akzeptabel.« Das Dröhnen des Antriebs wird lauter, und das Flugzeug setzt sich in Bewegung. Liam hebt eine Hand, die ich umklammere, wie ich erst jetzt merke, und küsst die meine. »Der Pilot meinte, es könnte ein recht holpriger Start werden. Wir sollten uns anschnallen.«

Ich nicke und lasse ihn widerstrebend los, da ich eigentlich den Drang verspüre, ihn bis in alle Ewigkeit festzuhalten. Ein Teil von mir befürchtet fast, er könne ebenfalls verschwinden, so wie es jeder andere Mensch in meinem Leben auch getan hat. Dieser Gedanke ist unerträglich und ruft mir das Bild dieses schaurigen Sargs wieder ins Gedächtnis. Chads Zukunft hätte genauso gut so aussehen können, und ich frage mich, ob ich dann jemals davon erfahren hätte. Diese Vorstellung erschüttert mich noch mehr, und ich versuche, mich anzuschnallen. Liam macht es sich auf seinem Sitz bequem und muss mein Zittern dann bemerkt haben, da er den Arm ausstreckt, meinen Gurt befestigt und eine Hand auf meine legt. »Beruhige dich, Baby.«

Ich schlucke schwer. »Es … Es war einfach ein anstrengender Tag.«

»Ich weiß. Denk an das, was Dr. Murphy gesagt hat. Immer schön tief einatmen.«

Also hole ich tief Luft, stoße sie wieder aus und hoffe, dass ich mich wieder beruhige. »Ja. Tief einatmen. Es geht mir gut.«

»Ich bin hier und gehe nirgendwohin. Ich bin bei dir, Baby.«

Es schnürt mir den Brustkorb zu, und meine Gefühle drohen, mich zu übermannen. »Und ich bin bei dir«, erwidere ich, denn auch wenn Liam ein dominanter Alphamann ist, gibt es einen Teil in ihm, der gebrochen ist. Und dieser Teil versteht mich und passt genau zu dem zerbrochenen Teil in mir.

Sein Blick ist liebevoll, als er mich ansieht, und er beugt sich vor und legt die Finger einer Hand unter mein Kinn. »Wir haben einander«, verspricht er mir, küsst mich sanft und hinterlässt ein kribbelndes, warmes Gefühl auf meinen Lippen, das meinen Schmerz ein wenig lindert. Doch im nächsten Augenblick macht das Flugzeug einen Ruck, sodass wir heftig durchgeschüttelt und in die Realität zurückgeholt werden. Liam muss sich auf seinen Sitz zurückziehen.

Lächerlicherweise kommt mir der schmale Zwischenraum zwischen uns so riesig vor wie der Berg, der meine Feinde und Ängste verkörpert. Am liebsten hätte ich eine Hand nach Liam ausgestreckt, ihn wieder an mich gezogen und mich in seiner Stärke und Ruhe verloren, aber das Flugzeug wird so heftig durchgeschüttelt, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. Wir heben vom Boden ab, und das Ruckeln geht weiter, aber es ist nichts im Vergleich zu dem Zittern in meinem Inneren. Die Turbulenzen gehen noch einige Minuten lang weiter und nehmen langsam ab, während rings um uns herum weiterhin Blitze zu sehen sind, die das Flugzeug zu treffen scheinen. Ich bin seltsamerweise sehr ruhig, obwohl die Absturzgefahr groß ist, und kann nichts anderes denken als: Wir werden nicht sterben, weil ich hier bin. Ich sterbe nicht. Es sterben nur alle um mich herum.

Als hätte er mich gehört und wollte mir versichern, dass er wirklich nicht von meiner Seite weicht, schnallt sich Liam los und rückt näher. Er zieht mich auf die Beine, setzt sich auf meinen Platz und drückt mich auf seinen Schoß, so wie er es in der Nacht getan hat, in der er mich gefunden hat, nachdem ich vor ihm weggelaufen war. Ich lasse mich an seine Brust sinken, atme den männlichen Geruch ein, der mich in einem Moment erregt und im nächsten beruhigt, und lege den Kopf auf seine Schulter. Mir schießt durch den Kopf, dass ich mich in jener Nacht gefragt habe, ob mich die Leser für eine Närrin halten würden, weil ich Liam vertraue, wenn mein Leben ein Buch wäre. Jetzt wüsste ich gern, ob sie mich für egoistisch halten würden, weil ich bei ihm bleibe und ihn dazu zwinge, sich mit meinen Problemen zu beschäftigen.

***

»Amy.«

Liams tiefe Stimme weckt mich, und ich blinzle, bis ich ihn klar erkennen kann. Er kniet vor mir. Ich bin völlig desorientiert und auch erschrocken, weil ich anscheinend tief und fest geschlafen habe. Irgendwann während des Flugs muss mich Liam auf die Couch gegenüber von unseren Sitzen gelegt, mich zugedeckt und mir ein Kissen unter den Kopf geschoben haben. »Wie lange habe ich geschlafen?«

»Den ganzen Flug. Wir landen gleich.«

Benommen setze ich mich auf, recke mich und bemerke erst jetzt, dass er sein Jackett nicht mehr trägt, die Krawatte gelockert und mehrere Hemdknöpfe geöffnet hat. »Hast du auch geschlafen?«

»Ich schlafe, wenn wir zu Hause sind«, sagt er und führt mich zu unseren Sitzen zurück. Wir schnallen uns beide an, da das Flugzeug schon zum Landeanflug angesetzt hat.

Etwas an der Art, wie er meinem Blick ausweicht und den Rücken stocksteif hält, irritiert mich. »Du musst doch erschöpft sein. Wir sind heute schon sehr früh aus den Hamptons aufgebrochen, um zu der Beerdigung in Texas zu fliegen.«

Bevor er etwas antworten kann, setzt der Flieger auf der Landebahn auf, und der Lärm unterbindet jede Unterhaltung. Sobald es wieder leiser wird, klingelt auch schon sein Telefon, und alle Alarmsirenen in meinem Körper gehen los. Ich werde augenblicklich nervös, halte den Atem an und sehe zu, wie er das Handy aus der Tasche holt. Ich befürchte, dass es Chad sein könnte. Dann müsste ich mit ihm reden. Gleichzeitig fürchte ich mich aber auch davor, dass er es nicht ist. Liam starrt auf das Display, schneidet eine Grimasse und nimmt den Anruf an. »Warum rufst du mich an, obwohl wir uns im gleichen Flieger befinden, Tellar?«

Ich stoße die Luft aus und bin enttäuscht, erleichtert und wütend auf Chad. Doch das führt nur dazu, dass ich mich über mich selbst ärgere. Warum mache ich mir so viele Gedanken wegen eines Bruders, der mich nicht in seinem Leben haben will?

»Ja«, sagt Liam ins Handy und wirft mir einen amüsierten Blick zu. Die seltsame Stimmung, die gerade noch von ihm auszugehen schien, ist wie weggeblasen, als er hinzufügt: »Wir sind wach und vorzeigbar. Und du solltest damit rechnen, dass dir Amy für diese Bemerkung den Kopf abreißt.«

»Allerdings«, bestätige ich mit wütendem Blick. »Und dir auch, Liam Stone, weil du deswegen gelacht hast.«

Unbeeindruckt amüsiert sich Liam weiter, legt auf und gibt mir einen Kuss auf die Wange. »Ich werde mich mal vergewissern, dass unser Wagen bereitsteht.« Er öffnet seinen Sicherheitsgurt und verschwindet schnell hinter dem Vorhang, und es kommt mir seltsamerweise so vor, als versuche er zu entkommen. Aber wovor? Vor mir? Oder vor etwas, das er mir nicht sagen will? Oh Gott. Geht es um Chad? Stimmt etwas nicht mit ihm, und ich habe ihn dennoch gerade innerlich ausgeschimpft?

Ich schnalle mich ebenfalls ab, springe auf und eile durch den geöffneten Vorhang, hinter dem Liam und Tellar stehen und mit gesenkten Köpfen in eine Unterhaltung vertieft sind.

»Liam«, sage ich, und beide Männer sehen mich an. »Stimmt etwas nicht?« Er entfernt sich von Tellar und kommt mir entgegen. »Geht es Chad gut?«, frage ich, als er vor mir stehen bleibt, und lege ihm eine Hand flach auf die Brust.

»Ich habe nicht mit Chad gesprochen«, antwortet er, »und du hast mir gesagt, dass du auch nicht mit ihm reden willst. Wir können es aber gern jetzt versuchen.« Er greift nach seinem Handy.

»Nein.« Ich halte seinen Arm fest, um ihn am Telefonieren zu hindern. »Nicht jetzt.« Fragend mustere ich seine undurchdringliche Miene. »Was verschweigst du mir, Liam Stone?«

Er legt mir die Hände auf die Wangen. »Es ist alles in Ordnung. Du musst dir keine Sorgen machen, ganz im Gegenteil. Aber mir ist klar, dass du das heute noch nicht begreifen kannst.«

»Wie meinst du das?«

»Wir müssen uns nicht mehr verstecken, Amy. Wir müssen nicht irgendwo untertauchen. Tellar hat dafür gesorgt, dass unsere Sachen hierhergebracht werden und …«

»Du hast recht. Nach Chads Ankündigung kann ich keine weiteren Überraschungen gebrauchen. Das hättest du mir sagen sollen, bevor wir in Texas losgeflogen sind.« Ich packe das Revers seines Jacketts. »Ich bin noch nicht bereit dafür, Liam. Wir sind nicht darauf eingestellt. Und wir können uns nicht darauf verlassen, dass es sicher ist.«

»Wenn ich nicht davon überzeugt wäre, wären wir nicht hier. Und wenn wir uns weiterhin verstecken, sieht es nur so aus, als ob wir Geheimnisse hätten.«

»Ist es denn nicht irgendwie auffällig, dass Chad zufälligerweise einen feuerfesten Ordner in seinem Rucksack hatte?«

»Nicht wenn wir wissen, was uns die Polizei nicht erzählt hat. Er hat Daten über eine defekte Version des Zylinders darin platziert.«

»Was bedeutet, dass jemand kommen und uns weitere Fragen stellen wird.«

»Natürlich wird das passieren – daher dürfen wir niemandem einen Grund zu der Annahme geben, dass wir etwas zu verbergen hätten. Es wird Zeit, wieder am Leben teilzunehmen.«

Ich senke die Lider und werde von Schmerz und Wut geschüttelt, auch wenn mir nicht einmal klar ist, wogegen sich all das richtet. Gegen Chad? Gegen die Vergangenheit? Ich weiß es einfach nicht. »Das ist alles zu viel für mich, um es an einem Tag zu verkraften.«

»Du hast Angst, und die letzten sechs Jahre waren auch Grund genug, sich zu fürchten. Du musstest dich in der Vergangenheit immer verstecken, aber das ist jetzt vorbei.« Er hält inne, als ich nicht reagiere. »Sieh mich an, Amy.« Ich hole tief Luft, stoße sie wieder aus und hebe langsam den Blick, als seine Stimme sanfter wird. »Lass uns unser gemeinsames Leben beginnen.«

Der Griff meiner verkrampften Finger lockert sich. »Das wünsche ich mir so sehr. Du weißt, dass es so ist, aber es fällt mir schwer zu glauben, dass es wirklich vorbei ist. Das Weglaufen, Verstecken, ständig über die Schulter sehen, das ist alles, was ich die letzten Jahre gekannt habe, und ich dachte, es würde immer so weitergehen.«

»Ich werde dafür sorgen, dass dein Leben ab sofort aus sehr vielen anderen Dingen besteht, Baby. Das verspreche ich dir.«

»Der Wagen ist da!«, ruft Tellar.

Liam sieht mich fragend an. »Fahren wir nach Hause?«

»Nach Hause«, wiederhole ich, und dieses Wort kommt mir sehr ungewohnt über die Lippen.

»Ja.« Er streicht mir über das Haar. »Nach Hause, Baby. Aber eines solltest du wissen: Wir können leben, wo immer du möchtest. Wir können das Restaurant kaufen und das Haus, in dem du mit deiner Familie gelebt hast, wieder aufbauen.«

»Du willst ganz bestimmt nicht in einer Kleinstadt wie Jasmine Heights leben, und ich lege keinen Wert auf diese Erinnerungen.«

»Dann lass uns reisen und uns die Pyramiden in Ägypten und Mexiko ansehen. Von mir aus können wir auch in Zelten wohnen. Ich will damit sagen, dass ich mich überall zu Hause fühlen werde, solange wir zusammen sind.«

Die Vorstellung von Freiheit und einem Zuhause, das ich mir zusammen mit Liam aussuche, ist surreal, nachdem ich so viele Jahre allein in diesem winzigen Apartment gehaust habe. »Ich mag dein Haus in Manhattan. Mir gefällt die Stadt. In den sechs Jahren, die ich dort gelebt habe, ist sie mir vertraut geworden, und ich fühle mich dort wohl. Lass uns dort bleiben.«

»Es ist nicht mein Haus in Manhattan, es ist unser Haus. Unser Zuhause.« Ich nicke, aber er schüttelt den Kopf. »Das reicht mir nicht. Sprich es aus: unser Haus. Unser Zuhause.«

Bei seiner Beharrlichkeit zieht sich mein Brustkorb zusammen. »Unser Haus«, wiederhole ich. »Unser Zuhause.«

Er lächelt und gibt mir einen Kuss auf die Stirn, um mich dann zu unseren Sitzen zu führen, damit wir unsere Sachen zusammensuchen können. Ich bin noch immer zögerlich, weil wir in diese Stadt zurückkehren, auch wenn mir Liam versichert hat, dass uns nichts passieren kann. Ich gehe wieder nach vorn, wo wir unsere Mäntel nehmen und ich neben Liam und direkt hinter Tellar die Stufen hinuntergehe. Erleichtert stelle ich fest, dass wir uns in einem privaten Hangar befinden, was mir die Gelegenheit gibt, mich mental auf unsere eigentliche Rückkehr in die reale Welt vorzubereiten. Ich ziehe meinen Mantel enger um mich, da der kalte Dezemberwind durch die offenen Türen des Gebäudes hereinweht, und wünsche mir nichts sehnlicher, als das jeder bitterkalte Augenblick dieses Tages endlich vorüber ist.

Schnellen Schrittes gehe ich zu dem Wagen, der in einigen Metern Entfernung auf uns wartet, und Liam eilt um mich herum, damit er mir die hintere Beifahrertür öffnen kann. Als mir bewusst wird, dass es kein Mietwagen, sondern sein Bentley ist, fühle ich mich beim Anblick des vertrauten Wagens gleich viel sicherer und ruhiger.

Liam zieht fragend eine Augenbraue hoch, und mir geht auf, dass ich dastehe und lächle, wo ich doch nur wenige Sekunden zuvor noch äußerst bedrückt gewesen bin. »Gefällt dir der Wagen?«, erkundigt er sich.

Liam gefällt mir, denke ich. »Er passt zu dir.«

Er zieht mich fest an sich. »Du passt zu mir.« Dann beugt er sich vor und raunt mir ins Ohr: »Und ich werde dir zeigen, wie gut wir zueinanderpassen, sobald wir allein sind.«

Die Mischung aus Intimität und dem erotischen Versprechen dieser wenigen Worte sorgt dafür, dass ich mit einem Mal nicht mehr nervös, sondern voller Vorfreude bin. Plötzlich kribbelt es überall, und ich kann es kaum erwarten, dass er mich nimmt. Er gibt mir einen kräftigen Klaps auf den Hintern, und ich kreische überrascht auf – trotz meines dicken Mantels und des Kleides, die den Schlag auffangen.

Grinsend und mit hochroten Wangen steige ich in den Wagen und traue mich nicht, nach links zu sehen, wo sich Tellar gerade mit dem Fahrer unterhält, der uns den Wagen gebracht hat. Ich würde schon gern wissen, ob er diesen kleinen Zwischenfall mitbekommen hat. Liam steigt ebenfalls ein und lacht leise. Das Geräusch erregt mich merkwürdigerweise, und die Stelle, an der er mir den Klaps gegeben hat, kribbelt noch mehr. Liam hat gerade erst die Tür geschlossen, da setzt sich Tellar auch schon hinter das Lenkrad. Ich reiße mich zusammen und bleibe auf Abstand zu Liam, indem ich mir den Mantel ausziehe – oder es zumindest versuche.