Ernährung bei Rheuma - Lena Böhm - E-Book

Ernährung bei Rheuma E-Book

Lena Böhm

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Beschreibung

Mit Ernährung das Entzündungsgeschehen lindern Rheumatoide Arthritis ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die rund 1 von 100 Erwachsenen im deutschsprachigen Raum betrifft. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sind häufig – eine massive Belastung, die oft Appetitlosigkeit und Muskelabbau zur Folge hat. In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie Ihrem Körper über die Ernährung Gutes tun und wieder Freude am Essen finden. • Was Sie über Rheumatoide Arthritis wissen sollten • Welche Lebensmittel die Symptome lindern können • Begleiterscheinungen wie Unverträglichkeiten oder Muskelschwund begegnen • Einfache und schmackhafte Rezepte • Gratis Einkaufslisten-App

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Böhm, Köller

Ernährung bei Rheuma

Rheumatoide Arthritis

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sindim Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Copyright © 2022 maudrich Verlag

Facultas Verlags- und Buchhandels AG, Wien, Österreich

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitungsowie der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohneGewähr. Eine Haftung der Autorin/des Autors oder des Verlages istausgeschlossen.

Bildnachweis:

S. 6, 16 unten, 23, 30, 31, 32, 34, 36, 41, 44: istockphoto.com

S. 8, 9, 14, 16 oben & Mitte, 18, 21, 27, 37, 39, 43, 47, 52, 53, 59, 65, 66, 68, 70: stock.adobe.com

S. 13: Marcus Köller

S. 74, 78, 86, 96, 108, 112, 122, 126, 132, 136: Victoria Posch und Esther Karner, Wien

Lektorat: Laura Hödl, Wien

Satz: Florian Spielauer, Wien

Umschlagbild: Victoria Posch und Esther Karner, Wien

Covergestaltung: Facultas nach einem Entwurf von Jose Coll, studiob.a.c.k.

Druck: finidr

Printed in the E. U.

ISBN 978-3-99002-138-5

e-ISBN 978-3-99111-519-9

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

RHEUMA: BEGRIFF UND ERKRANKUNG

HÄUFIGKEIT

KRANKHEITSURSACHE UND KRANKHEITSENTSTEHUNG

DAS KRANKHEITSBILD

THERAPIEMÖGLICHKEITEN

BEGLEITERKRANKUNGEN DER RHEUMATOIDEN ARTHRITIS

ERNÄHRUNG BEI RHEUMATOIDER ARTHRITIS

EINFLUSSNAHME VON ERNÄHRUNG AUF DAS ENTZÜNDUNGSGESCHEHEN

ENTZÜNDUNGSREAKTIONEN DURCH OPTIMALE ANTIOXIDANTIEN KONTROLLIEREN

SIND NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL NOTWENDIG?

KANN FASTEN HELFEN?

ERNÄHRUNG BEI BEGLEITERSCHEINUNGEN

UMSETZUNG IN DER PRAXIS

TIPPS FÜR DAS ESSEN AUSSER HAUS

ESSVERHALTEN

ZUSAMMENFASSUNG DER WICHTIGSTEN PUNKTE

REZEPTE

TIPPS FÜR DIE ZUBEREITUNG

SUPPEN

KLEINE SPEISEN

SHAKES

VEGETARISCHE HAUPTGERICHTE

HAUPTGERICHTE MIT FISCH

HAUPTGERICHTE MIT FLEISCH

SÜSSES

KLEINES KÜCHENLEXIKON

ABKÜRZUNGEN

REZEPTVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

VORWORT

Rheumatoide Arthritis gehört zu den chronisch entzündlichen Erkrankungen. Sie geht meist mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen einher – eine massive Belastung für Betroffene. Vielleicht haben Sie im Internet schon ein wenig recherchiert, wie die Ernährung helfen könnte. Diäten sind jedoch meist sehr einseitig und nicht zu empfehlen. Es gibt zwar keine spezielle Rheuma-Ernährung, wir können mit dem, was wir essen, allerdings Einfluss auf das Entzündungsgeschehen nehmen.

In diesem Ratgeber erfahren Sie wichtige Eckdaten zur Erkrankung, welche Therapieformen hilfreich sein können und wie die Ernährung unterstützen kann. Das Fettsäuremuster ist maßgebend für die Bildung und Hemmung von Entzündungsfaktoren. Tierische Fette sind eher ungeeignet, es geht hier also in Richtung pflanzenbasierter Kost. Außerdem lernen Sie, wie Antioxidantien das Entzündungsgeschehen hemmen können. Durch die chronische Entzündung und die nötigen Medikamente besteht ein erhöhtes Risiko für Osteoporose. Ein Überblick der kalziumreichsten Lebensmittel hilft dabei, dieser vorzubeugen. Durch den Schmerz tritt häufig Appetitlosigkeit auf, womit das Risiko für einen Muskelabbau steigt. Lesen Sie Tipps, wie Sie Ihre Esslust wieder steigern können und wie Sie trotz Appetitlosigkeit Ihren Energie- und Nährstoffbedarf decken können. Eiweiß spielt hierbei die zentrale Rolle. Es werden pflanzliche Eiweißquellen ins Visier genommen. Nahrungsmittelunverträglichkeiten kommen bei Betroffenen mit Rheumatoider Arthritis häufiger vor. Sie erhalten einen Überblick zu den drei wichtigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Am Ende stehen noch viele praktische Tipps, wie Sie die Empfehlungen am besten umsetzen können – sowohl bei den Mahlzeiten als auch beim generellen Essverhalten. Die Rezepte sind vorwiegend vegetarisch und aus internationaler Küche, um Ihnen einen Blick über den Tellerrand zu ermöglichen. Sie finden geschmackvolle Anregungen, wie Sie Ihrem Körper etwas Gutes tun und wieder Freude am Essen finden.

Viel Vergnügen beim Lesen, Ausprobieren und Kochen!

RHEUMA: BEGRIFF UND ERKRANKUNG

Unter Rheumatismus versteht man landläufig Beschwerden aufgrund von fließenden, reißenden oder ziehenden Schmerzen im Bewegungsapparat. Das Wort „Rheuma“ kommt aus dem Altgriechischen (ῥεũμα) und bedeutet so viel wie „Strömung, Strahl“. Hinter dem Überbegriff „Rheuma“ verbergen sich mehr als 400 verschiedene, zum Teil sehr seltene Krankheiten, die je nach Krankheitsbild in allen Altersgruppen auftreten können. Somit ist „Rheuma“ nicht unbedingt ein Phänomen des Alters. Die rheumatischen Erkrankungen verursachen Beschwerden im Stütz- und Bewegungsapparat und befallen meist Gelenke und Knochen sowie Muskeln, Sehnen und deren Anhangsgebilde (Sehnenscheiden, Schleimbeutel). Es gibt aber auch Krankheitsbilder, die verschiedene innere Organe oder sogar die Haut betreffen.

Im klassischen Sinne verstehen die meisten Menschen unter „Rheuma“ chronischen Schmerz im Bewegungsapparat und insbesondere in den Gelenken. Die Ursachen können dabei vielfältig sein. Wir unterscheiden degenerative Gelenkerkrankungen von entzündlichen Formen (sogenannte Arthritiden – Einzahl: Arthritis). Eine Übersicht dazu gibt Tabelle 1 (S. 10).

Abbildung 1: Arthritisches Gelenk

Ein klassisches Beispiel ist die Gicht, bei der es durch die Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken zu einer Entzündungsreaktion kommt. Die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung im Erwachsenenalter ist jedoch die Rheumatoide Arthritis (RA), früher auch als (primär) chronische Polyarthritis (PcP) bezeichnet. Die Erkrankung verläuft chronisch und in Schüben und führt unbehandelt zu irreversiblen Schäden in den Gelenken. Sie wurde erstmals 1800 von A. J. Landré-Beauvais beschrieben.

Tabelle 1: Ursachen rheumatischer Erkrankungen

KrankheitsbildCharakteristikaEntzündliche GelenkerkrankungenRheumatoide Arthritis (RA)v. a. Hand-, Finger-, Fußgelenke; positive „Rheuma-Serologie“ Rheumafaktor (~ 75 %)sog. anti-CCP-Antikörper (~ 50–60 %)Spondylarthritis (SpA)

•axiale SpA (früher M. Bechterew)

•periphere SpA

1.Psoriasis-Arthritis

2.Reaktive Arthritis

3.Arthritis bei entzündlichen

Darmerkrankungen

•Arthritis in der LWS, Darm-Kreuzbein-Gelenk

•Arthritis anderer Gelenke

1.mit Schuppenflechte

2.nach Harnröhren- oder Magen-Darm-Infekten

3.bei Morbus Crohn, Colitis ulcerosa

Polymyalgia rheumaticaKristallarthropathie

•Arthritis urica (Gicht)

•Chondrokalzinose („Pseudogicht“)

durch Ablagerung von Kristallen im Gelenk

•Harnsäurekristalle

•Calciumpyrophospat-Kristalle

Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen)Systemischer Lupus erythematodes (SLE)Sklerodermie, Polymyositis/Dermatomyositis, Sjögren-Syndrom, Sharp-Syndrom (Mischkollagenose), Antiphospholipid-SyndromLaborbefund sog. Antinukleäre Antikörper (ANA) positiv; je nach Schweregrad Entzündungen in Haut oder Organen (Niere, Lunge, Gelenke, Gehirn, Muskeln); Blutbildveränderungen, ThrombosenVaskulitiden (Gefäßentzündungen)Riesenzell-Arteriitis, Takayasu-Arteriitis, Formen der Polyangiitis, Kawasaki-Syndrom, Morbus Behcet, Goodpasture-Syndrom u. a. m.Befall verschiedener Organsysteme mit sehr unterschiedlichem Schweregrad: Haut, Niere, Lunge, Nasennebenhöhlen, Augen, GehirnDegenerative GelenkerkrankungenArthroseFinger (Heberden/Bouchard-Arthrosen), Daumen (Rhizarthrose), Wirbelsäule (Spondylarthrose), Knie (Gonarthrose), Hüfte (Coxarthrose), Schulter (Omarthrose)

Häufigkeit

Zirka 0,5 bis 1 % der mitteleuropäischen Bevölkerung leiden an einer RA. Die Erkrankung zeigt hinsichtlich der Altersverteilung zwei Gipfel: Der erste liegt in der 3.–4. Lebensdekade, ein zweiter Anstieg ist ab dem 60. Lebensjahr zu beobachten. Zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen.

Krankheitsursache und Krankheitsentstehung

Die genauen Ursachen, welche eine RA auslösen, sind nicht vollständig geklärt. Man kennt mittlerweile jedoch verschiedene Risikofaktoren, welche die Entstehung der Krankheit begünstigen. Zudem weiß man sehr viel über die Prozesse, die bei der Entzündungsreaktion ablaufen, wenn die Krankheit einmal ausgebrochen ist. Aus diesem Wissen haben sich mittlerweile viele verschiedene therapeutische Ansätze in der modernen Medizin ergeben, mit denen die Erkrankungsaktivität sehr gut kontrolliert und bei vielen Patient:innen auch zum Stillstand (in die sogenannte Remission) gebracht werden kann.

Offensichtlich begünstigen bestimmte genetische Faktoren die Entstehung einer RA. Dazu zählen jene Merkmale, die unsere Körperzellen und unser Gewebe typisieren, der sogenannte Histokompatibilitätskomplex (MHC). Diese Eigenschaften werden, ähnlich den Blutgruppen, vererbt und im sogenannten HLA-System (Humanes Leukozyten-Antigen) eingeteilt. Unter der Vielzahl der dabei entstehenden Möglichkeiten ist eine Assoziation der RA mit Varianten des sogenannten HLA-DRB1-Gens nachgewiesen. Dieses genetische Risiko trägt aber nur bei 30 bis 50 % zur Entstehung der Erkrankung bei. Menschen mit diesem Gentypus (Allel) haben ein 2- bis 3-fach höheres Risiko an einer RA zu erkranken als Menschen mit einem anderen HLA-Typ. In einer Untersuchung unter eineiigen (genetisch identen) Zwillingen hat man beobachtet, dass bei Erkrankung eines der beiden Geschwister in 15–30 % der Fälle die zweite Person ebenfalls eine RA entwickelte. Damit muss es über das genetische Risiko hinaus jedenfalls noch andere Faktoren geben, die zur Entstehung und Auslösung einer Erkrankung beitragen. Diese können sehr vielschichtig sein und dürften von Umwelteinflüssen bis hin zu Infektionen mit Viren oder Bakterien reichen, die letztlich beim zufälligen Zusammentreffen diese chronische Entzündung auslösen. Es wurden beispielsweise vermehrt RA-Fälle nach einer Parodontitis (Zahnfleischentzündung) beschrieben. Auch der Lebensstil hat einen Einfluss, Raucher:innen haben ein rund 40 % höheres Risiko, an einer RA zu erkranken. Zudem erleiden sie auch meist einen aggressiveren Verlauf der Arthritis. Möglicherweise spielt auch die Darmflora eine Rolle bei der Entstehung.

Bei der RA handelt es sich um eine sogenannte Autoimmunreaktion. Dabei kommt es zu einer Art Fehlsteuerung im Immunsystem, wodurch in den Gelenken und den angrenzenden Strukturen eine Entzündung in Gang gesetzt wird, obwohl es dafür keinen Grund gibt. Normalerweise löst das Immunsystem eine Entzündungsreaktion zur Abwehr von Infektionen mit Viren, Bakterien oder anderen Krankheitserregern aus. Im Falle der RA werden körpereigene Gewebeanteile in den Gelenken fälschlich als fremd erkannt und damit wird gegen diese eine immunologische Reaktion gestartet. Da das Immunsystem über ein Gedächtnis verfügt, bleibt diese Fehlprogrammierung erhalten und die Erkrankung verläuft chronisch.

Moderne Medikamente geben uns zwar die Möglichkeit, die Krankheit zu stoppen, wir können die RA aber noch nicht heilen.

Die immunologischen Mechanismen sind vielfältig und sehr komplex, es kommt zum Zusammenspiel der verschiedensten Immunzellen (T-Lymphozyten, B-Lymphozyten, Makrophagen und anderen sogenannten antigenpräsentierenden Zellen, Granulozyten u. a. m.). Dabei werden von diesen auch zahlreiche Botenstoffe gebildet, sogenannte proinflammatorische Zytokine, die ihrerseits den Entzündungsvorgang verstärken. Von diesen Botenstoffen sind mittlerweile einige identifiziert, die gezielte Neutralisation dieser Zytokine ist heute ein wesentlicher Therapieansatz bei der Behandlung der RA.

Das Krankheitsbild

Grundsätzlich kann jedes Gelenk im Rahmen einer RA von einer Entzündung betroffen sein. Typischerweise ist es aber der Befall der Finger- und Handgelenke bzw. der Zehengelenke, meist symmetrisch, also an beiden Händen und/oder Füßen, der zu typischen Krankheitsbildern mit durch die Gelenkschädigung entstehenden Fehlstellungen führt.

RA nach jahrzehntelanger Dauer. Aufgrund moderner Therapieansätze können solche Verläufe heute meist verhindert werden.

Die Beschwerden beginnen schleichend mit Schmerzen und dem Gefühl der Steifigkeit in den Fingergelenken, meist ausgeprägter in den Morgenstunden. Oft äußert sich dies durch ein Faustschlussdefizit. Frühmorgens ist die entzündliche Aktivität meist höher, die Beschwerden bessern sich dann tagsüber etwas. Zu Beginn der Erkrankung sind Schwellungen kaum sichtbar, betroffene Frauen bemerken aber oft, dass sie Ringschmuck nicht mehr anstecken oder abnehmen können. Die Beschwerden sind es, welche die Patient:innen dann zum Arzt bzw. zur Ärztin führen. Bei den Laboruntersuchungen können erhöhte Entzündungswerte (Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein) sowie erhöhte Rheumafaktoren (RF) und/oder sogenannte Antikörper gegen citrullinierte Peptide (anti-CCP/ACPA) gefunden werden. Zu Beginn der Erkrankungen weist jedoch nur die Hälfte der Betroffenen positive Rheumafaktoren auf, im Laufe der Erkrankung sind es dann letztlich ca. 75 %. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass dieses Krankheitsbild trotz negativer immunologischer Befunde vorliegen und diagnostiziert werden kann. Die Diagnosestellung richtet sich in erster Linie nach dem Befallsmuster, dem sogenannten klinischen Bild. Wir wissen aber, dass Betroffene, bei denen Rheumafaktor und/oder anti-CCP-Antikörper nachweisbar sind, einen aggressiveren Krankheitsverlauf aufweisen. Damit ist das Risiko für Gelenkschäden höher als bei einer sogenannten „seronegativen“ RA.

Die Diagnose wird vorwiegend durch das Beschwerdebild gestellt, Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren (Röntgen, Ultraschall, eventuell Magnetresonanztomographie/MRT) sind ergänzende Untersuchungen.

Unbehandelt führt die RA innerhalb weniger Jahre zu ausgeprägten Gelenkzerstörungen, die neben den chronischen Schmerzen zu entsprechenden Funktionseinbußen bis hin zur Behinderung führen können. Die Erkrankung kann sich auch auf viele Gelenke ausdehnen, daher der früher gebräuchliche Name „Polyarthritis“. Sogar das Kiefergelenk kann in Mitleidenschaft gezogen werden, was zu starken Schmerzen beim Kauen bis hin zu Kiefersperren führen kann.

Als Komplikation der RA ist eine Entzündung im Bereich der Halswirbelsäule gefürchtet, die zur Instabilität insbesondere zwischen dem 1. und 2. Halswirbelkörper führen kann. Eine Folge daraus kann eine hohe Querschnittslähmung oder gar der plötzliche Tod durch eine Art Genickbruch sein. Daher ist es insbesondere bei langjährig bestehender Erkrankung wichtig, auch diese Skelettabschnitte radiologisch zu kontrollieren.

Therapiemöglichkeiten

Wie grundsätzlich in der Medizin unterscheiden wir zwischen nicht-medikamentösen und medikamentösen Therapieansätzen. Beide sind immer in Kombination unerlässlich, um Krankheitsfolgen zu verhindern und die Lebensqualität bestmöglich zu erhalten. Neben Schmerzfreiheit und Stillstand der Entzündung sind natürlich der Erhalt der Gelenke und ihrer Funktionalität die obersten Ziele.

Medikamentöse Therapien

Wir unterscheiden zum einen die Gruppe der schmerzlindernden (analgetischen) Medikamente mit keiner oder geringer entzündungshemmender Wirkung, die vor allem die nicht-steroidalen Rheumatika (NSAR) umfassen. Daneben sind nach wie vor Corticosteroide („Cortison“) unverzichtbar in der raschen Behandlung von akuten entzündlichen Schüben. Die dritte und wichtigste Säule der medikamentösen Therapie bilden die sogenannten krankheitsmodulierenden Medikamente (auch Basistherapie oder DMARDs genannt, aus dem engl. Disease Modifying Antirheumatic Drugs), die durch ihre starke entzündungshemmende Wirkung die Arthritis im günstigsten Fall zum Stillstand bringen und letztlich auch keine Einnahme von Cortison mehr erforderlich machen. Unter diesen krankheitsmodulierenden Medikamenten unterscheiden wir sogenannte konventionelle Therapien von den neu als zielgerichtete Therapie entwickelten Biologica. Diese biotechnologisch hergestellten Substanzen neutralisieren die zuvor genannten, im Entündungsprozess zentralen proinflammatorischen Zytokine oder eliminieren Entzündungszellen und unterbrechen so den Entzündungsprozess und stoppen die Arthritis. Einen neuen Ansatz stellen die sogenannten Janus-Kinase-Hemmer (JAKibs) dar. Diese Medikamente sind kleine Moleküle („small molecules“), welche in die Immunzellen eindringen und dort Signalwege unterbrechen, die zur Aktivierung der Entzündungsreaktion führen würden.

In Tabelle 2 sind die derzeit verfügbaren Basistherapien (DMARDs) zusammengefasst.

Tabelle 2: DMARDs

Konventionelle Basistherapien/DMARDsMethotrexat, Sulfasalazin, Leflunomid (Hydroxychloroquin, Cyclosporin A)„Biologicals“ (Eiweißmoleküle gegen Botenstoffe oder Zellen)Blockade der Wirkung von

•Tumor-Nekrose-Faktor-α (Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab)

•Interleukin-1 (Anakinra)

•Interleukin-6 (Tocilizumab, Sarilumab)

•T-Zellen (Abatacept)

•B-Zellen (Rituximab)

Synthetische DMARDs, „Small molecules“Hemmung von Janus-Kinasen (Baricitinib, Filgotinib, Tofacitinib, Upadacitinib)

Nicht-medikamentöse Therapien

Hier sind vor allem physikalisch-therapeutische Maßnahmen zu nennen, die neben der Symptomlinderung auch funktionserhaltende Effekte haben. Insbesondere für die Hand- und Fingergelenke ist diese Art der Behandlung zur Verbesserung der alltagsrelevanten Beweglichkeit und Kraft von Bedeutung. Bewegungstherapiepläne können für alle betroffenen Gelenke erstellt werden. Natürlich hat auch bei Menschen mit Arthritis eine Sport- und Trainingstherapie eine gesundheitsfördernde Wirkung. Die übermäßige Belastung von akut entzündeten Gelenken soll zwar vermieden werden, aber grundsätzlich gilt auch hier die Regel „Leben heißt Bewegen“. Ein Training ist daher unter ärztlicher oder physiotherapeutischer Anleitung ratsam. Generell ist körperliche Betätigung mit gleichmäßigen Bewegungsformen (z. B. Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen), ohne übermäßige Druckbelastung auf betroffene Gelenke günstig. In akuten Phasen können auch spezielle lokale Therapieformen auf einzelne Gelenke angewendet werden: etwa Kryotherapie (Kälteanwendungen), Iontophorese (Medikamente werden mit Strom unter die Haut gebracht), Ultraschall u. a. m. Darüber hinaus ist die Ergotherapie (Schienen, Hilfsmittel u. a. m.) eine weitere wesentliche Behandlungsform, um die Gelenke vor Fehlbildungen oder Überlastungen zu schützen. Insbesondere Schienen, sofern sie richtig angepasst und regelmäßig getragen werden, wirken Deformierungen entgegen und verbessern auch die Kraft. Hilfsmittel dienen auch dazu, im fortgeschrittenen Stadium die Alltagsfunktionen zu verbessern und damit die Aktivitäten des täglichen Lebens besser zu bewältigen. Sehr gute Tipps mit Videoanleitung findet man unter der Internetadresse www.gelenkschutz.at.

Viele Menschen mit jahrelanger RA und chronischen Schmerzen leiden auch unter chronischer Müdigkeit (sogenanntes Fatigue-Syndrom) oder Depressionen. Antidepressiva werden in der Medizin auch bei chronischen Schmerzzuständen eingesetzt, da diese die Schmerzschwelle im Gehirn verändern. Dies gilt für jene Situationen, in denen der Schmerz sich „verselbständigt“ hat und somit seine Funktion als Warnsignal verliert. Das Gehirn hat eine Art „Schmerzgedächtnis“. Daher sind auch bei diesen Beschwerden ergänzende psychotherapeutische und verhaltenstherapeutische Ansätze hilfreich und zielführend. Dies kann aber nicht die zur Behandlung der RA unbedingt erforderliche und oben erwähnte entzündungshemmende Basistherapie (DMARD) ersetzen.

Wenn Gelenke irreversibel geschädigt sind und schwere Funktionseinbußen und/oder therapieresistente Schmerzen bestehen, werden letztlich auch orthopädisch-chirurgische Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen (Gelenkersatz, operative Stabilisation etc.). Daraus ergibt sich natürlich, dass Übergewicht insbesondere für die gewichtstragenden Gelenke (Hüfte, Knie, Sprunggelenke, Füße) ein zusätzlich schädlicher Faktor ist. Demnach ist hier ein weiteres wichtiges Argument für eine gesunde Ernährung gegeben.

Begleiterkrankungen der Rheumatoiden Arthritis

Die RA hat insbesondere unbehandelt oder unzureichend therapiert zahlreiche Auswirkungen auf den generellen Gesundheitszustand des Organismus. Eine nicht oder unzureichend behandelte RA kann die Lebenserwartung um bis zu 10–15 Jahre verkürzen. Die Folge sind weitere Begleiterkrankungen (Komorbiditäten). So besteht beispielsweise bei Patient:innen mit RA und hoher Krankheitsaktivität ein erhöhtes Risiko für Tumoren des lymphatischen Systems (Lymphome) im Vergleich zur Normalbevölkerung. Darüber hinaus wissen wir auch, dass durch chronisch entzündliche Zustände das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere für Herzinfarkte und Schlaganfälle, deutlich steigt. Daher sollten für Menschen, die an einer RA leiden, ein gesunder Lebensstil (ausreichende körperliche Aktivität, Nikotinverzicht usw.) und besonders die Ernährung einen hohen Stellenwert haben.

Zwei weitere wesentliche Komorbiditäten im Rahmen der RA, die auch mit zunehmendem Alter der Betroffenen einhergehen, sind die Osteoporose (Knochenschwund) und die Sarkopenie (Verlust an Muskelmasse). Beide Erkrankungen können eine wesentliche Bedrohung für Mobilität und Selbstständigkeit der Betroffenen darstellen.

Die Osteoporose

Die Osteoporose, auch als Knochenschwund oder Knochenbruchkrankheit bezeichnet, entsteht durch den Verlust an Knochenmasse sowie Veränderungen der Knochenarchitektur. Daraus resultiert eine abnehmende Knochenfestigkeit mit einem höheren Risiko für Brüche (Frakturen). Die Gründe dafür sind vielfältig.

Abbildung 2: Gesunder und osteoporotischer Knochen

Ab dem 30.–40. Lebensjahr beginnen wir, langsam an Knochenmasse zu verlieren (0,5–1 % pro Jahr). Frauen sind in dieser Hinsicht besonders nach dem Wechsel gefährdet. Der Abfall des Östrogens ist dabei die Hauptursache, da dieses Hormon hemmend auf den Knochenabbau wirkt.

Früher wurde die Osteoporose nur durch die Knochenmineraldichte („Knochendichte“) definiert, die man mittels eines radiologischen Verfahrens, der Dualen Röntgen-Absorptionsdenistometrie (DXA; „Knochendichtemessung“), bestimmen kann. Dabei wird aber nur der Kalziumgehalt im Knochen erfasst. Heute wissen wir, dass auch viele andere Faktoren die Knochenfestigkeit und damit das Frakturrisiko bestimmen. So haben zwei Personen mit der gleichen Knochendichte je nach Alter ein völlig unterschiedliches Risiko, einen osteoporotischen Bruch zu erleiden. Tabelle 3gibt einen Überblick über einige dieser zusätzlichen Risikofaktoren. Letztlich entscheidet der Arzt bzw. die Ärztin anhand der gemessenen Dichtewerte und der zusätzlichen Faktoren, ob eine spezifische Osteoporose-Therapie erforderlich ist.

Tabelle 3: Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen

Krankheiten mit erhöhtem Risiko

•Diabetes mellitus Typ I

•Rheumatoide Arthritis

•Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew)

•Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

•Primärer Hyperparathyreoidismus (Überfunktion der Nebenschilddrüse)

•Hyperthyreoidismus (Überfunktion der Schilddrüse)

•Bestehende Wirbelkörpereinbrüche

•Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)

•Wiederholte Stürze

•3 niedrigtraumatische Frakturen (Stürze aus geringer Höhe) in den letzten 10 Jahren

•Hüftnahe Frakturen („Oberschenkelhals“-Bruch) bei einem Elternteil

Lebensstil

•Alkohol

•Rauchen

•Übergewicht

•Untergewicht; Mangelernährung

•Vitamin-D-Mangel(-Ernährung)

•Immobilität

Medikamente

•Glukokortikoid („Cortison“)-Therapie (Prednisolon)

•Inhalative Cortisontherapie

•Protonenpumpeninhibitoren („Magenschutz“)

•Antidepressiva

•Antiepileptika

•Hormonablative Therapie (z. B. bei Brustkrebs, Prostatakrebs)

•Glitazone

Der Knochenstoffwechsel

Das zusätzlich erhöhte Risiko für Osteoporose bei der RA ergibt sich aus dem Umstand, dass viele der oben erwähnten entzündungsfördernden Botenstoffe die sogenannten Osteoklasten aktivieren. Osteoklasten sind Zellen, die den Knochen abbauen. Wir wissen heute, dass die Zerstörung der Gelenke vor allem auch durch die Aktivierung der Osteoklasten verursacht wird. Aber natürlich führt dies auch generell zum vermehrten Abbau des Skelettknochens im Rahmen der RA. Durch den schubhaften Verlauf müssen viele Patient:innen immer wieder Corticosteroide („Cortison“) einnehmen, die wiederum die Entstehung der Osteoporose fördern. Es gibt selbstverständlich auch zahlreiche Medikamente zur Behandlung der Osteoporose, auf die einzugehen hier aber den Rahmen sprengen würde. Grundsätzlich gibt es Arzneien, die den Knochenabbau hemmen (antikatabole oder auch antiresorptive Wirkung), und Medikamente, welche die Knochenneubildung stimulieren (anabole Wirkung).

Das Skelett wird, ebenso wie viele andere Gewebe im Körper, während des Lebens ständig „renoviert“. Dabei wird kontinuierlich alter Knochen durch die sogenannten Osteoklasten abgebaut und neues Gewebe durch Osteoblasten gebildet. Das Grundgerüst des Knochens besteht aus Bindegewebe, das hauptsächlich Kollagen enthält. In dieser Form wäre der Knochen weich und biegsam, vergleichbar mit Gummi. Seine Festigkeit erhält der Knochen erst durch Einlagerung von Kalzium