Entwicklungsverläufe verstehen - Kinder mit Bildungsrisiken wirksam fördern -  - E-Book

Entwicklungsverläufe verstehen - Kinder mit Bildungsrisiken wirksam fördern E-Book

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Beschreibung

Wie können Kinder in ihrer Entwicklung wirkungsvoll gefördert werden? Welche Faktoren beeinflussen den Bildungserfolg von Kindern? Wie gehen pädagogische Fachkräfte mit der wachsenden Heterogenität in den Kindertageseinrichtungen und Schulen um? Mit Fragen dieser Art beschäftigen sich seit 2008 die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Frankfurter IDeA-Zentrums. IDeA steht für »Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk«. Das besondere Augenmerk gilt der individuellen Entwicklung von Kindern mit bildungsrelevanten Risiken in den ersten zwölf Lebensjahren. Betrachtet werden kognitive Beeinträchtigungen, wie etwa Lernstörungen, oder soziale Risikolagen, wie z. B. eine nichtdeutsche Muttersprache, in verschiedenen Bildungskontexten. Im vorliegenden Band wird eine Zwischenbilanz nach sechs Jahren intensiver Forschung am IDeA-Zentrum gezogen. Viele der hier berichteten Erkenntnisse lassen sich unmittelbar mit aktuellen bildungspolitischen Diskussionen und mit Neuerungen der Bildungspraxis verknüpfen. Nicht immer stützen dabei die empirischen Evidenzen die tradierten pädagogischen Vorgehensweisen. Anhand der Ergebnisse der wichtigsten Forschungsprojekte aus dem IDeA-Zentrum werden die Entwicklungsverläufe von Kindern nachgezeichnet, die verschiedenen bildungsrelevanten Risiken ausgesetzt waren. Zudem werden Förderansätze vorgestellt, die in Kenntnis solcher Risiken die Kinder gezielt in ihren Lernprozessen unterstützen. Weiterhin kommen die professionellen Fachkräfte in den Blick, die in ihrem Berufsalltag die besondere Herausforderung zu bewältigen haben, Kinder in heterogen zusammengesetzten Gruppen in Krippen, Kindergärten und Grundschulen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse und Lernausgangslagen optimal zu unterstützen.

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Ulrike Hartmann

Marcus Hasselhorn

Andreas Gold

Entwicklungsverläufe verstehen – Kinder mit Bildungsrisiken wirksam fördern

Forschungsergebnisse des Frankfurter IDeA-Zentrums

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Buch ist Ruxandra Sireteanu gewidmet, die zu den Initiatoren des Forschungszentrums IDeA gehörte, aufgrund eines tragischen Unfalls jedoch vor Beginn der Projektarbeiten verstarb.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

1. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-029855-2

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-029856-9

epub:   ISBN 978-3-17-029857-6

mobi:   ISBN 978-3-17-029858-3

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Geleitwort

Hans-Günther Roßbach, Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. Bamberg

 

Der vorliegende Sammelband berichtet über Forschungsergebnisse des Frankfurter IDeA-Zentrums (Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk) – ein interdisziplinäres Zentrum, an dem das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), die Goethe-Universität (GU) und das Sigmund-Freud-Institut (SFI) beteiligt sind. In vier Abschnitten (»Bildungsrelevante Risiken«, »Bildungsrelevante Prozesse individueller Entwicklung«, »Individuelle Förderung von Lernprozessen« und »Professionalisierung von pädagogischen Fachkräften«) werden aus einer Vielzahl von Forschungsprojekten äußerst interessante Forschungsergebnisse vorgestellt. Dabei handelt es sich nicht um alle in IDeA durchgeführten Projekte, vielmehr beschränkt sich der Sammelband auf eine Auswahl von Projekten, die repräsentativ für das Gesamt der Arbeiten stehen. Dennoch ist schon bei dieser Auswahl die Vielfalt der Arbeiten bemerkenswert, die gleichwohl auf einen gemeinsamen Rahmen bezogen sind und sich auf Kinder im Kleinkind-, Kindergarten- und Grundschulalter beziehen, die ein erhöhtes Risiko für eine beeinträchtigte Entwicklung ihrer schulischen Fertigkeiten aufweisen. Untersucht werden zum Beispiel kognitive und neurokognitive Entwicklungsvoraussetzungen für erfolgreiches schulisches Lernen; entwicklungsbedingte Lernstörungen sowie familiale Benachteiligungen (insbesondere bei Kindern mit Migrationshintergrund); Diagnostik von für Schulerfolg zentralen kognitiven und sozialen Merkmalen von Kindern; Prävention von für Bildungserfolg bedeutsamen Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten; Entwicklung und Evaluation von adaptiven Maßnahmen zur Lernförderung von Kindern sowohl in formalen als auch non-formalen Umwelten; Kompetenzen, Orientierungen, Einstellungen, Wissen und Können von Fachkräften in Kindertageseinrichtungen und von Lehrkräften an Grundschulen. Die Autorinnen und Autoren betonen, dass trotz des Schwerpunktes auf Risiken keine Defizitorientierung vorliegen würde, sondern an vielen Stellen die enormen Entwicklungspotenziale der Kinder deutlich werden.

Eine Vielfalt zeigt sich nicht nur in den Themen der Projekte, sondern auch in methodischer Hinsicht. An den jeweiligen Fragestellungen ausgerichtet, kommen zum Beispiel Längs- und Querschnittsuntersuchungen, Vergleichsgruppendesigns, Trainingsstudien, Befragungen, Tests, neurophysiologische Messungen, experimentalpsychologische Verhaltensstudien, Unterrichtsvideos sowie teilnehmende Beobachtungen und qualitative Befragungen zum Einsatz. Die Forschungsprojekte zeigen auch eine gelebte Interdisziplinarität, in der Vertreterinnen und Vertreter von Entwicklungspsychologie, Pädagogischer Psychologie, Erziehungswissenschaft, Neurowissenschaften, Mathematikdidaktik, Sprachwissenschaften und Psychoanalyse Phänomene aus unterschiedlichen Perspektiven analysieren und so zusammen mit der methodischen Vielfalt ein überzeugendes Gesamtbild der Forschungsbereiche erzeugen.

Besonders betonen möchte ich auch die vielfältigen Maßnahmen zum Transfer von Forschungsergebnissen in die verschiedenen Ebenen der Praxis. Darunter fallen zum Beispiel Transfermaßnahmen in den Bereichen Coaching/Beratung, Fortbildung, Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung und psychologische/pädagogische Trainingsprogramme.

In den hier angesprochenen Forschungsbereichen haben sich in den letzten 10 bis 15 Jahren national und international deutliche Entwicklungen in der Forschung ergeben. Hierbei hat das IDeA-Zentrum eine bedeutende Rolle gespielt, vor allem durch die einzigartige interdisziplinäre und multi-lokale Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten auf hohem Niveau, die das Forschungsgebiet in seinen verschiedenen Bereichen maßgeblich vorangetrieben hat. Die Publikationsleistung ist beeindruckend, ebenso die Sichtbarkeit von IDeA auf nationalen und internationalen Kongressen und Tagungen. IDeA hat in den vergangenen Jahren an allen drei Standorten (DIPF, GU und SFI) zu einer deutlichen Forschungsausweitung und auch Schärfung des Forschungsprofils geführt. Dadurch ist der Forschungsstandort Frankfurt am Main zu einem national und international sichtbaren Zentrum für wissenschaftliche Analysen zu individuellen kindlichen Entwicklungs- und Lernprozessen sowie zur adaptiven Förderung bei Kindern mit einem erhöhten Risiko für schulische Probleme geworden.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern dieses äußerst interessanten Sammelbandes viel Vergnügen und eine produktive Auseinandersetzung mit den einzelnen Beiträgen.

Inhalt

 

 

Geleitwort

Hans-Günther Roßbach, Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. Bamberg

Bildungsforschung interdisziplinär – Das Frankfurter IDeA-Zentrum

Ulrike Hartmann, Andreas Gold und Marcus Hasselhorn

I Bildungsrelevante Risiken

Einführung

Marcus Hasselhorn, Sabine Andresen, Birgit Becker, Tanja Betz, Marianne Leuzinger-Bohleber und Johanna Schmid

1 Elternmerkmale: Sozioökonomischer Status und Migrationshintergrund

Birgit Becker

2 Kinder und Familienarmut

Sabine Andresen

3 Lernstörungen

Marcus Hasselhorn und Gerhard Büttner

4 Neurobiologische Risiken

Christian J. Fiebach, Benjamin Gagl und Janosch Linkersdörfer

Kommentar

Sabine Walper, Deutsches Jugendinstitut München

II Bildungsrelevante Prozesse individueller Entwicklung

Einführung

Marcus Hasselhorn und Andreas Gold

5 Bindungsstile und Sozialverhalten

Marianne Leuzinger-Bohleber, Ulrich Baumann, Marie Luise Teising und Tamara Fischmann

6 Arbeitsgedächtnis: Funktionsweise, Entwicklungsveränderungen und Störungen

Gerhard Büttner, Janin Brandenburg, Anne Fischbach, Julia Klesczewski, Sebastian Poloczek und Marcus Hasselhorn

7 Selbstregulationsfähigkeiten und exekutive Funktionen im Entwicklungsverlauf bei Vorschul- und Schulkindern

Caterina Gawrilow und Wolfgang Rauch

8 Tägliche Schwankungen kognitiver Leistungsfähigkeit

Judith Dirk und Florian Schmiedek

9 Spracherwerb bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache: Chancen und Herausforderungen

Petra Schulz, Angela Grimm, Rabea Schwarze und Magdalena Wojtecka

10 Frühe mathematische Denkentwicklung

Birgit Brandt und Rose Vogel

11 Lesen und Rechnen lernen: Vorläuferfertigkeiten, Entwicklungsverläufe und neuronale Korrelate

Jan Lonnemann, Janosch Linkersdörfer und Sven Lindberg

12 Schulisches Selbstkonzept: Struktur, Entwicklung und Einfluss auf Lernen und Leistung

A. Katrin Arens

Kommentar

Wolfgang Schneider, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

III Individuelle Förderung von Lernprozessen

Einführung

Ilonca Hardy

13 Prävention antisozialen Verhaltens im Vorschulalter

Marianne Leuzinger-Bohleber, Lorena Hartmann, Judith Lebiger-Vogel, Verena Neubert, Korinna Fritzemeyer, Constanze Rickmeyer und Tamara Fischmann

14 Kompensatorische Zusatzförderung zur Erhöhung der Schulbereitschaft

Jan-Henning Ehm und Marcus Hasselhorn

15 Individuelle Förderung und adaptive Lerngelegenheiten im Grundschulunterricht

Jasmin Decristan, Ilonca Hardy, Eckhard Klieme, Gerhard Büttner, Silke Hertel, Mareike Kunter und Arnim Lühken

16 Förderung sozialer Kompetenzen bei Grundschulkindern

Michael Fingerle und Mandy Röder

17 Leseförderung im Klassenverband

Andreas Gold und Cornelia Rosebrock

18 Computerbasierte individuelle Leseförderung

Telse Nagler und Sven Lindberg

19 Förderung selbstregulativer Kompetenzen im Mathematikunterricht der Grundschule

Barbara Otto, Stephanie Völker und Gerhard Büttner

20 Trainings zur Förderung der Selbstregulation von Kindern und Jugendlichen mit ADHS

Johanna Schmid, Lena Guderjahn und Caterina Gawrilow

Kommentar

Anne Deiglmayr und Elsbeth Stern, ETH Zürich

IV Professionalisierung von pädagogischen Fachkräften

Einführung

Mareike Kunter

21 Pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen – Selbstverständnis und externe Anforderungen

Tanja Betz

22 Professionalisierung von pädagogischen Fachkräften im Elementarbereich

Anja Müller, Petra Schulz, Sabrina Geyer und Katinka Smits

23 Professionelle Überzeugungen von Lehrkräften – Ein wichtiger Baustein für den Umgang mit heterogenen Schülergruppen im Unterricht

Johanna Seiz, Annett Wilde, Anna-Theresia Decker und Mareike Kunter

Kommentar

Ewald Terhart, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Vom wissenschaftlichen Wissen zur Wissensnutzung in der pädagogischen Praxis: Erträge der Forschung am IDeA-Zentrum

Ulrike Hartmann und Eckhard Klieme

Das Frankfurter IDeA-Zentrum – Zwischenbilanz und Ausblick

Andreas Gold, Marcus Hasselhorn und Ulrike Hartmann

Verzeichnis der Herausgeber und Autoren

Stichwortverzeichnis

Bildungsforschung interdisziplinär – Das Frankfurter IDeA-Zentrum

Ulrike Hartmann, Andreas Gold und Marcus Hasselhorn

Wie können Kinder in ihrer Entwicklung wirkungsvoll gefördert werden? Was behindert den Bildungserfolg von Kindern? Welche bildungsrelevanten Risiken sind zum Beispiel mit Lernstörungen oder einem Migrationshintergrund verbunden? Wie gehen pädagogische Fachkräfte mit der wachsenden Heterogenität in den Kindertageseinrichtungen und Schulen um? Welche pädagogischen Maßnahmen sind wirksam, um Kinder entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten angemessen zu unterstützen? Mit Fragen dieser Art beschäftigen sich seit 2008 die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Frankfurter IDeA-Zentrums. IDeA steht für Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk. Am Forschungszentrum IDeA werden empirische Untersuchungen mit Kindern im Kleinkind-, Kindergarten- und Grundschulalter durchgeführt, die aus unterschiedlichen Gründen ein erhöhtes Risiko für eine beeinträchtigte Entwicklung ihrer schulischen Fertigkeiten aufweisen.

Aus internationalen Studien weiß man seit langem schon, dass das Risiko schulischer Misserfolge bei Schülerinnen und Schülern aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status und aus zugewanderten Familien deutlich erhöht ist. Seit PISA 2000 ist bekannt, dass dies in den deutschen Schulen nicht anders ist. Allerdings können auch muttersprachlich deutsch aufwachsende Kinder und solche aus sozial besser gestellten Schichten Lern- und/oder Aufmerksamkeitsstörungen sowie Verhaltensauffälligkeiten entwickeln, die mit einem erhöhten Risiko für schulische Misserfolge einhergehen. Individuelle Risikofaktoren wie etwa neurokognitive Defizite sowie emotional oder motivational ungünstige Lernvoraussetzungen müssen also ebenfalls betrachtet werden, wenn man die Hemmnisse des Bildungserfolgs von Kindern verstehen, erkennen und beseitigen will.

Natürlich ist es wichtig, dass man die Ursachen einer beeinträchtigten Lernentwicklung kennt und über diagnostische Möglichkeiten verfügt, Kinder mit bildungsrelevanten Risiken frühzeitig und zuverlässig zu identifizieren. Wichtig ist allerdings auch ein zweiter Aspekt: Dass es Fördermöglichkeiten gibt, die in schulischen und vorschulischen Settings zum Einsatz kommen können, um ungünstige Lernvoraussetzungen auszugleichen oder abzumildern und um die individuelle Kompetenzentwicklung zu unterstützen. Das bisherige Wissen über theoretisch fundierte und nachweislich wirksame Förderverfahren ist allerdings begrenzt. Strittig ist zudem, ob die notwendigen Fördermaßnahmen bereits im Vorschulalter möglich und sinnvoll sind oder erst in der Grundschule – und ob eine individuelle Förderung im gemeinsamen Unterricht oder als Ergänzung dazu erfolgen sollte. Auch hierzu wird im IDeA-Zentrum geforscht.

Das Frankfurter IDeA-Zentrum

Im Jahr 2007 entwickelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), der Goethe-Universität (GU) und des Sigmund-Freud-Instituts (SFI) in Frankfurt am Main die Idee eines gemeinsamen interdisziplinären Zentrums zur Erforschung kindlicher Lernprozesse. Mit der Einrichtung der LOEWE-Initiative der Hessischen Landesregierung zur Förderung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz erwuchs aus dieser Idee eine Antragstellung für das Forschungszentrum IDeA – das Center for Research on Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk. Im Sommer 2008 wurde der Forschungsantrag bewilligt und eine sechsjährige Förderphase begann. Die Forschungsstrategie und damit das methodologische Gerüst des Zentrums beruht auf einer Kombination aus längs- und querschnittlichen Studien: Ausgewählte Kinder werden über mehrere Jahre hinweg in ihrer Entwicklung begleitet – und es werden gezielte experimentelle Untersuchungen durchgeführt, um die Auswirkungen pädagogischer Maßnahmen auf den Bildungserfolg der Kinder zu erforschen. Das besondere Augenmerk gilt dabei Kindern in den ersten zwölf Lebensjahren, für die es aufgrund bestimmter kognitiver oder sozialer Faktoren mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zu schulischen Minderleistungen, also zu bildungsbezogenen Misserfolgen kommen kann. Solche Faktoren sind beispielsweise das Vorliegen einer Lese-, Rechtschreib- oder Rechenstörung, eine Sprachentwicklungsstörung oder ein sozio-kulturell ungünstiger Familienhintergrund. In Forschungsprojekten sollen diese Kinder – zusammen mit unauffälligen Gleichaltrigen – in ihrer Entwicklung begleitet werden, um mehr über Grundlagen und Wechselwirkungen ihrer Entwicklungs- und Lernprozesse zu erfahren und um Maßnahmen zu entwickeln und zu überprüfen, die im Hinblick auf das schulische Lernen eine bestmögliche individuelle Förderung erlauben.

Exkurs: LOEWE-Initiative

LOEWE ist das Forschungsförderungsprogramm, mit dem das Land Hessen seit 2008 wissenschaftspolitische Impulse setzen und damit die hessische Forschungslandschaft nachhaltig stärken will. LOEWE steht für »Landes-Offensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz«. Die Initiative fördert herausragende wissenschaftliche Verbundvorhaben, insbesondere auch eine intensive Vernetzung von Wissenschaft, außeruniversitärer Forschung und Wirtschaft. LOEWE hat drei Förderlinien:

LOEWE-Zentren sind thematisch fokussierte Forschungszentren. Sie zeichnen sich durch eine eigene Entscheidungsstruktur aus, die von den beteiligten Partnern aus Hochschule und Forschungseinrichtung getragen wird. Das jährliche Fördervolumen eines LOEWE-Zentrums beträgt zwischen zwei und acht Millionen Euro.

LOEWE-Schwerpunkte bündeln vorhandene thematische Kapazitäten. Dazu werden innovative Forschungsthemen der hessischen Hochschulen und der außeruniversitären Forschungsinstitute identifiziert und durch die Förderung ausgebaut. Das jährliche Fördervolumen je LOEWE-Schwerpunkt beläuft sich auf eine halbe Million bis eineinhalb Millionen Euro. Die Laufzeit beträgt in der Regel drei Jahre.

LOEWE-KMU-Verbundvorhaben sind Modell- und Pilotprojekte, die die Zusammenarbeit zwischen hessischen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) und Wissenschaftseinrichtungen stärken. Der Fokus liegt auf der Einführung marktfähiger und technologisch innovativer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen mit dem Ziel, Mehrwert zu schaffen und Beschäftigung in der Wirtschaft zu sichern. Die Projektlaufzeit beträgt ein bis drei Jahre.

IDeA gehörte zu den ersten fünf Zentren, die 2008 eingerichtet wurden. Weiterführende Informationen zur LOEWE-Initiative sind verfügbar unter: https://wissenschaft.hessen.de/loewe

Bereits Ende 2008 konnte mit den ersten Längsschnittstudien begonnen werden. Seit 2010 werden am IDeA-Zentrum Interventionsstudien durchgeführt, um die Effekte gezielter Fördermaßnahmen zu überprüfen. Durch eine Reihe strategischer Neuberufungen von Forscherinnen und Forschern an der Goethe-Universität – was ohne die LOEWE-Fördermittel des Landes Hessen nicht möglich gewesen wäre – wurde das IDeA-Zentrum kontinuierlich ausgebaut und inhaltlich gestärkt. Mittlerweile ist es auf eine Größe von etwa 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern angewachsen, die derzeit in etwa 25 Forschungsprojekten arbeiten. Sie verfügen über Expertise in den unterschiedlichsten Bereichen kindlicher Bildungs- und Entwicklungsprozesse – in Psychologie und Psychoanalyse, in der Erziehungswissenschaft und in diversen Fachdidaktiken, in der Soziologie, den Neurowissenschaften und in der Psycholinguistik. Der Aufbau des IDeA-Zentrums hat maßgeblich dazu beigetragen, dass nun in Frankfurt am Main ein Disziplinen übergreifender wissenschaftlicher Austausch über individuelle kindliche Entwicklungs- und Lernprozesse und über die adaptive Förderung dieser Prozesse bei Kindern mit erhöhtem Risiko für schulische Probleme stattfindet.

Seit Oktober 2014 ist das IDeA-Zentrum dauerhaft in Frankfurt am DIPF verankert. Die erfolgreiche Kooperation zwischen dem DIPF, der Goethe-Universität und dem Sigmund-Freud-Institut wird in gemeinsamen Forschungsprojekten des Zentrums fortgeführt. Dies nehmen wir zum Anlass, in dem vorliegenden Buch die bisherigen Erkenntnisse der Forschung am IDeA-Zentrum zu bündeln. Es soll dazu beitragen, die Anstrengungen und Diskussionen in der Bildungsforschung, in der Bildungspraxis und in der Bildungspolitik, die im Hinblick auf Kinder mit besonderen Risiken unternommen bzw. geführt werden, auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zu intensivieren.

Entwicklungsverläufe verstehen – Kinder mit Bildungsrisiken wirksam fördern: Die Forschungsagenda des IDeA-Zentrums

Verbindendes Element für die Forschungen am IDeA-Zentrum ist das Interesse an Kindern in den ersten zwölf Lebensjahren sowie an den Personen und Institutionen, die für ihre Erziehungs- und Bildungsprozesse Mitverantwortung tragen. Ausgehend von der Vorstellung, dass Risiken unterschiedlichster Art die späteren Bildungserfolge von Kindern beeinträchtigen können, werden die bildungsrelevanten Risiken dieser Kinder sowie ihre Bildungskontexte aus vielfältigen disziplinären Blickwinkeln und mit einem breiten Repertoire an Forschungsmethoden betrachtet. Die Forschungsperspektiven, unter denen am IDeA-Zentrum auf Lern- und Bildungsprozesse im Kindesalter geschaut wird, lassen sich – unabhängig vom jeweils gewählten theoretischen und methodologischen Zugang – drei inhaltlichen Schwerpunkten (Forschungsbereichen) zuordnen ( Abb. 0).

Abb. 0: Die drei Forschungsbereiche des IDeA-Zentrums

Im Forschungsbereich Individuelle Entwicklung wird über Entwicklungs- und Lernprozesse von Kindern geforscht. Im Sinne einer tradierten Unterscheidung zwischen Grundlagen- und Anwendungsforschung lassen sich die Projekte im Forschungsbereich Individuelle Entwicklung der Grundlagenforschung zuordnen. Themen sind zum Beispiel der Spracherwerb, der Erwerb mathematischer und schriftsprachlicher Kompetenzen sowie die Entwicklung kognitiver und sozialer Merkmale. Über das Verstehen typischer Entwicklungsverläufe hinaus interessieren dabei vor allem davon abweichende Verläufe, beispielsweise aufgrund individueller kognitiver oder neurobiologischer Risiken oder aufgrund einer Bildungsbenachteiligung, die auf sozialer Ungleichheit gründet. Weiterhin entwickeln und evaluieren die Forschungsteams in diesem Forschungsschwerpunkt Testverfahren, um bestimmte Auffälligkeiten frühestmöglich diagnostizieren zu können und um die Vorhersagen schulischer Leistungen zu verbessern.

Der Forschungsbereich Adaptive Bildungskontexte betrachtet Kinder in verschiedenen Lebens- und Lernumgebungen. Im Fokus steht dabei die Frage, inwieweit verschiedene Kontexte adaptiv sind, das heißt, in welchem Maße sie auf die individuellen Bedürfnis- und Ausgangslagen der Kinder abgestimmt sind. Bildungskontexte werden sehr breit verstanden und schließen sowohl Institutionen wie Kindertageseinrichtungen und Schulen ein als auch die Familie, die Gruppe der Gleichaltrigen und das Wohnumfeld von Kindern. Weiterhin werden in diesem Forschungsbereich adaptive Fördermaßnahmen entwickelt und evaluiert und es wird überprüft, unter welchen Bedingungen sich die wissenschaftlich entwickelten Verfahren erfolgreich in der pädagogischen Praxis implementieren lassen. Die Projekte im Forschungsbereich Adaptive Bildungskontexte lassen sich als Projekte der angewandten erziehungswissenschaftlichen und pädagogisch-psychologischen Forschung charakterisieren.

Im Forschungsbereich Professionalisierung werden Kompetenzen, Orientierungen und Einstellungen von pädagogischen Fachkräften in Kindertagesstätten (Kitas) und Grundschulen untersucht. Ziel dieser Studien ist es, in Kenntnis dieser Kompetenzen und Einstellungen die Lehrkräfte und Erziehenden darin zu unterstützen, Lernsettings in heterogenen Gruppen so zu arrangieren, dass Kinder mit unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen davon profitieren können. Weiterhin untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Erwartungen, die aus Sicht der Öffentlichkeit, der Politik und der Wissenschaft an pädagogisches Fachpersonal gerichtet werden. Sie erforschen auch, wie die Fachkräfte mit diesen Erwartungen umgehen. Die Projekte im Forschungsbereich Professionalisierung lenken den Blick über die angewandte Forschung hinaus auch in die Richtung des Wissenschafts-Praxis-Transfers.

Zu diesem Buch

Die drei Forschungsbereiche des IDeA-Zentrums greifen wir in der Gliederung des vorliegenden Buches auf. Wir zeichnen anhand der Ergebnisse der wichtigsten Forschungsprojekte aus den ersten sechs Jahren (2008 bis 2014) die Entwicklungsverläufe von Kindern nach, die verschiedenen bildungsrelevanten Risiken ausgesetzt waren. Zudem stellen wir Förderansätze bzw. Interventionen vor, die in Kenntnis solcher Risiken die Kinder gezielt in ihren Lernprozessen unterstützen. Wir nehmen weiterhin die professionellen Fachkräfte in den Blick, die in ihrem Berufsalltag die Herausforderung zu bewältigen haben, Kinder in heterogen zusammengesetzten Gruppen in Krippen, Kindergärten und Grundschulen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse und Lernausgangslagen optimal zu unterstützen.

Struktur des Buches

Den drei Forschungsbereichen ist jeweils ein eigener Abschnitt in diesem Buch gewidmet. Darüber hinaus gibt es einen einführenden ersten Abschnitt über »Bildungsrelevante Risiken«, der als Grundlage für die drei nachfolgenden Abschnitte zu betrachten ist. Es werden dort – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – im IDeA-Zentrum beforschte Faktoren vorgestellt, die sich als zentral für den Bildungserfolg im Kindes- und Jugendalter erwiesen haben. Betrachtet werden sowohl soziale Faktoren wie die familiäre Herkunft ( Kap. 1 und 2) als auch kognitive Faktoren wie das Vorliegen einer Lernstörung ( Kap. 3) oder eine Beeinträchtigung spezifischer neurokognitiver Strukturen und Prozesse ( Kap. 4). Dieser Fokus auf die Risiken mag den Verdacht nahe legen, dass die Forschung im IDeA-Zentrum eine defizitorientierte Betrachtung kindlicher Entwicklungs- und Bildungsprozesse bevorzuge. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. In etlichen Kapiteln dieses Buches werden die immensen Potenziale deutlich, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung entfalten können. Die Veränderung ungünstiger Bindungstypen ( Kap. 5 und 13) und der frühe bilinguale Spracherwerb von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache ( Kap. 9) sind nur zwei Beispiele für die Potenzialorientierung der Forschung im IDeA-Zentrum. Die eingehende Auseinandersetzung mit verschiedenen bildungsrelevanten Risiken trägt jedoch maßgeblich dazu bei, dass wir die potenziellen Risiken in ihrer Gesamtheit erkennen und verstehen, wie sich verschiedene Risiken wechselseitig beeinflussen können. Diese Herangehensweise ist aus unserer Sicht notwendig, um möglichst umfassende Bildungsangebote zu entwickeln und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu überprüfen. Erfolgreich werden vor allem die möglichst frühzeitig und passgenau (adaptiv) angebotenen Unterstützungsmaßnahmen sein, die dabei helfen, bestimmte bildungsrelevante Risiken zu verringern.

Der zweite Abschnitt bündelt Ergebnisse aus Forschungsprojekten des IDeA-Zentrums, die sich mit bildungsrelevanten Prozessen individueller Entwicklung befasst haben. Anknüpfend an die Darstellung der bildungsrelevanten Risiken werden auch in diesem Abschnitt vielfältige soziale und kognitive Aspekte von Entwicklungsverläufen betrachtet, angefangen von der Entwicklung von Bindungsstilen als Ergebnis sehr früher Interaktionen zwischen Babys und ihren Bezugspersonen ( Kap. 5), über die Entwicklung grundlegender kognitiver Funktionen wie des Arbeitsgedächtnisses und der Fähigkeit zur Selbstregulation ( Kap. 6, 7 und 8), bis hin zu Entwicklungsprozessen sprachlicher und mathematischer Kompetenzen im Kindergarten und Grundschulalter ( Kap. 9 bis 12).

Im dritten Abschnitt des Buches werden Methoden zur individuellen Förderung von Lernprozessen vorgestellt, die am IDeA-Zentrum hinsichtlich ihrer Wirksamkeit untersucht wurden. Die vorgestellten Ansätze variieren im Hinblick auf die Altersgruppe der einbezogenen Kinder als auch je nach gefördertem Inhaltsbereich. Zudem zeigen sie Ausschnitte aus dem breiten Spektrum individueller Fördermöglichkeiten in heterogenen Lerngruppen, wie sie in Kindergärten ( Kap. 13 und 14) und Schulen ( Kap. 15 bis 20) zur Anwendung kommen können. Einige der vorgestellten Projekte greifen spezifische Risikogruppen heraus, zum Beispiel Kinder, bei denen eine Aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert wurde ( Kap. 20), andere tragen individuelle Fördermaßnahmen in die gesamte Schulklasse hinein, um deren Effekte sowohl im Hinblick auf die Leistungsentwicklung in der Klasse als auch bezogen auf individuelle Förderbedarfe zu untersuchen ( Kap. 15 und 17).

Der vierte Abschnitt des Buches legt den Fokus auf die Personen, deren professionelle Aufgabe die Unterstützung von Bildungs- und Lernprozessen der Kinder ist – die pädagogischen Fachkräfte in Krippe, Kindergarten und Grundschule. Es werden sowohl deren Fähigkeiten und Kompetenzen ( Kap. 22) als auch die Überzeugungen beleuchtet ( Kap. 23), mit denen sie ihrer Arbeit nachgehen. In Kapitel 21 werden gesellschaftliche Erwartungen diskutiert, die an pädagogische Fachkräfte gerichtet werden.

Jedem dieser vier Abschnitte ist eine erläuternde Einführung vorangestellt. Diese gibt einen Überblick in den Themenbereich und ordnet die empirischen Projekte ein. Am Ende jedes Abschnitts gibt es einen Kommentar, der eine Außensicht auf den jeweiligen Themenbereich beisteuert. Wir sind sehr dankbar, dass renommierte Bildungsforscherinnen und -forscher sich zu dieser Kommentierung bereit erklärt haben.

Im letzten Teil des Buches wird der Versuch unternommen, die in den vorherigen Abschnitten dargestellten Arbeiten am IDeA-Zentrum zusammenfassend zu reflektieren. Das Kapitel »Vom wissenschaftlichen Wissen zur Wissensnutzung in der pädagogischen Praxis« beleuchtet, welche Erträge für die pädagogische Praxis aus den Arbeiten am IDeA-Zentrum zu erwarten sind. Zum Abschluss resümieren wir als Herausgeber die Arbeiten und Erfahrungen des IDeA-Zentrums aus einer wissenschaftsorganisatorischen Perspektive und wagen einen Ausblick in die zukünftige Forschung.

Struktur der einzelnen Kapitel

Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Einführung, in der Ausgangslage und Relevanz des behandelten Themas deutlich gemacht werden. Wo immer möglich, sind die Überschriften zur Gliederung der Kapitel an den Inhalten des folgenden Textes orientiert und geben einen Ausblick auf das, was die Leserinnen und Leser im Textabschnitt erwartet. Jedes Kapitel endet mit einem kurzen Fazit und möglichen Implikationen der in der Studie gewonnenen Erkenntnisse für die pädagogische Praxis.

In einigen Kapiteln finden Sie Exkurs-Kästen, die einzelne Aspekte vertiefend behandeln. Dies kann eine bestimmte Forschungsmethode sein (beispielsweise die Messung kognitiver Fähigkeiten bei Schülerinnen und Schülern mithilfe von Smartphones in Kap. 8), ein weit verbreitetes psychologisches Phänomen (beispielsweise der Matthäus-Effekt in Kap. 19) oder ein ausführliches Fallbeispiel (beispielsweise die Darstellung eines Kindes mit ausgeprägter Aggressionssymptomatik in Kap. 5). Diese sind für das Verständnis der Kapitel nicht unbedingt notwendig, stellen jedoch aus unserer Sicht sinnvolle Ergänzungen dar. Auf einige dieser Kästen wird in nachfolgenden Kapiteln nochmals verwiesen.

Wir haben die Autorinnen und Autoren gebeten, durchgängig eine Sprache zu verwenden, die beide Geschlechter umfasst. An einigen wenigen Stellen stand diese Anforderung in Konflikt mit ohnehin schon (zu) langen Sätzen. Wenn es im Text nicht ausdrücklich um Unterschiede – zwischen Jungen und Mädchen – geht, sind immer alle Personen einbegriffen.

Ziel und Zielgruppen

Ziel dieses Buches ist es, die Forschungsergebnisse des IDeA-Zentrums aus den letzten Jahren so darzustellen, dass nicht ausschließlich Expertinnen und Experten der Bildungsforschung etwas über sie erfahren. Wir möchten Leserinnen und Leser erreichen, die ein großes Interesse an pädagogischen und psychologischen Themen haben. Vor allem richtet sich dieses Buch an Personen, die in ihrer täglichen Arbeit mit der Vielfalt kindlicher Entwicklungsverläufe konfrontiert sind, und die etwas mehr über die Prozesse und Modelle erfahren möchten, die den manchmal verschlungenen Pfaden kindlicher Entwicklung zugrunde liegen. Außerdem stellen wir wirksame Ansätze vor, die in der pädagogischen Praxis aufgenommen werden können, um Bildungserfolge auch bei Kindern mit bestimmten Risiken wahrscheinlicher zu machen. Das Buch hat dennoch nicht den Charakter eines Handlungsleitfadens, der die vorgestellten Ansätze so aufbereitet, dass sie direkt in der eigenen Schulklasse oder Kindergartengruppe einsetzbar wären. Vielmehr hoffen wir, mit dem Buch wichtige Prozesse, Wirkmechanismen und zu berücksichtigende Faktoren für erfolgreiches kindliches Lernen so vorzustellen, dass sie zum Reflektieren des eigenen pädagogischen Handelns anregen.

Wir verzichten in diesem Buch auf detaillierte Ausführungen zu statistischen Analysemethoden und auf ausführliche Ergebnisdarstellungen. Wir gehen davon aus, dass unsere Leserinnen und Leser, die die Aussagekraft der Studien anhand solcher Kennwerte prüfen möchten, dies anhand der Originalartikel tun werden, auf die an den entsprechenden Stellen in den einzelnen Kapiteln verwiesen wird. Einige Erläuterungen zu der Darstellung empirischer Befunde in diesem Band möchten wir jedoch an dieser Stelle voranstellen:

•  Zusammenhänge zwischen zwei oder mehreren Merkmalen werden in Form von Korrelationen dargestellt. Korrelationen können zwischen -1 (je weniger x, desto mehr y) und +1 (je mehr x, desto mehr y) liegen. Das Ausmaß der Korrelation können Sie an dem Wert r ablesen. Eine Korrelation zwischen zwei Merkmalen allein beschreibt jedoch keine Ursache-Wirkungs-Beziehung in die eine oder andere Richtung. Zu kausalen Erklärungen von Zusammenhängen sind längsschnittliche oder experimentelle Studien notwendig.

•  Vor allem in den Abschnitten III und IV werden Studien vorgestellt, in denen pädagogische Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Vielfach werden dazu pädagogisch-psychologische Experimente durchgeführt. Im Idealfall erfordert ein Experiment eine zufällige (randomisierte) Zuteilung aller untersuchten Personen in eine Experimental- oder Trainingsgruppe und eine Kontrollgruppe, d. h. beispielsweise in Personen, die ein bestimmtes Förderprogramm durchlaufen und andere, die dies nicht tun. Im Bereich der Bildungsforschung ist eine solche zufällige Zuteilung nur selten möglich, da Schulklassen oder Kindergartengruppen auch für die Dauer des Experiments bestehen bleiben sollen. Man spricht in diesem Fall von Quasi-Experimenten und prüft vorab, ob zwischen der Experimental- und der Kontrollgruppe Unterschiede hinsichtlich zentraler Merkmale wie der Ausgangsleistung, der Motivation, der kulturellen Zusammensetzung etc. bestehen. Wenn dies der Fall ist, werden diese Unterschiede in den späteren Analysen berücksichtigt.

•  Soweit wie möglich werden die zentralen Ergebnisse jeder Studie inhaltlich beschrieben. Wenn Sie beispielsweise lesen, dass ein gefundener Unterschied zwischen zwei Schülergruppen bedeutsam ist, dürfen Sie davon ausgehen, dass der Unterschied auf dem Niveau von p < .05 statistisch signifikant ist. Gleiches gilt, wenn in den Kapiteln berichtet wird, dass sich bedeutsame Zusammenhänge zwischen zwei Merkmalen (z. B. Motivation und Schulleistung) zeigen. Diese sind dann ebenfalls auf dem Niveau von p < .05 statistisch signifikant.

•  Neben der statistischen Signifikanz ist für die Einordnung von Studienergebnissen der Begriff der Effektstärke oder Effektgröße entscheidend, um das Ausmaß der Wirkung eines bestimmten Effektes, zum Beispiel eines spezifischen Förderprogramms, abschätzen zu können. Die Effektstärke (ES) ist eine Maßzahl, welche üblicherweise die Größe des Unterschieds zwischen zwei Mittelwerten ausdrückt, wobei der eine Mittelwert für die Leistungen in einer Trainingsgruppe steht, die ein bestimmtes Förderprogramm erhalten hat, und der andere Mittelwert für die Leistungen in einer Kontroll- bzw. Vergleichsgruppe, die das Förderprogramm nicht erhalten hat. Erst ab Effektstärken ES > 0,40 wird in pädagogischen Zusammenhängen in der Regel von einem bedeutsamen Effekt gesprochen.

Eigenständigkeit der Kapitel und Integration zu einem Gesamtwerk

So vielfältig die Disziplinen und Forschungszugänge der Bildungsforschung, so vielfältig sind auch die Ergebnisse der am IDeA-Zentrum durchgeführten Studien. Wir haben während des Entstehungsprozesses des Buches versucht, dieser Unterschiedlichkeit gerecht zu werden, und trotzdem ein für die Leserinnen und Leser ansprechendes und nachvollziehbares Gesamtwerk zu erstellen. Die unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Disziplinen auf Aspekte kindlicher Entwicklung und Bildung bleiben nebeneinander bestehen. So steht beispielsweise eine fachdidaktische Perspektive mathematischer Denkentwicklung im Kindergartenalter neben einer entwicklungspsychologischen Auseinandersetzung mit frühen mathematischen Fertigkeiten. Dort, wo es möglich ist, beziehen sich einzelne Kapitel aufeinander – beispielsweise wenn das Konzept der Selbstregulation, das in Kapitel 7 eingeführt wird, in Ansätzen zur individuellen Förderung in den Kapiteln 19 und 20 erneut aufgegriffen wird.

Die Forschungsprojekte am IDeA-Zentrum sind nicht auf einen einheitlichen theoretischen und forschungsmethodischen Rahmen festgelegt. Wir haben das als eine Stärke des Zentrums erlebt. Alle Autorinnen und Autoren schreiben somit aus ihrer jeweils eigenen Forschungsperspektive, und wir überlassen es den Leserinnen und Lesern dieses Buches, die eine oder andere Perspektive als passender für ihre jeweiligen Fragen und Bedarfe anzusehen.

Einige abschließende Bemerkungen

Dieses Buch gibt einen Einblick in die Forschung am IDeA-Zentrum. Es stellt keinen Abschlussbericht dar, sondern vielmehr ein Zwischenfazit nach den sechs Jahren der Förderung im Rahmen der LOEWE-Initiative (siehe Exkurs) durch das Land Hessen. Das Anliegen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am IDeA-Zentrum, die Entwicklungs- und Lernprozesse von Kindern mit bildungsrelevanten Risiken besser zu verstehen und passgenaue (adaptive) Fördermaßnahmen zu entwickeln und in ihrer Wirksamkeit zu überprüfen, ist weiterhin handlungsleitend für die zukünftigen Forschungsaktivitäten des Zentrums. Die interdisziplinären Strukturen münden zunehmend in gemeinsame Forschungsprojekte der drei Partnerinstitutionen Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Goethe-Universität und Sigmund-Freud-Institut, und werden auch zukünftig dazu beitragen, unser Wissen über bildungsrelevante Risiken, wirksame adaptive Fördermaßnahmen und innovative Professionalisierungsansätze für pädagogische Fachkräfte zu erweitern.

Viele Personen haben dazu beigetragen, dass ein solches Zwischenfazit in der vorliegenden Form möglich wurde. Allen voran sind hier die Kinder und Familien sowie die pädagogischen Fachkräfte zu nennen, die sich zur Teilnahme an den Studien des IDeA-Zentrums bereiterklärt haben und uns auf vielfältigste Art und Weise wertvolle wissenschaftliche Einblicke ermöglicht haben. Bedanken möchten wir uns ebenfalls bei allen Mitgliedern des IDeA-Zentrums. Auch den vielen Personen, die im Hintergrund an der Konzeption und Durchführung der empirischen Studien mitgewirkt haben, gilt ein besonderer Dank – ehemaligen Doktorandinnen und Doktoranden, studentischen Hilfskräften, Praktikantinnen und Praktikanten sowie den Personen, die die Betreuung der Teilnehmenden der umfangreichen Längsschnittstudien übernommen haben. Außerdem möchten wir uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IDeA-Zentrums bedanken, die in der Koordinations- und Laborinfrastruktur sowie in der Administration des Zentrums durch ihr Engagement maßgeblich dazu beitragen, dass viele Forschungsprojekte erfolgreich durchgeführt werden können. Vielen Dank an Björn Rump, Janosch Linkersdörfer, Sven Lindberg und Filip Marinkovic für den Aufbau, die Bereitstellung und die Betreuung des IDeA-Laborbereichs. Außerdem danken wir Sonja Reuße, Kathleen Thomas, Sonja Breker, Andrea Holzfuß und Svenja Peters für ihre tatkräftige Unterstützung in der Koordinationsstelle des Zentrums.

Die Erstellung dieses Buches haben vor allem die Autorinnen und Autoren der einzelnen Kapitel ermöglicht. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken – vor allem für die Bereitschaft, unsere inhaltlichen und formalen Anregungen zu berücksichtigen, um trotz der vielfältigen Forschungszugänge und disziplinspezifischen Publikationsstile ein Gesamtwerk des IDeA-Zentrums zu schaffen. Besonders danken möchten wir Anne Deiglmayr und Elsbeth Stern, Hans-Günther Roßbach, Wolfgang Schneider, Ewald Terhart und Sabine Walper für ihre Kommentierungen der einzelnen Abschnitte und für ihre wertvollen Anregungen aus der Außensicht. Wir bedanken uns außerdem bei Celestina Filbrandt und dem Kohlhammer-Verlag für die Begeisterung für unser Projekt und die professionelle Betreuung im Erstellungsprozess. Minja Dubowy hat uns wertvolle Hinweise bei der inhaltlichen und sprachlichen Bearbeitung der Kapitel geliefert. Vielen Dank dafür.

Ein ganz besonderer Dank gilt Verena Diel, deren Umsicht, Gründlichkeit und Ausdauer bei der Redaktion des Buches wesentlich dafür verantwortlich sind, dass Sie als Leserinnen und Leser heute ein solch kohärentes Gesamtwerk in den Händen halten.

Wir wünschen Ihnen nun interessante Stunden bei der Lektüre dieses Buches.

 

 

 

 

I           Bildungsrelevante Risiken

Einführung

Marcus Hasselhorn, Sabine Andresen, Birgit Becker, Tanja Betz, Marianne Leuzinger-Bohleber und Johanna Schmid

Internationale Studien wie PISA zeigen, dass im Laufe einer Schulkarriere fast 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus westlichen Ländern im Lesen und Schreiben, in Mathematik und den Naturwissenschaften nicht das Leistungsniveau erreichen, das notwendig ist, um an der heutigen wissensbasierten Gesellschaft effektiv teilzunehmen (OECD, 2010). Zu den drängenden Herausforderungen unseres Bildungswesens gehört es daher, unser Wissen über mögliche Risikofaktoren für ungünstige Bildungsergebnisse zu vertiefen. Während sich sozialwissenschaftliche Forschungsansätze in erster Linie auf Risikofaktoren konzentrieren, die außerhalb des Individuums liegen und diverse Kontextfaktoren berücksichtigen, fokussieren entwicklungspsychologische und neurokognitive Forschungsansätze primär auf individuelle Risiken, die als Merkmale des einzelnen Individuums charakterisierbar sind. Es fehlt jedoch an Forschung zum dynamischen Zusammenspiel internaler und externaler Faktoren für den Bildungserfolg von Kindern über die Zeit.

Seit der Gründung des IDeA-Zentrums in Frankfurt am Main führten intensive Diskussionen über bildungsrelevante Risiken bei Kindern dazu, pragmatisch zwei grundlegende, wenn auch nicht strikt unabhängige Dimensionen von Risikofaktoren zu unterscheiden, die komplex und vielfältig im Laufe der kindlichen Entwicklung interagieren und damit wichtig für den individuellen Bildungserfolg sind: die Dimension der individuellen Merkmale und die der kontextuellen Merkmale. Jede Dimension enthält verschiedene Elemente oder Faktoren, die das kindliche Verhalten in Bildungsinstitutionen simultan zu beeinflussen scheinen (vgl. Hasselhorn et al., 2015). Ziel der Beschäftigungen mit bildungsrelevanten Risikofaktoren im IDeA-Zentrum war es, das komplexe Zusammenspiel von individuellen und kontextuellen Faktoren und seine möglicherweise im Entwicklungsverlauf der Kinder sich verändernden Wirkungen besser zu verstehen. Einmal abgesehen von Unterschieden zwischen Ländern und Gesellschaftsformen fokussieren die Analysen am IDeA-Zentrum die in Abbildung I.1 skizzierten Risikomerkmale.

Abb. I.1: Schwerpunktmäßig am IDeA-Zentrum untersuchte Risikofaktoren

Risikofaktoren auf der Ebene individueller Merkmale

Die Betrachtung individueller Voraussetzungen und Merkmale von Bildungserfolg hat in der Psychologie eine lange Tradition. Mittlerweile unterscheidet man im Wesentlichen zwischen kognitiven, motivational-volitionalen und sozio-emotionalen Merkmalen (vgl. Hasselhorn & Gold, 2013). Zentrale kognitive Merkmale sind Intelligenz, selektive Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Vorwissen sowie die Nutzung und metakognitive Regulation von Strategien. Unter Zuhilfenahme einer Computeranalogie zur Beschreibung dieser drei Bereiche kognitiver Merkmale kann man von der Hardware (Intelligenz, selektive Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis), den Daten (Vorwissen) und der Software (Strategien) des individuellen Informationsverarbeitungssystems sprechen, das wiederum unter der Aufsicht einer zentralen Steuerinstanz (metakognitive Regulation) steht. Empirisch gut belegt sind mittlere bis starke statistische Zusammenhänge zwischen schulischen Leistungen und allen Bereichen kognitiver Merkmale (z. B. für Intelligenz: Naglieri & Bornstein, 2003; für Aufmerksamkeit: Duncan et al., 2007; für Arbeitsgedächtnis: Alloway & Alloway, 2010; für Vorwissen: Kuyper, van der Werf & Lubbers, 2000; für (meta-)kognitive Strategien: Veenman, Van Hout-Wolters & Afflerbach, 2006).

Auch die Qualität des individuellen Leistungsmotivsystems hat sich als eine entscheidende Vorbedingung erfolgreichen Lernens erwiesen. Sie lässt sich gut beschreiben über die Ausprägung von Erfolgsorientierung bzw. Misserfolgsängstlichkeit, den Attributionsstil oder das individuelle Fähigkeitsselbstkonzept ( Kap. 12). Die Forschung hat gezeigt, dass unabhängig von der gewählten Beschreibungsebene die Vorhersagekraft motivationaler Merkmale zur Erklärung von Bildungserfolg an die von kognitiven Merkmalen bekannte Größenordnung heranreicht (z. B. Steinmayr & Spinath, 2009). Auch bei günstigen kognitiven und motivationalen Merkmalsausprägungen gelingt es einigen Kindern nicht, ihre angestrebten Lernziele zu erreichen. Grund hierfür ist häufig eine unzureichende volitionale Handlungskontrolle. Diese äußert sich beispielsweise in der mangelnden Fähigkeit zu effektivem Belohnungsaufschub, d. h. dem Verzicht auf eine sofortige kleine Belohnung zugunsten einer größeren, aber zeitlich später erfolgenden Belohnung ( Kap. 7, Exkurs). Viele Entscheidungen im Alltag von Kindern sind beeinflusst von Merkmalen der volitionalen Handlungskontrolle wie der Fähigkeit zum Belohnungsaufschub. Höhere volitionale Selbstkontrollfähigkeiten gehen nachweislich mit positiven Entwicklungsausgängen einher, darunter auch schulische Leistungen (z. B. Neubauer, Gawrilow & Hasselhorn, 2012).

Schließlich tragen auch sozio-emotionale Merkmale zum individuellen Bildungserfolg bei. Die Entstehung vieler sozio-emotionaler Merkmale ist eng verknüpft mit den individuellen Umgebungsbedingungen (Familienmitglieder, soziale und gesellschaftliche Bedingungen). Was die frühesten Wurzeln der sozio-emotionalen Entwicklung betrifft, müssen verschiedene Bereiche berücksichtigt werden: Frühe Affektregulierung wie soziale Biofeedback-Prozesse in der elterlichen Emotionsspiegelung (Fonagy, 2007), die Entwicklung der Selbst- und Objektrepräsentanzen (Stern, 2010), Bindung (Cassidy & Shaver, 2008) und die Fähigkeit aggressive destruktive Impulse zu mentalisieren und zu integrieren (Twemlow, Fonagy, Sacco, Vernberg & Malcom, 2011). Auch der Einfluss psychischer Erkrankungen der Eltern und traumatischer Erfahrungen (in Bezug auf Gewalt, Missbrauch und emotionale Vernachlässigung) sind als Risikofaktoren für Bildungserfolg zu berücksichtigen (Leuzinger-Bohleber, 2009;  Kap. 5).

Eine Reihe dieser individuellen Risikofaktoren wurden und werden im IDeA-Zentrum untersucht. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, inwiefern individuelle kognitive Beschränkungen dafür verantwortlich sind, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Kinder eines Jahrganges massive Lernstörungen entwickeln. Einen Einblick in die entsprechenden Phänomene und auslösenden individuellen Verarbeitungsbegrenztheiten bieten dazu die Ausführungen in Kapitel 3 dieses ersten Abschnitts des vorliegenden Bandes. Dabei wird deutlich, dass das Auftreten massiven bereichsspezifischen schulischen Leistungsversagens trotz intakter allgemeiner Intelligenz sehr viel verbreiteter ist (Prävalenzrate von über 13%) als bisher angenommen wurde.

Am Beispiel der Lesestörung (Dyslexie) werden in Kapitel 4 die neurobiologischen Grundlagen individueller Risikofaktoren für misslingende Bildungsprozesse skizziert. Ausgehend von in den letzten Jahrzehnten ausführlich untersuchten kognitiven Funktionsdefiziten in der phonologischen Verarbeitung, die charakteristisch sind für Lesestörungen, werden dabei IDeA-Arbeiten skizziert, in denen erstmals neuronale Veränderungen in Zusammenhang mit einer Lese-Rechtschreibstörung gebracht werden. Darüber hinaus wird aufgezeigt, dass die Analyse genetischer Korrelate der Lesestörung zusätzlich zur Analyse neuronaler Veränderungen zum vertieften Verständnis von Lernstörungen beitragen kann. Selbst für die Entwicklung von fundierten Präventions- und Interventionsstrategien scheint eine interdisziplinäre Integration von kognitiv-psychologischen, neurowissenschaftlichen und genetischen Erkenntnissen vielversprechend zu sein.

Risikofaktoren auf der Ebene kontextueller Merkmale

Lern- und Bildungsergebnisse von Kindern sind nicht nur von ihren individuellen Merkmalen abhängig, sondern werden auch durch verschiedene Merkmale der äußeren (natürlichen und sozialen) Umwelt beeinflusst. Kinder sind in verschiedene soziale Kontexte eingebettet (z. B. Familie, Schule, Nachbarschaft, Sportverein), die jeweils eigenständige Wirkungen auf ihre Entwicklung und Bildung ausüben können ( Kap. 1, Exkurs »Kontext- und Kompositionseffekte«). Solche Wirkungen können geplant und beabsichtigt sein (z. B. die Wirkung einer elterlichen Erziehungsmaßnahme oder die Wirkung von schulischem Unterricht) oder auch ungeplant, beiläufig bzw. situativ und unbeabsichtigt (z. B. Nachahmung von elterlichem Verhalten). Die Berücksichtigung aller Umwelteinflüsse (einschließlich der ungeplanten) ist ein Kerngedanke von Sozialisationstheorien; die diese Einflüsse moderierenden Eigenaktivitäten dagegen zentrales Element ko-konstruktivistischer Theorieansätze. Kontexte können einen direkten oder indirekten Einfluss auf das Kind ausüben, und Individuen können in und mit diesen Kontexten unterschiedlich interagieren. Diese Unterscheidung nach direkten und indirekten Kontexten kommt beispielsweise sehr anschaulich im ökosystemischen Ansatz von Bronfenbrenner (z. B. 1994) zum Ausdruck. Bronfenbrenner unterscheidet verschiedene »Systeme«, die auf die Entwicklung von Individuen wirken. Dabei reicht die Spanne dieser Systeme von den »Mikrosystemen«, die die unmittelbaren Interaktionen und Beziehungen von Menschen beinhalten (z. B. Familie) bis hin zum »Makrosystem« auf der Ebene einer ganzen Gesellschaft (dieses beinhaltet z. B. gesellschaftliche Normen, politische Leitbilder und Gesetze). Wie stark und auf welche Art und Weise die verschiedenen Kontexte die Entwicklung und Bildung von Kindern beeinflussen, hängt von den konkreten Merkmalen dieser Kontexte ab und davon, wie Kinder in und mit diesen Kontexten interagieren. Dabei kann eine grobe Unterscheidung zwischen strukturellen und prozessbezogenen Kontextmerkmalen vorgenommen werden, wobei die strukturellen Merkmale nur eine indirekte, die prozessbezogenen Merkmale hingegen (meist) eine direkte Wirkung ausüben. Entsprechend werden strukturelle Merkmale auch als »distal« und prozessbezogene Merkmale auch als »proximal« bezeichnet (vgl. Feinstein, Duckworth & Sabates, 2004).

Da die Kontexte Familie, Wohnumfeld und Bildungsinstitutionen als zentrale Sozialisationskontexte für die Bildung von Kindern einen besonderen Stellenwert besitzen, werden sie im Folgenden genauer betrachtet.

Familie

Die Familie stellt für die Entwicklung und Bildung vieler Kinder sicherlich den wichtigsten Kontext dar. Bildungserfahrungen ebenso wie Leistungsmöglichkeiten und -ergebnisse von Kindern und Jugendlichen hängen oftmals von Merkmalen ihrer Familien ab. So spielt es etwa eine Rolle, ob und wie Kinder im familiären Kontext durch gemeinsame Aktivitäten gefördert werden, wie häufig und in welcher Art und Weise Eltern mit ihren Kindern kommunizieren, ob und wie sie elterliche Konflikte und Stress miterleben oder ob die Eltern durch ihr eigenes Verhalten »gute« oder »schlechte« Vorbilder darstellen. Entsprechend lassen sich familiäre Merkmale identifizieren, die sich positiv auf die Bildung von Kindern auswirken und solche, die negativ mit ihren Bildungsergebnissen zusammenhängen und entsprechend als »Risiko« betrachtet werden können.

Auf der Ebene der strukturellen Faktoren spielen der sozioökonomische Status der Eltern sowie ihr Erwerbsstatus, ein eventuell vorhandener Migrationshintergrund sowie die Familienstruktur und Familiengröße eine bedeutsame Rolle. So ist etwa gut belegt, dass Kinder von Eltern mit einem hohen Bildungsabschluss und einem hohen sozialen Status im Durchschnitt bessere Entwicklungsresultate in verschiedenen Bereichen zeigen und höhere Schulleistungen aufweisen (z. B. Conger, Conger & Martin, 2010; Feinstein et al., 2004). Kapitel 1 befasst sich mit diesen Faktoren genauer. Wie in vielen anderen westlichen Gesellschaften zeigen die Kinder von Einwanderern und ethnischen Minderheiten auch in Deutschland geringere Schulleistungen und Bildungsabschlüsse im Vergleich zu den Kindern der Mehrheitsgesellschaft (Stanat & Christensen, 2006). Bei Immigrantenfamilien spielen mehrere Merkmale der familiären Migrationsbiographie eine Rolle, so stehen zum Beispiel das Alter bei der Einwanderung und der Generationenstatus mit der kindlichen Entwicklung und dem Bildungserfolg in Verbindung (Glick, Batesa & Yabikua, 2009).

Ein großer Bereich der Forschung demonstriert nachteilige Effekte von geringem Einkommen und Armut auf die kindliche Entwicklung und deren Bildungserfolge (siehe Conger et al., 2010). Kapitel 2 greift diese Thematik ebenfalls auf. Armut und ein Fehlen häuslicher Ressourcen birgt vielfache Risiken: In der Familie selbst erfahren die Kinder bereits erhebliche Belastungen und konkrete existentielle Sorgen; in der Schule fehlt es an individueller Unterstützung, um diese Benachteiligung aufzufangen; die Wohngegenden sind meist wenig attraktiv gestaltet und es fehlen Möglichkeiten für Vereinsmitgliedschaften, das Belegen von Kursen etc.

Familienstrukturen tragen wesentlich dazu bei, welche Bildungserfahrungen Kinder machen und welche Bildungsergebnisse sie erzielen. Das hat verschiedene Ursachen, wobei insbesondere der sozioökonomische Status bedeutsam ist. So sind etwa Familien von Alleinerziehenden häufig von Armut betroffen (Lenze, 2014) und die geringeren Bildungserfolge von Kindern alleinerziehender Eltern sind großenteils auf deren schlechtere ökonomische Situation zurückzuführen (Feinstein et al., 2004). Überhaupt scheint der Zusammenhang zwischen strukturellen familiären Faktoren und den Bildungsergebnissen der Kinder dadurch vermittelt zu sein, dass sich Eltern – in Abhängigkeit von den strukturellen Merkmalen – darin unterscheiden, welche Vorstellungen und Überzeugungen sie zu den Themen Bildung und Erziehung haben und welche Bildungsaspirationen sie für ihre Kinder hegen (Becker, 2013).

Als bildungsförderlich haben sich Familienaktivitäten wie Vorlesen und Museumsbesuche erwiesen. Auch das verbreitete Konzept des »natürlichen Wachsenlassens« (Lareau, 2011) bezieht sich auf Aktivitäten in Familien, die eng mit dem Bildungserfolg des Kindes in der Schule verknüpft sind. Kinder aus Familien mit geringem sozioökonomischen Status sind häufiger sich selbst überlassen, erhalten weniger Unterstützung, Anregungen und angeleitete Förderung im Alltag und gestalten ihren Alltag stärker eigenständig und mit Peers (natürliches Wachsenlassen). Im Gegensatz dazu bieten Familien mit einem hohen sozioökonomischen Status ihren Kindern wie selbstverständlich Zugänge zu abwechslungsreichen und kreativen Freizeitbeschäftigungen. Diese Kinder haben häufiger förderliche Interaktionen mit Erwachsenen und entwickeln dementsprechend auch ein größeres Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten sich etwas anzueignen, was sich unter anderem günstig auf eigene Bildungsentscheidungen auswirkt.

Entscheidend für die Wirkung von Familienaktivitäten ist allerdings die Qualität der Beziehung zwischen Eltern und Kind. Empathie der Hauptbezugspersonen ist nachweislich die einflussreichste Quelle für die Entwicklung einer sicheren Bindung ( Kap. 5) ebenso wie für die sogenannte Mentalisierungsfähigkeit ( Kap. 13), beides zentrale Schutzfaktoren für die kindliche Entwicklung (z. B. Cassidy & Shaver, 2008). Die Anpassungsfähigkeit der Hauptbezugspersonen an das Kind fördert nachweislich die Ausbildung früher Affektregulierung und die Entwicklung eines aufstrebenden Selbst (Stern, 2010). Ernste Psychopathologien der Bezugspersonen schränken die sozio-emotionale Entwicklung bereits in den ersten Lebensjahren des Kindes ein (Laucht, Esser & Schmidt, 1994). Die Qualität der elterlichen Beziehung beeinflusst die soziale Entwicklung des Kindes besonders dann, wenn starke ungelöste Konflikte das Familienklima über einen langen Zeitraum beeinträchtigen (Reichle & Gloger-Tippelt, 2007). Vor allem während der ersten Schuljahre können Interesse und Unterstützung von Seiten der Eltern die Lernprozesse der Kinder entscheidend beeinflussen. Der Erziehungsstil der Eltern und die Balance zwischen Fürsorge und Autonomie haben Einfluss auf die Freiheit (Wahlfreiheit) des Kindes und tragen somit zum kindlichen Wohlbefinden bei (Bradshaw, 2011).

Wohnumfeld und Gleichaltrige

Auch wenn die statistischen Zusammenhänge zwischen Merkmalen des Wohnumfeldes und schulischen Leistungen geringer ausfallen als familiäre Effekte, muss das Wohnumfeld und die dort anzutreffende Gruppe der Gleichaltrigen unter die kontextuellen Risikofaktoren für Bildungsmisserfolg subsumiert werden. Der Zugang zu verschiedenen Einrichtungen und Ressourcen sind abhängig von der Nachbarschaft, in der Familien leben. Die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Kindertageseinrichtungen, Schulen, Gesundheitszentren, Bibliotheken, Museen, Theatern, Sportstätten etc. unterscheiden sich von Wohngegend zu Wohngegend (u. a. Leventhal & Brooks-Gunn, 2000). Der Besuch oder Nicht-Besuch solcher Einrichtungen hat einen Einfluss auf die Schulleistungen der Kinder. Mietpreise einer bestimmten Gegend, der durchschnittliche sozioökonomische Status der Anwohner und andere lokale Besonderheiten wie die Arbeitslosenrate, kriminelle Vorkommnisse etc. korrelieren in der Regel mit schulischen Ergebnissen. Wie sicher eine Wohngegend für Kinder ist und wie sehr sie Kindern Bewegungsfreiheiten bietet, trägt nicht unwesentlich zum kindlichen Wohlbefinden bei (u. a. Bradshaw, 2011).

Die Zusammensetzung von Menschen eines Wohnumfeldes kann unterschiedliche indirekte Effekte auf Kinder haben (Friedrichs, Galster & Musterd, 2003). Das soziale Netzwerk kann auch Zugang zu verschiedenen Ressourcen wie Information über lokale Einrichtungen und ihre Qualität liefern (siehe Vincent, Braun & Ball, 2008). Verschiedene Studien haben die Auswirkungen von Beziehungen zu Gleichaltrigen in den Fokus genommen. In manchen Befragungen berichten Kinder mehr Kontakt zu Erwachsenen als zu Gleichaltrigen (Bradshaw, 2011). Ob ein Kind in einer Umgebung aufwächst, in der enge Kontakte zu anderen Kindern üblich sind, scheint von der Wohnsituation abzuhängen, der frei zur Verfügung stehenden Zeit und der Fortbewegungsfreiheit. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Anzahl an Kontakten zu Gleichaltrigen und wie unabhängig sich ein Kind in seiner Umgebung bewegen kann.

Bildungsinstitutionen

Lern- und Bildungsergebnisse von Kindern stehen auch im Zusammenhang mit den Bildungsinstitutionen, die sie besuchen. Im Bereich der vorschulischen Bildung, die in der Regel nicht verpflichtend ist, ist hierbei die erste Frage, ob bzw. ab wann und wie lange ein Kind eine vorschulische Bildungseinrichtung wie Kinderkrippe oder Kindergarten besucht. Der Nicht-Besuch von frühen Betreuungseinrichtungen (oder nur eine kurze Besuchsdauer) gilt in der Regel als Risikofaktor für die Schulbereitschaft ( Kap. 14) eines Kindes (vgl. Burger, 2010). Daneben wird die Rolle von verschiedenen Merkmalen der besuchten Bildungseinrichtung für den Bildungserfolg der Kinder diskutiert. Neben der Art der besuchten Bildungseinrichtung (z. B. Schulform in der Sekundarstufe, Privatschule vs. öffentliche Schule) scheint insbesondere die Qualität einer Schule sowie die Zusammensetzung der Schülerschaft Auswirkungen auf die schulischen Leistungen der Kinder und Jugendlichen zu haben.

Bezogen auf vorschulische Einrichtungen gibt es Belege, dass strukturelle Merkmale wie der Betreuungsschlüssel und der Ausbildungs- und Fortbildungsstand der Betreuungspersonen Zusammenhänge mit der Prozessqualität ( Kap. 14, Exkurs) in Kindertageseinrichtungen aufweist und so – indirekt – die kindliche Entwicklung beeinflusst (siehe für eine detaillierte Diskussion unterschiedlicher Modelle früher Bildungsmaßnahmen und deren Effektivität: Leseman, 2009). Annähernd die gleichen Befunde zeigen sich auch im Schulkontext.

Neben den Merkmalen der Bildungseinrichtungen selbst, kann es für die Lern- und Bildungsprozesse auch eine Rolle spielen, welche anderen Kinder diese Einrichtung besuchen ( Kap. 1, Exkurs zu Kontext- und Kompositionseffekten). Nur wenige Studien fokussieren auf die Effekte der Zusammensetzung von Kindern in Kitas. Die Daten von Biedinger, Becker und Rohling (2007) lassen vermuten, dass ein größerer Anteil von Kindern mit einem hohen sozioökonomischen Status in einer Kindertageseinrichtung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einhergeht, dass die schulischen Anforderungen des Erstunterrichts erfolgreich bewältigt werden. Ähnliche Befunde wurden für den schulischen Kontext berichtet: Ein hoher Anteil von Kindern mit einem hohen sozialen Status und einem hohen durchschnittlichem Kompetenzniveau in Klassen beeinflusst die schulischen Leistungen der Schülerschaft positiv (Baumert, Stanat & Watermann, 2006).

Zur Erklärung der institutionellen Effekte auf den Bildungserfolg, die auch aus Bildungsinstitutionen potenzielle bildungsrelevante Risikofaktoren machen, werden vor allem die Qualität der pädagogischen Prozesse, die pädagogischen Überzeugungen und Erwartungen der Fachkräfte sowie ihre Beziehung zu den ihnen anvertrauten Kindern diskutiert ( Kap. 22 und 23). Prozessqualität bezieht sich dabei auf die Art und Weise wie Kinder individuell gefördert werden. Vermutlich wird die Prozessqualität selbst wiederum durch die Überzeugungen von Lehrkräften zum Lehren und Lernen sowie ihre Einstellungen zu Kindheit und Schülerschaft beeinflusst. Lehrkräfte tendieren beispielsweise dazu, Kinder aus unterschiedlichen sozialen und ethnischen Schichten unterschiedlich wahrzunehmen und zu behandeln. Offensichtlich bekommen Kinder aus Familien mit einem geringeren sozioökonomischen Status weniger Aufmerksamkeit, weniger Zeit mit der Lehrkraft und weniger Unterstützung (Feinstein et al., 2004).

Ähnlich wie bei den Risikofaktoren auf der Ebene der individuellen Merkmale sind am IDeA-Zentrum ausgewählte kontextuelle Risikofaktoren schwerpunktmäßig untersucht worden. Die beiden ersten Kapitel dieses Bandes zeigen auf, wo hier die Schwerpunkte gesetzt wurden. In Kapitel 1 werden die nicht nur in Deutschland hochgradig überlappenden kontextuellen Merkmale des sozioökonomischen Status und des Zuwanderungs- bzw. Migrationshintergrunds aus vorrangig soziologischer Perspektive reflektiert. In Kapitel 2 wird hingegen aus einer eher erziehungswissenschaftlichen Perspektive das Thema Familienarmut und deren Risiken für den Bildungserfolg der Kinder aus diesen Familien behandelt.

Ausblick: Zeitliche Veränderungen von Risikofaktoren und ihre Interaktionen

Es ist offenkundig, dass sich vielfältige und komplexe Interaktionen zwischen den skizzierten Risikofaktoren sowohl zwischen als auch innerhalb der individuellen und kontextbezogenen Ebene auf den individuellen Bildungserfolg auswirken. Die Beschaffenheit und die Stärke dieser Interaktionen ist allerdings eine noch weitgehend offene Forschungsfrage. Das erschwert die Vorhersage von eventuellen Bildungsmisserfolgen unter Berücksichtigung vorliegender Risikofaktoren auf der Ebene eines einzigen Individuums wie auch auf der Ebene von Gruppen (z. B. Kinder mit Lernschwierigkeiten). Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb – unabhängig von unserem breiten Verständnis über einzelne Risikofaktoren, die den Erfolg von Lernbemühungen in Bildungsinstitutionen erschweren – es immer noch nahezu unmöglich ist, valide Vorhersagen über Schulkarrieren und andere Bildungsergebnisse von Kindern und Jugendlichen zu treffen. Denn wir wissen bisher nur sehr wenig über die Entwicklungsdynamiken individueller und kontextueller Risikobedingungen und deren komplexen Wirkungen auf kindliche Lernaktivitäten und Bildungsprozesse. Eine der herausforderndsten Aufgaben der zukünftigen Forschung wird es daher sein, diesen zeitlichen Veränderungen der Risikofaktoren nachzugehen, sie zu verstehen und vorherzusagen. Um dies zu erreichen wird am Frankfurter IDeA-Zentrum mithilfe längsschnittlicher, quantitativer und qualitativer Methoden in einem transdisziplinären Rahmen geforscht.

Literatur

Alloway, T. P. & Alloway, R. G. (2010). Investigating the predictive roles of working memory and IQ in academic attainment. Journal of Experimental Child Psychology, 106, 20–29. doi:10.1016/j.jecp.2009.11.003.

Baumert, J., Stanat, P. & Watermann, R. (2006). Schulstruktur und die Entstehung differenzieller Lern- und Entwicklungsmilieus. In J. Baumert, P. Stanat & R. Watermann (Hrsg.), Herkunftsbedingte Disparitäten im Bildungswesen: Differenzielle Bildungsprozesse und Probleme der Verteilungsgerechtigkeit. Vertiefende Analysen im Rahmen von PISA 2000 (S. 95–188). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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1          Elternmerkmale: Sozioökonomischer Status und Migrationshintergrund

Birgit Becker

Welche Lern- und Bildungsergebnisse Kinder und Jugendliche erzielen, hängt systematisch von verschiedenen Merkmalen ihres Elternhauses ab. Zwei ganz wesentliche Merkmale in diesem Sinne sind der sozioökonomische Status der Eltern und ein eventuell vorhandener Migrationshintergrund. Die ungleiche Verteilung von Bildungsergebnissen nach solchen sozialen Kategorien wird auch als Bildungsungleichheit bezeichnet. In diesem Beitrag werden solche Bildungsungleichheiten in der frühen Kindheit in den Blick genommen, wobei einige ausgewählte Befunde aus dem IDeA-Projekt ESKOM-Ü4 (Erwerb von sprachlichen und kulturellen Kompetenzen von Migrantenkindern und der Übergang nach der vierten Klasse) vorgestellt werden.

1.1       Sozioökonomischer Status und Migrationshintergrund

Der sozioökonomische Status der Eltern sowie ein Migrationshintergrund zählen zu den sozialen Einflussfaktoren auf die Lern- und Bildungsergebnisse von Kindern und Jugendlichen ( Kap. I Bildungsrelevante Risiken: Einführung).

Der sozioökonomische Status (SES, vom englischen Begriff »socio-economic status«) ist ein multidimensionales Konstrukt, das die Position eines Individuums innerhalb einer gesellschaftlichen Hierarchie beschreibt, wobei diese Position mit der Verfügung über verschiedene ökonomische, kulturelle und soziale Ressourcen einhergeht (Bradley & Corwyn, 2002; Ditton & Maaz, 2015). Oft versteht man unter dem sozioökonomischen Status auch die »Bündelungen mehrerer Merkmale, um die Platzierung in der gesellschaftlichen Hierarchie zu bestimmen« (Ditton & Maaz, 2015, S. 229). Üblicherweise werden dazu das Bildungsniveau, die berufliche Stellung sowie das Einkommen einer Person verwendet. Ein häufig (z. B. im Rahmen der PISA-Studien) verwendeter Indikator für den SES ist der »International Socio-Economic Index of Occupational Status« (ISEI), der die Berufe von Personen in einer hierarchischen Ordnung darstellt (mit Punktwerten von 16 für landwirtschaftliche Hilfskräfte bis 90 für Richter), wobei in diese Skalierung sowohl das jeweilige Bildungsniveau von Personen mit diesen Berufen als auch deren Einkommen eingeht (Ganzeboom, De Graaf & Treiman, 1992). Es gibt jedoch keine einheitliche Definition oder Messung des SES, sondern diese richten sich nach dem jeweiligen konkreten Forschungsinteresse. Stehen eher die ökonomischen Ressourcen von Personen im inhaltlichen Fokus, werden eher Indikatoren zum Einkommen, zum Erwerbsstatus oder zur Klassenposition verwendet. Stehen hingegen eher die kulturellen Ressourcen im Vordergrund, werden eher Indikatoren zum Bildungsniveau oder zu kulturellen Aktivitäten oder Besitztümern (z. B. Anzahl der Bücher zu Hause) verwendet. Meist werden mehrere dieser Indikatoren gleichzeitig verwendet, um die verschiedenen Dimensionen des SES zu berücksichtigen (vgl. Bukodi & Goldthorpe, 2013).

Zu den Personen mit Migrationshintergrund werden meist diejenigen gezählt, die entweder selbst im Ausland geboren sind oder mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil haben. Allerdings gibt es auch für den Begriff »Migrationshintergrund« keine einheitliche Definition (Dubowy et al., 2011). Das Statistische Bundesamt definiert ihn folgendermaßen: »Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen alle Ausländer und eingebürgerten ehemaligen Ausländer, alle nach 1949 als Deutsche auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderte, sowie alle in Deutschland als Deutsche Geborene mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil« (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2015, S. 5). Neben dem Geburtsland und dem Geburtsland der Eltern fließt in diese Definition zusätzlich auch noch die (ehemalige) Staatsbürgerschaft und die (ehemalige) Staatsbürgerschaft der Eltern mit ein. Gelegentlich wird auch die Herkunftssprache bzw. die Familiensprache als Definitionsmerkmal zur Bestimmung des Migrationshintergrunds verwendet. Damit kann es vorkommen, dass die gleichen Personen je nach Definition einmal als »mit Migrationshintergrund« und ein anderes Mal als »ohne Migrationshintergrund« klassifiziert werden, was auch zu unterschiedlichen inhaltlichen Aussagen führen kann (Gresch & Kristen, 2011). Es ist zudem wichtig festzuhalten, dass »Personen mit Migrationshintergrund« in Deutschland keine homogene Gruppe darstellen. Üblich ist daher eine weitere Differenzierung nach dem Herkunftsland und Generationenstatus. Als Migrantinnen und Migranten der ersten Generation werden solche Personen bezeichnet, die im Ausland geboren und nach Deutschland zugewandert sind. Migrantinnen und Migranten der zweiten Generation sind in Deutschland geboren, haben jedoch mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil, während Migrantinnen und Migranten der dritten Generation die Nachfahren von Migranten der zweiten Generation sind (für eine detaillierte Darstellung des Generationenstatus vgl. Becker, 2011; Dollmann, Jacob & Kalter, 2014).

Sozioökonomischer Status und Migrationshintergrund sind in Deutschland nicht unabhängig voneinander, sondern zeigen einen systematischen Zusammenhang: Im Durchschnitt ist der SES von Personen mit Migrationshintergrund niedriger als der SES von Personen ohne Migrationshintergrund (Kalter, 2008; Kalter, Granato & Kristen, 2007). Woran liegt das? Speziell bei den sogenannten Gastarbeitern in den 1960er und frühen 1970er Jahren liegt eine »negative Selektion« in Bezug auf den SES vor, da vor allem Personen mit geringer Bildung und Qualifikation im Zuge der »Gastarbeitermigration« nach Deutschland eingewandert sind. Diese Migranten und ihre Nachfahren verfügen auch derzeit noch im Durchschnitt über einen geringeren SES als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, besonders im Nachteil sind hierbei türkischstämmige Personen (vgl. Kalter, 2008). Für die meisten Migrantengruppen in Deutschland ist ein solcher negativer Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Status feststellbar, jedoch existieren auch Ausnahmen: Beispielsweise wurden für Migranten aus westeuropäischen Ländern, die nicht aus den klassischen »Gastarbeiter«-Ländern stammen, im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund sogar vorteilhaftere berufliche Positionierungen festgestellt, was sich auf deren höhere Bildungsqualifikationen zurückführen lässt (Kalter, 2008). Das Ausmaß des Zusammenhangs zwischen SES und Migrationshintergrund variiert somit zwischen verschiedenen Herkunftsländern und nimmt in der Regel im Laufe der Generationen ab (Kalter, 2008; Kalter et al., 2007).

1.2       Der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status der Eltern und den Bildungsergebnissen von Kindern und Jugendlichen

Zwischen dem sozioökonomischen Status der Eltern und den Bildungsergebnissen von Kindern und Jugendlichen existiert in Deutschland (ebenso wie in anderen westlichen Industrienationen) ein positiver Zusammenhang (für einen internationalen Vergleich vgl. Barone, 2006; Marks, Cresswell & Ainley, 2006): Kinder von Eltern mit hohem SES weisen im Durchschnitt bessere Bildungsergebnisse auf als Kinder von Eltern mit niedrigem SES.

Dieser Zusammenhang ist in zahlreichen empirischen Studien bestätigt worden, etwa bereits bei Kompetenzen in der frühen Kindheit (Anders et al., 2012; Niklas & Schneider 2010), bei schulischen Leistungen im Grundschulalter (Ditton & Krüsken, 2009; Wendt, Stubbe & Schwippert, 2012), beim Übergang in verschiedene Schulformen der Sekundarstufe (Ditton, 2013; Maaz & Nagy, 2010), bei schulischen Leistungen in der Sekundarstufe (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014; Ehmke, Hohensee, Siegle & Prenzel, 2005) sowie beim Übergang in Ausbildung und Hochschulbildung (Becker & Hecken, 2009; Schindler, 2012). Der Zusammenhang zwischen dem SES der Eltern und den Bildungsergebnissen ihrer Kinder ist damit insgesamt einer der eindeutigsten Befunde in der empirischen Bildungsforschung.

Für die Erklärung dieses Zusammenhangs existieren verschiedene theoretische Ansätze. Diese können grob danach klassifiziert werden, welche Akteure sie ins Zentrum der Erklärung stellen. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Erklärungsansätze auf der Ebene der Familien und der Schulen kurz angesprochen, ohne dass dabei ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht.

Erklärungsansätze auf der Ebene der Familien

Bei den Erklärungen, die bei den Familien selbst ansetzen, hat sich die analytische Unterscheidung von Boudon (1974) etabliert, der zwischen primären und sekundären Effekten der sozialen Herkunft differenziert. Unter den primären Effekten versteht man die Unterschiede in den schulischen Leistungen zwischen den Kindern aus Familien mit hohem vs. niedrigem SES, während die sekundären Effekte Unterschiede in den Bildungsentscheidungen der Familien nach SES (selbst bei gleicher schulischer Leistung) bezeichnen.