Erfahre dein wahres Selbst - Matthias Dhammavaro Jordan - E-Book

Erfahre dein wahres Selbst E-Book

Matthias Dhammavaro Jordan

0,0

  • Herausgeber: Via Nova
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

"Wer bin ich eigentlich wirklich - hinter all den Gefühlen, Gedanken, Persönlichkeitsanteilen, Masken und inneren Stimmen?" Haben Sie sich diese Frage auch schon mal gestellt? Dann haben Sie mit diesem Buch nun die gute Chance, darauf wirklich eine Antwort zu finden. Denn dem ehemaligen buddhistischen Mönch gelingt es hier, tiefe spirituelle Weisheit und zeitlose Wahrheiten leicht und lebendig, für jeden unmittelbar verständlich und erfahrbar darzustellen. Anhand praktischer Anleitungen, anregender Inspirationen, alltäglicher Geschichten und wirkungsvoller Übungen werden wir motiviert, uns selbst zu erforschen und unser wahres Selbst zu finden. Und da wartet eine ganz neue Freiheit, Stille, Kraft, Klarheit, Freude und der große weite Raum. Willkommen zuhause!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 255

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Matthias Dhammavaro JordanErfahre dein wahres Selbst

Matthias Dhammavaro Jordan

Erfahre dein

wahres Selbst

Eine Reise in die Weite des Seins

Verlag Via Nova, Alte Landstr. 12, 36100 Petersberg

Telefon: (06 61) 6 29 73

Fax: (06 61) 96 79 560

E-Mail: [email protected]

Internet: www.verlag-vianova.de

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München

Satz: Sebastian Carl, Amerang

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

© Alle Rechte vorbehalten

Print: 978-3-86616-361-4

ePub: 978-3-86616-411-6

Inhalt

Vorwort

Erster Teil: Erfahre dein wahres Selbst

Geschichten

Einen Anfang finden und ‚von hinten‘ schauen

Verlaufen

Systeme

EGO

Tue das, was zu tun ist

Vertrauen

Erwartungen

Puh Ruh, das Wissende

Raum und Geist

Wie geht’s denn so?

Wer fängt den Ball?

Atammayata, das wiederentdeckte Wort

Vom Erleben zum Beobachten

Auf der Überholspur

Der letzte Satz

Mensch sein

Die große Freiheit ohne Namen

Die vollkommene Depression

Die Heilmittel der Weisen

Schuld, Scham und Sünde

Identität, oder: Wer bin ich (nicht)?

Alle sind schon erleuchtet, nur ich noch nicht

Nahtoderfahrungen

Das Ganze und die Einzelteile

Nur wer reinen Herzens ist, wird in das Himmelreich eingehen

Heute ist Ihr Geburtstag,

Zweiter Teil: Die Stimmen des Selbst

Historisches

Der Anfang, die Fragen, die Antwort (?)

Die spirituelle Amazone, der spirituelle Krieger

Die ‚negativen’ Emotionen

Die Suche nach dem wahren Selbst

Nicht-Ich

Wie sich Individualität bildet

Einführung in die praktischen Übungen

Kennenlernen der Persönlichkeitsanteile

Einladung der Persönlichkeitsanteile

Und los geht’s mit der Befragung

Der Kontrolleur

Der Beschützer

Das Opfer

Das verletzte Selbst

Das unschuldige und verletzbare Kind

Der Perfektionist

Das Wollen

Die Verbitterung

Die Reue

Die Hoffnung

Die Nicht-Hoffnung

Die Sorge

Die Angst

Der Mut

Der innere Schweinehund

Die Unterscheidung

Der Bewerter

Die Abwertung

Der Zweifel

Der Ärger

Der Kritiker

Die Dankbarkeit 1

Die Dankbarkeit 2

Die Verbundenheit

Die Freude

Die Kreativität

Das Mitgefühl

Die Mitfreude

Das Vertrauen

Die Hingabe

Die Ernüchterung

Die Weisheit

Der Gleichmut

Der Schalk

Zur Erinnerung

Die zehn Paramitas

Großzügigkeit

Ethisches Verhalten

Verzicht

Weisheit

Kraft

Geduld/ Toleranz

Wahrhaftigkeit

Entschlossenheit

Liebende Güte

Gleichmut

Die fünf geistigen Bewegungen

Verlangen/ Wollen

Abneigung

Lethargie

Erregung/ Ruhelosigkeit

Skeptischer Zweifel

Der weite Raum

Der große, weite Raum

Die Liebe

Das Leben, der Alltag, das Jetzt

Dritter Teil: Hsin-hsin Ming

Vorwort zur deutschen Übersetzung

Vorwort zur englischen Übersetzung

Hsin-hsin Ming – Verse über das vertrauende Herz

Glossar

Danksagung

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich möchte Sie mit diesem Buch zu einer Reise einladen, einer Reise zu sich selbst.

Wenn wir mal ganz ehrlich sind, wissen wir eigentlich nicht wirklich, wer wir sind, und das, was wir glauben zu sein, kann sich immer sehr schnell ändern.

Was nehmen wir als unser persönliches Ich? Kann ich etwas sein, das sich ständig ändert? Gibt es da etwas, das sich nicht ändert? Diese und viele andere Fragen werde ich hier stellen.

Ob Sie eine letzte Antwort finden werden, weiß ich nicht.

Dieses Buch besteht aus drei Teilen.

Im ersten Teil stelle ich Alltagssituationen dar und beschreibe verschiedene Persönlichkeitsanteile in diesem ‚Lebensspiel‘. Einige dieser Betrachtungen sind den Fragen gewidmet: Wer erlebt das eigentlich alles? Was ist dieses ‚Ich‘, wer bin ich und was kann ich nicht sein?

Im zweiten Teil untersuche ich einzelne Persönlichkeitsanteile, lasse sie zu Wort kommen, zeige auf, dass wir diese verschiedenen Anteile haben, aber nicht sein können, und lade Sie dazu ein, das zu erkunden und in Kontakt mit Ihrer inneren Weite und Räumlichkeit zu kommen. Aber glauben Sie nichts, denn Sie sind immer Ihre eigene Autorität!

Der dritte Teil ist ein kleines Juwel. Es ist die Übersetzung eines der ältesten ZEN-Dokumente aus dem Jahre 606 n.Chr.

Mein alter Lehrer Ajahn Buddhadasa sagte einmal, dass etwas praktisch anwendbar sein müsse, damit es seinen Nutzen entfalten könne.

Dieses Buch hier möchte diesem Standard entsprechen und ich würde mir sehr wünschen, dass Sie einen praktischen Nutzen davon haben, der besonders im zweiten Teil angeboten wird.

Es ist mir eine Herzensangelegenheit, es in die Welt zu bringen in der Hoffnung, dass folgender Satz von Rumi zum Tragen kommt: „Das Wort, das aus der Seele spricht, das setzt sich ganz bestimmt ins Herz.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude und erkenntnisreiche Momente auf der Reise durch die Weite des Seins und zu sich selbst!

Mit guten Gedanken

Matthias Dhammavaro Jordan

ERSTER TEILErfahre dein wahres Selbst

Geschichten

… wenn wir am Ende unseres Lebens

auf all das zurückschauen, was geschehen ist,

waren es alles nur Geschichten, die wir erlebten.

Aber genau genommen brauchen Sie gar nicht so lange zu warten, denn Sie haben ja schon eine bestimmte Wegstrecke Ihres Lebens zurückgelegt und können schon jetzt zurückschauen und die obige Betrachtung anstellen.

Wenn Sie in die Vergangenheit schauen, können Sie feststellen: Alles, was bislang geschah, hatte einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Alles, was bisher geschah und was Sie erlebten, waren nur Geschichten, die Einfluss, eine Qualität und eine richtungsweisende Wirkung hatten. Aber alle diese Geschichten haben Sie genau dahin gebracht, wo Sie jetzt sind, und das mitgestaltet, was Sie sind oder zu sein glauben, und sicherlich leben Sie auch gerade in einer oder mehreren Geschichten.

Jemand erzählte einmal dieses beeindruckende Gleichnis:

Angenommen, Sie werden bei Ihrer Geburt von einer Klippe hinunter in das Leben hineingeworfen. Der Aufprall unten ist Ihnen gewiss, aber wann, wer weiß das schon?

Und während Sie so fallen, machen Sie alle diese Lebenserfahrungen: Sie erleben die Kindheit und die Schulzeit, die Beziehungen zu all den Menschen um sich herum, die in die gleiche Richtung fallen. Hier ein kleiner Konflikt, dort ein Erfolg, dann die vielen Sorgen um die Zukunft, Ängste und depressive Verstimmungen, eine kleine Freude hier und dort, ein Mensch, der kommt, ein anderer, der Sie verlässt, und während Sie das alles so erleben, rauschen Sie im freien Fall immer näher dem Aufschlag entgegen.

Manche Menschen bleiben an einem Felsvorsprung hängen und schlagen dort auf, vielleicht nach 10, 20, 30 oder erst 80 Jahren des freien Falls.

Sie aber, und andere um Sie herum, fallen weiter und immer weiter dem sicheren Aufschlag entgegen.

Wenn Sie sich der Tatsache Ihrer eigenen Endlichkeit bewusst werden und diese Tatsache wirklich anerkennen, kann das zu bestimmten Konsequenzen führen.

Auf den kommenden Seiten lade ich Sie zu verschiedenen Betrachtungen ein. Ich werde Ihnen Geschichten erzählen, Lebensereignisse beschreiben, Vermutungen aufstellen, Religionen und weise Menschen zu Wort kommen lassen und hoffe, Sie auf eine kontemplative Reise mitnehmen zu können, die viel Raum für eigene Erkenntnisse lässt.

Einen Anfang findenund ‚von hinten‘ schauen

Manchmal kann die Betrachtung von einem Ende der Anfang für etwas Neues sein, für eine neue Haltung, eine neue Sicht, einen neuen Lebensabschnitt, ein verändertes Leben. Es werden neue Prioritäten gesetzt, wie auch immer sich das für den einzelnen auswirkt.

Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte,

würde ich im nächsten Leben versuchen,

mehr Fehler zu machen.

Ich würde nicht so perfekt sein wollen.

Ich würde mich mehr entspannen.

Ich wäre ein bisschen verrückter,

als ich es gewesen bin.

Ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen.

Ich würde nicht so gesund leben.

Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen,

Sonnenuntergänge betrachten,

mehr bergsteigen, mehr in Flüssen schwimmen.

Ich war einer dieser klugen Menschen,

die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten;

freilich hatte ich auch Momente der Freude,

aber wenn ich noch einmal anfangen könnte,

würde ich versuchen,

nur mehr gute Augenblicke zu haben.

Falls Du es noch nicht weißt,

aus diesen besteht nämlich das Leben;

nur aus Augenblicken, vergiss nicht den jetzigen!

Wenn ich noch einmal leben könnte,

würde ich von Frühlingsbeginn

an bis in den Spätherbst hinein barfuß gehen.

Und ich würde mehr mit Kindern spielen,

wenn ich das Leben noch vor mir hätte.

Aber sehen Sie, ich bin 85 Jahre alt und weiß,

dass ich bald sterben werde.

(Diese Version der ‚Lebensweisheit’ wird Jorge Luis Borges zugeschrieben.)

Unser Geist wird von vielen Gedanken bewegt, und die Inhalte dieser Gedanken handeln von Geschichten, Lebensgeschichten. Es ist sehr leicht, sich immer wieder auf diese Geschichten zu beziehen, denn sie sind das Offensichtliche. Aufgrund der ganzen Geschichten meines Lebens entstehen die verschiedenen Selbstbilder und meine Identitäten.

Aber, bin ich diese Geschichten?

Manchmal reden Leute von Selbsterfahrung.

Was Sie dann mitunter machen, ist einfach nur, die Geschichten noch mal zu erleben, die sie als ihr Selbst annehmen. Es werden Geschichten erfahren, aber nicht das Selbst.

Das wahre Selbst zu erfahren ist keine leichte Sache, sagen die Weisen. Es hat keine Form, es hat keine Farbe und es hat keine Geschichten an sich hängen.

Es gibt da keine Bewegung, die man beobachten könnte, sondern man kann sich nur mit der ihm innewohnenden Stille verbinden.

Ein Geist aber, der immer gewohnt ist, in Bewegung zu sein, und in diesem Bewegen auch noch eine gewisse Faszination empfindet, wird den Weg in den stillen Raum schwer finden. Die Gedanken, die Bewegungen, die Geschichten des Lebens sind viel interessanter und faszinierender als einfach nur ein stiller, leerer Raum.

Wenn man diesen Raum nie erlebt hat, weiß man noch nicht, dass in dieser Stille die Verbundenheit verborgen ist, die wir alle suchen, einhergehend mit Frieden, Liebe, Zufriedenheit und dem Gefühl, hier zu sein. Dazu kommt die Weisheit, die Fähigkeit, zu wissen, wie die Dinge wirklich sind.

Bewegungen hindern uns am Ankommen. Sie bilden Zwischenziele, bei denen es immer nur ein kurzes Verweilen gibt. Dann nimmt uns irgendeine innere oder äußere Kraft wieder mit auf die Reise, irgendwohin zu neuem Erleben, in welcher Form auch immer.

Und schon sind wir wieder ‚draußen‘ und auf der Jagd nach irgendetwas.

Solange sich diese Bewegungen und Reisen angenehm anfühlen, gibt es keinen Grund, nicht so weiterzumachen. An irgendeinem Punkt ihres Lebens stellen Menschen dann vielleicht fest, dass sie immer noch eine tiefe Unzufriedenheit spüren, obwohl sie eigentlich alles haben, was sie brauchen, und meistens haben sie sogar, was sie wollen, in Bezug auf Beruf, Karriere, Haus, Familie, Bankkonto und so weiter.

Das Leben läuft eigentlich genau so, wie sie es sich immer wünschten.

Manchmal werden Menschen in ihrem Leben wachgerüttelt: Die Frau verlässt ihren Mann, der Mann verlässt seine Frau, man bekommt eine Krankheit, man verliert seinen Job oder sein Vermögen, bemerkt, dass das Leben nicht immer das für einen bereithält, was man gerne möchte. Dann macht man sich selbst dafür verantwortlich, macht andere verantwortlich, sucht einen Schuldigen, den man dafür anklagen kann. Manche glauben, sie seien Versager, die irgendwann, irgendwo, irgendetwas falsch gemacht haben.

Aber dabei ist es ganz anders.

Das Leben folgt einfach seiner natürlichen Bahn. Dinge entstehen, verweilen, vergehen nach uraltem Gesetz und manchmal sehr unerklärlichen Gesetzmäßigkeiten.

Vielleicht stellt man sich dann die großen Fragen: Woher komme ich, wohin gehe ich, wie mache ich das? Was ist der Sinn dieses Lebens, warum bin ich hier, was ist wirklich wichtig in diesem Leben? Wer bin ich eigentlich wirklich? Wer bin ich, ohne diese Geschichten, die ich erlebte und die sich manchmal in meinem Geist abspulen?

Diese Frage ist vielleicht der Beginn einer Reise zu sich selbst.

Wenn alle Geschichten dort gelassen werden, wo sie hingehören, nämlich in die Vergangenheit, gibt es ja hier immer noch jemanden, der sagt: Ich bin.

Kann ich dieses ‚Ich bin’ für eine kurze Weile einfach mal so stehen lassen und es nur erleben? Mich hier sogar ausruhen vom ewigen Machen und Tun?

Was finde ich hier bei mir, ohne Geschichten?

Anfangs kann es in der stillen Betrachtung sehr viel geistigen Lärm geben, der ganze geistige ‚Müll‘, als Abfallprodukt der gesammelten Geschichten. Dieser Teil in mir, der sich mit allen diesen Geschichten identifiziert, bekommt Angst, ohne sie nichts oder niemand mehr zu sein. Er verliert seinen Halt und hält sich gerne an diesen Geschichten fest.

Dieser Teil bezieht aus diesen Geschichten seine Identität, seinen Namen, seine Stellung, seinen Wert….

Dann geht es darum, den Weg zu finden zu meinem wahren Selbst.

Aber dieses Selbst hat keinen Namen, hat keine Form, keine Farbe. Es kann gefühlt werden als eine unendliche Weite, wie ein stiller Raum, wo es keine Bewegung gibt. Das ist der Ort, wo man sich ausruhen kann, wo man sein kann, ohne etwas Besonderes zu sein.

Der Verstand kann damit nichts anfangen. Denn der Verstand liebt die Bewegung, kennt sich in den Geschichten aus, ist daran gewöhnt, immer etwas zu tun, sich zu bewegen, in die Zeit zu gehen, und bietet alle diese Geschichten dem Selbst an.

Der Raum der Stille ist noch unerforscht, obwohl er die Basis für alle diese Geschichten ist, der Zwischenraum, die Stille, die nichts ist, außer sich selbst.

Und die Lebensreise beginnt.

Aber wenn schon leben, dann in vollen Zügen und mit Begeisterung, mit Liebe, Freude, Kraft und einem Ring am Finger, auf dem steht: Auch DAS wird sich ändern. Joseph Beuys rät zu Folgendem:

Öffne dich!

Lass dich fallen.

Lerne Schlangen zu beobachten.

Pflanze unmögliche Gärten.

Lade jemanden Gefährlichen zum Tee ein.

Mache kleine Zeichen, die „ja“ sagen,

und verteile sie überall in deinem Haus.

Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.

Freue dich auf Träume.

Weine bei Kinofilmen; schaukle so hoch du kannst

mit einer Schaukel … bei Mondlicht.

Pflege verschiedene Stimmungen.

Verweigere dich, „verantwortlich“ zu sein,

tu’ es aus Liebe.

Mache eine Menge Nickerchen.

Gib Geld weiter. Mach es jetzt. Das Geld wird folgen.

Glaube an Zauberei, lache eine Menge.

Bade im Mondschein.

Träume wilde, phantasievolle Träume.

Zeichne auf die Wände.

Lies jeden Tag.

Stell dir vor, du wärest verzaubert.

Kichere mit Kindern. Höre alten Leuten zu.

Öffne dich. Tauche ein. Sei frei. Preise dich selbst.

Lass die Angst fallen, spiele mit allem.

Unterhalte das Kind in dir. Du bist unschuldig.

Baue eine Burg aus Decken. Werde nass.

Umarme Bäume.

Schreibe Liebesbriefe.

Verlaufen

„Jegliche Liebe ist eine Art Heimweh, eine Sehnsucht

nach einem verlorenen Paradies. Wir müssen uns

darüber im Klaren sein, dass wir Liebe nicht zu

erwerben brauchen, denn in der Tiefe unseres Selbst

sind wir „Verlangen nach vollkommener Seligkeit“.

JEAN KLEIN

Wir alle fühlen im tiefsten Inneren eine Sehnsucht nach Verbundenheit, nach der ursprünglichen, reinen Liebe, die sich manchmal fühlen lassen und sich mit uns selbst und anderen verbinden möchte. Doch wir haben diesen ‚Ort des Seins‘ verlassen und fühlen uns verloren in der großen Leere, alleine, unverbunden und einsam.

Die ‚Erbsünde‘ hat diese große Kluft entstehen lassen und diese tiefe, blutende Wunde des gefühlten Getrenntseins in unser Herz gerissen.

Dann aß Eva diesen Apfel vom Baum der zweifelhaften Erkenntnis von Gut und Böse, Positiv und Negativ und entfernte sich aus der Einheit des allumfassenden Seins und Adam folgte ihr direkt hinterher.

In diesem ‚Eins-Sein‘, nahm jeder Teil seinen ursprünglichen Platz ein und fügte sich harmonisch in das Ganze, ohne etwas Besonderes zu sein.

Begriffe wie: anders, größer, kleiner, wichtig, unwichtig, besser, schlechter existierten nicht, ja machten überhaupt keinen Sinn. Die ganze Bewertungsstruktur entfaltete sich mit diesem einen Biss, und der Mensch verlor seine naturgegebene Stellung in dieser Einheit.

Dann stand er da, nackt, unverbunden und schämte sich seiner Nacktheit.

Er hatte sich verlaufen und wusste nicht mehr, wohin er gehörte.

Er hatte seinen Platz, sein ursprüngliches Zuhause verlassen, aber die tiefe Sehnsucht danach hat ihn nie verlassen und brennt immer noch tief in seinem Herzen.

Aber um sich weiterhin fühlen zu können und eine Stellung und Position zu geben, setzte er sich vergleichend mit anderen Teilen in Beziehung. Somit kam Bewegung in dieses Spiel des Lebens.

Er entwickelte die Herzenstrübungen, um seine Position zum einen zu halten und zum anderen zu verbessern. Das war die Geburtsstunde des ‚Wollens‘, und mit ihm entstanden die anderen kleinen und großen Anverwandten des Wollens: Geiz, Neid, Eifersucht, Angst, etwas zu verlieren oder nicht zu bekommen, auch der Ärger und die Sorge reihten sich hier ein.

Alle Dinge, die das Wollen dann heranholte, verbanden ihn aber nur scheinbar mit ‚etwas da draußen‘, für kurze, vergängliche Zeit.

Diese Dinge konnten die Leere der tiefen Sehnsucht nach dem wirklichen Zuhause nie füllen.

Wir fanden nur scheinbar Wege, um diese Verbundenheit kurzfristig zu fühlen, aber erhofften uns ewige Zufriedenheit. Wir besorgen uns ‚Dinge‘, die uns freudvoll und glücklich stimmen. Wenn die Freude spürbar ist, verweilen wir im Moment und fühlen uns mit und über diese Dinge verbunden.

Aber diese ‚Dinge‘ bleiben nicht. Gehen sie, vergehen auch die Freude und das Glück.

Und so geht es weiter und weiter und weiter … bis zu der Erkenntnis: Ich habe mich abhängig gemacht von Glück und Freude, die ich im Außen bekam. Habe mein Wohlbefinden und meine Selbst-Wertschätzung in das Bewertungssystem der Anderen und der Welt gelegt und wurde so zum Spielball der Launen der ‚Welt‘.

Ich habe meine Kraft veräußert und bin abhängig geworden von Lob und Tadel, Anerkennung und Ablehnung, Freude und Glück, Ruhm und Ehre, habe mich selbst verloren, irgendwo da draußen, und versuche die Einzelteile meiner Ganzheit stückchenweise zurückzuholen.

Doch dort werde ich nichts finden, das dauerhaft bei mir bleibt, in dieser vergänglichen Welt mit ihren vergänglichen Erscheinungen. Ein Ankommen kann es so nicht geben.

Am Ende der Tage bleibt die Verzweiflung über die Irrwege und das nicht wiedergefundene Paradies. Es bleibt nur ein Strom von Sand, der mit einem Abschiedslied stetig durch meine Finger rinnt.

Dann sind meine Hände wieder leer. Weil es nichts, aber auch gar nichts zu halten gibt.

Wonach werde ich als Nächstes greifen?

Und so irrt der Wanderer weiterhin durch die heißen und kalten Wüsten der Einsamkeit, angetrieben, gestoßen, gedrängt von dieser tiefen Sehnsucht nach Liebe, nach Hierbleiben, Verbundenheit und stillem Sein …

Systeme

Alle Geschichten, die das Leben erzählt, spielen sich in Zusammenhängen ab, mit den dazugehörigen Situationen und Menschen und deren Rollen, die sie in diesen Systemen einnehmen.

Von einer systemischen Betrachtungsweise sprechen wir, wenn wir die Dinge als System betrachten, einzelne Teile in Zusammenhang zueinander und zum größeren Ganzen sehen. Ursachen für Probleme werden nicht bei den einzelnen Teilen, sondern in der Struktur des Systems gesucht. Denn Probleme und Konflikte resultieren meist aus zugrundeliegenden Strukturen und weniger aus individuellen Fehlern oder bösen Absichten. Systemisches Denken löst sich von richtig und falsch, gut und böse, unschuldig und schuldig.

Verbundene Hände

Während meiner Hospizhelferausbildung hatte ich ein sehr beeindruckendes Erlebnis:

Die Leiterin bat uns, in einem Kreis Aufstellung zu nehmen und die Hände gefaltet vor die Brust zu nehmen. Sie nahm einen langen Faden und verband alle Hände damit.

Dann bat sie einen der Teilnehmer, irgendeinen Finger seiner Hand zu bewegen.

Als mein Gegenüber einen Finger bewegte, spürte ich sofort über den verbundenen Faden seine Bewegung und alle anderen natürlich auch.

Ein wunderbares Beispiel, das fühlen und erleben lässt, dass jede Bewegung, die wir machen, Auswirkungen auf das Ganze hat und dass wir alle miteinander verbunden sind.

Manche Menschen halten, bewusst oder unbewusst,

ganze Familienverbände oder andere Strukturen

zusammen. Sie nehmen oft unbewusst einen Platz ein,

damit Systeme erhalten bleiben. Bewegt sich aber ein

‚Finger‘ auf der anderen Seite, spüren es alle.

Wie zum Beispiel diese Frau:

Als junges Mädchen bekam sie eine Nierenkrankheit. Alle Augen in diesem Familiensystem schauten auf dieses kleine Mädchen, besonders natürlich ihre Eltern.

Die Eltern, nie wirklich gemeinsam im Herzen verbunden und vielleicht manchmal sogar kurz vor der Trennung stehend, blieben zusammen, weil die vielen Aufgaben um Haus, Hof und Familie eine Trennung eigentlich unmöglich machten. Nehmen wir mal an, dass dieses Mädchen die Energie zwischen den Eltern genau so spürte und Angst hatte, dass es eine unglückliche Trennung geben könnte.

Systemisch betrachtet, könnte es so gewesen sein, dass dieses Mädchen durch ihre Krankheit einen Fokus entstehen ließ, der die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog und die Eltern über die gemeinsame Sorge für ihre Tochter wieder auf dieser Ebene verband. Und auch der Rest der Familie, ihre Schwester, die Großeltern waren über die Sorge, aber auch über die Fürsorge, die sie nun entwickelten, miteinander verbunden.

Wir haben heutzutage das Phänomen der späten Trennungen.

Meist sind es die Frauen, die sich aus der Ehe verabschieden, oft erst dann, wenn die Kinder ihre eigenen Wege gehen können. Einige haben sich lange zurückgehalten, vieles ausgehalten, auch die jammernde Schwiegermutter, den schon lange nicht mehr spürbaren Mann, haben oft ihre Bedürfnisse, ihre Karriere hinten angestellt, sich untergeordnet, auch der Kinder wegen, und haben so Systeme erhalten.

So erging es auch Maria.

Sie war eingebunden in die Versorgung ihrer zwei Kinder, ihres Mannes, regelte den Umbau eines alten Hauses, erfuhr wenig Unterstützung durch ihren Mann, arbeitete noch halbtags und dann hing auch noch die Schwiegermutter an ihr, die über das Jammern und Lamentieren die Verbindung zu ihr suchte, und zwar jeden Tag.

Diese ‚brave‘ Frau ließ sich so in alle Richtungen zerren und drücken und verlor langsam den Kontakt zu sich selbst, den Kontakt zu ihren eigenen Bedürfnissen, verlor ihre Kraft und die Freude am Leben, und Angst wurde ihr alltäglicher Begleiter.

Schließlich ging sie in Therapie, nahm Tabletten, und es ging ihr trotzdem immer schlechter. Auch das Leben zu beenden kam ihr in den Sinn.

Irgendwann machte sie mutige Schritte und verabschiedete sich von diesem Familiensystem. Sie vollzog die schon zehn Jahre gefühlte Trennung von ihrem Mann und entzog sich ihrer Schwiegermutter als Empfängerin für ihr ständiges Gejammer.

Sie entdeckte ihre vernachlässigte Kraft und Freude und die Persönlichkeitsanteile, die sich so sehr danach gesehnt hatten, endlich Beachtung und Wertschätzung zu erhalten und gelebt zu werden. Die Lebensfreude kam zurück.

Die Angst ging nicht ganz, sondern setzte sich in einiger Entfernung auf einen Ast, um sie daran zu erinnern, auf ihrem Weg der Selbstbeachtung zu bleiben.

Ängste entstehen aus verschiedenen Gründen.

Es gibt eine Angst, die warnend darauf hinweist, dass irgendetwas nicht mehr stimmt, dass die Lebensenergie nicht fließt, wenn die Anpassung an bestimmte Systeme keine mögliche Entfaltung und Äußerung der Lebensenergie und der persönlichen Potentiale mehr gewährt.

Angst ist auch eine Reaktion unserer inneren Größe und Weite, wenn wir im Laufe des Lebens auf einen oder mehrerer kleine Teile reduziert werden.

Es wäre interessant, an dieser Stelle Menschen zu beleuchten, die sich das Leben nahmen und so aus Familiensystemen entschwanden. Vielleicht hatten sie nie einen Platz bekommen oder einnehmen können, oder einen Platz eingenommen, der zu bedrückend war und auf den viel abgeladen wurde.

Weihnachten ist auch eine interessante Zeit, denn es kommen Menschen zusammen, die einmal in diesem festen Familiensystem gelebt haben. Mittlerweile haben sie eine eigene Familie, leben in neuen Systemen, haben neue Rollen eingenommen und sind mit den alten eigentlich nicht mehr identifiziert. Jetzt treffen sich die einzelnen Familienmitglieder wieder in diesem System und spüren, dass sie energetisch wieder in die Rolle hineingedrängt werden, die sie damals innehatten. Dann wird der erwachsene Mann, der selbst schon zwei Kinder hat, einen verantwortungsvollen Beruf ausübt, wieder zu dem kleinen Jungen von vielleicht drei oder fünf Jahren. Man wird wieder zum kleinen Bruder, zur kleinen oder großen Schwester und beginnt langsam das zu fühlen, was man glaubte schon lange abgelegt zu haben.

Und wenn Mama dem vierzigjährigen Sohn auch noch ein paar warme Socken schenkt, kommen alte Gefühle hoch und Geschichten, die einfach nicht mehr zu einem passen.

Dann fühlt dieser Mann vielleicht etwas Altes, Bekanntes, aber irgendwie doch Fremdes und bekommt das Gefühl, kleiner zu werden, zu schrumpfen, und sieht die Welt plötzlich mit den Augen eines Vierjährigen.

Auch Klassentreffen, zu denen man nach 20 Jahren eingeladen wird, zeigen dieses Phänomen. Sehr schnell werden die Rollen wieder eingenommen, die man in dem Klassenverband innehatte, oder diese Rollen werden einem von den anderen einfach zugewiesen.

Der Klassenclown wird wieder zum Klassenclown, der Streber zum Streber und der Außenseiter zum Außenseiter.

Es ist leichter, ein altes, gewohntes und somit sicheres System wieder aufleben zu lassen, als neue unbekannte Begegnungen zuzulassen, wo ich noch nicht einmal weiß, welchen Platz ich da einnehmen werde.

Alle ‚Einzelteile‘ dieses Universums bewegen sich in Systemen: die Tierwelt, die Pflanzenwelt, die Welt der organischen und anorganischen Erscheinungen.

Es gibt die Planetensysteme, wo jeder kleinste Mond und jeder Stern eine wichtige Rolle spielt. Hier organisieren sich die Einzelteile nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten und haben keine eigenen Wahlmöglichkeiten.

Menschliches Zusammenleben spielt sich immer in Systemen ab und man kann nicht unabhängig davon sein. Es geht darum, zu erkennen, welche Rollen ich da einnehme und spiele, welche Rollen mir manchmal zugewiesen werden, ob sie mir guttun oder nicht, ob sie sich angenehm oder unangenehm anfühlen.

Und immer wieder sollte überprüft werden, ob ich in die Rolle überhaupt noch hineinpasse.

Der Baum am Rande des Dorfes

„Am Rande eines afrikanischen Dorfes stand ein sehr alter Baum. In diesem Dorf lebte ein alter, hochgeachteter Schamane, zu dem die Kranken kamen, um nach Beratung und Heilung zu fragen. Eines Tages kam ein Mann zu ihm, der sich vom Bösen besessen fühlte. Er hatte große Angst, war von Sorgen gebeutelt und fühlte starken Ärger, Wut und Hilflosigkeit. Sie kamen unerwartet, waren unberechenbar und lähmend. Der Schamane hörte sich das in aller Ruhe an und sagte ihm dann: ‚Am Rande des Dorfes steht dieser alte Baum. Ich habe das Böse in diesen Baum verbannt. Du darfst dich diesem Baum nicht mehr als 50 Meter nähern. Wenn du dich daran hältst, kannst du dich überall frei bewegen‘.

Der Mann hielt sich an diese Anweisung und das ‚Böse‘ war aus seinem Geist verschwunden und an diesen Baum angebunden.“

In Beziehungssystemen gibt es Menschen, denen die Rolle und Funktion dieses Baumes zugeschoben werden. In unserem Kulturkreis haben wir dafür den Begriff Sündenbock.

Ein Beispiel:

Auf Grund der Erfahrungen in ihrer Kindheit hatte eine Frau ein bestimmtes Männerbild entwickelt. Das kam folgendermaßen zustande: Ihren Vater hatte sie in ihrer Kindheit nur zweimal gesehen, sie fühlte sich später von ihm verlassen, und die Sichtweise auf Männer durch Mutter und Oma bestätigten ihr Gefühl, dass man sich auf Männer nicht verlassen kann und sie einen eines Tages sowieso verlassen werden.

Dieses Verlassenwordensein ließ sie nicht nur einen ‚Unwert‘ in sich fühlen, sondern auch eine große Wut auf Männer, mit den dazugehörigen Sichtweisen.

Das machte es ihr nicht leichter, Beziehungen mit ihnen einzugehen, denn das grundsätzliche Misstrauen war ein immer wiederkehrender Begleiter. Männer, die in ihr Leben kamen, mussten irgendwann als Stellvertreter für ihren Vater herhalten, und nachdem sie sie dann abgewertet hatte, blieb nichts ‚Gutes‘ mehr an ihnen übrig, sondern nur noch das ‚Böse‘.

Und so scheiterte eine Beziehung nach der anderen.

Die Ehe mit einem Mann, mit dem sie zwei Kinder hatte, die Beziehung zum nächsten, mit dem sie einen Sohn hatte, und die darauffolgenden Beziehungen scheiterten auch.

Mit dem Vater ihres gemeinsamen Sohnes, der mittlerweile bei ihm lebte, traf sie organisatorische Regelungen, und durch den Abstand kamen auch immer wieder sehr freundliche Begegnungen zustande: gemeinsames Kaffeetrinken, Austausch über Ereignisse des Lebens, alles mit einem gewissen, für sie sicheren Abstand, aber in freundlicher Atmosphäre.

Dann kam ein neuer Mann in ihr Leben, mit dem sie eine vorsichtige Beziehung anfing.

Sie sah das als eine große Chance, ihren Traum von Familie und Beziehung doch noch zu erfüllen. Und das veränderte schlagartig die Beziehung zu diesem zweiten Vater. Er erlebte von ihr nun diese plötzlichen Wutausbrüche, Anfeindungen, Abwertungen und Anschuldigungen aus der Vergangenheit.

Was passierte hier? Ihr war es wichtig (und das alles geschah natürlich ganz unbewusst), diesen neuen Mann ‚rein‘ zu halten von all den Abwertungen und negativen Sichtweisen, die wieder diese Beziehung und somit ihren Traum hätten zerstörten können. Sie musste also diese Abwertungen irgendwo unterkriegen und das geschah dadurch, dass sie nun den Vater ihres Sohnes abwertete. So konnte sie all das ‚Böse‘ an ihn anbinden und den neuen Mann davon frei und rein halten. Den ersten Mann, mit dem sie zwei Kinder hatte, hatte sie schon lange als ‚Arschloch‘ abgewertet, nun kam noch der zweite dazu.

So hatte sie nicht nur einen, sondern zwei Bäume am Rande des Dorfes, die sie von nun an mied.

Selbstwertschätzungund Beziehungssysteme

Es bedarf einer klaren Entscheidung, aus unheilsamen und krankmachenden Beziehungssytemen auszusteigen, wenn sie nicht verändert werden können. Wenn gemeinsam keine zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann und keiner das Gefühl hat, es bewege sich etwas, müssen gewisse Schritte gegangen werden.

Menschen, die uns gegenüberstehen, haben alle ihre Selbstbilder und Egostrukturen, ihre Gewohnheiten, Ängste und Bedürfnisse entwickelt, genau wie wir.

Manchmal kommt es in Beziehungen zu Konflikten und auch zu körperlichen und seelischen Bosheiten. Dafür entschuldigt sich der eine oder andere später und sagt: „Ich mache das auch nie mehr wieder, es tut mir leid“. Aber die Bosheiten passieren schon seit vielen Jahren, immer wieder. Ja, es stimmt, er oder sie wird es auch nicht wieder tun, nicht die Person, die da gerade spricht. Diese Bosheiten werden von einzelnen Persönlichkeitsanteilen ausgeführt, die in bestimmten Situationen die Führung übernehmen.

Die betroffene Person muss entscheiden, wann was zu tun ist.

Wenn sie sich entscheidet, aus der krankmachenden Situation auszusteigen, dann braucht es Mut, um sichere Schritte zu sich selbst zu gehen. Es braucht Vertrauen in die eigene Wahrnehmung und in die Einschätzung der Situation. Es braucht eine innere Kraft, die hilft, alle diese Schritte gehen zu können. Es ist der mutige Sprung für diejenigen, so, wie es Picasso formulierte: ‚…die sich im Ungeborgenen geborgen fühlen…‘.

Es gibt allerdings keine Garantie für irgendetwas, was die Zukunft und die sich wechselnden Lebensereignisse betrifft. Aber man kann sich auf die eigene Kraft beziehen, sie ist da, vielleicht etwas verschüttet und vergessen, aber sie ist da! Und ein wichtiger Schritt zu ihr ist es, dass man sich selbst mag und mit sich einverstanden ist.

Das, was man an sich nicht mag oder womit man nicht einverstanden ist, bezieht sich nur auf einzelne Persönlichkeitsanteile. Mit einem sehr freundlichen und gütigen Blick auf sich selbst kommt man vielleicht zu einer inneren Klarheit, die zu weiteren eigenständigen Schritten führt.

Freude ist eine wichtige Kraftquelle, und es gibt Hinweise, wie wir unseren Geist freudvoll stimmen können. Vielleicht kann ich mich an innere Qualitäten erinnern, die nicht so offensichtlich sind, vielleicht einfach nur meine Ehrlichkeit und Gradlinigkeit, auch im Kontakt zu anderen.

Was ist es, was Sie an anderen schätzen? Genau diese Qualitäten schätzen Sie auch an sich selbst. Erinnern Sie sich an Ihre Freundlichkeit und Großzügigkeit oder andere verbindende Qualitäten, dann entsteht Freude, und diese Freude verbindet Sie mit ihrer Kraft.

Auch die Fähigkeit, zu verzichten, ist eine Kraft in uns. Ich muss nicht immer alles nehmen, was ich nehmen kann, manchmal auch mit unlauteren Mitteln.

Wenn Sie sich an Ihre ethisch-moralische Überzeugungen erinnern, so ist auch das eine Kraftquelle. Gradlinigkeit im Sein und Handeln hält Ihre innere Kraft zusammen. Die Klarheit Ihrer Absichten auch: wenn kein zweites, unsicheres, kräftezehrendes Zweifeln, Bedenken und Hadern entsteht.

Aber auch diese Kräfte sind in uns, und wenn Sie sie bei sich entdecken, seien Sie sehr freundlich und nachsichtig mit sich selbst, und verurteilen Sie sich nie für diese Dinge, die Sie da in sich entdecken. Ordnen Sie Ihren ‚Werkzeugkasten‘ und entscheiden Sie, welche Werkzeuge wann und wo zu benutzen und einzusetzen sind.

Selbstachtung

Wenn mein Handeln mit meinen Werten übereinstimmt, fühle ich Selbstachtung.

Wenn ich zu mir stehe, auch wenn andere Menschen etwas von mir wollen, das ich nicht bereit bin zu geben, wenn ich mich nicht verbiege und auch ‚nein‘ sagen kann, weil dieses ‚Nein‘ aus einer inneren Überzeugung kommt, dann fühle ich Selbstachtung.